Dokumentation Information, Hintergrund, Zusammenhänge Nr.2 - Herbst 1998 Klima, Bäume und das Geld Klimaveränderung schafft neue Wälder Wirtschaftlichkeitsberechnungen, spezialisierte Abwicklungs-Organisationen sowie erste Modellprojekte. Einige Interessensgruppen würden das Instrument gerne einsetzen, um eingefahrene wirtschaftliche Zusammenhänge nicht ändern zu müssen. Einige Aspekte der Diskussion zu dem komplexen Thema sollen auf den folgenden Seiten aufgezeigt werden. Vor rund 150 Jahren schon haben Physiker erste Gedanken über den Zusammenhang zwischen dem Klima und den wärmereflektierenden Treibhausgasen formuliert. 100 Jahre später dann gelang es dem texanischen Mathematiker Gilbert Plass, mit Hilfe eines einfachen Modells eine Erwärmung um zwei bis drei Grad Celsius bei der Verdopplung des atmosphärischen CO2 vorherzusagen - zu einer Zeit als es noch keine dauerhafte Doku- mentation der Konzentrationsentwicklung gegeben hat. In den 70er Jahren mehrten sich die Warnungen vor dem menschengemachten Treibhauseffekt - trotzdem dauerte es bis 1988, daß sich Wissenschaftler auf Anregung der Vereinten Nationen im Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zusammenschlossen. Binnen vier Jahren erarbeitete das IPCC Billig-Land, Billig-Lohn, Billig-Baum - hier entsteht eine CO -Senke für 2 die wissenschaftliche Emissionen aus einem Industrieland Grundlage für die Klimarahmen- effizienteste Technologie einzusetzen, konvention, die 1992 auf der Rio- die von Industrieländern aber entwikKonferenz vorgelegt wurde - und die kelt und geliefert werden könnte. Seit heute die Basis für internationale geraumer Zeit diskutierte BaumpflanzKlimaschutzmaßnahmen bildet. projekte bieten eine Möglichkeit, der Grundlegende Feststellungen sind, Atmosphäre das Treibhausgas CO zu 2 daß sich aufgrund zunehmender Kon- entziehen. Darüber aber, wer den Sparzentration der Treibhausgase in der Bonus angerechnet bekommt, wer beAtmosphäre das Klima ändern wird, zahlt, welche Baumarten eingesetzt daß die Zunahme der Treibhausgase werden und wo gepflanzt wird, gibt es größtenteils auf menschliche Aktivi- ganz unterschiedliche Vorstellungen. Dokumentationen WERDEN VON Pro REGENWALD IN UNREGELMÄSSIGEN ABSTÄNDEN HERAUSGEGEBEN. FÖRDERMITGLIEDER UND FREUNDINNEN ERHALTEN EIN EXEMPLAR. AUF WUNSCH KÖNNEN GEGEN UNKOSTENBETEILIGUNG KOPIEN ANGEFORDERT WERDEN. Gefördert mit Mitteln für entwicklungspolitische Bildungsarbeit des Bundesministeriums für Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die dargestellten Positionen können von BMZ-Meinung abweichen. Zusammengestellt von Hermann Edelmann, Katja Muchow und Elmar Nasse. Kritik, Anregungen, Rückfragen bitte an: täten zurückzuführen ist und daß die Völkergemeinschaft Maßnahmen dagegen ergreifen muß. Wie so oft liegen die Probleme im Detail. Die Industriestaaten - allen voran die USA - produzieren überdurchschnittlich viel CO2. Anstelle freiwillig dort einzusparen, wo viel verschwendet wird, verlangen die amerikanischen Verhandlungspartner Reduktionsmaßnahmen auch von unterentwickelten Ländern. Letztere haben aber häufig nicht die Mittel, bei ihrer künftigen Entwicklung energie- Pro REGENWALD Frohschammerstr.14, 80807 München Tel: 089-359 8650, Fax 089-359 6622 e-mail:[email protected] http://www.pro-regenwald.org Bankverbindungen: Postbank München Konto-Nr. 1490 70-800, BLZ 700 100 80 Bank für Sozialwirtschaft München Konto-Nr. 8819 500; BLZ 700 205 00 Inhalt ✘ Kohlendioxid beeinflußt Klima ✘ Klimaveränderung hat Folgen ✘ Klimaschutz ist Überlebensfrage ✘ Joint Implementation - und andere Vorschläge ✘ CO2-Senken auffüllen ✘ Wie sollen Bäume das Klima retten? ✘ Politische Forderungen ✘ Literatur, Kontaktadressen Dokumentation Nr.2 Eigentlich ganz einfach: Bäume setzen das Treibhausgas CO2 in Holz um und tragen somit bei, die Klimakatastrophe zu verhindern. Wer für Klimaschutz ist, pflanzt Bäume und zwar möglichst viele und schnell, denn die ersten Klimaveränderungen sind schon zu beobachten. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen über die CO 2 Bindungskapazität von Bäumen, ______________________________________ Klima, Bäume und das Geld _____________________________________ Kohlendioxid (CO2) macht Klima Zunahme bringt Gleichgewicht ins Wanken Das irdische Klima war schon immer großen Schwankungen unterworfen. Diese waren mit CO2-Konzentrationsänderungen verbunden, teilweise waren Störungen wie Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinfälle die Ursachen. Noch nie in den vergangenen Millionen Jahren enthielt die Erdatmosphäre soviel CO2 wie derzeit. Pro Jahr steigt die Konzentration um 0,5 Prozent. Für rund 80% derCO2-Zunahme sind die Industrieländer verantwortlich. Die globale Durchschnittstemperatur in Erdbodennähe beträgt etwa 15 Grad Celsius. In sechs Kilometer Höhe wird eine Durchschnittstemperatur von -19 ° C gemessen. Der Temperaturunterschied von 34 ° C ist hauptsächlich auf wärmeisolierende Spurengase (Treibhausgase) in der Erdatmosphäre zurückzuführen. Obwohl diese nur in vergleichsweise geringen