Katharina Becker Dr. med. Die Bedeutung des Tumorsuppressors

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Katharina Becker
Dr. med.
Die Bedeutung des Tumorsuppressors CYLD für die Proliferation hepatozellulärer
Karzinomzellen in vitro und muriner Hepatozyten in vivo
Promotionsfach: NCT (Nationales Centrum für Tumorerkrankungen)
Doktorvater: Prof. (apl.) Dr. med. Henning Schulze-Bergkamen
Das hepatozelluläre Karzinom ist weltweit eine der häufigsten Tumorerkrankungen und mit
einer schlechten Prognose assoziiert. Bei insgesamt limitierten Behandlungsoptionen hat die
Erforschung molekularer Pathomechanismen zur Entwicklung erster zielgerichteter Therapien
geführt, deren Wirksamkeit in den letzten Jahren belegt werden konnte. Um die Behandlung
des HCCs langfristig zu verbessern, bedarf es tiefergehender Erkenntnisse zu dessen
molekularen Entstehungsmechanismen.
CYLD ist ein Tumorsuppressorgen, das erstmals im Zusammenhang mit der familiären
Zylindromatose identifiziert wurde, einer Erkrankung mit einer Disposition für multiple
Tumoren der Hautanhangsgebilde. Auch beim hepatozellulären Karzinom ist die CYLDExpression vermindert. Essentielle Funktionen von CYLD bei Apoptose, Gewebshomöostase
und Tumorsuppression in der Leber wurden durch Studien der eigenen sowie anderer
Arbeitsgruppen belegt und sprechen zusätzlich für eine Beteiligung von CYLD an der
Hepatokarzinogenese.
Die vorliegende Arbeit zielte darauf ab, die Bedeutung von CYLD für die Proliferation und
Invasion humaner HCC-Zellen sowie muriner Hepatozyten in vivo zu analysieren. Es konnte
gezeigt werden, dass ein siRNA-vermittelter knockdown der CYLD-Expression in vitro zu
einer verstärkten Cyclin D1-Expression in HCC-Zellen führt, jedoch ohne messbare
Auswirkungen auf die G1/S-Phasen-Progression des Zellzyklus. Darüber hinaus kam es in
diesen Zellen zu einer verstärkten Expression der proliferationsfördernden Proteine Bcl-3 und
β-Catenin. Der knockdown der CYLD-Expression führte weiterhin in Huh7-Zellen zur
spontanen Kerntranslokation von Bcl-3 und erleichterte dessen weitere UV-stimulierte
nukleäre Translokation. In Matrigel-basierten Invasionsversuchen zeigten Huh7-Zellen mit
gehemmter CYLD-Expression ein verstärktes Invasionpotenzial. Hingegen war die Zellmigration im Wundheilungsversuch in vitro nach CYLD knockdown beeinträchtigt. Auf molekularer Ebene kam es in den HCC-Zellen nach CYLD silencing zur gesteigerten Expression
mesenchymaler, allerdings auch epithelialer Cadherine. Insgesamt ließ sich also zeigen, dass
CYLD eine negativ regulierende Wirkung auf multiple proliferationsfördernde Moleküle
ausübt und die Invasion von HCC-Zellen unterdrücken kann. Die Rekonstitution von CYLD
in HCC-Zellen stellt damit einen interessanten Ansatzpunkt zukünftiger Therapiebemühungen
dar.
Zur zusätzlichen Untersuchung der Rolle von CYLD für die Proliferation von Hepatozyten in
vivo wurden im Rahmen dieser Arbeit zwei unterschiedliche Mausmodelle verwendet: Zum
einen wurden Mäuse mit einem kompletten, organunabhängigen CYLD knockout (CYLD-/-)
analysiert. Zum anderen wurden Mäuse untersucht, die eine leberspezifische, durch die
Albumin-Cre Rekombinase getriggerte Deletion von Exon 7 und 8 des Cyld-Gens aufweisen
(CYLDexon7/8xAlbCre) und infolgedessen ausschließlich die natürlich vorkommende
Splicevariante short CYLD (sCYLD) exprimieren. Vorarbeiten der eigenen Arbeitsgruppe
hatten anhand dieser Mausmodelle eine Bedeutung von CYLD für die Gewebshomöostase
und Karzinogenese in der murinen Leber gezeigt: Während sich bei CYLD-/--Mäusen keinerlei
Auffälligkeiten fanden, fielen in den Lebern der CYLDexon7/8xAlbCre-Mäuse eine biliär
betonte chronische Leberschädigung mit progredienter Fibrose sowie eine verstärkte
Sensibilität gegenüber chemisch induzierten Lebertumoren auf. Ziel der vorliegenden Arbeit
war es, die Rolle der hepatozellulären Proliferation bei diesem Phänotyp zu eruieren.
