Kurzfassungen der Vorträge Meeresumwelt-Symposium 2012

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MeeresumweltSymposium
2012
22. Symposium
22. bis 23. Mai 2012
Haus der Patriotischen Gesellschaft von 1765
Trostbrücke 4 - 6
20457 Hamburg
Kurzfassungen
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt
und dem Bundesamt für Naturschutz
im Auftrag des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
© Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)
Hamburg und Rostock 20012
www.bsh.de
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf ohne ausdrückliche schriftliche
Genehmigung des BSH reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme
verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Die Kurzfassungen wurden in unveränderter Form übernommen und abgedruckt.
Inhalt
Dienstag, 22. Mai 2012
Meeresüberwachung
Voß, Joachim
Wohin geht die Reise beim Monitoring? ....................................................................................................... 7
Mathan, Cindy und Frank Marscheider-Weidemann
COHIBA (Control of Hazardous Substances in the Baltic Sea Region) - Projektergebnisse und
Maßnahmen zur Reduzierung von gefährlichen Stoffen in der Ostsee ....................................................... 9
Bathmann, Ulrich
New Aspects of Long-Time Measurements in the Baltic Sea .................................................................
11
Kraus, Uta, R., Carolin Mai und Norbert Theobald
Passiv-Sammler - entspannte Probennahme zum Schadstoff-Monitoring im Rahmen der MSRL? . ......... 13
Offshore-Windenergie
Dahlke, Christian
Offshore-Windparks: Ausgewählte Anforderungen aus dem Genehmigungsverfahren und der
Praxis der Errichtung . ..............................................................................................................................
17
Beiersdorf, Anika
Zwischenergebnisse der ökologischen Begleitforschung am Offshore-Testfeld
alpha ventus (StUKplus) ............................................................................................................................. 19
Bellmann, Michael A.
Erfahrungen beim Einsatz schallminimierender Maßnahmen . .................................................................. 21
Thomsen, Kurt E.
Kofferdam - A Sound Mitigation Concept for Offshore Piling of Monopiles and/ or Anchor Piles for
Windfarm Foundations ............................................................................................................................
23
Blew, Jan, Georg Nehls und Ursula Prall
Kennzeichnung und Beleuchtung von Offshore-Windparks: Spannungsfeld zwischen Sicherheit
des Verkehrs und Naturschutz . ................................................................................................................. ...25
Monsees, Hans-Werner
Sicherheitsaspekte in Offshore-Windparks
Bruns, Thomas
............................................................................................... 27
Praktische Anwendung und Verbesserung von Vorhersagemodellen für den Bau von
Offshore-Windparks ................................................................................................................................... 29
Mittwoch, 23. Mai 2012
EU-Richtlinien
Scherer, Bernd
Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) in Deutschland - Sachstandsdarstellung
und Ausblick ...........................................................................................................................................
33
Weiß, Andrea und Ingo Narberhaus
Aktivitäten im Rahmen der regionalen Meeresschutz-Übereinkommen OSPAR und HELCOM zur MSRL.... 35
Salomon, Markus
Chancen und Schwierigkeiten für einen übergreifenden Meeresschutz – mit einem besonderen
Blick auf die MSRL ..................................................................................................................................... 37
Arle, Jens
Was heißt denn eigentlich „interkalibriert“? Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse nach
Wasserrahmenrichtlinie – ein Zustandsbericht .......................................................................................... 39
Kottwitz, Almut
Nährstoffreduzierungsziele in der Deutschen Bucht ................................................................................. 41
Schifffahrt und polare Umwelt
Schwarzbach, Wiebke
Polare Meeresschutzgebiete - Erste Schritte zu ihrer Einrichtung . ........................................................... 45
Corcoran, Emily
OSPAR‘s Biodiversity and Ecosystems Strategy 2010-2020 - What does this mean for the Arctic? ............ 47
Koppe, Katharina
„Black Carbon“ - Luftschadstoff mit Klimarelevanz / Minderung der Schiffsemissionen . ......................... 49
Dennin, Justus
Richtlinien für mehr Sicherheit und Umweltschutz in polaren Gewässern Schritt für Schritt zum Polar Code .............................................................................................................. 51
Manuela Krakau und Heike Herata
Yachten im Eis - Balance zwischen Individualtourismus und Sicherheitsrisiko ......................................... 53
Munition im Meer
Knobloch, Tobias
Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer - Erste Schritte zur Lösung eines
gesamtgesellschaftlichen Problems .......................................................................................................... 57
Henriksen, Jørgen Peter
Incident with Chemical Munitions in Danish Marine Waters - Experience of the Danish Navy ................. 59
Sanderson, Hans and Patrik Fauser
Environmental Risk Assessment of Chemical Warfare Agents in the Marine Environment ....................... 61
Meeresüberwachung
Meeresüber wachung
Wohin geht die Reise beim Monitoring?
Joachim Voß
In der behördlichen marinen Umweltüberwachung stehen wir heute vor großen Herausforderungen: Die EGRichtlinien (FFH, VSRL, WRRL, MSRL) fordern rechtlich verbindlich und aufgrund ihres ökosystemaren Ansatzes ein umfassendes Monitoring der Meeresumwelt einschließlich einer Zustandsbewertung. Dieses kannten wir bisher in unserer langen Monitoringgeschichte, die schon in den 1970er Jahren begann, nicht.
Als Folge offensichtlicher Umweltprobleme an den Küsten und in den Meeren begann die gemeinsame
Überwachung des Zu­standes der Meeresgewässer durch den Bund und die Küstenländer schon in den
70er Jahren mit den „Empfehlungen für ein Wassergüte-Meßnetz“. 1980 wurde das Bund/Länder-Messpro­
gramm (BLMP) vereinbart, das zunächst im Wesentlichen auf die Untersuchung der chemischen Gewässer­
güteparameter ausgerichtet war. Internationale Monitoringverpflichtungen führten dann in den 1980er und
1990er Jahren zu Programmerweiterungen auch hinsichtlich biologischer Variablen.
Aufgrund erhöhter Anforderungen aus EG-Richtlinien, vor allem der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und der
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) sowie der regionalen Meeresschutzabkommen (OSPAR, HELCOM)
und weiteren internationalen Vereinbarungen kam es unter Einbeziehung des Naturschutzes im Jahr 2007 zu
einer umfangreichen Neustrukturierung des BLMP einschließlich einer harmonisierten Umweltüberwachung1),
Zustandsbewertung und Berichterstattung2).
Die 2008 in Kraft getretene EG Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL)3) hat die Anforderungen an ein nachhaltiges Meeresmanagement auf nationaler Ebene noch einmal deutlich erhöht. Der steigende Druck auf die
intensiv genutzten Küsten- und Meeresgewässer in Europa erfordert zunehmend ein umfassenderes Monitoring und eine themenübergreifende Auswertung aller für den Erhalt der Lebensräume, deren Funktionsfähigkeit und ihren Schutz erforderlichen Daten. Daher wurden alle europäischen Meeresanrainer verpflichtet, dies
in ihren jeweiligen Meeresregionen durch die Erarbeitung und Durchführung von nationalen Strategien umzusetzen. Um die komplexen Ziele zu erreichen, wurde die nationale Zusammenarbeit Anfang 2012 mit dem
„Abschluss des Verwaltungsabkommens Meeresschutz“ auf neue Beine gestellt. Als Nach­folge für das BLMP
werden als Organe der Zusammenarbeit nun ein „Bund/Länder-Ausschuss Nord- und Ostsee (BLANO)“
und ein „Koordinierungsrat Meeresschutz“ eingerichtet. Die Struktur der Fach-/Arbeits­gruppen wird derzeit
noch diskutiert.
Trotz aller Schutzmaßnahmen und Erfolge sind Belastungen der Meeresumwelt, Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Inanspruchnahme der Meeresökosysteme nach wie vor die Hauptprobleme, die es nachhaltig
zu lösen gilt. Das Ziel der MSRL ist es daher, eine ausgewogene Balance zwischen der Nutzung und dem
Schutz der Meere herzustellen. Für die Untersuchung, Überwachung und Bewirtschaftung der Meeresgewässer legt die MSRL den Fokus auf die Erfassung der grundlegenden Merkmale sowie die Analyse der
Belastungen und ihrer Auswirkungen. Mit Hilfe eines von der Europäischen Kommission festgeschriebenen
Satzes von 56 Indikatoren lassen sich diese den unterschiedlichen Themenbereichen (11 Deskriptoren) zuordnen. Die zu betrachtenden Themen reichen beispielsweise von der Erhaltung der biologischen Vielfalt
über Nahrungsnetze, kommerziell befischte Tierbestände und Eutrophierung bis hin zu Abfällen und Unterwasserlärm. Aufgrund der Vielschichtigkeit der geforderten Themenkomplexe müssen die bisherigen Monitoringprogramme deutlich umfassender gestaltet und entsprechend angepasst werden, um räumliche und
fachliche Lücken zu schließen. Gemäß Zeitplan der MSRL-Umsetzung sind nationale Untersuchungsprogramme bis Juli 2014 der EU vorzulegen.
1)
http://www.blmp-online.de/Seiten/Monitoringhandbuch.htm
3)
http://www.blmp-online.de/Seiten/Berichte.html
http://www.meeresschutz.info/
2)
7
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Meeresüber wachung
Als Bausteine für die Weiterentwicklung der Monitoringprogramme sollten aus Gründen der Synergie zunächst die Parameter und Bewertungsverfahren, die für die Umsetzung der WRRL ohnehin benötigt werden,
genutzt werden. Darüberhinaus sind möglichst Vorschläge aus den Meeresschutzkonventionen (z.B. eine
Auswahl von Indikatoren des HELCOM CORESET-Projekts) zu berücksichtigen, da diese als wahrscheinliche
Bestandteile des in Revision befindlichen HELCOM-Ostseemonitorings von den Vertragsstaaten zukünftig
auch zu messen sein werden. Dadurch tragen diese Variablen auch zur regionalen Kohärenz der MSRLImplementierung zwischen Nachbarstaaten bei. Eine wesentliche Rolle spielen bei der Anpassung des Überwachungsprogramms auch die Anforderungen der so genannten „Reporting Sheets“, deren Ausfüllung die
EU-Kommission neben den üblichen Berichtsdokumenten zu Zwecken der Überprüfung, Vergleichbarkeit
und Darstellung der Ergebnisse fordert.
Die Anpassung des Monitorings sollte auch genutzt werden, um neuere Verfahren wie Fernerkundung,
„Ferryboxen“ oder (ökologische) Modellierungen einzubinden. Im Sublitoral, also dem ständig vom Wasser
bedeckten Meeresbereichen, sind wir bei der Boden- und Lebensraumkartierung mit verschiedenen Verfahren schon auf einem guten Weg zur Anwendung im Routinemonitoring. Auch oberflächennah - im trockenfallenden Wattenmeer und an der Meeresoberfläche - (z.B. durch das Projekt DeMarine) und bei integrierten
Beobachtungssystemen (z.B. COSYNA) gibt es Fortschritte. Allerdings fehlt hier noch die aktive Einbindung als fester Bestandteil in das behördliche Meeresmonitoring, nicht zuletzt wegen fehlender finanzieller
Ressourcen. Bei der Forschungsförderung sollten schon Mittel für die Überführung in die Routineanwendung
vorgesehen werden.
Bleiben werden insbesondere bei den neuen Themen (z.B. Abfall) und auch besonders komplexen Deskriptoren (z.B. Nahrungsnetz) eine Reihe von offenen Fragen, die nur durch Forschungsanstrengungen und
entsprechende Ressourcen gelöst werden können. Die von der MSRL geforderte Bewertung des „guten
Umweltzustands“ lässt sich verlässlich nur mit Bewertungsverfahren bestimmen. Entwicklungen sind insbesondere für die neuen Kriterien notwendig. Erst danach lässt sich ein Monitoring aufbauen.
Im Spannungs­feld zwischen Personaleinsparungen, Arbeitsverdichtung und Mittelkürzungen, erheblich vergrößerter Monitoringtiefe, Parameterumfang und Anspruch (gerichtsfeste Bewertung) sowie gesteigertem
In­formati­onsbe­darf von EU, Politik, Stakeholdern, Öffentlichkeit, Wissenschaft und Verwaltung ist es schwer,
Umfang und Qualität der derzeiti­gen Meeresüber­wa­chung zu halten oder gar zu erweitern und weiterzuentwickeln. Hier können neben der Bereitstellung von Haushaltsmitteln (aus verschiedenen Ressorts) und
stärkerem Engagement und Einbindung der Forschung nur eine optimal koordinierte Zusammenarbeit der
Institutionen von Bund und Ländern helfen.