Konzentrationen in der Atmosphäre vorhanden sind, verursachen sie den natürlichen Treibhauseffekt. Das von der Sonne kommende kurzwellige, energiereiche Licht wird von den Treibhausgasen nahezu ungehindert durchgelassen. Die von der Erde ausgehende langwellige Rückstrahlung wird von ihnen teilweise zurückgehalten, was zur Erwärmung der Erdoberfläche führt. Dieser natürliche Treibhauseffekt macht Leben in der gewohnten Form auf der Erde erst möglich - ohne ihn wäre sie weitestgehend vereist. An diesem Treibhauseffekt haben zur Zeit Wasserdampf, Kohlendioxid (CO2) und Wolken zusammen einen Anteil von 90 Prozent. Die verbleibenden zehn Prozent verteilen sich auf die angegebenen Spurengase. Globaler Kohlenstoffkreislauf Tieren wird das vorher gebundene CO2 wieder an die Atmosphäre abgegeben. Kohlendioxid ist Teil eines globalen Kohlenstoffkreislaufes, wobei der Hauptteil des Kohlenstoffs fest gelagert ist. Einen riesigen Speicher bilden Sedimente und Gesteine, wie die Kalkalpen. Diese sind wegen ihrer Stabilität jedoch nur geringfügig in den Kohlenstoffkreislauf eingebunden. Besonders wichtig für unsere Betrachtungen über Klimawandel ist der Kohlenstoff, der sich in Form von Kohlendioxid in der Atmosphäre befindet (720 Mrd. Tonnen C). Die natürlichen CO2-Quellen im Kreislauf sind die Pflanzen- und Tieratmung, die mikrobielle Zersetzung des organischen Materials im Boden, Gesteinsverwitterung und die Freisetzung aus dem Ozean. Ständig findet ein Kohlenstoff-Austausch mit der Biosphäre und den Ozeanen statt. Kohlendioxid löst sich in Wasser. Es ist noch nicht genau bekannt, welche Mengen CO 2 die Ozeane wegschlucken können. Weitere bisher nur ungenau abschätzbare Vorgänge in den Ozeanen sind das Ausgasen von CO2 aus dem Wasser, die Photosynthese von Algen und die Sedimentation von Spurengas Anteil am zusätztotem organischem Material. lichen Treibhauseffekt Die Meere enthalten 39.000 Kohlendioxid (CO2) 50% Mrd. Tonnen C - also 50 mal Methan (CH4) 19% soviel wie die Atmosphäre. Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) 17% Der Austausch mit der Biosphäre ist besser erforscht: Betreitroposphärisches Ozon 8% ben Pflanzen Photosynthese, Lachgas (NO2) 4% speichern sie Kohlenstoff (insWasserdampf in der Stratosphäre 2% gesamt rund 1.000 Mrd. Ton(Quelle: DEUTSCHER BUNDESTAG, REFERAT ÖFFENTLICHKEITSARBEIT nen). Bei der Atmung und der (Hrsg.), 1988) Verwesung von Pflanzen und Dokumentation Aus menschlichem Handeln, den sogenannten anthropogenen Quellen, stammen pro Jahr rund sieben Mrd. Tonnen C. Das sind weniger als fünf Prozent der gesamten jährlichen Emissionen. Rund 5,5 Mrd. Tonnen C werden durch die Nutzung fossiler Brennstoffe freigesetzt, der Rest stammt aus der (Brand-) Rodung von Wäldern oder aus Biomasseverbrennung. Waldbrände, wie in zunehmendem Umfang 1997/98 beobachtet, werden die Verhältnisse noch verschieben. Experten gehen davon aus, daß sich die Hälfte der jährlich durch menschliche Aktivitäten zusätzlich emittierten CO2Menge in der Atmosphäre anreichert. Der Rest wird von den Ozeanen aufgenommen (rund zwei Mrd. Tonnen) oder insbesondere in den borealen Wäldern eingelagert. Umrechnung von C zu CO2 Atomgewicht C 12 Atomgewicht CO2 44 Tonne CO2 = 3,67 x Tonne C _____________________________________ Klima, Bäume und das Geld ______________________________________ Klimaveränderung hat Folgen Dürre, Waldbrände, Überschwemmungen und andere Seit fast 150 Jahren liegen Temperaturaufzeichnungen vor, das Jahr 1998 hat in dieser Zeit alle Rekorde gebrochen. Extreme, bisher nicht gekannte Hitzeperioden speziell in Texas, Brasilien oder Indonesien sowie ein besonders starker El Niño-Effekt zeichneten das Wettergeschehen 1998 aus. Die 14 wärmsten Jahre in der Geschichte der Temperaturdokumentation wurden in den letzten 18 Jahren registriert. Das Klima verändert sich. In den letzten 100 Jahren - seither werden mit der Industrialisierung fossile Brennstoffe eingesetzt - ist die globale Durchschnittstemperatur um 0,5 bis 1,0 Grad Celsius gestiegen. Nach Ansicht der Experten vom IPCC ist von einer Erhöhung der globalen Temperatur um 3o C bis zum Jahr 2100 auszugehen, sollten die Emissionen unvermindert anhalten. Temperaturveränderungen dieser Art gab es in der Erdgeschichte häufiger. Von der Größenordnung wäre der Vorgang vergleichbar mit dem Übergang von der Eiszeit vor 18.000 Jahren zur jetzigen Warmzeit. Der Unterschied besteht allerdings in der zeitlichen Dimension. Die antrophogen ausgelöste Klimaänderung, die wir zur Zeit erleben, vollzieht sich in 100 Jahren, während der Wechsel von dioxid (bis zu 200 Mrd. Tonnen C, die einem Drittel des atmosphärischen CO2Vorrats entsprechen) freigesetzt wird, sodaß sich der Prozess hochschaukelt. Wärmeres Klima verursacht einen Meeresspiegelanstieg mit verheerenden Auswirkungen auf tiefliegende Deltalandschaften und Küstenregionen. Dort sind häufig komplizierte biologische Lebens- Allein die Erwärmung um nur ein Grad Celsius wird die Zusammensetzung und Funktion der Waldökosysteme stark beeinflussen. Ein Drittel der jetzigen