DFIUTSCHE MDIZINISCRE WOCRENSGHBIFP. Nr. 40 Bemerkenswerte Fälle von Verwundung des Sehorgans. Von Prof. Dr. Oloff, Murine-Obergtabsarrt, und Oberarzt der Augen-Abteilung des Festung8lazaretts Kiel. (Schl'uß aus Nr. 39.) Für das nähere Verst,nduis der Lokalisierung aus dem Augenbefund, die ja auch sonst in der (e1iirndiagnostik von außerordentliclier Wichtigkeit ist und sehr häufig überhaupt nicht durch das Röntgenbild kontrolliert werden kann (Blutungen, Entzündungsherde, Abszesse, Tumoren etc.), muß man sich den Verlauf der zentralen Selibahnen klrmaehen. Bekanntlich f ndet im Chiasma, eine teilweise Xreûzung der Sebnervenfasern statt; die aus den rechten Netzhauthäjften stammenden Fasern ziehen durch den rechten Tractus opticus, die Fasern aus den linken Netzhauthälften durch den linkeii Tractus opticus iiach hinten zum Hinterhauptulappen, uni hier in dem jeder Hälfte entsrechendeii Sehzentrum zu endìgen. Da die Linse ein umgekehrtes Bild der Außen. welt auf die Netzhaut projiziert, muß also die Wahrnehmung der linken Gesiehtsfeldhälften durch die rechten Netzhauthälftcn und von bler über das Chiasma durch den rechten Tractus opticus nach dem rechts gelegenen Sehzentrum vermittelt werden und umgekehrt. Etwas vor der Mitte zwischen Chiasma und Sehzentrum sind in den Verlauf jeder zentralen Sehbahii die priniiiret Opticusganglien (Corpus geniculatom externurn, l'ulvinar thalarnj optici, vordere Vierhilgel) eingeschaltet. Der davor gelegene rIei1 der zentralen Sehbahn bis zum Chiasma ist eben der Tractus opticus, während die von den primären Opticusganglien nach hinteii ziehenden Faserbjindej sieh als G ratio let sehe Sehstrahlung fächerförmig ausbreiten und m Sehzentrum endigen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1190 DEUTSCHE MEDIZINIS CHE WOCHENSORRIFT. leuclit et liieiiiacli Ohfl( ' ('it (res ciii, dalJ j edt' 1ïi()1i, (Ii e 1 n F 4chiietvci1 vor (hn1 (hiusitia trifft, oto citio ciovitigc (oihtfe1th4ttung auf (lelo zugehörigen Auge hervorruft. Alle Lihsioneu) tier Sehubahii vouui (Iuiuoona alu uid weiter zetu1särt euzeugoul GesiehtMfekldefekte auf beiden Augen. loi t 1uia.ouua se1bt ujrd sieh eine Läsion infolge der hier stattfiuidendeui pLutielleuu Kreuwuu1g ¿lcr Sehnerveuufaserui dureh eineuu AuufahI der beiden iuuuuereuu oder der bcideui äußeren Gesiehtsfe1dhijftun zu erkenneuu gebeut (Iuetuuuuuyflh(' HeflhiauIOJ)Sie). Jeder Läsiouu der 7elltraleuI Sehbahn hinter dein t hiu&uuia uuiuB cute gleichseitige (hiounonyuuic) Heuivauuo]usie fur die ler idierten Seite gegenii berliegendeuu Geic1 itsield hälfteui elltpieehen. lui allen Fällen weiden j e nacht (ter A uodelunuiuig der I4iSi()ui cntwe(l ('I die gauie Gesielitsfeldhiiulfte od er 1111F 'I'eile deucibeui tuuufuulleuu. ini vorliegenden Falle besteht eiic 1iiikeitige hoinouymo 1-leinianopsie, es niuß also eiji Läsioti (1er rochteui zeiitualoiu Sehbali n hinter deiti CJuiaina stattgefuiiden habeti. Es fragt sich iiiuiu weiter, an welcher Stelle zwischen (1iiasnia und Hinterhauptslappen (lie Läsion sitzt. Auch das kann niait näher Iokalisiereui durch genauere Beobachtung der Pupillenreaktion auf Lichteinfall. 