Teil 1: Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nach DIN 4108-2 In Heft 4/2003 wurden die Grundzüge des sommerlichen Wärmeschutzes bereits beschrieben. Dass die Erfüllung der Anforderungen nach EnEV als Nachweis nicht ausreicht, um nach den „anerkannten Regeln der Technik“ zu bauen, ist dort erläutert. Was für den Winterfall der Nachweis des Mindestwärmeschutzes der Einzelbauteile, ist beim sommerlichen Wärmeschutz der Nachweis für kritische Räume oder Raumgruppen. In diesem Teil widmen wir uns nunmehr den harten Fakten. An einem Beispielgebäude soll der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nach dem neuen Verfahren der [DIN 4108-2: 2003-07] geführt werden. Ob dieser für das geplante Gebäude erbracht werden kann, ohne an bestimmten „Nachweis-Rädchen“ zu drehen, wollen wir hier zeigen. In der nächsten Ausgabe werden wir für das gleiche Gebäude ein ingenieurmäßiges Verfahren vorstellen: die „Sommerfall“-Analyse mit dem Werkzeug des „PassivHaus-ProjektierungsPakets“ ([PHPP 2004]). Unser Beispielhaus Für unser Beispiel haben wir uns ein nicht unterkellertes zweigeschossiges Einfamilienhaus mit überschaubarer Gebäudegeometrie ausgesucht (Abb.1). Das Flachdach ist ohne Lichtkuppeln, so dass nur Fensteröffnungen in den nach Ost, Süd und West orientierten Fassadenflächen zu berücksichtigen sind. Im Obergeschoss (Abb. 2 oben) sind die Schlafräume und ein Arbeitszimmer vorgesehen. Das Erdgeschoss (Abb. 2 unten) besteht aus einem großen Wohn- und Essbereich mit Küche. Alle übrigen Nebenräume sind nicht für den dauerhaften Aufenthalt von Personen geeignet und müssen daher nicht berücksichtigt werden, da sie als nicht kritisch einzustufen sind. Der Entwurf möchte auf eine außen liegende Verschattung (z.B. durch Schiebeläden, Rollläden oder Jalousien), verzichten. Man mag spekulieren, aber manchmal ist es einfach der Geldbeutel. Lediglich das bodentiefe und raumhohe Fenster im Erdgeschoss auf der Südseite soll über die gesamte Breite ein 1,50 m frei auskragendes Vordach erhalten. Sämtliche Fenster der zu betrachtenden Räume sind bodentief und haben ein einheitliches Öffnungsmaß in der Höhe von 2,47 Metern. Die Geschosshöhe im Obergeschoss beträgt 2,50 m, im Erdgeschoss beträgt sie 2,70 m. Das Gebäude wird im RheinMain-Gebiet gebaut. Das „Nicht“-Verfahren nach DIN 4108-2: kleine Fenster oder Sonnenschutz Der einfachste Nachweis ist derjenige, der erst gar nicht geführt werden muss. Die Randbedingungen, für einen Nachweisverzicht nach DIN 4108-2 lauten: 1. Der auf die Grundfläche des betrachteten Raums bezogene Fensterflächenanteil darf nicht größer sein als der in Tabelle 7 der Norm angegebene (vgl. dnq 4/2003, Seite 39, Tab. 1). Dabei ist zu beachten, dass bei Räumen oder Raumgruppen mit mehreren Fassadenflächen, wie sie z.B. bei Erkern oder Eckzimmern üblich sind, die Summe aller Fensterflächen zu berücksichtigen ist. In unserem Beispiel betrifft dies den Wohn-/Essbereich im Erdgeschoss mit Fassadenflächen nach allen vier Himmelsrichtungen und Fensteröffnungen mit Ostund Südorientierung. Abb. 1: Gebäudegeometrie des Beispielhauses Autoren: Robert Borsch-Laaks, Aachen und Gerhard Wagner, Wiesbaden 3/2004 15 Wärmeschutz Ist das Sommerklima berechenbar? Wärmeschutz Kind 1 Eltern Aufsicht Vordach Arbeiten Kind 2 Aufsicht Vordach OG Küche Essen Wohnen EG Abb. 2: OG und EG – Grundriss Beispielhaus 2. Sind bei Ein- oder Zweifamilienwohnhäusern die nach Ost-, Süd- oder West orientierten Fenster mit einer außen liegenden Verschattung ausgestattet und ist der Abminderungsfaktor der Verschattung Fc ≤ 0,3, kann auf weitere Untersuchungen verzichtet werden (Artikel zu Verschattungssystem, s. Seite 21). Innen liegende Verschattungssysteme sind nicht ausreichend, da sie nur eine Abminderung von 0,75 oder mehr erzielen. Das vereinfachte Verfahren nach DIN 41082:2003-07 Um es gleich vorweg zu nehmen: „einfach“ ist hier nicht gleich „schnell“. Wer es wenig aufwändig gestalten möchte, verschenkt unter Umständen mögliche Reserven, die in dem Nachweisverfahren stecken. G Die Nachweisgröße für den sommerlichen Wärmeschutz ist der Sonneneintragskennwert S. Svorhanden darf den zulässigen Höchstwert des Sonneneintrags Szul nicht überschreiten. Um es formelmäßig zu beschreiben: S ≤ Szul. 1 Um den Nachweis zu führen muss der Planer zunächst diejenigen Räume (oder miteinander verbundenen Raumgruppen) auswählen, die auf sommerliche Überhitzung zu untersuchen sind. Faustregel: Nur Räume mit ausschließlicher Fensterorientierung zwischen NO über N nach NW können von vorneherein aus der Nachweisrechnung