Wälder wird seine Vegetationsform bei anhaltender Konzentrations-Zunahme der Treibhausgase ändern. Bei einer Temperaturzunahme um 3 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 würden sich Fluggäste freuen sich über billige Tickets, die möglich sind solange Kerosin kaum die Vegetationszonen besteuert wird - wer denkt schon an die Folgen desTreibhauseffektes um rund 500 km polwärts oder 500 Me- räume vorzufinden, die auf Veränderung ter in die Höhe schieben - viel mehr als der sie formenden Einflüsse, wie Wälder im gegebenen Zeitraum wandern Nährstoffkreisläufe, Sedimentationskönnen. In der Übergangsperiode, vor- raten, Tidehübe und Flutwellen, massiv ausgesetzt die Wälder könnten sich über- reagieren. So sind die Mangrovenwälder haupt woanders ansiedeln, würden mit eine artenreiche Kinderstube vieler den absterbenden Wäldern große Men- Fischarten. Sie sind extrem wichtig für gen an gespeichertem Kohlenstoff ver- die Fischerei und die biologische Artenloren gehen. Neuer Wald und die Böden vielfalt . brauchen mehr als 100 Jahre um ihre Aber auch die wirtschaftlichen, sozialen Kohlenstoff-Speicher aufzubauen. und gesellschaftlichen Folgen sind be- Experten gehen von besonders extremen Veränderungen in den nördlichen Regionen aus. Dabei sind boreale Wälder noch funktionierende Kohlenstoffsenken, die ihre Speicher weiter volladen könnten - oder aber mit verheerenden Folgen entladen werDas Waldstück in Brasilien hat nach den Bränden Anfang 1998 seinen CO2-Speicher den. Die erwartenden Auswirkungen größtenteils abgebaut und wird diesen vielleicht nie wieder füllen können. Eiszeit zu Warmzeit immerhin rund in den Tropen sollen weniger drastisch sein. Doch nachdem in den Jahren 1997/ 5.000 Jahre dauerte. Die drohenden Veränderungen werden 98 feuchter tropischer Regenwald in Bradrastisch sein und komplexe Ökosyste- silien großflächig wie Zunder abgebrannt me, wie Wälder und Küstenlandschaften, ist, kann man erahnen, was trockenheitsstark verändern. Es wird befürchtet, daß bedingte Brände auch in den Tropen andurch diesen Wandel wiederum Kohlen- richten können. achtlich: Von einem um 30 bis 100 Zentimeter höheren Wasserspiegel wäre z. B. Bangladesh existentiell betroffen - aber auch die Niederlande oder die Küsten Norddeutschlands. Der Klimawandel wird in den Ozeanen Wasserzirkulation und Strömungen verändern und dadurch die Nährstoffverfügbarkeit, die Wärme- und Kohlenstoffspeicherung beeinflussen. Bliebe beispielsweise an der deutschen Nordseeküste oder in Skandinavien der warme Golfstrom aus, würde dies trotz einer globalen Erwärmung bei uns zu einem starkenTemperaturrückgang führen. Klimawandel würde zudem die Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten fördern - so gibt es Anzeichen für die Ausbreitung von Malaria. Ebenso wird sich sehr wahrscheinlich die globale Nahrungsversorgung verschlechtern. Dokumentation ______________________________________ Klima, Bäume und das Geld _____________________________________ Klimaschutz ist Überlebensfrage ... doch die großen Verschmutzer wollen nix ändern Die Verabschiedung der Klimarahmenkonvention 1992 auf dem Umweltgipfel in Rio war ein erster bedeutender Schritt zum Klimaschutz. Mehr als 20 Jahre Vorarbeit waren nötig, um die Fakten soweit zusammenzutragen, daß eine völkerrechtlich verbindliche Grundlage akzeptabel schien und möglich war. Seither wird über die Umsetzung der Hauptaufgabe diskutiert: Treibhausgase zu reduzieren. Was aus heutiger Sicht dringend erscheint und in einfachen Worten beschrieben werden kann, ist in politischer Wirklichkeit hochkompliziert. Schon allein die Geschichte und Rolle des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) - der internationalen wissenschaftlichen Empfehlungskommission zum Klimawandel - dokumentiert die Probleme globaler Umweltpolitik. Die Arbeit des IPCC war aber auch ein Kraftakt: Um Berichte 1990, 1992 und 1995 zusammenzustellen, haben zeitweise bis zu 2500 Wissenschaftler aus 100 Ländern aus klimatologischen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Disziplinen zusammengearbeitet. Ein internationaler Abstimmungsprozess bis in die Regierungsebenen hinein hat das Wissen auf diplomatische Anforderungen zurechtgestutzt. Heute bildet es eine wissenschaftlich fundierte und gesellschaftlich größtenteils akzeptierte Grundlage für Maßnahmen. Rund 170 Staaten nahmen am Gipfel der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio teil. Wichtigstes Ergebnis ist die Verabschiedung der Klimarahmenkonvention. Darin werden die internationale Zusammenarbeit zur Verhinderung gefährlicher Klimaänderungen und deren mögliche Auswirkungen geregelt. Mittlerweile haben 166 Staaten die Konvention unterschrieben, die am 21. März 1994 in Kraft trat. Vertragsstaatenkonferenzen Die Konvention muß in sogenannten Vertragsstaatenkonferenzen konkretisiert, verschärft und fortentwickelt werden. Die 1. Vertragsstaatenkonferenz Dokumentation fand vom 28. März bis zum 7. April 1995 in Berlin statt. Die Konferenz stellte auf Grundlage einer ersten Überprüfung der nationalen Klimaschutzberichte der Industriestaaten fest, daß die bisherigen Verpflichtungen nicht ausreichend sind. Deshalb wurde auf der Konferenz den Staaten, in dem sogenannnten Berliner Mandat, der Auftrag erteilt, bis zur 3. Vertragsstaatenkonferenz ein rechtlich bindendes Abkommen zur Begrenzung und Verminderung von Treibhausgasen zu erarbeiten. Im Juli 1996 wurde die 2. Vertragsstaatenkonferenz in Genf mit dem Ziel einberufen, den im Berliner Mandat enthaltenen Auftrag zu konkretisieren. Die Genfer Ministererklärung stellte fest, daß das Abkommen rechtsverbindliche Ziele und nicht unverbindliche Richtwerte für die national zu ergreifenden Umsetzungsmaßnahmen enthalten soll. Bei der 3. Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 1997 in Kioto hat sich die Gesamtheit der Industriestaaten zu einer Senkung ihrer Treibhausgasemissionen um mindestens fünf Prozent unter dem Stand von 1990 bis zum Jahr 2010, die Europäische Union zu einer Senkung von acht Prozent für den genannten Zeitraum verpflichtet. Bisher magere Ergebnisse Die Verpflichtung der EU fällt dabei aber weit hinter ihrem eigenen Vorschlag einer Reduktion von Kohlendioxid, Methan und Lachgas um jeweils 15 Prozent zurück. In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind die Reduktionsverpflichtungen sehr unterschiedlich, einige Länder dürfen hier ihre Emissionen sogar noch steigern. Die Bundesrepublik Deutschland muß ihre Emissionen um 25 Prozent senken. Ende 1996 lagen die deutschen CO2Emissionen aufgrund des Zusammenbruchs der Industrie und der Schließung veralterter Kraftwerke in Ostdeutschland um 10,5 Prozent unter dem Stand von 1990. Gegenüber 1995 gab es wieder einen leichten Anstieg um 1,5 %. Mitgliedsstaat Reduktion/Steigerung CO2, CH4 und N2O bis 2010 im Vergleich zu 1990 Belgien -10% Dänemark -25% Deutschland -25% Finnland 0% Frankreich 0% Griechenland +30% Großbritanien -10% Italien -7% Luxemburg -30% Niederlande -10% Österreich -25% Portugal +40% Schweden +5% Spanien +17% Reduktionsverpflichtungen der einzelnen EU-Länder Auf der 4. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Buenos Aires im November 1998 soll der Transfer von umweltfreundlichen Technologien von Industrieländern in Entwicklungsländer sowie der Emissionshandel diskutiert werden. Insbesondere in den USA hat die Wirtschaft im Vorfeld der Konferenz erheblichen Druck auf die Politiker ausgeübt. Das Land plädiert jetzt für einen uneingeschränkten Handel mit Emissionszertifikaten. Damit würde die Möglichkeit eröffnet, 'Klimaschulden' im Ausland abzutragen und deshalb im eigenen Land keine Klimaschutzmaßnahmen ergreifen zu müssen. Kohlendioxidausstoß in Tonnen pro Kopf - gesamt Ver. Arab. Emirate 52 89 USA 22 5.311 Brunei 18 5 Kanada 16 438 Australien 16 290 Russland 12 1.811 Deutschland 11 916 Japan 9 1.145 Schweden 7 45 China 2 2.802 Indien QUELLE: UBA NACH 1 IAE DATEN 742 93 VON _____________________________________ Klima, Bäume und das Geld ______________________________________ Joint Implementation und andere strittige Ideen und Vorschläge Die beschlossene Reduzierung der Treibhausgase soll schnell und kosteneffizient geschehen. Zwei Wege bieten sich an: die Vermeidung der Freisetzung und die Bindung bereits emittierter Gase. Uneinigkeit besteht bisher darüber, wer für welche Reduktionsanteile verantwortlich sein (also bezahlen) soll und wo die Maßnahmen am besten durchgeführt werden. Nach den Vorstellungen der Industrieländer sollte es möglich sein, eigene Reduktionspflichten gemeinsam mit anderen Ländern zu lösen. Danach müßten Klimaschutzverpflichtungen nicht unbedingt im Inland umgesetzt werden, sondern könnten in Form von Investitionen in Länder exportiert werden, in denen die Maßnahmen effektiver und kostengünstiger durchzuführen sind. Dazu gehören Entwicklungsländer oder Länder des ehemaligen Ostblocks. Das eingesparte Kohlendioxid würde dann auf dem Klimakonto des investierenden Landes als Gutschrift verbucht und von den Reduktionspflichten zu Hause abgezogen. Konkret kommen Projekte infrage, die Treibhausgase vermeiden oder binden, wie das Umrüsten von Kraftwerken, Brennstoffwechsel von Kohle zu Gas, die Abdichtung von Gaspipelines oder Programme zur Energieeinsparung. Ebenso besteht die Möglichkeit, die Speicherung von Kohlendioxid in der pflanzlichen Biomasse zu steigern. Zu solchen “Senken” zählen Waldprojekte wie Aufforstungen, Plantagen, selektiver Holzeinschlag und Walderhaltung. In den kommenden Jahren muß vor allem geklärt werden, inwieweit die Industrieländer ihre Klimaschutz-Verpflichtungen außerhalb ihres Landes erfüllen können. Dazu gehört die Frage, wieviele der Klimaschutzmaßnahmen ins Ausland ausgelagert werden können und wie groß der Anteil der Emissionsverminderung im eigenen Land sein muß. Letzterer würde Veränderungen in der Wirtschaftsweise bedeuten - und das wollen Interessengruppen in den Industriestaaten vermeiden, obwohl diese Änderungen aus globaler Sicht für Klimaschutz nötig sind. Derzeit gibt es für die Industrieländer noch verschiedene Möglichkeiten sich aus der Verantwortung des Kioto-Protokolls zu stehlen. 