Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago maydis mit

Werbung
Döhlemann, Gunther | Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago ...
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Mikrobiologie/Ökologie
Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago maydis
mit seiner Wirtspflanze Mais
Döhlemann, Gunther
Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, Marburg
Abteilung – Organismische Interaktionen (Kahmann)
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Der Brandpilz Ustilago maydis ist Verursacher des Maisbeulenbrandes. Nach Infektion unterdrückt
der Pilz die Abwehr der Pflanze, was die biotrophe Entwicklung des Pilzes ermöglicht. In Abwesenheit des von U. maydis sekretierten Effektorproteins Pep1 bleibt diese Unterdrückung der Pflanzenabwehr allerdings aus; die Infektion wird erfolgreich abgewehrt. Pep1 stellt demnach einen
entscheidenden Faktor für die Kompatibilität zwischen Wirt und Pathogen dar. Die Aufklärung
der Pep1-Funktion wird grundlegend zum besseren Verständnis von biotrophen Pilz-PflanzeInteraktionen beitragen.
Abstract
The fungus Ustilago maydis is the causative agent of maize smut disease. During this biotrophic
interaction, plant defense is suppressed immediately upon penetration. We identified the secreted
effector-protein Pep1. Pep1 deletion mutants failed to suppress plant defense and are not able to
colonize maize tissue. Therefore, Pep1 is an essential factor for the compatible interaction between
U. maydis and its host plant. Elucidation of the Pep1 function will help to understand the molecular
mechanisms that determine compatibility in biotrophic plant-fungal interactions.
Einleitung
Die Brandpilze (Ustilaginomycotina) sind eine mehr als 1200 Arten umfassende Gruppe von pflanzenpathogenen Pilzen, die zahlreiche Getreidearten befällt, darunter Weizen, Mais, Gerste und Hafer.
Der Brandpilz Ustilago maydis parasitiert auf Mais (Zea mays) sowie dessen Urform Teosinthe
(Zea mays ssp. parviglumis) und ist der Verursacher des Maisbeulenbrandes. Dank seiner einfachen
Kultivierbarkeit, des kurzen Infektionszyklus von zirka zwei Wochen sowie der hervorragenden
Zugänglichkeit für molekulargenetische Techniken, wurde U. maydis in den letzten Jahren als
Modellsystem sowohl für zellbiologische als auch pathogenitätsrelevante Fragestellungen etabliert.
Seit 2006 ist auch die komplette Genomsequenz von U. maydis bekannt und öffentlich verfügbar [1].
Die Infektion der Wirtspflanze Mais beginnt mit der direkten Penetration der Epidermis. Dabei
werden spezielle Infektionsstrukturen, die so genannten Appressorien, ausgebildet (Abb. 1 A). Die
penetrierende Hyphe dringt in die Wirtszelle ein, wo sie allerdings von der unverletzt bleibenden
Plasmamembran der Pflanzenzelle umhüllt bleibt (Abb. 1 B). In dieser biotrophen Interaktion bleiben
die infizierten Pflanzenzellen während des gesamten Infektionszyklus am leben und ernähren
die wachsenden Pilzzellen. Im weiteren Verlauf der Infektion kommt es zur massiven Proliferation
der Pilzhyphen in den Zellzwischenräumen (Abb. 1 C; [2]) und schließlich zur Ausbildung von
© 2009/2010 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Döhlemann, Gunther | Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago ...
Pflanzentumoren (Abb. 1 D), in denen der Pilz seinen Lebenszyklus durch die Bildung der so genannten Teliosporen abschließt [3].
Abb. 1: Pathogene Entwicklung von Ustilago maydis auf seiner Wirtspflanze Mais. A Etwa 12 Stunden nach
der Infektion beginnt die Ausbildung von Appressorien (roter Pfeil) auf der Blattoberfläche (Balken: 10 µm).