ausgeklammert werden. Die Norm kennt keine Differenzierung zwischen den sonstigen Himmelsrichtungen. Der Sonneneintragskennwert S errechnet sich aus der Multiplikation der Fensterflächen mit dem g-Wert der Verglasung und – sofern vorgesehen – dem Abminderungsfaktor Fc für das Verschattungssystem, geteilt durch die NettoGrundfläche des Raums: ∑ (Aw,j · gj · Fc) j S = –––––––––––––––– AG Was ist zulässig? Der zugehörige Grenzwert Szul ergibt sich aus der Addition der anteiligen Sonneneintragskennwerte Sx,i nach DIN 4108-2 Tabelle 9: 2 Auf die Faktoren in den Zeilen 4 bis 6 (s. Tabelle 1) können wir verzichten, da sie in unserem Beispielhaus nicht anwendbar sind. Von den übrigen drei Faktoren sind die beiden in Zeile 1 und 3 angegebenen schnell gewählt: G Klimaregion C (sommerheiß) Sx = 0,015 (Klimalandkarte in dnq 4/ 03, Seite 38) G Erhöhte Nachtlüftung bei mittlerer und leichter Bauart Sx = 0,02 (darf generell bei EFH und ZFH angesetzt werden) Was bringt die Masse? Zur Bestimmung von Szul fehlt noch die Einstufung in die Bauart. Ob Holzhäuser in die leichte bzw. die mittlere Bauart eingestuft werden, ist hier die Frage. Wer Berechnungszeit sparen und trotzdem auf der sicheren Seite rechnen möchte wählt „2.1 Leichte Bauart“und verschenkt u.U. Kostensparpotentiale beim Aufwand für den Sonnenschutz. Für eine Höherstufung bei der Bauart muss der Quotient aus „wirksamer Wärmespeicherkapazität“ aller Bauteilflächen (Außen- 3 Gebäudelage bzw. Bauart, Fensterneigung und Orientierung 1.1 A sommerkühl 0,04 1.2 B gemäßigt 0,03 1.3 C sommerheiß 2 16 3/2004 Anteiliger Sonneneintragskennwert Sx Klimaregion *) 1 Tab. 1: Anteilige Sonneneintragskennwerte zur Bestimmung des zulässigen Höchstwertes des Sonneneintragskennwertes (nach DIN 4108-2 Tabelle 9) *) Deutschlandkarte mit Klimaregionen in dnq 4/2003, S. 38 4 0,015 Bauart 2.1 leichte Bauart (ohne Nachweis von cwirk) 0,06 x fgew 2.2 mittl. Bauart: 50 Wh/(Km2) ≤ cwirk/AG ≤ 130 Wh/(Km2) 0,10 x fgew 2.3 schwere Bauart: cwirk/AG > 130 Wh/(Km2) 3 0,115 x fgew Erhöhte Nachtlüftung 3.1 3.2 bei mittlerer und leichter Bauart + 0,02 bei schwerer Bauart + 0,03 4 Sonnenschutzverglasung mit g ≤ 0,4 + 0,03 5 Fensterneigung - 0,12 x fneig 6 Orientierung + 0,10 x fnord Infokasten: Berechnung leicht(er) gemacht mit Excel®-Blatt. Unser Autor Robert Borsch-Laaks hat eine Excel®Anwendung geschrieben, mit der die normgemäße Berechnung ohne heftigen Taschenrechnereinsatz von Statten geht. Vorteil gegenüber sonstiger Sofware: Tabellen und Grafiken zur Variantenrechnungen können direkt im Excel®-Tabellenblatt erstellt werden. Kostenloser Download unter www.holzbauphysik.de und Innenwände, Fußboden und Decke) und der NettoGrundfläche des untersuchten Raums: cwirk / AG [Wh/ (Km2)] bestimmt werden. Nach [DIN V 4108-6], Abschnitt 6.5.2, Gleichung (69) berechnet sich die wirksame Wärmespeicherkapazität cwirk für alle innenliegenden Bauteilflächen des betrachteten Raums zu: cwirk = ∑ (c i · i · d i · A i ) c – spezifische Wärmespeicherkapazität nach [DIN EN 12524] ρ – Rohdichte nach [DIN EN 12524] d – Schichtdicke A – Fläche Spätestens zum jetzigen Zeitpunkt zeigt sich, dass hier eine fast endlos erscheinende Kette an Faktoren, Kennwerten und geometrischen Grunddaten aufgezogen wird. Und in der Tat, der Rechenaufwand ist Fleißarbeit. Für unser Beispielhaus konnten wir belegen, dass in allen Räumen cwirk /AG stets größer als 50 Wh/(Km2) und damit als mittlere Bauart einzustufen ist. Ein solches Ergebnis ist in der Regel bei Holzhäusern mit massivem Estrich oder mit „massiven“ Holzdecken oder -wänden (z.B. Brettstapelelemente) zu erwarten – aber man muss es im Einzelfall nachweisen. Ist die Bauart nun bestimmt (leicht oder mittel), müssen die auf die Grundfläche des Raums bezogenen „gewichteten Außen- flächen“ fgew zusammengestellt werden, die mit dem zugehörigen Faktor nach Zeile 2.1 bis 2.3 zu multiplizieren sind: fgew = (AW + 0,3 * AAW + 0,1 * AD) / AG Um welche Flächen es sich hierbei handelt und wie sie zu ermitteln sind, wird im nächsten Abschnitt beschrieben. Die objektspezifischen Daten Für die Berechnung der beiden Kennwerte S und Szul müssen noch die spezifischen Daten des betrachteten Objekts zusammengestellt werden: G Fensterfläche (Rohbaumaße) AW einschließlich Dachflächenfenster G Zugehörige (bezogene) Grundfläche AG des kritischen Raums/der kritischen Raumgruppe (Nettogrundfläche/lichte Maße) G Außenwandfläche (Außenmaße) AAW G Wärme übertragende Dach- oder Deckenfläche nach oben oder unten gegen Außenluft, Erdreich und unbeheizte Dach- und Kellerräume (Außenmaße) AD Mit diesem