1 Schlussbericht AIF Forschungsthema GHG 13/07 und GHG 14/07 AiF (AiF-Nr. 15235 BG/1 und BG/2) „Untersuchungen zur Biologie und Entwicklung praxis-relevanter Nachweismethoden für bakterielle Erkrankungen am Feldsalat [Valerianella locusta (L.) Laterr.] als Grundlage für die Selektion von Resistenzquellen gegen den Erreger von Blattflecken (Acidovorax valerianellae sp. nov.)“ 1. Zusammenfassung Im Rahmen des durchgeführten Forschungsprojekts konnten die angestrebten Projektziele weitgehend erreicht werden. Als Beiträge zur Aufklärung der Ätiologie bakterieller Erkrankungen an Feldsalat konnten insbesondere die Reaktionen des Erregers auf Temperatur und Feuchte charakterisiert werden, darüber hinaus beeinflussten das Blattalter und die Inokulumdichte den Schädigungsumfang. Eine Infektion war bei Temperaturen zwischen 10 °C und 30 °C erfolgreich, wobei mit steigender Temperatur die Symptombildung zunahm. Infizierbar waren sowohl Keim- als auch Laubblätter. Die Infektionsgeschwindigkeit und Symptomausprägung nahmen dabei zu, je höher die Temperatur, je älter die Blätter und je konzentrierter das Inokulum waren. Bei ausschließlich trockenen Bedingungen wurden keine Symptome an inokulierten Feldsalatpflanzen ausgeprägt. Ein Auftreten beziehungsweise Wiederauftreten feuchter Bedingungen nach der Inokulation förderte hingegen den Befall maßgeblich, wobei für eine Infektion fünf Stunden Blattnässedauer ausreichend waren. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass eine gezielte Kulturführung mit möglichst kurzen Blattnässezeiten einen Weg zur Kontrolle des Schaderregers A. valerianellae darstellt. Alle der 13 getesteten kommerziellen Feldsalatsorten waren anfällig. Die Resistenz der Wildart Valerianella rimosa wurde bestätigt. Eine Verringerung der Anfälligkeit von Sorten gegenüber dem Erreger von Blattflecken an Feldsalat erscheint durch Einkreuzen dieser Wildart erreichbar. Als mögliche Übertragungswege ließen sich der Boden und das Saatgut bestätigen. A. valerianellae überdauerte einen Zeitraum von bis zu elf Monaten im Boden und führte zu Infektionen von Folgeaussaaten, die aber in ihrer Intensität mit zunehmender Verrottung abnahmen. Einjährige Fruchtfolgepausen erscheinen somit für eine Eindämmung der Übertragung des Erregers durch den Boden ausreichend. Außer Feldsalat konnten keine weiteren, alternativen Wirtspflanzen für A. valerianellae im Untersuchungszeitraum ermittelt werden und sind in der Literatur auch nicht beschrieben. Die Aussaat von befallenem Saatgut führte zu einem Befall an Pflanzen und gegebenenfalls daraus produzierten Samen und stellt somit den wichtigsten Ausbreitungsweg des Erregers dar. Dekontaminationsversuche an befallenem Saatgut ergaben zwar eine Verminderung des Befalls, eine vollständige Ausschaltung der Samenübertragbarkeit war aber bislang mit diesen Behandlungen nicht möglich. Entwicklung praxisrelevanter Diagnoseverfahren:Um die Spezifität und Zuverlässigkeit zu entwickelnder Diagnoseverfahren besser beurteilen zu können, erfolgte zunächst eine Charakterisierung des Erregers bezüglich seiner Diversität. Mittels molekularbiologischer Methoden wurde eine hohe Heterogenität innerhalb unserer ca. 50 Isolate umfassenden Sammlung festgestellt. Sowohl die artdefinierende 16S-rDNA-Sequenz als auch das Bindungsverhalten einzelner Antikörper wiesen Unterschiede auf, die eine Gruppierung der Isolate ermöglichte. Dennoch konnten sowohl Primerpaare für den art-spezifischen PCRNachweis als auch monoklonale Antikörper für einen serologischen Test (TAS-ELISA) 2 entwickelt werden, die alle Isolate erkennen und somit für die zuverlässige Detektion von A. valerianellae geeignet sind. Der zunächst für Blattmaterial entwickelte TAS-ELISA konnte für die Testung von Saatgut auf Pathogenbefall angepasst werden. Dieser Test ermöglicht nicht nur die Feststellung eines Befalls am Saatgut, sondern ist auch für die schnelle Einschätzung des Erfolges von antibakteriellen Saatgutbehandlungen geeignet. In Modellexperimenten zur Dekontamination von Saatgut erwies sich der Erreger als sehr resistent gegenüber physikalischen Methoden (Warmwasser, Dampf) und