ein Stück, zwei blickwinkel torgau (TZ/seb). Die Uraufführung von „Ossimisten Wessimisten“ im Schlosshof hat bei den Besuchern vor allem eines hinterlassen: Gesprächsbedarf. „Lassen Sie sich nie einreden, dass Theater Ihnen bringen soll, was Sie erwarten“, hatte der Intendant der Landesbühnen Sachsen, Manuel Schöbel, die Besucher gewarnt und ihnen mitgegeben, dass das Gegenteil der Fall fall sei. „Jeder Theaterbesuch ist auch ein kleines Abenteuer.“ Für die Kulturredaktion der Torgauer Zeitung erlebten Manfred Boes (61) und Sophie Jahn (19) dieses Abenteuer. Das Ziel des gemischten Doppels: unterschiedliche Sichtweisen generieren auf ein Stück, das am Freitagabend Landesbühne, die Compagnie bodytalk und Torgau-Kultur auf die Bühne brachten. Eine Kooperation, die von der Kulturstiftung des Bundes unterstützt wurde, „um Theater auch in Regionen entstehen zu lassen, wo es sonst nur gezeigt wird“, so Manuel Schöbel. Zur Einstimmung nun noch die offiziellen Zeilen zur Beschreibung des Inhalts: „In der Aufführung wird Torgau als Stadt der Begegnungen lebendig. Von Luther bis Melanchthon über die Rote Armee und US Army bis zur Jahrhundertflut, sozusagen vom Protestantismus zum Protest spannt sich der Bogen der Musical-Uraufführung: Stupsi, Kai, Brit und alle anderen sind in den Sommerferien auf dem Weg von Sachsen an die Ostsee. Am Wasser kommen sie auch an – aber sie landen mitten im Elbe-Hochwasser. Sie schmeißen sich in die Hilfs-Aktivitäten und stoßen dabei auf das … Bernsteinzimmer!!! Damit es ein „heißer Theatersommer“ wird, spielen die Torgauer die Hauptrolle.“ Und noch eine Passage aus dem Programmheft: „Torgau hat einer Epoche seinen Stempel aufgedrückt. Oder ist es andersrum? Sind wir mit den Jahrhundertfluten im 21. Jahrhundert angekommen? Hat die Flut uns gesund gemacht? Weil alle am selben Strang gezogen haben. Und das so bisschen wie früher war, als es nur einen Strang gab.“ Seite 16 Dienstag, 13. August 2013 Kultur Ihr Ansprechpartner Gerd Tiedke Tel. 03421 721023 [email protected] Applaus, Applaus für die Künstlerschaft – die Zuschauer beklatschten die Uraufführung im Schlosshof begeistert, wenn auch nicht frenetisch. Vereinzelte Standing Ovations gab es auch. Fotos: TZ/S. Stöber Schloss Hartenfels – Ein Ort der Kreativität Von MAnFReD BoeS „Schloss hartemfels – ein ort der Kreativität“ – Mit diesen Worten begrüßte uns unter anderem der Intendant der Landesbühnen Sachsen, mit Unterstützung des Bundes, Theater überall hinzubringen, um den Menschen nahe zu sein. er sprach auch von einem Abenteuer, auf das wir uns einlassen sollen, eine Uraufführung im Theatersommer von Torgau-Kultur: „ossimisten Wessi- misten“. Für mich persönlich bedeutet Theater – im wahrsten Sinne des Wortes – künstlerische Freiheiten zu erleben. Und als Musical, ich war gespannt. Das Abenteuer begann mit nostalgie, schön. „heißer Sommer“, das allen bekannte Lied aus dem gleichnamigen Kultfilm, wie ich mir erklären ließ. Dann stellte sich Torgau vor, als charmante Darstellerin erzählte sie uns die highlights der Stadt. Die Wahrheit liegt in der Ironie, hier ein männlicher Besucher, der Torgau kennenlernte, „die schönen Fassaden, kaum Menschen, es ist so ruhig in dieser Stadt“. Dann kam die Flut mit Rockmusik und jede Menge Wasser, die Tänzer phänomenal, note 1. Mit dem publikum spielen, Sandsäcke werfen und fangen, das Dokument für ,gemeinsam den Fluten trotzen’. Die „Ich-Gesellschaft“, die in der not zusammenhält … und danach wieder in ihre