Datenmaterial und den vorgegebenen Faktoren und Kennwerte können nun die raumweisen Nachweise geführt werden. Den Rechengang (eine Fingerübung in Sachen „Die vier Grundrechenarten“) ersparen wir Ihnen und stellen die errechneten Wärmeschutz AG [m2] AD [m2] AAW [m2] g [-] Fc [-] S = (AWxgxFc)/AG [-] fgew Szul =∑ Sx,i [-] 3,46 10,52 12,47 16,55 0,58 1,0 0,191 0,92 0,127 Kind 2 3,46 12,66 14,98 19,14 0,58 1,0 0,159 0,85 0,120 Eltern 3,46 11,93 13,80 17,51 0,58 1,0 0,168 0,85 0,120 Raum AW [m2] Kind 1 Arbeiten EG 3,46 12,54 14,38 19,04 0,58 1,0 0,160 0,85 0,120 14,85 55,31 62,59 67,25 0,58 1,0 0,156 0,75 0,110 Tab. 2: Bauteil- und Fensterflächen, g-Wert der Verglasung, Abminderungsfaktor der Verschattung Fc, Sonneneintragskennwert S, gewichtete Außenflächen fgew und zulässiger S-Wert Tab. 3: Fensterflächen geplant/ reduziert/reduziert mit innenliegender Verschattung Raum AW geplant [m2] Flächen und Ergebnisse für die Werte in Tabelle 2 dar. Um zu überprüfen, ob der sommerliche Wärmeschutz erfüllt ist, muss der Höchstwert Szul für die fünf Räume ermittelt werden. Zusammengefasst sind sie in Tabelle 2 letzte Spalte. Vergleicht man raumweise die beiden Kenngrößen S und Szul so ist festzustellen, dass für keinen Raum der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nur annähernd erbracht werden kann. Was nun? Was tun? Welche Stellschrauben stehen uns zur Verfügung? An den Stellschrauben drehen Bleiben wir bei der Prämisse auf außen liegende Verschattungssysteme weiterhin zu verzichten. Die Klimaregion ist nicht veränderbar und die erhöhte Nachtlüftung wurde bereits berücksichtigt. Bleiben noch zwei Möglichkeiten: G Verkleinerung der Fensteröffnungen und/oder G die Verwendung innen liegender Verschattungen. Wollte man zunächst ausschließlich über die Verkleinerung der Fensterflächen (AW,r) das Ziel erreichen, so wären drastische Reduzierungen von 29 bis ca. 40% AW,r reduziert [m2] Reduzierung gegenüber geplant [%] Fc [-] (vgl. Tab. 3) erforderlich. Eine Konsequenz, die für die Belichtung der Zimmer mit Tageslicht, aber auch für die Architektur erheblich ist. Im nächsten Schritt sind innenliegende Sonnenschutzvorrichtungen wie Rollos, Faltstores, Jalousien oder Vertikaljalousien vorgesehen, damit die Fensterflächen in geringerem Umfang reduziert werden können (AW,r+v). Der gewählte Sonnenschutz ist weiß oder verfügt über eine reflektierende Oberfläche (Transparenz unter 15%) und wird mit einem Abminderungsfaktor von Fc = 0,75 in Ansatz gebracht. In den beiden nach Süden orientierten Zimmern im OG (Kind 2/ Arbeiten) kann auf eine Reduktion der Fensterfläche vollständig verzichtet werden; bei den übrigen Zimmern sind zwischen 7,5 und 13,3 % kleinere Fenster erforderlich (s. Tab. 3). Mit der Veränderung der Fensterflächen, ändern sich auch die Fassadenflächen; der Faktor fgew ist erneut zu berechnen. Und das Vordach? Gerade bei bodentiefen Verglasungen, wie sie zur Terrasse auf der Südseite AW,r+v Reduzierung red.+versch. gegenüber [m2] geplant [%] Kind 1 3,46 2,10 39,3 0,75 3,00 13,3 Kind 2 3,46 2,45 29,2 0,75 3,46 0,0 Eltern 3,46 2,30 33,5 0,75 3,20 7,5 Arbeiten 3,46 2,45 29,2 0,75 3,46 0,0 14,85 9,80 34,0 0,75 13,7 7,7 EG 18 3/2004 vorhanden sind, bringen derartige Verschattungssysteme nur dann einen echten Sonnenschutz, wenn sie weit genug auskragen. In DIN 4108-2 wird dies so formuliert: „Dabei muss näherungsweise sichergestellt sein, dass keine direkte Besonnung des Fensters erfolgt.“ Selbst für die im Sommer hoch stehende Sonne auf der Südseite, muss daher der Abdeckwinkel zwischen der Verglasungsfläche und der Linie zwischen dem untersten Punkt der Verglasung und dem am weitesten außen liegenden Punkt des Vordachs mindestens 50° betragen (vgl. Abb. 3, β2). Bei einer Verglasungshöhe von 2,50 m ergibt sich für ein horizontales Vordach eine Mindestauskragung von ca. 3,00 m. Fazit: Das geplante Vordach liefert keinen Beitrag für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes. Welchen Einfluss hat die Bauart? Für unser Beispielhaus in der Klimaregion C und in mittlerer Bauart haben wir die Ergebnisse grafisch aufgetragen und den Einfluss der Bauart einbezogen. In Abb. 4 sind die kombinierten Maßnahmen – innenliegende Verschattung und teilweise Reduzierung der Fensteröffnungen (rote Säulen) – den geplanten Fensteröffnungen ohne Verschattung (blaue Säulen) gegenübergestellt. Würde man auf den Nachweis der Bauart verzichten, ist die Einstufung als leichte Bauart zwingend. 