Bemerkenswerte Fälle von Verwundung des

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DFIUTSCHE MDIZINISCRE WOCRENSGHBIFP.
Nr. 40
Bemerkenswerte Fälle von Verwundung
des Sehorgans.
Von Prof. Dr. Oloff,
Murine-Obergtabsarrt, und Oberarzt der Augen-Abteilung
des Festung8lazaretts Kiel.
(Schl'uß aus Nr. 39.)
Für das nähere Verst,nduis der Lokalisierung aus dem
Augenbefund, die ja auch sonst in der (e1iirndiagnostik von
außerordentliclier Wichtigkeit ist und sehr häufig überhaupt
nicht durch das Röntgenbild kontrolliert werden kann (Blutungen, Entzündungsherde, Abszesse, Tumoren etc.), muß man
sich den Verlauf der zentralen Selibahnen klrmaehen.
Bekanntlich f ndet im Chiasma, eine teilweise Xreûzung der Sebnervenfasern statt; die aus den rechten Netzhauthäjften stammenden
Fasern ziehen durch den rechten Tractus opticus, die Fasern aus den
linken Netzhauthälften durch den linkeii Tractus opticus iiach hinten
zum Hinterhauptulappen, uni hier in dem jeder Hälfte entsrechendeii
Sehzentrum zu endìgen. Da die Linse ein umgekehrtes Bild der Außen.
welt auf die Netzhaut projiziert, muß also die Wahrnehmung der linken
Gesiehtsfeldhälften durch die rechten Netzhauthälftcn und von bler
über das Chiasma durch den rechten Tractus opticus nach dem rechts
gelegenen Sehzentrum vermittelt werden und umgekehrt. Etwas vor
der Mitte zwischen Chiasma und Sehzentrum sind in den Verlauf jeder
zentralen Sehbahii die priniiiret Opticusganglien (Corpus geniculatom
externurn, l'ulvinar thalarnj optici, vordere Vierhilgel) eingeschaltet.
Der davor gelegene rIei1 der zentralen Sehbahn bis zum Chiasma ist
eben der Tractus opticus, während die von den primären Opticusganglien
nach hinteii ziehenden Faserbjindej sieh als G ratio let sehe Sehstrahlung
fächerförmig ausbreiten und m Sehzentrum endigen.
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DEUTSCHE MEDIZINIS CHE WOCHENSORRIFT.
leuclit et liieiiiacli Ohfl( ' ('it (res ciii, dalJ j edt' 1ïi()1i, (Ii e 1 n
F
4chiietvci1 vor (hn1 (hiusitia trifft, oto citio ciovitigc (oihtfe1th4ttung
auf (lelo zugehörigen Auge hervorruft.
Alle Lihsioneu) tier Sehubahii vouui (Iuiuoona alu uid weiter zetu1särt euzeugoul GesiehtMfekldefekte auf beiden Augen. loi t 1uia.ouua
se1bt ujrd sieh eine Läsion infolge der hier stattfiuidendeui pLutielleuu
Kreuwuu1g ¿lcr Sehnerveuufaserui dureh eineuu AuufahI der beiden iuuuuereuu
oder der bcideui äußeren Gesiehtsfe1dhijftun zu erkenneuu gebeut (Iuetuuuuuyflh(' HeflhiauIOJ)Sie).
Jeder Läsiouu der 7elltraleuI Sehbahn hinter dein
t hiu&uuia uuiuB cute gleichseitige (hiounonyuuic) Heuivauuo]usie fur die ler
idierten Seite gegenii berliegendeuu Geic1 itsield hälfteui elltpieehen.
lui allen Fällen weiden j e nacht (ter A uodelunuiuig der I4iSi()ui cntwe(l ('I die gauie Gesielitsfeldhiiulfte od er 1111F 'I'eile deucibeui tuuufuulleuu.
ini vorliegenden Falle besteht eiic 1iiikeitige hoinouymo
1-leinianopsie, es niuß also eiji Läsioti (1er rochteui zeiitualoiu
Sehbali n hinter deiti CJuiaina stattgefuiiden habeti.
Es fragt sich iiiuiu weiter, an welcher Stelle zwischen
(1iiasnia und Hinterhauptslappen (lie Läsion sitzt. Auch
das kann niait näher Iokalisiereui durch genauere Beobachtung
der Pupillenreaktion auf Lichteinfall.
