Evolutionspsychologische Ansätze

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Fachrichtung
Psychologie
Modul A2
Vorlesung WS 2013/14
Motivation, Emotion, Volition
Evolutionspsychologische Ansätze
Thomas Goschke
1
Überblick und Lernziele







2
Natur-Umwelt-Kontroverse
Darwins Theorie der natürlichen Selektion
Vergleichende Verhaltensforschung (Ethologie)
Grundannahmen der modernen Evolutionspsychologie
Sexuelle Selektion: Die „sexual strategies theory“
Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
Literaturempfehlungen
 Rudolph, U. (2003). Motivationspsychologie. Workbook (2. Auflage). Kapitel 10. Beltz PVU.
 Buss, D.M. (2004). Evolutionäre Psychologie (2. Auflage). München: Pearson Studium.
 Buss, D.M. (2011). Evolutionary Psychology: The New Science of the Mind (4th Edition). Prentice
Hall.
 Pinker, S. (2003). Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur.
Berlin: Berlin Verlag.
 S.J.C. Gaulin & D.H. McBurney (2004). Evolutionary psychology (2nd Ed.). Upper Saddle River, NJ:
Pearson.
 Tooby, J., & Cosmides, L. (1992). The psychological foundations of culture. In Barkow, J.H.,
Cosmides, L., & Tooby, J (Eds.), The Adapted Mind (pp. 19-136).
3
Hintergrund:
Die Natur-Umwelt-Kontroverse
4
Der Geist als „unbeschriebenes Blatt“:
Britischer Empirizismus
„Nehmen wir also an, der Geist sei, wie man sagt, ein
unbeschriebenes Blatt, ohne alle Schriftzeichen, frei von allen
Ideen; wie werden ihm diese dann zugeführt? Wie gelangt er
zu dem gewaltigen Vorrat an Ideen, womit ihn die geschäftige
schrankenlose Phantasie des Menschen in nahezu
unendlicher Mannigfaltigkeit beschrieben hat? Woher hat er
all das Material für seine Vernunft und für seine Erkenntnis?
Ich antworte darauf mit einem einzigen Wort: aus der
Erfahrung.“
John Locke (1632-1704)
6
Der Geist als „unbeschriebenes Blatt“
Behaviorismus und Sozialwissenschaften
 Lerntheoretisch orientierte Psychologie und Teile der Sozialwissenschaften
vertraten über weite Strecken des 20. Jh. die These vom menschlichen Geist
als „unbeschriebenem Blatt“
• Menschliches Verhalten ist nicht durch Biologie, sondern Kultur bestimmt
• Menschen kommen (abgesehen von einigen Reflexen und einer allgemeinen
Lernfähigkeit) ohne angeborene Verhaltensweisen auf die Welt
• Menschen verfügen über eine universelle (“general purpose”) Lernfähigkeit, die
den Erwerb von Wissen und Fertigkeiten in beliebigen Domänen vermittelt
7
Der Geist als „unbeschriebenes Blatt“
Behaviorismus und Sozialwissenschaft
„Gebt mir ein Dutzend gesunde, gut gebaute Kinder und meine
eigene spezifizierte Welt, um sie darin großzuziehen, und ich
garantiere, daß es irgendeines aufs Geratewohl herausnehme
und es so erziehe, daß es irgendein beliebiger Spezialist wird,
zu dem ich es erwählen kann – Arzt, Jurist, Künstler, Kaufmann,
ja sogar Bettler und Dieb, ungeachtet seiner Talente,
Neigungen, Absichten, Fähigkeiten und Herkunft seiner
Vorfahren“ (John B. Watson, 1914)
John B. Watson
„Mit Ausnahme der instinktartigen Reaktionen von Säuglingen
auf plötzlichen Entzug der Zuwendung oder unvermittelte laute
Geräusche ist der Mensch vollkommen instinktlos… Der
Mensch ist Mensch, weil er keine Instinkte hat, weil er alles,
was er ist und geworden ist, aus seiner Kultur erlernt und
erworben hat…“ (Ashley Montagu, 1973)
8
Die Gegenposition der evolutionären Psychologie:
Universelle Merkmale menschlichen Verhaltens
"In der fernen Zukunft sehe ich offene Felder für weitaus wichtigere
Untersuchungen. Die Psychologie wird auf eine neue Grundlage gestellt werden,
nämlich die des notwendigen Erwerbs jeder psychischen Kraft und Fähigkeit
durch Abstufung [sukzessive Modifikationen über Generationen hinweg]."
(Darwin, 1859, S. 458)
"Nur eine vergleichende und evolutionäre Psychologie kann die notwendige
Grundlage [für die Sozialwissenschaften] liefern; und diese Grundlage konnte
nicht geschaffen werden, ehe die Werke Darwins zu der Überzeugung geführt
hatten, dass zwischen der menschlichen und der tierlichen Evolution eine
Kontinuität hinsichtlich aller körperlichen Merkmale besteht. Diese Überzeugung
bereitete den Weg für die schnell darauf folgende Erkenntnis einer ähnlichen
Kontinuität zwischen der psychischen [mental] Evolution des Menschen und der
Tierwelt"
(McDougall, 1908/1960, S. 4-5).
10
Überblick und Lernziele