Anschrift des Vortragenden
Dr. Joachim Voß
Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
des Landes Schleswig-Holstein (LLUR)
Hamburger Chaussee 25
24220 Flintbek
E-Mail: [email protected]
Meeresüber wachung
COHIBA (Control of Hazardous Substances in
the Baltic Sea Region) - Projektergebnisse und
Maßnahmen zur Reduzierung von gefährlichen
Stoffen in der Ostsee
Cindy Mathan und Frank Marscheider-Weidemann
Das Projekt COHIBA wurde zur Unterstützung der Umsetzung des HELCOM Ostseeaktionsplans („Baltic
Sea Action Plan“) für den Themenbereich gefährliche Stoffe initiiert. Dabei sollen die Ostsee-Anrainerstaaten
gemeinsam handeln, um den Eintrag gefährlicher Stoffe zu reduzieren bzw. zu unterbinden. Daher waren 22
Partner aus allen europäischen Ostsee-Anrainerstaaten involviert. Das dreijährige Projekt (2009-2012) wurde
kofinanziert durch die Europäische Union im Rahmen des Baltic Sea Region Programme 2007-2013. Bei den
für die Ostsee besonders relevanten gefährlichen Stoffen/Stoffgruppen handelt es sich um:
1.
Dioxine (PCDD), Furane (PCDF) und dioxinähnliche Polychlorierte Biphenyle (PCB)
2.
Tributylzinnverbindungen (TBT), Triphenylzinnverbindungen (TPhT)
3.
Penta- (pentaBDE), Octa- (octaBDE), Decabromdiphenylether (decaBDE)
4.
Perfluoroctansulfonat (PFOS), Perfluoroctansäure (PFOA)
5.
Hexabromcyclododecan (HBCDD)
6.
Nonylphenole (NP), Nonylphenolethoxylate (NPEO)
7.
Octylphenole (OP), Octylphenolethoxylate (OPEO)
8.
Kurzkettige Chlorparaffine (SCCP)
Mittelkettige Chlorparaffine (MCCP)
9.
Endosulfan
10.
Quecksilber
11.
Cadmium
In sechs verschiedenen Arbeitspaketen wurden für diese Stoffe
• innovative Ansätze für das Monitoring entwickelt,
• die wichtigsten Quellen und Eintragspfade analysiert,
• die Einträge in die Ostsee modelliert und quantifiziert,
• kosteneffiziente Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge entwickelt und
• Informations- und Weiterbildungsmaßnahmen für die östlichen Anliegerstaaten inklusive Russland durchgeführt.
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Meeresüber wachung
Das finnische Umweltinstitut SYKE leitete das Gesamtprojekt. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltund Verbraucherschutz sowie das LUNG Mecklenburg-Vorpommern führten als Projektpartner im Arbeitspaket „Innovative Ansätze für das Monitoring“ Fallstudien durch. Das Umweltbundesamt leitete das Arbeitspaket „Kosteneffiziente Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge gefährlicher Stoffe“ und wurde fachlich durch
das Fraunhofer-Institut ISI unterstützt.
Im Monitoring-Arbeitspaket wurden in den acht Partnerländern kommunale Kläranlagen (behandeltes Abwasser und Klärschlamm) sowie Abwässer ausgewählter Industriebetriebe und Hausmülldeponien sowie
Proben aus Regenwasserüberläufen bzgl. der 11 Stoffe/Stoffgruppen in einer einjährigen Beprobungskampagne untersucht. Bei den Untersuchungen wurden auch Biotests eingesetzt.
Zur Ermittlung der Quellen und Emissionspfade der gefährlichen Stoffe wurden auf Basis der europäischen
Risk Assessments Stoffflussanalysen (SFA) auf EU-Ebene erstellt, die dann im Folgenden als Grundlage für
die nationalen SFA dienten. Diese wurden von den einzelnen Partnern für ihre Länder erstellt und anschließend zu einer ostseeweiten SFA zusammengefasst.
Bei den kosteneffizienten Maßnahmen wurden sowohl technische als auch organisatorische, regulatorische
und ökonomische Maßnahmen betrachtet. Die Maßnahmen können an der Quelle angreifen oder prozess-,
nutzer- oder end-of-pipe-orientiert sein. Ebenso wurden die unterschiedlichen Situationen in den verschiedenen Ostseeanrainerstaaten berücksichtigt, wie z.B. der unterschiedliche Umsetzungsgrad von Minderungsmaßnahmen nach dem Stand der Technik.
Für die 11 Stoffe wurden einzelne „Guidance Documents“ erstellt, in welchen die wichtigsten Quellen und
Maßnahmen inklusive rechtlichem Hintergrund sowie wichtige Randbedingungen für die Kosteneffizienz dargestellt sind. Ausgewählte Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge werden bezüglich ihrer Wirksamkeit,
Kosten, Kosteneffizienz, weiteren Umwelteffekte, technischen Machbarkeit, sozio-ökomischen Effekten, geografischen Einsetzbarkeit und politischen Umsetzbarkeit untersucht und bewertet.
Zusätzlich zu den substanzbezogenen Maßnahmen wird im „Recommendation Report“ auch die Kosteneffizienz von Maßnahmen betrachtet, die den Eintrag mehrerer Stoffe gleichzeitig reduzieren. Weiterhin werden
Reduktionsstrategien empfohlen.
Die Ergebnisse sind auf der COHIBA homepage www.cohiba-project.net verfügbar.
Anschrift der Vortragenden:
Cindy Mathan
Umweltbundesamt
Wörlitzer Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
Dr. Frank Marscheider-Weidemann
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
Breslauer Straße 48
76139 Karlsruhe
E-Mail: [email protected]
Meeresüber wachung
New Aspects of Long-Time Measurements
in the Baltic Sea
Ulrich Bathmann and colleagues
IOW aims at an understanding of the Baltic Sea in a system approach and in an international context by
conducting interdisciplinary marine research. To decipher causes and effects of past and recent changes
and promote capacity building to project future developments we combine research efforts in physical oceanography, marine chemistry, marine geosciences and biological oceanography. We are linking modelling and
theory with field observation and we pursue to understand and quantify how the physical dynamics affect
biogeochemical transformations and how physical-biological coupling structures marine biodiversity and
foodwebs.
The IOW is conducting a monitoring program in the Baltic Sea on behalf of the Federal Hydrographic and
Maritime Agency (BSH), thus fulfilling essential parts of Germany’s commitment towards the Helsinki Commission (HELCOM). The scientists in charge are responsible for annual assessments of the status of the Baltic
Sea environment. In the frame of MARNET, IOW is developing maintaining and improving, autonomous measuring stations in the Baltic Sea in the frame of a cooperation with the BSH. Recently the IOW has established
a profiling probe in the Gotland Basin (GODDESS).
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Meeresüber wachung
Climate change and other anthropogenic impacts challenge the modes of operation of monitoring programs.
IOW meets these demands by advancing our system analysis to a level, where we match our observations
and the modelling capacities, and apply approaches towards projection of future system developments. New
generations of autonomous under water vehicles and other sensors will help to provide a new understanding
of small and mesoscale ocean dynamic processes and their representation in high resolution models Especially important processes need to be investigated in more detail like “chain reactions” resulting in a release
of green house gases, volatile halocarbons, or elemental mercury. Continuous measurements on commercial
vessels like on the ferryboot Finnmaid of e.g. climatic relevant gases (see graph) already provide regular data
on rather long transects, that could be extented in the future. An increasing number of unknown organics occur in coastal oceans in recent years. Various hydrocarbons and other pollutants are obviously released into
the sea and challenge not only analytical possibilities and detection methods, but also our understanding
of transport, degradation and accumulation of these substances in the ocean. To entangle relevant marine
processes newly adapted analytical approaches for stable isotope (S, O, C) and redox-sensitive elements are
needed. Thus, we need to investigate separated and connected biogeochemical element cycles. Molecular
biological methods foster monitoring programs into a new state with new approaches to get insights in evolutionary processes efficiently and to increase their means to describe the status on the level of microorganisms, e.g. at boundary layers like the redoxcline. In this way we expand the approach to decipher biodiversity
to the smaller size-range of organisms what was not possible before.
A dynamic and strong monitoring program needs both, expertise and sustainability. Sea going analysts, stateof-the-art laboratory capacities (both, instruments and personal), technical engineering skills, modeling and interpretation capacities, all are essential components of an forward looking long-time measuring program. IOW
has all of this to some extent, but there is the risk that reduced funding including loss of experts, and increasing
prices endanger the continuous update of a modern observing program. Only sustainable support will allow us
to provide quantitative descriptions of structure, function and susceptibility of shelf sea ecosystems in order to
supply knowledge to a variety of stakeholders in coastal zone management and foster the implementation of
European Directives. Understanding the major nutrient cycles which determine system productivity (nitrogen,
phosphorus) in coastal ecosystems, examining changes in planktonic and benthic biodiversity along natural
physico-chemical gradients, studying biogeochemical cycles in hypoxic water columns and at oxic-anoxic
interfaces, analyzing long-term development of marine ecosystems and biological communities, all this will
contribute to support practical management and the implementation of European Directives.
Address of lecturer:
Prof. Dr. Ulrich V. Bathmann
Director
Leibniz Institute for Baltic Research Warnemuende
Seestrasse 15
D-18119 Rostock, Germany
email: [email protected]
Meeresüber wachung
Passiv-Sammler - entspannte Probennahme zum
Schadstoff-Monitoring im Rahmen der MSRL?
Uta R. Kraus, Carolin Mai und Norbert Theobald
Passivsammler werden zunehmend hinsichtlich ihrer Einsatzmöglichkeit zu Monitoringzwecken von marinen
Ökosystemen im Kontext verschiedener europäischer Richtlinien, z.B. der MSRL, diskutiert. Teil der Anforderungen solcher Richtlinien ist die Überwachung eines breiten Spektrums an Schadstoffen. Diese Überwachung ist mit klassischen Methoden der Vor-Ort-Probenahme durch Schiffe und anschließender Laboranalyse
nur mit großem technischen und personellen Aufwand zu betreiben und bleibt daher naturgemäß auf wenige
Stichproben reduziert, was die Aussagekraft der Ergebnisse deutlich schmälert. Zudem sind im Meer viele
Stoffe in Konzentrationsbereichen zu finden, die in Stichproben nicht ohne zeitaufwändige und komplizierte
Aufarbeitungs- und Anreicherungsmethoden zu detektieren sind.
Sogenannte Passivsammler, die rein auf dem Prinzip der Diffusion und einer „passiven Anreicherung“ der
untersuchten Stoffe beruhen, bieten einen alternativen Monitoringansatz. Sie benötigen weder Wartung noch
äußere Energieversorgung, sind kostengünstig und auch in entlegenen Regionen einsetzbar. Zudem liefern
sie zeitgewichtete Daten zu (Schad)Stoffkonzentrationen über den gesamten Zeitraum der Ausbringung.
Allerdings sind einzelne Aspekte dieser im Vergleich relativ neuen Verfahren, wie z.B. die Kalibrierung der
Sammler und die Vergleichbarkeit von Messergebnissen noch nicht vollständig geklärt und daher gegenwärtig Gegenstand intensiver Forschung.
In einem 3-jährigen, vom Umweltbundesamt geförderten F&E-Projekt wurde am Bundesamt für Seeschifffahrt
und Hydrographie an zwei Standorten in Nord- und Ostsee untersucht, ob und inwieweit sich Passivsammler
für Monitoringzwecke in marinen Ökosystemen der gemäßigten Breiten eignen.
Darüber hinaus wurden auf den Forschungsplattformen FINO 1 und FINO 3 Passivsammler für die Luftprobennahme getestet, um dadurch Daten zu Schadstoffeinträgen über den Luftweg zu gewinnen.
Anschrift der Vortragenden:
Uta R. Kraus
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Labor Sülldorf
Wüstland 2
22589 Hamburg
E- Mail: [email protected]
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Offshore-Windenergie
O f f shore-W indenergie
Offshore-Windparks: Ausgewählte Anforderungen
aus dem Genehmigungsverfahren und der Praxis
der Errichtung
Christian Dahlke
Die Bundesregierung hat in ihren Energiekonzepten seit 2010 festgelegt, dass sie bis zum Jahr 2030
25.000 Megawatt installierte Leistung aus Offshore-Windparks realisiert sehen will. Ende 2011 waren allerdings erst knapp 150 Megawatt am Netz. Es besteht für die nächsten beiden Dekaden ein Erfordernis an
Wachstum und ein immenser Bedarf an technischem Know-How sowie an guten Konzepten, die diese ehrgeizigen Ziele umzusetzen helfen.
Der Vortrag stellt zunächst die - neuen - Rechtsgrundlagen für Errichtung und Betrieb sowie den aktuellen
Stand der im Genehmigungsverfahren befindlichen Windpark-Vorhaben im Offshore-Bereich dar.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Darstellung der Entwicklung der Stromanschlußproblematik. Hier geht
es um den systematischen Aufbau einer Stromnetzinfrastruktur mit den neuen Instrumeneten des Energiewirtschaftsgesetzes (Bundesbedarfsplan - Offshore-Netzplan).
Abschließend werden mit den Themen Emission - insbesondere „(Ramm-)Schall“ - und Schwerkraftfundamente zwei spezielle Punkte vorgestellt, die den engen Zusammenhang zwischen physikalisch-konstruktiven
Elementen und wichtigen Belangen des Schutzes der Meeresumwelt aufzeigen.
