Spezielle Immunologie I Das Versagen der Immunabwehr: Umgehung der Immunabwehr durch Pathogene Angeborene und erworbene Immundefizienz Immunreaktionen zur Tumorbekämpfung Allergien Kirsten Gehlhar 27.06.08 Krankheitserreger umgehen die Immunabwehr 1) Antigene Variation: a) Existenz unterschiedlicher Serotypen b) Antigendrift c) Antigenshift 2) Persistenz Serotypen = verschiedene Oberflächenantigene Unterscheidung in serologischen Tests = Serotypen Umgehung der humoralen Immunabwehr Antigen-Drift/Antigen-Shift „I had a little bird, Its name was Enza. I opened the window and in-flu-enza.“ Antigene Variation: Kinderreim, 1918 a) Antigendrift b) Antigenshift „Spanische Grippe“: weltweite Pandemie mit evtl. 50 Mio. Todesopfern 1918/19 Pandemie gr. pan (= alles) und demos (Volk) Zusammenfassung: Definitionen Grippe-Impfstoffe - WHO Schutz vor folgenden Grippestämmen für den Impfstoff 2006/2007 Antigendrift: Kleine, allmähliche Veränderungen/ Mutationen im Genom des Organismus führen zu phänotypischen Veränderungen Antigenshift: Große, sprunghafte Veränderungen/ Mutationen im Genom des Organismus führen zu weitreichenden phänotypischen Veränderungen • A/New Caledonia/20/99 (H1N1) • A/Wisconsin/67/2005 (H3N2) • B/Malaysia/2506/2004 Schutz vor folgenden Grippestämmen für den Impfstoff 2005/2006 • A/New Caledonia/20/99 (H1N1) • A/California/7/2004 (H3N2) • B/Shanghai/361/2002 (oder B/Jiangsu/10/2003 oder B/Jilin/20/2003) Antigene Variation bei Trypanosomen Antigenshift II Weitere Organismen, die Antigenshifts durchführen: • Salmonella typhimurium (Flagellin) • Plasmodium falciparum (Oberflächenantigene) • Trypanosomen (1000 Gene für VSGs: Varianten-spezifische Glykoproteine) Persistenz HSV Herpes simplex Virus Das Versagen der Immunabwehr: Umgehung der Immunabwehr durch Pathogene Angeborene und erworbene Immundefizienz Immunreaktionen zur Tumorbekämpfung Allergien Angeborene Immunschwächekrankheiten I Angeborene Immunschwächekrankheiten II Ursachen für Immunschwächekrankheiten Jedes System der Immunabwehr kann betroffen sein • Unterernährung • Phagozyten • Medikamente • Komplementsystem • Strahlung • MHC-Moleküle • Infektionen (z.B. mit Masernviren) • B-Zell-Entwicklung (fehlende Antikörper) • T-Zellen (keine Aktivierung des Immunsystems) Phagozytendefekte I Leukozytenadhäsions-Defizienz: • Defekt im Biosyntheseweg (Fucosylierung) der Sialyl-Lewisx • Leukozyten können nicht in infizierte Gewebe einwandern. • ausgedehnte Infektionen mit pyogenen (eitererregenden) Bakterien. Wanderung aktivierter Leukozyten zu Entzündungsherden Phagozytendefekte II Septische Granulomatose: Phagozytose III Makrophagen und Neutrophile erzeugen bei der Phagozytose toxische Produkte: • defekte Proteine des NADPH-Oxidase-Systems Æ fehlende Bildung von Superoxidradikalen Ansäuerung pH = 3,5 - 4,0 bakteriostatisch und bakterizid • schwere intra- und extrazelluläre Infektionen. Toxische O2Derivate O2- (Superoxid), H2O2 (Wasserstoffperoxid), O2 Singulettsauerstoff), OH- (Hydroxylradikal), OCl- (Hypohalit) Toxische Stickoxide Antimikrobielle Peptide Enzyme Stickstoffoxid NO respiratory burst Defensine, kationische Proteine Lysozym (löst Zellwand einiger grampositiver Bakterien auf Saure Hydrolasen – zerkleinern Bakterien weiter Kompetitoren Angeborene Immunschwächekrankheiten II Jedes System der Immunabwehr kann betroffen sein • Phagozyten • Komplementsystem Laktoferrin – bindet Fe, Vitamin-B12-bindendes Protein Defekte des Komplementsystems 1) Mangel an Komplement-Faktoren, z.B. des LektinWeges (MBK, MASP1, MASP2, C2, C4) oder