1,50 1,50 β1 Dies führt zu den mit gelben Säulen dargestellten Ergebnissen: Fenstergrößen von 2,00 m2 bis 2,35 m2 im OG und 9,60 m2 im Erdgeschoss. Und somit kleinere Fensteröffnungen als bei mittlerer Bauart ohne Verschattung. Die wirksame Wärmespeicherkapazität cwirk der betrachteten Räume hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Bauart und damit auf den Grenzwert Szul, da er den „Löwenanteil“ bei der Ermittlung von Szul ausmacht. Und da ist es schon von Bedeutung, ob fgew mit dem Faktor 0,06 (leichte Bauart) oder 0,10 (mittlere Bauart) multipliziert wird. Varianten, Varianten Was wäre wenn … das Haus in Klimaregion A stehen würde? Bei mittlerer Bauart mit innenliegender Verschattung (Fc = 0,75) könnten die Fensteröffnungen wie geplant ausgeführt werden. Ohne innenliegende Verschattung fällt die erforderliche FensterReduktion günstiger aus als in Region C (vgl. Abb. 5). Anwendungsgrenzen Das in DIN 4108-2 dargestellte Verfahren ist nicht unbegrenzt anwendbar. Die im Abschnitt 8.2 aufgeführten „k.o.“-Kriterien greifen, wenn die kritischen Räume in Verbindung mit den folgenden baulichen Einrichtungen stehen: 2,50 β2 Abb. 3: Vertikalschnitt durch Fassade auf der Südseite/ vorhandener Abdeckwinkel 1 ∼ 30°, erforderlicher Abdeckwinkel  2 ∼ 50° Wärmeschutz bzgl. der Berechnung der wirksamen Wärmespeicherfähigkeit cwirk, die häufig eine Einstufung in die mittlere Bauart und damit günstigere Werte bei der Ermittlung von Szul beschert. Die Stellschrauben mit dem größten Effekt sind jedoch die auf die Grundfläche bezogene Fenstergröße selbst sowie ein außenliegendes Verschattungssystem. Hinweis: In der vorhergehenden Fassung der DIN 4108-2, Ausgabe 2001-03 wurden die Fensteröffnungen auf die Fassadenfläche bezogen. Literatur und Normen Abb. 4: Beispielhaus in Klimaregion C/geplante und zulässige Fensteröffnungen bei mittlerer und leichter Bauart mit innenliegender Verschattung (Fc = 0,75) Abb. 5: Beispielhaus in Klimaregion A/geplante und zulässige Fensteröffnungen bei mittlerer und leichter Bauart mit innenliegender Verschattung (Fc = 0,75) 20 3/2004 Doppelfassaden G Transparente Wärmedämmsysteme (TWD) G Unbeheizte Glasvorbauten Bei Gebäuden mit unbeheizten Glasvorbauten kann das Verfahren nach DIN 4108 dennoch angewendet werden, wenn der betreffende Gebäudebereich nur über den unbeheizten Glasvorbau belüftet wird. Für angrenzende Räume ist der Nachweis erfüllt, wenn der Glasvorbau einen Sonnenschutz mit Abminderungsfaktor von Fc ≤ 0,3 aufweist und Lüftungsöffnungen von mindestens 10% im oberG sten und untersten Glasbereich vorhanden sind. Wird der angrenzende Raum nicht über den unbeheizten Glasvorbau belüftet, kann der Nachweis so geführt werden, als ob der Vorbau nicht vorhanden wäre. Zusammenfassung Im Unterschied zur EnEV ist beim Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nicht „gebäudeweise“ sondern raumweise vorzugehen. Dies bedeutet einen Mehraufwand an Rechenarbeit (s. Infokasten). Dass sich dieser lohnen kann, zeigt das Beispiel [DIN 4108-2:2003-07] NA Bau, Wärmeschutz und EnergieEinsparung in Gebäuden; Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz, Berlin (BeuthVerlag) 2003 [PHPP 2004] PassivhausInstitut (Hg.), Passivhaus Projektierungs Paket 2004, Fachinformation PHI, Darmstadt 2004 [DIN V 4108-6:2000-11] NA Bau, Wärmeschutz und EnergieEinsparung in Gebäuden; Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs [DIN EN 12524:2000-07] NA Bau, Baustoffe und -produkte; Wärme- und feuchteschutztechnische Eigenschaften; Tabellierte Bemessungswerte Wärmeschutz Ist das Sommerklima berechenbar? Teil 2: Eine Fallstudie zum sommerlichen Wärmeschutz mit PHPP 2004 Noch mal Glück gehabt. Dem Jahrhundertsommer 2003 folgte in diesem Jahr (noch) kein zweiter. Das diesjährige Sommerwetter wäre eher wohl motivierend, sich mit den Themen Schlagregenschutz und tornadofeste Holzhausverankerungen näher zu beschäftigen. Dennoch: Der sommerliche Wärmeschutz bleibt angesichts der heutigen Architekturentwicklung hin zu großflächigen Verglasungen ein Dauerthema. Im letzten Heft hatten wir den normgemäßen Nachweis nach dem neuen Teil 2 der DIN 4108 dargestellt und gemerkt: als Planungswerkzeug ungeeignet. Nach dem Pflichtprogramm folgt nun die Kür. Mit Hilfe eines ingenieurmäßigen Berechnungsverfahrens (PHPP 2004) werden wir am gleichen Beispielobjekt alle planbaren Einflüsse auf das Sommerklima genauer unter die Lupe nehmen. Autoren: Robert Borsch-Laaks, Büro für Bauphysik, Aachen Gerhard Wagner, Ingenieurbüro Wagner Zeitter, Wiesbaden Schlauer rechnen mit PHPP In der neuen Norm zum sommerlichen Wärmeschutz [DIN 4108-2] steht unter 8.2: „Der Nachweis ist bei Bedarf mit Hilfe genauerer, ingenieurmäßiger Berechnungsverfahren unter Beachtung der Randbedingungen (siehe 8.4) zu führen. Die Anwendung solcher Verfahren ist generell zulässig.