E Erschienen im April 1986 Erschienen im April 1986 Dekoration zum Chinesischen Neujahr an der Hongkong and Shanghai Bank. Das Jahr des Ochsen wird verabschiedet, das Jahr des Tigers begrüßt. Im Dezember 1985 wurde das Gebäude termingerecht seiner Bestimmung übergeben. Die offiziellen Einweihungsfeierlichkeiten fanden im Frühjahr 1986 statt. Lichtbericht 24 Inhalt Zu diesem Heft The Hongkong and Shanghai Banking Corporation, New Headquarter Das Atrium Interview mit Norman Foster Treppauf- Treppab Arbeitsgebiete Ganz oben Ausstellung Der Lichtplaner High-Tech - High-Touch Glanzlicht Schatzkammer Richtungsweisend Uhrmacher Sonnenschaufel Zu diesem Heft 1 2-5 6-9 10-12 13 14-15 16-17 18 19 20-21 22-23 24-25 26-27 28-29 30-33 Fotos: Richard Bryant (S. 6-9, 14), Lars Christ/ERCO (S.1, 19-21,28/29), Kokon Chung (S. 10-12), Ian Lambot (U1, S.2-5,7/8, 13-18, 22-25, 27, 30-32, U4), Timm Rautert (S. 1), Hartmut Schnell/ERCO (S. 26, 30, U4). © 1986 ERCO Printed in W- Germany, Druckhaus Maack KG, 5880 Lüdenscheid, 6258604 Man muß schon das Recht haben, Geld zu drucken, um sein Verwaltungsgebäude auf Banknoten abzubilden. Die Hongkong and Shanghai Bank hat es. Normalerweise dienen Könige, Königinnen und historische Persönlichkeiten den Gestaltern von Geldscheinen als Vorlage. Oder Adler, Löwen und ähnlich heraldisch relevantes Getier. Gebäude kommen seltener als Motiv vor. Moderne Gebäude eigentlich so gut wie gar nicht. Ein Bau, der vor dem Richtfest schon die Geldscheine schmückt, muß schon sehr ungewöhnlich sein und einen besonderen Bauherrn haben, damit ihm solches widerfährt. Nun, die Hongkong and Shanghai Banking Corporation ist solch ein Bauherr, der mit dem Neubau seiner Hauptverwaltung ein Zeichen setzen wollte, das der Bedeutung seines Hauses gerecht wird. Und da man für die Währung Hongkongs, den Hongkong Dollar, zuständig ist, d. h. Notenbankfunktion hat und somit Geldscheine herausgibt, erklärt sich die Tatsache, daß dieser höchst bemerkenswerte Neubau dem Hongkong Dollar als Motiv dient. Leuchte erfüllen sollte. Und natürlich mußte der architektonische Gesamteindruck des Gebäudes auch hier gewahrt bleiben. Unter dem Titel „ High-Tech - High- Touch“ schildern wir Ihnen die Geschichte dieser Leuchte von der Idee bis zur Montage. Ob 20 Watt Niedervoltlampen oder 500 Watt PAR 56, die gesamte Palette moderner Leuchtmittel war notwendig, um die Beleuchtungsaufgaben in diesem Hochhaus zu lösen. Ohne den Einsatz unserer technischen Datenverarbeitung wäre es in der knappen Zeit, die zur Verfügung stand, nicht möglich gewesen, die photometrischen und elektrischen Tests durchzuführen, die Werkzeuge für die Fertigung zu bauen, die Produkte zu fertigen und die komplette Dokumentation der Leuchten einschließlich der Ersatzteile zu erstellen. So entstand für die Bank ein eigener Leuchtenkatalog. Viele der „Hongkong- Leuchten“ werden wohl in modifizierter Form ins Standardsortiment von ERCO einfließen. Norman Foster, der Architekt der Bank, ist Lichtberichtlesern durch sein Renault-Ersatzteillager in Swindon (England) bekannt. Er gilt in der Fachwelt als eine der herausragenden Figuren in der britischen Architektenschaft. Seine Ziele bei der Entwicklung der Bankarchitektur erklärt er im Interview auf den Seiten 10 bis 12, das Martin Pawley mit ihm führte. Die Beleuchtungssysteme sowie das System für die Gebäudeinformation für die Bank stellten eine besondere Herausforderung an ERCO dar. In nur wenigen Monaten, von der ersten Ideenskizze bis zur Lieferung, entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Beleuchtungsplaner Claude Engle, Washington, und den verantwortlichen Architekten vor Ort ein komplettes Programm von Downlights, Wandflutern, Akzentleuchten, Hinweis -leuchten, die zum Teil völlig neue Techniken erforderten. Eine besonders anspruchsvolle Aufgabe war die Entwicklung einer Leuchte mit ungewöhnlichen Ausmaßen für den Sitzungssaal des Vorstandes. Auf der einen Seite gab es den Wunsch nach einem kristalleuchterähnlichen Effekt, auf der anderen eine Reihe von präzise formulierten lichttechnischen Anforderungen, die diese Die Bedeutung des Gebäudes und die Komplexität seiner Lichtarchitektur rechtfertigt, ihm ein ganzes Heft zu widmen, auch wenn einige wichtige Bereiche ausgeklammert bleiben müssen, sei es auf Wunsch des Bauherrn, sei es, weil das Fotomaterial nicht termingerecht zu beschaffen war. Trotz dieser Einschränkung macht diese Ausgabe sicher deutlich, wie Licht und Architektur zusammenwirken. Bis zum nächsten Heft. Klaus J. Maack 1 The Hongkong and Shanghai Banking Corporation, New Headquarter Architekten: Beleuchtungsplanung: Statik: Elektroinstallation: Koordination: Generalunternehmen: Mengen- und Rechnungsprüfung: Foster Associates Claude Engle Ove Arup and Partners J. Roger Preston and Partners R.J. Mead &Co. John Lok/Wimpey Joint Venture Levett&Bailey und Northcroft Neighbour and Nicolson 27Juli1982: 1Mai 1983: Baubeginn Erteilung Leuchtenauftrag an ERCO/ Siemens Erteilung Auftrag Signs & Grafics an ERCO Erteilung Auftrag Boardroom-Leuchte an ERCO Inbetriebnahme Stockwerke 1-12 Erste Sitzung Boardroom 1. Dez. 1984: 31.Jan.1985: 2Juli1985: 12.Nov. 1985: Höhe: Geschosse: Gesamtfläche: Fläche Hauptschalterhalle: Fläche Plaza: Atrium: Anzahl der Arbeitsplätze: Interne Erschließung: Gesamtgewicht des Stahls einschließlich Armierung: Gewicht des Aluminiums für die Außen-verkleidung: Gewicht des Aluminiums für Zwischenböden: Beton: Glas: Gesamtlänge der Stark- und Schwachstrom kabel: Elektrische Anschlußleistung: Notstromgenerator: Es gibt drei Einrichtungen, so sagt man, die für den reibungslosen Ablauf in der Kronkolonie Hongkong als unbedingt notwendig angesehen werden: Der Gouverneur, der Steward des Jockey Glubs und die Hongkong and Shanghai Bank. Viel Ehre, die man der Bank zukommen läßt. Einer Bank, deren neue Hauptverwaltung die Rückseiten von Banknoten ziert, bewacht von steinernen Löwen. Ein architektonisch revolutionäres Gebäude auf der einen Seite, welches das Ende eines Entwicklungsprozesses markiert, das auch solche Gebäude wie z. B. das Centre Pompidou in Paris, Lloyds in London und weitere, eher schlichtere Gebäude umfaßt und sich an internationalen Standards orientiert. Auf der anderen Seite eine Architektur, die Rücksicht nimmt auf den Standort und die chinesische Geschichte und Mythologo. Auf alle Fälle ein Gebäude, welchem 2 178,8 Meter über dem Niveau der Des Voeux Road Gesamt: 52 47 oberhalb der Plaza Plaza Niveau 4 unterhalb der Plaza 99171 m2 2 178 m2 3514m2 52 Meter hoch Für 3 500 Arbeitskräfte 62 Rolltreppen 23 Personenaufzüge 4 Lastenaufzüge 1 Speiseaufzug 30 000 t 3500t 1 000 t 3500Dm3 32000 m2 3000 km 19500 kVA 6 Megawatt man nicht gleichgültig gegenüber bleiben kann. Peter Sartorius schildert in einem Bericht für die Süddeutsche Zeitung seine Suche nach dem städtebaulichen Zentrum und dem höchsten Gebäude Hongkongs: „Und mit einem Male wurde mir bewußt, daß ich am falschen Platz das Herz der Stadt suchte. Ich entdeckte es nebenan, ein wildpochendes Herz, das zum Fürchten aussieht. Es ist ein mächtiger Klotz, fast so hoch wie die Türme des Exchange Square. Der Bau hat angeblich noch mehr Geld gekostet als das World Trade Genter in New York, das bis dahin als das teuerste Gebäude der Welt galt. Ein Haus kann man es nicht nennen. Es ist ein Gewirr von Pfeilern, Röhren, Gängen, Schläuchen und dazwischengehängten Kammern. Die Hongkonger erinnert das Gebäude an eine Erdölplattform, und sie haben ihm deshalb den Namen ‚The Rig‘ gegeben. Und so etwas wie ein Förderturm ist der Bau auch: eine gigantische Pumpstation, durch 3 beanspruchen mußte, um die geforderten Standards zu erreichen. So entstand ein Gebäude, das den Weg weist für die Weiterentwicklung der modernen Architektur und die Postmoderne in Frage stellt. „Die Neuerfindung des Wolkenkratzers“ hat ein englischer Architekturkritiker begeistert formuliert. Fosters Gebäude in Grau und Silber besitzt mehr als nur bloße Höhe. Es ist im Gegensatz zu vergleichbaren Beispielen ein industriell gefertigtes Produkt. Es wurden Prototypen hergestellt, Modelle angefertigt und mit der gleichen Gründlichkeit getestet wie ein neues Auto. Tatsächlich ist jedes Element des Gebäudes für diesen speziellen Zweck konstruiert und produziert worden. Die Teile wurden auf speziellen Bändern hergestellt und nach Hongkong versandt, um dann auf der Baustelle zusammengebaut zu werden. Für die Aluminiumverkleidung des Gebäudes wurden in den USA Fertigungsbänder eingerichtet, ausgestattet mit automatischen Schweißeinrichtungen und computergesteuerten Schneidvorrichtungen. Hauptversorgungsleitungen, Klima-anlagen, elektrische Anlagen und Toiletten wurden in Modulen vorgefertigt, die in Japan hergestellt und verpackt wurden. Vor Ort in Hongkong stapelte ein Kran täglich zwei der fertigen Module aufeinander. Es gibt viele Details in diesem Gebäude, wo spürbar wird, daß hier der Versuch gemacht wurde, etwas in Angriff zu deren Adern die Energie Hongkongs fließt. Das Gebäude ist der Sitz der Hongkong and Shanghai Bank.