1 Gewebeoptik Wechselwirkung von Licht und Materie – insbesondere mit biologischem Gewebe: • Absorption • Streuung • Fluoreszenz SoSe 2014 Gewebeoptik 2 Eigenschaften des Lichtes • Klassische Beschreibung (Wellenoptik) – Licht ist eine transversale elektromagnetische Welle mit Wellenlängen zwischen 100nm und 10µm z.B. E E0 cos(2 ( t x / )) • Quantenphysikalische Beschreibung (Teilchenoptik) – Lokalisierte masselose Energiequanten: Photonen – Energie eines Photons: Ep = h = hc/ h = 6.626 ·10-34 Js (Plancksches Wirkungsquantum) SoSe 2014 Gewebeoptik 3 Das elektromagnetische Spektrum 1 eV = 1.60219·10-19 J SoSe 2014 Gewebeoptik 4 Wechselwirkung von Licht und Materie • bestimmt durch Energiezustände (Energieniveaus) der Moleküle – der Grundzustand ist der niedrigste Energiezustand – angeregte Zustände sind Zustände höherer Energie • die Energie setzt sich aus verschiedenen Beiträgen zusammen: Emol = Esp + Ee-spin + Enuc.spin + Erot + Evib + Eelec – sp: kinetische und potentielle Energie des Schwerpunktes des Moleküls sehr klein – e-/nuc spin: Kern- und Elektronenspin Radiofrequenzbereich, ca. 10-7 eV / Molekül – rot: Rotation des Moleküls um den Schwerpunkt Mikrowellenbereich, ca. 10-3 eV / Molekül – vib: Schwingungen der einzelnen Atome Infrarotlicht, ca. 0.1 eV / Molekül – elec: räumliche Elektronenkonfiguration innerhalb des Moleküls ultraviolettes oder sichtbares Licht, ca. 1 - 10 eV / Molekül SoSe 2014 Gewebeoptik 5 Absorption Der Ausbreitungseffekt, der die Identifikation verschiedener Bestandteile des Gewebes erlaubt SoSe 2014 Gewebeoptik 6 Elektronische und Vibrationszustände • • • • • die elektronischen Energieniveaus hängen von Abstand der Kerne innerhalb eines Molekülorbitals ab zu jedem elektronischen Niveau gehört eine Anzahl von Vibrationsniveaus die Absorption von UV- oder sichtbarem Licht bewirkt Übergänge zwischen elektronischen Energieniveaus die Absorption von Infrarotlicht bewirkt Übergänge zwischen Vibrationsniveaus thermische Anregung verteilt die Moleküle auf die verfügbaren Energieniveaus gemäß der Boltzmannverteilung N = Ng exp(-E/kBT) mit kB = 1.8066210-23 J/K • • Absorption findet statt, wenn das Photon eine Frequenz bzw. Wellenlänge hat, die dem Energieunterschied zwischen den betrachteten Zuständen des Moleküls entspricht. Dies wird als Resonanz bezeichnet. Der Zusammenhang zwischen Energie E, Wellenlänge und Frequenz ist: E = h = hc/ mit h = 6.626 ·10-34 Js SoSe 2014 Gewebeoptik 7 Absorption: Beersches Gesetz dI a dx I dI a dx I I ( x ) dI x a dx I0 0 I ln I ( x) ln I 0 a x SoSe 2014 I ( x) I 0 e a x Gewebeoptik 8 Absorptionskoeffizienten • Chemiker beschreiben die Transmission T häufig als I T 10 cl 10 I0 – : molarer Extinktionskoeffizient [l/mol·cm] – c : Konzentration der Chromophore [mol/l] – l : optische Weglänge [cm] – • : optische Dichte (OD) oder Extinktion Physiker beschreiben die Transmission T gewöhnlich als I T exp( a N a l ) exp( a l ) I0 • – a : Absorptionsquerschnitt [cm2] ("effektive" absorbierende Fläche eines Teilchens) – – Na : Dichte der absorbierenden Teilchen [1/cm3] l : optische Weglänge [cm] – a : Absorptionskoeffizient [1/cm] (häufig auch ) 1/a kann