1)ic Rcflexbahn der Liebtreaktioui (lui k'uui,ilhu verlujutt bekanntlich ' oil der Netzhaut bis zu den primären Optcusganglien geuiucinscluafl lieb uuuid iii der Sehbahn. Bier, wahrscheinlich u der kgeiud der Vierhilgel, zweigt die Pupilleuireflexbahuui von (1er Sehbahn al) unid geld zuuuuu Oculouuuotoriuskern, n) (ICOn der zentrifugale Schenkel der Lieht u eflexhaluuu beginnt. Sitzt (lie Läsion der Sehbahn innerhalb dieses j upih1enrefluxbogeuis 1191 kumisu'uusuichl uuruul ant Kouuvcrgcnz Spur ueuugicruuud. Somust Auge äußerlich vohlkouuuuuiu'n sugelreeht. \Terciiuzelic (ilaukiirwrblutungemu und Seh' Aiugu'nluintci guuuudes. ncrveuikopf mäßig alr01)hisch. Unmittelbar duuraui angrenzend, luis über dio Macula J otee buinaus eine grolle, umuischriebene, weißliche, teilweise uuuiïßug uiguuut.uiticrte Trübuuug der Netzhaut iuuit 'i.ackigen Auslaufern in dic Umngeluurug (Retinitis proliferarus). Naeluuntcrsuchung nach eiuucuui A umgemispiegeluuit craucimuuuug: Bluitmustu' iii Juil heu uler Aequatorialgcgend des luth re zeigt keine Veränderung. Der Fall ist cimier von vielen, die ich während des bisherigeh Krieges Gelegenheit hatte näher zu beobachten und zu belmandehu.') l)as besonders Charakteristische dieser Fälle liegt darin, dali hier weder (1er Augapfel noel! die knöcherne Orhitaiwand 110(11 die zentrale Sehbahit direkt von dein Geschoß getroffen wurden. Es genügt, wenn dieses einen Schädel- oder Gesichts- knochen trifft; die hierbei entstehende explosive Wirkung karuru sich auf das Auge fortpflanzen und sehr charakteristische Augenschädigurigen hervorrufen. Dabei sind dic äußeren Um- hiüllungen des Augapfels völlig intakt. Es liegen ledtglich innere Zerreil3ungen infolge der Sprengwirkung vor, die sich offenbar elektiv auf den Augapfel überträgt. Eine derartige , ,Kontusion durch indirekte Sprengwirkung' Unsere heutigen Geschosse enthalten, wenn sie mit genügender Rasanz tien knöchernen Schädel oder einen Gesichteknochen treffen, scheint im modernen Kriege öfters vorzukornmen. eine Sprengwirkung, die sich weiter ab nur auf den Augapfel fortpflanzen kann. Ueber die gleichen Erfahrungen berichtet Veihagen 2). Er betont nuit Recht die Bedeutung derartiger Schußverletzutt geil. Ihre Kenntnis ist nicht nur wegen ihres häufigen Vorzentruuuu, die E'upillenreaktion intakt sein. komniens für die Allgemeinheit der Aerzte wünschenswert, In dem hier besproeheuien Falle war dic Pupille bei Be- sondern Vor allem auch deshalb, weil die betreffenden Verlichtung der rechteuu NetzhautJuälfteii stair, reagierte dagegen wundeteit zunächst immer mir den chirurgischen Abteilungen regelrecht, sobald ein Lichtieiz isoliert uiuii die linke Netzhaut- zuewiescn werdeti. Solange das andere Auge gut sieht, ist hiiilfte traf. Als Sitz der Läsinui niullte hiernach also dci reclute sich der Verwundete selbst oft kaum oder überhaupt nicht Tractus 01)tieUS angenommen wercleii. Diese Amuahuïie wurde der Schwere der Augenschädigung bewußt, da sie sich, Wie bestätigt durch dau Röntgenbild. Zum Nachweis der hienuia- gesagt, lediglich auf innere Zerreißungen beschränkt, die subnopìsehen Pupillenstarre genügt die gewöhnliche Art der jektiv meist keinerlei Schmerzen verursalten. Bei einer AnPupillenbelichiung nicht. Es fällt dabei zu diffuses Licht auf zahl der von mir beobachteten Fälle war auch die Regenbeide Netzhauthälften. Der Schwerpunkt der Untersuchung bogenhaut vollkomitien normal. Erst cilio zufällig vorgenoinauf hemianopische Pu pillenstarre liegt darin, eine Vorrichtu ng mene Augenspiegeluntersueliung ließ hier die Schwere der iou 'J'raetus opticus, so uuuul3 die Pnpihlenreuktiouu auusfuulkn, veuuuu unan (lic dciii Gcsiehtsfelddefekt eiituu1urechcndu Netzhau thuälfte