“ Die Bank ist 1864 im Wardley House gegründet worden. Damals noch ein unbedeutendes Geldinstitut. Schon 1868 war man in ein größeres Haus in der Queen‘s Road umgezogen, und 1935 wurde das Quartier schon wieder zu klein. Man errichtete an der gleichen Stelle einen für damalige Verhältnisse kolossalen Zuckerbäckerbau, der ein ganzes Straßenkarree einnahm. An der Rückfront des Gebäudes stellte man die steinernen Löwen auf, die noch heute ihren Dienst tun, und ließ sie den 80 Meter hohen steinernen Tresor bewachen. Die Hongkong and Shanghai Bank wurde mit der Zeit mächtiger und mächtiger. Sie ist heute nicht einfach nur eine örtliche Institution, sondern eine der größten Bankketten der Welt, die in Amerika, Europa, dem Mittleren Osten und in Asien vertreten ist. In der Weltrangliste der 100 größten Banken nimmt sie einen der vorderen Ränge ein. Fosters 47 Stockwerke hohes Gebäude ist reich an Superlativen. Es gilt als teuerstes Einzelgebäude der Welt und als höchstes Bankgebäude von Hongkong. Vom visuellen Gesichtspunkt her macht es das alte Gebäude der Bank of China, das bisher das höchste Hongkongs war, bedeutungslos. Dies alles sind aber wohl nur Nebeneffekte. Das wirklich Neue an diesem Gebäude ist 4 stabsgenaues Modell, so daß jede Möglichkeit durchdacht, ausprobiert und im wahrsten Sinne des Wortes durchdiskutiert werden konnte. Andererseits ist, und darauf bereitet kein Modell vor, das Gebäude nicht bloß eine schöne Fassade, die über den Statue Square schaut. Hier gibt es auch zwei weitere Seiten, die, mit dem tief eingeschnittenen Profil, den sich verjüngenden Gebäudeteilen und den mächtigen, kreuzförmigen Verstrebungen einen völlig anderen Charakter haben. Der andere Aspekt, der die Natur des Gebäudes ausmacht, und auf den kein noch so genaues Modell vorbereiten kann, ist die Auswirkung der Aluminium-Raster, die auf jeder Vorder-und Rückseite des Gebäudes vorspringen. Sie wirken wie gigantische Moirömuster, die das Gebäude manchmal vollkommen transparent wirken lassen. Betrachtet man das Gebäude aus einem anderen Winkel, so vermitteln diese den Eindruck eines festen und soliden Mauerwerks. Es ist nicht einfach zu verstehen, wie das Gebäude funktioniert. Die Konstruktion ist absichtlich so gewählt worden, damit man von der bisher üblichen Zellen-bauweise im lnnenausbau wegkommt, die bei sehr vielen Hochhäusern die Grundlage bildet. In der Vertikalen ist das Gebäude in fünf Zonen aufgeteilt. Jede dieser Zonen ist mittels einer einzelnen Reihe von Stahlabhängungen an doppelgeschossigen Tragwerkkonstruktionen abgehängt, so daß sich hieraus eine freie Spannweite von 33 Metern ergibt — also das Dreifache der normalen Spannweite. Diese Trage-konstruktion wiederum ist an Stahlmasten abgehängt, die in Gruppen zu jeweils vier Stahlsäulen angeordnet sind. Horizontal ist das Gebäude in drei Abschnitte unterteilt, und jeder Abschnitt ist durch eine Zwillingsmastenkonstruktion definiert, die an jedem Ende steht. Die Gestaltung des Gebäudeprofils wurde noch durch die Vorschriften der Bau- behörde Hong kongs erschwert. Diese Vorschriften bestimmen, daß Gebäudeteile zurückspringen müssen, damit so wenig wie möglich Schatten auf die Straßen der Stadt fällt. Ergebnis dieser Vorschriften war eine Begrenzung auf 35 Stockwerke bei den vorderen und hinteren Bauabschnitten der Stirnseite, die auf den Statue Square hinausgeht und auf 28 Stockwerke auf der Rückseite. Nur der mittlere Bauabschnitt ist 180 Meter hoch. Um das Ganze noch weiter zu erschweren, wurden weitere Rücksprünge in der Konstruktion an der Ostseite des Gebäudes vorgenommen. Das wird dadurch erreicht, daß große Teile des oberen Stockwerks zwischen den Masten ausgelassen wurden. All diese Maßnahmen sollten sicherstellen, daß wenige Grundrisse identisch sind. Nur die oberen Stockwerke sind, wie gewohnt, rechteckig, und selbst diese haben ein Atrium, das hinaufgeht bis zur ersten Tragekonstruk-tion. Oberhalb dieses Levels verjüngt sich mit zunehmender Höhe die Konstruktion entsprechend. Diese Konstruktion gibt auch wieder, wie das Gebäude genutzt wird. Die Hongkong and Shanghai Bank ist ein echtes High-Tech-Gebäude, auch wenn der Fung Shiu Erdwahrsager viele Details beeinflußt und vorgegeben hat, wie z. B. die Ausrichtung des Gebäudes an See und Himmel, die Höhe, und, um auch dem Drachen einen Zugang zur Bank zu ermöglichen, die Ausmaße der Türen und der Hallen. Ein weiteres Zugeständnis an Standort und überwiegend chinesisches Klientel ist das zweisprachig gehaltene Personenleitsystem in Englisch und Mandarin-Ch i nesisch. Die Mischung aus moderner Architektur und chinesischer Mythologie erscheint gelungen. Bleibt, der Bank im soeben begonnenen Jahr des Tigers weiterhin geschäftlichen Erfolg zu wünschen. die geistige Haltung, mit der es entworfen und gebaut wurde. Es ist eher ein lngenieursprodukt denn ein Architekturprodukt, d. h. es ist mit einer Haltung entworfen worden, mit der man Großraumflugzeuge herstellt. Nahezu sämtliche Details an diesem Gebäude sind ingenieursmäßig neu untersucht worden. Es gibt kaum einen Lieferanten, der nicht seine Entwicklungsabteilung bis an die Grenzen der Belastbarkeit nehmen, was noch niemals vorher verwirklicht wurde. Angefangen bei der Konstruktion des Tragwerks — die größte bisher in der Welt für ein Gebäude abgehängte Stahlskelettkonstruktion — bis hin zu Sonnenspiegeln. Die Verfahren zur Erreichung der Korrosions- und Feuerbeständigkeit bei der Stahlskelettkonstruktion sind niemals vorher in der Welt bei einem Bauprojekt angewandt worden. Selbst die Schlösser der Türen in der gesamten Bank sind einzigartig. Sie wurden in Japan entwickelt und kommen ohne die herkömmlich aussehenden Schlüssel aus. Die Türen werden nämlich mit eleganten Messingstiften geschlossen, die mit Einkerbungen versehen sind und den Verschlußmechanismus der Türen entriegeln. Foster hat alle Möglichkeiten genutzt, um Zufälle auszuschließen. Man beschränkte sich nicht darauf, nur Details aufzuzeichnen, sondern baute ein maß- 5 Das Atrium Vom Star Ferry Pier, an dem die Fährschiffe von der Halbinsel Kowloon anlegen, sind es nur wenige Schritte über den Edinburgh Place bis zum Statue Square. Der großzügig angelegte Platz, auch „Empfangssalon‘ Hongkongs genannt, führt direkt ins Geschäftsund Bankenviertel der Insel. Namen wie Gonnaugh Road, Des Voeux Road und Queens Road stehen für Hochhäuser mit Einkaufspassagen, Antiquitätenläden und eleganten Geschäften. Daneben ist das pulsierende Viertel auch Sitz von Hongkongs wichtigsten Banken, unter denen die Hongkong and Shanghai Bank-ing Corporation eine herausragende Stellung einnimmt. Eine Stellung, die durch den Neubau ihrer Hauptverwaltung noch unterstrichen wird. Der Architekt schuf für die Bank ein High-Tech-Gebäude, das letztendlich die Neuerfindung des Wolkenkratzers darstellt. Als Ausdruck eines neuen Verständnisses von Architektur spiegelt es Fosters Bemühen, einen total genutzten und unbegrenzt flexiblen geschlossenen Raum zu erstellen. Herkömmliche Werte treten zugunsten von Konstruktionsformen in den Hintergrund. Die Konstruktion wird erkennbar und durchschaubar. Hauptmerkmal der neuen Hauptverwaltung ist die Schalterhalle mit ihrem fast 52 Meter hohen zentralen Innenhof, dem Atrium, an das sich die ersten zwölf Stockwerke anschließen. Mitarbeiter und Besucher betreten die Bank von einem Vorplatz aus, der einen Durchgang von der Queens Road zur Des Voeux Road erlaubt. Selbst nach Schalterschluß bleibt diese Plaza, die das Gelände vor der Bank optisch erweitert, geöffnet. Im Falle eines Taifuns oder bei anderen Notfällen kann der Platz allerdings geschlossen werden. Von der Plaza aus führen Rolltreppen hinauf in die Schalterhalle in der 3. Etage. Durch leicht grau getönte Glasverkleidungen werden Bewegungs- und Betriebsmechanismus der Treppen sichtbar gemacht. Ein Glasboden, der von den Rolltreppen durchschnitten wird, trennt das Atrium vom öffentlichen Bereich. Abends kann er hermetisch abgeriegelt werden. Uber dem Boden erhebt sich die Innenhalle bis zur ersten Tragekonstruktion in Höhe des 12. Geschosses. Ein ausgeklügeltes Spiegelsystem — Sonnenspiegel an den Außenwänden und der Decke des Atriums — versorgt den Innenhof mit Tageslicht. Die Spiegel sind mit computergesteuerten Elektromotoren ausgestattet, die dem Lauf der Sonne folgen. Unabhängig von der Jahreszeit wird das Licht das ganze Jahr über gleichmäßig im Atrium verteilt. Bei Nacht wird die Halle von ERCO Spezialdownlights beleuchtet, die in die Sonnenspiegel eingebaut sind. Kennzeichen dieser Leuchten sind ein besonders enger Abstrahlwinkel und eine extrem hohe Beleuchtungsstärke, die erforderlich ist, um aus einer Höhe von 52 Metern noch genügend Helligkeit auf den Boden des Atriums zu bringen. Die Rolltreppen spielen in Fosters 180 Meter hohem Wolkenkratzer, der die Architektur näher an das Zeitalter der High Technology heranbringt, eine wichtige Rolle. Sind sie für ihn doch „eine menschlichere und erfreulichere Beförderungsart als in einem Blechkasten auf und ab zu fahren“. Die Anzahl der Aufzüge wurde aus diesem Grund auch so gering wie möglich gehalten. Ihre Ein- und Ausgänge be- Trotz seiner Höhe von 52 Metern wirkt das Atrium leicht und luftig. Glas und Tageslicht spielen darin eine wichtige Rolle. 6 schränken sich auf fünf Doppelgeschosse, die untereinander durch Rolltreppen über eine Folge unterschiedlicher Räume hinweg verbunden sind. Innerhalb des Gebäudes bewegen sich die Aufzüge wie Lichtwürfel nach oben. Gefertigt sind sie aus japanischem Milchglas, das als „Shoji‘ bekannt ist. Das Glas läßt, während der Lift nach oben fährt, die Wahrnehmung von Umrissen zu, verwehrt jedoch den genauen Blick nach außen. 