B Während der frühen biotrophen Phase, 1–4 Tage nach der Infektion, wächst U. maydis intrazellulär
(Pilzhyphen mittels green fluorescent protein (GFP) grün markiert) und ist dabei kontinuierlich von der
Plasmamembran der Wirtszellen umgeben (rot, gefärbt mit FM4-64; Balken: 5 µm). C Während der Tumorbildung, 6–12 Tage nach Infektion, bilden sich umgeben von deutlich vergrößerten Wirtszellen zunehmend
größer werdende Aggregate von Pilzzellen, in denen schließlich die Bildung der Teliosporen stattfindet
(grün: U. maydis Hyphen, gefärbt mit WGA-AF488; blau: Autofluoreszenz der pflanzlichen Zellwände; Balken:
50 µm). D Im Freiland kommt es meist zur stärksten Symptomausprägung im Blütengewebe, hier in einem
Maiskolben, der vollständig zu Tumorgewebe transformiert ist.
Urheber: Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie/Döhlemann
Unterdrückung der pflanzlichen Abwehr durch U. maydis
Frühe Symptome einer U. maydis-Infektion sind Chlorosen der Blattoberfläche und, in seltenen
Fällen, kleine nekrotische Bereiche am Ort der Infektion. In dieser Phase der Interaktion weisen
U. maydis-Hyphen polares Spitzenwachstum auf und bewegen ihr gesamtes Cytoplasma zur Hyphenspitze. Ältere Hyphenabschnitte erscheinen dabei leer und werden durch Septen abgetrennt [4].
Pflanzenzellen, die solche kollabierten Hyphen enthalten, reagieren oft mit programmiertem Zelltod
als Abwehrmaßnahme gegen den Pilz. In einer späteren Infektionsphase induziert U. maydis die
Bildung von Tumoren durch Vergrößerung und Proliferation der Pflanzenzellen. In diesen Tumoren
aggregieren pilzliche Zellen, ohne Zelltod im umgebenden pflanzlichen Gewebe auszulösen [2, 5].
www.mpg.de
© 2009/2010 Max-Planck-Gesellschaft
Döhlemann, Gunther | Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago ...
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Untersuchungen der transkriptionellen Antwort von Mais auf eine Infektion durch U. maydis mit
dem Affymetrix© Microarray-System zeigten eine frühzeitige Erkennung des Pilzes auf der Blattoberfläche, die eine starke, unspezifische Pflanzenabwehrreaktion zur Folge hat. Mit Etablierung der
biotrophen Interaktion ca. 24 Stunden nach der Infektion nimmt diese Abwehrreaktion wieder ab [5].
Gleichzeitig werden in der Pflanze Gene für die Zelltod-Unterdrückung induziert, wie beispielsweise
der Bax-Inhibitor-1 [6]. Diese Befunde legen nahe, dass U. maydis nach erfolgreicher Etablierung der
biotrophen Interaktion die Pflanzenabwehr, insbesondere den programmierten Zelltod, aktiv unterdrücken kann und damit die Ausbildung einer kompatiblen Interaktion mit der Wirtspflanze ermöglicht.
Das Effektorprotein Pep1
Um den pflanzlichen Abwehrreaktionen entgegenzuwirken, sekretieren mikrobielle Pathogene eine
Vielzahl von Proteinen, so genannte Effektoren, welche in die Pflanzenabwehr eingreifen und so die
erfolgreiche Infektion ermöglichen [7]. Mikrobielle Effektorproteine weisen eine hohe strukturelle
und funktionelle Vielfalt auf. Oftmals handelt es sich um Proteine ohne konservierte funktionelle
Domänen, die meist keinerlei Ähnlichkeit zu bereits bekannten Proteinen haben.
Das Genom von U. maydis kodiert 386 putativ sekretierte Proteine, denen gemäß ihrer Aminosäuresequenz keine enzymatische Funktion zugeschrieben werden kann. Interessanterweise sind viele der
Gene, die solche potenzielle Effektoren kodieren, in Genclustern arrangiert – sie liegen also in räumlicher Nähe zueinander [1]. U. maydis-Mutanten, in denen diese Gencluster gezielt ausgeschaltet
wurden, zeigten verschiedene Defekte während der pathogenen Entwicklung, waren jedoch sämtlich
zur erfolgreichen Besiedelung der penetrierten Wirtszelle fähig [1]. Dies führte zu der Vermutung,
dass es weitere Effektoren außerhalb der beschriebenen Gencluster geben müsse, die initial die
Etablierung der kompatiblen Interaktion und somit auch die beobachtete Suppression der pflanzlichen
Abwehrreaktion vermitteln.
