ERCO Lichtbericht 24

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Erschienen im April 1986
Erschienen im April 1986
Dekoration zum Chinesischen
Neujahr an der Hongkong and
Shanghai Bank. Das Jahr des
Ochsen wird verabschiedet,
das Jahr des Tigers begrüßt.
Im Dezember 1985 wurde
das Gebäude termingerecht seiner Bestimmung übergeben. Die
offiziellen Einweihungsfeierlichkeiten fanden im Frühjahr 1986 statt.
Lichtbericht 24
Inhalt
Zu diesem Heft
The Hongkong and Shanghai
Banking Corporation,
New Headquarter
Das Atrium
Interview mit Norman
Foster
Treppauf- Treppab
Arbeitsgebiete
Ganz oben
Ausstellung
Der Lichtplaner
High-Tech - High-Touch
Glanzlicht
Schatzkammer
Richtungsweisend
Uhrmacher
Sonnenschaufel
Zu diesem Heft
1
2-5
6-9
10-12
13
14-15
16-17
18
19
20-21
22-23
24-25
26-27
28-29
30-33
Fotos: Richard Bryant (S. 6-9, 14), Lars Christ/ERCO
(S.1, 19-21,28/29), Kokon Chung (S. 10-12), Ian Lambot
(U1, S.2-5,7/8, 13-18, 22-25, 27, 30-32, U4), Timm
Rautert (S. 1), Hartmut Schnell/ERCO (S. 26, 30, U4).
© 1986 ERCO
Printed in W- Germany, Druckhaus Maack KG,
5880 Lüdenscheid, 6258604
Man muß schon das Recht haben, Geld zu
drucken, um sein Verwaltungsgebäude auf
Banknoten abzubilden. Die Hongkong and
Shanghai Bank hat es.
Normalerweise dienen Könige, Königinnen
und historische Persönlichkeiten den Gestaltern von Geldscheinen als Vorlage. Oder
Adler, Löwen und ähnlich heraldisch relevantes Getier. Gebäude kommen seltener als
Motiv vor. Moderne Gebäude eigentlich so
gut wie gar nicht.
Ein Bau, der vor dem Richtfest schon
die Geldscheine schmückt, muß schon sehr
ungewöhnlich sein und einen besonderen
Bauherrn haben, damit ihm solches widerfährt.
Nun, die Hongkong and Shanghai Banking Corporation ist solch ein Bauherr, der
mit dem Neubau seiner Hauptverwaltung
ein Zeichen setzen wollte, das der Bedeutung seines Hauses gerecht wird. Und
da man für die Währung Hongkongs, den
Hongkong Dollar, zuständig ist, d. h. Notenbankfunktion hat und somit Geldscheine
herausgibt, erklärt sich die Tatsache, daß
dieser höchst bemerkenswerte Neubau dem
Hongkong Dollar als Motiv dient.
Leuchte erfüllen sollte. Und natürlich mußte
der architektonische Gesamteindruck des
Gebäudes auch hier gewahrt bleiben. Unter
dem Titel „ High-Tech - High- Touch“ schildern wir Ihnen die Geschichte dieser Leuchte von der Idee bis zur Montage.
Ob 20 Watt Niedervoltlampen oder 500
Watt PAR 56, die gesamte Palette moderner
Leuchtmittel war notwendig, um die
Beleuchtungsaufgaben in diesem Hochhaus
zu lösen. Ohne den Einsatz unserer technischen Datenverarbeitung wäre es in der
knappen Zeit, die zur Verfügung stand, nicht
möglich gewesen, die photometrischen und
elektrischen Tests durchzuführen, die Werkzeuge für die Fertigung zu bauen, die Produkte zu fertigen und die komplette Dokumentation der Leuchten einschließlich der
Ersatzteile zu erstellen. So entstand für die
Bank ein eigener Leuchtenkatalog. Viele der
„Hongkong- Leuchten“ werden wohl in
modifizierter Form ins Standardsortiment
von ERCO einfließen.
Norman Foster, der Architekt der Bank, ist
Lichtberichtlesern durch sein Renault-Ersatzteillager in Swindon (England) bekannt. Er
gilt in der Fachwelt als eine der herausragenden Figuren in der britischen Architektenschaft. Seine Ziele bei der Entwicklung
der Bankarchitektur erklärt er im Interview
auf den Seiten 10 bis 12, das Martin Pawley
mit ihm führte.
Die Beleuchtungssysteme sowie das
System für die Gebäudeinformation für die
Bank stellten eine besondere Herausforderung an ERCO dar. In nur wenigen
Monaten, von der ersten Ideenskizze bis zur
Lieferung, entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Beleuchtungsplaner
Claude Engle, Washington, und den verantwortlichen Architekten vor Ort ein komplettes Programm von Downlights, Wandflutern, Akzentleuchten, Hinweis -leuchten, die
zum Teil völlig neue Techniken erforderten.
Eine besonders anspruchsvolle Aufgabe
war die Entwicklung einer Leuchte mit
ungewöhnlichen Ausmaßen für den Sitzungssaal des Vorstandes. Auf der einen
Seite gab es den Wunsch nach einem kristalleuchterähnlichen Effekt, auf der anderen eine Reihe von präzise formulierten
lichttechnischen Anforderungen, die diese
Die Bedeutung des Gebäudes und die
Komplexität seiner Lichtarchitektur rechtfertigt, ihm ein ganzes Heft zu widmen,
auch wenn einige wichtige Bereiche ausgeklammert bleiben müssen, sei es auf
Wunsch des Bauherrn, sei es, weil das
Fotomaterial nicht termingerecht zu beschaffen war. Trotz dieser Einschränkung
macht diese Ausgabe sicher deutlich, wie
Licht und Architektur zusammenwirken.
Bis zum nächsten Heft.
Klaus J. Maack
1
The Hongkong and Shanghai
Banking Corporation, New
Headquarter
Architekten:
Beleuchtungsplanung:
Statik:
Elektroinstallation:
Koordination:
Generalunternehmen:
Mengen- und Rechnungsprüfung:
Foster Associates
Claude Engle
Ove Arup and Partners
J. Roger Preston and Partners
R.J. Mead &Co.
John Lok/Wimpey Joint Venture
Levett&Bailey und
Northcroft Neighbour and Nicolson
27Juli1982:
1Mai 1983:
Baubeginn
Erteilung Leuchtenauftrag an ERCO/
Siemens
Erteilung Auftrag Signs & Grafics an ERCO
Erteilung Auftrag Boardroom-Leuchte an
ERCO
Inbetriebnahme Stockwerke 1-12
Erste Sitzung Boardroom
1. Dez. 1984:
31.Jan.1985:
2Juli1985:
12.Nov. 1985:
Höhe:
Geschosse:
Gesamtfläche:
Fläche Hauptschalterhalle:
Fläche Plaza:
Atrium:
Anzahl der Arbeitsplätze:
Interne Erschließung:
Gesamtgewicht des Stahls einschließlich
Armierung:
Gewicht des Aluminiums für die Außen-verkleidung:
Gewicht des Aluminiums für Zwischenböden:
Beton:
Glas:
Gesamtlänge der Stark- und Schwachstrom
kabel:
Elektrische Anschlußleistung:
Notstromgenerator:
Es gibt drei Einrichtungen, so sagt man, die
für den reibungslosen Ablauf in der Kronkolonie Hongkong als unbedingt notwendig
angesehen werden: Der Gouverneur, der
Steward des Jockey Glubs und die Hongkong and Shanghai Bank.
Viel Ehre, die man der Bank zukommen läßt. Einer Bank, deren neue Hauptverwaltung die Rückseiten von Banknoten
ziert, bewacht von steinernen Löwen. Ein
architektonisch revolutionäres Gebäude auf
der einen Seite, welches das Ende eines
Entwicklungsprozesses markiert, das auch
solche Gebäude wie z. B. das Centre Pompidou in Paris, Lloyds in London und weitere, eher schlichtere Gebäude umfaßt
und sich an internationalen Standards
orientiert.
Auf der anderen Seite eine Architektur,
die Rücksicht nimmt auf den Standort und
die chinesische Geschichte und Mythologo.
Auf alle Fälle ein Gebäude, welchem
2
178,8 Meter über dem Niveau der
Des Voeux Road
Gesamt: 52
47 oberhalb der Plaza
Plaza Niveau
4 unterhalb der Plaza
99171 m2
2 178 m2
3514m2
52 Meter hoch
Für 3 500 Arbeitskräfte
62 Rolltreppen
23 Personenaufzüge
4 Lastenaufzüge
1 Speiseaufzug
30 000 t
3500t
1 000 t
3500Dm3
32000 m2
3000 km
19500 kVA
6 Megawatt
man nicht gleichgültig gegenüber bleiben
kann. Peter Sartorius schildert in einem
Bericht für die Süddeutsche Zeitung seine
Suche nach dem städtebaulichen Zentrum
und dem höchsten Gebäude Hongkongs:
„Und mit einem Male wurde mir bewußt,
daß ich am falschen Platz das Herz der Stadt
suchte. Ich entdeckte es nebenan, ein wildpochendes Herz, das zum Fürchten aussieht.
Es ist ein mächtiger Klotz, fast so hoch wie
die Türme des Exchange Square. Der Bau hat
angeblich noch mehr Geld gekostet als das
World Trade Genter in New York, das bis
dahin als das teuerste Gebäude der Welt galt.
Ein Haus kann man es nicht nennen. Es ist
ein Gewirr von Pfeilern, Röhren, Gängen,
Schläuchen und dazwischengehängten Kammern. Die Hongkonger erinnert das Gebäude
an eine Erdölplattform, und sie haben ihm
deshalb den Namen ‚The Rig‘ gegeben. Und
so etwas wie ein Förderturm ist der Bau
auch: eine gigantische Pumpstation, durch
3
beanspruchen mußte, um die geforderten
Standards zu erreichen.
So entstand ein Gebäude, das den Weg
weist für die Weiterentwicklung der modernen Architektur und die Postmoderne in
Frage stellt. „Die Neuerfindung des Wolkenkratzers“ hat ein englischer Architekturkritiker begeistert formuliert.
Fosters Gebäude in Grau und Silber
besitzt mehr als nur bloße Höhe. Es ist im
Gegensatz zu vergleichbaren Beispielen ein
industriell gefertigtes Produkt. Es wurden
Prototypen hergestellt, Modelle angefertigt
und mit der gleichen Gründlichkeit getestet
wie ein neues Auto. Tatsächlich ist jedes
Element des Gebäudes für diesen speziellen
Zweck konstruiert und produziert worden.
Die Teile wurden auf speziellen Bändern
hergestellt und nach Hongkong versandt,
um dann auf der Baustelle zusammengebaut zu werden.
Für die Aluminiumverkleidung des
Gebäudes wurden in den USA Fertigungsbänder eingerichtet, ausgestattet mit automatischen Schweißeinrichtungen und computergesteuerten Schneidvorrichtungen.
Hauptversorgungsleitungen, Klima-anlagen,
elektrische Anlagen und Toiletten wurden in
Modulen vorgefertigt, die in Japan hergestellt und verpackt wurden. Vor Ort in Hongkong stapelte ein Kran täglich zwei der fertigen Module aufeinander.
Es gibt viele Details in diesem Gebäude, wo spürbar wird, daß hier der Versuch gemacht wurde, etwas in Angriff zu
deren Adern die Energie Hongkongs fließt.