“ Für die Untersuchung großer Objekte („mit viel Glas“) ist die dynamische Berechnung des Sommerklimas heute nahezu selbstverständlich geworden (siehe auch dnq 4/2003). Im Planungsalltag bei Wohngebäuden ist der datentechnische Aufwand für solche Simulationsverfahren allerdings nicht unter zu bekommen. Die üblichen Softwareangebote zur Energiebilanzierung nach EnEV können den Sommerfall allenfalls entsprechend den eingeschränkten Möglichkeiten des Normverfahrens kalkulieren und das recht aufwändig, wie wir im letzten Heft gezeigt haben. Aber es gibt eine Ausnahme: Das PassivHaus-ProjektierungsPaket (PHPP) des PHI Darmstadt (siehe Infokasten) erlaubt eine Sommerfallanalyse, die wie die dynamischen Verfahren an der eigentlichen Zielgröße orientiert ist. G Die Begrenzung der „Überhitzungsstunden“ auf maximal 10 % der Aufenthaltszeit (in Wohngebäuden 8760 h/a). Dabei wird vom PHI – auf der sicheren Seite liegend – empfohlen die Grenztemperatur von 25 °C zum Maßstab (in allen Regionen!) für die Einplanung „von zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz vor Sommerhitze“ zu machen. Informativ lassen sich auch die Stunden mit mehr als 26 °C ermitteln. An welchen Stellschrauben kann man drehen? Natürlich kann man mit dem PHPP, wie beim Normverfahren, durch Änderung der Fenstergröße und den Faktoren für den temporären Sonnenschutz das Ergebnis beeinflussen. Zusätzlich wird berücksichtigt: G Die genaue Fensterorientierung G Verschattung durch Topografie, Nachbargebäude, Leibungen, Versprünge in der Fassade etc. G Die Luftwechselrate (insbesondere durch Fensterlüftung) G Der Wärmeschutz der Außenbauteile G Innere Speichermasse des Gebäudes In einem Punkt ist allerdings das PHPP scheinbar weniger flexibel als die Norm. Der Einfluss einer erhöhten Nachtlüftung kann nur indirekt über die tagesdurchschnittliche Luftwechselrate abgebildet werden. Diese hieraus resultierende Abschätzung liegt aber auf der sicheren Seite, da die Luftwechselrate mit den mittleren Temperaturen und nicht Infokasten Passivhaus Institut (Hg.), Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP) 2004 Handbuch mit CD-Rom. Preis bei Erstbestellung 87 k. Update für registrierte Nutzer 50 k, Fachinformation PHI 2004-1, Darmstadt 2004 Infos unter www.passiv.de 4/2004 23 Kritische Räume oder kritisches Haus Das PHPP ermöglicht – ohne Sonderaufwand – keine differenzierte Analyse einzelner Räume. Die Validierung des Verfahrens durch dynamische Berechnungen und Messungen an bewohnten Objekten hat allerdings den Nachweis erbracht, dass über die Temperaturen des gesamten Gebäudes bzw. der Wohneinheiten eine genügend genaue Abschätzung der Klimasituationen erfolgen kann. Je besser der Wärmeschutz der Gebäudehülle, desto geringer fallen die internen Temperaturunterschiede aus. Vor diesem Hintergrund bietet das PHPP einen wesentlich einfacheren und zugleich flexibleren Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes als das im letzten Heft dargestellte Normverfahren: Statt penible Datenaufnahme der Einzelräume zu betreiben, kann mit dem „normalen“ Datensatz aus der Heizwärmebilanzierung weiter gerechnet werden. Es wird der Blick frei auf die eigentlichen klimatischen und physikalischen Einflussfaktoren und ihre Auswirkungen. Das gleiche Haus am gleichen Standort Für unser Mustergebäude wählen wir ein sommerheißes Klima (Standort: Mannheim) und zunächst eine reine Leichtbauweise. Da das PHPP auch die Wechselwirkungen zum Wärmeschutz kalkuliert, unterscheiden wir zwischen NiedrigEnergie- und PassivHaus-Standard – bei sonst gleicher Geometrie, gleichen Fenstergrößen und -orientierungen. Die Basisversion geht – auf der ungünstigen Seite liegend – 24 4/2004 Haustyp NiedrigEnergieHaus Übertemperaturgrenze 1 2 3a 3b 3c PassivHaus 25 °C 26 °C 25 °C 26 °C Basisversion (ohne Verschattung) 14,9 % 10,5 % 26,1 % 22,0 % innenliegende Jalousien o.