7 Foster schafft in der Bank Inseln, dorfähnIiche Einheiten — jede mit einem eigenen Empfangsbereich und unmittelbarem Zugang zu den Fahrstühlen. Den herkömmlichen Typ von Wolkenkratzer, in dem jedes Stockwerk mehr oder weniger gleich aussieht, läßt er bewußt hinter sich. Dabei versteht er es, die gigantischen Ausmaße des Gebäudes auf ein menschliches Maß zu bringen. Foster studierte sorgfältig die traditionelle chinesische Architektur und ihre Farbsymbolik, ging auf Gesellschaft, Kultur und Umwelt Hongkongs ein. Ergebnis sind hängende Gärten, Terrassen und Grün, das über das Stahlgerüst des Gebäudes herabhängt. Mehr als 3500 qm widmete er der öffentlichen Passage im Erdgeschoß, um einen großzügigen Durchgang für den Publikumsverkehr zu schaffen. Selbst die äußere Form des Gebäudes ist der Bewegung des Besucherstromes angepaßt und orientiert sich an der Nutzungsdichte. Am gen das Gebäude. Ahnlich dem Prinzip der „gläsernen Bürgersteige“ ermöglichen diese Zonen den Einfall des natürlichen Lichtes auf die tiefergelegenen Etagen. In Form von kleinen Atrien bleibt der gröE,te Teil dieses Durchgangsbereiches offen. Die Bauweise erlaubt es, bei Bedarf jederzeit Anderungen und Umstellungen vorzunehmen, ohne dabei den Bankbetrieb nennenswert zu stören. Moderne Baumaterialien, fortgeschrittene, roch nergestützte Konstruktionstechnik und eine einzigartige Konstruktion sind die charakteristischen Merkmale der neuen Hauptverwaltung der Hongkong and Shanghai Banking Corporation. Ein Gebäude, das schon allein deshalb bemerkenswert ist, weil sämtliche Bauteile im Ausland speziell für diesen einen Bau angefertigt wurden. In Europa, Japan und in den Vereinigten Staaten. Ein Gigant, der in „Trockenbauweise“ entstand. Schrägkonstruktionen, an denen ganze Etagengruppen aufgehängt sind, bestimmen das Erscheinungsbild des Gebäudes — außen wie innen. Die Mailänder Galerie im Stil des 79. Jahrhunderts stand Pate für die großzügige Plaza unter der Bank. 8 Fuße der Bank, wo sich die Menschenmassen ballen, erreicht der Bau seine größten Ausmaße. Nach oben hin nimmt er zu den privateren Bereichen deutlich ab. Entscheidend beeinflußt wurde die Gestaltung des Gebäudeprofils durch die Vorschriften des Hongkong Building Ordinance Office, nach denen Gebäudeteile zurückspringen müssen, damit möglichst wenig Schatten auf die Straßen der Stadt fällt. Aus diesem Grund sind die GebäudeSektionen von unterschiedlicher Höhe. Drei gehen über 18, zwei über 35 und eines über 41 Stockwerke. Ihre größte Höhe erreicht die Bank im mittleren Teil mit 180 Metern. Neben den Bestimmungen, die Foster damit erfüllte, beinhaltet dieses abgestufte Profil eine Reihe von Vorteilen: unterschiedliche Breiten im Innern, GartenTerrassen draußen, eine Antwort auf die Gesetzmäßigkeiten von Lichteinfall und Schattenbildung. Nur die unteren Geschosse, die vom Atrium bestimmt werden, sind rechteckig. Oberhalb der ersten Tragekonstruktion verändern sich die Grundrisse, der Nutzung des Gebäudes angepaßt. Angelehnt an Konzept und Brückenbau des 20. Jahrhunderts, sind die über-erdigen Etagen an starr verstrebten Profilen aufgehängt. Sie erstrecken sich jeweils über zwei Stockwerke und fassen an der Basis acht, an der Spitze vier Geschosse zusammen. Stahlmasten, die sich aus vier starken Stahlrohren zusammensetzen, tra- Unterschiedlich gestaltete Stockwerke in Form von kleinen „ Dorfeinheiten“ bringen die gigantischen Ausmaße des Gebäudes auf ein menschliches Maß. 9 Interview Norman Foster 10 Gegen Ende des Jahres 1985 unternahm Peter Palumbo eine Geschäftsreise nach Hongkong und besuchte die neue Hauptverwaltung der Hongkong and Shanghai Banking Corporation. Noch am gleichen Abend schrieb er in seinem Hotelzimmer einen Brief an Norman Foster. „Das Gebäude ist ein Meisterwerk‘, schrieb er, „und ich weiß ganz genau, an welcher Stelle es in London stehen könnte.“ Palumbo steht mit seiner Bewunderung für dieses distanzierte, fast schon mystisch wirkende Gebäude nicht allein. Ieoh Ming Pei kam mit einer Besichtigungsdelegation der Bank of China und sagte hinterher, daß die Eingangshalle die eindrucksvollste sei, die er je gesehen habe. Harry Seidler, der ursprünglich an dem Wettbewerb um den Auftrag teilgenommen hatte, besichtigte das Gebäude und bemerkte: „Nie hätte ich für die Bank eine solche Architektur schaffen können.“ Das architektonische Konzept, das komplexe und oft wechselnde Anforderungen erfüllen muß, vor allem die enormen logistischen Probleme, die ein solches Gebäude aufwirft, ist ein Projekt ohne Parallelen. Es litt zudem unter der politischen Unsicherheit, da es in 11 Jahren an die Volksrepublik China übergeben werden soll. Wie sieht Foster selbst seine Leistung? Sechs Jahre nach Projektbeginn mit Foster das Thema wieder aufzugreifen, ist eine aufschlußreiche Erfahrung, nicht zuletzt deshalb, weil er direkt und spontan den Kernpunkt dieser Herausforderung offenlegt. Die Bank war ein riesiger Prestige-auftrag, aber bevor er realisiert werden konnte, mußte man lernen, in anderen Dimensionen zu denken. Als Arthur Drexler vom New Yorker Museum of Modern Art sagte, daß der Bau zum erstenmal Architektur und Raumfahrttechnik miteinander in Einklang bringe und Paul Goldberger von der New York Times seinen verblüffenden aber disziplinierten Buck Rogers Futurismus lobte, lagen zwar beide nicht falsch, aber ihr Urteil traf nicht den Kern der Sache. Die Bank ist weniger das Empire State Building einer neuen Zeit als das Empire State Building eines neuen Kontinents. Es ist nicht das Resultat einer Verpflanzung, sondern einer Eingliederung. Das Gebäude hätte nirgendwo anders und von niemand anderem gebaut werden können. Als Foster die Eigenschaften des Gebäudes aufzählt, seine topografischen Erkenntnisse erklärt, die dem Gebäude seine Form gaben, erwähnt er auch die Enttäuschung, die das Wegfallen zweier herausragender Merkmale bereitete. Fremdartigkeit und Entfernung spielen eine große Rolle. Er und sein Team arbeiteten auf der anderen Seite der Welt, inmitten einer Kultur, die sowohl kosmopolitische als auch nationale Züge aufweist. Das Gebäude war am Ende weder die Schöpfung des internationalen elektronischen Bankwesens noch ein halbkoloniales Geschenk einer alten Macht an eine jüngere, sondern seine Konstruktion erwuchs vor allem aus einem beispiellosen Lernprozeß. Dieser Prozeß nahm beim ersten Treffen zwischen Norman Foster, seiner Frau Wendy und Spencer de Gray mit den Vertretern der Bank im Sommer 1979 seinen Lauf. Alle drei hatten ihre Urlaubspläne für die Zeit nach der Besprechung festgelegt, mußten sie aber dann aufgeben. Im Gegensatz zu den anderen Bewerbern blieb das Team von Foster nach der Besprechung noch einige Wochen in Hongkong, um die Bank selbst verstehen zu lernen. Nach einem, wie Foster sich erinnert, unsicheren Anfang. „Das erste, was ich tat, war die Managementberater anzurufen, die die Besprechung arrangiert hatten, um ihnen zu sagen, daß ich gerne hinter die Kulissen der Bank schauen würde, um mir ein Bild davon zu machen, wie alles funktioniert.“ Uberraschenderweise war die Antwort: „Aber das gibt Ihnen einen unfairen Vorsprung!“ Ich fragte, wie das gemeint wäre. „Wenn wirlhnen das ermöglichen, müßten wir das auch allen anderen zugestehen.“ „Aber alle anderen sind abgereist“, sagte ich. „Es käme sehr ungelegen“, war die Antwort. „Sehen Sie“, sagte ich, „falls Sie glauben, nach diesem Gespräch allen unseren Konkurrenten sagen zu müssen, der beste Ausgangspunkt für den Entwurf einer Bank sei, festzustellen, wie das bestehende Unternehmen arbeitet, so denke ich, daß das lächerlich ist.“ „Sagen Sie den anderen Architekten, was Sie wollen, wir werden direkt zur Bank gehen und mit den Leuten sprechen. Falls wir die gleiche Antwort bekommen sollten, werden wir uns direkt umschauen, und niemand wird merken, daß wir überhaupt da sind.“ Als wir zur Bank kamen, herrschte dort die gleiche Verwirrung. „Was für Fragen möchten Sie uns denn stellen?“ Schließlich einigten wir uns und wurden hinter die Kulissen geführt, wo wir dann auch anfingen, Fragen zu stellen wie: „Die junge Dame dort drüben bedient gerade einen Kunden, weitere zehn warten in der Schlange. Müssen die auch auf dieser Etage sein?“ „Das ist eine seltsame Frage“, war die Antwort. „Welche Bedeutung kann das denn bei dem Entwurf eines Gebäudes schon haben?“ Wir sagten, daß, wenn wir Fragen stellen dürften und objektive Antworten bekämen, ohne daß man sich über deren Relevanz bzw. Irrelevanz den Kopf zerbrechen würde, wir unsere eigenen Schlüsse daraus ziehen und lernen könnten, wie die Bank wirklich funktioniert. Auf diese Art fingen wir an, ein Gefühl für Präferenzen und Standpunkte sowie für die Einstellung der Befragten zum Thema „Veränderungen und Organisation“ zu bekommen. Zwischen den im Wettbewerb stehenden Architekten und der Hongkong and Shanghai Banking Corporation war vereinbart worden, daß die Bank ein Gebäude- modell zur Verfügung stellt, in das die Wettbewerber ihre Entwürfe einfügen könnten. Dank ihrer während der anfängchen Erkundungen des Standortes angefertigten Zeichnungen, Fotos und Skizzen konnten die Mitarbeiter im Foster-Team nach ihrer Rückkehr nach London ihr eigenes Modell vom Standort und der Umgebung anfertigen: Foster glaubt bis heute, daß erdurch diesen Umstand bei der Wettbewerbspräsentation im Jahre 1979 im Vorteil war. Etwas rätselhaft war der Einfluß von „Fung Shiu“, einem okkulten chinesischen Verständnis von Gestaltung und zeitlicher Abstimmung. Wie Foster sich erinnert, berichtete man ihm, daß der Vorsitzende, der sein neues Büro des im Jahre 1935 errichteten Gebäudes betrat, nach einem Blick in den Raum fragte: „Ist der Fung Shiu-Mann schon hier gewesen?