Anschrift des Vortragenden:
Christian Dahlke
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Bernhard-Nocht-Straße 78
20359 Hamburg
E-Mail: [email protected]
17
O f f shore-W indenergie
Zwischenergebnisse der ökologischen Begleitforschung am Offshore-Testfeld
alpha ventus (StUKplus)
Anika Beiersdorf
Im Jahr 2009 wurde Deutschlands erster Offshore-Windpark alpha ventus mit 12 Windenergieanlagen errichtet. Bau und Betrieb des so genannten Testfeldes werden von umfangreichen ökologischen Untersuchungen
begleitet. Zusätzlich zu dem obligatorischen Monitoring nach den Vorgaben des Standarduntersuchungskonzeptes (Standard zur Untersuchung der Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf die Meeresumwelt - StUK) des BSH koordiniert die Behörde das ökologische Forschungsprojekt StUKplus, das ergänzende
forschungsspezifische Fragestellungen beantworten soll. Ziel des vom Bundesumweltministerium geförderten
Projektes ist neben der Erforschung der Effekte auf die Meeresumwelt auch die Evaluierung des bisher gültigen StUK3. Die Voruntersuchungen zu Benthos (Bodenorganismen), Fischen, Rast- und Zugvögeln, marinen
Säugetieren sowie zum Unterwasserschall wurden bereits 2008 vor Beginn der Bauphase im Testfeld durchgeführt. Erste Ergebnisse aus der Bauphase sowie des ersten und zweiten Betriebsjahres liegen vor. Die Datenauswertung wird in den nächsten Jahren noch um weitere Erkenntnisse aus der Betriebsphase von alpha
ventus vervollständigt. Folgende Untersuchungsergebnisse lassen sich bislang zusammenfassen:
Veränderungen des Lebensraumes für Bodenorganismen und Fische
Im Nahbereich der Fundamente (bis max. 15 m Entfernung) beobachteten Taucher auf dem sonst feinsandigen Meeresboden eine massive Muschelschillbedeckung. Die Veränderungen des Bodens als Lebensraum des Benthos lassen bereits jetzt Änderungen der Artenzusammensetzung erkennen: erste hartsubstratliebende Arten wie z. B. die Samtkrabbe und der Taschenkrebs siedeln sich an. Der Bewuchs an den
Anlagen ist mittlerweile stark ausgeprägt. Der Bewuchs setzt sich z. B. aus Arten wie Miesmuscheln, Flohkrebsen und Seenelken zusammen. Ein Nachweis zur Erholung der Fischbestände im Gebiet aufgrund des
Fischereiverbots im Windpark sowie des zusätzlichen Nahrungsangebots konnte anhand der Daten aus 2010
nicht erbracht werden.
Untersuchungen an Zugvögeln
Der Vogelzug wird im Windpark mit verschiedenen Kameras und Radargeräten untersucht. Ziel der Untersuchungen ist es festzustellen, inwieweit die 150 m hohen Windenergieanlagen mit 120 m Rotordurchmesser
ein Hindernis für die im Frühjahr und Herbst ziehenden Vögel über der Deutschen Bucht darstellen. Der
Vogelzug findet vermehrt nachts statt und ist stark wetterabhängig. Eine Meidung des Windparks bzw. großräumige Ausweichmanöver wurden bislang nicht beobachtet. Totfunde auf den Anlagen werden registriert
und dokumentiert. Diese sind sehr selten. Allerdings kann es bei ungewöhnlichen Wetterkonstellationen zu
vermehrtem Vogelschlag kommen.
Rastvögel / Seevögel
Wie reagieren die Seevögel auf den Windpark in ihrem Lebensraum? Meiden sie den Bereich zukünftig?
Kommt es zu Verhaltensänderungen? Werden sie sogar angelockt? Diese Fragen sollen anhand von Flugzeug- und Schiffszählungen beantwortet werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass jede Art unterschiedlich
reagiert. Zwei Beispiele:
1)Die Trottellumme und der Tordalk zeigten im Winterhalbjahr 2009/2010 eine Verbreitungslücke in unmittelbarer
Umgebung des Windparks innerhalb des ansonsten sehr regelmäßigen Vorkommens der Arten im Gebiet
2) Die Zwergmöwe, die möglicherweise von einem erhöhten Nahrungsangebot im Bereich von Windparks profitiert, deutet im Winterhalbjahr 2009/2010 eine gewisse Konzentration des Vorkommens in der Umgebung von
alpha ventus an.
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O f f shore-W indenergie
Effekte auf marine Säugetiere durch Unterwasserschall während der Betriebsphase
Schweinswale kommunizieren mit Klickgeräuschen. Daher werden sie unter Wasser mit stationären Klickdetektoren (sog. PODs) sowie optisch von Flugzeugen und Schiffen erfasst. Anhand der POD-Untersuchungen
konnte nachgewiesen werden, dass die Tiere den Baustellenbereich während der schallintensiven Rammung bis maximal 20 km Entfernung meiden. In den Pausen zwischen den Rammungen wurden vereinzelt
Schweinswale im Windpark gesichtet. Schweinswalzählungen im 1. Betriebsjahr (2010) und im Frühjahr 2011
zeigen, dass sich im Bereich nördlich von Borkum und auch rund um das Testfeld alpha ventus vermehrt
Schweinswale aufhalten. Dies belegt auch eine veröffentlichte Studie aus dem niederländischen Windpark
Egmond aan Zee. Ob sich dieser Trend auch für alpha ventus bestätigt, werden die Ergebnisse der nächsten
Jahre zeigen.
Der Unterwasserschall wird vor, während der Rammarbeiten sowie im Normalbetrieb der Anlagen mit auf
dem Meeresboden abgesetzten Hydrophonen gemessen. Die aktuell durchgeführten Messungen während
des Normalbetriebs der Windenergieanlagen zeigen, dass die Betriebsgeräusche nur bis in eine Entfernung
von maximal 100 m von Schweinswalen hörbar sind. Dieses Messergebnis belegt, dass, sobald die schallintensive Pfahleinbringung in den Meeresboden abgeschlossen ist, von den Windenergieanlagen keine weitreichenden Schallemissionen ausgehen.
StUK-Evaluierung
Erste Arbeitsgruppentreffen zur StUK-Evaluierung haben stattgefunden. Erfahrungen, die bei der Durchführung des StUK-Monitorings zur Bau- und Betriebsphase in den ersten deutschen Offshore-Windparks gesammelt wurden, standen hierbei im Vordergrund. Die Experten thematisierten insbesondere die notwendige
weitere Standardisierung der Untersuchungen, um eine bessere Vergleichbarkeit der Daten herzustellen.
Außerdem wurden die Methoden sowie der Untersuchungsumfang kritisch geprüft. Der Evaluierungsprozess
wird im nächsten Jahr abgeschlossen werden.
Weitere Informationen zu den Ergebnissen der ökologischen Begleituntersuchungen
von alpha ventus
Tagungsband (deutsch / englisch) einer Veranstaltung am 10. Mai 2010 mit ersten Ergebnissen aus der Bauphase: http://www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/Windparks/StUKplus/Alpha_Ventus_Netz.pdf
Homepage: http://www.bsh.de/stukplus
Anschrift der Vortragenden:
Anika Beiersdorf
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Bernhard-Nocht-Straße 78
20359 Hamburg
E-Mail: [email protected]
O f f shore-W indenergie
Erfahrungen beim Einsatz schallminimierender
Maßnahmen
Michael A. Bellmann
Die Herstellung der Fundamente von Windenergieanlagen (WEA) im Offshorebereich mittels Rammverfahren
ist derzeit eine gängige Praxis. Dabei werden je nach Fundamenttyp ein oder mehrere Pfähle pro Fundament
und Standort ins Sediment gerammt. Bei diesem Verfahren wird ein nicht unerheblicher Anteil der eingeleiteten mechanischen Rammenergie durch den Pfahl und ggfs. durch den Boden als akustische Energie ins
Wasser eingeleitet (Hydroschall). Dieser Hydroschall kann eine schädigende Wirkung auf marine Säugetiere
haben. Derzeit bestehen daher zwei Vorsorgewerte zum Schutz der Tiere: 160 dB (re 1µPa) für den Einzelereignispegel, auch SEL genannt, und 190 dB (re 1µPa) für den Spitzenpegel in einer Entfernung von 750 m
von der Rammstelle.
Messerfahrungen aus den letzten zehn Jahren haben gezeigt, dass mit steigendem Pfahldurchmesser auch
die verwendete Schlag- bzw. Rammenergie erhöht werden muss. Dies hat zur Folge, dass der gemessene
Spitzenpegel und der Einzelereignispegel in 750 m Entfernung mit zunehmendem Pfahldurchmesser deutlich ansteigen (Abbildung 1). Es zeigt sich jedoch auch, dass bei ähnlichen Pfahldurchmessern zum Teil
unterschiedliche Pegel mit bis zu ±5 dB Abweichung gemessen werden können. Diese Unterschiede lassen
sich nur sehr eingeschränkt auf die verwendete Rammenergie zurückführen. Es wird eher vermutet, dass die
Randbedingungen des Standortes einen Einfluss auf die gemessenen Parameter besitzen (z.B. Sedimentschichtung und damit verbundene Bodenkopplungen, Wassertiefe, etc.). Es ist jedoch derzeit nicht bekannt,
welche Randbedingungen welchen Einfluss besitzen. Dies wird derzeit in Forschungsvorhaben detailliert
untersucht.
220
210
Pegel/dB re 1 µPa
200
190
180
170
160
Messergebnisse
MessergebnisseSEL
SELnormiert
normiertauf
auf750
750mm
Messergebnisse LPeak normiert auf 750 m
Durchschnittlicher Pegelverlauf
Durchschnittlicher Pegelverlauf + 5 dB
Durchschnittlicher Pegelverlauf - 5 dB
150
140
130
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Durchmesser/m
Abb. 1: Dargestellt ist der gemessene Einzelereignispegel und gemessene Spitzenpegel über dem Durchmesser des verwendeten
Pfahls. Zusätzlich ist eine Regressionskurve mit einem Intervall von ±5 dB für beide Parameter eingezeichnet.
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O f f shore-W indenergie
Bei den derzeit im Bau bzw. in Planung befindlichen Offshore-Windparks werden Pfahldurchmesser von bis
zu 6,5 m verwendet. Damit werden Einzelereignispegel von über 180 dB (re 1µPa) und Spitzenpegel von weit
über 200 dB (re 1µPa) in 750 m Entfernung erreicht bzw. zu erwarten sein. Somit werden einerseits Reduzierungen des Hydroschalls um 20 dB und andererseits sichere, praktisch handhabbare und kostentechnisch
darstellbare Schallminderungssysteme beim Bau von gerammten Offshore-Windenergieanlagen notwendig.
Zurzeit existiert jedoch noch kein gesicherter „Stand der Technik“ hinsichtlich der notwendigen Schallreduzierung von 20 dB sowie der sicheren und praktisch handhabbaren Durchführung von Schallminderungsmaßnahmen.
Der Vortrag gibt einen Überblick über die bisher erprobten Schallminderungssysteme, die in mehreren Forschungsvorhaben in den letzten Jahren eingesetzt worden sind („Stand der Forschung“). Ein Schwerpunkt
wird die Darstellung der bisher erzielten Reduzierungen des Hydroschalls durch unterschiedliche Schallminderungssysteme sein. Zusätzlich werden einige Parameter dargestellt, die bei bestimmten Systemen einen
wesentlichen Einfluss auf die Reduktion haben. Dabei wird jedoch nicht nur die erzielte Reduzierung des Hydroschalls dargestellt, sondern es werden auch Erfahrungsberichte aus der Praxis bzgl. der Anwendbarkeit
und der Einsetzbarkeit in einem normalen Errichterprozess gegeben.
Anschrift des Verfassers:
Dr. rer. nat Michael A. Bellmann
itap – Institut für technische und angewandte Physik GmbH
Marie-Curie-Straße 8
26129 Oldenburg
E-Mail: [email protected]
O f f shore-W indenergie
Kofferdam - A Sound Mitigation Concept for Offshore
Piling of Monopiles and / or Anchor Piles
for Windfarm Foundations
Kurt E. Thomsen
Kurt E. Thomsen is the co-owner and Managing Director of SeaRenergy Offshore GmbH & Cie KG. The company is focused on supplying EPC services to the offshore wind farm industry exclusively, with the primary
focus on transport and logistical solutions and on the design, construction and operation of offshore windfarm
installation vessels.
The services provided by the company include the development and implementation of methods, rules and
guidelines for offshore wind farm work, setup and execution of the installation process for offshore projects,
validation of equipment and auditing of same, contract negotiations and implementation of same to projects
as well as the development of novel installation methods and vessels for the above-mentioned companies in
order to execute their project portfolio.
Prior to joining SeaRenergy Offshore, Kurt E. Thomsen owned and managed the company Advanced Offshore Solutions which he established in 2006. Prior to this Mr. Thomsen was Business Development Manager
for the company A2SEA A/S a company originally started by Kurt E. Thomsen himself in 2000. A2SEA A/S is a
privately held company specializing in delivering transport, logistical solutions as well as installation vessels
for the offshore wind industry. The basis of the company is a patent for a semi-jacked installation vessel, originally designed and patented by Kurt E. Thomsen.