Das Gebäude ist der Sitz der Hongkong and
Shanghai Bank.“
Die Bank ist 1864 im Wardley House
gegründet worden. Damals noch ein unbedeutendes Geldinstitut. Schon 1868 war
man in ein größeres Haus in der Queen‘s
Road umgezogen, und 1935 wurde das
Quartier schon wieder zu klein. Man errichtete an der gleichen Stelle einen für
damalige Verhältnisse kolossalen Zuckerbäckerbau, der ein ganzes Straßenkarree
einnahm. An der Rückfront des Gebäudes
stellte man die steinernen Löwen auf, die
noch heute ihren Dienst tun, und ließ sie
den 80 Meter hohen steinernen Tresor bewachen.
Die Hongkong and Shanghai Bank
wurde mit der Zeit mächtiger und mächtiger. Sie ist heute nicht einfach nur eine örtliche Institution, sondern eine der größten
Bankketten der Welt, die in Amerika, Europa, dem Mittleren Osten und in Asien vertreten ist. In der Weltrangliste der 100 größten Banken nimmt sie einen der vorderen
Ränge ein.
Fosters 47 Stockwerke hohes Gebäude
ist reich an Superlativen. Es gilt als teuerstes Einzelgebäude der Welt und als höchstes Bankgebäude von Hongkong. Vom visuellen Gesichtspunkt her macht es das alte
Gebäude der Bank of China, das bisher das
höchste Hongkongs war, bedeutungslos.
Dies alles sind aber wohl nur Nebeneffekte.
Das wirklich Neue an diesem Gebäude ist
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stabsgenaues Modell, so daß jede Möglichkeit durchdacht, ausprobiert und im
wahrsten Sinne des Wortes durchdiskutiert
werden konnte.
Andererseits ist, und darauf bereitet
kein Modell vor, das Gebäude nicht bloß
eine schöne Fassade, die über den Statue
Square schaut. Hier gibt es auch zwei weitere Seiten, die, mit dem tief eingeschnittenen Profil, den sich verjüngenden
Gebäudeteilen und den mächtigen, kreuzförmigen Verstrebungen einen völlig anderen Charakter haben. Der andere Aspekt,
der die Natur des Gebäudes ausmacht, und
auf den kein noch so genaues Modell vorbereiten kann, ist die Auswirkung der Aluminium-Raster, die auf jeder Vorder-und Rückseite des Gebäudes vorspringen. Sie wirken
wie gigantische Moirömuster, die das
Gebäude manchmal vollkommen transparent wirken lassen. Betrachtet man das
Gebäude aus einem anderen Winkel, so vermitteln diese den Eindruck eines festen und
soliden Mauerwerks.
Es ist nicht einfach zu verstehen, wie
das Gebäude funktioniert. Die Konstruktion
ist absichtlich so gewählt worden, damit
man von der bisher üblichen Zellen-bauweise im lnnenausbau wegkommt, die bei
sehr vielen Hochhäusern die Grundlage bildet. In der Vertikalen ist das Gebäude in
fünf Zonen aufgeteilt. Jede dieser Zonen ist
mittels einer einzelnen Reihe von Stahlabhängungen an doppelgeschossigen Tragwerkkonstruktionen abgehängt, so daß sich
hieraus eine freie Spannweite von 33
Metern ergibt — also das Dreifache der normalen Spannweite. Diese Trage-konstruktion
wiederum ist an Stahlmasten abgehängt, die
in Gruppen zu jeweils vier Stahlsäulen angeordnet sind. Horizontal ist das Gebäude in
drei Abschnitte unterteilt, und jeder
Abschnitt ist durch eine Zwillingsmastenkonstruktion definiert, die an jedem Ende
steht.
Die Gestaltung des Gebäudeprofils
wurde noch durch die Vorschriften der Bau-
behörde Hong kongs erschwert. Diese Vorschriften bestimmen, daß Gebäudeteile
zurückspringen müssen, damit so wenig
wie möglich Schatten auf die Straßen der
Stadt fällt. Ergebnis dieser Vorschriften war
eine Begrenzung auf 35 Stockwerke bei
den vorderen und hinteren Bauabschnitten
der Stirnseite, die auf den Statue Square
hinausgeht und auf 28 Stockwerke auf der
Rückseite. Nur der mittlere Bauabschnitt ist
180 Meter hoch. Um das Ganze noch weiter zu erschweren, wurden weitere Rücksprünge in der Konstruktion an der Ostseite des Gebäudes vorgenommen. Das
wird dadurch erreicht, daß große Teile des
oberen Stockwerks zwischen den Masten
ausgelassen wurden. All diese Maßnahmen sollten sicherstellen, daß wenige
Grundrisse identisch sind. Nur die oberen
Stockwerke sind, wie gewohnt, rechteckig, und selbst diese haben ein Atrium,
das hinaufgeht bis zur ersten Tragekonstruk-tion. Oberhalb dieses Levels verjüngt
sich mit zunehmender Höhe die Konstruktion entsprechend. Diese Konstruktion gibt
auch wieder, wie das Gebäude genutzt
wird.
Die Hongkong and Shanghai Bank ist
ein echtes High-Tech-Gebäude, auch wenn
der Fung Shiu Erdwahrsager viele Details
beeinflußt und vorgegeben hat, wie z. B.
die Ausrichtung des Gebäudes an See und
Himmel, die Höhe, und, um auch dem Drachen einen Zugang zur Bank zu ermöglichen, die Ausmaße der Türen und der
Hallen. Ein weiteres Zugeständnis an Standort und überwiegend chinesisches Klientel
ist das zweisprachig gehaltene Personenleitsystem in Englisch und Mandarin-Ch i
nesisch.
Die Mischung aus moderner Architektur und chinesischer Mythologie erscheint gelungen. Bleibt, der Bank im
soeben begonnenen Jahr des Tigers weiterhin geschäftlichen Erfolg zu wünschen.
die geistige Haltung, mit der es entworfen
und gebaut wurde. Es ist eher ein lngenieursprodukt denn ein Architekturprodukt,
d. h. es ist mit einer Haltung entworfen
worden, mit der man Großraumflugzeuge
herstellt.
Nahezu sämtliche Details an diesem
Gebäude sind ingenieursmäßig neu untersucht worden. Es gibt kaum einen Lieferanten, der nicht seine Entwicklungsabteilung bis an die Grenzen der Belastbarkeit
nehmen, was noch niemals vorher verwirklicht wurde. Angefangen bei der Konstruktion des Tragwerks — die größte bisher in
der Welt für ein Gebäude abgehängte
Stahlskelettkonstruktion — bis hin zu Sonnenspiegeln.
Die Verfahren zur Erreichung der Korrosions- und Feuerbeständigkeit bei der
Stahlskelettkonstruktion sind niemals vorher
in der Welt bei einem Bauprojekt angewandt worden. Selbst die Schlösser der
Türen in der gesamten Bank sind einzigartig.
Sie wurden in Japan entwickelt und kommen ohne die herkömmlich aussehenden
Schlüssel aus. Die Türen werden nämlich
mit eleganten Messingstiften geschlossen,
die mit Einkerbungen versehen sind und
den Verschlußmechanismus der Türen
entriegeln.
Foster hat alle Möglichkeiten genutzt,
um Zufälle auszuschließen. Man beschränkte sich nicht darauf, nur Details
aufzuzeichnen, sondern baute ein maß-
5
Das Atrium
Vom Star Ferry Pier, an dem die Fährschiffe
von der Halbinsel Kowloon anlegen, sind es
nur wenige Schritte über den Edinburgh
Place bis zum Statue Square. Der großzügig
angelegte Platz, auch „Empfangssalon‘ Hongkongs genannt, führt direkt ins Geschäftsund Bankenviertel der Insel. Namen wie
Gonnaugh Road, Des Voeux Road und
Queens Road stehen für Hochhäuser mit
Einkaufspassagen, Antiquitätenläden und
eleganten Geschäften. Daneben ist das pulsierende Viertel auch Sitz von Hongkongs
wichtigsten Banken, unter denen die Hongkong and Shanghai Bank-ing Corporation
eine herausragende Stellung einnimmt. Eine
Stellung, die durch den Neubau ihrer Hauptverwaltung noch unterstrichen wird.
Der Architekt schuf für die Bank ein
High-Tech-Gebäude, das letztendlich die
Neuerfindung des Wolkenkratzers darstellt.
Als Ausdruck eines neuen Verständnisses
von Architektur spiegelt es Fosters
Bemühen, einen total genutzten und unbegrenzt flexiblen geschlossenen Raum zu
erstellen. Herkömmliche Werte treten
zugunsten von Konstruktionsformen in den
Hintergrund. Die Konstruktion wird erkennbar und durchschaubar.
Hauptmerkmal der neuen Hauptverwaltung ist die Schalterhalle mit ihrem fast
52 Meter hohen zentralen Innenhof, dem
Atrium, an das sich die ersten zwölf Stockwerke anschließen. Mitarbeiter und Besucher betreten die Bank von einem Vorplatz
aus, der einen Durchgang von der Queens
Road zur Des Voeux Road erlaubt. Selbst
nach Schalterschluß bleibt diese Plaza, die
das Gelände vor der Bank optisch erweitert,
geöffnet. Im Falle eines Taifuns oder bei
anderen Notfällen kann der Platz allerdings
geschlossen werden.
Von der Plaza aus führen Rolltreppen
hinauf in die Schalterhalle in der 3. Etage.
Durch leicht grau getönte Glasverkleidungen
werden Bewegungs- und Betriebsmechanismus der Treppen sichtbar gemacht.
Ein Glasboden, der von den Rolltreppen
durchschnitten wird, trennt das Atrium vom
öffentlichen Bereich. Abends kann er hermetisch abgeriegelt werden. Uber dem
Boden erhebt sich die Innenhalle bis zur
ersten Tragekonstruktion in Höhe des 12.
Geschosses.
Ein ausgeklügeltes Spiegelsystem —
Sonnenspiegel an den Außenwänden und
der Decke des Atriums — versorgt den
Innenhof mit Tageslicht. Die Spiegel sind
mit computergesteuerten Elektromotoren
ausgestattet, die dem Lauf der Sonne folgen. Unabhängig von der Jahreszeit wird
das Licht das ganze Jahr über gleichmäßig
im Atrium verteilt.
Bei Nacht wird die Halle von ERCO
Spezialdownlights beleuchtet, die in die
Sonnenspiegel eingebaut sind. Kennzeichen dieser Leuchten sind ein besonders
enger Abstrahlwinkel und eine extrem hohe
Beleuchtungsstärke, die erforderlich ist, um
aus einer Höhe von 52 Metern noch genügend Helligkeit auf den Boden des Atriums
zu bringen.
Die Rolltreppen spielen in Fosters
180 Meter hohem Wolkenkratzer, der die
Architektur näher an das Zeitalter der High
Technology heranbringt, eine wichtige
Rolle. Sind sie für ihn doch „eine menschlichere und erfreulichere Beförderungsart
als in einem Blechkasten auf und ab zu
fahren“. Die Anzahl der Aufzüge wurde
aus diesem Grund auch so gering wie möglich gehalten. Ihre Ein- und Ausgänge be-
Trotz seiner Höhe von 52 Metern wirkt das
Atrium leicht und luftig. Glas und Tageslicht
spielen darin eine wichtige Rolle.
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schränken sich auf fünf Doppelgeschosse,
die untereinander durch Rolltreppen über
eine Folge unterschiedlicher Räume hinweg
verbunden sind. Innerhalb des Gebäudes
bewegen sich die Aufzüge wie Lichtwürfel
nach oben. Gefertigt sind sie aus japanischem Milchglas, das als „Shoji‘ bekannt
ist. Das Glas läßt, während der Lift nach
oben fährt, die Wahrnehmung von Umrissen
zu, verwehrt jedoch den genauen Blick nach
außen.