als "mittlere freie Weglänge" eines Photons betrachtet werden – bzw. "Absorptionstiefe", "Eindringtiefe" etc. SoSe 2014 Gewebeoptik 9 Lichtstreuung Der zweite wichtige Effekt der Lichtausbreitung in Gewebe Begründet in der Struktur des Gewebes SoSe 2014 Gewebeoptik 10 Mechanismen der Lichtstreuung • Lichtstreuung entsteht durch die Anwesenheit von Heterogenitäten innerhalb eines Mediums – Eingeschlossene Objekte – Fluktuationen der Dielektrizitätskonstante durch die thermische Bewegung bzw. ungleichmäßige Verteilung der Moleküle --> nicht gleichförmige zeitliche und/oder räumliche Verteilung des Brechungsindexes • • • Der Durchgang einer elektromagnetischen Welle durch ein Medium versetzt die elektrischen Ladungen in Oszillationen und kann auch Schwingungsmoden anregen Gestreutes Licht ist die Strahlung, die durch die Beschleunigung dieser Ladungen oder durch die Dämpfung der Vibrationsübergänge entsteht Wichtige Parameter für die Streuung sind – die Wellenlänge – der relative Brechungsindex – Größe, Form und Orientierung der streuenden Teilchen SoSe 2014 Gewebeoptik 11 Messgrößen für die Lichtstreuung I ( x ) I 0e • • • s x Analog zur Absorption – s : Streuquerschnitt [cm2] ("effektive" streuende Fläche eines Teilchens) – – Ns : Dichte der streuenden Teilchen [1/cm3] l : optische Weglänge [cm] – s : Streukoeffizient [1/cm] zusätzlich – As: tatsächliche (projizierte) Fläche eines Teilchens [cm2] – Qs: Streueffizienz – Zusammenhang: s=As·Qs und auch hier wieder – 1/s kann als "mittlere freie Weglänge" eines Photons betrachtet werden (bevor es gestreut wird) • Unterschied zur Absorption – das gestreute Licht wird abgelenkt, es geht nicht verloren wie bei der Absorption SoSe 2014 Gewebeoptik 12 Rayleigh-Streuung • Streuung an Teilchen, die klein gegen die Wellenlänge sind – Winkelverteilung ist symmetrisch und variiert nur langsam – Streueffizienz nimmt monoton mit der Wellenlänge ab (Himmelsblau!) 128 4a 4 ns2 n 2 Qs 34 ns2 2n 2 SoSe 2014 Gewebeoptik 13 Mie-Streuung Beispiel: Wassertropfen a = 10µm = 650nm • Streuung an Teilchen, die größer als die Wellenlänge sind – reduzierter Streuquerschnitt angenähert (!) durch 2na Qs ' 3.28 0.37 ns 1 n 2.09 für 5 2 n a 50 und n ns 1.1n – – bei der Winkelverteilung dominiert die Vorwärtsrichtung die von verschiedenen Punkten des Teilchens abgestrahlten Wellen können interferieren, daher zeigt die Winkelverteilung eine komplizierte Struktur SoSe 2014 Gewebeoptik 14 Rayleigh-Streuung Mie-Streuung Beispiel: Wassertropfen a = 10µm = 650nm • Streuung an Teilchen, die klein gegen die Wellenlänge sind – Winkelverteilung ist symmetrisch und variiert nur langsam – Streueffizienz nimmt monoton mit der Wellenlänge ab (Himmelsblau!) 