alten Muster zurückfällt. p a u s e – aber was für eine. protestsongs am Lagerfeuer vor dem Wendelstein, toll. Die erinnerung an meine Jugendzeit, die 70er-Jahre, Friedens- und Freiheitsbewegungen, offen zu protestieren gegen Gesellschaft und Macht. hier der Sänger, ein genialer Musiker und poet. er sang von „falschen Fürsten und König narr – Kindern der neuen Zeit - allein im großen Meer – ohne Wärme geht gar nichts“. Auf der Bühne erschien wieder die Schöne der Stadt Torgau, man sprach von Anerkennung und Liebe, die für uns Menschen so wichtig ist und die Frage, was diese harmonie stören könnte. Die Antwort heißt Vergangenheit und Geschlossener Jugendwerkhof, getanzt von Darstellern, die diese Gewalt an jungen Menschen bewegend und unter die haut gehend aufzeigten. Ich dachte an diesen Gebäudekomplex, den ich vor Jahren noch im alten Zustand als Banker bewerten musste und an mein Gefühl, von einem Zeitzeugen die Geschehnisse zu erfahren. Und jetzt betrat eine Frau die Bühne, Mutter zweier Kinder, mit 16 Jahren opfer dieser Institution, sprach über die hier authentisch dargestellten Szenen und die persönlich erlebte körperlichen und seelischen Gewalt. Ich gebe ihr Recht, weil es die Fakten sind, die Lüge ist, diese Jugendlichen als Kriminelle zu bezeichnen, und damit verletzt man diese heute erwachsenen Menschen erneut. es war für einen Moment ganz still, das Gesehene und Gehörte wirkte nach, ich sah Tränen, auch bei mir. eines hat mich das Leben / erlebte gelehrt: ehrlich mit der Vergangenheit umzugehen; nicht wegzuschauen bei Gewalt oder Unrecht; – sich keiner Macht zu beugen, die meine persönliche Freiheit beeinflussen will. Ich bedanke mich bei allen kreativen Kräften hinter der Bühne für diese mutige Inszenierung. Für die Schauspieler und Tänzer habe ich meine tiefste Verbeugung parat. Den singenden poeten habe ich bereits gelobt, fehlt noch Torgau, eine junge Dame mit einem Klang in der Stimme, der mich beeindruckt hat. Von fliegenden Sandsäcken und einer gefluteten Bühne – ein Musical der besonderen Art Von SophIe JAhn Freitagabend um 20 Uhr auf dem hof von Schloss hartenfels: Die plätze sind gut gefüllt, hinter der Bühne sieht man die Schatten der Schauspieler vorbeihuschen, es dämmert bereits. es liegt eine gewisse Spannung in der (noch) angenehmen Sommerluft, wohl nicht zuletzt, weil man nicht genau wusste, was einen erwartet. Und das, was dann auf der Bühne vonstattenging, das konnte auch keiner ahnen. Die Darsteller zeigen auf beeindruckende Art und Weise, was mit den Menschen passiert, wenn sie ge- meinsam gegen die Flut kämpfen. Spontan werden Leute aus dem publikum aufgefordert, eine Kette zu bilden, um Sandsäcke weiterzureichen. Und an dieser Stelle wird klar: „es gibt nur uns und die Flut.“ Anschließend nimmt die Torgauerin Melanie eggert das publikum mit auf eine Stadtführung der etwas anderen Art. Die Sehenswürdigkeiten wurden durch pantomime ironisch dargestellt. So hüpfte einer der Schauspieler auf der Stelle auf und ab und symbolisierte so den Torgauer Markt mit seinem Springbrunnen. Und eh man sich versah, wurde die Farbe des Lichts geändert und die Bühne wurde mithilfe von Wasserflaschen geflutet. Die Schauspieler werfen sich in die „Fluten“ und verkörpern wohl den Sommer in der Renaissancestadt, aber auch die Gegenwärtigkeit der Flut und des ständig steigenden elbepegels. es wird gekämpft, geliebt und am ende steht Imaginäres Gruppenfoto: Zu Beginn stellten sich die Akteure des Stücks dem