7
Foster schafft in der Bank Inseln, dorfähnIiche Einheiten — jede mit einem eigenen
Empfangsbereich und unmittelbarem Zugang zu den Fahrstühlen. Den herkömmlichen Typ von Wolkenkratzer, in dem jedes
Stockwerk mehr oder weniger gleich aussieht, läßt er bewußt hinter sich. Dabei versteht er es, die gigantischen Ausmaße des
Gebäudes auf ein menschliches Maß zu
bringen.
Foster studierte sorgfältig die traditionelle chinesische Architektur und ihre Farbsymbolik, ging auf Gesellschaft, Kultur und
Umwelt Hongkongs ein. Ergebnis sind hängende Gärten, Terrassen und Grün, das
über das Stahlgerüst des Gebäudes herabhängt. Mehr als 3500 qm widmete er der
öffentlichen Passage im Erdgeschoß, um
einen großzügigen Durchgang für den
Publikumsverkehr zu schaffen. Selbst die
äußere Form des Gebäudes ist der Bewegung des Besucherstromes angepaßt und
orientiert sich an der Nutzungsdichte. Am
gen das Gebäude. Ahnlich dem Prinzip der
„gläsernen Bürgersteige“ ermöglichen
diese Zonen den Einfall des natürlichen
Lichtes auf die tiefergelegenen Etagen. In
Form von kleinen Atrien bleibt der gröE,te
Teil dieses Durchgangsbereiches offen. Die
Bauweise erlaubt es, bei Bedarf jederzeit
Anderungen und Umstellungen vorzunehmen, ohne dabei den Bankbetrieb nennenswert zu stören.
Moderne Baumaterialien, fortgeschrittene, roch nergestützte Konstruktionstechnik und eine einzigartige Konstruktion
sind die charakteristischen Merkmale der
neuen Hauptverwaltung der Hongkong and
Shanghai Banking Corporation. Ein Gebäude, das schon allein deshalb bemerkenswert ist, weil sämtliche Bauteile im
Ausland speziell für diesen einen Bau angefertigt wurden. In Europa, Japan und in
den Vereinigten Staaten. Ein Gigant, der in
„Trockenbauweise“ entstand.
Schrägkonstruktionen, an denen ganze Etagengruppen aufgehängt sind, bestimmen
das Erscheinungsbild des Gebäudes
— außen wie innen.
Die Mailänder Galerie im Stil des 79. Jahrhunderts stand Pate für die großzügige
Plaza unter der Bank.
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Fuße der Bank, wo sich die Menschenmassen ballen, erreicht der Bau seine größten Ausmaße. Nach oben hin nimmt er zu
den privateren Bereichen deutlich ab.
Entscheidend beeinflußt wurde die
Gestaltung des Gebäudeprofils durch die
Vorschriften des Hongkong Building Ordinance Office, nach denen Gebäudeteile
zurückspringen müssen, damit möglichst
wenig Schatten auf die Straßen der Stadt
fällt. Aus diesem Grund sind die GebäudeSektionen von unterschiedlicher Höhe. Drei
gehen über 18, zwei über 35 und eines
über 41 Stockwerke. Ihre größte Höhe
erreicht die Bank im mittleren Teil mit 180
Metern. Neben den Bestimmungen, die
Foster damit erfüllte, beinhaltet dieses
abgestufte Profil eine Reihe von Vorteilen:
unterschiedliche Breiten im Innern, GartenTerrassen draußen, eine Antwort auf die
Gesetzmäßigkeiten von Lichteinfall und
Schattenbildung. Nur die unteren Geschosse, die vom Atrium bestimmt werden, sind
rechteckig. Oberhalb der ersten Tragekonstruktion verändern sich die Grundrisse, der
Nutzung des Gebäudes angepaßt.
Angelehnt an Konzept und Brückenbau
des 20. Jahrhunderts, sind die über-erdigen
Etagen an starr verstrebten Profilen aufgehängt. Sie erstrecken sich jeweils über
zwei Stockwerke und fassen an der Basis
acht, an der Spitze vier Geschosse zusammen. Stahlmasten, die sich aus vier starken
Stahlrohren zusammensetzen, tra-
Unterschiedlich gestaltete Stockwerke in
Form von kleinen „ Dorfeinheiten“ bringen
die gigantischen Ausmaße des Gebäudes
auf ein menschliches Maß.
9
Interview
Norman Foster
10
Gegen Ende des Jahres 1985 unternahm
Peter Palumbo eine Geschäftsreise nach
Hongkong und besuchte die neue Hauptverwaltung der Hongkong and Shanghai
Banking Corporation. Noch am gleichen
Abend schrieb er in seinem Hotelzimmer
einen Brief an Norman Foster.
„Das Gebäude ist ein Meisterwerk‘,
schrieb er, „und ich weiß ganz genau, an
welcher Stelle es in London stehen könnte.“ Palumbo steht mit seiner Bewunderung
für dieses distanzierte, fast schon mystisch
wirkende Gebäude nicht allein. Ieoh Ming
Pei kam mit einer Besichtigungsdelegation
der Bank of China und sagte hinterher, daß
die Eingangshalle die eindrucksvollste sei,
die er je gesehen habe.
Harry Seidler, der ursprünglich an dem
Wettbewerb um den Auftrag teilgenommen
hatte, besichtigte das Gebäude und bemerkte: „Nie hätte ich für die Bank eine solche
Architektur schaffen können.“
Das architektonische Konzept, das komplexe und oft wechselnde Anforderungen
erfüllen muß, vor allem die enormen logistischen Probleme, die ein solches Gebäude
aufwirft, ist ein Projekt ohne Parallelen. Es
litt zudem unter der politischen Unsicherheit, da es in 11 Jahren an die Volksrepublik
China übergeben werden soll.
Wie sieht Foster selbst seine Leistung?
Sechs Jahre nach Projektbeginn mit Foster
das Thema wieder aufzugreifen, ist eine aufschlußreiche Erfahrung, nicht zuletzt deshalb, weil er direkt und spontan den Kernpunkt dieser Herausforderung offenlegt. Die
Bank war ein riesiger Prestige-auftrag, aber
bevor er realisiert werden konnte, mußte
man lernen, in anderen Dimensionen zu
denken.
Als Arthur Drexler vom New Yorker
Museum of Modern Art sagte, daß der Bau
zum erstenmal Architektur und Raumfahrttechnik miteinander in Einklang bringe und
Paul Goldberger von der New York Times
seinen verblüffenden aber disziplinierten
Buck Rogers Futurismus lobte, lagen zwar
beide nicht falsch, aber ihr Urteil traf nicht
den Kern der Sache.
Die Bank ist weniger das Empire State
Building einer neuen Zeit als das Empire
State Building eines neuen Kontinents. Es
ist nicht das Resultat einer Verpflanzung,
sondern einer Eingliederung. Das Gebäude
hätte nirgendwo anders und von niemand
anderem gebaut werden können.
Als Foster die Eigenschaften des Gebäudes aufzählt, seine topografischen Erkenntnisse erklärt, die dem Gebäude seine
Form gaben, erwähnt er auch die Enttäuschung, die das Wegfallen zweier herausragender Merkmale bereitete. Fremdartigkeit und Entfernung spielen eine große
Rolle. Er und sein Team arbeiteten auf der
anderen Seite der Welt, inmitten einer Kultur, die sowohl kosmopolitische als auch
nationale Züge aufweist. Das Gebäude war
am Ende weder die Schöpfung des internationalen elektronischen Bankwesens
noch ein halbkoloniales Geschenk einer
alten Macht an eine jüngere, sondern seine
Konstruktion erwuchs vor allem aus einem
beispiellosen Lernprozeß.
Dieser Prozeß nahm beim ersten Treffen zwischen Norman Foster, seiner Frau
Wendy und Spencer de Gray mit den Vertretern der Bank im Sommer 1979 seinen
Lauf. Alle drei hatten ihre Urlaubspläne für
die Zeit nach der Besprechung festgelegt,
mußten sie aber dann aufgeben. Im Gegensatz zu den anderen Bewerbern blieb das
Team von Foster nach der Besprechung
noch einige Wochen in Hongkong, um die
Bank selbst verstehen zu lernen. Nach
einem, wie Foster sich erinnert, unsicheren
Anfang.
„Das erste, was ich tat, war die Managementberater anzurufen, die die Besprechung arrangiert hatten, um ihnen zu
sagen, daß ich gerne hinter die Kulissen
der Bank schauen würde, um mir ein Bild
davon zu machen, wie alles funktioniert.“
Uberraschenderweise war die Antwort:
„Aber das gibt Ihnen einen unfairen Vorsprung!“ Ich fragte, wie das gemeint wäre.
„Wenn wirlhnen das ermöglichen, müßten
wir das auch allen anderen zugestehen.“
„Aber alle anderen sind abgereist“, sagte
ich. „Es käme sehr ungelegen“, war die
Antwort. „Sehen Sie“, sagte ich, „falls Sie
glauben, nach diesem Gespräch allen unseren Konkurrenten sagen zu müssen, der
beste Ausgangspunkt für den Entwurf einer
Bank sei, festzustellen, wie das bestehende Unternehmen arbeitet, so denke
ich, daß das lächerlich ist.“ „Sagen Sie den
anderen Architekten, was Sie wollen, wir
werden direkt zur Bank gehen und mit den
Leuten sprechen. Falls wir die gleiche Antwort bekommen sollten, werden wir uns
direkt umschauen, und niemand wird merken, daß wir überhaupt da sind.“
Als wir zur Bank kamen, herrschte dort
die gleiche Verwirrung. „Was für Fragen
möchten Sie uns denn stellen?“ Schließlich
einigten wir uns und wurden hinter die
Kulissen geführt, wo wir dann auch anfingen, Fragen zu stellen wie: „Die junge
Dame dort drüben bedient gerade einen
Kunden, weitere zehn warten in der Schlange. Müssen die auch auf dieser Etage
sein?“ „Das ist eine seltsame Frage“, war
die Antwort. „Welche Bedeutung kann das
denn bei dem Entwurf eines Gebäudes
schon haben?“ Wir sagten, daß, wenn wir
Fragen stellen dürften und objektive Antworten bekämen, ohne daß man sich über
deren Relevanz bzw. Irrelevanz den Kopf
zerbrechen würde, wir unsere eigenen
Schlüsse daraus ziehen und lernen könnten, wie die Bank wirklich funktioniert. Auf
diese Art fingen wir an, ein Gefühl für Präferenzen und Standpunkte sowie für die
Einstellung der Befragten zum Thema „Veränderungen und Organisation“ zu bekommen.
Zwischen den im Wettbewerb stehenden Architekten und der Hongkong and
Shanghai Banking Corporation war vereinbart worden, daß die Bank ein Gebäude-
modell zur Verfügung stellt, in das die
Wettbewerber ihre Entwürfe einfügen
könnten. Dank ihrer während der anfängchen Erkundungen des Standortes angefertigten Zeichnungen, Fotos und Skizzen
konnten die Mitarbeiter im Foster-Team
nach ihrer Rückkehr nach London ihr eigenes Modell vom Standort und der Umgebung anfertigen: Foster glaubt bis heute,
daß erdurch diesen Umstand bei der Wettbewerbspräsentation im Jahre 1979 im Vorteil war. Etwas rätselhaft war der Einfluß
von „Fung Shiu“, einem okkulten chinesischen Verständnis von Gestaltung und zeitlicher Abstimmung.