konnte nur durch Natriumhypochlorid bei gleichzeitiger massiver Schädigung der Samen vollständig abgetötet werden. Auch die Überdauerungszeit am Saatgut ist mit mindestens 6 Jahren (längere Zeiten wurden nicht getestet) ungewöhnlich hoch. Durch die sehr hohe Sensitivität des TAS-ELISA war die Detektion des Erregers nicht nur an Saatgutproben, sondern sogar an Einzelkörnern möglich. Dadurch konnte auch die Befallsrate von natürlich infizierten Saatgutpartien ermittelt werden. Diese beträgt zwischen 1 und 20 %, durchschnittlich 11 % (bei 6 analysierten Partien). Mit dieser Methode wurde die Voraussetzung für eine zuverlässige Saatguttestung geschaffen; das Potential zur Bearbeitung weiterer epidemiologischer Fragestellungen, wie z. B die Ermittlung von Befallsschwellenwerten und alternativen Wirtspflanzen des Erregers sowie die Erarbeitung von Richtlinien für eine amtlichen Saatgutzertifizierung, ist somit vorhanden. 2. Darstellung des wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Nutzens der erzielten Ergebnisse insbesondere für KMU sowie ihres innovativen Beitrags und ihrer industriellen Anwendungsmöglichkeiten; Das angestrebte Ziel einer verbesserten Aussage zur Befallssituation in Deutschland wurde erreicht. Die parallel zum Projektverlauf durchgeführte Saatguttestung und spätere Selektion von möglichst erregerfreien Partien führte zu deutlich verringerten Befallsausprägungen und geringeren Ausfällen in den Produktionsbetrieben. Dies deckt sich mit den Rückmeldungen aus dem projektbegleitenden Ausschuss. Für eine geeignete Bekämpfungsstrategie für bakterielle Erkrankungen an Feldsalat ist aufgrund der vorgelegten Projektergebnisse festzustellen, dass kurzfristig vorrangig die Saatgesundheit in den Blick zu nehmen ist. Hierzu steht mit dem entwickelten Verfahren ein empfindlicher, schneller und robuster Test zur Verfügung. Die Bereitstellung von gesundem Saatgut ist mit Hilfe des entwickelten Testverfahrens somit möglich. Für eine Dekontamination von befallenem Saatgut wurden erste Daten erarbeitet. Für die Erreichung einer vollständigen Befallsfreiheit fehlen aber noch weitere, darauf aufbauende Untersuchungen, die als Fortführung der Projektuntersuchungen von den Züchtungspartnern in Eigenregie geplant sind. Durch die Aussaat von gesundem Saatgut auf Flächen, auf denen mindestens zwölf Monate zuvor kein infizierter Feldsalat stand und durch eine trockene Kulturführung kann der A. valerianellae-Befall von Feldsalat deutlich reduziert werden. Die Fruchtfolgeeinschränkung einer 12-monatigen Anbaupause ist in Deutschland unproblematisch, in Frankreich als wichtigstem Produktionsland aufgrund eines anderen Produktionssystems jedoch wesentlich schwieriger zu realisieren. Mittelfristig ist deshalb die Züchtung widerstandsfähiger Sorten anzustreben, die auch für den wichtigen französischen Markt die Produktionssicherheit weiter verbessern könnten. Erste Schritte in diese Richtung erfolgten bereits in den beteiligten Züchterhäusern außerhalb des Projekts, wobei die im Projektverlauf entwickelten diagnostischen Verfahren hierzu genutzt werden können. Ziel ist die Kombination von Feldsalat mit Resistenz gegenüber A. valerianellae und verbesserten Vermarktungseigenschaften (Qualität, Aussehen, Widerstandsfähigkeit). Die hierfür notwenigen Voraussetzungen (Testverfahren, Nachweise) konnten im Rahmen des Forschungsprojekts erarbeitet werden. Aufgrund der bereits beschriebenen verbesserten Saatgutgesundheit durch eine intensive Testung werden bereits Fortschritte in der Anbausicherheit und eine erhöhte 3 Wirtschaftlichkeit in der Produktion von Saatgut und Konsumware bei Feldsalat beobachtet. Diese Situation dürfte sich mit Einführung resistenter Sorten insbesondere in dem größten Erzeugerland und wichtigsten Saatgutmarkt Frankreich weiter verbessern. 