1)ic Rcflexbahn der Liebtreaktioui (lui k'uui,ilhu verlujutt bekanntlich
' oil der Netzhaut bis zu den primären Optcusganglien geuiucinscluafl lieb
uuuid iii der Sehbahn. Bier, wahrscheinlich u der kgeiud der Vierhilgel,
zweigt die Pupilleuireflexbahuui von (1er Sehbahn al) unid geld zuuuuu Oculouuuotoriuskern, n) (ICOn der zentrifugale Schenkel der Lieht u eflexhaluuu
beginnt.
Sitzt (lie Läsion der Sehbahn innerhalb dieses j upih1enrefluxbogeuis
1191
kumisu'uusuichl uuruul ant Kouuvcrgcnz Spur ueuugicruuud. Somust Auge äußerlich
vohlkouuuuuiu'n sugelreeht.
\Terciiuzelic (ilaukiirwrblutungemu und
Seh'
Aiugu'nluintci guuuudes.
ncrveuikopf mäßig alr01)hisch. Unmittelbar duuraui angrenzend, luis über
dio Macula J otee buinaus eine grolle, umuischriebene, weißliche, teilweise
uuuiïßug uiguuut.uiticrte Trübuuug der Netzhaut iuuit 'i.ackigen Auslaufern
in dic Umngeluurug (Retinitis proliferarus). Naeluuntcrsuchung nach eiuucuui
A umgemispiegeluuit craucimuuuug:
Bluitmustu' iii
Juil heu
uler Aequatorialgcgend des
luth re zeigt keine Veränderung.
Der Fall ist cimier von vielen, die ich während des bisherigeh
Krieges Gelegenheit hatte näher zu beobachten und zu
belmandehu.')
l)as besonders Charakteristische dieser Fälle liegt darin,
dali hier weder (1er Augapfel noel! die knöcherne Orhitaiwand
110(11 die zentrale Sehbahit direkt von dein Geschoß getroffen
wurden. Es genügt, wenn dieses einen Schädel- oder Gesichts-
knochen trifft; die hierbei entstehende explosive Wirkung
karuru sich auf das Auge fortpflanzen und sehr charakteristische
Augenschädigurigen hervorrufen. Dabei sind dic äußeren Um-
hiüllungen des Augapfels völlig intakt. Es liegen ledtglich
innere Zerreil3ungen infolge der Sprengwirkung vor, die sich
offenbar elektiv auf den Augapfel überträgt.
Eine derartige , ,Kontusion durch indirekte Sprengwirkung'
Unsere
heutigen Geschosse enthalten, wenn sie mit genügender Rasanz
tien knöchernen Schädel oder einen Gesichteknochen treffen,
scheint im modernen Kriege öfters vorzukornmen.
eine Sprengwirkung, die sich weiter ab nur auf den Augapfel
fortpflanzen kann.
Ueber die gleichen Erfahrungen berichtet Veihagen 2).
Er betont nuit Recht die Bedeutung derartiger Schußverletzutt
geil. Ihre Kenntnis ist nicht nur wegen ihres häufigen Vorzentruuuu, die E'upillenreaktion intakt sein.