Wie Foster sich erinnert, berichtete
man ihm, daß der Vorsitzende, der sein
neues Büro des im Jahre 1935 errichteten
Gebäudes betrat, nach einem Blick in den
Raum fragte: „Ist der Fung Shiu-Mann
schon hier gewesen?“ Nachdem dieser
herbeigerufen worden war, stellte er sofort
die Möbel um und hängte andersfarbige
Vorhänge auf.
Selbst im Büro, das sich das Team um
Foster später in Hongkong einrichtete, war
der Fung Shiu-Mann wichtig: Die Ankunft
von sechs neuen Mitarbeitern führte zu
einer Umgestaltung der Arbeitsplätze, so
daß ein Mitarbeiter unmittelbar unter einem
Träger arbeiten mußte. Das war „schlechtes Fung Shiu“ und mußte geändert werden.
Fosters erste Vorschläge an die Bank, in
denen er sich leidenschaftlich gegen den
teilweisen oder vollständigen Abriß der
bestehenden Schalterhalle aussprach, enthielten Notizen über Besuche bei einem
Fung Shiu-Mann, inmitten einer Reihe fachlicher Konsultationen. Und auch später
noch spielte Fung Shiu eine Rolle, nicht in
der Wahl der Konstruktionssysteme, sondern bei der Betonung, die man den einzelnen Bauelementen auf den Hauptebenen
zudachte.
„Wir dachten, der Fung Shiu-Mann
sollte uns an der Baustelle treffen“, erinnerte sich Foster, doch er meinte, das wäre
nicht erforderlich, da erja die Zeichnungen
einsehen könnte. Nachdem er dies getan
hatte, sagte er: „Es liegt auf der Hand, daß
man nicht durch das Maul des Drachens
eintritt. Böse Geister sollten nicht ein- und
ausgehen können, daher sollte hier eine
Blindzone in Höhe von mehreren Stockwerken diesen Bereich als Eingang kennzeichnen.“ „Er fertigte eine Skizze an, die
wir noch immer irgendwo liegen haben und
die ich — nicht nur als spaßhafte An-
spielung — für eine Vorlesung benutze, die
ich über dies Gebäude halte.“
Das Foster-Team war bei der Vorlage
der Pläne im November 1979 davon überzeugt, daß sowohl ein Teilabbruch als auch
ein vollständiger Abbruch, um Platz für das
neue Gebäude zu schaffen, falsch wären.
In einer übersichtlich illustrierten und detailliert ausgearbeiteten Vorlage legte das
Team von Foster dar, was es mit „Stufen-
weiser Erneuerung“ bezeichnete. Es handelt sich dabei um eine Methode, bei der
an beiden Seiten des bestehenden Gebäudes massive Säulen errichtet werden, die
durch lange, schmale Verstrebungen miteinander verbunden werden. Nach Fertigstellung dieser Konstruktion erfolgte der
Abbruch des alten Gebäudes.
„Das 1935 errichtete Gebäude mit seinen verschiedenen Seitenflügeln und
Anbauten wies Nahtstellen und Trennungs
flächen auf, von denen man ganze Blocks
loslösen konnte. Ursprünglich wollten die
Planer einfach einen Durchbruch durch das
bestehende Gebäude vornehmen, um
einen Hochbau an dieser Stelle zu errichten. Doch das alte Gebäude selbst umfaßte
die Schalterhalle, und nur eine Hälfte der
Schalterhalle zu bewahren, wäre nicht sinnvoll gewesen.
Darüber hinaus bestand die unbedingte
Notwendigkeit, gleichzeitig abwärts zu
bauen. Die Konstruktion für ein Turmgebäude hätte soviel von der Standfläche
des Gebäudes in Anspruch genommen,
daß dies nie möglich gewesen wäre. Wir
mußten den größten Teil des Bauplatzes
freihalten, um die vorhandene Schalterhalle
solange wie möglich zu erhalten und nach
ihrem Verschwinden ein Aufwärtsund
Abwärtsbauen gleichzeitig zu ermöglichen.
Die Zustimmung der Bank zur „stufenweisen Erneuerung“ und die Vergabe des
Auftrags an Foster Associates stellte für
Norman Foster eine einmalige Chance,
aber gleichzeitig auch eine harte Herausforderung dar. Die Initiative war ergriffen
worden und die ursprünglichen Richtlinien
des Kunden waren in den Papierkorb gewandert. Jetzt sah er sich einem Berg von
Planungs- und Konstruktionsarbeiten
gegenüber. Trotzdem konnte das Projekt
SJahre nach Auftragsvergabe fertiggestellt
werden.
Von diesem Moment an sah Foster
die Bank als Mittel dazu, erstmals seit „Le
Corbusier‘s Straßen in der Luft“, die fünfzig
Jahre zurückdatierten, dem Hochhaus eine
neue Linie zu geben. Er nahm das herkömmliche mehrgeschossige Gebäude —
an denen Hongkong reich ist —und konzipierte es neu in Form von sich überlagernden „Dörfern“, fünf Gruppen von hängenden Etagen in abnehmenden Größen, die
über außen verlaufende Fahrstühle erreichbar und durch sich kreuzende Rolltreppen
11
miteinander verbunden sind. Diese „Dörfer“ erstrecken sich ohne interne Säulen
über die gesamte Breite des ursprünglichen
Gebäudes, dessen Standort zu einer der
großzügigen Fußgängerzonen umfunktioniert worden ist. Sie sind voneinander
durch riesige, über 2 Stockwerke reichende
Terrassen getrennt, die reich bepflanzt werden sollten, und sind durchbrochen, um das
durch eine Anordnung von riesigen parabolischen Reflektoren widergespiegelte Sonnenlicht aufzunehmen.
Alle Elemente erwuchsen aus dem
Charakter des Projektes und Foster legt
großen Wert darauf, zu konstatieren, daß
sie nicht als „Symbole“ für irgendetwas
stehen. „Die Entscheidungen, die in bezug
auf jenes Gebäude getroffen wurden, ergaben sich aus der Notwendigkeit und der
Herausforderung, ein derartiges Bauwerk
an gerade diesem Ort in so kurzer Zeit zu
errichten. Und da war nichts künstlich aufgebauscht. Damit meine ich, sie griffen
nicht auf die traditionellen Handwerke zurück, um an der Baustelle Objekte herzustellen, die wie vorgefertigte Elemente aussahen.
Rein optisch dienen die Elemente dem
Ausbalancieren der langen Ausleger, durch
welche die Etagen getragen werden. Doch
kamen diese Elemente direkt vom Fließband in die Leichter und von dort an die
Baustelle. Uns war klar, daß wir einen
ziemlich stabilen architektonischen Rahmen
schaffen mußten, dem alles andere untergeordnet sein würde und von dem wir uns
auf keinen Fall lösen durften. Es ist sowohl
in der Haupt-Uberspannungskonstruktion
sichtbar als auch in dem den Passanten
zugänglichen Vorplatz. Wir machten den
Leuten von der Bank klar, daß sie eine noch
größere Transparenz zur Offentlichkeit
erreichen könnten, indem sie das gesamte
Innere des Gebäudes in ein einziges
‚Schaufenster‘ verwandeln würden. Ein
Fenster, durch das tatsächlich Tageslicht
hinabgeleitet werden konnte. Ein Platz aus
Glas, der bedauerlicherweise — wie auch
die ‚schwebenden Gärten‘ —im Verlauf der
Projektdurchführung verlorenging. Dennoch
ist vom ursprünglichen Konzept noch sehr
viel wahrnehmbar.“
„So vieles am Gebäude war noch unerprobt, z. B. große Uberbrückungselemente in Verbindung mit geringen Etagenhöhen oder die Idee mit der ‚Lichtschaufel‘.
Dank der Kombination von Aufzügen und
Rolltreppen wurden nur 23 Aufzüge benötigt anstatt 48, und mit 62 Rolltreppen,
die ununterbrochen in Betrieb sind, konnte
eine Vielzahl von Etagen effektiv zu einer
einzigen Ebene zusammengefaßt werden.
Aus diesem Konzept ergab sich der gesamte Aufriß des Gebäudes.“
„Wenn ein Projekt fertiggestellt ist, ist
man immer versucht, sich noch einmal
damit zu befassen. Auf der anderen Seite
weiß man auch instiktK~ ob man die Chance wahrgenommen hat oder sie ungenutzt
verstreichen ließ.
Im Fall der Bank kann ich guten Gewissens sagen, daß wir die Chance genutzt
und nicht den übergeordneten Ausdruck
einer organisatorischen und strukturellen
Ordnung aus den Augen verloren haben,
den wir uns bei Projektbeginn zum Leitsatz
gemacht hatten. Sicherlich ist es sehr traurig, daß wir die vier riesigen Terrassen nicht
in Gärten umwandeln konnten. Die Gründe
dafür sind sicherlich nicht in den Baukosten, sondern in der Instandhaltung zu
suchen. Anstatt dort eine Gartenland
schaft zu errichten, wird man dort wahr-
12
scheinlich auf Pflanzenkübel zurückgreifen.
Sehr bedauerlich ist auch, daß der
gegossene Fertigglasboden nicht realisiert
wurde, durch den das Untergeschoß mit
Tageslicht hätte erhellt werden können.
Doch was von der Idee übrigblieb, ist weder
als willkürliche noch als rein mechanistische
Lösung zu sehen. Sie hat Logik und gibt den
sozialen Idealismus wieder, der sich — in
unserem Sinne — von Anfang an in unserem Vorgehen manifestiert hat. Mir ist jede
Architektur verdächtig, von der gesagt wird:
„Wir haben es so gemacht, weil wir dachten, daß es so schön aussehen würde“ —
doch für ebenso verdächtig halte ich Architektur, die man damit begründet, daß „sie
so ist, weil damit alle auf der Vorgabeliste
aufgeführten Punkte als erledigt abgehakt
werden konnten
In jedem Fall wird bei jeder Entscheidungsbildung immer ein subjektiver Aspekt
eine Rolle spielen. Sie finden dies bei der
Beleuchtung, bei der es nicht immer aus-
Treppauf-Treppab
Die Lichtplanung konzentriert sich im Treppenbereich konsequent auf die DownlightReflektortechnik. Auf dekorative Elemente
und auffällige Lichteffekte wird zugunsten einer klaren Architekturaussage verzichtet.
Downlights zur Beleuchtung von Verkehrswegen in Gebäuden sind keine neuartige Lösung.
Claude Engle verwendet aber in
Fosters Gebäude nicht die üblichen rotationssymmetrisch ausstrahlenden Downlights, deren Licht die Verkehrswege direkt
ausleuchtet. Er sieht die Gefahr als zu
groß an, daß die Benutzer der Treppenaufgänge unter Umständen geblendet werden. Claude Engle konzipierte deshalb
eine vorwiegend indirekte Beleuchtung,
wobei er nicht, wie üblich, die Deckenflächen, sondern die Wandflächen als Reflexionselemente nutzt.
In der Decke sind zu diesem Zweck asymmetrische Richtstrahler mit 4Q0 Abblendwinkel installiert. Uber dem Darklight-Konus
sind unter definiertem Neigungswinkel Halogen-Reflektorlampen der Leistungsstufe 250
W einjustiert, wobei Neigungsund Ausstrahlungswinkel auf die jeweilige Raumhöhe
abgestimmt sind.