i4(uhieit belichtet; (S liegt dann dic sogenannte heiuiianoiuischie J'uiuilleuustarn vor. tJingekehut muß bei ejflouui Sitz der Läsion auuIkrhu(lb (icr l'uipilleuuieflexbahn, z. B. in der Gratioletsehen Sehstrahluuug oder iii1 Seh- zu haben, die es gestattet, jede Netzhauthälfte isoliert zut belichten, während die andere Netzhautliälfte desselben Auges uuicht von diesem Lichtreiz getroffen wird. 1)azu bedarf es besonderer Apparate. Einer der sinnreiclisten Apparate dieser Art, das von liess angegebene Hemikinesimeter, stand mir für die Untersuchung dank dem Entgegenkommen der Kieler lJniversitäts-Nervenkliiuik zur Verfügung. Herr Priv.-1)oz. Dr. Behr war so liebenswürdig, den Fall mit der von ihm konstruierten Belichturtgsvorrichtung in der Kieler Universitäts-Augenklinik nachzuuntersuchien, und stellte hiermit eben- falls eindeutig das Vorhandensein der hemianopisehen Pupillenstarre fest. Interessant war es für mich, bei dieser Gelegenheit festzustellen, dalI auch noch ziemlich exzentrisch gelegene Gesichtsfelddefekte (s. Gesiclitsfeldaufnahme) die Erscheinung Augenverletzung erkennen. Mit der Frage der Entstehung derartiger Kontusionen durch indirekte Sprengwirkung hat sicht neuerdings Adam ) näluer beschäftigt. Nach seiner Ansicht kommt es dabei zunächst zu einer plötzlichen Eiiustiilpung des hinteren Augenpols. Infolgedessen zerreißen, a die Lcderhaut selbst sehr widerstandsfiihig ist, die straff gespannten inneren Flaute, insbesondere die Aderhaut, und wegen ihres Blutreichtums (daher der Name Aderhaut) beherrschen zunächst niehr oder weniger starke intraokulare Blutungen das Krankheitsbild. Nach Aufsauguflg (1er letzteren finden sieh entweder isolierte typische AderhantrisSe, charakteristisch (lurch ihre Lage konzentriseh zum Sehnervenkopf, oder die Netzhaut-Aderhaut ist mehr multipel und unregelmäßig zerrissen, und als Folge davon setzen dann bindegewebige Vornarbun' prozesse ciii, die als umschriebene, zackige, weißliche, teilweise pigmen- der hemianopiachen Pupillenstarre darbieten, obgleich nach t.icrte Herde am hinteren l'al auffallen (Retinitis proliferens). y. Hess die Liehitreaktion der Pupille nur von einem kleinen Dieses Bild des Augenhintergrundes ist in der Tat überinakularen Bezirk der Netzhaut ausgeht. aus typisch für die Spreng-Fernwirkung auf das Auge durci' Die Ansichten über die Existenzberechtigung und über Kontusion. Bei den von mir beobachteten Fällen beschränkten den praktischen Wert der hemianopischen Pupillen starre sind sich die Augenhintergrundsveränderungen fast ausschließlich daher mancherorts noch geteilt. Wie wertvoll die letztere für auf die Gegend des hinteren Augenpols mid seine nähere Umdie genauere Lokalisierung einer Gehirnläsion sein kann, be- gebung, wie oben genauer beschrieben. Nur ausnahmsweise weist jedenfalls die vorliegende Gehirnverwundung und ihre sali ich die gleichen Veränderungen mehr oberhalb oder unterKontrolle durch das Röntgenbild. halb des Sehnervenkopfes lokalisiert. l)as nähere Zustandekommen dieser traumatisehien RetiFaIl 3. IJnteroffizier der Res. S., 25 Jahre alt, Am 14. Septeuuuber 1914 un Gefecht bei der Belagerung von Antwei'pen Schra1unell- schußvcrletzung mu Gesicht und am linken Unterarm. Ant 7. Oktober unit folgendem Augeuibefund in das Lazarett Kiel aufgenommen: In der Gegend der Fossa canina des linken Oberkief ers eine noch nicht völlig verheilte Einschußöffnung- Ausschuußöffnung in der