3. Zusammenstellung aller Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Vorhaben veröffentlicht wurden oder in Kürze veröffentlicht werden sollen; BRAJE, I.: Untersuchungen zur bakteriellen Erkrankung Acidovorax valerianellae an Feldsalat, Universität Hohenheim, Stuttgart, Dissertation. THIELE, K., BRAJE, I., RABENSTEIN, F., LAUN, N., SMALLA, K. (2011): Untersuchungen zur Biologie und Entwicklung praxis-relevanter Nachweismethoden für bakterielle Erkrankungen am Feldsalat [Valerianella locusta (L.)] als Grundlage für die Selektion von Resistenzquellen gegen den Erreger von Blattflecken (Acidovorax valerianellae sp. nov). 18. Innovationstag Mittelstand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie in Berlin, Posterbeitrag. BRAJE, I., ALBRECHT, A., LAUN, N., KRAUTHAUSEN, H.-J., BARCHEND, G., FELGENTREU, D., RABENSTEIN, F. (2008): Acidovorax valerianellae als Erreger bakterieller Blattflecken an Feldsalat. 56. Deutsche Pflanzenschutztagung in Kiel, Posterbeitrag. BRAJE, I.; ALBRECHT, A.; LAUN, N.; KRAUTHAUSEN, H.-J.; RABENSTEIN, F. (2008): Acidovorax valerianellae als Erreger bakterieller Blattflecken an Feldsalat. Mitteilungen aus dem Julius Kühn-Institut 417, 378-379. THIELE, K.; RABENSTEIN, F. (2009): Leaf spots on corn salad Valerianella locusta (L.) Laterr. caused by the bacterium Acidovorax valerianellae – insights into biology and development of diagnostic tools. Journal für Kulturpflanzen 61, 455-456. THIELE, K.; SMALLA, K.; BRAJE, I.; RABENSTEIN, F. (2010): Nachweis und molekulare Charakterisierung von Acidovorax valerianellae, dem Erreger von bakteriellen Blattflecken an Feldsalat (Valerianella locusta (L.) Laterr.). Julius-Kühn-Archiv 428, 409410. 428 / 2010 : JKI (ed.) THIELE, K.; SMALLA, K.; KROPF; S.; RABENSTEIN, F. (2011): Detection of Acidovorax valerianellae, the causing agent of bacterial leaf spots in corn salad [Valerianella locusta (L.) Laterr.], in corn salad seeds. Letters in Applied Microbiology 54, 112-118. 4. Angaben über gewerbliche Schutzrechte, sofern sie erworben wurden oder ihre Anmeldung beabsichtigt ist (detaillierte Regelungen zu Schutzrechten sind den jeweiligen Zuwendungsbescheiden bzw. Weiterleitungsverträgen zu entnehmen); DLR Rheinpfalz: JKI: keine keine 5. Einschätzung zur Realisierbarkeit des vorgeschlagenen und aktualisierten Transferkonzepts; Das vorgeschlagene Konzept erfolgt wie oben beschrieben als zweistufiges Verfahren. Stufe 1: Saatguttestung 4 Diese Stufe des Transfers ist bereits realisiert und hat zu erfreulich positiven Auswirkungen auf das Befallsauftreten geführt. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit der Feldsalaterzeugung aufgrund verbesserter Aberntequoten und der KMU aufgrund verringerter Reklamationskosten und Ausfälle. Mit einer verbesserten Dekontamination bzw. der gezielten Elimination von kontaminiertem Saatgut ist eine weitere Steigerung der Wirtschaftlichkeit für die beteiligten KMU zu erwarten, weil produzierte Saatgutmengen sicherer vermarktet werden können und nicht hohe Sicherheitszuschläge im Umfang der Saatgutproduktion eingeplant werden müssen. Nicht erfasst wird mit diesem Verfahren der o.g. bodenbürtige Befall, der insb. in Frankreich neben dem samenbürtigen Befall eine wesentliche Rolle im Befallsauftreten spielt. Stufe 2: Einführung resistenter Sorten Der Einsatz resistenter Sorten würde eine sichere Wirkung auch bei bodenbürtigem Befall ermöglichen. Gleichzeitig sind die sonstigen Anforderungen an eine marktfähige Feldsalatsorte zu erfüllen, wie z.B. Form, Aussehen, Aufbau, Produktionssicherheit und Stabilität im Nacherntebereich. Solche Sorten würden den Anbietern einen klaren Vorteil gegenüber den Mitbewerbern und einen erhöhten Marktanteil und/oder höhere Preise für das Saatgut ermöglichen. Die Chancen für die Züchtung solcher marktrelevanten Sorten mit hoher Wertschöpfung werden als gut eingestuft. Nicht einzuschätzen ist die Dauerhaftigkeit einer solchen Resistenz gegenüber möglichen resistenzbrechenden Pathotypen, da der Resistenzmechanismus erst erforscht und aufgeklärt werden muss. 6. Hinweis auf die Förderung durch das BMWi über die AiF (Förderhinweis). Die IGF-Vorhaben GHG 13/07 und 14/07 AiF (AiF-Nr. 15235 BG/1 und BG/2) der Forschungsvereinigung Gemeinschaft zur Förderung der privaten deutschen Pflanzenzüchtung e. V. (GFP) wurden über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und –entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.