Nicht die Darklight-Leuchten, sondern
die jeweiligen Lichtkegelanschnitte auf
den Wandpaneelen werden zu fokalen
schließlich eine Frage der Lichtfülle, sondern der Lichtqualität ist. Die Tatsache, daß
der Zeiger eines Meßgerätes über eine
bestimmte Stelle hinaus ausschlägt, weist
auf ein Problem hin, ist aber noch nicht die
Lösung.
Jedoch das Gebäude als Ganzes ergab
sich aus den Planungsungewißheiten und
durch die Dinge, die mehr oder weniger
unberührt ausgeklammert werden mußten.
Eine der erfreulichsten Erfahrungen für mich
war die Vielzahl der in die Arbeit mitein
bezogenen Leute. Als die Bänker, die
bereits andere Präsentationen erlebt hatten,
schließlich das einzige Wahre vor sich sahen
und meinten: „Sehen Sie nur, es könnte
ebenso ein Foto des Modells sein. Es ist
genauso geworden, wie Sie sagten“.
Martin Paw/ey
Blickpunkten, ein typisches Merkmal moderner Lichttechnik. Das primäre Licht der
Richtstrahler wird von den gut reflektierenden Wandpaneelen diffus in den Raum re flektiert und beleuchtet die Nutzzonen mit
dem gewünschten Helligkeitsniveau.
Höchster Sehkomfort verbindet sich in
diesem Beispiel mit einer eleganten lichtarchitektonischen Lösung.
13
Arbeitsgebiete
In der Hongkong and Shanghai Bank gibt es
eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze. Sie reichen von Informationszentren
über Kundenbereiche, Konferenzräume,
EDV-Arbeitsplätze bis hin zu den Gruppenbüros für die Sachbearbeiter, die sich
jeweils in Rau mbedarf, Ausstattung und
Atmosphäre unterscheiden.
Die Lichtplanung stand vor der Aufgabe, für alle Arbeitsbereiche ein Beleuchtungssystem mit einer einheitlichen Formensprache zu suchen.
Claude Engle gelang es, mit nur 3
Komponenten eine flexible und allen
Sehaufgaben angepaßte Beleuchtung zu
entwickeln. Sie setzt sich zusammen aus
dem Tageslicht und der künstlichen Beleuchtung. Die künstliche Beleuchtung
besteht aus 2 Komponenten, die von der
Decke aufgenommen werden, aus einer
Leuchtstofflampen- und Halogen-Glühlampen-Beleuchtung.
Im Gebäude der Hongkong and
Shanghai Bank liefern Spiegelrasterleuchten mit Leuchtstofflampen in regelmäßiger Anordnung eine mittlere Beleuchtungsstärke von 750 lx, ein Beleuchtungsniveau also, das internationalen Standards für jede Art von Bürotätigkeit genügt, einschließlich der Arbeit an Bildschirmterminals. Die Leuchte erfüllt folgende weitere lichttechnische Anforderungen:
Zusätzlich zu dieser Grundbeieuchtung mit
Leuchtstofflampen ist im gesamten Verwaltungsbereich eine zweite Beleuchtungskompenente mit Halogen-Glühlampenlicht installiert worden. Es handelt sich
dabei um breitstrahlende Halogen-Richtstrahler, deren Licht unabhängig von der
Leuchtstofflampen-Beleuchtung und vom
Tageslicht bei Bedarf zu- und abschaltbar ist.
Damit wird nicht nur ein besonderer Lichtkomfort durch wählbare Lichtarten, sondern
auch eine elegante Alternative zur individuellen, architektonisch aber stets fragwürdigen
Tischleuchte geboten.
Schließlich kann die Beleuchtung jeder
neuen Raumnutzung angepaßt werden:
Was heute noch Sachbearbeiterplatz ist,
kann morgen zu einer Konferenzzone oder
zu einem Kundenbereich umfunktioniert
werden, ohne daß die Beleuchtungsinstallation verändert werden muß.
Viele Bereiche kommen vollständig
ohne Leuchtstofflampenlicht aus, z. B. re
Die Beleuchtung in der Hongkong and
Shanghai Bank kann jeder neuen Raumnutzung angepaßt werden. Was heute noch
Konferenzzone ist, kann morgen zum Kundenbe reich umfunktioniert werden.
Die Beleuchtungsinstallation muß dabei
nicht geändert werden.
präsentative Bereiche und Bereiche mit
Publikumsverkehr. In einigen architektonisch
herausragenden Gebäudezonen sind allein
formale Gründe für den Verzicht auf Leuchtstofflampenlicht maßgebend. Es sind
Räume, die tagsüber ausreichend mit Tageslicht versorgt und in Dunkelstunden differenziert mit Halogen-Glühlampenlicht beleuchtet werden.
Die Differenzierung gelingt mit entsprechend entwickelten Wandflutern,
Der hochglänzende Aluminiumreflektor ist
stück-eloxiert und reduziert die Leuchtdichten im Abblendbereich auf Werte unter
200 cd/m2.
Das Reflektorsystem blendet die
Leuchtstofflampen in den Leuchtenlängsachsen (C90-Ebene) auf 30° und in Leuchtenquerachse (C0-Ebenel auf wahlweise 30°
und 40° ab, je nach Wahl der Lampen-position. Die untere 30° Lampenposition liefert
eine breite, flügelfärmige Lichtverteilung;
die obere 40° Lampenposition eine tiefstrahlende Lichtverteilung. Welche Lichtverteilung gewählt wird, richtet sich nach der Art
der Sehaufgabe. Für die allgemeine Bürobeleuchtung wird bevorzugt die 3Q0 Version,
an Bildschirmarbeitsplätzen dagegen die 40°
Version eingesetzt.
Die Abluft des Raumes wird direkt über
die Leuchte geführt. Sie ist für einen Abluftvolumenstrom von 50 m3 pro Stunde je
Leuchte ausgelegt.
14
Auftragsvergabe an die Firma Siemens AG,
Traunreut, entschieden. Sie hat,die Spiegelrasterleuchten für die Büro- und Allgemeinbereiche geliefert. Von ERCO kommt
die Beleuchtung für alle weiteren Bereiche.
Die Lieferung umfaßt etwa 10000 Leuchten
für Halogen-Glühlampen, Ha logenReflektorlampen PAR 36, PAR 38, PAR 56
und PAR 64.
Die Ergebnisse der Beleuchtung sind
überzeugend und beispielhaft für die formale Ubereinstimmung von Licht und Architektur. Die Beleuchtungsanlagen genügen in
ihrer Ausführung höchsten qualitativen
Ansprüchen und bringen die Innen-architektur optimal zur Geltung.
Reihen-Wandflutern, Doppelfocus-Leuchten,
Downlights und Richtstrahlern. Aus einer
jeweils einheitlichen Deckenäffnung heraus
lassen sich damit Rau mzonen betonen,
Lichtinseln schaffen, Akzente setzen,
Wände gleichmäßig ausleuchten sowie Bilder und Skulpturen betonen.
Claude Engle hat diese beleuchtungstechnischen Aufgaben detailliert geplant.
Nach weltweiter Ausschreibung und vielen Bemusterungen hat man sich für die
Das Beleuchtungskonzept für die Hongkong
and Shanghai Bank erforderte zum Teil völlig
neue Techniken. Die gesamte Palette
moderner Leuchtmittel war not wendig, um
die Beleuchtungs wünsche des Auftraggebers zu erfüllen.
15
Ganz oben
Im Weglassen liegt die Kunst
der guten Einrichtung.
16
In der Nacht gleicht das Gebäude einer riesigen Lichtskulptur, die sich auch im Lichtermeer
der Millionenstadt behauptet.
17
Ausstellung
An die Gründungszeit der Bank erinnert
eine Ausstellung, die in der 35. Etage des
Gebäudes untergebracht ist. Gezeigt werden Prägestempel, alte chinesische Maßund Gewichtseinheiten, Münzen, Urkunden
und andere Kostbarkeiten. An ihnen läßt
sich die Geschichte der Bank verfolgen:
vom unbedeutenden, 1864 gegründeten
Geldinstitut, das in einem soliden vikto-
rianischen Sandsteinhaus am Hafen von
Hongkong untergebracht war, bis hin zu
einer der größten Banken der Welt. Gleichzeitig ist die Ausstellung ein Stück Geschichte Hongkongs. Erinnerung an die
Zeit, als nach Hongkong (1842) auch die
Halbinsel Kowloon (1860) an Großbritannien abgetreten werden mußte. Als das
Empire Zugeständnisse machte (1898) und
die neuen Territorien auf 99 Jahre pachtete.
Erinnerung an die Zeit, in der sich Hon-
gkong zum bedeutendsten Touristenzentrum
des Fernen Ostens entwickelte (1950), in
der der modernste Schiffsanlegeplatz der
Welt, der Ocean Terminal, (1966) eröffnet
wurde.
Claude R. Engle,
Beleuchtungsplaner
Hohe Qualitätsstandards sind nur durch
Kontrollen einzuhalten. Claude Engle ließ es
sich nicht nehmen, selbst aus den USA
anzureisen und zu prüfen, ob die geplante
Lichtwirkung mit der Realität übereinstimmt.
Hongkong war schon immer durstig.
Durstig nach Geld. Die Hongkong and
Shanghai Bank gedieh prächtig in diesem
Klima.
Vom Wardley House am Hafen von Hongkong zog die Bank bereits 1868 in ein größeres Haus an der Queen‘ s Road. Dokumente in den Ausstellungsvitrinen belegen
ihre Entwicklung.
18
Die Firma Claude R. Engle, Lighting
Consultant, wurde von Claude R. Engle im
Jahre 1968 als Spezialunternehmen für
beleuchtungstechnische Gestaltung in der
Architektur gegründet.
Ausgehend von der Auffassung, daß
Beleuchtung eher als integraler Bestandteil
eines architektonischen Konzeptes denn als
selbständige Ästhetik anzusehen ist, befaßt
sich die Firma zu Beginn eines jeden Projektes mit der Bedeutung, die das Licht für das
Projekt haben kann. Die Leistungen des
Unternehmens umfassen die Planung und
detaillierte Auslegung von Beleuchtungssystemen, Leuchten und Beleuchtungsreglern,
sowie die komplette Ausarbeitung von Plänen bis zur Fertigstellung des Lichtkonzeptes.
Auf dieser Basis hat das Unternehmen
an einer Vielzahl von Gebäuden mitgewirkt,
zu denen Kunst-Galerien, Bürohäuser, Theater, Hotels, Untergrundbahnen und Schnelltransport-Systeme, städtische Entwicklungsprojekte, Stadtautobahnen, Flughäfen und öffentliche Plätze zählen. Die
Liste der Architekten, mit denen man dabei
zusammenarbeitete, liest sich wie ein „Who
is who“ der gegenwärtigen Archtitektur:
Von Harry Seidler bis Philip Johnson, von
Skidmore, Owings & Merrill bis Richard
Meier, von I. M. Pei bis John Burgee, von
Emilio Ambasz bis Marcel Breuer, von Piano
+ Rogers bis Norman Foster - um nur einige
der bekanntesten zu nennen.
Claude Engle war als Lighting Consultant u. a. bei folgenden Gebäuden beteiligt:
A.T.& T. Corporate Headquartes,
New York
The Regent, Hongkong
The Regent, Sydney
World Trade Center, New York
Hochschule der Bundeswehr, Hamburg
Australische Botschaft, Paris
National Gallery of Art, New York
Centre Georges Pompidou, Paris.
