Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten Titelfotos: Dr. Hans R. Gelderblom/Kazimierz Madela(oben)/Robert Koch-Institut Oben: Clostridium difficile NCTC 13307 Mitte: Corynebacterium diphtheriae mitis, Darstellung mit Polkörnchen Unten: SARS-CoV, Severe acute respiratory syndrome coronavirus, Virusreplikation Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten Robert-Koch-Institut, Berlin 2011 ISBN 978-3-89606-240-6 Herausgeber Robert Koch-Institut www.rki.de Redakteur Dr. sc. med. Wolfgang Kiehl An der vorliegenden Neuauflage haben aus dem RKI mitgewirkt: Dr. Anton Aebischer, Dr. Katharina Alpers, Dr. Mona Askar, Susanne Behnke, Dr. Justus Benzler, Dr. Helen Bernard, Dr. Udo Buchholz, Dr. Silke Buda, Dr. Mirko Faber, Dr. Lena Fiebig, Dr. Christina Frank, Dr. Manuel Dehnert, Dr. Yvonne Deleré, Dr. Brigitte Dorner, Sandra Dudareva, Dr. Tim Eckmanns, Susanne Glasmacher, PD Dr. Walter Haas, Dr. Osamah Hamouda, Dr. Wiebke Hellenbrand, Dr. Michael Höhle, Bettina Keller, Dr. Albrecht Kiderlen, Christian Klotz, Dr. Judith Koch, Dr. Gabriele Laude, Dr. Astrid Lewin, Dr. Ulrich Marcus, Dr. Astrid Milde-Busch, Prof. Dr. Matthias Niedrig, Dr. Wolfgang Rabsch, Dr. Sabine Reiter, Dr. Bettina Rosner, Dr. Julia Sasse, Dr. Irene Schöneberg, Mario Schummert, Prof. Dr. Frank Seeber, Prof. Dr. Klaus Stark, Dr. Kathrin Tintelnot, Dr. Maria Wadl, Dr. Dirk Werber, Dr. Ole Wichmann. Die Kapitel zu den Bartonella-Infektionen wurden von Prof. Dr. Volkhard Kempf, Frankfurt/Main bearbeitet. Die vorige Auflage war erarbeitet worden von: Dr. Katharina Alpers, Dr. Gabriele Laude, Jens Mehlhose, Prof. Dr. Matthias Niedrig (verantwortlich), Prof. Klaus Stark, Dr. Kathrin Tintelnot (alle RKI); Prof. Dr. Gert-Dieter Burchardt, Prof. Dr. Herbert Schmitz, Prof. Dr. Egbert Tannich (alle Bernhard-Nocht-Institut); Dr. Barbara Reinhardt (Universität Ulm). Mitgearbeitet hatten: Dr. Justus Benzler, Dr. Christina Frank, Dr. Andreas Jansen, Dr. Wolfgang Kiehl, Dr. Judith Koch, Dr. Katrin Leitmeyer, Prof. Dr. Georg Pauli, Dr. Doris Radun, Dr. Irene Schöneberg, Dr. habil. Eckart Schreier, Dr. Brunhilde Schweiger (alle RKI) sowie Dr. Martin Pfeffer (München). Satz & Druck Westkreuz-Druckerei Ahrens KG Berlin/Bonn 26 Seltene und importierte Infektionskrankheiten Krim-Kongo-Fieber 1.10 Krim-Kongo-Fieber Erreger Erreger des Hämorrhagischen Krim-Kongo-Fiebers ist das Krim-Kongo-Virus, Genus Nairovirus, Familie Bunyaviridae. Vorkommen Asien (Naher und Mittlerer Osten, Südost- und Zentralasien), Türkei, Afrika und Südosteuropa (seit dem Jahr 2000 wurden Erkrankungen u. a. in Albanien, Bulgarien und im Kosovo registriert). Infektionsweg Das Virusreservoir bilden Pflanzenfresser, Vögel und Nagetiere. Für den Menschen ist das Vorkommen des Virus in domestizierten Tieren von besonderer Bedeutung (Kühe, Schafe, Ziegen und Kamele können betroffen sein). Das Virus wird hauptsächlich durch Zecken der Gattung Hyalomma oder durch Kontakt zu Fleisch oder Blut infizierter Tiere übertragen. Nosokomiale Infektionen wurden relativ häufig beobachtet (vor allem nach Kontakt zu Blut infizierter Personen). Gefährdet sind Personen, die in Endemiegebieten vermehrt mit Zecken und anderen Wirtstieren in Kontakt kommen (z. B. landwirtschaftlicher Bereich, Waldarbeiter, Camper) sowie medizinisches Personal mit Blutkontakt. In Deutschland wurden importierte Infektionen bisher nur äußerst selten erfasst (z. B. nach Aufenthalt in Afghanistan oder an der Schwarzmeerküste der Türkei). Prophylaxe Expositionsprophylaxe in betroffenen Gebieten: Vermeiden von Zeckenstichen und Tierkontakten. Ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung. Strikte Isolierung in einer Spezialeinheit bereits bei Verdacht, krankenhaushygienisches Regime nach den Regeln für hochinfektiöse Erreger. Inkubationszeit 1–12 Tage. Symptomatik/Verlauf Häufig plötzlicher Beginn mit Fieber, relativer Bradykardie, Schüttelfrost, starken Augen-, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, ausgeprägtem Krankheitsgefühl. Die Patienten sind häufig verwirrt, aggressiv und Stimmungsschwankungen unterworfen. Relativ früh entwickeln sich thorakale und abdominale Petechien. Bisweilen bestehen Nausea, abdominale Schmerzen und Diarrhö. Generalisierte Lymphknotenschwellungen und Leberzellschädigung (bis zum Leberversagen) sind möglich. Bei etwa 20 % der Erkrankten kommt es ab dem 3.–5. Tag zum Auftreten von Hämorrhagien, in leichten Fällen Epistaxis und Zahnfleischbluten, in schweren Fällen Blutungen aus allen Körperöffnungen (blutige Diarrhö, Hämaturie, Hämoptysen). Es können sich massive Ekchymosen ausbilden. Die Temperatur ist zumeist über 5–12 Tage konstant erhöht, bisweilen wird ein biphasischer Verlauf beobachtet. Die Rekonvaleszenz ist meist von langer Dauer. Die Letalität beträgt 2–50 % (meist Multiorganversagen in der 2. Krankheitswoche). Diagnostik Die Labordiagnostik sollte ein Speziallaboratorium übernehmen (z. B. das NRZ für tropische Infektionserreger am Bernhard-Nocht-Institut, Hamburg). Indikationen sind hämorrhagisches Fieber bzw. Fieber unklarer Ursache nach Aufenthalt in einem Endemiegebiet. Virusnachweis aus dem Blut während der akuten Krankheitsphase mittels PCR, Virusanzucht oder elektronenmikroskopischer Untersuchungen. Nachweis spezifischer Antikörper (IgM, IgG) ab 10. Krankheitstag (IF, ELISA, NT). Arbeiten mit dem Erreger erfordern Sicherheitslaboratorien der Klasse 4. Differenzialdiagnose Andere virale hämorrhagische Fieber (Gelbfieber, Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom Krim-Kongo-Fieber Seltene und importierte Infektionskrankheiten durch Hantaviren, Ebola- und Marburg-Fieber, hämorrhagisch verlaufendes Dengue-Fieber u. a.) andere Infektionen, die mit hämorrhagischen Manifestationen einhergehen können (Rickettsiosen, Leptospirosen, Läuserückfallfieber, Malaria, Meningokokken-Infektionen). Therapie Medizinische Betreuung in einer spezialisierten Einrichtung mit der Möglichkeit der Intensivtherapie. Symptomatische Behandlung. Allerdings wurde eine früh begonnene antivirale Therapie mit Ribavirin in Einzelfällen als wirkungsvoll beschrieben. Falls Rekonvaleszentenseren, die neutralisierende Antikörper enthalten, verfügbar sind, wird deren Einsatz empfohlen. Meldevorschriften Meldepflicht bei Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1g IfSG (virusbedingtes hämorrhagisches Fieber) und bei direktem oder indirektem Erregernachweis in Verbindung mit einer akuten Infektion unabhängig vom klinischen Bild gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 47 IfSG (andere Erreger hämorrhagischer Fieber). 27