Publikum vor und berichteten ihre Eindrücke von Torgau. der Sieg über das Wasser… zumindest für dieses Mal. Und aus dem Spaß der einen Szene wird in der nächsten bitterer ernst: Das wohl dunkelste Kapitel unserer Stadt: der geschlossene Jugendwerkhof. Die Darsteller verwandeln sich in Gefangene und Aufseher und mit ihnen hält großes Unbehagen auf der Bühne einzug. Gewalt, Unterdrückung und Vergewaltigung werden dargestellt und zwar auf solche fesselnde Art und Weise, dass mich ein Schauer für einen Moment einnimmt. Diese Szene spukt auch noch Tage später in meinem Kopf herum. Anschließend wird eine Frau auf die Bühne gebeten, welche selbst im Jugendwerkhof Torgau war, nicht nur sie hatte in diesem Moment Tränen in den Augen. Anschließend wurde die Gegenwart mit der Vergangenheit gemischt, die Darsteller leerten Sandsäcke auf der Bühne und Melanie eggert sang gemeinsam mit Kazuhisa Kurumada, opernsänger der Landesbühnen Sachsen, ein Lied über die oper Daphne. Und spätestens hier wird klar: Dieses Musical vereinigt Tanz, Gesang und Schauspielkunst so sehr, dass die Übergänge fließend sind und man an das Geschehen auf der Bühne gebunden ist, ob man will oder nicht: Man war dabei. Mittendrin. Und dies wohl nicht zuletzt aufgrund der Lieder über Torgau von Stephan Krawczyk und Texte, die ins ohr gehen. noch am nächsten Tag ging mir der Satz „hau der Logik richtig eine rein … Dann wirst du verstehen, warum Sandsäcke fliegen“ nicht aus dem ohr. es war definitiv Torgau, was da auf der Bühne vor sich ging, so viel ist wohl klar. Verwundert war ich lediglich darüber, dass das Dargestellte nicht genau mit der im Flyer vorab angekündigten Story überein- Spektakulär: Das Medium Wasser motivierte die Tänzer zu teilweise artistischen Leistungen auf der glitschigen Bühne. stimmte, aber vermisst habe ich absolut nichts, vielmehr war ich von den vielen Überraschungsmomenten begeistert; und auch wenn das Dargestellte manchmal komisch oder verzerrt wirkte, letztendlich war es genau das, was das Musical besonders macht. Die Schauspieler, Sänger und Tänzer agierten so miteinander, als arbeiteten sie seit Jahren gemeinsam. Dass dies nicht so ist, erfuhr man im Voraus und umso beeindruckender ist das Resultat. Leider sahen das nicht alle Zuschauer so und verließen die Veranstaltung während der pause. Ich denke, dass man den Regisseuren, Schauspielern, Sängern und den organisatoren zu einer gelungenen Aufführung gratulieren kann und weiß, dass es wohl nicht nur mir aufgrund der vielen Überraschungen und Dinge, die keiner erwartet hat, im Gedächtnis bleiben wird. Augenblicke. Stillstand gab es auf der Bühne so gut wie nie. Mit beeindruckender Kondition sprangen, rollten, schlängelten, liefen, schwebten, hangelten die Bodytalker über die Bühne. Immer mittendrin: Melanie Eggert, das Gesicht Torgaus. Auftakt zur Jugendwerkhof-Passage: Melanie folgt ihrem, dem Torgauer Schmerz in den Jugendwerkhof, wo drastische Szenen voller Gewalt das Publikum nachhaltig beeindruckten. ■ Kulturbeutel „orientalisches“ ganz in Sand gehalten Start für Torgauer orgelsommer 2013 Antje Vollmer liest aus „Doppelleben“ hörnerklänge am Wendelstein Starsopranistin singt in Schildauer Kirche Militärmusiker geben ein Benefizkonzert Torgau (TZ). Ray Kunzmann aus Scheibenberg wird am 31. August in der Gläsernen Galerie der Torgauer Wohnstätten Gmbh in der Lassallestraße 10 in Torgau eine Ausstellung mit seiner Sandkunst eröffnen, diese steht unter dem Titel „orientalisches“. Ray