Auch dies kann nur eine Auswahl
sein, zu der auch die in diesem Heft vorgestellte Hongkong and Shanghai Bank
gehört.
Die Firma wurde für ihre Beteiligung
an den folgenden Projekten ausgezeichnet:
Shoreham Hotel, Washington
Banco di Roma, Chicago
200 West Monroe, Chicago
Montgomery Ward Tower, Chicago
Institute of Fine Arts, New York
Menninger Foundation, Topeka
Orchestra Hall, Chicago
Vietnam Memorial, Washington
The Regent of Sydney, Australien
LTV Center, Dallas.
Die Firma ist Mitglied des Consulting
Engineers Council.
Da architekturbezogene Beleuchtung
einer der wichtigsten Aspekte eines baulichen Konzeptes ist, die eine Vielzahl von
Detaillösungen erfordert, wurde das Büro
sowohl von der personellen Ausstattung als
auch in bezug auf den Auftragsumfang auf
eine Größe beschränkt, die zum einen die
völlige Konzentration auf ein Projekt und
zum anderen die Übersicht über alle laufenden Aufträge ermöglicht.
Um der großen Spannbreite von Anforderungen an die Beleuchtungstechnik
gerecht zu werden, hat man Mitarbeiter mit
unterschiedlichem beruflichen Werdegang
und unterschiedlicher Ausbildung verpflichtet - so zum Beispiel Ingenieure, Architekten, Innenarchitekten und Theater -fachleute. Dies ermöglicht dem Unternehmen eine
erfolgreiche Tätigkeit in einer Reihe von
Bereichen, die sich von Kunst-Galerien über
Autobahnbeleuchtung bis hin zu Entwürfen
für audio-visuelle Steuer -systeme und
Beleuchtung in Theatern erstreckt.
Der heutige Firmenchef Claude R.
Engle studierte an der Princeton University,
wo er 1960 mit dem Titel „Bachelor of
Science“ im Fachbereich Elektrotechnik
abschloß. Bevor er sich selbständig machte,
war er in New York als Beleuchtungsplaner
in Theatern und Fernseh-Studios tätig. Mr.
Engle ist ehemaliger Vorsitzender der
Stammabteilung der „Illumination Engineering Society“ und fungierte als Jury-Mitglied
für deren Jahreswettbewerb der Beleuchtungstechniker. Er hat eine Reihe von Veröffentlichungen verfaßt und Vorlesungen in
den verschiedensten Häusern gehalten.
Außerdem gehört er zum Lehrkörper der
Fakultät für Architektur und Städteplanung
an der Princeton University.
An dem Projekt der Hongkong and
Shanghai Bank hat aus dem Büro Engle
noch Danielle A. David mitgearbeitet. Mrs.
David wurde in Montreal (Kanada) geboren
und studierte an der Universität Montreal
Architektur. Vor ihrem Eintritt in das Unternehmen arbeitete sie als Architektin und
Innenarchitektin in Montreal und Toronto.
Zur Zeit arbeiten sie an dem Projekt
des Grand Louvre in Paris, wo der chinesisch-amerikanische Architekt Ieoh Ming Pei
eine spektakuläre Glaspyramide als Erweiterung der bestehenden Gebäudeteile bauen
will. Auch bei diesem Projekt wird ERCO
der Partner auf der Seite der Beleuchtungsindustrie sein - und das Ergebnis dann wieder Thema eines späteren Lichtberichtes.
19
High-Tech - High-Touch
ERCO besitzt erhebliche Erfahrungen und
theoretische Kenntnisse für den Bau von
Leuchten. Es war aber von Anfang an klar,
daß die gestellten Aufgaben unmöglich nur
mit normalen Gesetzen der Optik zu lösen
waren. Es mußte darüber hinaus weitgehend geschmackliches, ästhetisches
Empfinden berücksichtigt werden. Die
Grundlagen ermittelten wir aber mit unserer
technischen Datenverarbeitung. Der Architekt gab Leuchtenquerschnitt, Achsmaße
und ungefähre Lampenposition vor. Die
berechneten Prismenwinkel der Streuscheiben wurden anhand von aus dem Vollen gefrästen Plexiglaslinsen überprüft. Die
Flankenwinkel, Höhe und Breite der Prismen
festgelegt.
Die äußere Kontur der Leuchte läßt sich
nach dem Verfahren der Parabelkonstruktion
bei gegebenen Tangenten berechnen und
digitalisieren. Die digitalisierten Ellipsenkoordinaten um 200 mm parallel verschoben,
ergeben die Außenkontur des Besprechungstisches. Mit Berechnung der kleinsten
inneren Ellipse war die Gesamtkontur der
Leuchte festgelegt.
Der vorgegebene Zeitrahmen (von der
Auftragserteilung bis zur ersten Sitzung des
Vorstandes waren 9 Monate vorgegeben)
erforderte Versendung per Luftfracht und
damit eine Aufteilung der Leuchte in 12
Segmente, die in Hongkong mit dem Transport-Fahrstuhl in das 35. Stockwerk zu bringen waren.
Zur Konstruktion der Prismenscheiben
mußten 27 parallele Ellipsen errechnet werden. Um die Bearbeitung auf einer NC-Fräsmaschine zu ermöglichen, wurde die Prismenlinse in 24 Segmente unterteilt (max. 1
x 0,9 m). An den Außenkanten der Segmente waren überlappende Stege vorzusehen.
Alle Prismen mußten aber nach dem Fräsen
noch manuell poliert, die überlappenden
Kanten mattiert werden. Für die Lampenpo-
len Ellipsenlinie gedreht. Mit den theoretisch ermittelten Daten wurden zwei Leuchtensegmente in natürlicher Größe gebaut,
um die licht-technische Wirkung abschätzen
zu können, den Lampenwechsel zu studieren und Verdrahtung für Leuchte und Lautsprecher festzulegen.
Tagelang wurde in zahllosen Versuchen
durch Variation der Lampenpositionen,
Änderung der angelegten Versorgungsspannung, Anätzung und Mattierung
sition wurde eine neutrale Ellipsenlinie festgelegt und gleichmäßig in 570 Teile (zur
Aufnahme der Lampen) aufgeteilt. Damit
konnte das Fassungs- und Reflektorblech
zur Aufnahme der Lampenfassung berechnet werden. Das Reflektorblech ist gegenüber der Normalen um 12° geneigt. Die
berechneten Daten wurden in den NC-Text
für die Stanz- und Nibbelmaschine umgewandelt. Pro Position waren 3 Stanzungen
erforderlich, jeweils um 40° auf der neutra-
der Plexiglasoberfläche, Beeinflussung der
Leuchtengehäuse-Innenoberfläche versucht,
den Vorstellungen des Bauherrn näherzukommen.
Im September wurde die endgültige
Ausführung für den Beleuchtungsteil verabschiedet. Das Gehäuse war bereits 2
Monate vorher in Auftrag gegeben worden.
Von den 12 Gehäusesegmenten mußten
zunächst Holzmodelle angefertigt werden,
die zur Erstellung der Negativformen
20
zum Abguß des eigentlichen Leuchten -körpers dienten. Jedes Segment wurde aus
glasfaserverstärktem Polyester gegossen,
die einzelnen Elemente aufeinander abgestimmt, zusammengepaßt und poliert. In
unserem Werk in Lüdenscheid wurde die
komplette Leuchte aufgebaut und wirklichkeitsnah aufgehängt, die Lampen angeschlossen, die Plexiglasprismen eingepaßt, die Lautsprecher und Leseleuchten
vorjustiert und vom Architekten und Bauherrn abgenommen.
Kurz vor Versenden wurde das Gehäuse
in der gewünschten Bronze-metallic Farbe
lackiert. Der Versuch, das Repräsentationsbedürfnis einer Bank und die Ästhetik
einer High-Tech-Architektur in Einklang zu
bringen, scheint bei dieser Leuchte gelungen zu sein. Der Vorstand der Bank konnte am 12. November 1985 seine erste Sitzung in dem neuen Gebäude abhalten,
Beleuchtung und abhörsichere Audioanlage
arbeiteten voll zufriedenstellend.
Technische Daten:
Leuchte:
12 Segmente aus glasfaserverstärktem
Polyester, hochwarmbeständig, schwer
entflammbar, in Sandwichbauweise mit
Polyurethan geschäumt und vakuumverdichtet.
Länge: 9,1 m
Breite: 3,6 m
Höhe: 145 mm
Gesamtgewicht: 800 kg
Aufhängung: 4 Rohre 30 mm Ø,
2 Drahtseile 3 mm Ø, davon 3 Rohre
zur Aufnahme der Stromversorgung der
Leuchte, 1 Rohr zur Aufnahme der Stromversorgung für die Lautsprecher.
Gesamtanschlußleistung: 1000 Watt,
Versorgungstransformatoren unter
Deckenpaneelen.
Allgemeinbeleuchtung:
570 Niedervoltlampen 12 V/2 W,
Sockel E 10, Lebensdauer 10 000 h,
dimmbar, Lichtstreuung durch 24 Plexiglasprismenscheiben ca. 0,9 x 1 x 0,25 m,
der Kontur der Leuchte angepaßt.
Richtstrahler:
48 x 12 V/10 W, 6° Ausstrahlwinkel,
Sockel B 15d, mit schwarzem DarklightReflektor und Konus gegen Blendung ge-
schützt, paarweise vom Sitzplatz aus einund auszuschalten.
Audiosystem:
24 sprachaktive Richtmikrofone mit zugehöriger vollautomatischer Signalverarbeitung
für 12 Lautsprecher zur Erzeugung einer
gleichmäßigen Lautstärke in 1,75 m Entfernung.
21
Glanzlicht
Im Rahmen der Treffen und Diskussionen in
Hongkong zur Abstimmung über die Ausführung von Leuchten und Signalethik traten
R. Fleetwood, verantwortlicher Architekt vor
Ort von Foster Accociates, und C. Engle,
Lichtplaner, an ERCO mit Plänen und Überlegungen zur Beleuchtung des Besprechungsraumes des Vorstandes der Hongkong and Shanghai Bank heran.
Die Allgemeinbeleuchtung des 6 m
hohen Raumes sollte über in die Decke
eingebaute PAR 56 Downlights erfolgen, die
der alten Bankembleme mit PAR 36 Richtstrahlern bei gleichem Deckenbild. Der Bauherr erwartete jedoch zur individuellen Ausleuchtung des Besprechungstisches eine
„Leuchtenskulptur mit kristalleuchterähnlichem Effekt“ (christal chandelier effect).
Dem Besprechungsraum sollte die Höhe
genommen, die Atmosphäre gelockert und
den Besprechungsteilnehmern blendfrei
Licht gespendet werden. Der architektonische Anspruch des Gebäudes war zu
berücksichtigen.
Das Problem wurde durch eine Gehäusekonstruktion mit einem zur Ellipse
gebogenen Flugzeugflügel (Querschnitt und
Kontur) gelöst, freischwebend im Raum an
6 Abhängungen aufgehängt.
In dem Gehäuse befinden sich:
Die Allgemeinbeleuchtung.
Über eine der Kontur der Leuchte folgende prismatische Linse werden die Besprechungsteilnehmer horizontal und verti-
22
kal mit 100 lx angeleuchtet. Der gewünschte „kristalleuchterähnliche Effekt“
wurde durch 570 im Oval angeordnete Niedervolt-Lämpchen mit gemeinsamem
Reflektor erzielt. Die Prismen der Linsensegmente sind so berechnet, daß sich ein
matter Effekt für die jeweils Gegenübersitzenden ergibt. Für die unter den Prismen
Sitzenden entsteht ein Glitzereffekt.