Mr. Thomsen recently published the book „Destination Offshore“, a comprehensive guide to the planning,
installation and operation of offshore windfarms.
Address of lecutrer:
Kurt E. Thomsen
Managing Director
Advanced Offshore Solutions ApS
Sletvej 2
DK-8310 Tranbjerg
email: [email protected]
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O f f shore-W indenergie
Kennzeichnung und Beleuchtung von OffshoreWindparks: Spannungsfeld zwischen Sicherheit des
Verkehrs und Naturschutz
Jan Blew, Georg Nehls, Ursula Prall
Offshore Windenergie-Anlagen werden aus Gründen der Verkehrssicherheit gekennzeichnet. Vor allem die
Nachtkennzeichnung besteht aus Kennzeichnungen mit unterschiedlichen Lichtfarben, Blink-Frequenzen,
Leuchtstärken, Reichweiten bzw. Anstrahlungen von Flächen. Solche Kennzeichnungen haben potenzielle
Auswirkungen auf nachts fliegende Vögel. Sie können zur Anziehung, Ablenkung und Desorientierung führen. In der Folge können Erschöpfung und Kollisionen zu einer Erhöhung der Mortalität führen.
Bezüglich der Genehmigung von Offshore-Windparks gilt nach Seeanlagenverordnung, dass eine Genehmigung u. a. versagt werden muss, wenn der Vogelzug gefährdet wird. Das führt in der Regel in den Genehmigungen durch das BSH dazu, dass in den Nebenbestimmungen gefordert wird, dass ein Monitoring
des Vogelzugs erfolgen muss. Das BSH behält sich die Möglichkeit vor, eine vorübergehende Abschaltung
anzuordnen.
In diesem Vortrag wird eingangs ein Überblick über den gegenwärtigen Wissensstand zu den Themen Beleuchtung und Vögel gegeben. Anschließend werden - ausgehend von dem Projekt "Entwicklung von Konzepten für die Kennzeichnung von Offshore-Windenergieanlagen unter Berücksichtigung der Faktoren Sicherheit
für Luft- und Seefahrt, Umweltverträglichkeit, Naturschutz, Stand der Technik, vorhandene Empfehlungen,
Akzeptanz und wirtschaftliche Machbarkeit - EKKO" - die Ansprüche der Verkehrssicherheit (Luft- und Schifffahrt) und der Windparkbetreiber an Beleuchtungskonzepte erläutert sowie Alternativ-Konzepte vorgestellt.
Zum Abschluss erfolgt eine naturschutzfachliche Bewertung der unterschiedlichen Beleuchtungskomponenten, Wissenslücken werden aufgezeigt und es wird ein Ausblick auf laufende Projekte gegeben.
Anschrift des Vortragenden:
Jan Blew
BioConsult SH GmbH & Co. KG
Brinckmannstr. 31
25813 Husum
E-Mail: [email protected]
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O f f shore-W indenergie
Sicherheitsaspekte in Offshore-Windparks
Hans Werner Monsees
Europas Energieversorgung erfährt zur Zeit einen durchgreifenden Wandel. Regenerierbare Energie aus
Sonne, Wind und Wasser löst die klassischen Energiequellen Kohle, Gas und Öl ab. Deutschland will dabei
eine Vorreiterrolle spielen: Im Jahr 2020 sollen 35 % des Strombedarfs aus erneuerbarer Energie stammen.
Der Strom aus Offshore-Windparks soll daran den nicht unerheblichen Anteil von 15 % haben.
Mehrere Tausend Windenergieanlagen (WEA) werden auf See entstehen. Nach Hochrechnungen werden für
die Unterhaltung dieser Anlagen weit über 1000 Personen dauerhaft auf See tätig sein. Sie werden sich auf
den WEA selbst, auf Wohn-, Tank- und Umspannplattformen, auf Schiffen, auf Jack-ups und in Tanklagern
aufhalten und arbeiten. Das ist eine industrielle Großbaustelle auf See, und zwar für eine Dauer von mindestens 50 Jahren, wenn man die entsprechenden Rückbauphasen einrechnet.
Die Offshore-Windparks in ihrer Gesamtheit stellen nicht nur eine industrielle Großbaustelle mit geradezu riesenhafter räumlicher Ausdehnung dar (Küstenmeer bis äußerste Spitze der ausschließlichen Wirtschaftszone), sondern sind zudem ein Vorhaben, für das es wenig Erfahrung gibt. Weder Monteure noch Management,
Behörden oder Institutionen haben umfangreiche Erfahrung im Bau und Betrieb von WEA auf See. Die Mehrzahl der offshore eingesetzten Personen hat keine oder geringe Kenntnisse der „feindlichen“ Arbeitsbedingungen auf See mit plötzlich wechselnden Wetterverhältnissen und Extremwettersituationen. Für die (Eigen-)
Schutz- und Sicherheitsausbildung der offshore Tätigen gibt es keine einheitlichen Standards.
Wie bei vergleichbaren Entwicklungen an Land müssen auch für den Bau und den Betrieb von OffshoreWindparks Maßnahmen und Verantwortlichkeiten festgelegt werden, um die staatliche Daseinsvorsorge mit
den Verantwortlichkeiten der Unternehmen/Betreiber in Einklang zu bringen.
Im Strategiekonzept „Sicherheitsaspekte in Offshore-Windparks“, das das Havariekommando im Auftrag des
Bundesverkehrsministeriums erarbeitet hat, wurden verschiedene Optimierungspotentiale beschrieben, die
anlässlich des Verkehrsgerichtstages in Goslar im Jahre 2011 vorgestellt wurden:
• Klare Aufgabenzuweisung des Gesetzgebers zur Verbesserung des Notfallmanagements (staatliche Daseinsvorsorge)
• Ausbau des öffentlichen, zentral spezialisierten Rettungswesens für Einsätze in Offshore-Windparks, auf Plattformen etc.
• Prüfung und intensive Beübung der Notfallpläne der Unternehmen Bündelung und Ausbau der Rettungskapazitäten, insbesondere Hubschrauber (Pool-Bildung)
• Standardisierte, zertifizierte Aus- und Fortbildung der Beteiligten (offshore und onshore)
• Aufbau einer Aus- und Fortbildungseinrichtung an der deutschen Küste unter Einbeziehung der vorhandenen
Fachkompetenzen (Betreiber und Notfallbehörden)
Zwischenzeitlich wurde das Havariekommando vom Kuratorium Maritime Notfallvorsorge beauftragt, ein
entsprechendes Fachkonzept zu entwickeln.
Die übergeordneten Fragestellungen sind dabei: Wer ist bei Zwischenfällen die verantwortliche staatliche
Einsatzorganisation? Wer leitet Hilfs- und Rettungsmaßnahmen ein und koordiniert diese? Wer überprüft die
Sicherheitskonzepte und trainiert die Rettungskette?
Im einzelnen geht es um konzeptionelle Bearbeitung der folgenden Sachverhalte: Höhenrettung, Tiefenrettung
(Taucherunfälle), Brandbekämpfung, Menschenrettung, Rettung und Bergung aus schwierigen räumlichen
Situationen, intensiv-medizinische Hilfe, technische Hilfeleistung, Helikopterunfälle, psychosoziale Notfallversorgung, Ölunfallbekämpfung, Notschleppen und themenübergreifend eine zielgerichtete und angemessene
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Zwischenfällen.
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Ohne den Ergebnissen vorgreifen zu wollen, könnte die staatliche Daseinsvorsorge folgenden Umfang
haben:
•
•
•
•
•
•
•
•
Technische vorbeugende Sicherheit (Genehmigungsverfahren)
Prüfung der Schutz- und Sicherheitskonzepte der Unternehmen
(einschließlich Beratung bei der Erstellung)
Prüfung der objektspezifischen Notfallpläne
Notfallübungen der Rettungskette/des Notfallmanagements
Sicherstellung von qualitativ und quantitativ ausreichenden staatlichen OWP-Einsatzkräften
Aus- und Fortbildung des Einsatzpersonals im Zusammenhang mit Unternehmerressourcen
Lagebilderstellung über Offshore-Bauaktivitäten/allg. Aktivitäten
Einsatzführung/Einsatzbewältigung
Anschrift des Vortragenden:
Hans Werner Monsees
Leiter des Havariekommandos
Am Alten Hafen 2
27472 Cuxhaven
E-Mail: [email protected]
O f f shore-W indenergie
Praktische Anwendung und Verbesserung
von Vorhersagemodellen für den Bau von
Offshore-Windparks Thomas Bruns
Die meteorologische Sicherung der Seeschifffahrt und des Küstenbereichs, d.h. die Sicherung menschlichen
Lebens und von Sachwerten auf See, Katastrophenschutz, Küstenschutz und Gefahrenabwehr gehören zu
den gesetzlichen und international vereinbarten Aufgaben des DWD. In der Wahrnehmung dieser Aufgabe
betreibt der DWD ein Seegangsvorhersagesystem (SVS) als Glied seiner numerischen Wettervorhersagekette (NWV). Seegangsvorhersagen sind Bestandteil von Seewetterberichten und Warnungen, sie bilden die
Grundlage weltweiter Schiffsroutenberatungen, gewinnen aber auch zunehmend an Bedeutung für den Küstenschutz. Unfälle wie der Seeschlag an der Plattform FINO1 am 1. November 2006 im Sturm „Britta“ haben
die besondere Gefährdung der Offshore-Industrie durch hohen Seegang deutlich gemacht.
Mit der Verbesserung der NWV ist in den letzten Jahren auch die Vorhersageleistung des SVS stetig gestiegen, allerdings bestehen besonders im Küstenbereich noch erhebliche Defizite. So werden Wellen im
Flachwasser von den Modellen meist überschätzt, einerseits wegen zu geringer Auflösung der Bodentopographie und andererseits, weil der Mechanismus des Wellenbrechens nicht ausreichend gut parameterisiert
ist. Änderungen der Wassertiefe durch Gezeiten und durch Windstau werden nicht berücksichtigt in der
gegenwärtigen Modellkonfiguration. Insbesondere in der Konstruktionsphase gelten aber für Arbeiten im
Offshorebereich oft sehr geringe kritische Schwellwerte. Wellen spielen aber auch eine Rolle beim Küstenschutz, sei es als zusätzliche Belastung der Deiche bei Sturmfluten oder als Quelle küstenparalleler, die
Erosion fördernder Strömungen.
Der DWD beabsichtigt daher in Zusammenarbeit mit dem BSH die Entwicklung und den prä-operationellen
Betrieb eines hochauflösenden operationellen Küstenmodells, das dem steigenden Bedarf der Nutzer an detaillierter Seegangs- und Strömungsinformation Rechnung trägt. Die Modellentwicklung soll von adäquaten
Validationsverfahren begleitet werden, um Verbesserungen für die Nutzer der Daten sichtbar zu machen. Für
diese Aufgabe kommen insbesondere die am Institut für Methodik der Fernerkundung (IMF) des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelten Algorithmen in Frage. Damit lassen sich Parameter wie
das Oberflächenwindfeld, verschiedene Seegangsparameter und die Unterwassertopographie aus RadarSatellitendaten ableiten.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Thomas Bruns
Deutscher Wetterdienst
Referat WV SB - Seeschifffahrtsberatung
Bernhard-Nocht-Str.76
20359 Hamburg
E-Mail: [email protected]
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EU-Richtlinien
EU-Richtlinien
Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
(MSRL) in Deutschland - Sachstandsdarstellung
und Ausblick
Bernd Scherer
Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) nennt als übergeordnetes Ziel, den guten Umweltzustand der
europäischen Meere zu erhalten oder wieder herzustellen. Ein Ökosystem-Ansatz soll im Vordergrund stehen
und das menschliche Handeln steuern. Eine nachhaltige Nutzung soll vorrangig angestrebt werden.
Jeder Mitgliedsstaat ist verpflichtet, diese Vorgaben für seine Meeresgewässer bis 2020 zu erreichen. Da die
Meere keine Grenzen kennen, fordert die MSRL eine enge Kooperation aller Anrainer einer Meeresregion. Für
die Koordinierung werden die bestehenden Meeresschutzkonventionen, das OSPAR-Übereinkommen sowie
das Helsinki-Übereinkommen (HELCOM) genutzt. Bei dieser Zusammenarbeit sind auch Oberliegerstaaten
einzubeziehen.
Angelehnt an die Umsetzungsschritte der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist für die Meeresgewässer ein
Aktionsplan mit konkreten Arbeitsschritten abzuarbeiten. Drei erste Arbeitsschritte sind spätestens bis zum
15. Juli 2012 parallel zu erledigen:
- eine Anfangsbewertung (Art. 8),
- Beschreibung des „guten Umweltzustands“ (Art. 9), sowie
- Festlegen von Umweltzielen (Art. 10).