“ Nachdem dieser herbeigerufen worden war, stellte er sofort die Möbel um und hängte andersfarbige Vorhänge auf. Selbst im Büro, das sich das Team um Foster später in Hongkong einrichtete, war der Fung Shiu-Mann wichtig: Die Ankunft von sechs neuen Mitarbeitern führte zu einer Umgestaltung der Arbeitsplätze, so daß ein Mitarbeiter unmittelbar unter einem Träger arbeiten mußte. Das war „schlechtes Fung Shiu“ und mußte geändert werden. Fosters erste Vorschläge an die Bank, in denen er sich leidenschaftlich gegen den teilweisen oder vollständigen Abriß der bestehenden Schalterhalle aussprach, enthielten Notizen über Besuche bei einem Fung Shiu-Mann, inmitten einer Reihe fachlicher Konsultationen. Und auch später noch spielte Fung Shiu eine Rolle, nicht in der Wahl der Konstruktionssysteme, sondern bei der Betonung, die man den einzelnen Bauelementen auf den Hauptebenen zudachte. „Wir dachten, der Fung Shiu-Mann sollte uns an der Baustelle treffen“, erinnerte sich Foster, doch er meinte, das wäre nicht erforderlich, da erja die Zeichnungen einsehen könnte. Nachdem er dies getan hatte, sagte er: „Es liegt auf der Hand, daß man nicht durch das Maul des Drachens eintritt. Böse Geister sollten nicht ein- und ausgehen können, daher sollte hier eine Blindzone in Höhe von mehreren Stockwerken diesen Bereich als Eingang kennzeichnen.“ „Er fertigte eine Skizze an, die wir noch immer irgendwo liegen haben und die ich — nicht nur als spaßhafte An- spielung — für eine Vorlesung benutze, die ich über dies Gebäude halte.“ Das Foster-Team war bei der Vorlage der Pläne im November 1979 davon überzeugt, daß sowohl ein Teilabbruch als auch ein vollständiger Abbruch, um Platz für das neue Gebäude zu schaffen, falsch wären. In einer übersichtlich illustrierten und detailliert ausgearbeiteten Vorlage legte das Team von Foster dar, was es mit „Stufen- weiser Erneuerung“ bezeichnete. Es handelt sich dabei um eine Methode, bei der an beiden Seiten des bestehenden Gebäudes massive Säulen errichtet werden, die durch lange, schmale Verstrebungen miteinander verbunden werden. Nach Fertigstellung dieser Konstruktion erfolgte der Abbruch des alten Gebäudes. „Das 1935 errichtete Gebäude mit seinen verschiedenen Seitenflügeln und Anbauten wies Nahtstellen und Trennungs flächen auf, von denen man ganze Blocks loslösen konnte. Ursprünglich wollten die Planer einfach einen Durchbruch durch das bestehende Gebäude vornehmen, um einen Hochbau an dieser Stelle zu errichten. Doch das alte Gebäude selbst umfaßte die Schalterhalle, und nur eine Hälfte der Schalterhalle zu bewahren, wäre nicht sinnvoll gewesen. Darüber hinaus bestand die unbedingte Notwendigkeit, gleichzeitig abwärts zu bauen. Die Konstruktion für ein Turmgebäude hätte soviel von der Standfläche des Gebäudes in Anspruch genommen, daß dies nie möglich gewesen wäre. Wir mußten den größten Teil des Bauplatzes freihalten, um die vorhandene Schalterhalle solange wie möglich zu erhalten und nach ihrem Verschwinden ein Aufwärtsund Abwärtsbauen gleichzeitig zu ermöglichen. Die Zustimmung der Bank zur „stufenweisen Erneuerung“ und die Vergabe des Auftrags an Foster Associates stellte für Norman Foster eine einmalige Chance, aber gleichzeitig auch eine harte Herausforderung dar. Die Initiative war ergriffen worden und die ursprünglichen Richtlinien des Kunden waren in den Papierkorb gewandert. Jetzt sah er sich einem Berg von Planungs- und Konstruktionsarbeiten gegenüber. Trotzdem konnte das Projekt SJahre nach Auftragsvergabe fertiggestellt werden. Von diesem Moment an sah Foster die Bank als Mittel dazu, erstmals seit „Le Corbusier‘s Straßen in der Luft“, die fünfzig Jahre zurückdatierten, dem Hochhaus eine neue Linie zu geben. Er nahm das herkömmliche mehrgeschossige Gebäude — an denen Hongkong reich ist —und konzipierte es neu in Form von sich überlagernden „Dörfern“, fünf Gruppen von hängenden Etagen in abnehmenden Größen, die über außen verlaufende Fahrstühle erreichbar und durch sich kreuzende Rolltreppen 11 miteinander verbunden sind. Diese „Dörfer“ erstrecken sich ohne interne Säulen über die gesamte Breite des ursprünglichen Gebäudes, dessen Standort zu einer der großzügigen Fußgängerzonen umfunktioniert worden ist. Sie sind voneinander durch riesige, über 2 Stockwerke reichende Terrassen getrennt, die reich bepflanzt werden sollten, und sind durchbrochen, um das durch eine Anordnung von riesigen parabolischen Reflektoren widergespiegelte Sonnenlicht aufzunehmen. Alle Elemente erwuchsen aus dem Charakter des Projektes und Foster legt großen Wert darauf, zu konstatieren, daß sie nicht als „Symbole“ für irgendetwas stehen. „Die Entscheidungen, die in bezug auf jenes Gebäude getroffen wurden, ergaben sich aus der Notwendigkeit und der Herausforderung, ein derartiges Bauwerk an gerade diesem Ort in so kurzer Zeit zu errichten. Und da war nichts künstlich aufgebauscht. Damit meine ich, sie griffen nicht auf die traditionellen Handwerke zurück, um an der Baustelle Objekte herzustellen, die wie vorgefertigte Elemente aussahen. Rein optisch dienen die Elemente dem Ausbalancieren der langen Ausleger, durch welche die Etagen getragen werden. Doch kamen diese Elemente direkt vom Fließband in die Leichter und von dort an die Baustelle. Uns war klar, daß wir einen ziemlich stabilen architektonischen Rahmen schaffen mußten, dem alles andere untergeordnet sein würde und von dem wir uns auf keinen Fall lösen durften. Es ist sowohl in der Haupt-Uberspannungskonstruktion sichtbar als auch in dem den Passanten zugänglichen Vorplatz. Wir machten den Leuten von der Bank klar, daß sie eine noch größere Transparenz zur Offentlichkeit erreichen könnten, indem sie das gesamte Innere des Gebäudes in ein einziges ‚Schaufenster‘ verwandeln würden. Ein Fenster, durch das tatsächlich Tageslicht hinabgeleitet werden konnte. Ein Platz aus Glas, der bedauerlicherweise — wie auch die ‚schwebenden Gärten‘ —im Verlauf der Projektdurchführung verlorenging. Dennoch ist vom ursprünglichen Konzept noch sehr viel wahrnehmbar.“ „So vieles am Gebäude war noch unerprobt, z. B. große Uberbrückungselemente in Verbindung mit geringen Etagenhöhen oder die Idee mit der ‚Lichtschaufel‘. Dank der Kombination von Aufzügen und Rolltreppen wurden nur 23 Aufzüge benötigt anstatt 48, und mit 62 Rolltreppen, die ununterbrochen in Betrieb sind, konnte eine Vielzahl von Etagen effektiv zu einer einzigen Ebene zusammengefaßt werden. Aus diesem Konzept ergab sich der gesamte Aufriß des Gebäudes.“ „Wenn ein Projekt fertiggestellt ist, ist man immer versucht, sich noch einmal damit zu befassen. Auf der anderen Seite weiß man auch instiktK~ ob man die Chance wahrgenommen hat oder sie ungenutzt verstreichen ließ. Im Fall der Bank kann ich guten Gewissens sagen, daß wir die Chance genutzt und nicht den übergeordneten Ausdruck einer organisatorischen und strukturellen Ordnung aus den Augen verloren haben, den wir uns bei Projektbeginn zum Leitsatz gemacht hatten. Sicherlich ist es sehr traurig, daß wir die vier riesigen Terrassen nicht in Gärten umwandeln konnten. Die Gründe dafür sind sicherlich nicht in den Baukosten, sondern in der Instandhaltung zu suchen. Anstatt dort eine Gartenland schaft zu errichten, wird man dort wahr- 12 scheinlich auf Pflanzenkübel zurückgreifen. Sehr bedauerlich ist auch, daß der gegossene Fertigglasboden nicht realisiert wurde, durch den das Untergeschoß mit Tageslicht hätte erhellt werden können. Doch was von der Idee übrigblieb, ist weder als willkürliche noch als rein mechanistische Lösung zu sehen. Sie hat Logik und gibt den sozialen Idealismus wieder, der sich — in unserem Sinne — von Anfang an in unserem Vorgehen manifestiert hat. Mir ist jede Architektur verdächtig, von der gesagt wird: „Wir haben es so gemacht, weil wir dachten, daß es so schön aussehen würde“ — doch für ebenso verdächtig halte ich Architektur, die man damit begründet, daß „sie so ist, weil damit alle auf der Vorgabeliste aufgeführten Punkte als erledigt abgehakt werden konnten In jedem Fall wird bei jeder Entscheidungsbildung immer ein subjektiver Aspekt eine Rolle spielen. Sie finden dies bei der Beleuchtung, bei der es nicht immer aus- Treppauf-Treppab Die Lichtplanung konzentriert sich im Treppenbereich konsequent auf die DownlightReflektortechnik. Auf dekorative Elemente und auffällige Lichteffekte wird zugunsten einer klaren Architekturaussage verzichtet. Downlights zur Beleuchtung von Verkehrswegen in Gebäuden sind keine neuartige Lösung. Claude Engle verwendet aber in Fosters Gebäude nicht die üblichen rotationssymmetrisch ausstrahlenden Downlights, deren Licht die Verkehrswege direkt ausleuchtet. Er sieht die Gefahr als zu groß an, daß die Benutzer der Treppenaufgänge unter Umständen geblendet werden. Claude Engle konzipierte deshalb eine vorwiegend indirekte Beleuchtung, wobei er nicht, wie üblich, die Deckenflächen, sondern die Wandflächen als Reflexionselemente nutzt. In der Decke sind zu diesem Zweck asymmetrische Richtstrahler mit 4Q0 Abblendwinkel installiert. Uber dem Darklight-Konus sind unter definiertem Neigungswinkel Halogen-Reflektorlampen der Leistungsstufe 250 W einjustiert, wobei Neigungsund Ausstrahlungswinkel auf die jeweilige Raumhöhe abgestimmt sind. Nicht die Darklight-Leuchten, sondern die jeweiligen Lichtkegelanschnitte auf den Wandpaneelen werden zu fokalen schließlich eine Frage der Lichtfülle, sondern der Lichtqualität ist. Die Tatsache, daß der Zeiger eines Meßgerätes über eine bestimmte Stelle hinaus ausschlägt, weist auf ein Problem hin, ist aber noch nicht die Lösung. Jedoch das Gebäude als Ganzes ergab sich aus den Planungsungewißheiten und durch die Dinge, die mehr oder weniger unberührt ausgeklammert werden mußten. Eine der erfreulichsten Erfahrungen für mich war die Vielzahl der in die Arbeit mitein bezogenen Leute. Als die Bänker, die bereits andere Präsentationen erlebt hatten, schließlich das einzige Wahre vor sich sahen und meinten: „Sehen Sie nur, es könnte ebenso ein Foto des Modells sein. Es ist genauso geworden, wie Sie sagten“. Martin Paw/ey Blickpunkten, ein typisches Merkmal moderner Lichttechnik. Das primäre Licht der Richtstrahler wird von den gut reflektierenden Wandpaneelen diffus in den Raum re flektiert und beleuchtet die Nutzzonen mit dem gewünschten Helligkeitsniveau. Höchster Sehkomfort verbindet sich in diesem Beispiel mit einer eleganten lichtarchitektonischen Lösung. 