1. Emissionshandel: Ein Land, welches seine rechtlich zugeteilten Emissionsmengen innerhalb der Zieljahre zur Reduktion der Treibhausgasemissionen nicht ausschöpft, kann diese meistbietend verkaufen. Der Käufer kann sie sich auf sein Emissionskonto gut schreiben lassen. Insbesondere Rußland und die Ukraine möchten Emissionsrechte in Höhe des eingesparten Ausstoßes durch den Zusammenbruch der dortigen Industrie verkaufen. Die USA setzen darauf, diese Verschmutzungsrechte zu kaufen und dadurch ihrerseits ihre Reduktionsverpflichtungen zu erfüllen, ohne selbst tatsächlich weniger Treibhausgase zu produzieren. 2. Joint Implementation: Hierbei handelt es sich um konkrete Maßnahmen zwischen Industrieländern. Die Projekte müssen zusätzliche Emissionsminderungen während des Zielzeitraumes erreichen. Die Einsparungen an Emissionen werden dem Investorland angerechnet. Der Transfer von sauberen Technologien soll dadurch gefördert werden. 3. Clean Development Mechanismus: Hier handelt es sich um Emissionsminderungen in den Entwicklungsländern durch von Industrieländern finanzierte Projekte. Dadurch soll eine saubere klimafreundliche Entwicklung in den Ländern des Südens sichergestellt werden. Die Industrieländer erhalten im Gegenzug Emissionsgutschriften. Noch stehen die genannten Konzepte in der Probephase. Anrechenbare Projekte dürfen zur Zeit nur zwischen Industrieländern stattfinden, nicht aber zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern. Nach Bewertung der Pilotphase könnte eine allgemeine Ausweitung auf Entwicklungsländer erfolgen. Projekte im Test In manchen Industrieländern haben Unternehmen Vorteile wenn sie Treibhausgasemissionen vermeiden. Wird beispielsweise in den USA ein Kraftwerk gebaut, werden auch zukünftige Schadstoffbelastungen wie CO2-Emissionen in die Kraftwerkskosten einbezogen. Diese Kosten verringern sich durch CO 2 Kompensationsmaßnahmen im Ausland. Ähnliche Ausgleichsprojekte wurden bisher insbesondere in den USA, den Niederlanden, aber auch in Kanada, Australien, Norwegen, Schweiz, Dänemark, Finnland, Island, Schweden und Deutschland durchgeführt bzw. initiiert. Die Projektausgaben niederländischer Träger betrugen 1996 bereits 52 Millionen US Dollar. Länder des ehemaligen Ostblocks wie Rußland, Ungarn und Tschechien sowohl als auch Entwicklungsländer wie Costa Rica, Honduras, Belize, Ecuador, Bolivien, Chile, Uganda, Pakistan, China, Indien, etc. haben Kooperationserklärungen unterzeichnet. Es dominieren bisher Waldprojekte, da sie als besonders preisgünstig gelten. Costa Rica ist eines der Länder mit den meisten Projekten im Rahmen der CO2Reduktion. Dort ist es mittlerweile möglich, beim Staat Kohlenstoff-Gutschriften zu kaufen, anstatt direkt in einzelne Projekte zu investieren. Die Mittel werden hauptsächlich für Schutz vorhandener Wälder, nachhaltige Waldwirtschaft und die Anlage von Plantagen eingesetzt. Viele Entwicklungsländer lehnen das Konzept ab und bezeichnen es als ÖkoKolonialismus. Anreize zum Energiesparen in den Industrieländern seien wichtiger. Denn wer im Ausland sparen kann, wird zu Hause weiter prassen. An den Maßnahmen beteiligte Energieversorgungsunternehmen profitieren doppelt: Erstens vermeiden sie in den Industrieländern den Umbau der Energiewirtschaft in Richtung Energiesparen und damit Verkaufsverluste. Andererseits erschließen sie sich auf diese Weise neue Märkte in den Entwicklungsländern oder den Ländern des ehemaligen Ostblocks. Dokumentation ______________________________________ Klima, Bäume und das Geld _____________________________________ Auftrag: CO2 -Senken auffüllen Bäume und Holz im Einsatz gegen Kohlendioxid Wachsende Bäume binden CO2. Durch Photosynthese und nachfolgende Prozesse setzen sie das Treibhausgas in Holz um. Wälder sind gigantische Kohlenstoff-Speicher - in bis zu 400 Tonnen Holz pro Hektar lagern sie 200 Tonnen Kohlenstoff ein. In der Biomasse der Wälder weltweit sind rund 600 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Durch Waldpflege und Anpflanzungen - so die Idee - läßt sich der Speicher vergrößern und der Atmosphäre weiteres schädliches Treibhausgas Kohlendioxid entziehen. Die Wachstumsraten von Bäumen unterscheiden sich nach ihrer geographischen Lage und dem lokalen Klima. In den borealen Regionen, z. B. im Norden Kanadas oder Rußlands, betragen die jährlichen Wachstumsraten nur rund 2 m3 pro Hektar. In tropischen Zonen können pro Hektar bis zu 15 m3 zuwachsen, denn die Stoffumsätze sind hier höher. Dies gilt allerdings auch für den Zerfall abgestorbener Bäume. Die Zersetzung organischer Stoffe geschieht in den Tropen schneller, sodaß die organische Substanz der Bäume und Streu in borealen Waldsystemen insgesamt wieder höher ist. Die Schätzungen der Kohlenstoff-Anreicherung in der Biomasse von Wäldern und Baumplantagen variieren stark: Beispielsweise binden die aus wenigen, schnellwüchsigen Baumarten bestehenden Monokulturen jährlich zwischen 1,4 und 15 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar. Naturnah