vorderen Ohrmuschcl und vernarbt. Eine zweite Schrapnellsehullverletzung iiiit Radiusfraktur aun linken Oberarm. Rechtes Auge von regelrechtcr Beschaffenheit. u exzentrisch. Linke Puujuillc S. links Handbewegungen in maximal erweitert und etwas entrundet, bei direkter Belichtung starr, nitis proliferans ist nach Goldzielier so zu erklären, daß durch die Kontusion zunächst die am hinteren Augenpol em- tretendeji Arterien und Nerven lädiert werden. Hierdurch leidet die Ernährung des Augenhintergrundes; die Läsion der Nerven bedingt außerdem auch noch trophische Störungen, und als Weitere Kasuistik und genauere Besprechung s. d. O loff. M. nu. W. 1915 Nr. 8 (Feldäratliche Beilage). M. in. W. 1915 Nr. 9 (Feldärztliche Beilage). 2) Augenverletzungen im Kriege und ihre Behandlung. Berlin 1914. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 3aSepternber 1915. DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOOHENSOEBIFT. Nr. 40 Gesamtergebnis entsteht daim das charakteristische Bild des beschränkte sich die Behandlung ausscluließuicli auf die Schulter- Augenhintergrundes. Die plötzliche Einstülpung des hinteren Augenpoles führt und Armläsioim. Richtig Ist das nicht. Denn infolge der Ver- naehlässigung der Augenverwundung machten nachher die nach der Ada mschen Theorie weiter zu starker Erhöhung des Wiederherstellung des Bindehautsackes und die Erhaltung des Oberlides große Schwierigkeiten. Außerdem ist bei derartigen zertrümmerten Augen, wenn sie nicht rechtzeitig entfernt werden, die Gefahr der sympathischon Ophthalmic des anderen, nicht verwundeten Auges mit ihren für dieses so verderbliehen Folgen besonders groß. Die Gefahr beginnt erfahrungsgemäß bereits mit der vierten Woche imach der Verwundung. Es war also hohe Zeit, diesen in Form des zurückgebliebenen Augapfelrestes und der zertrümmerten Tiveateilcheii sehlunimernden Vulkan sachgemäß zu entfernen. intraokularen Druckes, der ganze Orhitalinhalt wird leicht nach vorn getrieben. Neben der Eetinitis proliferans können dann die weitere 1o1ge einer intensiveren Sprengwirkung Netz- hautablösung, Linsenluxation, Lähmung der Irisrnuskuatur (Iridoplegie), Abreiliung der Regenbogenhaut (Iridodialyse) sein doch äußert sich die Kontusioriswirkung oft genug lediglich auf die hinteren Partien des Auges. Aus der Lokalisation dieser Retinitis proliferans in der Gegend der Macula lutea, der Stelle des zentralen Sehens, erklärt es sich ohne weiteres, daß das Sehvermögen stets in schwerster Weise in Mitleidenschaft gezogen wird. Eine nennenswerte Besserung ist der ganzen Natur der Sache nach ausgeschlossen. Bei allen Schußverletzungen des Schädels und Gesichts niuß also stets an eine Mitbeteiligung des Auges durch Kon. tusion infolge von indirekter Sprengwirkung gedacht werden, auch wenn das Auge äußerlich einen vollkommen normaleii Eindruck macht. Fall 4. Musketier der Res. F., 30 Jahre alt. Am '26. August 1914 im Gefecht bei Cainpenhout Qewehrschußverlctzung über dem linken Auge. Einschußöffnung am nasalen Ende der linken Augen. braue. Das Projektil war dann in das linke Auge gedrungen, hatte das Auge zum größten Teil zertrümmert. Die Aussehul3öffnuiig liegt sai aufsteigenden Ast de linken Unterkiefers unniittelbar unter dem Ohr läppehen. Von hier war dasselbe Projektil nochmals in den Köriier gedrungen, und zwar oben in dic Schulter, uni in der seitlichen Brustkorbgegend anderthalbquerfingerbreit unterhalb der