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14
Natur-Umwelt-Kontroverse
Darwins Theorie der natürlichen Selektion
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Sexuelle Selektion: Die „sexual strategies theory“
Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
Charles Darwin
(1809-1882)
 Studium der Theologie in Cambridge
 Interesse am Sammeln von Pflanzen, Insekten und
geologischen Funden
 1831-1837: Reisen auf der Beagle u.a. zu den
Galapagos Inseln
Die Fahrt der Beagle
 Darwin war beeindruckt von Fossilien in
Patagonien und Artenreichtum auf den
Galapagos Inseln
 Unterschiedliche Spezies von
Riesenschildkröten auf verschiedenen
Inseln
 14 Finkenarten mit Schnabelformen und
Größe, die an jeweilige Umwelt
(ökologische Nische) angepasst waren
Die Theorie der natürlichen Selektion
 Nach seiner Rückkehr Sekretär der
Geologischen Gesellschaft
 Diverse biologische und geologische
Publikationen
 Erst 1859 Publikation der Ideen zur
natürlichen Selektion (vermutlich in Reaktion auf
einen Brief von A.R. Wallace in 1858, in dem dieser
ähnliche Ideen skizzierte)
 Zentrale Thesen:
• Heutige Lebewesen stammen von früheren
Arten ab
• Natürliche Selektion als Mechanismus der
Evolution
Darwins Erklärung der Entstehung der Arten
durch natürliche Auslese
Induktion 1
Populationen von Lebewesen
könnten exponentielles Wachstum
zeigen
Deduktion 1
Lebewesen haben weniger Nachkommen
als möglich wäre, weil sie um knappe
Ressourcen konkurrieren
Induktion 2
Größe von Populationen bleibt
meistens
relativ stabil
Induktion 3
Innerhalb einer Spezies gibt es
zufällige Variabilität körperlicher
und verhaltensbezogener
Merkmale von Individuen
Deduktion 2
Individuen mit adaptiven Merkmalen
zeugen mehr Nachkommen und geben
ihre Merkmale an diese weiter
(= Natürliche Auslese)
Induktion 4
Einige dieser Merkmale werden
vererbt und verschaffen ihren
Trägern einen Überlebensvorteil
Deduktion 3
Evolution = Akkumulation von
Veränderungen in einer Population als
Folge natürlicher Selektion
Evolution phänotypischer Merkmale durch natürliche Auslese
Reeves (2010). Motivation. Allyn & Bacon
Evolution komplexer Organe
"Die Annahme, daß das Auge mit all seinen unnachahmlichen
Vorrichtungen zur Anpassung der Linse an verschiedene Entfernungen,
zur Zulassung wechselnder Lichtmengen und zur Korrektur sphärischer
und chromatischer Abweichungen, durch natürlich Auslese entstanden
sein könnte, erscheint, wie ich offen bekenne, im höchsten Grade als
absurd.
Der Verstand sagt mir: wenn zahlreiche Abstufungen vom einfachen,
unvollkommenen Auge bis zum komplexen und vollkommenen
existieren und jede Abstufung nützlich für ihren Besitzer ist, was sicher
der Fall ist; wenn ferner das Auge beständig variiert und diese
Variationen erblich sind, was gleichfalls sicherlich zutrifft; und wenn
schließlich diese Veränderungen einem Tier unter wechselnden
Lebensverhältnissen nützen, dann sollte die Schwierigkeit zu glauben,
daß ein vollkommenes und komplexes Auge durch natürliche Auslese
gebildet worden sein könnte (so unüberwindlich sie unserer
Vorstellungskraft auch erscheinen mag), nicht als Umsturz unserer
Theorie angesehen werden.“
Darwin, C. Origin of Species, Ch. VI – Difficulties of the theory.
Computersimulation evolutionärer Prozesse
Filmbeispiel
27
Gehirnevolution
Gehirngewicht verschiedener Tierarten als Funktion des Körpergewichts
Größe des Neokortex als Funktion der Gehirngröße
Verhaltensspezialisierung spiegeln sich in der Hirnmorphologie:
Relative Größe des superioren und inferioren Colliculus
Tiere, die Schall zum Jagen und zur Navigation benutzen
Tiere, die visuelle Wahrnehmung zum Jagen und zur Navigation nutzen
Adaptive kognitive Spezialisierungen spiegeln sich in der Größe
relevanter Gehirnregionen
Korrelation zwischen Anzahl von Liedern im Repertoire
von Singvögeln und dem Volumen motorischer
Hirnregionen, die den Gesang kontrollieren
(Hyperstriatum ventrale pars caudate)
Adaptive kognitive Spezialisierungen spiegeln sich in der Größe
relevanter Gehirnregionen
Krähenart, die im Winter
zu 90% verstecktes Futter
nutzt  Spezialisierung
des Schnabels, so dass er
Dutzende von
Samenkörner tragen kann
Krähenart, die kaum
verstecktes Futter nutzt 
keine morphologische
Spezialisierung für das
Befördern von Futter
Vogelarten (rot), die sich auf versteckte
Nahrungsvorräte verlassen, haben besseres
Gedächtnis für Orte und größeres relatives
Hippokampus-Volumen
Selektive Züchtung von „labyrinthschlauen“ und
„labyrinthdummen“ Rattenstämmen
Tryon (1934)