bewirtschaftete Wälder fixieren sieben bis acht Tonnen Kohlenstoff. Für Flächen, die nach ihrer Nutzung nicht wiederaufgeforstet, sondern der freien Entwicklung überlassen wurden, werden Zuwachsraten zwischen zwei und fünf Tonnen pro Hektar und Jahr angegeben. Naturnahe Waldsysteme erreichen aber eine höhere Speicherkapazität als Plantagen mit schnellwachsenden Arten, was aber für viele kurzfristige Projekte unwichtig ist. Da für Klimaschutz die schnelle Bindung des atmosphärischen Kohlendioxid ausschlaggebend ist, werden vorwiegend Pflanz-Projekte in den Tropen erwogen und auch bevorzugt durchgeführt. Dokumentation Wie dauerhaft ist der Speicher? Neben der Bindungsgeschwindigkeit ist natürlich wichtig, wie lange das CO2 im Speicher gebunden bleibt. In ungenutzten Naturwäldern - insbesondere in den Tropen - stellt sich nach längerer Zeit ein Gleichgewicht zwischen Zuwachs und Zerfall ein. Anders in holzwirtschaftlich genutzten Wäldern. Hier wird das geerntete Holz dem natürlichen Stoffkreislauf entzogen und einer bestimmten Nutzung zugeführt, die mehr oder weniger dauerhaft ist. Der gespeicherte Kohlenstoff wird im Holzprodukt solange gebunden, bis dieses einmal zersetzt oder verbrannt wird. Dies bedeutet, daß beispielsweise langlebige Holzprodukte die Kohlenstoffspeicherung der Bäume nach ihrem Einschlag verlängern. Bei kurzlebigen Holzprodukten - insbesondere bei Papier - wird der Kohlenstoff schnell wieder der Atmosphäre zugeführt. Ein gutes Beispiel für eine dauerhafte Speicherung stellt der Einsatz von Holz als Baumaterial dar. Holzelemente können gut 100 bis 150 Jahre überleben, länger als viele Betonteile. Und im Vergleich dazu wird zur Herstellung keine fossile Energie aufgewendet, wie beispielsweise beim Zementbrennen. Beleuchten angewiesen. Hinsichtlich des CO2-Ausstoßes liegt der Vorteil von Holz im Vergleich zu fossilen Energieträgern darin, daß bei der energetischen Nutzung nicht mehr CO2 freigesetzt wird, als vorher durch die Photosynthese der Luft entzogen wurde. Die Nutzung einer Tonne Brennholz aus nachhaltiger Produktion anstatt Erdöl führt zu einer Einsparung von 0,28 bis 0,35 Tonnen Kohlenstoff. Was können Bäume und Wälder leisten? Bestehende Wälder in borealen und temperierten Zonen können noch einen Teil des Kohlendioxidüberschusses in der Atmosphäre aufnehmen. Sie haben die biologisch mögliche Grenze für Biomassenakkumulation nicht erreicht. Neuanpflanzungen können ebenfalls zur Speicherung beitragen. Voraussetzung für wirksame Maßnahmen wäre, daß Produkte aus den Wäldern und Plantagen auf dauerhafte Nutzung ausgelegt sind oder daß sie fossile Brennstoffe ersetzen. Werden Wälder zukünftig zur Senkung oder zum weiteren Anstieg der CO2-Konzentrations-Kurve beitragen? Primärenergiegehalt und CO2-Emissionen verschiedener Baustoffe, nach BURSCHEL & WEBER (1992) Eine Nullsummenrechnung ergibt sich beim energetischen Einsatz von Holz. Noch vor 200 Jahren war Holz auch bei uns der wichtigste Energieträger. 75 Prozent der Weltbevölkerung nutzt heute noch Biomasse, also in erster Linie Holz, als Energieträger. 25 Prozent der Weltbevölkerung ist ausschließlich auf primäre Biomasse zum Kochen, Heizen und Nachdem Wälder global aber an Fläche und Qualität verlieren, ist eher zu bezweifeln, ob sie nennenswert zur Bindung überschüssigen CO2 beitragen können. Zudem ist im Augenblick noch gar nicht abzuschätzen, inwieweit die Klimaveränderungen beitragen, aus Wäldern Kohlendioxidquellen anstatt -senken werden zu lassen. Doch es gibt ohnehin unzählige Gründe, Wälder zu pflegen und Bäume zu pflanzen. Zu diesen zählen Erosionsschutz, Verdunstungsleistung, Regulierung des Wasserhaushalts, Produktion von Baubzw. Brennholz und Früchten - nicht zu vergessen die Funktion als Wirtschaftsund Lebensraum für Mensch und Tier. _____________________________________ Klima, Bäume und das Geld ______________________________________ Wald und Land werden zerstört ... wie und warum sollen Bäume jetzt das Klima retten? Aufforstungen zur Kompensation des CO2-Überschusses würden riesige Flächen in Anspruch nehmen. Es ist zu befürchten, daß soziale, regionalwirtschaftliche und ökologische Aspekte dem Auftrag, möglichst effizient CO2 bzw. Kohlenstoff zu speichern, geopfert werden. Darüber hinaus wäre zu diskutieren, ob Aufforstungen mit zukünftigen Emissionen verrechenbar sein sollen - oder ob sie nicht ohnehin nötig sind die CO2-Schulden aus zurückliegender Waldzerstörung abzutragen. Allein zur Kompensation der in der Vergangenheit zerstörten Wälder müßten immense Flächen bereitgestellt werden. Rund zwei Milliarden Hektar hat die Menschheit bisher auf dem Gewissen. Dazu kommen auch heute noch jährlich rund 20 Millionen Hektar Wald, die dem Raubbau und Bränden zum Opfer fallen. Dies führt zu einer Freisetzung von zwei Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr. Angesichts der Bevölkerungszunahme und der gegenwärtigen Landnutzungsänderungen sind derart große Aufforstungsprojekte unrealistisch. Die Kosten für Aufforstungen in dieser Größenordnung werden auf 250 