SEITE 11 Blut und seine Bestandteile Krankheitsbekämpfung und Wundheilung – Blut erfüllt im Körper lebenswichtige Aufgaben L Vier bis sechs Liter Blut pulsieren durch den Körper eines erwachsenen Menschen. Über teilweise Mikrometer dünne Blutgefäße erreicht das Blut jeden Winkel des Körpers, von der kleinen Zehe bis zur Haarwurzel, vom Gehirn bis ins Rückenmark, vom Auge bis zum Ohrläppchen. Zusammengenommen sind die menschlichen Blutgefäße über 100 000 Kilometer lang. Angetrieben vom Schlag des Herzens erfüllt das Blut auf seinem Weg durch den Körper lebenswichtige Aufgaben. Von der Krankheitsbekämpfung über den Nährstofftransport und die Wärmeregulierung bis hin zur Wundheilung hat das „flüssige Organ“ überall seine Hand im Spiel. Blutplasma Hauptbestandteil des Blutes ist mit 55 Prozent das Blutplasma. Es ist eine wässrige Lösung, in der zahlreiche Substanzen wie Proteine, Salze, Mineralien, Kohlenhydrate und Fette gelöst sind. Im Plasma schwimmen aber auch feste, zellulare Teilchen – die Blutzellen. Diese unterteilen sich in folgende Bestandteile: rote Blutkörperchen (Erythrozyten), weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten). Rote Blutkörperchen Die wichtigste Blutkörperchen Funktion ist der transport. Dabei spielt das in ihnen enthaltene eisenhaltige Hämoglobin, das dem Blut seine rote Farbe verleiht, eine entscheidende Rolle. In der Lunge nehmen die roten Blutkörperchen über die Hämoglobinmoleküle Sauerstoff auf und bringen ihn über die Blutgefäße zu allen anderen Zellen des Körpers. Den Zellen dient der Sauerstoff zur Energiegewinnung. Ein Abfallprodukt dieses Prozesses ist Kohlenstoffdioxid, das ebenfalls über die roten Blutkörperchen zurück zur Lunge transportiert und dort ausgeatmet wird. Weiße Blutkörperchen Den zahlenmäßig am geringsten vertretenen weißen Blutkörperchen kommt ebenfalls eine enorm wichtige Aufgabe zu: Sie schützen den Körper, so gut es geht, vor Infektionskrankheiten. Dies gelingt ihnen, indem sie krankheitserregende Mikroorganismen, wie Bakterien oder Viren entweder auffressen oder durch Antikörper unschädlich machen. Rote Blutkörperchen 42,3% Blutplasma 55% Blutplättchen 2,6% 0,1% Die dünnen, farblosen Blutplättchen sind unverzichtbar für den Prozess der Wundheilung. Verletzt sich ein Mensch, helfen sie, die Wunde zu verschließen und das Blut an dieser Stelle gerinnen zu lassen. Gäbe es die Blutplättchen nicht, bestünde für den Menschen die Gefahr schon an einer kleinen Wunde zu verbluten. Blutplättchen Weiße Blutkörperchen der roten Sauerstoff- Grafiken: Enzo Forciniti Gleich und gleich gesellt sich gern Wer mit wem? Die Kompatibilität von Blutgruppen Obwohl das Blut in jedem Körper die gleichen Aufgaben übernimmt, ist doch Blut nicht gleich Blut. Die heute gültigen Blutgruppen A, B, AB und 0 wurden erst 1901 von dem österreichischen Arzt Karl Landsteiner entdeckt, wofür er 30 Jahre später den Nobelpreis erhielt. Für diese Unterteilung der Blutgruppen ist die Bestimmung von im Blut enthaltenen Antigenen und Antikörpern entscheidend. Antigene sind chemische Merkmale auf Oberflächen, die vom Körper zumeist als fremd erkannt werden und eine Immunreaktion auslösen. Dies können zum Beispiel Viren oder Bakterien sein. Es gibt jedoch auch Antigene, die auf den eigenen Körperzellen vorkommen und deshalb keine Reaktion mehr verursachen. Antikörper werden von den Immunzellen gebildet, nachdem diese ein fremdes Antigen erkannt haben. Sie schwimmen im Blutplasma und binden die eingedrungenen Mikroorganismen, welche mit dieser Markierung durch das Abwehrsystem einfacher beseitigt werden können. Das Immunsystem schützt also den Körper, indem es körperfremde von körpereigenen Antigenen unterscheidet und entsprechende Antikörper bildet. Landsteiner stellte fest, dass es bei der Vermischung von roten Blutkörperchen und Blutplasma unterschiedlichen Blutes zu heftigen Verklumpungen (Agglutinationen) kommen kann. Daraus schlussfolgerte er, dass sich im Blutplasma Antikörper gegen die auf den roten Blutkörperchen befindlichen Antigene befinden müssen. Landsteiner ermittelte die Existenz der Antigene A und B, die sowohl einzeln, gemeinsam oder gar nicht vorkommen können. Anhand dieser Erkenntnis teilte man die vier Blutgruppen: A, B, AB und 0. In Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Alexander Wiener stieß Landsteiner 1940 auf weitere im menschlichen Blut vorhandene Antigene, die unter dem Begriff des „Rhesussystems“ zusammengefasst werden. Für die Transfusionsmedizin ist aber hauptsächlich das Antigen D wichtig, da dieses fast immer die Bildung von Antikörpern hervorruft. Menschen, bei denen das Antigen D auf den roten Blutkörperchen auftritt, sind rhesuspositiv – im Gegensatz zu rhesus-negativ, wenn das Antigen D nicht vorhanden ist. In Corinna Schulze Mitteleuropa sind etwa 85 Prozent aller Menschen rhesus-positiv. Grundsätzlich ist aufgrund der vorhandenen Antigene und Antikörper nur gleiches Blut kompatibel. Da bei der heutigen Transfusionsmethode aber nur noch selten Vollbluttransfusionen durchgeführt werden, sondern das Blut vorher in seine einzelnen Bestandteile aufgegliedert wird, ergeben sich erweiterte Kombinationsmöglichkeiten. Bei der Übertragung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) kommt es einerseits auf die im Blut vorhandenen Antigene und zum anderen auf den Rhesusfaktor an. Da die Blutgruppe 0 keine Antigene besitzt, kann sie als Universalblutgruppe für alle anderen Blutgruppen verwendet werden. Zu beachten ist lediglich der Rhesus-Faktor: 0 negativ kann immer transfundiert werden, 0 positiv kann nur für alle rhesus-positiven Blutgruppen verwendet werden. Da die Blutgruppe AB beide Antigene A und B besitzt, kann das Blut auch nur an Patienten mit der Blutgruppe AB übertragen werden. Empfänger der Blutgruppe AB können prinzipiell jedoch von Spendern aller Blutgruppen mit dem gleichen Rhesus-Faktor Blut bekommen, da sie weder gegen das Antigen A noch B Antikörper bilden. Corinna Schulze Erythrozyten-Spende Blutgruppe des Empfängers A B AB 0 A Blutgruppe des Spenders B AB 0 | LIEBIGSTRASSE AKTUELL