Aktuell liegen jeweils die Berichtsentwürfe zur Anfangsbewertung nach Art. 8, zur Beschreibung eines „guten Umweltzustands“ nach Art. 9 sowie zu den Umweltzielen nach Art. 10, sowohl für den deutschen Teil
der Nordsee als auch der Ostsee vor. Nach einer sechsmonatigen Beteiligung der Öffentlichkeit werden die
Berichte derzeit überarbeitet und fertiggestellt.
Die ausführlichen Berichtsentwürfe zu diesen Arbeiten können unter dem Meeresschutzportal www.meeresschutz.info des Bundes und der Küstenländer eingesehen werden.
Diese Berichte werden Grundlagen sein für die nächsten Arbeitsschritte:
- die Aufstellung von Überwachungsprogrammen (bis zum 15. Juli 2014), mit deren Daten die Bewertung 2018
erfolgen wird, und
- die Aufstellung der Maßnahmenprogramme (bis spätestens 2015), die bis 2016 umgesetzt sein müssen.
National hat der Umsetzungsprozess also bereits begonnen. Wichtig ist hierfür, dass zeitnah national und
international einheitliche Eckpunkte und Leitlinien verabredet werden. Mit dem BLMP-Monitoringhandbuch
verfügt Deutschland hier über eine sehr gute Ausgangsposition.
Für einige Fragestellungen wie zum Beispiel zum Lärmeintrag oder zu Belastungen durch Abfälle im Meer
bestehen noch deutliche Wissens- bzw. Methodendefizite. Hierzu wird in Deutschland, aber auch in europäischen Arbeitsgruppen derzeit weiter gearbeitet. Dieser Arbeitsprozess hin zu einer europäischen Standardisierung für die Erfassung von Merkmalen und Belastungen wird in den kommenden Jahren auf nationaler
Ebene, in den Meeresregionen und auch auf europäischer Ebene erhebliche Arbeitskapazitäten binden. Die
derzeitigen Aktivitäten der Meeresübereinkommen und des ICES liefern dafür bereits wichtige Grundlagen.
Um den Meeresschutz zum Erfolg zu führen, gibt es keine Alternative zu einer weiteren Harmonisierung um
schließlich ein europaweit abgestimmtes Vorgehen zu erreichen.
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EU-Richtlinien
Für die nationale Umsetzung in Deutschland haben der Bund und die Küstenländer Bremen, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein verabredet, die anstehenden Arbeiten
gemeinsam in enger Kooperation zu bearbeiten. Die Zusammenarbeit der betroffenen Behörden wurde dafür
in einem „Verwaltungsabkommen Meeresschutz“ neu geregelt. Das Verwaltungsabkommen wurde ausgehend von Vereinbarung „Grundsätze für die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft Bund/Länder-Messprogramm
für die Meeresumwelt von Nord- und Ostsee (ARGE BLMP)“ entwickelt und ersetzt diese. Nach Unterzeichnung der zuständigen Bundesressorts und den Umweltministerien der Küstenländer ist das Verwaltungsabkommen Meeresschutz am 30. März 2012 in Kraft getreten.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Bernd Scherer
Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
des Landes Schleswig-Holstein
Mercatorstr. 3
24106 Kiel
E-Mail: [email protected]
EU-Richtlinien
Aktivitäten im Rahmen der regionalen MeeresschutzÜbereinkommen OSPAR und HELCOM zur MSRL
Andrea Weiß und Ingo Narberhaus
Mit dem Inkrafttreten der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (2008/56/EG, MSRL) der EU liegt eine rechtlich
verbindliche Rahmenregelung für den Schutz der unter der Jurisdiktion der EU-Mitgliedsstaaten stehenden
Meeresgewässer vor. Die MSRL greift großenteils auf Bekanntes zurück, das in den vergangenen 30 Jahren
Wirkungsfeld der regionalen Meeresschutzkonventionen war. Die MSRL fügt aber auch Neues hinzu und
fordert eine integrierte Umsetzung des Ökosystemansatzes für die Steuerung menschlichen Handelns. Ist
die MSRL von den EU-Mitgliedsstaaten national umzusetzen, so schafft die Forderung nach Festlegung des
„guten Umweltzustands“ auf regionaler oder sub-regionaler Ebene und nach regionaler Kohärenz der MSRLImplementierung Herausforderungen für die EU-Mitgliedsstaaten und die Meeresschutzkonventionen. Dies
wird überlagert von Arbeiten auf EU-Ebene, die auf ein gemeinsames Verständnis für die Anforderungen der
MSRL und ihrer Auslegung sowie auf die Entwicklung von Methoden für ausgewählte Themen zielen.
Die Meeresschutzkommissionen für den Nordost-Atlantik (OSPAR) und für die Ostsee (HELCOM) haben in
den vergangenen Jahren ihre laufenden Arbeiten verstärkt auf die sich langsam herauskristallisierenden Anforderungen der MSRL ausgerichtet und sich mit der 2010 OSPAR North-East Atlantic Environment Strategy
und dem 2007 HELCOM Baltic Sea Action Plan neue Strategien gegeben, die ihre Rolle als Plattform für die
regionale Koordinierung der MSRL-Umsetzung festschreiben. Mit ihren letzten holistischen Umweltbewertungen (OSPAR Quality Status Report 2010 und HELCOM 2010 Holistic Assessment) lieferten die Konventionen einen Beitrag für die Anfangsbewertungen der EU-Mitgliedsstaaten. Das Einsetzen neuer Gremien, wie
die Coordination Group und Intersessional Correspondence Group for the MSFD bei OSPAR und das Joint
Advisory Board (in Kürze abgelöst durch die Group for the Implementation of the Ecosystem Approach) bei
HELCOM, ist die institutionelle Antwort der Konventionen auf die Anforderungen der regionalen Koordinierung und Verwirklichung des Ökosystemansatzes.
Die Aktivitäten von OSPAR und HELCOM zur MSRL ziehen sich durch alle Themen und Arbeitsfelder und
reichen von der Überarbeitung bestehender Programme und Verfahren über die Entwicklung neuer Methoden und die gemeinsame Bewertung des Umweltzustands bis hin zur übergreifenden Koordinierung und
regionalen Kohärenzprüfung. Deutschland beteiligt sich in vielen der entscheidenden Arbeitsprozesse aktiv,
zum Teil federführend.
Beide Konventionen folgen in ihren Arbeiten grundsätzlich den Zeitlinien der MSRL. Während in traditionellen Arbeitsgebieten wie Eutrophierung und Verschmutzung durch Schadstoffe Anpassungen an die Anforderungen der MSRL erforderlich werden, sind in anderen Themenfeldern zur MSRL-Umsetzung, wie zum
Beispiel Müll, Lärm oder hydrografischer Zustand, weitere Forschungen erforderlich. Hierzu zählt auch die
Entwicklung von Verfahren zur Bewertung des Zustands der Bio-diversität sowie zur integrierten, ökosystem-basierten Gesamtbewertung des Meeresumweltzustands, die die synergetischen und kumulativen
Auswirkungen menschlicher Belastungen auf die Ökosystemkomponenten erfasst. Zu den laufenden Arbeiten im Rahmen der Konventionen zählen zum Beispiel die Festlegung gemeinsamer Kernindikatoren und
die Weiterentwicklung der Methoden zur Beschreibung des „guten Umweltzustands“ und von Bewertungsverfahren für Messgrößen und Indikatoren. Gerade bei neuen Entwicklungen und Forschungsbedarf bieten
sich hier Möglichkeiten für ein interregionales Vorgehen, um weitere Synergien zu schaffen. Die Entwicklung
kohärenter belastungsbezogener Umweltziele fokusiert in beiden Konventionen auf grenzüberschreitende
Umweltprobleme wie zum Beispiel Eutrophierung. In beiden Konventionen werden derzeit die bestehenden Monitoringprogramme mit Blick auf die Umsetzungsfrist für 2014 überarbeitet, um sicherzustellen, dass
für gemeinsame Kernindikatoren vergleichbare Daten für die künftige Bewertung des regionalen Umweltzustands bereitstehen.
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EU-Richtlinien
Im Rahmen der übergreifenden Koordinierung sehen beide Konventionen sich in einer aktiven Rolle bei der
Sicherstellung regionaler Kohärenz. Die sogenannten OSPAR advice documents stehen EU-weit zur Verfügung und formulieren für die einzelnen MSRL-Deskriptoren die methodischen Grundlagen zur Unterstützung
eines regional abgestimmten Ansatzes bei der Auswahl von Indikatoren und ihrer Überwachung und Bewertung. Sie dokumentieren außerdem den aktuellen Grad der Übereinstimmung der Mitgliedsstaaten bei der
Wahl der Umsetzungsansätze. Sowohl OSPAR als auch HELCOM bereiten derzeit jeweils einen roof report für
die EU-Kommission vor, der flankierend zu den nationalen Implementierungsberichten einen Nachweis der
Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in der Nordost-Atlantik- und Ostsee-Region bei der MSRL-Umsetzung
liefert, einen Überblick über den Stand der Koordinierung und Kohärenz für 2012 gibt sowie Lücken und
Defizite kritisch analysiert. Beide Berichte dienen den Konventionen als Grundlage für die Ausrichtung und
Priorisierung ihrer Arbeiten in den nächsten Jahren.
Anschrift der Vortragenden:
Andrea Weiß
Umweltbundesamt
Wörlitzer Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
EU-Richtlinien
Chancen und Schwierigkeiten für einen
übergreifenden Meeresschutz – mit einem
besonderen Blick auf die MSRL
Markus Salomon
Unsere heimischen Meere Nord- und Ostsee stehen weiterhin unter einem erheblichen Nutzungsdruck. Für die
vielfältigen Belastungen sind sehr unterschiedliche Verursacher verantwortlich. Im Vordergrund stehen insbesondere Eingriffe durch die Fischerei, Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft und multiple Belastungen
durch die Seeschifffahrt. Der Abbau von Kies und Sand, die Gas- und Ölförderung, der Tourismus sowie die
Offshore-Windenergienutzung, welche bekannterweise in den nächsten Jahren erheblich ausgebaut werden
soll, sind primär für lokale Belastungen verantwortlich. Darüber hinaus tragen landbasierte Industrien und der
Verkehr zum Eintrag von Schad- und Nährstoffen bei.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (www.umweltrat.de) hat sich der Frage angenommen, wie angesichts der sehr unterschiedlichen Verursacher bzw. Sektoren und der damit verbundenen Vielzahl von
Politiken und rechtlichen Regelungen ein sektorübergreifender Ansatz im Meeresschutz verwirklicht werden
kann. Bei dieser Fragestellung stand die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), die einen umfassenden
Ansatz im Meereschutz verfolgt, im Mittelpunkt. Im Folgenden werden die besonderen Herausforderungen im
Meereschutz anhand der drei Sektoren Fischerei, Landwirtschaft und Seeschifffahrt exemplarisch betrachtet.
Die Fischerei wird in Europa maßgeblich durch die Vorgaben der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) bestimmt. Den Mitgliedstaaten bleiben kaum eigene Handlungsspielräume in diesem Sektor. Somit ist für die
ökologischen Probleme, die mit der Fischerei im Zusammenhang stehen, die Ausgestaltung der GFP von
zentraler Bedeutung. Die GFP soll 2013 reformiert werden, Reformvorschläge hierzu liegen bereits vor. Zweifelsohne stellt diese Reform eine wichtige Weichenstellung dafür dar, ob es in naher Zukunft gelingen wird,
die Meere vor Eingriffen durch die Fischerei ausreichend zu schützen.
Hinsichtlich der Landwirtschaft sind einige Parallelen zur Fischerei erkennbar. Die Gemeinsame Agrarpolitik
(GAP) hat einen erheblichen gestalterischen Einfluss auf die Landwirtschaftspolitik in Deutschland. Allerdings
sind die Spielräume für Maßnahmen auf nationaler Ebene etwas größer als bei der GFP. Für die Minderung
der Nährstoffeinträge sind darüber hinaus die Umsetzung der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie
(WRRL) von Relevanz. Auch die GAP befindet sich derzeit in einem Reformprozess, die WRRL noch in der
Umsetzung. Bereits jetzt bestehen aber Zweifel, dass es im Rahmen der WRRL-Umsetzung gelingen wird,
das Nährstoffproblem in den Griff zu bekommen.
Die Seeschifffahrt als internationaler Sektor wird auch sehr stark durch internationale Vorgaben reguliert.
Im Rahmen der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) wurden verschiedene Konventionen auf den
Weg gebracht bzw. weiterentwickelt mit dem Ziel, Umweltbelastungen durch diesen Sektor zu mindern. An
erster Stelle zu nennen ist dabei das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe in der Fassung des Protokolls von 1978 (MARPOL). Erst kürzlich wurde im
Rahmen von MARPOL der Schwefelgrenzwert für Schiffskraftstoffe deutlich abgesenkt. Trotz allem verlaufen
Entwicklungen in Richtung einer sauberen Schifffahrt auf internationaler Ebene noch immer sehr langsam.
Beispielsweise fehlen bis heute Grenzwerte für den atmosphärischen Ausstoß von Rußpartikeln und CO2.