komniens für die Allgemeinheit der Aerzte wünschenswert,
In dem hier besproeheuien Falle war dic Pupille bei Be- sondern Vor allem auch deshalb, weil die betreffenden Verlichtung der rechteuu NetzhautJuälfteii stair, reagierte dagegen wundeteit zunächst immer mir den chirurgischen Abteilungen
regelrecht, sobald ein Lichtieiz isoliert uiuii die linke Netzhaut- zuewiescn werdeti. Solange das andere Auge gut sieht, ist
hiiilfte traf. Als Sitz der Läsinui niullte hiernach also dci reclute sich der Verwundete selbst oft kaum oder überhaupt nicht
Tractus 01)tieUS angenommen wercleii. Diese Amuahuïie wurde der Schwere der Augenschädigung bewußt, da sie sich, Wie
bestätigt durch dau Röntgenbild. Zum Nachweis der hienuia- gesagt, lediglich auf innere Zerreißungen beschränkt, die subnopìsehen Pupillenstarre genügt die gewöhnliche Art der jektiv meist keinerlei Schmerzen verursalten. Bei einer AnPupillenbelichiung nicht. Es fällt dabei zu diffuses Licht auf zahl der von mir beobachteten Fälle war auch die Regenbeide Netzhauthälften. Der Schwerpunkt der Untersuchung bogenhaut vollkomitien normal. Erst cilio zufällig vorgenoinauf hemianopische Pu pillenstarre liegt darin, eine Vorrichtu ng mene Augenspiegeluntersueliung ließ hier die Schwere der
iou 'J'raetus opticus, so uuuul3 die Pnpihlenreuktiouu auusfuulkn, veuuuu unan
(lic dciii Gcsiehtsfelddefekt eiituu1urechcndu Netzhau thuälfte i4(uhieit belichtet; (S liegt dann dic sogenannte heiuiianoiuischie J'uiuilleuustarn
vor. tJingekehut muß bei ejflouui Sitz der Läsion auuIkrhu(lb (icr l'uipilleuuieflexbahn, z. B. in der Gratioletsehen Sehstrahluuug oder iii1 Seh-
zu haben, die es gestattet, jede Netzhauthälfte isoliert
zut
belichten, während die andere Netzhautliälfte desselben Auges
uuicht von diesem Lichtreiz getroffen wird. 1)azu bedarf es
besonderer Apparate. Einer der sinnreiclisten Apparate dieser
Art, das von liess angegebene Hemikinesimeter, stand mir
für die Untersuchung dank dem Entgegenkommen der Kieler
lJniversitäts-Nervenkliiuik zur Verfügung. Herr Priv.-1)oz.
Dr. Behr war so liebenswürdig, den Fall mit der von ihm
konstruierten Belichturtgsvorrichtung in der Kieler Universitäts-Augenklinik nachzuuntersuchien, und stellte hiermit eben-
falls eindeutig das Vorhandensein der hemianopisehen Pupillenstarre fest. Interessant war es für mich, bei dieser Gelegenheit
festzustellen, dalI auch noch ziemlich exzentrisch gelegene
Gesichtsfelddefekte (s. Gesiclitsfeldaufnahme) die Erscheinung
Augenverletzung erkennen.
Mit der Frage der Entstehung derartiger Kontusionen
durch indirekte Sprengwirkung hat sicht neuerdings
Adam )
näluer beschäftigt.
Nach seiner Ansicht kommt es dabei zunächst zu einer plötzlichen
Eiiustiilpung des hinteren Augenpols. Infolgedessen zerreißen, a die
Lcderhaut selbst sehr widerstandsfiihig ist, die straff gespannten inneren
Flaute, insbesondere die Aderhaut, und wegen ihres Blutreichtums
(daher der Name Aderhaut) beherrschen zunächst niehr oder weniger
starke intraokulare Blutungen das Krankheitsbild. Nach Aufsauguflg
(1er letzteren finden sieh entweder isolierte typische AderhantrisSe,
charakteristisch (lurch ihre Lage konzentriseh zum Sehnervenkopf,
oder die Netzhaut-Aderhaut ist mehr multipel und unregelmäßig zerrissen, und als Folge davon setzen dann bindegewebige Vornarbun'
prozesse ciii, die als umschriebene, zackige, weißliche, teilweise pigmen-
der hemianopiachen Pupillenstarre darbieten, obgleich nach t.icrte Herde am hinteren l'al auffallen (Retinitis proliferens).
y. Hess die Liehitreaktion der Pupille nur von einem kleinen
Dieses Bild des Augenhintergrundes ist in der Tat überinakularen Bezirk der Netzhaut ausgeht.
aus typisch für die Spreng-Fernwirkung auf das Auge durci'
Die Ansichten über die Existenzberechtigung und über Kontusion. Bei den von mir beobachteten Fällen beschränkten
den praktischen Wert der hemianopischen Pupillen starre sind sich die Augenhintergrundsveränderungen fast ausschließlich
daher mancherorts noch geteilt. Wie wertvoll die letztere für auf die Gegend des hinteren Augenpols mid seine nähere Umdie genauere Lokalisierung einer Gehirnläsion sein kann, be- gebung, wie oben genauer beschrieben. Nur ausnahmsweise
weist jedenfalls die vorliegende Gehirnverwundung und ihre sali ich die gleichen Veränderungen mehr oberhalb oder unterKontrolle durch das Röntgenbild.
halb des Sehnervenkopfes lokalisiert.
l)as nähere Zustandekommen dieser traumatisehien RetiFaIl 3. IJnteroffizier der Res. S., 25 Jahre alt, Am 14. Septeuuuber 1914 un Gefecht bei der Belagerung von Antwei'pen Schra1unell-
schußvcrletzung mu Gesicht und am linken Unterarm.