linken Achselhöhle herauszutreten. Lunge dabei nachweisbar nicht iuitverletzt, dagegen bestand eine Schlüsselbeinfraktur. Als Folge dieser letzteren tlfld einer gleichzeitigen Plexusläsion blieb eine fast vollständige Radjahslähmung zurück (Strecker der Hand und der Finger, M. triceps brachii). Auch der vom N. axihlaris versorgte M. deltoideus war mitgelähint. Patient hielt sich zunachst in einem Vereinalazarett in der Nähe tier Front auf. Die erste spezialistisohe Untersuchung und Behandlung fand erst acht Wochen nach der Verwundung gelegentlich der Ueber. weisung in das Marinelazarett Kiel statt. Bis dahin war der Schwerpunkt der Behandlung auf die allgemeine Wuadvorsorguag, insbesondere auf die Abheilung der Schultervcrwundung und der Armlähmung, gelegt worden. Der Augenbefund, wie ich ihn bei der Einlieferung in das Lazaiett feststellte, war folgender: Oberlid am Rande eingerissen und breit mit dem Augapfeirest verwachsen, Lidspalte nicht zu öffnen. Ein eigentlicher Bindehautsack existierte ii berhaupt nicht mehr. Jäh durchtrennte zunächst die Verwachsungen, entfernte den Rest des Augapfels und stellte durch plastiache Operation den Bindehautsack wieder her, sodaß der Mann jetzt imstande ist, ein gut sitzendes G1sawge zu tragen. Wiederholte Versuche, den Defekt ini Oberlid operativ zu beseitigen, blieben erfolglos, wohl deshalb, weil infolge der woehenlangen mangelhaften Wundversorgung der Augapfeirest sehr verschmutzt war und nach der Aufnahme in das Kieler Lazarett noch längere Zeit hindurch weiter sezernierte. Bei dr Entfernung des Augapfeirestes fiel mir auf, daI3 die Aderhaut sich nicht nur innerhalb des kollabierten Lederliautsackes befand, wie man das sonst bei den perforierenden Fricdensverletzungen (les Augapfels gewohnt ist. Es waren vielmehr eine Anzahl sogenannter ,,versprengter Uvealteilchen" außerhalb der Lederhaut in die Bimleliaut - offenbar infolge der Sprengwirkung - eingeheilt. Axenfeld macht neuerdings auf die Gefahr, die durch diese versprengten ,,Uvealteilehen" bedingt sein kann, aufmerksam. Sie müssen unter allen Umständen mit entfernt werden, weil sie bei längereni Verbleiben, auch wenn der sonstige Augapfel entfernt worden ist, leicht die Ursache der sympathischen Ophthalmie des anderen Auges werden können. Glücklicherweise ist die letztere hier überhaupt nicht aufgetreten. Patient befindet sich nur noch wegen der Nervenlähmung, die sich inzwischen wesentlich gebessert hat, in Lazarettbehandlung. Der Fall ist in mehrfacher Beziehung lehrreich: 1. wegen der gleichzeitigen Schulter- und Armläsion durch ein einziges Gewehrprojektil, und daß die Lunge, obgleich sie in unmittelbarer Nähe des Schuí3kanais lag, nicht mitverletzt worden ist; 2. wegen der unangenehmen Folgen, die an den Augen daraus entstehen können, daß die Wundversorgung des Auges nicht sobald als irgendmöglich von saehverständiger Seite erfolgt. Hier war der Verwundete erst acht Wochen nach der Verwundung dem Augenarzt zugeführt worden. Bis dahin Der Mann hätte ebensogut bereits mit den Anzeichen der ausgebrochenen sympathischen Ophthalmic in das Kieler Lazarett überwiesen werden können. und dann wäre eine Rettung seines allein noch sehenden rechten Auges wohl so gut wie ausgeschlossen gewesen. Wir wissen aus dem Kriegs-Sanitktsbericht der Deutschen Armee 1870/71, daß die Zahl der sympathischen Ophthalmien erschreckend hoch war, wenn auch mancher der hierunter geführten Fälle