ä. (FC = 0,75) 10,2 % 5,5 % 21,0 % 16,5 % 18,5 % außenliegende Verschattung (FC = 0,30) davon aus, dass die Luftwechselrate im Sommer auf dem gleichen Niveau liegt, wie in der Heizperiode. Über eine Lüftungsanlage wird im Mittel ein 0,3facher Luftwechsel pro Stunde (hygienisches Minimum bei 4 Personen) sichergestellt – im NEH über eine Abluftanlage, im PH durch eine Zu-/Abluftanlage mit Sommerbypass, also mit abgeschalteter Wärmerückgewinnung. Ohne Verschattung: Geht nicht! Die Berechnung für die Basisversion kommt im Grundsatz zum gleichen Ergebnis wie die Berechnung nach DIN 4108-2: Ohne Veränderungen am Gebäude und den Fensterflächen ist mit sommerlicher Überhitzung zu rechnen. Im NEH wird die Grenze der Übertemperaturhäufigkeit deutlich überschritten, knapp 15 % der Zeit über 25°C (siehe Tab. 1). Beim PassivHaus beträgt die Überhitzungszeit gar 26 % der Jahresstunden. Was lässt sich tun, ohne in die Architektur einzugreifen? Mit innenliegenden Jalousien (FC = 0,75) kommt das NEH in die Nähe der empfohlenen Grenze. Das Passivhaus ist bei den gleichen Maßnahmen noch weit vom Ziel entfernt. Jede 5. Stunde im Haus liegt über 25 °C. In Tabelle 1 Zeile 3 ist erkennbar, dass über eine schrittweise Erhöhung der Anteile mit außen liegender Verschattung (z.B. Rollläden oder Fensterläden) West 8,0 % 7,3 % 22,9 % + Ost 1,0 % 0,0 % 12,4 % 7,3 % + Süd 0,0 % 0,0 % 9,1 % 0,0 % das Übertemperaturproblem auf „null“ (im NEH) und auf zulässige Werte (im PassivHaus) reduziert werden kann. Damit gibt es für beide Haustypen eine technische Lösung, aber auch einen neuen, heftigen Kostenfaktor. Warum reagiert das PassivHaus empfindlicher? In der Tat reagiert ein PassivHaus bei einer ungünstigen Ausrichtung und Größe der Fensterflächen empfindlicher auf ein Überangebot an passiv solaren Wärmequellen. Insbesondere dann, wenn die Nutzer der häufig zu hörenden Empfehlung folgen, zur Lüftung des Gebäudes die vorhandene Anlage „durchlaufen zu lassen“. Die Volumenströme, die auf die winterliche Hygiene-Lüftung ausgelegt sind, reichen im Sommer nicht zur Kühlung des Gebäudes. Selbst ein vorgeschalteter Erdwärme- Tabelle 1: Relative Übertemperaturhäufigkeit im BeispielHolzhaus in Abhängigkeit von Verschattung und Wärmeschutzstandard/Luftwechselrate ganzjährig, n = 0,3 1/h Abb. 1: Übertemperaturhäufigkeit in Abhängigkeit von der Luftwechselrate Einfluss der Sommerlüftung auf die Übertemperaturhäufigkeit 30% Anteil der Jahresstunden über 25°C mit den kühlen Nachttemperaturen kalkuliert wird. 25% 20% 15% 10% 5% 0% 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 Mittlere Luftwechselrate im Sommer [1/h] PH ohne Verschattung NEH ohne Verschattung PH m. Versch. innen NEH m. Versch. innen Lüftung: Der Schlüssel zum behaglichen Sommerklima Als vor gut zwei Jahren die erste Testversion der Sommerfallanalyse im [PHPP 2002] veröffentlicht wurde, empfahl das PHI auf Basis seiner wissenschaftlichen Untersuchungen eine Sommerluftwechselrate von 0,6 1/h als vernünftigen Standard. In der Tat kann bei dieser Luftwechselrate im NEH auch ohne zusätzliche Verschattungsmaßnahmen die Übertemperaturhäufigkeit auf unter 10% gedrückt werden (siehe Abbildung 1). Mit innenliegender Verschattung lässt sich dieser Wert im NEH nochmals halbieren und auch das PH kommt in die Nähe der Zulässigkeit (10,7 % über 25 °C). An dieser Stelle fragt sich der Planer natürlich, was muss getan werden, damit die erforderlichen Luftwechselraten in der normalen Nutzungspraxis zustande kommen. Einfluss der Masse: Eher bescheiden Einen besonderen Wert hat das Passivhausinstitut (PHI) darauf gelegt, über einfache Kennwerte den Einfluss der Speichermasse abzubilden. Das Verfahren geht davon aus, dass auch ein extremer Leichtbau je m2 Wohnfläche eine Mindestspeicherkapazität von 60 Wh/K besitzt. Für jede der sechs raumumschließenden Oberflächen kann die Speicherkapazität um je 24 Wh/(K* m2) erhöht werden, wenn diese aus Massivbauteilen bestehen. Für ein voll massives Gebäude kommen auf diese Art und Weise maximal 204 Wh/(K* m2) zusammen. Nimmt man an, dass das untersuchte Holzhaus in allen Räumen einen massiven Estrich hat, so steigt die rechnerische Speicherkapazität auf 60 + 24 = 84 Wh/Km2. Der Einfluss dieser Variation auf die Überhitzungsstunden ist allerdings eher bescheiden. Auch in einem voll massivem NEH-Gebäude sinkt die Zahl der Überhitzungsstunden nur um 1,3 % Punkte. Im Passivhaus wirkt sich die Erhöhung der Masse sogar negativ aus. Die Zahl der Temperaturen über 25°C steigt um 2,5 % Punkte. Dies widerspricht der landläufigen Meinung, dass hohe innere Speichermasse generell günstig für das Sommerklima ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn hohe Masse mit schlechtem Wärmeschutz einhergeht. In einem gut gedämmten Massivgebäude, mit hohen passivem Wärmeeintrag, hält die Speichermasse die überschüssige Wärme aus Hitzeperioden länger im Haus, wenn keine ausreichende Entleerung des Speichers durch kräftige Lüftung erfolgt. Markise (FC = 0,50 siehe dnq 3/2004, Seite 21), so bringt dies kalkulatorisch den gleichen sommerlichen Verschattungseffekt – ohne den Verlust an passiven Solargewinnen in der