Melioidose (Pseudorotz, Whitmore’s Disease) Seltene und importierte Infektionskrankheiten 2.16 Melioidose (Pseudorotz, Whitmore’s Disease) Erreger Burkholderia pseudomallei (Genus Burkholderia). Vorkommen Die Melioidose, eine Saprozoonose, ist in tropischen und subtropischen Regionen, v. a. Südostasien und Nordaustralien, verbreitet. In Deutschland werden importierte Fälle extrem selten beobachtet. Infektionsweg Der Erreger lebt als Saprophyt im Boden und in Oberflächenwasser, sein breites Wirtsspektrum umfasst auch Haus- und Wildtiere. Die Ansteckung erfolgt durch direkten Kontakt zu kontaminiertem Wasser oder Erdreich (Reisfelder), der Erreger dringt über kleinste Hautläsionen, Inhalation oder Ingestion von kontaminiertem Staub in den Organismus. Eine Infektion ist auch von Mensch-zu-Mensch durch Körperflüssigkeiten sowie im Labor durch infektiöses Aerosol möglich. Prophylaxe Die Möglichkeiten der Prophylaxe sind aufgrund der weiten Verbreitung des Erregers in der Umwelt begrenzt. In Endemiegebieten sollte der Kontakt zu Erdboden oder Oberflächenwasser unterbleiben, v. a. bei Hautläsionen oder bestehenden systemischen Grunderkrankungen. Hautwunden sorgfältig reinigen und desinfizieren. Inkubationszeit Sehr unterschiedlich (2 Tage bis mehrere Jahre). Symptomatik/Verlauf Die Symptomatik reicht von milden chronischen Erkrankungen bis zu akuten fulminanten Verläufen. Oft verläuft die Infektion völlig asymptomatisch (Seroprävalenz in Endemiegebieten liegt bei 6–20 %). Eine Erkrankung kann sich noch Jahre nach dem eigentlichen Kontakt mit dem Erreger manifestieren. Nach Eindringen des Erregers über eine Hautläsion bildet sich meist ein kleiner Knoten in der Haut mit Lymphangitis und Lymphadenopathie der regionalen Lymphknoten. Die Patienten sind febril und fühlen sich krank. Diese lokalisierte Infektion kann rasch in eine gene- ralisierte, septikämische Form übergehen. Dann entstehen multiple Abszesse am ganzen Körper, oft mit einem Befall der Lunge. Bei hohem Fieber sind die Patienten somnolent sowie tachy- und dyspnoisch. Auch bei antibiotischer Therapie der septikämischen Form besteht eine hohe Letalität. Bei Inhalation des Erregers kommt es primär zur Ausbildung einer Pneumonie mit ausgeprägter Kavernenbildung. Chronische, meist afebrile Verläufe mit sekundärer Abszessbildung in verschiedensten Organen sind möglich. Immunsupprimierte und Diabetiker sind besonders gefährdet. Bei latent infizierten Personen manifestiert sich die Infektion u. U. bei systemischen Erkrankungen mit drohender Immunschwäche. Diagnostik Die Anamnese ist wegen der u. U. sehr langen Inkubationszeit oft nicht aussagekräftig. Labordiagnostik nur in Speziallaboratorien (z. B. in den Konsiliarlaboratorien für Mukoviszidose-Bakteriologie am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Hochschule Hannover oder am Max von Pettenkofer-Institut für Hygiene und Med. Mikrobiologie in Großhadern bei München). Nachweis des Erregers aus Wundabstrichen, Sputum, Blut oder Urin mittels Mikroskopie (Gramfärbung), PCR oder Anzucht. Serologische Nachweismethoden sind bei symptomatischen Patienten mit Erregernachweis zu 60–70 % positiv. Differenzialdiagnose Sepsis, Typhus abdominalis, Pest, Tuberkulose, Malaria. Therapie Hochdosierte antibakterielle Chemotherapie mit Ceftazidim oder Carbapenem o. a., die nach der Behandlung der akuten Erkrankung noch über längere Zeit durch orale Medikation (Cotrimoxazol u. a.) fortgesetzt werden muss. Chirurgische Behandlung von Abszessen. Meldevorschriften Keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht nach dem IfSG. 79 Titelfotos: Dr. Hans R. Gelderblom/Kazimierz Madela(oben)/Robert Koch-Institut Oben: Clostridium difficile NCTC 13307 Mitte: Corynebacterium diphtheriae mitis, Darstellung mit Polkörnchen Unten: SARS-CoV, Severe acute respiratory syndrome coronavirus, Virusreplikation Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten Robert-Koch-Institut, Berlin 2011 ISBN 978-3-89606-240-6 Herausgeber Robert Koch-Institut www.rki.de Redakteur Dr. sc. med. Wolfgang Kiehl An der vorliegenden Neuauflage haben aus dem RKI mitgewirkt: Dr. Anton Aebischer, Dr. Katharina Alpers, Dr. Mona Askar, Susanne Behnke, Dr. Justus Benzler, Dr. Helen Bernard, Dr. Udo Buchholz, Dr. Silke Buda, Dr. Mirko Faber, Dr. Lena Fiebig, Dr. Christina Frank, Dr. Manuel Dehnert, Dr. Yvonne Deleré, Dr. Brigitte Dorner, Sandra Dudareva, Dr. Tim Eckmanns, Susanne Glasmacher, PD Dr. Walter Haas, Dr. Osamah Hamouda, Dr. Wiebke Hellenbrand, Dr. Michael Höhle, Bettina Keller, Dr. Albrecht Kiderlen, Christian Klotz, Dr. Judith Koch, Dr. Gabriele Laude, Dr. Astrid Lewin, Dr. Ulrich Marcus, Dr. Astrid Milde-Busch, Prof. Dr. Matthias Niedrig, Dr. Wolfgang Rabsch, Dr. Sabine Reiter, Dr. Bettina Rosner, Dr. Julia Sasse, Dr. Irene Schöneberg, Mario Schummert, Prof. Dr. Frank Seeber, Prof. Dr. Klaus Stark, Dr. Kathrin Tintelnot, Dr. Maria Wadl, Dr. Dirk Werber, Dr. Ole Wichmann. Die Kapitel zu den Bartonella-Infektionen wurden von Prof. Dr. Volkhard Kempf, Frankfurt/Main bearbeitet. Die vorige Auflage war erarbeitet worden von: Dr. Katharina Alpers, Dr. Gabriele Laude, Jens Mehlhose, Prof. Dr. Matthias Niedrig (verantwortlich), Prof. Klaus Stark, Dr. Kathrin Tintelnot (alle RKI); Prof. Dr. Gert-Dieter Burchardt, Prof. Dr. Herbert Schmitz, Prof. Dr. Egbert Tannich (alle Bernhard-Nocht-Institut); Dr. Barbara Reinhardt (Universität Ulm). Mitgearbeitet hatten: Dr. Justus Benzler, Dr. Christina Frank, Dr. Andreas Jansen, Dr. Wolfgang Kiehl, Dr. Judith Koch, Dr. Katrin Leitmeyer, Prof. Dr. Georg Pauli, Dr. Doris Radun, Dr. Irene Schöneberg, Dr. habil. Eckart Schreier, Dr. Brunhilde Schweiger (alle RKI) sowie Dr. Martin Pfeffer (München). Satz & Druck Westkreuz-Druckerei Ahrens KG Berlin/Bonn