13 Arbeitsgebiete In der Hongkong and Shanghai Bank gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze. Sie reichen von Informationszentren über Kundenbereiche, Konferenzräume, EDV-Arbeitsplätze bis hin zu den Gruppenbüros für die Sachbearbeiter, die sich jeweils in Rau mbedarf, Ausstattung und Atmosphäre unterscheiden. Die Lichtplanung stand vor der Aufgabe, für alle Arbeitsbereiche ein Beleuchtungssystem mit einer einheitlichen Formensprache zu suchen. Claude Engle gelang es, mit nur 3 Komponenten eine flexible und allen Sehaufgaben angepaßte Beleuchtung zu entwickeln. Sie setzt sich zusammen aus dem Tageslicht und der künstlichen Beleuchtung. Die künstliche Beleuchtung besteht aus 2 Komponenten, die von der Decke aufgenommen werden, aus einer Leuchtstofflampen- und Halogen-Glühlampen-Beleuchtung. Im Gebäude der Hongkong and Shanghai Bank liefern Spiegelrasterleuchten mit Leuchtstofflampen in regelmäßiger Anordnung eine mittlere Beleuchtungsstärke von 750 lx, ein Beleuchtungsniveau also, das internationalen Standards für jede Art von Bürotätigkeit genügt, einschließlich der Arbeit an Bildschirmterminals. Die Leuchte erfüllt folgende weitere lichttechnische Anforderungen: Zusätzlich zu dieser Grundbeieuchtung mit Leuchtstofflampen ist im gesamten Verwaltungsbereich eine zweite Beleuchtungskompenente mit Halogen-Glühlampenlicht installiert worden. Es handelt sich dabei um breitstrahlende Halogen-Richtstrahler, deren Licht unabhängig von der Leuchtstofflampen-Beleuchtung und vom Tageslicht bei Bedarf zu- und abschaltbar ist. Damit wird nicht nur ein besonderer Lichtkomfort durch wählbare Lichtarten, sondern auch eine elegante Alternative zur individuellen, architektonisch aber stets fragwürdigen Tischleuchte geboten. Schließlich kann die Beleuchtung jeder neuen Raumnutzung angepaßt werden: Was heute noch Sachbearbeiterplatz ist, kann morgen zu einer Konferenzzone oder zu einem Kundenbereich umfunktioniert werden, ohne daß die Beleuchtungsinstallation verändert werden muß. Viele Bereiche kommen vollständig ohne Leuchtstofflampenlicht aus, z. B. re Die Beleuchtung in der Hongkong and Shanghai Bank kann jeder neuen Raumnutzung angepaßt werden. Was heute noch Konferenzzone ist, kann morgen zum Kundenbe reich umfunktioniert werden. Die Beleuchtungsinstallation muß dabei nicht geändert werden. präsentative Bereiche und Bereiche mit Publikumsverkehr. In einigen architektonisch herausragenden Gebäudezonen sind allein formale Gründe für den Verzicht auf Leuchtstofflampenlicht maßgebend. Es sind Räume, die tagsüber ausreichend mit Tageslicht versorgt und in Dunkelstunden differenziert mit Halogen-Glühlampenlicht beleuchtet werden. Die Differenzierung gelingt mit entsprechend entwickelten Wandflutern, Der hochglänzende Aluminiumreflektor ist stück-eloxiert und reduziert die Leuchtdichten im Abblendbereich auf Werte unter 200 cd/m2. Das Reflektorsystem blendet die Leuchtstofflampen in den Leuchtenlängsachsen (C90-Ebene) auf 30° und in Leuchtenquerachse (C0-Ebenel auf wahlweise 30° und 40° ab, je nach Wahl der Lampen-position. Die untere 30° Lampenposition liefert eine breite, flügelfärmige Lichtverteilung; die obere 40° Lampenposition eine tiefstrahlende Lichtverteilung. Welche Lichtverteilung gewählt wird, richtet sich nach der Art der Sehaufgabe. Für die allgemeine Bürobeleuchtung wird bevorzugt die 3Q0 Version, an Bildschirmarbeitsplätzen dagegen die 40° Version eingesetzt. Die Abluft des Raumes wird direkt über die Leuchte geführt. Sie ist für einen Abluftvolumenstrom von 50 m3 pro Stunde je Leuchte ausgelegt. 14 Auftragsvergabe an die Firma Siemens AG, Traunreut, entschieden. Sie hat,die Spiegelrasterleuchten für die Büro- und Allgemeinbereiche geliefert. Von ERCO kommt die Beleuchtung für alle weiteren Bereiche. Die Lieferung umfaßt etwa 10000 Leuchten für Halogen-Glühlampen, Ha logenReflektorlampen PAR 36, PAR 38, PAR 56 und PAR 64. Die Ergebnisse der Beleuchtung sind überzeugend und beispielhaft für die formale Ubereinstimmung von Licht und Architektur. Die Beleuchtungsanlagen genügen in ihrer Ausführung höchsten qualitativen Ansprüchen und bringen die Innen-architektur optimal zur Geltung. Reihen-Wandflutern, Doppelfocus-Leuchten, Downlights und Richtstrahlern. Aus einer jeweils einheitlichen Deckenäffnung heraus lassen sich damit Rau mzonen betonen, Lichtinseln schaffen, Akzente setzen, Wände gleichmäßig ausleuchten sowie Bilder und Skulpturen betonen. Claude Engle hat diese beleuchtungstechnischen Aufgaben detailliert geplant. Nach weltweiter Ausschreibung und vielen Bemusterungen hat man sich für die Das Beleuchtungskonzept für die Hongkong and Shanghai Bank erforderte zum Teil völlig neue Techniken. Die gesamte Palette moderner Leuchtmittel war not wendig, um die Beleuchtungs wünsche des Auftraggebers zu erfüllen. 15 Ganz oben Im Weglassen liegt die Kunst der guten Einrichtung. 16 In der Nacht gleicht das Gebäude einer riesigen Lichtskulptur, die sich auch im Lichtermeer der Millionenstadt behauptet. 17 Ausstellung An die Gründungszeit der Bank erinnert eine Ausstellung, die in der 35. Etage des Gebäudes untergebracht ist. Gezeigt werden Prägestempel, alte chinesische Maßund Gewichtseinheiten, Münzen, Urkunden und andere Kostbarkeiten. An ihnen läßt sich die Geschichte der Bank verfolgen: vom unbedeutenden, 1864 gegründeten Geldinstitut, das in einem soliden vikto- rianischen Sandsteinhaus am Hafen von Hongkong untergebracht war, bis hin zu einer der größten Banken der Welt. Gleichzeitig ist die Ausstellung ein Stück Geschichte Hongkongs. Erinnerung an die Zeit, als nach Hongkong (1842) auch die Halbinsel Kowloon (1860) an Großbritannien abgetreten werden mußte. Als das Empire Zugeständnisse machte (1898) und die neuen Territorien auf 99 Jahre pachtete. Erinnerung an die Zeit, in der sich Hon- gkong zum bedeutendsten Touristenzentrum des Fernen Ostens entwickelte (1950), in der der modernste Schiffsanlegeplatz der Welt, der Ocean Terminal, (1966) eröffnet wurde. Claude R. Engle, Beleuchtungsplaner Hohe Qualitätsstandards sind nur durch Kontrollen einzuhalten. Claude Engle ließ es sich nicht nehmen, selbst aus den USA anzureisen und zu prüfen, ob die geplante Lichtwirkung mit der Realität übereinstimmt. Hongkong war schon immer durstig. Durstig nach Geld. Die Hongkong and Shanghai Bank gedieh prächtig in diesem Klima. Vom Wardley House am Hafen von Hongkong zog die Bank bereits 1868 in ein größeres Haus an der Queen‘ s Road. Dokumente in den Ausstellungsvitrinen belegen ihre Entwicklung. 18 Die Firma Claude R. Engle, Lighting Consultant, wurde von Claude R. Engle im Jahre 1968 als Spezialunternehmen für beleuchtungstechnische Gestaltung in der Architektur gegründet. Ausgehend von der Auffassung, daß Beleuchtung eher als integraler Bestandteil eines architektonischen Konzeptes denn als selbständige Ästhetik anzusehen ist, befaßt sich die Firma zu Beginn eines jeden Projektes mit der Bedeutung, die das Licht für das Projekt haben kann. Die Leistungen des Unternehmens umfassen die Planung und detaillierte Auslegung von Beleuchtungssystemen, Leuchten und Beleuchtungsreglern, sowie die komplette Ausarbeitung von Plänen bis zur Fertigstellung des Lichtkonzeptes. Auf dieser Basis hat das Unternehmen an einer Vielzahl von Gebäuden mitgewirkt, zu denen Kunst-Galerien, Bürohäuser, Theater, Hotels, Untergrundbahnen und Schnelltransport-Systeme, städtische Entwicklungsprojekte, Stadtautobahnen, Flughäfen und öffentliche Plätze zählen. Die Liste der Architekten, mit denen man dabei zusammenarbeitete, liest sich wie ein „Who is who“ der gegenwärtigen Archtitektur: Von Harry Seidler bis Philip Johnson, von Skidmore, Owings & Merrill bis Richard Meier, von I. M. Pei bis John Burgee, von Emilio Ambasz bis Marcel Breuer, von Piano + Rogers bis Norman Foster - um nur einige der bekanntesten zu nennen. Claude Engle war als Lighting Consultant u. a. bei folgenden Gebäuden beteiligt: A.T.