Periportale Proliferate sowie gesteigerte Expressionsniveaus von E-Cadherin in den Lebern
der CYLDexon7/8xAlbCre-Mäuse lieferten Hinweise auf eine Aktivierung des Oval Cell
Kompartiments, also hepatischer Progenitorzellen. Die erhöhte Expression von Bcl-3 und
Cyclin D1 in den Lebern der CYLDexon7/8xAlbCre-Mäuse nach DEN/PhenobarbitalBehandlung bestätigte den hyperproliferativen Phänotyp und deutete auf eine Verstärkung des
Bcl-3-vermittelten NF-κB-Signalwegs hin. Die funktionelle Analyse der Genexpressionsprofile erbrachten basal Veränderungen der ribosomalen Translation und mRNA-Prozessierung; nach DEN/Phenobarbital-Behandlung ließen sich die signifikant regulierten Gene
u.a. den Prozessen der entzündlichen Immunantwort, der Angiogenese sowie dem
programmierten Zelltod zuordnen. Bei der Untersuchung von Adhäsionsmarkern in den
CYLD knockout-Modellen fiel neben der oben erwähnten Überexpression von E-Cadherin in
den Lebern der CYLDexon7/8xAlbCre-Mäuse ein zunehmender Verlust von E-Cadherin in den
Lebern der CYLD-/--Mäuse nach DEN/Phenobarbital-Behandlung auf, der sich als epithelialmesenchymale
Transition
im
Prozess
der
Kanzerogenese
interpretieren
lässt.
Zusammenfassend lässt sich folgern, dass es im Rahmen der Leberschädigung bei den
CYLDexon7/8xAlbCre-Mäusen unter anderem zur Proliferation hepatischer Epithel- und
Progenitorzellen kommt.
Schließlich wurde die Rolle von CYLD bei der Leberregeneration nach 1/3-Leberteilresektion
in den CYLD knockout-Mausmodellen untersucht. Interessanterweise fand sich eine durch die
partielle Hepatektomie ausgelöste Herunterregulierung der endogenen CYLD-Expression bei
Kontrolltieren. Dies stellt möglicherweise einen Mechanismus zur Proliferationsstimulation
im Rahmen der Leberregeneration dar. In den CYLD knockout Mausmodellen zeigte sich,
dass die ausschließliche Überexpression von sCYLD eine rasche Induktion hepatozellulärer
Proliferation begünstigt, während ein kompletter CYLD-Verlust erst nach längerer Latenzzeit
einen proliferationsfördernden Effekt hat. Dieser ging mit der verstärkten Expression der
Zellzyklusproteine Cyclin D1, Cyclin B1 und PCNA einher. Auf molekularer Ebene ließ sich
in den Lebern der CYLDexon7/8xAlbCre-Mäuse eine Aktivierung des kanonischen, nicht jedoch
des Bcl-3-vermittelten NF-κB-Signalwegs nachweisen. Diese könnte für die Sensitivierung
der Hepatozyten für Wachstumsfaktoren und für die frühe Proliferation verantwortlich sein.
In den Zellen der betreffenden Lebern kam es zur Überexpression von Myc und Gadd45β
sowie zu einer Aktivierung des JNK-Signalwegs. Bei Untersuchung der CYLD-/--Lebern
fanden sich hingegen Hinweise auf eine vermehrte Aktivierung der Wnt-Signalkaskade sowie
eine starke Induktion des Epidermal Growth Factor Receptors. Zusammenfassend lässt sich
sagen, dass der Verlust von CYLD eine begünstigende Wirkung auf die Leberregeneration
hat. Im Umkehrschluss weist dies auf eine inhibitorische Funktion von CYLD bei der
hepatozellulären Proliferation hin.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Arbeit, dass eine verminderte Expression von CYLD
über diverse molekulare Mechanismen hepatozelluläre Proliferation begünstigt und somit
unter anderem für eine vermehrte Krebsentstehung in der Leber prädisponiert.
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