Eine systematische Analyse von mutmaßlichen Effektorgenen in U. maydis führte schließlich zur
Identifikation des neuartigen Effektorproteins Pep1 ( protein essential during penetration 1).
Deletionsmutanten von Pep1 weisen einen völligen Verlust der Tumorbildung in infizierten Maispflanzen auf. Auch für einen weiteren Brandpilz, den Erreger des Gerstenhartbrandes (Ustilago hordei) ist
Pep1 ein essenzieller Pathogenitätsfaktor [6]. Mittels konfokaler Mikroskopie konnte gezeigt werden,
dass Pep1-Deletionsmutanten im Gegensatz zum Wildtyp 24 Stunden nach Infektion die pflanzliche
Plasmamembran invaginieren, jedoch nicht zur weiteren Besiedelung des Wirtsgewebes in der Lage
sind [8]. Um das Pep1-Protein im Pflanzengewebe zu lokalisieren, wurden fluoreszenzmarkierte
Versionen des Proteins genutzt. GFP(green fluorescent protein)-markiertes Pep1 wird demnach von
intrazellulär wachsenden U. maydis-Zellen sekretiert und akkumuliert an den Hyphenspitzen, vor
allem während der Zell-Zell-Passagen (Abb. 2). Zudem konnte gezeigt werden, dass sich Pep1 an der
Schnittstelle zwischen Pilzhyphe und Wirtszelle, der so genannten biotrophen Interaktionszone,
befindet [8].
© 2009/2010 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Döhlemann, Gunther | Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago ...
Abb. 2: In-vivo-Lokalisierung von Pep1-GFP innerhalb des Wirtsgewebes. Pep1-GFP (grün) akkumuliert
während der Zell-Zell-Penetration um eine Hyphenspitze herum (Pfeilspitze). Membranstrukturen (rot) wurden
mit dem Farbstoff FM4-64 sichtbar gemacht. Balken: 5µm.
Urheber: Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie/Döhlemann
Der Verlust der Pathogenität der Pep1-Mutante geht einher mit makroskopischen Symptomen: dem
Absterben infizierter Blattbereiche, einer erhöhten Autofluoreszenz der Zellwand sowie der Akkumulation von Wasserstoffperoxid um die Appressorien herum [8]. Microarray-Analysen von Maispflanzen 24 Stunden nach Infektion mit Δpep1-Mutanten zeigten zudem, dass es im Gegensatz zur
Interaktion mit dem Wildtyp nicht zu einer Reprimierung der Pflanzenabwehr kommt. Die Antwort
der Pflanze auf eine Infektion durch Δpep1-Mutanten ist somit typisch für eine Nicht-Wirts-Antwort,
also für eine Interaktion mit einem Pathogen, das nicht auf eine erfolgreiche Besiedelung von Mais
adaptiert ist. Oder mit anderen Worten: Die Sekretion von Pep1 in die biotrophe Interaktionszone ist
eine essenzielle Voraussetzung für die Etablierung einer erfolgreichen Interaktion zwischen Ustilago
maydis und seiner Wirtspflanze, dem Mais. Bisher unbekannt ist allerdings, wie Pep1 in der Pflanze
funktioniert. Denkbar wäre beispielsweise, dass Pep1 grundlegende Komponenten der pflanzlichen
Abwehr inhibiert, aber auch weitere Erklärungsmodelle erscheinen plausibel (Abb. 3).
Da es sich bei Pep1 offenbar um einen grundlegenden Faktor für die Pathogenität von Brandpilzen
handelt, ist es von größtem Interesse, die Funktionsweise von Pep1 auf molekularer Ebene zu verstehen. Das umfassende Verständnis der molekularen Mechanismen, die der Interaktion von pathogenen
Pilzen mit ihren Wirtspflanzen zu Grunde liegen, ist dabei nicht allein von wissenschaftlicher Relevanz. In Anbetracht der weltweiten, jährlich wiederkehrenden Ernteausfälle durch Schadpilze und des
stetig steigenden Einsatzes von Umwelt und den Menschen gefährdenden Fungiziden besteht die
dringende Aufgabe, dieses Wissen für die Züchtung stabiler Resistenzen gegen Schadpilze in Getreidepflanzen zu nutzen.
www.mpg.de
© 2009/2010 Max-Planck-Gesellschaft
Döhlemann, Gunther | Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago ...