& T. Corporate Headquartes, New York The Regent, Hongkong The Regent, Sydney World Trade Center, New York Hochschule der Bundeswehr, Hamburg Australische Botschaft, Paris National Gallery of Art, New York Centre Georges Pompidou, Paris. Auch dies kann nur eine Auswahl sein, zu der auch die in diesem Heft vorgestellte Hongkong and Shanghai Bank gehört. Die Firma wurde für ihre Beteiligung an den folgenden Projekten ausgezeichnet: Shoreham Hotel, Washington Banco di Roma, Chicago 200 West Monroe, Chicago Montgomery Ward Tower, Chicago Institute of Fine Arts, New York Menninger Foundation, Topeka Orchestra Hall, Chicago Vietnam Memorial, Washington The Regent of Sydney, Australien LTV Center, Dallas. Die Firma ist Mitglied des Consulting Engineers Council. Da architekturbezogene Beleuchtung einer der wichtigsten Aspekte eines baulichen Konzeptes ist, die eine Vielzahl von Detaillösungen erfordert, wurde das Büro sowohl von der personellen Ausstattung als auch in bezug auf den Auftragsumfang auf eine Größe beschränkt, die zum einen die völlige Konzentration auf ein Projekt und zum anderen die Übersicht über alle laufenden Aufträge ermöglicht. Um der großen Spannbreite von Anforderungen an die Beleuchtungstechnik gerecht zu werden, hat man Mitarbeiter mit unterschiedlichem beruflichen Werdegang und unterschiedlicher Ausbildung verpflichtet - so zum Beispiel Ingenieure, Architekten, Innenarchitekten und Theater -fachleute. Dies ermöglicht dem Unternehmen eine erfolgreiche Tätigkeit in einer Reihe von Bereichen, die sich von Kunst-Galerien über Autobahnbeleuchtung bis hin zu Entwürfen für audio-visuelle Steuer -systeme und Beleuchtung in Theatern erstreckt. Der heutige Firmenchef Claude R. Engle studierte an der Princeton University, wo er 1960 mit dem Titel „Bachelor of Science“ im Fachbereich Elektrotechnik abschloß. Bevor er sich selbständig machte, war er in New York als Beleuchtungsplaner in Theatern und Fernseh-Studios tätig. Mr. Engle ist ehemaliger Vorsitzender der Stammabteilung der „Illumination Engineering Society“ und fungierte als Jury-Mitglied für deren Jahreswettbewerb der Beleuchtungstechniker. Er hat eine Reihe von Veröffentlichungen verfaßt und Vorlesungen in den verschiedensten Häusern gehalten. Außerdem gehört er zum Lehrkörper der Fakultät für Architektur und Städteplanung an der Princeton University. An dem Projekt der Hongkong and Shanghai Bank hat aus dem Büro Engle noch Danielle A. David mitgearbeitet. Mrs. David wurde in Montreal (Kanada) geboren und studierte an der Universität Montreal Architektur. Vor ihrem Eintritt in das Unternehmen arbeitete sie als Architektin und Innenarchitektin in Montreal und Toronto. Zur Zeit arbeiten sie an dem Projekt des Grand Louvre in Paris, wo der chinesisch-amerikanische Architekt Ieoh Ming Pei eine spektakuläre Glaspyramide als Erweiterung der bestehenden Gebäudeteile bauen will. Auch bei diesem Projekt wird ERCO der Partner auf der Seite der Beleuchtungsindustrie sein - und das Ergebnis dann wieder Thema eines späteren Lichtberichtes. 19 High-Tech - High-Touch ERCO besitzt erhebliche Erfahrungen und theoretische Kenntnisse für den Bau von Leuchten. Es war aber von Anfang an klar, daß die gestellten Aufgaben unmöglich nur mit normalen Gesetzen der Optik zu lösen waren. Es mußte darüber hinaus weitgehend geschmackliches, ästhetisches Empfinden berücksichtigt werden. Die Grundlagen ermittelten wir aber mit unserer technischen Datenverarbeitung. Der Architekt gab Leuchtenquerschnitt, Achsmaße und ungefähre Lampenposition vor. Die berechneten Prismenwinkel der Streuscheiben wurden anhand von aus dem Vollen gefrästen Plexiglaslinsen überprüft. Die Flankenwinkel, Höhe und Breite der Prismen festgelegt. Die äußere Kontur der Leuchte läßt sich nach dem Verfahren der Parabelkonstruktion bei gegebenen Tangenten berechnen und digitalisieren. Die digitalisierten Ellipsenkoordinaten um 200 mm parallel verschoben, ergeben die Außenkontur des Besprechungstisches. Mit Berechnung der kleinsten inneren Ellipse war die Gesamtkontur der Leuchte festgelegt. Der vorgegebene Zeitrahmen (von der Auftragserteilung bis zur ersten Sitzung des Vorstandes waren 9 Monate vorgegeben) erforderte Versendung per Luftfracht und damit eine Aufteilung der Leuchte in 12 Segmente, die in Hongkong mit dem Transport-Fahrstuhl in das 35. Stockwerk zu bringen waren. Zur Konstruktion der Prismenscheiben mußten 27 parallele Ellipsen errechnet werden. Um die Bearbeitung auf einer NC-Fräsmaschine zu ermöglichen, wurde die Prismenlinse in 24 Segmente unterteilt (max. 1 x 0,9 m). An den Außenkanten der Segmente waren überlappende Stege vorzusehen. Alle Prismen mußten aber nach dem Fräsen noch manuell poliert, die überlappenden Kanten mattiert werden. Für die Lampenpo- len Ellipsenlinie gedreht. Mit den theoretisch ermittelten Daten wurden zwei Leuchtensegmente in natürlicher Größe gebaut, um die licht-technische Wirkung abschätzen zu können, den Lampenwechsel zu studieren und Verdrahtung für Leuchte und Lautsprecher festzulegen. Tagelang wurde in zahllosen Versuchen durch Variation der Lampenpositionen, Änderung der angelegten Versorgungsspannung, Anätzung und Mattierung sition wurde eine neutrale Ellipsenlinie festgelegt und gleichmäßig in 570 Teile (zur Aufnahme der Lampen) aufgeteilt. Damit konnte das Fassungs- und Reflektorblech zur Aufnahme der Lampenfassung berechnet werden. Das Reflektorblech ist gegenüber der Normalen um 12° geneigt. Die berechneten Daten wurden in den NC-Text für die Stanz- und Nibbelmaschine umgewandelt. Pro Position waren 3 Stanzungen erforderlich, jeweils um 40° auf der neutra- der Plexiglasoberfläche, Beeinflussung der Leuchtengehäuse-Innenoberfläche versucht, den Vorstellungen des Bauherrn näherzukommen. Im September wurde die endgültige Ausführung für den Beleuchtungsteil verabschiedet. Das Gehäuse war bereits 2 Monate vorher in Auftrag gegeben worden. Von den 12 Gehäusesegmenten mußten zunächst Holzmodelle angefertigt werden, die zur Erstellung der Negativformen 20 zum Abguß des eigentlichen Leuchten -körpers dienten. Jedes Segment wurde aus glasfaserverstärktem Polyester gegossen, die einzelnen Elemente aufeinander abgestimmt, zusammengepaßt und poliert. In unserem Werk in Lüdenscheid wurde die komplette Leuchte aufgebaut und wirklichkeitsnah aufgehängt, die Lampen angeschlossen, die Plexiglasprismen eingepaßt, die Lautsprecher und Leseleuchten vorjustiert und vom Architekten und Bauherrn abgenommen. Kurz vor Versenden wurde das Gehäuse in der gewünschten Bronze-metallic Farbe lackiert. Der Versuch, das Repräsentationsbedürfnis einer Bank und die Ästhetik einer High-Tech-Architektur in Einklang zu bringen, scheint bei dieser Leuchte gelungen zu sein. Der Vorstand der Bank konnte am 12. November 1985 seine erste Sitzung in dem neuen Gebäude abhalten, Beleuchtung und abhörsichere Audioanlage arbeiteten voll zufriedenstellend. Technische Daten: Leuchte: 12 Segmente aus glasfaserverstärktem Polyester, hochwarmbeständig, schwer entflammbar, in Sandwichbauweise mit Polyurethan geschäumt und vakuumverdichtet. Länge: 9,1 m Breite: 3,6 m Höhe: 145 mm Gesamtgewicht: 800 kg Aufhängung: 4 Rohre 30 mm Ø, 2 Drahtseile 3 mm Ø, davon 3 Rohre zur Aufnahme der Stromversorgung der Leuchte, 1 Rohr zur Aufnahme der Stromversorgung für die Lautsprecher. Gesamtanschlußleistung: 1000 Watt, Versorgungstransformatoren unter Deckenpaneelen. Allgemeinbeleuchtung: 570 Niedervoltlampen 12 V/2 W, Sockel E 10, Lebensdauer 10 000 h, dimmbar, Lichtstreuung durch 24 Plexiglasprismenscheiben ca. 0,9 x 1 x 0,25 m, der Kontur der Leuchte angepaßt. Richtstrahler: 48 x 12 V/10 W, 6° Ausstrahlwinkel, Sockel B 15d, mit schwarzem DarklightReflektor und Konus gegen Blendung ge- schützt, paarweise vom Sitzplatz aus einund auszuschalten. Audiosystem: 24 sprachaktive Richtmikrofone mit zugehöriger vollautomatischer Signalverarbeitung für 12 Lautsprecher zur Erzeugung einer gleichmäßigen Lautstärke in 1,75 m Entfernung. 21 Glanzlicht Im Rahmen der Treffen und Diskussionen in Hongkong zur Abstimmung über die Ausführung von Leuchten und Signalethik traten R. Fleetwood, verantwortlicher Architekt vor Ort von Foster Accociates, und C. Engle, Lichtplaner, an ERCO mit Plänen und Überlegungen zur Beleuchtung des Besprechungsraumes des Vorstandes der Hongkong and Shanghai Bank heran. Die Allgemeinbeleuchtung des 6 m hohen Raumes sollte über in die Decke eingebaute PAR 56 Downlights erfolgen, die der alten Bankembleme mit PAR 36 Richtstrahlern bei gleichem Deckenbild. Der Bauherr erwartete jedoch zur individuellen Ausleuchtung des Besprechungstisches eine „Leuchtenskulptur mit kristalleuchterähnlichem Effekt“ (christal chandelier effect). Dem Besprechungsraum sollte die Höhe genommen, die Atmosphäre gelockert und den Besprechungsteilnehmern blendfrei Licht gespendet werden. Der architektonische Anspruch des Gebäudes war zu berücksichtigen. Das Problem wurde durch eine Gehäusekonstruktion mit einem zur Ellipse gebogenen Flugzeugflügel (Querschnitt und Kontur) gelöst, freischwebend im Raum an 6 Abhängungen aufgehängt. In dem Gehäuse befinden sich: Die Allgemeinbeleuchtung. Über eine der Kontur der Leuchte folgende prismatische Linse werden die Besprechungsteilnehmer horizontal und verti- 22 kal mit 100 lx angeleuchtet. Der gewünschte „kristalleuchterähnliche Effekt“ wurde durch 570 im Oval angeordnete Niedervolt-Lämpchen mit gemeinsamem Reflektor erzielt. Die Prismen der Linsensegmente sind so berechnet, daß sich ein matter Effekt für die jeweils Gegenübersitzenden ergibt. Für die unter den Prismen Sitzenden entsteht ein Glitzereffekt. Die reine Arbeitsplatzbeleuchtung. Sie