Milliarden US$ geschätzt. Mit diesem Geld könnten Maßnahmen zum Schutz von gefährdeten Wäldern finanziert werden. Monokulturen mit schnellwachsenden Baumarten drohen artenreichen Waldbestand zu ersetzen, wenn das Konzept der kostengünstigen CO2-Bindung durch Bäume zuende gedacht wird. Wer naturnahe Wälder anlegen will, muß umfangreiches Wissen über die Physiologie, die Biologie und die forstliche Eignung möglichst vieler Baumarten haben und gewillt sein, aufwenig und teuer zu pflanzen. Bisherige Projekte belegen: nur von wenigen Baumarten sind diese Kenntnisse vorhanden und ausreichende Mittel verfügbar. Häufig wird der Anbau von wenigen, zumeist lokal nicht heimischen Gehölzarten geplant. Von der niederländischen FACE-Stiftung beispielsweise werden im tropischen Hochland von Ecuador 75.000 Hektar vorwiegend mit den nichtheimischen Kiefernarten Pinus patula und Pinus radiata sowie mit Eukalyptus aufgeforstet. Problem Monokultur Monokulturen erreichen grundsätzlich nicht die ökologische Qualität artenreicher natürlicher Wälder. Sie können auch vielen einheimischen spezialisierten Tier- und Pflanzenarten keinen Lebensraum bieten. Vielmehr sind sie, besonders in den Tropen, extrem empfindlich gegenüber Pilzen, Viren und Pflanzenfressern. Jari, die mit rund 1,5 Millionen Hektar größte Plantage im Amazonasgebiet, ist ein Beispiel für die immensen ökologischen und damit verbundenen ökonomischen Probleme. Die zuerst gepflanzte Hauptbaumart Gmelina arborea wurde bald von einem Pilz befallen. Die dann eingesetzte, zunächst hochgelobte Kiefer Pinus caribea wurde ebenfalls von einem Pilz geschädigt als zusätzlich die Eukalyptusart Eucalyptus urograndis in die Plantage eingebracht wurde. Enorme Ausfälle gab es auch wegen Heuschrekken, Ameisen und Schmetterlingsraupen. Plantagen werden daher in der Regel mit Pestiziden behandelt - für viele Kritiker ein Kahlschlag gegen die Biodiversität. Plantagen werden, neben ihrer neuen Aufgabe, CO2 zu binden, häufig zur industriellen Produktion von Papier angelegt. Die Umtriebszeiten sind mit fünf bis 15 Jahren extrem kurz, sodaß es kaum zur Bildung eines Waldökosystems und zu keiner ausgeprägten CO2-Speicherung kommen kann. Die kurzen Umtriebszeiten von Plantagen fördern zudem den Verlust an Nährstoffen. Der Anteil der nährstoffreichen Rinde ist bei jungen Bäumen in Plantagen wesentlich größer als bei Altbäumen im Wald und die aus Blättern und Ästen gebildete Einstreu ist wesentlich geringer. Die Nährstoffe werden mit dem Baummaterial abgeerntet. Eine Eukalyptus-Plantage im indischen Uttar Pradesh verlor in nur zehn Jahren zwischen 30 und 50 Prozent der Nährstoffe Stickstoff, Phosphor, Magnesium und Kalium. Plantagen fördern die Bodenerosion. Eine Untersuchung auf einer Teakholz- Plantage auf Trinidad ergab eine zweieinhalb bis neun mal höher Erosionsrate als in natürlichen Wäldern. Zur Anlage von Holzplantagen werden häufig Wälder gerodet. Ganze 6.400 Hektar eines Waldreservates wurden in Thailand illegal in Plantagen umgewandelt. Ein Kohlenstoff-Senkenprojekt soll mit der größten Holzfirma Ecuadors durchgeführt werden. Die geplanten Monokultur-Plantagen werden den Holzbedarf der Firma in Zukunft decken. Auf den vorgesehenen Flächen befinden sich noch Reste ursprünglicher Primär- sowie Sekundärwälder, die für die Plantagen gerodet werden müssen. Zur Zeit schlägt die Firma jährlich 3.000 bis 5.000 Hektar Primärwald ein. Landnutzungsproblematik Großflächige Aufforstungen werden dort durchgeführt, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist. Diese Flächen sind aber häufig Stammesgebiet indigener Völker oder Siedlungsraum einer von einer Subsistenzlandwirtschaft, d.h. Selbstversorgung, abhängigen Bevölkerung. Durch Aufforstungsprojekte droht ihnen der Verlust von Landrechten und/ oder Nutzungsmöglichkeiten. Vermeintlich marginale Flächen sind oft Grundlage für die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Medizin und Baustoffen. Sie können aber auch als Nahrungsreservoir für Notzeiten bestimmt sein und somit der Versorgungssicherheit dienen. Die Vielfalt solcher traditioneller Nutzungssysteme durch die örtliche Bevölkerung ist für Außenstehende häufig nicht ersichtlich. Die Bevölkerung kann aber auch indirekt von Aufforstungsprojekten betroffen sein: Beispielsweise führt der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden in Monokulturen zu einer Verseuchung des Grundwassers. Durch Bewässerung kann der Grundwasserspiegel sinken. Wird die lokale Bevölkerung nicht in die Planung miteinbezogen, sind fast unweigerlich Konflikte die Folge. So zerstörten aufgebrachte Menschen im thailändischen Pakhaam Eukalyptus-Plantagen, die auf Dokumentation ______________________________________ Klima, Bäume und das Geld _____________________________________ ... wie und warum sollen Bäume jetzt das Klima retten? ihrem Land angelegt worden waren. Als CO2-Kompensations-Projekt kann auch der Schutz von vorhandenen Waldflächen verbucht werden, obwohl bereits existierende Wälder kaum zusätzlichen Kohlenstoff speichern können. Eine