Die reine Arbeitsplatzbeleuchtung.
Sie erfolgt über abgeschirmte Richtstrahler mit Darklight-Reflektoren (horizontal
und vertikal ausrichtbar). Die Anordnung von
24 Besprechungsplätzen im Oval erfordert,
an mehreren Stellen das Licht zweier Richtstrahler in unterschiedliche Richtung durch
eine Öffnung des Leuchtengehäuses austreten zu lassen. Jeweils zwei Richtstrahler
beleuchten die Tischfläche vor dem
Besprechungsteilnehmer blendfrei von links
und rechts. Sie können durch einen Schalter
in der Tischunterseite ein- oder ausgeschaltet werden.
Die Lautsprecheranlage.
Zwischen zwei Richtstrahlern ist ein
Lautsprecher unter 50° zum Besprechungsteilnehmer eingebaut. Von außen erscheinen Lautsprecheröffnung und Leuchtenöffnung gleich. In die Tischplatte ist vor
jedem Sitzplatz ein Richtmikrofon eingelassen. Um Rückkopplungen zwischen
Mikrofon und Lautsprecher beim Sprechen
zu vermeiden, müssen beim Sprechen die
Lautsprecher über und unter dem Mikrofon
automatisch abgeschaltet werden. Das
Audiosystem arbeitet unauffällig. Jeder
Gesprächspartner hat das Gefühl, unmittelbar angesprochen zu sein.
In der Leuchte für das Sitzungszimmer des
Vorstandes wurde eine Arbeitsbeleuchtung
integriert, ähnlich wie bei Flugzeugleselampen. Die Öffnungen, aus denen das
Licht austritt, wirken immer dunkel, auch
wenn die Leuchte eingeschaltet ist. Um
Reflexe von der glänzenden Tischplatte zu
vermeiden, erhalten die Sitzungsteilnehmer
ihr Licht von links und rechts.
23
Die Schatzkammer
Die Tür, die den Zugang zur Stahlkammer
mit den Tresorschließfächern sichert, ist fast
50 Tonnen schwer. Dennoch läßt sie sich,
aufgrund ausgezeichneter Ausbalancierung,
mit nur einem Finger bewegen.
24
Von der Schalterhalle im ersten
Untergeschoß führen Rolltreppen hinunter in den Tresorraum,
in dem sich die Sicherheitsschließfächer befinden. Wertpapiere, Anlagenpapiere und
Bargeld sind noch tiefer im Keller untergebracht. Die Schutz
und Sicherheitsvorrichtungen,
die diese Schätze bewachen,
entsprechen dem modernsten
Stand der Technik und sollen bis
ins 21. Jahrhundert hinein Gültigkeit behalten.
25
Richtungsweisend
Die Hongkong and Shanghai Bank ist eine
der größten Bankketten der Welt. Ihre Internationalität kommt im Hinweisleuchtensystem zum Ausdruck: alle Informationen
sind in Englisch und Mandarin-Chinesisch
gehalten.
Eine wesentliche Aufgabe moderner Gebäudekommunikation besteht darin, den ortsunkundigen Besucher über Wegweiser,
Informationstafeln, Hinweiszeichen und Farben sicher zur Fachabteilung und zu dem
gewünschten Gesprächspartner zu führen.
Im Falle der Hongkong and Shanghai Bank
waren diese an sich komplexen Probleme
noch erschwert durch Fahrstühle, die nur zu
bestimmten Etagen ohne Zwischenstops
fahren, Rolltreppen, die nur in einer Richtung Zwischenstockwerke bedienen, „Zuund Abtransport“ der 3 500 ständig
Beschäftigten zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende und damit Einbahnverkehr bestimmter vertikaler Transportmittel, Normalpersonenverkehr in der übrigen Arbeitszeit, leichtes und schnelles Erkennen der Fluchtwege.
Bei der überwiegend chinesisch sprechenden Bevölkerung Hongkongs war es eine
Selbstverständlichkeit, neben dem international gebräuchlichen Englisch auch alle
Informationen in Mandarin-Chinesisch mitzuteilen.
Das Informationssystem der Hongkong
and Shanghai Bank besteht aus vier
Ebenen:
Ebene 1
Auf beleuchteten Informationsschildern
am Zugang zu den Liften, links und rechts
neben den gläsernen Drehtüren (siehe Seite
8), erhält der Besucher die Hinweise bezüglich Personal, Abteilung und Stockwerk. Bei
Austritt aus dem Lift oder am Ende der Rolltreppe befindet sich ein Hinweis auf das
26
Stockwerk und auf die im jeweiligen Stockwerk beschäftigten Abteilungen.
Ebene 2
Der Besucher erhält Informationen über
die zu erwartende Serviceleistung, z. B.
Informationen, Sparkonten, Kontokorrentkredite, Devisen etc., über den Bankschalter.
Am Bankschalter selbst zeigt ein beleuchtetes Schild Namen und Dienstleistung an.
Ebene 3
Fahrstuhl- und Rolltreppenanzeigen mit
hinterleuchteten Schriftbildern und Stockwerkziffern. Die Zeichen sind vollautomatisch umschaltbar bei „Einbahnverkehr“ zu
Arbeitsbeginn und bei Arbeitsende sowie
Normalverkehr. Zu diesen Zeichen gehören
auch hinterleuchtete Schilder in bestimmten
Bereichen mit Halongas- Feuerlöscheinrichtungen. Im normalen Fall sind diese Zeichen stumm, erst bei Aktivierung der Halonanlage werden die Besucher durch Blinken
der Zeichen darauf hingewiesen, die Räumlichkeiten zu verlassen.
Ebene 4
Unbeleuchtete Schilder in den einzelnen Gängen der Abteilungen zur internen Information. Ausreichende Umwelthelligkeit
sorgt dafür, daß die Zeichen gut erkennbar
sind. Es handelt sich um Hinweise auf Toiletten, Fluchtwege, Notausgänge, Warnungen und Anlagenwartung.
Das System besteht aus etwa 270
beleuchteten Zeichen, hauptsächlich für
die Informationen der Ebene 1 und 2 mit
einer Größe von maximal 1100 x 860 mm
Die Schriftzeichen auf den indirekt beleuchteten Plexiglastafeln weisen besonders
hohe Leuchtdichten auf. So können sie auch
noch auf weite Entfernung gelesen werden.
bei einer Tiefe von nur 30 mm. 790 hinterleuchtete Informationen decken die 3.
Ebene ab, bei einer maximalen Größe von 1
200 x 470 mm und einer Tiefe von 60 mm.
950 unbeleuchtete Schilder dienen der
Ebene 4 mit einer maximalen Größe von 1
000 x 1 000 mm bei einer Tiefe von 30 mm,
sowie über 2800 Hinweise, die teilweise auf
Wänden und Paneelen gedruckt, teilweise
als vorspationierte Texte aufgeklebt wurden.
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Uhrmacher
Eine Bank lebt von weltweiten Informationen und deren Verarbeitung. Börsen- und
Devisengeschäfte werden heute rund um
den Globus Tag und Nacht abgewickelt. Eine
Grundvoraussetzung dafür ist dann die
genaue Kenntnis der jeweiligen Ortszeit. Die
Städte Sydney, Tokyo, Hongkong, Singapur,
Bahrein, London, New York und San Francisco stehen stellvertretend für die wichtigsten
Zeitzonen der Welt.
ERCO hat naturgemäß mit der HerstelIn Hongkong wurde rund um die Uhr gearbeitet: 7 Tage in der Woche, 24 Stunden am
Tag. Auch die ERCO Mitarbeiter blieben
davon nicht ausgeschlossen.
lung von Uhren nichts zu tun. Da aber dem
Wunsch des Architekten entsprechend die
Weltuhren dem Erscheinungsbild des Informationssystems angepaßt sein sollten und
eine zeitgemäße Form mit digitalen Anzeigen gewünscht war, haben wir uns entschlossen, in unserer Abteilung für Sonderanfertigungen die beiden Weltuhren herzu stellen.
Jede Weltuhr enthält acht synchron-laufende Digitaluhren von Solari für acht
Zeitzonen. Die synchronlaufenden Digital uhren werden von einer Mutteruhr gesteuert, die im Deckenpaneel untergebracht
ist. Sobald die Zeitdifferenz zwischen den
einzelnen Uhren hergestellt ist, erfolgt die
Zeitkorrektur ausschließlich über die Mutteruhr. Als Stromversorgung reicht die Normalspannung von 220 Volt.
Die Rahmenkonstruktion (1 200 x 630 x
135 mm) besteht aus den gleichen Aluminium-Strangpreßprofilen wie die beleuchteten Hinweisschilder und Stockwerksanzeigen. Auch grafisch sind die beiden Uhren dem Erscheinungsbild des Informationssystems angepaßt. Die Städte namen sind in Univers gedruckt, die Farben
Weiß, Schwarz und Grau decken sich mit
der im Informationssystem verwendeten
Farbpalette.
Es versteht sich, daß alle Metallteile
gründlich gegen Korrosion geschützt sein
müssen. Sie sind daher nach einer Grundierung in den entsprechenden Farben pulverlackbeschichtet.
Eine der beiden gelieferten Uhren
hängt inzwischen im 8. Stockwerk in der
Devisenabteilung, die andere im 24. Stockwerk in der Abteilung für Datenverarbeitung.
Internationale Bankgeschäfte werden heute
rund um die Uhr abgewickelt. Es war daher
selbstverständlich, das Hinweisleuchtensystem um zwei Weltuhren zu erweitern,
die genaue Auskunft über die jeweiligen
Ortszeiten geben.
Die wichtigsten Zeitzonen der Welt sind auf
den beiden Uhren erfaßt. Grafisch sind sie
dem Erscheinungsbild des Hinweisleuchtensystems angepaßt.
Der Beleuchtungsauftrag für die Bank stellte
eine besondere Herausforderung für ERCO
dar. Konstruktions- und Produktionsabteilung wurden bis an die Grenzen der
Belastbarkeit beansprucht.
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Sonnenschaufel
Die äußere Sonnenschaufel ist an der Südfassade in Höhe der 11. und 12. Doppeletage montiert.
Norman Fosters Entwurf der Hongkong and
Shanghai Bank ist von einer zentralen Idee
geprägt: ein Atrium soll im Gebäudeinnern
die Hauptverkehrsfläche bilden, von wo aus
sich das ganze Gebäude erschließt. Norman
Fosters besondere Idee dabei ist, den
gesamten Platz mit natürlichem Sonnenlicht
bescheinen zu lassen. Wie aber soll Sonne
in ein Atrium gelangen, wenn sich darüber
30 Stockwerke türmen?
Von Anfang an steht deshalb fest: nur
mit optisch-technischen Mitteln der Licht lenkung ist es möglich, Sonnenlicht in das
Atrium zu fluten. Auch der Weg, den das
Sonnenlicht nimmt, ist bereits in einer frühen Entwurfsphase vorgezeichnet: Über die
11. und 12. Doppeletage tritt das Sonnenlicht horizontal von außen ein. Dazu ist
ein Spiegelsystem an der Südfassade des
Gebäudes notwendig. Von der Spitze des
Atriums lenkt ein zweites Reflektorsystem
die Sonnenstrahlen, dem natürlichen Licht-
120 Richtstrahler mit 6 V/120 W PAR 64
Halogen-Reflektorlampen sind zwischen die
Reflektorsegmente der inneren Sonnenschaufel eingebaut, um auch in den Dunkelstunden den Eindruck eines „sonnenhellen“ Atriums zu erzeugen.