erfolgt über abgeschirmte Richtstrahler mit Darklight-Reflektoren (horizontal und vertikal ausrichtbar). Die Anordnung von 24 Besprechungsplätzen im Oval erfordert, an mehreren Stellen das Licht zweier Richtstrahler in unterschiedliche Richtung durch eine Öffnung des Leuchtengehäuses austreten zu lassen. Jeweils zwei Richtstrahler beleuchten die Tischfläche vor dem Besprechungsteilnehmer blendfrei von links und rechts. Sie können durch einen Schalter in der Tischunterseite ein- oder ausgeschaltet werden. Die Lautsprecheranlage. Zwischen zwei Richtstrahlern ist ein Lautsprecher unter 50° zum Besprechungsteilnehmer eingebaut. Von außen erscheinen Lautsprecheröffnung und Leuchtenöffnung gleich. In die Tischplatte ist vor jedem Sitzplatz ein Richtmikrofon eingelassen. Um Rückkopplungen zwischen Mikrofon und Lautsprecher beim Sprechen zu vermeiden, müssen beim Sprechen die Lautsprecher über und unter dem Mikrofon automatisch abgeschaltet werden. Das Audiosystem arbeitet unauffällig. Jeder Gesprächspartner hat das Gefühl, unmittelbar angesprochen zu sein. In der Leuchte für das Sitzungszimmer des Vorstandes wurde eine Arbeitsbeleuchtung integriert, ähnlich wie bei Flugzeugleselampen. Die Öffnungen, aus denen das Licht austritt, wirken immer dunkel, auch wenn die Leuchte eingeschaltet ist. Um Reflexe von der glänzenden Tischplatte zu vermeiden, erhalten die Sitzungsteilnehmer ihr Licht von links und rechts. 23 Die Schatzkammer Die Tür, die den Zugang zur Stahlkammer mit den Tresorschließfächern sichert, ist fast 50 Tonnen schwer. Dennoch läßt sie sich, aufgrund ausgezeichneter Ausbalancierung, mit nur einem Finger bewegen. 24 Von der Schalterhalle im ersten Untergeschoß führen Rolltreppen hinunter in den Tresorraum, in dem sich die Sicherheitsschließfächer befinden. Wertpapiere, Anlagenpapiere und Bargeld sind noch tiefer im Keller untergebracht. Die Schutz und Sicherheitsvorrichtungen, die diese Schätze bewachen, entsprechen dem modernsten Stand der Technik und sollen bis ins 21. Jahrhundert hinein Gültigkeit behalten. 25 Richtungsweisend Die Hongkong and Shanghai Bank ist eine der größten Bankketten der Welt. Ihre Internationalität kommt im Hinweisleuchtensystem zum Ausdruck: alle Informationen sind in Englisch und Mandarin-Chinesisch gehalten. Eine wesentliche Aufgabe moderner Gebäudekommunikation besteht darin, den ortsunkundigen Besucher über Wegweiser, Informationstafeln, Hinweiszeichen und Farben sicher zur Fachabteilung und zu dem gewünschten Gesprächspartner zu führen. Im Falle der Hongkong and Shanghai Bank waren diese an sich komplexen Probleme noch erschwert durch Fahrstühle, die nur zu bestimmten Etagen ohne Zwischenstops fahren, Rolltreppen, die nur in einer Richtung Zwischenstockwerke bedienen, „Zuund Abtransport“ der 3 500 ständig Beschäftigten zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende und damit Einbahnverkehr bestimmter vertikaler Transportmittel, Normalpersonenverkehr in der übrigen Arbeitszeit, leichtes und schnelles Erkennen der Fluchtwege. Bei der überwiegend chinesisch sprechenden Bevölkerung Hongkongs war es eine Selbstverständlichkeit, neben dem international gebräuchlichen Englisch auch alle Informationen in Mandarin-Chinesisch mitzuteilen. Das Informationssystem der Hongkong and Shanghai Bank besteht aus vier Ebenen: Ebene 1 Auf beleuchteten Informationsschildern am Zugang zu den Liften, links und rechts neben den gläsernen Drehtüren (siehe Seite 8), erhält der Besucher die Hinweise bezüglich Personal, Abteilung und Stockwerk. Bei Austritt aus dem Lift oder am Ende der Rolltreppe befindet sich ein Hinweis auf das 26 Stockwerk und auf die im jeweiligen Stockwerk beschäftigten Abteilungen. Ebene 2 Der Besucher erhält Informationen über die zu erwartende Serviceleistung, z. B. Informationen, Sparkonten, Kontokorrentkredite, Devisen etc., über den Bankschalter. Am Bankschalter selbst zeigt ein beleuchtetes Schild Namen und Dienstleistung an. Ebene 3 Fahrstuhl- und Rolltreppenanzeigen mit hinterleuchteten Schriftbildern und Stockwerkziffern. Die Zeichen sind vollautomatisch umschaltbar bei „Einbahnverkehr“ zu Arbeitsbeginn und bei Arbeitsende sowie Normalverkehr. Zu diesen Zeichen gehören auch hinterleuchtete Schilder in bestimmten Bereichen mit Halongas- Feuerlöscheinrichtungen. Im normalen Fall sind diese Zeichen stumm, erst bei Aktivierung der Halonanlage werden die Besucher durch Blinken der Zeichen darauf hingewiesen, die Räumlichkeiten zu verlassen. Ebene 4 Unbeleuchtete Schilder in den einzelnen Gängen der Abteilungen zur internen Information. Ausreichende Umwelthelligkeit sorgt dafür, daß die Zeichen gut erkennbar sind. Es handelt sich um Hinweise auf Toiletten, Fluchtwege, Notausgänge, Warnungen und Anlagenwartung. Das System besteht aus etwa 270 beleuchteten Zeichen, hauptsächlich für die Informationen der Ebene 1 und 2 mit einer Größe von maximal 1100 x 860 mm Die Schriftzeichen auf den indirekt beleuchteten Plexiglastafeln weisen besonders hohe Leuchtdichten auf. So können sie auch noch auf weite Entfernung gelesen werden. bei einer Tiefe von nur 30 mm. 790 hinterleuchtete Informationen decken die 3. Ebene ab, bei einer maximalen Größe von 1 200 x 470 mm und einer Tiefe von 60 mm. 950 unbeleuchtete Schilder dienen der Ebene 4 mit einer maximalen Größe von 1 000 x 1 000 mm bei einer Tiefe von 30 mm, sowie über 2800 Hinweise, die teilweise auf Wänden und Paneelen gedruckt, teilweise als vorspationierte Texte aufgeklebt wurden. 27 Uhrmacher Eine Bank lebt von weltweiten Informationen und deren Verarbeitung. Börsen- und Devisengeschäfte werden heute rund um den Globus Tag und Nacht abgewickelt. Eine Grundvoraussetzung dafür ist dann die genaue Kenntnis der jeweiligen Ortszeit. Die Städte Sydney, Tokyo, Hongkong, Singapur, Bahrein, London, New York und San Francisco stehen stellvertretend für die wichtigsten Zeitzonen der Welt. ERCO hat naturgemäß mit der HerstelIn Hongkong wurde rund um die Uhr gearbeitet: 7 Tage in der Woche, 24 Stunden am Tag. Auch die ERCO Mitarbeiter blieben davon nicht ausgeschlossen. lung von Uhren nichts zu tun. Da aber dem Wunsch des Architekten entsprechend die Weltuhren dem Erscheinungsbild des Informationssystems angepaßt sein sollten und eine zeitgemäße Form mit digitalen Anzeigen gewünscht war, haben wir uns entschlossen, in unserer Abteilung für Sonderanfertigungen die beiden Weltuhren herzu stellen. Jede Weltuhr enthält acht synchron-laufende Digitaluhren von Solari für acht Zeitzonen. Die synchronlaufenden Digital uhren werden von einer Mutteruhr gesteuert, die im Deckenpaneel untergebracht ist. Sobald die Zeitdifferenz zwischen den einzelnen Uhren hergestellt ist, erfolgt die Zeitkorrektur ausschließlich über die Mutteruhr. Als Stromversorgung reicht die Normalspannung von 220 Volt. Die Rahmenkonstruktion (1 200 x 630 x 135 mm) besteht aus den gleichen Aluminium-Strangpreßprofilen wie die beleuchteten Hinweisschilder und Stockwerksanzeigen. Auch grafisch sind die beiden Uhren dem Erscheinungsbild des Informationssystems angepaßt. Die Städte namen sind in Univers gedruckt, die Farben Weiß, Schwarz und Grau decken sich mit der im Informationssystem verwendeten Farbpalette. Es versteht sich, daß alle Metallteile gründlich gegen Korrosion geschützt sein müssen. Sie sind daher nach einer Grundierung in den entsprechenden Farben pulverlackbeschichtet. Eine der beiden gelieferten Uhren hängt inzwischen im 8. Stockwerk in der Devisenabteilung, die andere im 24. Stockwerk in der Abteilung für Datenverarbeitung. Internationale Bankgeschäfte werden heute rund um die Uhr abgewickelt. Es war daher selbstverständlich, das Hinweisleuchtensystem um zwei Weltuhren zu erweitern, die genaue Auskunft über die jeweiligen Ortszeiten geben. Die wichtigsten Zeitzonen der Welt sind auf den beiden Uhren erfaßt. Grafisch sind sie dem Erscheinungsbild des Hinweisleuchtensystems angepaßt. Der Beleuchtungsauftrag für die Bank stellte eine besondere Herausforderung für ERCO dar. Konstruktions- und Produktionsabteilung wurden bis an die Grenzen der Belastbarkeit beansprucht. 28 29 Sonnenschaufel Die äußere Sonnenschaufel ist an der Südfassade in Höhe der 11. und 12. Doppeletage montiert. Norman Fosters Entwurf der Hongkong and Shanghai Bank ist von einer zentralen Idee geprägt: ein Atrium soll im Gebäudeinnern die Hauptverkehrsfläche bilden, von wo aus sich das ganze Gebäude erschließt. Norman Fosters besondere Idee dabei ist, den gesamten Platz mit natürlichem Sonnenlicht bescheinen zu lassen. Wie aber soll Sonne in ein Atrium gelangen, wenn sich darüber 30 Stockwerke türmen? Von Anfang an steht deshalb fest: nur mit optisch-technischen Mitteln der Licht lenkung ist es möglich, Sonnenlicht in das Atrium zu fluten. Auch der Weg, den das Sonnenlicht nimmt, ist bereits in einer frühen Entwurfsphase vorgezeichnet: Über die 11. und 12. Doppeletage tritt das Sonnenlicht horizontal von außen ein. Dazu ist ein Spiegelsystem an der Südfassade des Gebäudes notwendig. Von der Spitze des Atriums lenkt ein zweites Reflektorsystem die Sonnenstrahlen, dem natürlichen Licht- 120 Richtstrahler mit 6 V/120 W PAR 64 Halogen-Reflektorlampen sind zwischen die Reflektorsegmente der inneren Sonnenschaufel eingebaut, um auch in den Dunkelstunden den Eindruck eines „sonnenhellen“ Atriums zu erzeugen. Das Sonnenlicht wird über die Spiegeloptik der äußeren Sonnenschaufel horizontal in die Spitze des Atriums gelenkt. Dort richtet eine starre, zweite Sonnenschaufel das Licht zum Boden des Atriums sowie auf die umschließenden Galeriebereiche. Im Scheitel des Atriums hängen die Reflektorsegmente der inneren Sonnenschaufel und lenken das horizontal einfallende Licht nach unten. 