128 4 a 4 ns2 n 2 Qs 34 ns2 2n 2 SoSe 2014 • Streuung an Teilchen, die größer als die Wellenlänge sind – bei der Winkelverteilung dominiert die Vorwärtsrichtung – die von verschiedenen Punkten des Teilchens abgestrahlten Wellen können interferieren, daher zeigt die Winkelverteilung eine komplizierte Struktur Gewebeoptik 15 Chromophore Was sind die wesentlichen Gewebebestandteile? Wo und warum absorbieren sie Licht ? SoSe 2014 Gewebeoptik 16 Wasser im UV und im Sichtbaren • • • • häufigster Bestandteil des menschlichen Körpers (65-70%) wichtigstes Lösungsmittel, in dem biochemische Reaktionen stattfinden starke Absorption für < 180nm Absorptionstiefe reicht – von weniger als 100nm im fernen UV – zu mehr als 10m im Sichtbaren SoSe 2014 Gewebeoptik 17 Wasser im infraroten Spektralbereich • • Absorptionsmaxima bei 0.96, 1.44, 1.95, 2.94 und 6.1 µm Absorptionstiefe – – fällt von ca. 500 mm bei = 800 nm zu weniger als 1 µm bei = 2.94 µm und beträgt weniger als ca. 20 µm im ganzen weiteren IR bis > 6 µm SoSe 2014 Gewebeoptik 18 Proteine: physiologische Bedeutung • • • "Eiweiß", dominanter "nicht-Wasser"-Bestandteil, ca. 30% aller weichen Gewebe wesentliche strukturelle Komponente von Haut, Knochen, Muskeln etc. zusammengesetzt aus Aminosäuren (evtl. mehr als 100) – • • Glycin, Alanin, Leucin, Cystin, Glutaminsäure, Lysin, Serin, Phenylalanin, Tryptophan ... verbunden durch Peptidbindungen (zwischen Carboxylgruppe COOH und Aminogruppe NH2) Absorptionseigenschaften bestimmt durch Peptidbindung und die beteiligten Aminosäuren selbst SoSe 2014 Gewebeoptik 19 Proteine: Ultraviolett • UV-Absorption im Bereich um = 190 nm – – • verursacht durch Anregung der Peptidbindung Absorptionstiefe (Eindringtiefe) in Gewebe bei = 193 nm beträgt ca. 300 nm UV Absorption im Bereich um = 215 nm und = 270 nm – verursacht durch Übergänge zwischen und *-Orbitalen in Ringstrukturen der Aminosäuren SoSe 2014 Gewebeoptik 20 Proteine: Infrarot • • IR-Absorption verursacht durch Schwingungsanregungen Absorptionstiefe < 10 µm im Bereich von = 6 - 7 µm SoSe 2014 Gewebeoptik 21 Lipide (Fette) • • • Wichtiger Energiespeicher im Körper Ester aus 1 Molekül Glycerol und 3 Fettsäuremolekülen (Triglyceride) Absorptionseigenschaften werden genutzt – – • bei Messung der Zusammensetzung des Gewebes an verschiedenen Körperteilen bei Verfolgung physiologischer Änderungen im Gewebe der weiblichen Brust Spektren, insbesondere im Sichtbaren und nahem IR nicht besonders gut bekannt SoSe 2014 Gewebeoptik 22 DNA I = Desoxyribose (+ Nucleinbase: Adenin, Thymin, Guanin oder Cytosin) II = Orthophosphorsäurediester-Brücke (-O-[PO2]-O-) • • • • De(s) oxy ribo nuklein säure (DNS, "A" für "acid) Hauptbestandteil des Genoms, enthält die "Bauanleitung" für die Synthese von Proteinen und die Regelung der Zellfunktion Beschädigung durch Lichteinwirkung führt zu Zytotoxizität (Zelltod durch Auflösung von Zellen) oder zur Auslösung von Zellmutationen, letzteres kann zur Entstehung von Tumoren führen DNA absorbiert Strahlung für < 320 nm SoSe 2014 Gewebeoptik 23 Hämoglobin • • • • • Roter Blutfarbstoff, aus 4 Häm-Gruppen und Globin-Ketten (Eiweiß) Verantwortlich für den Sauerstofftransport (Versorgung der Gewebe) Jedes Hämoglobinmolekül (Hb) kann 4 Sauerstoffmoleküle transportieren Wenn ein Hämoglobinmolekül diese 4 Sauerstoffmoleküle trägt, wird es als Oxyhämoglobin (HbO2) bezeichnet Die Sauerstoffsättigung ist ein Maß für die Zulieferung und Nutzung des Sauerstoffs und für die Stoffwechselaktivität [HbO 2 ] Hb sat SoSe 2014 [HbO 2 ] [Hb] Gewebeoptik 24 Hämoglobin: sichtbar und NIR • • • • • Roter Blutfarbstoff