Heizperiode (immerhin 25% weniger). Wärmeschutz tauscher hilft bei den Temperaturspitzen nicht weiter. Die Luftmengen, die die Anlage ziehen kann, sind äußerst begrenzt (i.d.R. maximal 33 bis 50% über dem Nennvolumenstrom); vgl. auch [AKkPH 2003]. Vordach oder Markise beim Wohnzimmerfenster? Der Einfluss der Überdachung des großen Süd- orientierten Wohnzimmerfensters kann nach dem Normverfahren nicht berücksichtigt werden (siehe dnq 3/04, Seite 18). PHPP erfasst die Passiv-Solar-Bilanz beim Fenster im Winter und im Sommer äußerst exakt. Im Sommer beträgt der Verschattungseffekt ca. 50 %. Der Einfluss auf die Überhitzungsstunden ist merklich. Ohne Vordach steigt die Zahl der Temperaturen über 25°C um 4,5 % (NEH) bis 6,2% (PH). Ersetzt man das Vordach durch eine ausfahrbare 4/2004 25 Wärmeschutz Anforderungen an das Raumklima Minimum: 10% > 25°C Komfort: 5% > 25°C Best: 0% > 25°C Gesamtgebäude 0,8 1/h 1,1 1/h 1,5 1/h Erdgeschoss 0,6 1/h 0,8 1/h 1,1 1/h Obergeschoss 1,0 1/h 1,3 1/h 1,6 1/h Tabelle 2: Erforderliche Sommer-Luftwechselrate (nS) im Passivhaus (Basisversion, o. Verschattung) Abb. 2: Hausschnitt mit verschiedenen Lüftungskonzepten bei Kippstellung der Fenster Randbedingungen: raumhohe Fenster, lichtes Maß je Flügel: 0,60 * 2,27 m2, Kippweite 50 mm, mittl. Temperaturdifferenz: 4 °C, Windgeschwindigkeit: 1 m/s, Raumvolumen: 342 m3. Auf die Lüftung kommt es an Mit der neuen Version von [PHPP 2004] hat das Passivhaus-Institut die Ergebnisse eines umfangreichen Messprogramms und aufwändiger dynamischer Simulation in ein neues Berechnungsblatt gefasst. Mit „SommLuft“ kann die Fensterlüftung so berechnet werden, dass hieraus Eingabedaten für die SommerBilanzierung in PHPP ermittelt werden. Wieviel Luftwechsel braucht das Haus? Wir haben im Folgenden für den „schwierigeren“ Fall (Passivhaus) untersucht, welche Luftwechselraten bei der Basisversion (ohne Verschattung) erforderlich sind. Um die Bedingung „weniger als 10% der Jahresstunden über 25°C“ einzuhalten, ist im Mittel für das gesamte Gebäude durchgängig ein 0,83facher Luftwechsel rechnerisch ausreichend (siehe Tabelle 2). Es ist jedoch empfehlenswert, die Stufe „Komfort“ (= nur 5 % der 40 m3/h ns = 0,1 1/h 177 m3/h ns = 0,5 1/h 26 4/2004 Std. über 25 °C) anzustreben, weil ab dieser Grenze in etwa auch gesichert ist, dass keine Maximaltemperaturen über 26 °C mehr vorkommen. Ideal wären „null“ Übertemperaturstunden. Dies bedeutet jedoch, dass die sommerliche Luftwechselrate gegenüber der Minimalanforderung fast verdoppelt werden müsste. Bei getrennter Betrachtung der beiden Geschosse ergeben sich günstigere Situationen für das EG, weil weniger Fenster pro Quadratmeter Wohnfläche vorhanden sind und das große Schiebefenster nach Süden durch das Vordach teilweise verschattet wird. Sommerlüftung per Kippfenster Vom Nutzer aus gesehen ist das oft verpönte Kippfenster sicher das akzeptabelste Lüftungsinstrument. Deshalb haben wir in der ersten Stufe der Analyse angenommen, dass je Zimmer ein Fensterflügel im Sommer dauerhaft auf „Kipp“ steht. Die Innentüren sind geschlossen, so dass die Luftströmung nur im betreffenden Raum zirkuliert. An einem gekippten Flügel findet im Mittel ein Luftaustausch von 40 m3/h) statt (siehe Abb. 2). Auf das ganze Haus hochgerechnet ergibt sich bei 7 in Frage kommenden Fenstern ein mittlerer Luftwechsel von 0,82 1/h. Hiermit wird der Zielwert der erforderlichen Luftwechselrate in etwa erreicht. Nimmt man Querlüftung durch offen stehende Innentüren hinzu, so wären auch 0,92 1/h im Schnitt möglich. Kann die Kipplüftung ausreichen? Bei der Wertung dieser Ergebnisse sollte bedacht werden, dass diese nur hinreichen, wenn diese Lüftungsstrategie konsequent durchgehalten wird, d.h. auch in kühleren Perioden alle Fenster „auf Kipp“ bleiben, damit das Gebäude mit möglichst geringer (aber noch komfortabler) Temperatur in die nächste Aufheizphase einsteigt. Außerdem ist unbedingt darauf zu achten, dass die erforderlichen Öffnungsquerschnitte am gekippten Fenster tatsächlich zur Verfügung stehen (s. Abb. 3). Wenn der Abstand zwischen Flügel und Laibung enger ist als die obere Kippweite, dann kann sich der tatsächliche Luftaustausch bis auf die Hälfte reduzieren. a t α Abb. 3: Öffnungsmaße bei Kippfenstern. Auf den Abstand Fensterflügel £ Leibung achten! Quelle: [AkkPH 2003] Am ehesten ist diese Lüftungsstrategie im Obergeschoss Erfolg versprechend. Mit Querlüftung kann sogar die 5%-Grenze bei den Übertemperaturen unterschritten werden. Im Erdgeschoss können nur zwei vorhandene Kippfenster kaum für eine akzeptable Luftdurchströmung