der strengereri heutigen Kritik nicht immer standhält. Vorbeugend hilft da nur eine möglichst rasche und völlige operative Entfernung des verletzten Augapfels. Nicht selten muß da unter Umständen auch ein noch sehender Augapfel geopfert werden . uni die drohende sympathische Ophthalmie und Erblindung des anderen Auges zu verhindern. Die Ent- scheidung, wie und wann operiert werden soll, setzt - ganz abgesehen von dec Technik - größere spezialistisehe Erfalirung ioraus. Wir wissen schon aus den Friedensverletzungen des Auges, daß der Verlauf und das endgültige Schicksal in hohem Grade davon abhängig Ist, wie und wann die erste sachgemäße Hilfe geleistet worden ist. Es ist durchaus nicht immer der verletzeude Fremdkörper oder das verletzende Geschoß, die die Infektion verursachen. Diese tritt häufig erst nachträglich ein, wenn z. B. eine perforierende Augapfeiwunde nicht mög- lichtit bald geschlossen wird, sondern längere Zeit der Einwirkung der ini Bindehautsack sich fast stets auch normalerweise aufhaltenden Bakterien ausgesetzt bieibt. Wie segens reich da eine vomi sachgemäßer Hand rechtzeitig ausgeführte K uh nt seime Lappemideckung wirkt, sei hier nur beiläufig erwähmnt. So enanches Auge, das sonst rettungslos verloren gewesen wäre, ist durch diese Operation gerettet worden. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung eine Statistik von A lsen') die er an dem Friedensverletzungsmaterial der Kieler LTniversitäts-Augenklinik aufgestellt hat. Unter den gleich am Tage der Verletzung frisch behandelten Fällen blieb bei 39,3 % eine Sehschärfe von und mehr zurück. bei den 14 Tage später konunenden nur in 11,9%. Bei 17,4% der frisch behandelten Fälle muß der Augapfel operativ entfernt werden, beirtleci verschleppten Fällen in 30.9 %. Unter den vom ersten Tage der Verwundung ab be- handelten Âugenverletzten behalten doppelt soviele eine brauchbare Sehschäm'f e zurück als diejenigen, (lie später erblinden (Verhältnis also 1); bei den erst später am 5. bis 14. Tage in Behandlung7kommenden stellt sich das Verhältnis auf fast 1 : 1. 2: T)iese Zahlen reden eine überzeugende Sprache, es erhellt daraus ohne weiteres der große Wert einer möglichst frühzeitigen sachgeniä lien Behandlung aller schwereren Augen- verwundungen. Wenn Ada in in der Einführung zu seinem Kompendium der ,,Augenverletziuigen im Kriege" sagt: ,,Keine römische Koliorte ist je ins Feld geiogen, ohne von einem Okulisten begleitet zu sein," so darf das natürlich nicht zu wörtlich genommen werden. Es soll nur heißen, daß eine frühzeitige sachgemäße Wuiidversorgung des Auges im Kriege außerordentlich wichtig ist. Es dürfen unter keinen Umständen Augenverletzungen, wie es hier der Fall war, wochenlang sich selbst überlassen bleiben, auch wenn das Auge keinerlei Besohwerdejj verursacht. I)enn die Erfahrung lehrt, daß gerade diejenigen Entzündungen des verletzten Auges zur sympathischen Ophthalmic des anderen Auges fuhren, die sich schleiehend ') Klinische Erfahrungen jibei Augeuverwundungen. 1913. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1192 30, Spternbei 1915. DEIJTSCRE MEDIZINISCHE WOOHENSOBBIFT. 1193 unaiiffiullig ent Wi(k(Ifl. Nr err(i(Iuit wir, (laß iii dciii jet zigell Weltkriege iiwhr oldateii al ( iii friihoicit Kriegeii dot Fall war, vu' deiti t ratirigoit oliioksa!, auf heilll)d Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. (jell Augeit zu erblinden, bewahrt werdeit.