Verantwortlich für den Sauerstofftransport (Versorgung der Gewebe) Jedes Hämoglobinmolekül (Hb) kann 4 Sauerstoffmoleküle transportieren Wenn ein Hämoglobinmolekül diese 4 Sauerstoffmoleküle trägt, wird es als Oxyhämoglobin (HbO2) bezeichnet Die Sauerstoffsättigung ist ein Maß für die Zulieferung und Nutzung des Sauerstoffs und für die Stoffwechselaktivität [HbO ] Hb sat SoSe 2014 2 [HbO 2 ] [Hb] Gewebeoptik 25 Pulsoximetrie: Messung der Sauerstoffsättigung • Absorptionsmessung mit zwei abwechselnd geschalteten LEDs und einem Photodetektor • Zusammensetzung des Signals – – – – Änderung das arteriellen Blutvolumens mit dem Pulsschlag Absorptionsänderung unterschiedlich stark bei λ1 und λ2 λ1 :großer Unterschied zwischen Hb und HbO2-Absorption (z.B. 660nm) λ2 :ähnliche Absorption (z.B. 960nm) µa ,660 HbO2 ,660 [ HbO 2 ] Hb,660 [ Hb] µa ,960 HbO2 ,960 [ HbO 2 ] Hb,960 [ Hb] • SoSe 2014 aus den unterschiedlichen pulsierenden Anteilen kann das Verhältnis von [HbO2] und [Hb] berechnet werden. Gewebeoptik 26 Wellenlängenbereiche „therapeutisches Fenster“ • • • Die Absorption ist wellenlängenabhängig Die Absorption ist groß im UV, fast dem gesamten sichtbaren Bereich und im IR Die Absorption ist relativ gering im Roten und im nahen Infraroten (NIR) (650nm < < 1300nm). Dies ist der diagnostisch oder therapeutisch nutzbare Bereich! SoSe 2014 Gewebeoptik 27 Streuung in Gewebe Verschieden große Streupartikel Anisotrope Streuung SoSe 2014 Gewebeoptik 28 Streuung in Gewebe • Gewebe setzt sich aus einer Mischung von Rayleighund Mie-Streuern zusammen SoSe 2014 Gewebeoptik 29 Anisotrope Streuung in Gewebe • Streueigenschaften des Gewebes werden (unvollständig) charakterisiert durch – reduzierten Streukoeffizienten (Transportstreukoeffizient) s' = s(1-g) – Anisotropie g cos 0.8 ... 0.95 (cos 37° ... cos 18°) • Streuung geschieht hauptsächlich in Vorwärtsrichtung – das gestreute Licht geht nicht vollständig verloren, sondern kommt auch wieder zurück SoSe 2014 Gewebeoptik 30 Absorption und Streuung • • • • Streuung und Absorption geschehen simultan und sind wellenlängenabhängig die Streuung nimmt monoton mit der Wellenlänge ab (typ. s' ~ -0.5...-2) die Absorption ist groß im UV, fast dem gesamten sichtbaren Bereich und im IR die Absorption ist gering im Roten und im nahen Infraroten (NIR) (650nm < < 1300nm) "therapeutisches Fenster" SoSe 2014 Gewebeoptik 31 Diffusiver Strahlungstransport Beschreibung der Lichtausbreitung durch „dichtes“ Gewebe durch den Transport einzelner Photonen SoSe 2014 Gewebeoptik 32 Optische Gewebeeigenschaften quantitativ • Im therapeutischen Fenster: – Absorptionskoeffizienten µa 0.01 ... 1 mm-1 – Streukoeffizienten µs 10 ... 100 mm-1 es dominiert also die Vielfachstreuung ! – totaler Dämpfungskoeffizient (für die „ballistischen Photonen”) µ t = µa + µs – Albedo (Anteil der Streuung an der Dämpfung) a = µs / µt 0.99 ... 0.999 – mittlere freie Weglänge (bis zur nächsten Absorption oder Streuung) 1/µs 10 ... 