Kunstmann entdeckte 1996 die künstlerischen Verwendungsmöglichkeiten farbigen Gesteins für sich, entwickelte einen farbigen Kleber und experimentierte mit Kalkstein. Die Ausstellung wird bis zum Januar 2014 hier zu sehen sein. Interessierte Gäste sind zur Vernissage am 31. August um 15 Uhr herzlich willkommen, für die musikalische Umrahmung sorgt die Musikschule „heinrich Schütz“. Torgau (TZ). Mit einem Konzert, welches der orgelvirtuose Luigi Vincenzo aus Cosenza am kommenden Freitag, dem 16. August, in der Torgauer Stadtkirche St. Marien gestalten wird, startet der diesjährige Torgauer orgelsommer. Luigi Vincenzo ist ein Meisterschüler von professor Claudio Brizi. Beginn des Konzertes ist um 20 Uhr. Für interessierte Besucher besteht bereits ab 19.30 Uhr die Möglichkeit, an einer Führung durch die Stadtkirche St. Marien teilzunehmen. Der eintritt ist frei. Der diesjährige Torgauer orgelsommer bietet allen Gästen vom 16. August bis zum 16. September das erlebnis der großartigen und klanglichen Vielfalt der orgelliteratur. Graditz (TZ). Im Festsaal des Graditzer Schlosses wird es am 23. August ab 19.30 Uhr eine Buchlesung mit Antje Vollmer geben, welche ihr Werk „Doppelleben“ vorstellt. Darin geht es um heinrich und Gottliebe von Lehndorff im Widerstand gegen hitler und von Ribbentrop. Anhand von originaldokumenten, Briefen und Zeitzeugen rekonstruiert Antje Vollmer auch die dramatischen Stunden um den 20. Juli. Die musikalische Begleitung dieses Abends übernimmt das ensemble „nobiles“. Kartenvorbestellungen für die Lesung sind im hauptgestüt Graditz, Telefon 03421 70350, möglich. Ansprechpartner ist hannelore Winkler. Torgau (TZ). Die sechste Auflage des Konzerts „hörnerklang am Wendestein“ wird es in diesem Jahr am Sonnabend, dem 31. August, ab 19 Uhr auf dem hof von Schloss hartenfels in Torgau geben. Mitwirkende sind unter anderem die Jagdhornbläsergruppe Falkenstruth, der Männerchor Torgau unter Leitung von eric Schober, und das Sächsische Bläserquintett der Deutschen Bläserakademie. es erklingen vorrangig Lieder, Stücke und klassische Kompositionen zum Thema „Jagd“. Die Veranstalter sind wie schon in den Vorjahren auch diesmal wieder die Stadtverwaltung Torgau sowie der Jagdverband Torgau. Schildau (TZ). Die 26-jährige Sopranistin Michele Rödel lädt am 18. August um 17 Uhr zu einem Konzert unter dem Thema „Gebete in der oper“ in die Schildauer Stadtkirche St. Marien in. Dabei singt sie in Begleitung von Kantorin Anne Viehweger am Klavier unter anderem großartige Arien und Lieder von Bellini, Grieg, Mozart und Schubert, um nur einige zu nennen. Mit Arien von Verdi und Wagner würdigt Michele Rödel gleichzeitig die diesjährigen Jubiläen der beiden Komponisten. ein niveauvolles und zugleich sehr schwieriges programm. Der eintritt zu diesem Konzert am kommenden Sonntag ist frei, am Ausgang wird um eine Spende gebeten. Torgau (TZ). Dargeboten vom Wehrbereichsmusikkorps III der Bundeswehr wird am 23. August ab 19.30 Uhr auf Schloss hartenfels ein Benefizkonzert zugunsten der Betroffenen der Flutkatastrophe vom Juni 2013 zu erleben sein. es erklingt Militär- und Marschmusik aus verschiedenen epochen. Die Militärmusiker aus Thüringen bringen Sachsens Glanz und preußens Gloria zurück in den Konzertsaal. 2013 kommt die Klangfülle des orchesters mit ouvertüren von Richard Wagner und Giuseppe Verdi voll zur Geltung. Man darf sich auf einen abwechslungsreichen Konzertabend freuen. Kinder bis 12 Jahre haben freien eintritt.