Das Sonnenlicht wird über die Spiegeloptik
der äußeren Sonnenschaufel horizontal in
die Spitze des Atriums gelenkt. Dort richtet
eine starre, zweite Sonnenschaufel das
Licht zum Boden des Atriums sowie auf die
umschließenden Galeriebereiche.
Im Scheitel des Atriums hängen die Reflektorsegmente der inneren Sonnenschaufel
und lenken das horizontal einfallende Licht
nach unten.
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Die innere Sonnenschaufel, wie sie der
Besucher vom Boden des Atriums aus
sieht.
Ein Glasboden, der von Rolltreppen durchschnitten wird, trennt das Atrium von der
Plaza. Abends kann dieser Bereich hermetisch abgeriegelt werden. So ist es möglich,
die Plaza auch nach Schalterschluß für den
Durchgangsverkehr geöffnet zu halten.
Die Spiegel an der Decke des Atriums lenken die Sonnenstrahlen bis hinunter ins Erdgeschoß. Unabhängig von der Jahreszeit
wird das Licht das ganze Jahr über gleichmäßig in der Halle verteilt.
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einfall entsprechend, nach unten in das
Atrium.
So einfach die Grundidee ist, so kompliziert ist der Prozeß der Realisierung.
Nicht nur, daß der Eindruck einer vollkommen natürlichen Lichtwirkung entstehen
soll; das System muß sicherstellen, daß
das Sonnenlicht beim Durchdringen der
Arbeitszonen in der Doppeletage weder
unzulässige Erwärmung verursacht, noch
zur Blendung führt.
Die erste technische Entscheidung
muß getroffen werden: Soll ein optisch-statisches System gebaut werden oder eine
bewegliche Anordnung von Spiegeloptiken,
die dem Sonnenverlauf folgen? Für ein statisches System sprechen die geringen Investitions- und Betriebskosten, für ein nachführbares System dagegen die höhere optische Effizienz.
Mit der Entwicklung der ersten Ideen
und mit den Studien für ein statisches
System wird das Planungsbüro Christian
Bartenbach in Innsbruck beauftragt. Der
Lösungsansatz der ersten Modell -studien
ist vielversprechend: Das optische Außensystem besteht aus einer Anordnung von
Konvexspiegeln, die über den Innenspiegel
ein Bild der gesamten Südhemisphäre in
das Atrium projiziert und damit auch die
Sonnenstrahlung unabhängig vom tagesund jahreszeitlichen Sonnenstand einfängt.
Zusätzlich sollen Planspiegel im Außensystem einzelne „Sonnenstrahlen“ ins
Atrium lenken und dort die natürliche Sonnenbewegung durch das Wandern der
„Sonnenstrahlen“ auf Boden und Wänden
erlebbar machen.
Im Jahre 1982 wird ein weiterer Lichtplaner hinzugezogen, das Planungsbüro
Claude Engle aus Washington. Claude
Engle untersucht zunächst grundsätzlich,
welches Beleuchtungsniveau im Atrium
notwendig ist, um subjektiv den Eindruck
eines sonnendurchfluteten Platzes hervorzurufen. 2000 lx ist das Ergebnis seiner
Untersuchungen. Dieses Beleuchtungs-
niveau muß im Atrium herrschen, wenn
das Sonnenlicht beim Eintritt in das Ge bäude von der Nordfassade aus gut wahrnehmbar sein soll. Ähnliche Werte gibt
Claude Engle auch für die vertikalen Flächen an, um die Illusion eines natürlich einfallenden Tageslichtes zu erzeugen.
2000 lx aber können mit einem System mit Konvexspiegeln nicht erzielt werden. Es erfordert zudem zahlreiche Maßnahmen zur Begrenzung der Blendung. Der
Zeitpunkt ist also erreicht, an dem man das
Konzept eines statischen Systems verwirft,
trotz der offensichtlichen Kosten -vorteile.
Komplexe bewegliche Systeme stehen der
hohen Kosten wegen aber auch nicht zur
Diskus-sion.
Also muß Claude Engle den goldenen
Mittelweg suchen, d. h. Spiegeloptiken
dem tages- und jahreszeitlich veränderbaren Sonnenstand mit einachsigen Bewegungen so nachführen, daß ein Optimum
an Lichtwirkung und Beleuchtungsstärke
erreicht wird.
Die Lösung ist so genial wie einfach.
Über eine Batterie von Flächenspiegeln mit
einer Drehachse exakt in Ost-West-Richtung wird das Licht genau horizontal ins
Gebäude abgelenkt. Dabei ist es nicht
erforderlich, die Spiegel dem täglichen Sonnenverlauf nachzuführen. Lediglich die sich
täglich verändernde Sonnenhöhe wird
durch geringfügiges Verschieben der Spiegelachsen ausgeglichen.
Die effektive Zeitspanne, in der das
Sonnenlicht tatsächlich ins Innere gelangt,
ist begrenzt. Weder die Strahlen der Morgen- noch die der Abendsonne sind nutzbar. Nur zur Mittagszeit, der Hauptverkehrszeit im Bankgebäude, wird das
Sonnenlicht optimal im Areal des Atriums
wirksam.
Schließlich bewegt sich das Strahlenbündel der Sonne von der Westseite des
Atriums über den Boden zur Ostseite, d. h.
es gibt eine dem Tageslicht ähnliche Bewegung der Sonnenstrahlen im Innen bereich des Gebäudes, ein Effekt, der als
reizvoll empfunden und akzeptiert wird.
Dr. Ian Lewin und Richard Heinisch aus
dem Büro Lighting Sciences aus Scotsdale,
Arizona, berechnen im Oktober 1983
anhand eines Computermodells genau die
tages- und jahreszeitliche Wirkung des Sonnen- und Tageslichtes im Bereich des Atriums. Parallel dazu simuliert Claude Engle
die Lichtwirkung im Modell. Fotografiert
wird die „miniaturisierte“ Lichtszene von
John Nye in einer Folge von eindrucksvollen Weitwinkelaufnahmen.
Computerprognosen und fotografische
Illusionen überzeugen den Architekten, insbesondere Alex Lifschutz, den verantwortlichen Architekten in Fosters Team,
und den Bauherrn; das Projekt wird genehmigt und zur Weiterentwicklung freigegeben.
Der nächste Schritt ist die Festlegung
der optischen Eigenschaften von Innenund Außenspiegel. Zu diesem Zeitpunkt
arbeitet man innen wie außen noch mit
Planspiegeln. Planspiegel aber liefern
scharf begrenzte Lichtkegel, ein Effekt, den
man als architektonisch nicht günstig
ansieht. Das Sonnenlicht muß also gestreut
werden. Am einfachsten gelingt dies am
inneren, starren Spiegelsystem im Scheitel
des Atriums. Die dort angebrachten Spiegelreflektoren werden deshalb als Zylinderspiegel mit Segmentwinkel von 14° ausgeführt. Sie lenken das parallel einfallende
Licht in einen Ausstrahlungswinkel von
max. 90° erzeugen damit die gewünschte
Lichtstreuung und garantieren gute Blendungsbegrenzung. Die Zylinder -spiegel
werden aus hochglänzend eloxiertem
Reinst- Aluminium hergestellt und gestaffelt an der Decke angeordnet. Zwischen
den einzelnen Spiegelsegmenten werden
Traversen aus Metallgittern gebaut. Sie dienen der Wartung und nehmen 120 Richtstrahler mit 6 V/120 W PAR 64 HalogenReflektorlampen auf, die auch in den Dunkelstunden dem Atrium eine sonnenähnliche Helligkeit verleihen.
Die außenliegende Sonnenschaufel ist
der technisch aufwendigere Teil. Hier werden die bewegbaren optischen Systeme
eingebaut, die mit höchster Genauigkeit
dem Sonnenstand nachzuführen sind.
160 m² Glasspiegelfläche werden auf
20 individuell einstellbare Spiegelfelder mit
je 24 Einzelspiegeln aufgeteilt. Die Segmentierung der Spiegelfläche ist notwendig, weil die parallel zur Gebäudefassade orientierte Achse der Sonnenschaufel
15° von der Ost-West-Achse abweicht. Die
Spiegelachsen aber müssen genau auf die
Ost-West-Achse ausgerichtet werden.
Sämtliche 480 Spiegel werden mit einer
Toleranz von weniger als 1° justiert.
Die Spiegelfelder werden in einem
Winkelbereich zwischen 18° und 47° horizontaler Neigung je nach Jahreszeit so
gesteuert, daß das Sonnenlicht tatsächlich
horizontal reflektiert wird. Der zulässige
mechanische Nachlauf von der Soll-Lage
überschreitet in keinem Fall 0,25° so daß
keine Gefahr besteht, daß unkontrolliertes
Licht Blendung verursacht.
Schließlich sorgt eine weitere Steuerung dafür, daß über eine Vertikaljalousie in
der 11. und 12. Doppeletage all diejenigen
Sonnenstrahlen ausgeblendet werden, welche nicht das innere Reflektorsystem erreichen können.
Nachts bleiben die Jalousien geöffnet,
um den Blick in das künstlich beleuchtete
Gebäude freizugeben. In den Morgen- und
Abendstunden schließen sich die Jalousien
automatisch, um die sehr schräg einfallenden Lichtstrahlen auszublenden.
Bevor die Anlage zur Ausschreibung
kommt und die Aufträge vergeben werden,
wird das Gesamtsystem von der Firma
Lighting Sciences in einem vereinfachten
Modell mit optisch korrekten Spiegeln
nochmals überprüft und die Anordnung der
Spiegelsysteme endgültig festgelegt. Das
Ergebnis des Modellversuchs: Die gemessenen Licht- und Wärmedaten stimmen mit der Computervorhersage genau
überein. Der Nachweis war erbracht, daß
mit dem relativ einfachen Bewegungssystem eines Außenspiegels die gewünschte Beleuchtungswirkung erreicht
wird.
Die Aufträge für den Bau der inneren
und äußeren Sonnenschaufel werden
schließlich vergeben: Die Firma Grill und
Grossmann aus Attnang-Puchheim baut im
Mai 1985 die innere Sonnenschaufel in die
Decke des Atriums ein; im Sommer 1985
wird die äußere Sonnenschaufel von der
Firma Metallbau GmbH aus Möckmühl in
ihrem Werk komplett voraufgebaut und
zusammen mit der von der Firma Krupp in
Essen entwickelten Steuerung getestet
und erfolgreich erprobt.
Im Oktober 1985 wird die Sonnenschaufel in ihre endgültige Position an der
Südseite der Hongkong and Shanghai Bank
gehievt.
Im November 1985 entfernt man
schließlich die Schutzabdeckungen von den
Außenspiegeln: Sonnenstrahlen fluten in
das Atrium; ein kleines technisches Wunderwerk ist vollendet.
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Im Hochhaus-Dschungel Hongkongs ein Gebäude zu placieren, das nicht der Größe, aber
seiner architektonischen Qualität
nach über alle anderen hinausragt, ist das Verdienst von Norman Foster. Die Haltung, mit der
dieses Gebäude entwickelt
wurde, entspricht der, die bei
der Entwicklung von Ölplattformen oder bei der Konstruktion
von Raketen-Startrampen
zugrunde gelegt wird.
E
ERCQ Leuchten GmbH
Postfach 2460
D-5880 Lüdenscheid
Telefon 023 51/5 51-0
Telefax 02351/551300
Telex 826722-0
Teletex 235132
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