Ratten wurden trainiert, in einem
Labyrinth Futter zu finden
Einige Ratten lernten schneller als
andere
Selektive Züchtung schneller und
langsamer Lerner
Nach wenigen Generationen zeigten
sich deutliche Lernunterschiede
Neuere Befunde  korreliert mit
Größe des Hippokampus (bei Ratten
wichtige Hirnstruktur für räumliches
Lernen)
Verbreitete Fehlinterpretationen der Evolutionstheorie I
 (1) Genetisch angelegte Merkmale oder Verhaltensdispositionen seien
moralisch „gut“, weil sie das Ergebnis natürlicher Evolution sind
 Naturalistischer Fehlschluss
 (2) Fälschliche Annahme eines genetischen Determinismus
• Merkmale, die auf genetischen Anlagen beruhen, seien unveränderlich und
können nicht durch Erfahrungen beeinflusst werden
• Aber: Evolutionstheorie behauptet nicht, dass Verhalten durch Gene
„determiniert“ ist oder dass Lernen und Kultur keinen Einfluss haben
 (3) Falsche Dichotomie von Natur und Umwelt:
• „Verhalten sei entweder angeboren oder erlernt“
• Tatsächlich ist Verhalten stets Ergebnis der Interaktion von Genen und
Umwelteinflüssen
Gen-Umwelt-Interaktion
Cooper & Zubek (1958)
• “Labyrinthdumme” Ratten
machten signifikant mehr Fehler
als “labyrinthschlaue” Ratten,
wenn sie in einer reizarmen
Umwelt aufgezogen wurden
• Dieser Unterschied verschwand,
wenn die Tiere in einer
angereicherten Umgebung
aufwuchsen
Gen-Umwelt-Interaktion
 Polymorphismus im Serotonintransporter-Gen interagiert mit Anzahl von
stressreichen Lebensereignissen und Missbrauchserfahrung in Bezug auf
depressive Symptome
“Mischung” von genetischen und Umwelteinflüssen?
 Verbreitete Redeweise:
• „Merkmal X ist zu 60% Ergebnis der Gene und zu 40% durch die Umwelt bedingt“
 Eine Analogie:
• „Der Kuchen ist zu 60% das Ergebnis der Zutaten und zu 40% durch die Hitze im
Backofen bedingt“
 Irreführende Metapher!
 Tatsächlich interagieren Gene und Umweltbedingungen
• Aktivität der Gene wird durch Umwelt moduliert
• Umweltwirkung hängt von Genen ab, die auf Reizbedingungen reagieren
Pinel (2007). © Pearson Studium
Pseudowissenschaftlicher Missbrauch der Evolutionstheorie
 Missbrauch einer pseudowissenschaftlichen Version der Evolutionstheorie in
der Nazidiktatur
• Mit Schlagworten wie „Überleben der Stärksten“ oder „Kampf ums Überleben“
sollten Zwangsterilisation, Völkermord und eine menschenverachtende
rassistische Ideologie („Rassenhygiene“) gerechtfertigt werden
 Derartige Ideologien haben nichts mit der wissenschaftlichen
Evolutionstheorie zu tun und lassen sich nicht aus der Theorie ableiten!
Zentrale Annahmen der modernen evolutionären Psychologie
47
Proximate vs. ultimate Erklärungen
Warum reagieren Lebewesen auf bestimmte Reize so wie sie es tun?
Proximate Erklärungen
 Wie-Fragen:
Ultimate Erklärungen
 Wozu-Fragen:
• Welche Mechanismen liegen einem Verhalten
zugrunde?
• Warum haben sich bestimmte Mechanismen
entwickelt?
• Wie sind diese Mechanismen neuronal
implementiert?
• Welche adaptive Funktion erfüllen diese
Mechanismen?