Aufgrund der besonderen Freiheit der Seeschifffahrt und des internationalen Wettbewerbs haben sich die
Küstenstaaten mit eigenen Umweltschutzmaßnahmen für diesen Sektor bisher sehr zurückgehalten. Europäische Initiativen haben aber gezeigt, dass diese durchaus den internationalen Prozess beschleunigen
können. Ein Beispiel hierfür ist die Beendigung der Nutzung von Einhüllentankschiffen.
Die MSRL sieht vor, dass die Mitgliedstaaten eigene nationale Meeresschutzstrategien entwickeln und umsetzen. Jedoch zeigen die drei dargestellten Sektoren schon sehr anschaulich, dass die Handlungsspielräume
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EU-Richtlinien
auf nationaler Ebene in vielen relevanten Bereichen stark eingeschränkt sind. So sieht die MSRL vor, dass,
wenn die Mitgliedstaaten Probleme identifizieren, die mit eigenen Maßnahmen nicht gelöst werden können, sie
dies der EU-Kommission mitteilen und unter Umständen Vorschläge für Maßnahmen auf europäischer Ebene
machen können. Über diesen Weg könnte politischer Druck ausgeübt werden, die genannten Sektorpolitiken
weiterzuentwickeln. Gleichzeitig wurde kürzlich der Diskussionsprozess zu einer europäischen integrierten
maritimen Politik auf den Weg gebracht. Bisher sind die dort gemachten Vorschläge noch sehr vage bzw.
beschränken sich auf die Zusammenfassung bestehender Aktivitäten. Die MSRL soll die Umweltsäule der
europäischen maritimen Politik darstellen. Die Festlegung von ambitionierten Umweltzielen ist zweifelsohne
ein wichtiger Schritt in der MSRL-Umsetzung. Zu diskutieren wäre, ob über die Aufnahme dieser Umweltziele
in die maritime Politik der Meeresschutz stärker in die Sektorpolitiken integriert werden kann.
Weitere Instrumente, die für den Meeresschutz eine hohe Bedeutung haben, sind die marine Raumordnung
und die Einrichtung von Meeresschutzgebieten insb. im Rahmen von NATURA 2000. Beide Instrumente dienen der räumlichen Steuerung von Nutzungs- und Schutzinteressen. Es wäre zu prüfen, inwieweit diese
wichtige Funktion mit der derzeitigen Umsetzung der Instrumente ausreichend gegeben ist. Integriertes Küstenzonenmanagement als Dialogprozess kann dazu beitragen, Lösungen für kleinräumige Nutzungs- und
Schutzkonflikte an den Küsten zu finden.
Die Umsetzung der MSRL ist mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden und bestimmt derzeit die
nationalen Aktivitäten zum Meeresschutz. Angesichts dieser neuen Herausforderung ist es notwendig, sich
auch mit den personellen und institutionellen Ressourcen im Meeresschutz auseinander zu setzen. Es muss
verhindert werden, dass eine erfolgreiche Umsetzung der Richtlinie an Unzulänglichkeiten in diesem Bereich
scheitert. Geplant ist bisher, für die Koordinierung der MSRL-Umsetzung ein Sekretariat einzurichten. Weitergehende Überlegungen, wie der Meeresschutz in Deutschland institutionell aufgewertet werden könnte, sind
wünschenswert.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Markus Salomon
Sachverständigenrat für Umweltfragen
Luisenstr. 46
10117 Berlin
E-Mail: [email protected]
EU-Richtlinien
Was heißt denn eigentlich "interkalibriert"?
Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse nach
Wasserrahmenrichtlinie – ein Zustandsbericht
Jens Arle
Die deutsche Wasserwirtschaftsverwaltung hat seit Inkrafttreten der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) am
22.12.2000 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft; L327/1) einen Systemwechsel vollzogen. Das Hauptziel der WRRL besteht in der Ressourcensicherung für kommende Generationen durch Erreichen einer guten Wasserqualität und eines guten ökologischen Zustands. Während bis dahin vorrangig die chemischen
Belastungen der Gewässer im Vordergrund der Gewässerbewertung standen, erfolgt die Bewirtschaftung
nun nach einem holistischeren Ansatz, das heißt, sie bezieht das gesamte Einzugsgebiet ein und betrachtet
neben der Chemie alle Belastungen durch menschliche Nutzungen sowie die Gewässerstruktur und die
Lebensgemeinschaften der Gewässer. Zur Umsetzung der WRRL wurden in Europa bisher fast 300 verschiedene Bewertungsverfahren für die biologischen Qualitätskomponenten aquatische Flora, Wirbellosenfauna
und Fischfauna entwickelt und bei etwa 45 % dieser Verfahren handelt es sich um Bewertungsverfahren für
Küsten- und Übergangsgewässer (Birk et al. [2012]). Um sicherzustellen, dass die ökologische Gewässerqualität in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft vergleichbar bewertet wird, wurde durch die
WRRL eine Interkalibrierung der nationalen Bewertungsmethoden für die biologischen Qualitätskomponenten vorgegeben.
Im Rahmen des Vortrags werden methodische Ansätze der Interkalibrierung kurz vorgestellt sowie die für
Deutschland relevanten Ergebnisse der seit 2004 laufenden und in diesem Jahr endenden Interkalibrierungsarbeiten für Küsten- und Übergangsgewässer präsentiert. Zusammenfassend wird auf Herausforderungen,
Erfahrungen, Probleme und Erfolge des europäischen Interkalibrierungsprozesses eingegangen.
Literatur:
Europäische Gemeinschaften: Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.
Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der
Wasserpolitik. Nr. L 327/1, vom 22.12.2000 (Wasserrahmenrichtlinie).
Birk S., Bonne W., Borja A., Brucet S., Courrat A., Poikane. S., Solimini A., van de Bund W., Zampoukas N. and
D. Hering, 2012: Three hundred ways to assess Europe’s surface waters: an almost complete overview of
biological methods to implement the Water Framework Directive. Ecological Indicators, 18, 31-41.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Jens Arle
Umweltbundesamt
Fachgebiet II 2.3 Meeresschutz
Wörlitzer Platz 1
D-06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
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EU-Richtlinien
Nährstoffreduzierungsziele in der Deutschen Bucht
Almut Kottwitz
Die im Rahmen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) abgegrenzten Wasserkörper für die
Küstengewässer der deutschen Nordsee sind nach den Ergebnissen der Bestandsaufnahme nicht in einem
guten ökologischen Zustand. Als wesentliche Belastung und damit Ursache für die Zielverfehlung werden
Nährstoffeinträge aus den landseitigen Einzugsgebieten der Nordsee geltend gemacht. Obwohl sich in den
vergangenen Jahrzehnten die Nährstoffeinträge aus Deutschland in die Nordsee erheblich verringert haben,
reicht dies nicht aus, um die ökologischen Zielvorgaben der Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen.
Die 134. LAWA-Vollversammlung (19./20.09.07) hatte es daher für notwendig gehalten, zunächst für 2015
realistische Bewirtschaftungsziele zur Minderung der Nährstofffrachten in den Küstengewässern der FGE
maßnahmenorientiert abzuleiten und dafür möglichst ein bundeseinheitliches Verfahren zu nutzen. In der
Folge wurde ein „Konzept zur Festlegung der Bewirtschaftungsziele 2015 für die Verminderung der Nährstoffkonzentrationen in den Küstengewässern“ erarbeitet.
Es empfiehlt, die Reduzierungsziele für das Erreichen des guten ökologischen Zustands der Küstenwasserkörper aus dem Vergleich der aktuellen und der zulässigen Chlorophyll-a-Konzentration in den von der
jeweiligen Flussgebietseinheit beeinflussten Küstenwasserkörpern abzuleiten. Allerdings hatten die Flussgebietseinheiten Rhein, Ems, Weser und Elbe verschiedene Herangehensweisen zugrunde gelegt, um sich auf
Nährstoffreduzierungsziele für den ersten Bewirtschaftungszeitraum bis 2015 zu verständigen.
Bei der für die WRRL erforderlichen internationalen Interkalibrierung der konkreten Reduzierungsanforderungen für Nährstoffe konnten sich außerdem Deutschland und die Niederlande für die Wasserkörper, die
sie gemeinsam haben, nicht auf einen einheitlichen Schwellenwert „gut/mäßig“ einigen. Aus diesem Grund
richtete das Bund/Länder-Messprogramm Meeresumwelt Nord- und Ostsee (BLMP) im September 2010 eine
Arbeitsgruppe ein, die für die Ableitung von Nährstoffreduzierungszielen für die Nordseezuflüsse in Erweiterung der bisherigen Untersuchungen eine nähere Betrachtung der Prozesse im Küstenwasser einbeziehen
sollte, um die Auswirkungen der für die Interkalibrierung vorgeschlagenen Werte für die Bewirtschaftungsplanung abzuschätzen.Weiterhin sollten die Verfahren in den deutschen Flussgebietseinheiten, die in die
Nordsee fließen, harmonisiert werden und es sollte insoweit der v.g. LAWA-Beschluss umgesetzt werden.
Als Grundlage diente der Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und
Klimaschutz ein Ansatz über eine vereinfachte Massenbilanzierung in der Deutschen Bucht, die nicht nur die
Einträge aus den deutschen Flussgebieten, sondern insbesondere auch die Ferneinträge aus benachbarten
Meeresregionen, wie zum Beispiel die Küstenwasserkörper des Rheins, berücksichtigt.
Aus dem Ansatz lässt sich Folgendes ableiten:
• Der ökologische Zustand der deutschen Küstenwasserkörper wird maßgeblich von Ferneinträgen beeinflusst.
• Es besteht eine signifikante Beziehung zwischen Nährstoffeinträgen aus Flusseinzugsgebieten und der Chla-Konzentration in den Küstengewässern. Aufgrund der hohen Variabilität der Austauschraten in den Küstenwasserkörpern und anderer Einflussfaktoren, insbesondere der Sichttiefe, ist eine 1:1-Beziehung für Reduzierungseffekte zwischen Stickstoffverminderung und Chl-a-Konzentrationsrückgang allerdings nicht in allen zu
betrachtenden Wasserkörpern gleichermaßen gegeben.
• Aus der vereinfachten Massenbilanzierung und den von Deutschland bisher zugrunde gelegten biologischen
Referenz- und Schwellenwerten für die Küstenwasserkörper, die bereits in den europäischen Interkalibrierungsprozess eingebracht wurden, ergibt sich, dass die Nährstoffkonzentrationen der direkten Flusseinträge
in die Küstenwasserkörpern bis zu 48% zu verringern sind, um ausgehend von den deutschen Referenz- und
Schwellenwerten für die Qualitätskomponente Phytoplankton eine erforderliche Reduktion der Chl-a-Konzentration um ein Viertel bis ein Drittel und damit mittel- bis langfristig die Umweltziele der WRRL zu erreichen.
41
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EU-Richtlinien
• Nach den von der Arbeitsgruppe vorgenommenen Berechnungen lässt sich anteilig für die deutschen Nordseezuflüsse eine entsprechende TN-Konzentrationsverringerung in den Küstenwasserkörpern erreichen, wenn
in den aus Deutschland in die Nordsee mündenden Flussgebieten ein TN-Zielwert von 2,8 mg/l am Übergabepunkt limnisch-marin eingehalten wird. Der gute ökologische Zustand in den Küstenwasserkörpern wird
jedoch nur dann erreicht, wenn auch die Nährstoffkonzentrationen aus Ferneinträgen entsprechend reduziert
werden.
• Die TN-Zielwerte leiten sich unmittelbar aus den Anforderungen der WRRL an die biologische Qualitätskomponente Phytoplankton in den Küstengewässern ab.
• Auf Grundlage dieser Ergebnisse hat die Arbeitsgruppe empfohlen, für Deutschland ein einheitliches Reduzierungsziel von 2,8 mg/l Gesamtstickstoff für alle in die Nordsee mündenden Flüsse am Übergabepunkt als
Grundlage für die künftige Bewirtschaftungsplanung festzulegen.
Die Ergebnisse wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen und Gremien vorgestellt und diskutiert (UAG Phytoplankton der AG ErBe/BLMP, ARGE BLMP, Flussgebietsgemeinschaft (FGG) Ems, Unterausschuss G EmsDollart und ständige dt./nl. Grenzgewässerkommission, Koordinierungsrat der FGG Elbe, Elberat und LAWA
AO) und von der LAWA Vollversammlung im März 2012 beschlossen. Sie werden damit jetzt als Grundlage
der Bewirtschaftungsplanung in den FGGen Rhein, Ems, Weser, Elbe und Eider empfohlen.
Das pragmatisch ermittelte vorgeschlagene Reduzierungsziel von 2,8 mg/l (TN) am Übergabepunkt limnischmarin ist dabei in einer Größenordnung, die aus niedersächsischer Sicht bewirtschaftbar ist, ohne dass sich
der Mensch mit seinen Nutzungen aus der Fläche zurückziehen muss.