des alternative Weges (Faktor D, Faktor P) führen zu bakteriellen Infektionen (z.B. mit Neisseria spp.) • MHC-Moleküle 2) Mangel an Komplement-Faktoren des klassischen Weges führen zu einer krankhaften Anhäufung von Immunkomplexen • B-Zell-Entwicklung (fehlende Antikörper) 3) Mangel an Komplement-Regulations-Faktoren, • T-Zellen (keine Aktivierung des Immunsystems) z.B. C1-Inhibitor (gesteigerte Aktivität gefäßaktivierender Mediatoren Æ Ödembildung ÆAnschwellen des Kehldeckels Æ Ersticken) Angeborene Immunschwächekrankheiten II Jedes System der Immunabwehr kann betroffen sein • Phagozyten MHC-Moleküle „Bare-lymphocyte-syndrome“ – Zellen ohne MHC I und/oder MHC II (schwere Immundefizienz, SCID). MHC I – Mangel z.B. durch Defekte (Mutationen) der TAPTransporter • Komplementsystem • MHC-Moleküle • B-Zell-Entwicklung (fehlende Antikörper) • T-Zellen ( keine Aktivierung des Immunsystems) Angeborene Immunschwächekrankheiten II Jedes System der Immunabwehr kann betroffen sein • Phagozyten • Komplementsystem B-Zell-Defekte XLA (X-linked Agammaglobulinämie) = defekte Tyrosinkinase (btk), auf dem X-Chromosom codiert. btk überträgt Signale des Prä-BZell-Rezeptors (B-Zell-Reifung). • MHC-Moleküle • B-Zell-Entwicklung (fehlende Antikörper) • T-Zellen (keine Aktivierung des Immunsystems) B-Zell-Defekte (niedrige Antikörperkonzentrationen) führen zu häufigen Infektionen mit extrazellulären Bakterien Angeborene Immunschwächekrankheiten II Jedes System der Immunabwehr kann betroffen sein • Phagozyten • Komplementsystem T-Zell-Defekte Aufgrund mangelnder Stimulation durch T-Zellen (Defekt im CD40Liganden) können sich weder Keimzentren bilden, noch die B-Zellen sich vermehren oder einen IsotypWechsel durchführen. Die Folge: • MHC-Moleküle B-Zellen bilden nur IgM und IgD Æ Hohe Anfälligkeit für Infektionen durch extrazelluläre Krankheitserreger. • B-Zell-Entwicklung (fehlende Antikörper) • T-Zellen (keine Aktivierung des Immunsystems) Schwere kombinierte Immundefekte durch T-Zell-Mangel SCID X-linked SCID: Severe combinded immunodeficiency Defekt der IL-2-Rezeptor γ-Kette (gemeinsame γ-Kette (γ c) von IL-2, IL-4, IL-7, IL-9 und IL-15) Die Patienten haben weder funktionelle B-Zellen (Ausfall der T-Helfer-Zell-Funktion) noch normale T-Zellen. „bubble boy“ David Vetter Leukämie 1 = Tumorentstehung bei Blutzellen Das Versagen der Immunabwehr: Umgehung der Immunabwehr durch Pathogene Angeborene und erworbene Immundefizienz Immunreaktionen zur Tumorbekämpfung Allergien Erstbeschreibung einer Leukämie durch Rudolf Virchow 1845. Blutausstrich: akute myeloische Anämie (häufigste Leukämie bei Erwachsenen) Æ Verdrängung der anderen Blutzellen Leukämie 2 Erworbene Immunschwäche - AIDS HIV-Infizierte gesamt: 38 Millionen Erwachsene 35 Mio. Kinder < 15J. 3 Mio. Neuinfektionen 2003 4,8 Millionen Erwachsene 4,1 Mio. Kinder < 15J. 0,7 Mio. Zahl der HIV-Infizierten Ende 1999 Blutausstrich: normales Blutbild Blutausstrich: akute myeloische Anämie (häufigste Leukämie bei Erwachsenen) Æ Verdrängung der anderen Blutzellen AIDS-Tote 2003 2,9 Millionen Erwachsene 2,4 Mio. Kinder <15J. 0,5 Mio. BRD 2003 Infizierte 43 000 Neuansteckungen 500 Tote 600 HIV – human immunodeficiency virus HIV-Aufbau Hülle mit 2 Glykoproteinen: gp120: Bindung an CD4 Bindung an Co-Rezeptor* gp 41: Fusion mit der Wirtszelle Replikationszyklus der Retroviren: RNA→cDNA →RNA→ Protein 2 Kopien Genom (RNA) Enzyme: Integrase Protease Reverse Transkriptase * Als Co-Rezeptoren dienen (je nach HIV-Variante verschiedene) Chemokin-Rezeptoren, z.B.: CCR5 CXCR4 (T-Zellen, Dendritische Zellen, Makrophagen) (T-Zellen) HIV – Infektionszyklus I HIV – Infektionszyklus II T-HelferZelle Corezeptor CD4 MHC II mit MHCPeptid HI-Viren (blau) verlassen eine infizierte T-Zelle Spezifische Abwehr – Adaptive Immunantwort Infizierte Zelle Antigen Aufnahme humoral APC zellulär Präsentation Präsentation B-Zelle Stimulation Bildung und Freisetzung Antikörper T-Helfer-Zelle Stimulation cytotoxische T-Zelle Stimulation B- und TGedächtnisZellen Verlauf der HIV-Infektion 1) HIV vermehrt sich, kann am Anfang durch das Immunsystem unter Kontrolle gebracht werden 2)Überlebende Viren vermehren sich langsam. Der Titer steigt mit Abnahme der T-Zellzahl. Viren werden aus lymphatischen Geweben freigesetzt. 3)Die zelluläre und humorale Immunantwort brechen zusammen Æ Lyse von infizierten Zellen und Tumorzellen Ausbruch von opportunistischen Krankheiten. Therapie von HIV-Infektionen • Inhibitoren der Reversen Transkriptase (AZT) • Inhibitoren der Proteasen • Medikamente gegen opportunistische Infektionen Hohe Mutationsrate führt zu Resistenzentwicklung: Das Versagen der Immunabwehr: Umgehung der Immunabwehr durch Pathogene Angeborene und erworbene Immundefizienz Immunreaktionen zur Tumorbekämpfung • schneller Vermehrungszyklus • Reverse Transkriptase Allergien Auslöser der Transformation Eigenschaften von Tumorzellen • Fehlerhafte/keine Reaktion auf Zellzyklus-Signale • Autonomes Wachstum ohne Bedarf eines WachstumsSignals • Invasives Wachstum über Gewebegrenzen hinaus • Metastasen-Wachstum in entfernten Geweben/Organen nach dem Eintritt von Zellen in den Blut- oder Lymph-strom • spontane Fehler während der Zellteilung (Mutationen, gene-rearrangement...) • Karzinogene: • physikalisch (Radioaktivität, Röntgenstrahlung, UV) • chemisch (Polyzyklische Aromaten, aromatische Amine) • virale Onkogene • Monoklonale Abstammung, Änderungen treten erst während des Wachstums auf Proteine zur Kontrolle des Zellwachstums • Wachstumsfaktoren Identifikation von Tumoren durch das Immunsystem Abgesehen von dem abnormalen Wachstum unterscheiden sich Tumorzellen oft nicht von „normalen“ Zellen ⇒ sie können nicht vom Immunsystem als fremd erkannt werden • Rezeptoren für Wachstumsfaktoren • Signaltransduktions-Proteine • Transkriptionsfaktoren • durch Viren ausgelöste Tumor exprimieren oft virale Gene auf der Zelloberfläche ⇒ Erkennung durch das Immunsystem möglich • Pro- oder anti-apoptotische Proteine • Proteine der Zell-Zyklus-Regulation • DNA-Reparatur-Proteine • Tumore exprimieren embryonale Gene auf der Zelloberfläche oder überproportional viele gleiche SelbstPeptide auf der Oberfläche ⇒ Erkennung durch das Immunsystem möglich Tumorabstossungsantigene Gezielte Immunreaktionen zur Tumorbekämpfung Antigenklasse Embryonal Mutierter Tumorsuppressor Onkovirales Protein Tumor-assoziierte Merkmale/Antigene Antigen MAGE-1 MAGE-3 p53 HPV Typ16 Art des Antigens Tumortyp Normale Hodenproteine Hautkrebs, Brustkrebs Zyklusregulator Lungenkrebs, Brustkrebs, Magen- und Darmkrebs Virale transformierende Genprodukte Gebärmutterkrebs Tumore entgehen dem Immunsystem I Tumore entgehen dem Immunsystem II Monoklonale Antikörper in der Tumortherapie Das Versagen der Immunabwehr: Umgehung der Immunabwehr durch Pathogene Angeborene und erworbene Immundefizienz Immunreaktionen zur Tumorbekämpfung Allergien Einteilung von Allergien nach Coombs Typ I Allergie: Allergene Antigene IgE-vermittelt, richtet sich gegen lösliche Antigene, Sofortreaktion Typ II-Allergie: IgG vermittelt, gegen