Warum schnappten Frösche nach kleinen, dunklen, sich bewegenden Objekten in ihrem Blickfeld?
Weil sie über einen neuronalen Reflexmechanismus
verfügen, durch den bestimmte sensorische Muster
mit bestimmten motorischen Aktionen gekoppelt
sind
48
Weil es sich bei den Objekten oft um Insekten handelt,
die dem Frosch als Nahrung dienen und es adaptiv für
Frösche war, einen Mechanismus auszubilden, der das
Einverleiben dieser Objekte vermittelt
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Adaptive Probleme und domänenspezifische Adaptationen
 Reproduktionserfolg eines Individuums hängt davon ab, wie gut es adaptive
Anforderungen bewältigt
• Nahrung finden; Sexualpartner gewinnen; nicht gefressen werden; Krankheiten
und Verletzungen vermeiden; Vertrauenswürdigkeit von Artgenossen
einschätzen; etc.
 Wie gut Individuen adaptive Anforderungen bewältigen, hängt von
körperlichen Merkmalen als auch kognitiven Fähigkeiten und
Verhaltensdispositionen ab (Phänotyp)
 Natürliche Selektion hat zur Evolution angeborener domänenspezifischer
psychischer Mechanismen zur Lösung spezifischer adaptiver Probleme
geführt (Adaptationen)
• Navigation im Raum; giftige Nahrung meiden; Gesichter wiedererkennen;
Vertrauenswürdigkeit von Artgenossen einschätzen; etc.
 Der menschliche Geist besteht aus domänenspezifischen „Modulen“, die zur
Lösung spezieller Probleme evolviert sind
49
Tooby, J., & Cosmides, L. (1992). The psychological foundations of
culture. In Barkow et al. (Ed’s), The Adapted Mind: 19-136.
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Adaptive Probleme und domänenspezifische Adaptationen
Adaptive Anforderungen
• Reproduktionserfolg eines Individuums hängt davon ab, wie gut es adaptive
Anforderungen bewältigt
•
Z.B. Nahrung finden; Sexualpartner gewinnen; nicht gefressen werden;
Krankheiten und Verletzungen vermeiden; etc.
Phänotyp
• Wie gut Individuen adaptive Anforderungen bewältigen, hängt von ihren
körperlichen Merkmalen und ihren kognitiven Fähigkeiten und
Verhaltensdispositionen ab
Adaptationen
• Natürliche Selektion hat zur Evolution angeborener domänenspezifischer
psychischer Mechanismen zur Lösung spezifischer adaptiver Probleme geführt
•
50
Z.B. Navigation im Raum; giftige Nahrung meiden; Gesichter wiedererkennen;
Vertrauenswürdigkeit von Artgenossen einschätzen; etc.
Modularität des Geistes
• Der menschliche Geist besteht aus domänenspezifischen „Modulen“, die zur
Lösung spezieller Probleme evolviert sind
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Adaptive Probleme und domänenspezifische Adaptationen
 Adaptationen sind müssen keine optimalen, sondern lediglich hinreichende
Lösungen für adaptive Probleme sein
 Adaptationen stellen oft Kompromiss zwischen gegensätzlichen adaptiven
Erfordernissen dar
• z.B. großer Körper  Stärke, aber hoher Energieverbrauch
 Merkmale können ihre Funktion im Verlauf der Evolution verändern
• z.B. Federn: vom Schutz vor Kälte oder sozialem Dominanzsignal zum Fliegen?
 Nicht jedes Merkmal ist eine Adaptation