Anschrift der Vortragenden:
Almut Kottwitz
Niedersächsisches Ministerium
für Umwelt und Klimaschutz
Archivstraße 2
30169 Hannover
E-Mail: [email protected]
Schifffahrt und polare Umwelt
Schif f fahr t und polare Umwelt
Polare Meeresschutzgebiete - Erste Schritte
zu ihrer Einrichtung
Wiebke Schwarzbach, Alexander Liebschner und Karl-Hermann Kock
Die Polargebiete beherbergen eine einzigartige Flora und Fauna, deren Biodiversität und Lebensräume angesichts anthropogener Einwirkungen und Klimaveränderungen Schutz benötigen. Meeresschutzgebiete
(MPAs1) sind mittlerweile ein zentrales Instrument zum Schutz von Meeresgebieten in den Weltmeeren, wofür entscheidende Impulsgeber vom Übereinkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt (CBD2, 1992)
und dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung (WSSD3, 2002) ausgingen. Dieser formulierte das Ziel, zum
Schutz der marinen biologischen Vielfalt weltweit bis zum Jahr 2012 repräsentative Netzwerke von MPAs zu
schaffen. Nach einem Beschluss der CBD-Vertragsstaaten (2004) sollen bis 2020 mindestens 10% der Meeresoberfläche als MPAs unter Schutz stehen.
Sowohl das Nord- als auch das Südpolarmeer sind integrale Bestandteile des weltweiten Meeressystems.
Nord- und Südpolargebiete unterscheiden sich deutlich in ihrer Geografie und in ihrem Rechtsstatus. Die
Arktis mit dem Nordpolarmeer ist umgeben von fünf Anrainerstaaten, mit eigenen Territorialgewässern und
einem kleineren Bereich internationaler Gewässer, für die das internationale Seerechtsübereinkommen (UNCLOS4) gilt. Für die Antarktis – den Antarktischen Kontinent umgeben vom zirkumpolaren Südpolarmeer –
gilt mit dem Antarktis-Vertragssystem (ATS), dem Übereinkommen zum Schutz der lebenden Meeresschätze
(CCAMLR5) sowie dem Übereinkommen zur Erhaltung der antarktischen Robben (CCAS6) ein eigenes Rechtsregime. So kann die ATCM7 im Rahmen des Umweltschutzprotokolls (USP) MPAs als ASPAs8 ausweisen.
In der Antarktis hat CCAMLR 2009 ein erstes Hochsee-MPA ausgewiesen: Das MPA „South Orkney Islands
Southern Shelf“ mit einer Größe von 94.000 km2, in dem Fischereiaktivitäten und die Abfallentsorgung jeglicher Art für Fischereifahrzeuge verboten sind. CCAMLR hat 2011 insgesamt neun große Planungsgebiete
verabschiedet, in denen MPAs eingerichtet werden können. Die EU und andere Vertragsstaaten werden sich
auf der Jahrestagung 2012 dafür stark machen, ein Rahmenwerk zu verabschieden, in das zukünftige MPAs
eingebettet werden können. Das Rossmeer ist einer der aktuellen Kandidaten. Die Vorschläge von Neuseeland und den USA - bereits 2011 diskutiert – sollen 2012 in einem gemeinsamen Vorschlag für ein MPA
Rossmeer münden. Weitere geplante MPA-Gebiete liegen u.a. in der Ostantarktis sowie im Weddellmeer und
entlang der Schelfeiskante, wo durch Schelfeisabbrüche benthische Gebiete freigelegt werden, die sich als
Referenzgebiete für wissenschaftliche Untersuchungen eignen.
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Marine Protected Areas
Convention on Biological Diversity
World Summit of Sustainable Development
United Nations Conservation on the Law of the Sea
Convention for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources
Convention for the Conservation of Antarctic Seals
Antarctic Treaty Consultative Meeting
Antarctic Specially Protected Areas
Anschrift der Vortragenden:
Dr. Wiebke Schwarzbach
Umweltbundesamt
Fachgebiet I 3.5 „Schutz der Antarktis“
Wörlitzer Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
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Schif f fahr t und polare Umwelt
OSPAR‘s Biodiversity and Ecosystems Strategy
2010-2020 - What does this mean for the Arctic?
Emily Corcoran
OSPAR is the mechanism by which fifteen Governments of the western coasts and catchments of Europe, together with the European Community, cooperate to protect the marine environment of the North-East Atlantic.
It started in 1972 with the Oslo Convention against dumping. It was broadened to cover land-based sources
and the offshore industry by the Paris Convention of 1974. These two conventions were unified, up-dated and
extended by the 1992 OSPAR Convention. The new annex on the protection and conservation of ecosystems
and biological diversity of the Maritime Area was adopted in 1998 to cover non-polluting human activities that
can adversely affect the sea.
The OSPAR Convention covers an area of about 13.5 million km2 stretching from the North Pole to just south
of the Azores and divided into five sub regions (see Figure 1). The Arctic (region 1) is the largest of these and
covers 40% of the OSPAR Maritime Area. This presentation will focus on this region and the relevance of the
Commission’s current work to implement Annex V of the Convention.
Figure 1. OSPAR Regions
Region I: Arctic Waters
Region II: Greater North Sea
Region III: Celtic Seas
Region IV: Bay of Biscay/Iberian Coast
Region V: Wider Atlantic
The paper will review the results of the recent Quality Status Report, published in 2010 and introduce the current work of the Commission to implement Annex V of the Convention. Focus will be placed on the Biodiversity
and Ecosystem elements under the North East Atlantic Environment Strategy. This Strategy was adopted in
2010 by Ministers of the OSPAR Contracting Parties and sets out the Commissions objectives for the period
up to 2020. The time frame for the OSPAR North East Atlantic Environment Strategy is at a critical period for
Region I, which faces rapid change that will affect the communities that live there, the activities they undertake and the ecosystems that sustain them.
Address of lecturer:
Emily Corcoran
Deputy Secretary
OSPAR Commission
37-63 Southampton Row, London WC1B 4DA, UK
email: [email protected]
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Schif f fahr t und polare Umwelt
„Black Carbon“ – Luftschadstoff mit Klimarelevanz/
Minderung der Schiffsemissionen
Katharina Koppe
Schiffsemissionen rücken mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Im Vergleich zum Landverkehr
sind die Anforderungen an die Kraftstoffqualität sowie die Grenzwerte für Luftschadstoffe der Schiffsabgase
bisher deutlich weniger anspruchsvoll. Bislang enthält MARPOL Annex VI der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) (IMO 73/78) nur Grenzwerte für Stickoxide (NOx) und Schwefeloxide (SOx). Seit Kurzem
wird im Umweltausschuss (MEPC) der IMO über einen weiteren Luftschadstoff diskutiert: „Black Carbon“ –
auch als Ruß bezeichnet.
Black Carbon (BC) entsteht u.a. bei der unvollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen
– somit auch im Schiffsmotor. Die Partikel haben nachweislich eine negative Gesundheitswirkung und sind
insbesondere dann klimawirksam, wenn sich Ruß auf Schnee- und Eisflächen ablagert und so den Abstrahlungseffekt (Albedo) verringert.
Die internationale Seeschifffahrt hat heute einen Anteil von ca. 2 % an den globalen anthropo­genen BC-Emissionen (Corbett, J. et al. [2010]); für die Klimawirksamkeit ist jedoch auch der Ort der Emissionen relevant.
Heute nimmt die Schifffahrt in polaren Gewässern noch einen vergleichsweise geringen Anteil ein. Durch das
Abschmelzen des Eises und die Öffnung weiterer Schiffsrouten wird jedoch in der Arktis von einem großen
Anstieg des Seeverkehrs in den kommenden Jahrzehnten ausgegangen. Werden keine Minderungsmaßnahmen ergriffen, so kommt es entsprechend zu einer starken Zunahme der BC-Emissionen in der direkten
Umgebung eisgedeckter Gebiete. Studien prognostizieren einen Anstieg der BC-Emissionen in der Arktis
um 70-130 % (bis 2030 im Vergleich zu 2004) bzw. – wenn neue polare Routen befahren werden – um bis zu
500 % (Green, E. et al. [2011]).
Mögliche Minderungsmaßnahmen wären auf der regulatorischen Ebene (z.B. im Rahmen der IMO über den Polar Code) die Einführung von Grenzwerten und/oder die Ausweisung von Emissionsschutzgebieten. So könnte
man erreichen, dass auf der schiffstechnischen Seite die Installation von Abgasnachbehandlungsanlagen (z.B.
Partikelfilter) und/oder die Verwendung alternativer, sauberer Treibstoffe (z.B. Gas) vorangetrieben wird.
Literatur
Corbett, J. et al., 2010: Arctic shipping emissions inventories and future scenarios. Atmos. Chem. Phys., 10,
9689–9704.
Green, E. et al., 2011: Mortality in Latitudes 40° N and Above from Primary Particulate Matter Emissions by
Shipping; Prepared for the Clean Air Task Force: Boston, MA, USA, submitted to the International Maritime
Organization (MEPC 62/4/16), 25 April, 2011.
IMO 73/78: International Convention for the Prevention of Pollution from Ships as amended by the Protocol of
1978 (MARPOL 73/78), Annex VI („Regulations for the Prevention of Air Pollution from Ships“) in Kraft seit
2005.
Anschrift der Vortragenden:
Katharina Koppe
Umweltbundesamt
Fachgebiet I 3.2 „Schadstoffminderung &
Energieeinsparung im Verkehr“
Wörlitzer Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
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Schif f fahr t und polare Umwelt
Richtlinien für mehr Sicherheit und Umweltschutz
in polaren Gewässern – Schritt für Schritt
zum Polar Code
Justus Dennin
Die Schifffahrt in den polaren Gewässern, insbesondere in der Arktis, erfährt seit einiger Zeit einen anhaltenden Aufschwung, der sich in der prognostizierbaren Zukunft noch verstärken wird.
Treiber sind die Fischerei, der (Expeditions-) Tourismus und die Nutzung der Arktis als Transitroute von Nordeuropa nach Nordasien. Dies wird durch den kontinuierlichen Rückgang der Meereseisdecke erleichtert bzw.
erst ermöglicht. Der stärkste Treiber jedoch ist die Nutzung der Arktis als Rohstoffquelle. Die Schätzungen
variieren, aber ca. 1/3 der weltweit noch unentdeckten Erdgasvorkommen und ca. 1/5 der entsprechenden
Erdölvorkommen werden in der Arktis vermutet. Angesichts stetig steigender Preise für diese fossilen Brennstoffe wird eine Förderung in der Arktis ökonomisch kontinuierlich interessanter. Dabei erleichtert die Abnahme der Eisbedeckung – sowohl hinsichtlich Ausdehnung als auch Festigkeit aufgrund des abnehmenden
Anteils mehrjährigen Eises – die Ausbeutung zwar, aber diese wird unabhängig von den Umgebungsbedingungen bei entsprechend hohen Rohstoffpreisen verstärkt stattfinden.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der vielfältigen Umweltgefahren – niedrige Wasser- und Lufttemperatur, Eisbedeckung, Abgeschiedenheit, polare Nacht etc. – ist es geradezu erstaunlich, dass es keinerlei
internationale Vorschriften für die Schifffahrt in den Polarregionen gibt, die über den „Standard“ (insbesondere, aber nicht nur: SOLAS, MARPOL) hinausgehen. Auch in Anbetracht der Empfindlichkeit der noch weitgehend unberührten Ökosysteme und der Folgen eines größeren Schiffsunfalls mit Ölaustritt ist das bisherige
Fehlen einer umfassenden, international gültigen, spezialisierten Sicherheitsvorschrift bemerkenswert. Lediglich für die Antarktis existiert seit 2011 ein Schwerölverbot.
Diese offensichtliche Lücke im Vorschriftenwerk der Weltschifffahrtsorganisation IMO wird nur dadurch etwas
reduziert, dass die Russische Föderation und Kanada das Befahren ihrer arktischen Gewässer auf Basis des
Seerechtsübereinkommens (UNCLOS) reglementieren. Diese Regelungen sind allerdings uneinheitlich und
teilweise sowohl intransparent als auch nicht ausschließlich dem Ziel der sicheren und umweltverträglichen
Schifffahrt dienend.
Es ist daher das Bestreben der IMO, eine Vorschrift zu entwickeln und durch die Mitgliedsstaaten in Kraft zu
setzen, die die nationalen Vorschriften ablöst, die bestehenden Lücken schließt und sämtliche polare Gewässer einschließt. Diese Vorschrift wird nach derzeitigem Sachstand „Mandatory Code for Ships Operating in Polar Waters“ heißen. Der Anstoß zu dieser Entwicklung kam 1991 von Deutschland. 2011 wurde von der IMO die
„Guideline for Ships Operating in Polar Waters“ in Kraft gesetzt. Diese unverbindliche Richtlinie ist der Vorläufer
des „Mandatory Polar Code“, aber die knapp 20 Jahre dauernde Entwicklung zeigte, dass es äußerst schwierig
ist, die teilweise gegensätzlichen Interessen der IMO-Mitgliedsstaaten in einer Vorschrift zu verbinden.