100 µm • wieso kommt dann überhaupt Licht hindurch ? – die meisten Wechselwirkungen sind Streuvorgänge – die Streuung ist nicht isotrop: (s.o. reduzierter Streukoeffizient) SoSe 2014 Gewebeoptik 33 Wenn die Streuung dominiert... • Die geeignete Theorie hängt vom Verhältnis zwischen Absorption und Streuung ab: – µa >> µs': Lambert-Beer'sches Gesetz ( < 300nm, > 2000nm) – µa << µs': Diffusionsnäherung (650nm < < 1150nm) – µa µs': Strahlungstransportgleichung, Monte-Carlo-Simulationen (300nm< <650nm, 1150nm < < 2000nm) SoSe 2014 Gewebeoptik 34 Exakte Beschreibung: Strahlungstransportgleichung f (r , , t ) q (r , , t ) cm µs (r ) p (' ) f (r , , t )d' t 4 cm f (r , , t ) cm µs (r ) f (r , , t ) cm µa (r ) f (r , , t ) Die Änderung der Anzahl von Photonen pro Zeitintervall mit der Bewegungsrichtung die sich zur Zeit t +dt im Phasenraumvolumen dV befinden muß gleich sein der Anzahl von Photonen, die durch eine Lichtquelle eingekoppelt werden + dem Gewinn an Photonen durch Streuung aus den Richtungen in die Richtung - dem Verlust an Photonen, die das Medium an den Grenzflächen verlassen haben - den Photonenverlusten durch Streuung aus der Richtung in andere Richtungen - den Photonenverlusten durch Absorption im Volumenelement dV SoSe 2014 Gewebeoptik 35 Diffusionsnäherung • Im therapeutischen Fenster: Diffusionsnäherung – Absorptionskoeffizienten µa 0.01 ... 1 mm-1 – reduzierte Streukoeffizienten µs' 1 ... 10 mm-1 es dominiert also immer noch die Streuung ! – Beschreibung der Propagation der Photonendichte näherungsweise als Diffusion mit einer Diffusionskonstanten 1 3( µa µs ' ) – effektiver Dämpfungskoeffizient D µeff 3µa ( µa µs ' ) – „Eindringtiefe“ 1 µeff SoSe 2014 1 3µ a ( µ a µ s ' ) 1 5mm Gewebeoptik 36 Gegenüberstellung der Modelle I • Die Gleichung I ( d ) I 0 e ( µa µ s ) d – beschreibt, welcher Anteil der Intensität ungestört die Strecke d propagiert. – exp(-(µa+µs)d) ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon die Strecke d zurücklegt, ohne gestreut oder absorbiert zu werden. – In dieser Darstellung wird nicht betrachtet, was mit dem gestreuten Licht geschieht • Die Transportgleichung f (r , , t ) t – beschreibt exakt die Propagation einer Photonendichte (Photonenzahl pro Volumenelement, abhängig von Ort, Zeit, und Richtung) – es werden neben den Absorptions- und Streukoeffizienten auch die verschiedenen Richtungsänderungen bei der Streuung betrachtet – es wird sowohl aus dem betrachteten Element herausgestreutes wie auch von anderen Richtungen hineingestreutes Licht betrachtet SoSe 2014 Gewebeoptik 37 Gegenüberstellung der Modelle II • Die Gleichung I ( d ) I 0e 3µa ( µa µs ')d I 0e µeff d – beschreibt näherungsweise, welcher Anteil der Leistung bzw. Photonendichte nach über eine Strecke d transportiert wird – Das Licht kann dabei ungestört propagiert sein oder es kann durch Vielfachstreuung in das Austrittsflächenelement gelangt sein – geschieht die Streuung vornehmlich in Vorwärtsrichtung, so ist der Transportstreukoeffizient µs' deutlich kleiner als µs – die einzelnen in der Austrittsfläche ankommenden Photonen können Weglängen zurückgelegt haben, die ein Vielfaches länger sind als d • Die Diffusionsnäherung (r , t ) Dcm (r , t ) a cm (r , t ) q0 (r , t ) t – beschreibt diese Propagation der Photonendichte näherungsweise 1 als Diffusion mit einer Diffusionskonstanten