• Merkmale ohne adaptive Funktion können in Population erhalten bleiben, wenn sie
Reproduktionschancen der Individuen nicht reduzieren
 Adaptationen sind nicht immer adaptiv in unserer modernen Welt
• Verhalten, dass an eine bestimmte Umwelt adaptiert ist, muss in einer veränderten
Umwelt nicht länger adaptiv sein!
52
Umwelt der evolutionären Adaptiertheit
(Environment of evolutionary adaptedness)
 Nur in letzten 40.000 Jahren (ca. 1% unserer
Stammesgeschichte) haben Menschen Landwirtschaft
betrieben und in Dörfern/Städten gelebt
 Grundlegende psychische Mechanismen und
Verhaltensdispositionen sind evolviert, um die
adaptiven Probleme eines Jäger/Sammler-Daseins in
den Savannen des Pleistozän zu bewältigen
 Umwelt der evolutionären Adaptiertheit
• nomadische oder semi-nomadische Lebensweise als
Jäger/Sammler
• Geringe Bevölkerungsdichte, kleine auf Verwandtschaft
basierende Gruppen, soziale Konkurrenz & Kooperation
• Hohe Kindersterblichkeit; geringe Lebenserwartung
• Einfache Technologie und Abhängigkeit von natürlicher
Umwelt (Raubtiere, Krankheiten, Wetter)
• Wenig Spielraum für individuellen Lebensstil
53
Tooby, J., & Cosmides, L. (1992). The psychological foundations of
culture. In Barkow et al. (Ed’s), The Adapted Mind: 19-136.
Ultimate adaptive Funktionen müssen nicht bewusst sein
 Motivationale Dispositionen beruhen auf evolvierten psychischen
Mechanismen, die uns bestimmte Dinge erstrebenswert scheinen lassen
 Individuen müssen sich der ultimaten Funktionen dieser Mechanismen nicht
bewusst sein
• Präferenz für süße Speisen
• Attraktivität symmetrischer Gesichter
• Freude über eigene Leistung
• Kooperation
• Präferenzen bei der Partnerwahl
• Angst vor Spinnen
 Um zu verstehen, warum uns Dinge erstrebenswert erscheinen, muss man
die adaptiven Anforderungen („Selektionsdruck“) analysieren, die zur
Evolution spezifischer Motivationssysteme geführt haben
55
Domänenspezifische Mechanismen:
Sozialer Austausch
 Von zentraler Bedeutung für Überleben und Fortpflanzung in der EEA waren soziale
Interaktionen  Evolution spezifischer sozialer Verhaltensdispositionen und
Motivationssysteme
• Sexualpartner finden und gewinnen
• Nachkommen aufziehen
• Verwandte erkennen
• Soziale Beziehungen aufrechterhalten
• Hohen sozialen Status erringen
• Lügner entlarven
• Die eigene Gruppe zusammenhalten
• Bei der Jagd kooperieren; Futter teilen
• Allianzen bilden
56
Überblick und Lernziele
 Natur-Umwelt-Kontroverse
 Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
 Die „Umwelt der evolutionären Angepasstheit“ und domänenspezifische
Adaptationen
 Sexuelle Selektion: Die „sexual strategies theory“
 Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
 Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
60
“the ultimate goal that the mind was designed to attain
is maximizing the number of copies of the genes
that created it”
(Steven Pinker)
61
Sexuelle Selektion
 Evolution von Merkmalen, die ihren Trägern einen Reproduktionsvorteil verschaffen
(im Unterschied zu einem Überlebensvorteil)
