Kunden binden mit Vertragslandwirtschaft Vertragslandwirtschaft ist nichts Neues. Vertragslandwirtschaft wurde bereits vor 100 Jahren betrieben, nur hat sie damals niemand so genannt. Auch in der heutigen Zeit kann diese Idee nicht als etwas Neues bezeichnet werden. In Genf beispielsweise existieren Projekte, welche bereits seit 30 Jahren erfolgreich geführt werden. Aber was bedeutet Vertragslandwirtschaft heute? Der Name verrät es, es wird ein Vertrag mit dem Kunden, bzw. dem Konsumenten abgeschlossen. Wichtig dabei ist, dass der Kunde nicht nur ein Produkt, sprich ein Nahrungsmittel erhält, sondern es wird ihm zusätzlich ein Gefühl vermittelt. Es wird dem Konsumenten wieder bewusst gemacht, was es bedeutet, verantwortungsvoll Nahrungsmittel zu produzieren, und dass es nicht so leicht ist mit den Launen der Natur umzugehen. Dies wird damit erreicht, dass ihm die Gelegenheit geboten wird, selber anzupacken. Gefühl vermitteln Für die Umsetzung eines solchen Projektes bestehen keine Norm-Raster. Die be- und entstehenden Projekte haben so viele Gesichter wie die Anzahl Projekte. Eines jedoch haben sie alle gemeinsam: Den nachhaltigen, regionalen, selbstversorgenden und kundennahen Charakter. Um das Gefühl der Erde, des Tieres und schliesslich des Produktes vermitteln zu können, kommt der Konsument mehrmals jährlich auf dem Bauernhof vorbei. Er erhält Einblick in die Produktionsform, die Schwierigkeiten und Freuden im Zusammenhang mit der Entstehung der Lebensmittel. Optimal ist, wenn sich der Konsument bereit erklären kann, ein paar Stunden pro Jahr im Prozess mitzuarbeiten. Dies ist eine Möglichkeit, die Wertschätzung der Nahrungsmittel zu fördern. Produkte-Säcke in Depot abholen Eines der jüngsten Projekte im Kanton Bern befindet sich in Affoltern i.E. im Junkholz, auf dem Betrieb Bernhard. Hans und Jeannette Bernhard begannen dieses Jahr mit einer der vielen Formen von Vertragslandwirtschaft. Die Projektidee ist folgende: Alle zwei Wochen werden „Produkte-Säcke“ an die verschiedenen Depots in der Region geliefert. Pro Depot ist einer der Kunden verantwortlich. Die Konsumenten holen ihren Produkte-Sack im Depot ab. Bezahlt wird im Voraus quartalsweise und immer derselbe Betrag. Um den Bezug zum Produkt zu intensivieren, können die Kunden an vier beliebigen Nachmittagen auf dem Hof im Junkholz mitarbeiten und erhalten pro absolvierten Nachmittag eine Lieferung kostenlos. Im Sack findet der Kunde immer Urdinkelbrot, Dinkelteigwaren und Eier vor. Variabel wird ergänzt mit Süssmost, Teekräutern, Trockenfrüchten, Ölen und getrocknetem Suppengemüse. Saisonal erhält der Kunde Salate, Obst und Gemüse. Auf Bestellung kann er auch Fleischprodukte vom Hof kaufen. Weiterentwicklung des Projektes • Möglich wäre, den Produkte-Sack mit Erzeugnissen anderer Landwirte der Region zu ergänzen. So profitiert ein weiterer Landwirt von der Idee und für den Konsumenten wird die Palette breiter. • Mit den Beteiligten einen Verein gründen, mit der Idee, das Zugehörigkeitsgefühl und den Bezug zum Boden, zum Tier und schlussendlich zur Nahrung zu fördern. Das Liefern in ein Depot ermöglicht jedem Landwirt das Betreiben von Vertragslandwirtschaft. Für produktionsorientierte Landwirte bleibt immer noch die Möglichkeit, die Produkte über einen bereits in die Vertragslandwirtschaft eingestiegenen Bauer zu vermarkten. Inforama Beratung, Simon Jöhr, Tel.062 916 01 58, [email protected] erschienen in der BauernZeitung vom 12. September 2008 Die Familie Bernhard liefert Produkte-Säcke an verschiedene Depots.