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Abb. 3: Modell zur Darstellung möglicher Funktionsmechanismen von Pep1. 1 Pep1 akkumuliert um biotroph
wachsende Hyphenspitzen herum und könnte so eine abschirmende Funktion haben, um die Pilzzelle vor
pflanzlichen Enzymen zu schützen. 2 Pep1 könnte mit anderen Pilz-Effektoren interagieren und diese dadurch
aktivieren. 3 Pep1 könnte als Inhibitor für Pathogen-induzierte Pflanzenenzyme, beispielsweise Proteasen,
fungieren. 4 Die Akkumulation von Wasserstoffperoxid an Hyphenspitzen von U. maydis bei Abwesenheit von
Pep1 könnte auf eine Inhibierung der NADPH-Oxidase oder weiterer Produzenten von Sauerstoffradikalen
hinweisen. 5 Um die Etablierung einer kompatiblen Interaktion zu ermöglichen, bewirkt U. maydis eine
Suppression der Pflanzenabwehr. Dass dies in Abwesenheit von Pep1 nicht geschieht, könnte auf die Blockierung eines pflanzlichen Rezeptorproteins hindeuten.
Urheber: Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie/Döhlemann
© 2009/2010 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
Tätigkeitsbericht 2009/2010
Döhlemann, Gunther | Etablierung der kompatiblen Interaktion von Ustilago ...
Literaturhinweise
[1] J. Kämper, R. Kahmann, M. Bölker, L. J. Ma, T. Brefort et mult. al.:
Insights from the genome of the biotrophic fungal plant pathogen Ustilago maydis.
Nature 444, 97–101 (2006).
[2] G. Doehlemann, R. Wahl, M. Vranes, R. P. de Vries, J. Kämper, R. Kahmann:
Establishment of compatibility in the Ustilago maydis/maize pathosystem.
Journal of Plant Physiology 165, 29–40 (2008).
[3] F. Banuett, I. Herskowitz:
Discrete developmental stages during teliospore formation in the corn smut fungus,
Ustilago maydis.
Development 122, 2965–2976 (1996).
[4] K. M. Snetselaar, C. W. Mims:
Light and electron microscopy of Ustilago maydis hyphae in maize.
Mycological Research 98, 347–355 (1994).
[5] G. Doehlemann, R. Wahl, R. J. Horst, L. M. Voll, B. Usadel, F. Poree, M. Stitt,
J. Pons-Kühnemann, U. Sonnewald, R. Kahmann, J. Kämper:
Reprogramming a maize plant: transcriptional and metabolic changes induced by the fungal
biotroph Ustilago maydis.
The Plant Journal 56, 181–195 (2008).
[6] R. Eichmann, H. Schultheiss, K. H. Kogel, R. Hückelhoven:
The barley apoptosis suppressor homologue BAX inhibitor-1 compromises nonhost penetration
resistance of barley to the inappropriate pathogen Blumeria graminis f. sp. tritici.
Molecular Plant Microbe Interactions 17, 484–490 (2004).
[7] J. D. Jones, J. L. Dangl:
The plant immune system.
Nature 444, 323–329 (2006).
[8] G. Doehlemann, K. van der Linde, D. Assmann, D. Schwammbach, A. Hof, A. Mohanty,
D. Jackson, R. Kahmann:
Pep1, a secreted effector protein of Ustilago maydis, is required for successful invasion of plant cells.
PLoS Pathogens 5, e1000290 (2009). DOI:10.1371/journal.ppat.1000290.
Drittmittelfinanzierung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Schwerpunktprogramm SPP1212,
Forschergruppe FOR666; Deutsche Bundesstiftung Umwelt
www.mpg.de
© 2009/2010 Max-Planck-Gesellschaft
Herunterladen