30 31 Die innere Sonnenschaufel, wie sie der Besucher vom Boden des Atriums aus sieht. Ein Glasboden, der von Rolltreppen durchschnitten wird, trennt das Atrium von der Plaza. Abends kann dieser Bereich hermetisch abgeriegelt werden. So ist es möglich, die Plaza auch nach Schalterschluß für den Durchgangsverkehr geöffnet zu halten. Die Spiegel an der Decke des Atriums lenken die Sonnenstrahlen bis hinunter ins Erdgeschoß. Unabhängig von der Jahreszeit wird das Licht das ganze Jahr über gleichmäßig in der Halle verteilt. 32 einfall entsprechend, nach unten in das Atrium. So einfach die Grundidee ist, so kompliziert ist der Prozeß der Realisierung. Nicht nur, daß der Eindruck einer vollkommen natürlichen Lichtwirkung entstehen soll; das System muß sicherstellen, daß das Sonnenlicht beim Durchdringen der Arbeitszonen in der Doppeletage weder unzulässige Erwärmung verursacht, noch zur Blendung führt. Die erste technische Entscheidung muß getroffen werden: Soll ein optisch-statisches System gebaut werden oder eine bewegliche Anordnung von Spiegeloptiken, die dem Sonnenverlauf folgen? Für ein statisches System sprechen die geringen Investitions- und Betriebskosten, für ein nachführbares System dagegen die höhere optische Effizienz. Mit der Entwicklung der ersten Ideen und mit den Studien für ein statisches System wird das Planungsbüro Christian Bartenbach in Innsbruck beauftragt. Der Lösungsansatz der ersten Modell -studien ist vielversprechend: Das optische Außensystem besteht aus einer Anordnung von Konvexspiegeln, die über den Innenspiegel ein Bild der gesamten Südhemisphäre in das Atrium projiziert und damit auch die Sonnenstrahlung unabhängig vom tagesund jahreszeitlichen Sonnenstand einfängt. Zusätzlich sollen Planspiegel im Außensystem einzelne „Sonnenstrahlen“ ins Atrium lenken und dort die natürliche Sonnenbewegung durch das Wandern der „Sonnenstrahlen“ auf Boden und Wänden erlebbar machen. Im Jahre 1982 wird ein weiterer Lichtplaner hinzugezogen, das Planungsbüro Claude Engle aus Washington. Claude Engle untersucht zunächst grundsätzlich, welches Beleuchtungsniveau im Atrium notwendig ist, um subjektiv den Eindruck eines sonnendurchfluteten Platzes hervorzurufen. 2000 lx ist das Ergebnis seiner Untersuchungen. Dieses Beleuchtungs- niveau muß im Atrium herrschen, wenn das Sonnenlicht beim Eintritt in das Ge bäude von der Nordfassade aus gut wahrnehmbar sein soll. Ähnliche Werte gibt Claude Engle auch für die vertikalen Flächen an, um die Illusion eines natürlich einfallenden Tageslichtes zu erzeugen. 2000 lx aber können mit einem System mit Konvexspiegeln nicht erzielt werden. Es erfordert zudem zahlreiche Maßnahmen zur Begrenzung der Blendung. Der Zeitpunkt ist also erreicht, an dem man das Konzept eines statischen Systems verwirft, trotz der offensichtlichen Kosten -vorteile. Komplexe bewegliche Systeme stehen der hohen Kosten wegen aber auch nicht zur Diskus-sion. Also muß Claude Engle den goldenen Mittelweg suchen, d. h. Spiegeloptiken dem tages- und jahreszeitlich veränderbaren Sonnenstand mit einachsigen Bewegungen so nachführen, daß ein Optimum an Lichtwirkung und Beleuchtungsstärke erreicht wird. Die Lösung ist so genial wie einfach. Über eine Batterie von Flächenspiegeln mit einer Drehachse exakt in Ost-West-Richtung wird das Licht genau horizontal ins Gebäude abgelenkt. Dabei ist es nicht erforderlich, die Spiegel dem täglichen Sonnenverlauf nachzuführen. Lediglich die sich täglich verändernde Sonnenhöhe wird durch geringfügiges Verschieben der Spiegelachsen ausgeglichen. Die effektive Zeitspanne, in der das Sonnenlicht tatsächlich ins Innere gelangt, ist begrenzt. Weder die Strahlen der Morgen- noch die der Abendsonne sind nutzbar. Nur zur Mittagszeit, der Hauptverkehrszeit im Bankgebäude, wird das Sonnenlicht optimal im Areal des Atriums wirksam. Schließlich bewegt sich das Strahlenbündel der Sonne von der Westseite des Atriums über den Boden zur Ostseite, d. h. es gibt eine dem Tageslicht ähnliche Bewegung der Sonnenstrahlen im Innen bereich des Gebäudes, ein Effekt, der als reizvoll empfunden und akzeptiert wird. Dr. Ian Lewin und Richard Heinisch aus dem Büro Lighting Sciences aus Scotsdale, Arizona, berechnen im Oktober 1983 anhand eines Computermodells genau die tages- und jahreszeitliche Wirkung des Sonnen- und Tageslichtes im Bereich des Atriums. Parallel dazu simuliert Claude Engle die Lichtwirkung im Modell. Fotografiert wird die „miniaturisierte“ Lichtszene von John Nye in einer Folge von eindrucksvollen Weitwinkelaufnahmen. Computerprognosen und fotografische Illusionen überzeugen den Architekten, insbesondere Alex Lifschutz, den verantwortlichen Architekten in Fosters Team, und den Bauherrn; das Projekt wird genehmigt und zur Weiterentwicklung freigegeben. Der nächste Schritt ist die Festlegung der optischen Eigenschaften von Innenund Außenspiegel. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet man innen wie außen noch mit Planspiegeln. Planspiegel aber liefern scharf begrenzte Lichtkegel, ein Effekt, den man als architektonisch nicht günstig ansieht. Das Sonnenlicht muß also gestreut werden. Am einfachsten gelingt dies am inneren, starren Spiegelsystem im Scheitel des Atriums. Die dort angebrachten Spiegelreflektoren werden deshalb als Zylinderspiegel mit Segmentwinkel von 14° ausgeführt. Sie lenken das parallel einfallende Licht in einen Ausstrahlungswinkel von max. 90° erzeugen damit die gewünschte Lichtstreuung und garantieren gute Blendungsbegrenzung. Die Zylinder -spiegel werden aus hochglänzend eloxiertem Reinst- Aluminium hergestellt und gestaffelt an der Decke angeordnet. Zwischen den einzelnen Spiegelsegmenten werden Traversen aus Metallgittern gebaut. Sie dienen der Wartung und nehmen 120 Richtstrahler mit 6 V/120 W PAR 64 HalogenReflektorlampen auf, die auch in den Dunkelstunden dem Atrium eine sonnenähnliche Helligkeit verleihen. Die außenliegende Sonnenschaufel ist der technisch aufwendigere Teil. Hier werden die bewegbaren optischen Systeme eingebaut, die mit höchster Genauigkeit dem Sonnenstand nachzuführen sind. 160 m² Glasspiegelfläche werden auf 20 individuell einstellbare Spiegelfelder mit je 24 Einzelspiegeln aufgeteilt. Die Segmentierung der Spiegelfläche ist notwendig, weil die parallel zur Gebäudefassade orientierte Achse der Sonnenschaufel 15° von der Ost-West-Achse abweicht. Die Spiegelachsen aber müssen genau auf die Ost-West-Achse ausgerichtet werden. Sämtliche 480 Spiegel werden mit einer Toleranz von weniger als 1° justiert. Die Spiegelfelder werden in einem Winkelbereich zwischen 18° und 47° horizontaler Neigung je nach Jahreszeit so gesteuert, daß das Sonnenlicht tatsächlich horizontal reflektiert wird. Der zulässige mechanische Nachlauf von der Soll-Lage überschreitet in keinem Fall 0,25° so daß keine Gefahr besteht, daß unkontrolliertes Licht Blendung verursacht. Schließlich sorgt eine weitere Steuerung dafür, daß über eine Vertikaljalousie in der 11. und 12. Doppeletage all diejenigen Sonnenstrahlen ausgeblendet werden, welche nicht das innere Reflektorsystem erreichen können. Nachts bleiben die Jalousien geöffnet, um den Blick in das künstlich beleuchtete Gebäude freizugeben. In den Morgen- und Abendstunden schließen sich die Jalousien automatisch, um die sehr schräg einfallenden Lichtstrahlen auszublenden. Bevor die Anlage zur Ausschreibung kommt und die Aufträge vergeben werden, wird das Gesamtsystem von der Firma Lighting Sciences in einem vereinfachten Modell mit optisch korrekten Spiegeln nochmals überprüft und die Anordnung der Spiegelsysteme endgültig festgelegt. Das Ergebnis des Modellversuchs: Die gemessenen Licht- und Wärmedaten stimmen mit der Computervorhersage genau überein. Der Nachweis war erbracht, daß mit dem relativ einfachen Bewegungssystem eines Außenspiegels die gewünschte Beleuchtungswirkung erreicht wird. Die Aufträge für den Bau der inneren und äußeren Sonnenschaufel werden schließlich vergeben: Die Firma Grill und Grossmann aus Attnang-Puchheim baut im Mai 1985 die innere Sonnenschaufel in die Decke des Atriums ein; im Sommer 1985 wird die äußere Sonnenschaufel von der Firma Metallbau GmbH aus Möckmühl in ihrem Werk komplett voraufgebaut und zusammen mit der von der Firma Krupp in Essen entwickelten Steuerung getestet und erfolgreich erprobt. Im Oktober 1985 wird die Sonnenschaufel in ihre endgültige Position an der Südseite der Hongkong and Shanghai Bank gehievt. Im November 1985 entfernt man schließlich die Schutzabdeckungen von den Außenspiegeln: Sonnenstrahlen fluten in das Atrium; ein kleines technisches Wunderwerk ist vollendet. 33 Im Hochhaus-Dschungel Hongkongs ein Gebäude zu placieren, das nicht der Größe, aber seiner architektonischen Qualität nach über alle anderen hinausragt, ist das Verdienst von Norman Foster. Die Haltung, mit der dieses Gebäude entwickelt wurde, entspricht der, die bei der Entwicklung von Ölplattformen oder bei der Konstruktion von Raketen-Startrampen zugrunde gelegt wird. E ERCQ Leuchten GmbH Postfach 2460 D-5880 Lüdenscheid Telefon 023 51/5 51-0 Telefax 02351/551300 Telex 826722-0 Teletex 235132