sorgen. Die Thermik: der stärkste natürliche Ventilator Einen wesentlich größeren Luftaustausch kann man erzielen, wenn der thermische Auftrieb zwischen den Geschossen strategie (o. Abb.), die sich im Beispielobjekt mit seiner offenen Gundrisssituation leicht umsetzen lässt: G Im EG zwei Fenster „auf Kipp“, im OG Flur- und Badezimmerfenster voll geöffnet. Erhalten die Nutzer diese Lüftungsstratregie täglich 8 h aufrecht, so kann alleine hierdurch das Luftwechsel- Soll für das sommerliche Komfortklima erzielt werden. Denkbar ist als Alternative oder Unterstützung auch eine Stoßlüftung am frühen Morgen: G Öffnung der großen Schiebetür im EG plus 3 offene Fenster im OG Dies führt binnen einer Stunde zu einem Luftaustausch von rd. 3200 m3, was gut einem Drittel des täglichen Kühlbedarfs erzeugt. Stoßlüftung im Sommer Wird ein Fensterflügel ganz geöffnet, steigt der Luftaustausch auf mehr als das 10-fache gegenüber der Kippstellung. Diese Erkenntnis hilft in der Praxis jedoch nur begrenzt, denn diese effiziente Lüftung kann nur zeitweise durchgeführt werden (Einstiegsgefahr, Windböen). Deshalb haben wir in Abb. 4 an drei Beispielen dargestellt, welchen Beitrag Stoßlüftungen von einstündiger Dauer für die mittlere Luftwechselrate erbringen können. Das stundenweise Lüften mit einzelnen offenen Fenstern bringt zur erforderlichen Kühlung nur einen geringen Beitrag (auch bei Querlüftung). Wird zum rechten Zeitpunkt die Thermik über zwei Geschosse genutzt, dann können zwei offene Fenster binnen einer Stunde immerhin ein Viertel des täglichen Bedarfs an natürlich kühlender Lüftung decken. Besonders interessant ist folgende Nachtlüftungs- Zusammenfassung NiedrigEnergie- und PassivHäuser in Holz können auch ohne aufwändige, außenliegende Verschattungen ein komfortables Sommerklima erreichen. Entscheidend ist eine Raumplanung, die effiziente Lüftungsstrategien für den Nutzer ermöglicht. Eine durch thermischen Auftrieb angetriebene Grundlüftung per Kippstellung plus erhöhte Nachtlüftung und/oder Stoßlüftung am Morgen sind hierbei erfolgversprechende Maßnahmen in Einfamilienhäusern. Innenliegende Verschattungen (FC = 0,75) vermindern beim untersuchten Beispielobjekt den Luftwechselbedarf um ca. 20%. Die innere Masse des Gebäudes hat auf die sommerlichen Temperaturspitzen überhaupt nur dann einen erwähnenswerten Kühlungseinfluss, wenn richtig und ausreichend gelüftet wird. Aber selbst dann, ist der Effekt (max. ca. 2 %Punkte bei den Übertempe- Wärmeschutz Wärmeschutz genutzt wird. Bei unserem Mustergebäude ist dies relativ einfach zu bewerkstelligen, da der Treppenaufgang zum Obergeschoss zum Wohnraum hin offen ist. Es ist deshalb folgende Strategie zur Dauerlüftung denkbar: G Zwei Fenster in Küche/ Essen im EG und je ein Fenster im Treppenbereich und im Bad des OG werden auf Kipp gestellt. Dies führt zu 355 m3/ h Dauerlüftung (nS =1,04 1/h), mit der eine natürliche Kühlung des Gebäudekerns auf nur noch 6,3% Übertemperaturstunden zu bewerkstelligen wäre – sofern Einbruch- und Gewitterschutz dem nicht entgegenstehen. Bei nur einem gekippten Fenster im OG und EG halbiert sich das Volumen auf 177 m3/h (s. Abb. 2). 554 m3/h (1h ≈ 6%) 2208 m3/h (1h ≈ 24%) raturstunden) nicht größer als der Einfluss eines dauerhaft gekippten Fensters ohne Querlüftung. Literatur und Quellen [AKkPH 2001] Arbeitskreis Kostengünstiger Passivhäuser – Phase II, Passivhaus-Sommerfall, Protokollband Nr. 15, Passivhaus Institut, Darmstadt, 2001, 2. Auflage [AKkPH 2003] Arbeitskreis Kostengünstiger Passivhäuser – Phase II, Lüftungsstrategien für den Sommer, Protokollband Nr. 22, Passivhaus Institut, Darmstadt, 2003 [CEPHEUS 2001] CEPHEUS: Sommerliches Innenklima im Passivhaus Geschosswohnungsbau- Kassel Marbachshöhe, Fachinformation PHI-2001/11, Darmstadt 2001 [PHI 1998] Passivhaus Institut (Hg.), Passivhaus Sommerklima Studie, Fachinformation PHI-1998/10, Darmstadt 1998. Abb. 4: Strömungspfade und Luftvolumenströme bei verschiedenen einstündigen Stoßlüftungen (Öffnungsflächen und Klimabedingungen wie in Abb. 3) Werte in Klammern: Beitrag der Stoßlüftung zum erforderlichen Gesamtluftwechsel für ein Komfortklima (< 5% über 25 °) im PH. Errata Bedauerlicherweise hat sich in der letzten Ausgabe gleich zweimal ein Fehlerteufelchen eingeschlichen. In den Abbildungen 4 und 5 auf Seite 20 (dnq 3/2004) wurde die Zuordnung von leichter und mittlerer Bauart verwechselt. Richtig ist es so: Die roten Säulen repräsentieren die mittlere Bauart, die hellgelben die leichte Bauart. Ob uns bei diesem Thema die Hitze zu Kopf gestiegen war?! 4/2004 27