USNaturschutzorganisation konnte mit finanzieller Unterstützung eines Kraftwerkbetreibers eine 58.000 Hektar große Waldfläche erwerben, um sie unter Schutz zu stellen. Der Stromproduzent glich damit den CO2-Ausstoß eines geplanten Kraftwerkes aus. Unklar ist, wie der Nachweis geführt werden konnte, daß der Wald ohne das Projekt tatsächlich in Rauch und CO2 aufgegangen wäre. Als Kohlenstoff-Senken gelten auch Projekte zur Förderung nachhaltiger Waldnutzung. Für Tropenwälder gibt es zur Zeit allerdings ebenso wenig wie für boreale Wälder eindeutige und allgemein akzeptierte Kriterien darüber, wie diese Bewirtschaftung aussehen könnte. Wird nur auf den Aspekt der CO 2-Reduktion geachtet, sind Projekte auch an völlig ungeeigneten Standorten möglich. So gibt es ein 500 Hektar großes Aufforstungsprojekt im Steppengebiet Rußlands, wo von Natur aus gar keine Bäume vorkommen würden. Zwei zusätzliche Probleme bei Projekten zur CO2-Bindung durch Wald oder Politische Forderungen Aus den Erfahrungen mit den ersten CO 2-Kompensations-Projekten, der Notwendigkeit für effektiven Klimaschutz und den Wünschen der von Schutzmaßnahmen betroffenen Menschen sind folgende Forderungen an die Politik und Wirtschaft sinnvoll: 1. Industrieländer müssen den überwiegenden Teil ihrer Reduktionsverpflichtung durch die Änderung der heimischen Energiepolitik erreichen. Nur ein kleinerer Teil von maximal 30 Prozent der Verpflichtung soll durch flexible Maßnahmen, wie Baumpflanzprojekte in Ländern des Südens umgesetzt werden. 2. Grundsätzlich sind Maßnahmen zur Verhinderung der Entstehung neuer Emissionen zu bevorzugen gegenüber solchen, die Treibhausgase nur binden. 3. CO2-Kompensationsprojekte mit Baum/Waldkomponente sind nur sinnvoll in Ländern, in denen die Maßnahmen durch kohärente nationale Waldschutz- und Klimapolitik unterstützt werden. 4. Bei der Planung und Durchführung von Projekten zur Fixierung von Kohlendioxid durch Plantagen sind die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Belange der betroffenen Bevölkerungsgruppen Dokumentation von Anfang an zu berücksichtigen. 5. Projekte zur Bindung von Treibhausgasen können nicht in Regionen durchgeführt werden, in denen es Konflikte in der Wahrnehmung oder Ausübung traditioneller Landrechte gibt. 6. Kompensations-Projekte dürfen in ihrer Zielsetzung, effizient CO2 zu binden, zu keiner ökologischen Belastung führen. Indigene Verbände stellen weitere - auch von uns unterstützenswerte - Forderungen. Indigene Völker sind häufig von CO2-Kompensationsprojekten betroffen. Darüber hinaus ist ihr Lebensraum und ihre Wirtschaftsweise durch den hauptsächlich von Industriestaaten hervorgerufenen Klimawandel in Mitleidenschaft gezogen. Schließlich werden indigene Territorien durch den Abbau fossiler Brennstoffe durch Industrieländer in zunehmenden Maß zerstört. 7. Partizipation Indigener Vertreter an zukünftigen Klimaverhandlungen bei den Vereinten Nationen 8. Verabschiedung eines Protokolls, welches verbindlich den Einsatz und die Verbreitung effizienter Energienutzung weltweit vorschreibt. 9. Restauration indigener Territorien, die durch Abbau fossiler Brennstoffe beschädigt/zerstört wurden. Bäume erschweren die Umsetzung: Wer führt eine Erfolgskontrolle durch und wem werden die Kompensationsmaßnahmen überhaupt angerechnet? Nach dem derzeitigen Verständnis würden die CO2-Schulden dem Land erlassen, welches für die (Pflanz-) Maßnahme bezahlt. Bei vielen Projekten in Ländern des Südens bedeutet dies, daß sie heute die Möglichkeit zur Reduktion zukünftiger eigener Emissionen an Industrieländer verkaufen - und daß diese heute zur Reduktion der Kohlendioxid-Freisetzung nichts unternehmen. Bei Berücksichtigung vorgebrachter Kritik und der Forderungen wäre es sinnvoll und wünschenswert, Klimaschutzgelder in Wälder/Bäume zu investieren. Adressen: FACE Foundation, P.O. Box 575, NL-6800 AN Arnhem tel: +31-26-372 1631, fax 372 1613 http://www.facefoundation.nl BMZ, Referat Bürgerinformation, Postfach 12 03 02, 53045 Bonn WWF, Hedderichstr. 110, 60591 Frankfurt, tel: 069-6050 030, fax 617 221 Literatur: Burschel, Weber (1992): Wald und Holz als Kohlenstoffspeicher. Der Wald, Berlin 42/5 Climate Network Europe (1997): Report on the NGO Workshop on Joint Implementation and Tradable Permits, Bonn Brüssel Deutscher Bundestag (Hrsg.) (1988): Schutz der Erdatmosphäre: Eine internationale Herausforderung. - Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre", Bonn Friends of the Earth (1992): Desert of Trees, The Environmental and Social Impacts of Large-Scale Tropical Refor estation in response to Global Climate Change. - London Herold (1995): Joint Implementation im Klimaschutz - Analyse der ersten Projekte. Robin Wood (Hrsg.), Bremen Singer (1995): Die Klimaänderung bedroht Mensch und Natur. - WWF, Frankfurt Deutscher Bundestag (Hrsg.) (1994): Schutz der Grünen Erde. - 3. Bericht der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre", Economia Verlag Bonn FACE Foundation: Annual Reports 93-96 Greenpeace (1995): The Climate Time Bomb, Amsterdam