Folgende Charakteristika des Codes erscheinen heute als sicher:
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Unterteilung in bindende Anforderungen und Empfehlungen
„Goal-based“ Ansatz, d.h. funktionale Forderungen vor präskriptiven Regelungen
grundsätzliche Akzeptanz alternativer Lösungen
Unterteilung der Schiffe in drei Kategorien:
Cat. A – Einsatz in mehrjährigem Eis zulässig
Cat. B – Einsatz im einjährigen Eis zulässig
Cat. C – Einsatz nur im offenen Wasser zulässig
Verpflichtung zum Mitführen eines „Polar Water Operational Manual“, in dem die individuellen Eiseigenschaften des Schiffes festgehalten sind.
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Schif f fahr t und polare Umwelt
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Es werden dabei quasi alle relevanten Aspekte der polaren Schifffahrt adressiert: Schiffsstruktur, Stabilität,
Antriebsanlage, Unterbringung der Besatzung, Feuerschutz, Lebensrettung, Navigation, Kommunikation,
Schiffsbetrieb. Insbesondere den vielfältigen Umweltaspekten wurde und wird bei der Entwicklung Rechnung getragen.
Die Arbeit in der IMO gestaltet sich zäher als erwartet, und diverse Themen wurden an andere Fachausschüsse (u.a. Umwelt, Kommunikation) zur Stellungnahme gegeben. Das ursprünglich avisierte Ziel einer
Fertigstellung im Jahr 2012 ist nicht zu realisieren; 2014 ist eine von Mitgliedern der Arbeitsgruppe geäußerte
vorsichtige Prognose.
Bevor nun zu negativ über diese Verzögerung geurteilt wird, sollten die Vorteile und Innovationen des künftigen Polar Code ausreichend gewürdigt werden:
–
Der Ansatz mit Zielen und funktionalen Anforderungen sowie die Öffnung für alternatives Design sind zukunftsweisend in der Vorschriftenentwicklung
­– globale Gültigkeit für alle polaren Regionen
– Ergänzung diverser bestehender Vorschriften („add-on“), ohne sie zu wiederholen: vereinfachte Anwendung
und Weiterentwicklung
– proaktive Entwicklung, d.h. bevor ein großer Unfall eingetreten ist – Vorschriftenentwicklung in der Schifffahrt
findet überwiegend reaktiv statt (vgl. SOLAS nach der Titanic-Katastrophe).
Im Interesse der Sicherheit der Schifffahrt und des Schutzes der polaren Ökosysteme bleibt zu hoffen, dass
diese notwendige Vorschrift möglichst schnell finalisiert und bindend in Kraft gesetzt wird.
Anschrift des Vortragenden:
Justus Dennin
Germanischer Lloyd SE
Brooktorkai 18
20457 Hamburg
E-Mail: [email protected]
Schif f fahr t und polare Umwelt
Yachten im Eis - Balance zwischen
Individualtourismus und Sicherheitsrisiko
Manuela Krakau, Heike Herata
Im letzten Jahrzehnt gab es mehrere Initiativen der ATCM1 und der IMO2, um die Sicherheitsregulierung für
schiffsgestützte Aktivitäten zu verbessern. Viele dieser Vorstöße zielten auf die Minimierung der Risiken eines
Schiffsunfalls und dienten damit dem Schutz der antarktischen Umwelt. Jedoch sind kleinere Seefahrzeuge
und Yachtexpeditionen kaum in internationalen Sicherheitsregelungen, z.B. in der IMO-Konvention SOLAS3,
berücksichtigt. Spezifische Regelungen für Polargebiete betreffen ebenfalls nur selten Wasserfahrzeuge mit
weniger als 12 Passagieren.
Auf der ATCM 2010 wurde die umfassende Informationskampagne der IAATO4 zu antarktischen Yachtexpeditionen von den Antarktisvertragsstaaten sehr begrüßt. Auf der ATCM 2011 wurde dies zum Anlass genommen, unter der Federführung Deutschlands eigene Richtlinien für Yachten, inklusive einer Prüfliste für die
Vorbereitung einer Antarktisexpedition, zu erarbeiten. Diese Unterlagen sollen zum einen dem durchführenden Reiseveranstalter oder privaten Segler eine Richtlinie und Orientierungshilfe sein. Zum anderen sollen
die Richtlinien auch den Genehmigungsbehörden eine fundierte Basis für die Bewertung der Umweltrisiken
einer Yachtreise im Antarktisvertragsgebiet geben.
Mit einem gesteigertem Sicherheits- und Umweltbewusstsein der Individualsegler und Yachtreiseveranstalter
für die speziellen Bedingungen des Südpolarmeeres sollen somit eine gute Grundlage zum Schutz der antarktischen Meeresumwelt geschaffen und weitere Unfälle vermieden werden.
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Antarctic Treaty Consultative Meeting
Intermational Maritime Organization
International Convention for the Safety of Life at Sea
International Association of Antarctica Tour Operators
Anschrift der Vortragenden:
Dr. Manuela Krakau
Umweltbundesamt
Fachgebiet I 3.5 „Schutz der Antarktis“
Wörlitzer Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
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Munition im Meer
Munition im Meer
Munitionsbelastung der deutschen
Meeresgewässer - Erste Schritte zur Lösung
eines gesamtgesellschaftlichen Problems
Tobias Knobloch
Munition und andere Kampfmittel sind zu verschiedensten Zeitpunkten und auf einer Vielzahl von Wegen
in die Meere der Welt gelangt. Insbesondere während und unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg sind große
Mengen dieser mit gefährlichen und teils wassergefährdenden Stoffen gefüllten Behältnisse in deutsche
Meeresgewässer eingebracht worden.
Durch die sich ausweitende Nutzung des Meeresbodens, wie bspw. für den Bau von Offshore-Anlagen, gewinnt das Problem dieses Kriegserbes heutzutage zunehmend an Bedeutung.
Eine von Schleswig-Holstein initiierte Bund/Länder-Arbeitsgruppe hat im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft
Bund/Länder-Messprogramm (BLMP) einen rund 1100-seitigen Ergebnisbericht erstellt, der im Dezember
2011 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde und über das Themenportal www.munition-im-meer.de verfügbar ist. Erstmals wurde ein gemeinsames Lagebild zu allen Arten von in deutschen Meeresgewässern
lagernden Kampfmitteln erstellt, das zudem eine Bewertung der Situation und Handlungsempfehlungen
enthält1).
Die Menge der in deutschen Meeresgewässern lagernden konventionellen Kampfmittel wird darin auf bis
zu 1.600.000 t geschätzt, wovon allein 1.300.000 t in deutschen Nordseegewässern lagern. Die Mengen
an versenkten chemischen Kampfmitteln sind geringer: In der Helgoländer Tiefen Rinne liegen ca. 90 t dort
versenkte, mit dem Nervenkampfstoff Tabun gefüllte Artilleriegranaten. Im Versenkungsgebiet südlich des
Kleinen Belts lagern derzeit noch ca. 5.000 t mit Phosgen sowie Tabun gefüllte Kampfstoffmunition (Bomben und Granaten). Es ist anzunehmen, dass auf den ehemaligen Zufahrtswegen vom Verladehafen Wolgast in das Versenkungsgebiet des Bornholm-Beckens vereinzelt weitere
chemische Munition vorhanden ist.
In der Bund/Länder-AG besteht Einigkeit in der Bewertung, dass Kampfmittel im Meer als latente Gefahrenquellen anzusehen sind und dass eine Gefährdung punktuell für Personengruppen besteht, die im marinen
Bereich der Nord- und Ostsee mit Grundberührung tätig sind. Derzeit ist eine großräumige Gefährdung der
marinen Umwelt über den lokalen Bereich der munitionsbelasteten Flächen hinaus allerdings nicht erkennbar
und zukünftig auch nicht zu erwarten.
Der Ergebnisbericht ist allerdings als lebendiges und wachsendes Dokument angelegt. Dies ist insbesondere deswegen nötig, weil bis heute viele noch in Archiven lagernde Informationen nicht erschlossen werden
konnten. Verdachtsmomente wie die kürzlich erneut in der Presse diskutierten Anhaltspunkte für SenfgasVersenkungen im Bereich der Flensburger Förde wurden und werden von den Behörden sehr ernst genommen. Gemeinsam mit Militärhistorikern werden Archive systematisch durchgearbeitet, so dass letztendlich
eine belastbare Datengrundlage bereitgestellt werden kann.
1)
C. Böttcher, T. Knobloch, N.-P. Rühl, J. Sternheim, U. Wichert, J. Wöhler: Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer –
Bestandsaufnahme und Empfehlungen (Stand 2011). Verfügbar unter www.munition-im-meer.de
Kurzversion erschienen in: Meeresumwelt Aktuell Nord- und Ostsee, 2011 / 3. Ebenso verfügbar unter www.munition-im-meer.de
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Munition im Meer
Die mittlerweile durch den BLANO (Bund/Länder-Ausschuss Nord- und Ostsee)-Expertenkreis Munition im
Meer begleitete Umsetzung der Handlungsempfehlungen zu historischen und technischen Erkundungen, zur
Überprüfung und Überwachung der Umweltauswirkungen, zum Umgang mit Gefahrensituationen und zum
Ausbau der Meldewege und Dokumentation wird durch eine regelmäßige Aktualisierung und fortlaufende
Erweiterung des Ergebnisberichts kommuniziert werden. Die aktuelle Version des Berichts wird stets über
das Themenportal www.munition-im-meer.de öffentlich verfügbar sein.
Nur durch den systematischen Ansatz dieses deutschen Leuchtturmprojekts, das bereits u.a. in die internationale Zusammenarbeit der Ostseeanrainer-Staaten (HELCOM) ausstrahlt, können wir einer Lösung des
gesamtgesellschaftlichen Problems „Munition im Meer“ näher kommen.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Tobias Knobloch
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Labor Sülldorf
Wüstland 2
22589 Hamburg
E-Mail: [email protected]
Munition im Meer
Incident with Chemical Munitions in Danish Marine
Waters – Experience of the Danish Navy
Jørgen Peter Henriksen
The contribution will be presented as a Power Point slide show complemented with comments and experiences of the lecturer.
The lecture will cover the following subjects:
• Organisation of the Danish Explosive Ordnance Demolition Service.
• History – Dumping of chemical munitions in Danish waters.
• Going through: Official documentation - findings and estimates .
• Detailed description of dumped Chemical Munitions type : KC 250 - SPRÜHBÜHSE M.37
• Going through: Chemical findings in Danish waters - MUSTARD - ADAMSIT - CLARK I.
• Photo story of Chemical munitions caught by fishermen.
• Going through ”A Chemical Munitions case”.
• Emergency dumping and decontamination.
• The Danish fairness compensation system.
• Admiral Danish Fleet overall experience with and handling of dumped chemical munitions in Danish waters.
Viscous mustard gas / lump
Areas of risk and discovery of chemical warefare agents
Address of lecturer:
Jørgen Peter Henriksen
Master Chief
Maritime Surveillance Centre South
Segenvej 31
DK-3700 Rønne
email: [email protected]
mustard gas / lump
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Munition im Meer
Environmental Risk Assessment of Chemical Warfare
Agents in the Marine Environment
Hans Sanderson and Patrik Fauser
In connection with the installation of two natural gas pipelines through the Baltic Sea between Russia and
Germany, there has been concern regarding potential re-suspension of historically dumped chemical warfare
agents (CWA) in a nearby dump site and the potential environmental risks associated. 192 sediment and 11
porewater samples were analyzed for CWA residues, both parent and metabolites, in 2008 and 2010 along
the pipeline corridor next to the dump site. Sanderson et al. [2012] have previously reported that the project
MERCW collected 59 sediment samples and 61 near-bottom water samples (< 0.2 m above the seafloor) from
63 sampling points in February 2008, primarily at the primary dump site. The results before and after installation of the first pipeline are compared. We moreover compared the levels found at the dump site (MERCW)
with the levels found outside the dump site (Nord-Stream). In the Nord-Stream analysis, also macrozoobenthos and background variables were collected and compared to the observed CWA levels and predicted
potential risks. In the Nord-Stream samples, detection frequencies and levels of intact CWA found were low,
whereas CWA metabolites were more frequently found. Re-suspension of CWA residue-containing sediment
from installation of the pipelines contributes marginally to the overall background CWA residue exposure and
risk along the pipeline route. The multivariate weight-of-evidence analysis showed that physical and background parameters of the sediment were of higher importance for the biota than observed CWA levels. The
MERCW samples had higher concentrations of mainly metabolites in sediment.
Literature:
Sanderson, H., Fauser, P., Thomsen, M. and J.B. Larsen, 2012: Weight-of-evidence environmental risk assessment of dumped chemical weapons after WWII along the Nord-Stream gas pipeline in the Bornholm Deep.
Journal of hazardous materials, 03/2012, Vol. 215-216, pp. 217-26.
Address of lecturer:
Hans Sanderson, PhD
Sr. Scientist
Dept. Environmental Science
Sec. Environmental Chemistry and Toxicology
Aarhus University
Frederiksborgvej 399
DK-4000 Roskilde
email: [email protected]
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