Ant 7. Oktober unit folgendem Augeuibefund in das Lazarett
Kiel aufgenommen: In der Gegend der Fossa canina des linken Oberkief ers eine noch nicht völlig verheilte Einschußöffnung- Ausschuußöffnung in der vorderen Ohrmuschcl und vernarbt. Eine zweite
Schrapnellsehullverletzung iiiit Radiusfraktur aun linken Oberarm.
Rechtes Auge von regelrechtcr Beschaffenheit.
u exzentrisch. Linke Puujuillc
S. links Handbewegungen in
maximal erweitert und etwas entrundet, bei direkter Belichtung starr,
nitis proliferans ist nach Goldzielier so zu erklären, daß
durch die Kontusion zunächst die am hinteren Augenpol em-
tretendeji Arterien und Nerven lädiert werden. Hierdurch leidet
die Ernährung des Augenhintergrundes; die Läsion der Nerven
bedingt außerdem auch noch trophische Störungen, und als
Weitere Kasuistik und genauere Besprechung s. d. O loff.
M. nu. W. 1915 Nr. 8 (Feldäratliche Beilage).
M. in. W. 1915 Nr. 9 (Feldärztliche Beilage).
2) Augenverletzungen im Kriege und ihre Behandlung. Berlin 1914.
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3aSepternber 1915.
DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOOHENSOEBIFT.
Nr. 40
Gesamtergebnis entsteht daim das charakteristische Bild des
beschränkte sich die Behandlung ausscluließuicli auf die Schulter-
Augenhintergrundes.
Die plötzliche Einstülpung des hinteren Augenpoles führt
und Armläsioim. Richtig Ist das nicht. Denn infolge der Ver-
naehlässigung der Augenverwundung machten nachher die
nach der Ada mschen Theorie weiter zu starker Erhöhung des
Wiederherstellung des Bindehautsackes und die Erhaltung des
Oberlides große Schwierigkeiten.
Außerdem ist bei derartigen zertrümmerten Augen, wenn
sie nicht rechtzeitig entfernt werden, die Gefahr der sympathischon Ophthalmic des anderen, nicht verwundeten Auges mit
ihren für dieses so verderbliehen Folgen besonders groß. Die
Gefahr beginnt erfahrungsgemäß bereits mit der vierten Woche
imach der Verwundung. Es war also hohe Zeit, diesen in Form
des zurückgebliebenen Augapfelrestes und der zertrümmerten
Tiveateilcheii sehlunimernden Vulkan sachgemäß zu entfernen.
intraokularen Druckes, der ganze Orhitalinhalt wird leicht
nach vorn getrieben. Neben der Eetinitis proliferans können
dann die weitere 1o1ge einer intensiveren Sprengwirkung Netz-
hautablösung, Linsenluxation, Lähmung der Irisrnuskuatur
(Iridoplegie), Abreiliung der Regenbogenhaut (Iridodialyse)
sein doch äußert sich die Kontusioriswirkung oft genug lediglich auf die hinteren Partien des Auges. Aus der Lokalisation
dieser Retinitis proliferans in der Gegend der Macula lutea,
der Stelle des zentralen Sehens, erklärt es sich ohne weiteres,
daß das Sehvermögen stets in schwerster Weise in Mitleidenschaft gezogen wird. Eine nennenswerte Besserung ist der
ganzen Natur der Sache nach ausgeschlossen.
Bei allen Schußverletzungen des Schädels und Gesichts
niuß also stets an eine Mitbeteiligung des Auges durch Kon.
tusion infolge von indirekter Sprengwirkung gedacht werden,
auch wenn das Auge äußerlich einen vollkommen normaleii
Eindruck macht.