 Gene von Individuen, die Nachkommen zeugen, werden sich mit höherer
Wahrscheinlichkeit reproduzieren als Gene von Individuen, die keinen Partner finden
 Wege zur Steigerung des Reproduktionserfolgs
• Intrasexuelle Konkurrenz: Konkurrenten durch Gewalt oder Drohung ausschalten
• Intersexuelle Attraktivität: Eigene Anziehungskraft für das andere Geschlecht steigern
 Gene, die Merkmale kodieren, die ihren Trägern in Bezug auf (1) oder (2) einen
Vorteil verschaffen, werden sich häufiger reproduzieren
62
Sexuelle Selektion und Reproduktionsstrategien:
Warum gibt es Geschlechtsunterschiede?
 Reproduktionsrate = Anzahl von Nachkommen, die innerhalb eines Zeitintervalls
erzeugt werden können
 In Spezies, in denen sich männliche Individuen schneller und häufiger reproduzieren
können als weibliche Individuen, gibt es stets mehr zeugungsfähige männliche als
fruchtbare weibliche Individuen
 männliche Individuen konkurrieren untereinander
 weibliche Individuen wählen aus männlichen Individuen aus
Geschlecht mit hoher Reproduktionsrate
Geschlecht mit niedriger Reproduktionsrate
 sexuelle Selektion fördert Merkmale, die
 sexuelle Selektion fördert Merkmale, die
die Anzahl von Partnern erhöht
die Qualität der Partner erhöht
 Fähigkeit, Konkurrenten durch Gewalt,
Drohung oder höhere Attraktivität
auszustechen
63
 Präferenz für Partner mit
wünschenswerten Merkmalen und
Fähigkeit, diese Merkmale zu erkennen
Clutton-Brock, T.H. & Vincent, A.J.C. (1990). Nature, 351, 58-60.
Sexuelle Selektion
 In vielen (aber nicht allen!) Spezies konkurrieren männliche
Individuen um Zugang zu Sexualpartnern, während weibliche
Individuen Auswahl aus den möglichen Partnern treffen
 Erzeugt Selektionsdruck auf die männlichen Individuen
 Erklärt auffällige körperliche Merkmale bei männlichen Tieren
(die ansonsten oft nur Kosten erzeugen)
 Erklärt aggressive Konkurrenz zwischen Männchen
64
Elterliches Investment und sexuelle Strategien
(Sexual strategies theory)
 Elterliches Investment = Alle Aktionen eines Elternteils, die die Überlebens- und
Reproduktionschancen der eigenen Nachkommen erhöhen
 Minimal notwendiges elterliches Investment (Zeit, Ressourcen) ist bei weiblichen und
männlichen Individuen unterschiedlich
Unterschiedliche minimale elterlichen Investitionen bei Männern und Frauen
Unterschiedliche adaptive Probleme, die Männer und Frauen zur Sicherung ihres
Reproduktionserfolgs bewältigen mussten
Evolution geschlechtsspezifischer Partnerwahlstrategien, -präferenzen und
mechanismen
65
Buss, D.M., & Schmitt, D.P. (1993). Sexual strategies theory: an evolutionary perspective
on human mating. Psychological Review, 100, 204-232.
Symons, D. (1979). The Evolution of Human Sexuality, Oxford University Press.
Trivers, R. L. (1972). Parental investment and sexual selection. In: B.Campbell (Ed.) Sexual
selection and the descent of men: 1871-1971. Chicago: Aldine
Elterliches Investment und sexuelle Strategien
Frauen
 können nur relativ wenige Kinder gebären