D 3( µa µs ' ) SoSe 2014 Gewebeoptik 38 Wie misst man so etwas? • Messung des remittierten Lichts – diffus reflektiert – oder diffus transmittiert SoSe 2014 Rückstrahlungsvermögen Durchlässigkeitsgrad Gewebeoptik 39 Wie misst man so etwas? • Zeitunabhängig, totale Transmission bzw. Reflektion: – • Zeitunabhängig, lokale Transmission bzw. Reflektion – • Messung der transmittierten bzw. reflektierten Intensität an verschiedenen Orten bzw. in verschiedenen Abständen von der Einstrahlposition Zeitaufgelöst, total – – – • Messung der Anteile der eingestrahlten Lichtleistung, die transmittiert bzw. reflektiert werden Messung der transmittierten bzw. reflektierten Leistung als Funktion der Zeit nach der Einstrahlung eines kurzen Lichtpulses (Messung der Laufzeitverteilung, LZV). Zweck der Zeitauflösung: Unterscheidung von Absorption und Streuung Das Produkt aus der Laufzeit und der Lichtgeschwindigkeit im Medium ist die von einem Photon (mit allen Streuprozessen) zurückgelegte Wegstrecke: "spätere" Photonen wurden also öfter gestreut (und dabei nicht absorbiert) Zeit- und ortsaufgelöst – Messung von Laufzeitverteilungen an verschiedenen Abständen von der Einstrahlposition SoSe 2014 Gewebeoptik 40 Beispiel: Reflexionsmessung am Kopf • Parameter des Lasers – mittlere Leistung 1mW, Repetitionsrate 20MHz, Pulsdauer 200ps 1 Puls: Energie 50pJ – Wellenlänge 600nm, Lichtfrequenz 500THz 1 Photon: Energie 3,313·10-19 J (2eV) 1 Puls 1,5·10+8 Photonen • detektierte Photonen – die an einem bestimmten Ort detektierten Photonen müssen ▪ zufälligerweise genau an diesem Ort das Gewebe verlassen ▪ nicht unterwegs absorbiert werden – etwa alle 20 bis 50 Pulse wird überhaupt ein Photon detektiert ! – Laufzeiten bis zu 10ns • der mühsame Weg der Photonen – zurückgelegter Weg L=ct/n in 10ns (n 1,5) ca. 2m – Streukoeffizient s 100 cm-1, freie Weglänge 0,1mm ca. 20000 Streuprozesse – Absorptionskoeffizient a 0.05 cm-1 Dämpfung ca. 1/22000 SoSe 2014 Gewebeoptik 41 Was braucht man für so eine Messung ? • Für eine zeit- und ortsaufgelöste Messung braucht man: – Lichtquelle, die kurze Pulse erzeugt ▪ modengekoppelter Laser ▪ Picosekunden - Halbleiterlaser – Lichtleiter zur Einstrahlung und zum Empfang des Lichtes in sehr kleinen räumlichen Bereichen ▪ Stufenindex - Glasfasern ▪ Glasfaserbündel mit hoher numerischer Apertur – Einrichtungen zum Abtasten verschiedener Orte – Detektoren für einzelne Photonen ▪ Lawinendioden (Avalanche-Dioden) ▪ Photomultiplier (Sekundärelektronenvervielfacher) – Verarbeitung der detektierten Photonen mit genauer Zeitmessung ▪ zeitkorrelierte Einzelphotonenzählung (TCSPC) SoSe 2014 Gewebeoptik 42 Diffuse optische Bildgebung • Orts- und ggf. zeitaufgelöste Messung optischer Eigenschaften des Körperinneren • Erwartungen – Keine Strahlenbelastung, keine kumulative Wirkung ▪ ein Patient kann häufig untersucht werden (Therapiekontrolle) ▪ Vorsorgeuntersuchungen sind risikolos – Weniger aufwendige Verfahren ▪ Untersuchungen sind billiger ▪ einfache und ungefährliche Apparaturen (EMV!) können auch am Krankenbett (Intensivstation) eingesetzt werden – Bildgebung mit einem anderen physikalischen Mechanismus zeigt