Fall 4. Musketier der Res. F., 30 Jahre alt. Am '26. August
1914 im Gefecht bei Cainpenhout Qewehrschußverlctzung über dem
linken Auge. Einschußöffnung am nasalen Ende der linken Augen.
braue. Das Projektil war dann in das linke Auge gedrungen, hatte das
Auge zum größten Teil zertrümmert. Die Aussehul3öffnuiig liegt sai
aufsteigenden Ast de linken Unterkiefers unniittelbar unter dem Ohr
läppehen. Von hier war dasselbe Projektil nochmals in den Köriier
gedrungen, und zwar oben in dic Schulter, uni in der seitlichen Brustkorbgegend anderthalbquerfingerbreit unterhalb der linken Achselhöhle herauszutreten. Lunge dabei nachweisbar nicht iuitverletzt,
dagegen bestand eine Schlüsselbeinfraktur. Als Folge dieser letzteren
tlfld einer gleichzeitigen Plexusläsion blieb eine fast vollständige Radjahslähmung zurück (Strecker der Hand und der Finger, M. triceps brachii).
Auch der vom N. axihlaris versorgte M. deltoideus war mitgelähint.
Patient hielt sich zunachst in einem Vereinalazarett in der Nähe
tier Front auf. Die erste spezialistisohe Untersuchung und Behandlung
fand erst acht Wochen nach der Verwundung gelegentlich der Ueber.
weisung in das Marinelazarett Kiel statt. Bis dahin war der Schwerpunkt der Behandlung auf die allgemeine Wuadvorsorguag, insbesondere
auf die Abheilung der Schultervcrwundung und der Armlähmung, gelegt worden.
Der Augenbefund, wie ich ihn bei der Einlieferung in das Lazaiett
feststellte, war folgender: Oberlid am Rande eingerissen und breit
mit dem Augapfeirest verwachsen, Lidspalte nicht zu öffnen. Ein eigentlicher Bindehautsack existierte ii berhaupt nicht mehr.
Jäh durchtrennte zunächst die Verwachsungen, entfernte den
Rest des Augapfels und stellte durch plastiache Operation den Bindehautsack wieder her, sodaß der Mann jetzt imstande ist, ein gut sitzendes
G1sawge zu tragen.
Wiederholte Versuche, den Defekt ini Oberlid operativ zu beseitigen, blieben erfolglos, wohl deshalb, weil infolge der woehenlangen
mangelhaften Wundversorgung der Augapfeirest sehr verschmutzt
war und nach der Aufnahme in das Kieler Lazarett noch längere Zeit
hindurch weiter sezernierte.
Bei dr Entfernung des Augapfeirestes fiel mir auf, daI3 die Aderhaut sich nicht nur innerhalb des kollabierten Lederliautsackes befand,
wie man das sonst bei den perforierenden Fricdensverletzungen (les
Augapfels gewohnt ist. Es waren vielmehr eine Anzahl sogenannter
,,versprengter Uvealteilchen" außerhalb der Lederhaut in die Bimleliaut
- offenbar infolge der Sprengwirkung - eingeheilt.
Axenfeld macht neuerdings auf die Gefahr, die durch diese
versprengten ,,Uvealteilehen" bedingt sein kann, aufmerksam.
Sie
müssen unter allen Umständen mit entfernt werden, weil sie bei längereni
Verbleiben, auch wenn der sonstige Augapfel entfernt worden ist, leicht
die Ursache der sympathischen Ophthalmie des anderen Auges werden
können.
Glücklicherweise ist die letztere hier überhaupt nicht aufgetreten.
Patient befindet sich nur noch wegen der Nervenlähmung, die sich
inzwischen wesentlich gebessert hat, in Lazarettbehandlung.
Der Fall ist in mehrfacher Beziehung lehrreich: 1. wegen
der gleichzeitigen Schulter- und Armläsion durch ein einziges
Gewehrprojektil, und daß die Lunge, obgleich sie in unmittelbarer Nähe des Schuí3kanais lag, nicht mitverletzt worden ist;
2. wegen der unangenehmen Folgen, die an den Augen daraus
entstehen können, daß die Wundversorgung des Auges nicht
sobald als irgendmöglich von saehverständiger Seite erfolgt.
Hier war der Verwundete erst acht Wochen nach der
Verwundung dem Augenarzt zugeführt worden.
Bis dahin
Der Mann hätte ebensogut bereits mit den Anzeichen der
ausgebrochenen sympathischen Ophthalmic in das Kieler
Lazarett überwiesen werden können. und dann wäre eine
Rettung seines allein noch sehenden rechten Auges wohl so
gut wie ausgeschlossen gewesen.