(Schwangerschaft; Stillzeit)
 minimal notwendiges elterliches Investment
ist sehr hoch
 steigern Reproduktion ihrer Gene, wenn sie


Partner wählen, die (a) gesunde Kinder
zeugen, (b) Zugang zu wichtigen Ressourcen
haben, (c) in die Kinder investieren
 Intersexuelle Selektion: Evolution von
psychischen Mechanismen zur Selektion
optimaler Partner

Männer
können theoretisch sehr große Zahl von
Nachkommen zeugen
minimal notwendiges elterliches
Investment ist gering
können Reproduktion ihrer Gene steigern,
indem sie möglichst viele Nachkommen
zeugen
Intrasexuelle Konkurrenz: Evolution von
Merkmalen, die Größe, Stärke, Dominanz,
Verlässlichkeit etc. signalisieren
• Minimal notwendiges Investment ≠ tatsächliches Investment!
• Auch für Männer kann sich elterliches Investment für Reproduktion der eigenen Gene lohnen!
• Von allen Säugetieren zeigen männliche Menschen im Mittel das höchste Maß an elterlichem
Investment!
67
Sexual strategies theory
Adaptive Probleme für Frauen und Männer im
Environment of Evolutionary Adaptedness
Reproduktionserfolg von Frauen
 hing von Wahl des richtigen Partners ab (er sollte in
Reproduktionserfolg von Männern