ZelloberflächenAntigene gerichtet Pollen Typ III-Allergie: IgG-vermittelt, gegen lösliche Antigene Influenza Virus gerichtet Typ IV-Allergie: T-Zell-vermittelt, gegen lösliche Antigene Haustiere (Th1-Zellen) oder zell-assoziierte Antigene (zytotoxische T-Zellen) gerichtet. Allergie vom verzögerten Typ. Regulation durch T-Helferzellen Schema der Typ I -Allergie 1. Sensibilisierungsphase Th1 + IFN-γ B Pneumokokken Hausstaubmilben IgG Bakterien Toxine 80% APC Tp Th2 IL-4 IL-13 Allergen B IgE Mastzellen, Basophile Th0 2. Effektorphase Th2 + IL-4 IL-13 B IgE Parasiten (Allergien) 0,002% Freisetzung von: -Histamin -Leukotrienen -Prostaglandin Allergische Entzündung Spätreaktion Effektormechanismen bei allergischen Reaktionen I Mediatoren aus Granula (bereits vorgefertigt): 1. Enzyme: Tryptase, Chymase, Kathepsin G, Carboxypeptidase Æ Gewebeschäden 2. Toxische Mediatoren: Histamin, Heparin Æ toxisch für Parasiten, erhöhen die Gefäßdurchlässigkeit, Kontraktion der glatten Muskulatur (Durchfall, Erbrechen, Blockierung der Atemwege, Schwellung, Schleimbildung) 3. Cytokine: Effektormechanismen bei allergischen Reaktionen II Neusynthese von Mediatoren: 1. Lipidmediatoren: a) Leukotriene (Kontraktion der glatten Muskulatur, erhöhte Gefäßpermeabilität, verstärkte Schleimsekretion) b) PAF (Plättchen-aktivierender Faktor): lockt Leukozyten an, verstärkt die Produktion von Lipidmediatoren, aktiviert Eosinophile und Plättchen 2. Chemokine: IL-4, IL-13: Verstärkung der Th2-Reaktion IL-3, IL-5, GM-CSF: Aktivierung von Eosinophilen TNF-α: Förderung der Entzündungsreaktion Die allergische Reaktion verläuft in 2 Phasen MIP-1α: Anlockung von Monocyten, Makrophagen und Neutrophilen Granulozyten Unterschiedliche Symptome, abhängig vom Eintrittsort IgE-vermittelte Immunantwort in der Haut Haut: Nesselsucht (Urticaria), Ödeme oder Ekzeme: Verdauungstrakt: Erbrechen und Durchfall Augen: Rötung, Entzündung (Konjunktivitis) Spätreaktion: Aktivität von Eosinophilen und Th2-Zellen, die durch die von den Mastzellen gebildeten Chemokine u. Leukotriene angelockt werden. Nase: Schwellung, Schleimbildung (Rhinitis) Das MBP (Major basic protein) aus Eosinophilen bewirkt wiederum die Degranulation von Mastzellen und Basophilen (verstärkt durch IL-3, IL-5 oder GM-CSF). Lunge: Kontraktion (Asthma) ⇒ Chronische Entzündungen (Asthma bronchiale). Urticaria Ödem Systemisch, intravenös: Anaphylaktischer Schock Typ II-Allergie IgG Typ III-Allergie IgG-Antikörper binden Allergen, das an Zelloberflächen assoziiert ist, z.B. an Erythrozyten oder Thrombozyten ⇒ Zerstörung und Entfernung der Zellen durch das Komplementsystem oder FcR+ Zellen. Bsp.: Penicillinallergie • Die Immunkomplexe aktivieren das Komplementsystem und lösen eine Entzündung aus • Mastzellen, die FcγRIII tragen, binden die Immunkomplexe und degranulieren ⇒ Schwellung, Gefäßverschluss Typ IV-Allergie I •Lösliche Antigene werden durch lokale APCs prozessiert und präsentiert •Spezifische Th1-Zellen wandern ein und werden aktiviert •Durch die freigesetzten Cytokine (IFN-γ, TNFα und -β)und Chemokine werden Makrophagen angelockt und Endothelzellen aktiviert Typ IV-Allergie II Zellassoziierte Antigene: •Kleine Moleküle (Haptene) binden an körpereigene Proteine, die von APCs in der Haut (LangerhansZellen) aufgenommen und präsentiert werden. •Veränderte Peptide lösen eine Aktivierung von Th1 oder CD8 T-Zellen aus Æ Auslösung einer Entzündungsreaktion oder Abtöten der präsentierenden Zellen. •Die Gefäßdurchlässigkeit steigt und Gewebe wird zerstört Bsp.: Tuberculintest Nickelallergie