andere Gewebeeigenschaften ▪ evtl. Darstellung biochemischer Funktionen durch geeignete Kontrastmittel („functional Imaging“, „molecular Imaging“) ▪ Einsatz in Kombination mit etablierten Verfahren („multimodale Bildgebung“) SoSe 2014 Gewebeoptik 43 Diffuse optische Bildgebung: Beispiele • optische Mammografie – Bestimmung der Streu- und Absorptionseigenschaften von Brustgewebe und Tumoren – Gewinnung physiologischer Information: ▪ Hämoglobin-Konzentration ▪ Sauerstoffsättigung des Blutes ▪ relativer Wasser- und Lipidgehalt des Gewebes – Unterscheidung von gesundem Brustgewebe und Tumoren? – ggf. Vermeidung unnötiger Biopsien • optische Durchblutungsmessung am Kopf – Therapiekontrolle am Krankenbett Schlaganfallpatienten – Messung der Sauerstoffsättigung als funktionelle Bildgebung zur Korrelation mit Messungen neuronaler Aktivität SoSe 2014 Gewebeoptik 44 Fluoreszenz Emission von Licht anderer Wellenlänge SoSe 2014 Gewebeoptik 45 Temperaturstrahlung - Lumineszenz • Temperaturstrahlung (thermische Strahlung) – breitbandige Strahlung gemäß der Planck'schen Strahlungsformel – z.B. Sonne, Glühfaden einer Glühbirne • Lumineszenz („kaltes Leuchten“) – Aussendung von Licht bei Übergang von einem Elektronenzustand höherer Energie in einen Zustand niedrigerer Energie – z.B. Spektrallinien, z.B. in Gasentladungen – Bezeichnung je nach Anregungsmechanismus, z.B. ▪ Elektrolumineszenz: elektrisch, z.B. in Lumineszenzdioden ▪ Chemolumineszenz und Biolumineszenz: durch chemische Reaktionen ▪ Photolumineszenz: durch Lichtabsorption (Fluoreszenz oder Phosphoreszenz) SoSe 2014 Gewebeoptik 46 Lumineszenz - Fluoreszenz - Phosphoreszenz • Photolumineszenz = Fluoreszenz oder Phosphoreszenz • Fluoreszenz – nach Anregung Abgabe eines Teils der Energie durch Stöße – nach relativ kurzer Zeit (ns) Abgabe der restlichen Energie durch Elektronenübergang, dabei Aussendung von Licht geringerer Energie(größerer Wellenlänge) als der Anregungsenergie • Phosphoreszenz – nach Anregung Abgabe eines Teils der Energie durch Stöße, dabei Übergang in Zustand aus dem ein Elektronenübergang sehr unwahrscheinlich ist („verbotener Übergang“) – erst nach sehr langer Zeit (ms bis hin zu Tagen oder Jahren) Abgabe der restlichen Energie durch Elektronenübergang, dabei ebenfalls Aussendung von Licht geringerer Energie als der Anregungsenergie SoSe 2014 Gewebeoptik 47 Der Fluoreszenz-Prozess (einfach) • 1. Anregung – ein Photon der Energie hex wird durch eine externe Quelle erzeugt und vom Fluorophor (dem fluoreszenzfähigen Molekül) absorbiert – das Molekül befindet sich im angeregten Singulett-Zustand S1' • 2. Lebensdauer des angeregten Zustands – in dieser Zeit finden weiterhin Wechselwirkungen innerhalb des Moleküls und mit der Umgebung statt: Dissipation von Energie, bis zum niedrigsten Schwingungszustand, "strahlungslose Relaxation" nach S1 – das Molekül bleibt eine Zeit R (typ. 1-10 ns) im angeregten Zustand S1 • 3. Fluoreszenz-Emission – ein Photon mit geringerer Energie hem wird emittiert, das Fluorophor kehrt in den Grundzustand S0 zurück. – Energiedifferenz hex- hem „Stokes-Verschiebung“ wichtig für Empfindlichkeit ! SoSe 2014 Gewebeoptik