Wir wissen aus dem Kriegs-Sanitktsbericht der Deutschen
Armee 1870/71, daß die Zahl der sympathischen Ophthalmien
erschreckend hoch war, wenn auch mancher der hierunter
geführten Fälle der strengereri heutigen Kritik nicht immer
standhält.
Vorbeugend hilft da nur eine möglichst rasche und völlige
operative Entfernung des verletzten Augapfels. Nicht selten
muß da unter Umständen auch ein noch sehender Augapfel
geopfert werden . uni die drohende sympathische Ophthalmie
und Erblindung des anderen Auges zu verhindern. Die Ent-
scheidung, wie und wann operiert werden soll, setzt - ganz
abgesehen von dec Technik - größere spezialistisehe Erfalirung ioraus.
Wir wissen schon aus den Friedensverletzungen des Auges,
daß der Verlauf und das endgültige Schicksal in hohem Grade
davon abhängig Ist, wie und wann die erste sachgemäße Hilfe
geleistet worden ist. Es ist durchaus nicht immer der verletzeude Fremdkörper oder das verletzende Geschoß, die die
Infektion verursachen. Diese tritt häufig erst nachträglich
ein, wenn z. B. eine perforierende Augapfeiwunde nicht mög-
lichtit bald geschlossen wird, sondern längere Zeit der Einwirkung der ini Bindehautsack sich fast stets auch normalerweise aufhaltenden Bakterien ausgesetzt bieibt. Wie segens
reich da eine vomi sachgemäßer Hand rechtzeitig ausgeführte
K uh nt seime Lappemideckung wirkt, sei hier nur beiläufig erwähmnt.
So enanches Auge, das sonst rettungslos verloren
gewesen wäre, ist durch diese Operation gerettet worden.
Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung eine Statistik von
A lsen') die er an dem Friedensverletzungsmaterial der Kieler
LTniversitäts-Augenklinik aufgestellt hat.
Unter den gleich am Tage der Verletzung frisch behandelten Fällen
blieb bei 39,3 % eine Sehschärfe von
und mehr zurück. bei den 14 Tage
später konunenden nur in 11,9%.
Bei 17,4% der frisch behandelten
Fälle muß der Augapfel operativ entfernt werden, beirtleci verschleppten
Fällen in 30.9 %. Unter den vom ersten Tage der Verwundung ab be-
handelten Âugenverletzten behalten doppelt soviele eine brauchbare
Sehschäm'f e zurück als diejenigen, (lie später erblinden (Verhältnis also
1); bei den erst später am 5. bis 14. Tage in Behandlung7kommenden stellt sich das Verhältnis auf fast 1 : 1.
2:
T)iese Zahlen reden eine überzeugende Sprache, es erhellt
daraus ohne weiteres der große Wert einer möglichst frühzeitigen sachgeniä lien Behandlung aller schwereren Augen-
verwundungen.
Wenn Ada in in der Einführung zu seinem Kompendium
der ,,Augenverletziuigen im Kriege" sagt: ,,Keine römische
Koliorte ist je ins Feld geiogen, ohne von einem Okulisten
begleitet zu sein," so darf das natürlich nicht zu wörtlich genommen werden. Es soll nur heißen, daß eine frühzeitige
sachgemäße Wuiidversorgung des Auges im Kriege außerordentlich wichtig ist. Es dürfen unter keinen Umständen
Augenverletzungen, wie es hier der Fall war, wochenlang sich
selbst überlassen bleiben, auch wenn das Auge keinerlei Besohwerdejj verursacht. I)enn die Erfahrung lehrt, daß gerade
diejenigen Entzündungen des verletzten Auges zur sympathischen Ophthalmic des anderen Auges fuhren, die sich schleiehend
') Klinische Erfahrungen jibei Augeuverwundungen.
1913.
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30, Spternbei 1915.
DEIJTSCRE MEDIZINISCHE WOOHENSOBBIFT.
1193
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err(i(Iuit wir, (laß iii
dciii jet zigell Weltkriege iiwhr oldateii al ( iii friihoicit
Kriegeii dot Fall war, vu' deiti t ratirigoit oliioksa!, auf heilll)d
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(jell Augeit zu erblinden, bewahrt werdeit.
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