ihr Kind investieren)
 wurde kaum durch größere Anzahl von Partnern

gesteigert
Adaptive Probleme

Partner auswählen, die fähig und willens sind,
Ressourcen für ihre Partnerin und die Kinder
beizusteuern
wurde durch größere Anzahl von Partnerinnen
gesteigert
hing weniger von Wahl des „richtigen“ Partners oder
Investitionen in das Kind ab
Adaptive Probleme


sexuellen Zugang zur fruchtbaren und gesunden
Frauen gewinnen
sicherstellen, dass Kinder wirklich die eigenen sind
Individuen, die diese Probleme besser gelöst haben, hatten Reproduktionsvorteil



68
Evolvierte Präferenz für Partner mit hohem Status u.
Zugang zu Ressourcen
Wählerisches Verhalten: Partner sollte verlässlich,
ambitioniert und guter Vater sein
Bindungsbezogene Eifersucht



Evolvierte Präferenz für gesunde, junge und
fruchtbare Partnerinnen
Wenig wählerisches Verhalten bei kurzfristigen
sexuellen Beziehungen
Intersexuelle Konkurrenz und sexuelle Eifersucht
Überblick und Lernziele




Natur-Umwelt-Kontroverse
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Sexual strategies theory
Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
• I. Kurzfristige Partnerwahl
• II. Langfristige Partnerwahl
• III. Eifersucht
 Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
70
Sexual strategies theory
Partnerwahl: Kurzfristige Beziehungen
 Hypothese: Vorfahren heutiger Männer steigerten Reproduktionserfolg, wenn sie mit
möglichst vielen Partnerinnen Nachkommen zeugten
 (Fragliche) Hintergrundannahme: Vorteile häufigen Partnerwechsels überwog die
Kosten (Geschlechtskrankheiten; geringere Fürsorge und Überlebenschancen für
einzelnes Kind; gewaltsame Konflikte mit anderen Männern)
 Folgerung: Natürliche Selektion sollte Männer favorisiert haben, die
 nach größerer Zahl von Sexualpartnerinnen streben
 wenig wählerisch bei der Wahl kurzfristiger sexueller Beziehungen sind
 neue (unvertraute) Partnerinnen attraktiv finden
71
Buss, D. M. & Schmidt, D. P. (1993). Sexual strategies theory: An evolutionary perspective
on human mating. Psychological Review, 100, 204-232.
Empirische Ergebnisse I
Anzahl gewünschter Sexualpartner bei kurzfristigen Beziehungen
 Männer und Frauen sollten angeben, wie viele Sexualpartner sie innerhalb
einer bestimmten Zeit haben möchten
75
Buss, D. M., & Schmitt, D. P. (1993). Sexual strategies theory: An evolutionary perspective
on human mating. Psychological Review, 100, 204-232.
Empirische Ergebnisse II
Bedeutung der Vertrautheit potentieller Partner bei
kurzfristigen Beziehungen
 Männer und Frauen sollten einschätzen, wie wahrscheinlich sie in Sex mit einer
attraktiven Person des anderen Geschlechts einwilligen würden, die sie
unterschiedlich lange kennen
78
Buss, D. M. & Schmitt, D. P. (1993). Sexual strategies theory: An evolutionary
perspective on human mating. Psychological Review, 100, 204-232.
Empirische Ergebnisse III:
Bereitschaft zu Sex mit Unbekannten
79
Männer
Frauen
Würden Sie heute Abend mit mir
ausgehen?
50%
50%
Würden Sie mich heute Abend in
meiner Wohnung besuchen?
69%
6%
Würden Sie heute Abend mit mir ins
Bett gehen?
75%
0%
Clark, R. & Hatfield, E. (1989). Gender differences in receptivity to
sexual offers. Journal of Psychology and Human Sexuality, 2, 39-55.
Empirische Ergebnisse IV:
Ansprüche an kurzfristige Partner

Collegestudenten sollten angeben, welche minimale Intelligenz sie bei einem (a) gelegentlichen
Sexualpartner und (b) potentiellen Ehepartner voraussetzen würden
70
60
Male
Female
50
40
30
Date
80
Sexual
relation
Steady Marriage
date
partner
Kenrick et al. (1994)
Aber Vorsicht…
 EP interpretiert Geschlechtsunterschiede bei Partnerwahl als Evidenz für
universelle, interkulturell invariante Verhaltensmuster
 Aber:
 Resultate basieren auf subjektiven Aussagen, die tatsächliches Verhalten
spiegeln müssen:
• Soziale Erwünschtheit?
• Falsche Selbsteinschätzung?
• Kulturelle Stereotypen?
82
Überblick und Lernziele




Natur-Umwelt-Kontroverse
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Die Theorie der sexuellen Strategien
Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
• I. Kurzfristige Partnerwahl
• II. Langfristige Partnerwahl
• III. Eifersucht
 Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
83
Geschlechtsunterschiede in Bezug auf wünschenswerte
Merkmale langfristiger Partner
 Merkmale wie Freundlichkeit, Verständnis, Intelligenz werden von Männern und
Frauen gleichermaßen wichtig für langfristige Beziehungen angesehen
 Unabhängig davon gibt es Unterschiede in Präferenzen für bestimmte Merkmale
 Hypothese:
• Frauen haben Mechanismen entwickelt, die es ihnen ermöglichen
herauszufinden, ob Männer über hohen Status/Ressourcen verfügen und bereit
sind, ihre Ressourcen in Nachkommen zu investieren
• Männer haben Mechanismen entwickelt, die es ihnen ermöglichen
herauszufinden, ob Frauen fruchtbar, gesund und treu sind
84
Geschlechtsunterschiede in Bezug auf wünschenswerte
Merkmale langfristiger Partner
 Wiederman (1993) analysierte 1000 Kontaktanzeigen
 Männer: bieten häufiger finanzielle Sicherheit an und suchen attraktive Frauen, die
jünger sind als sie selbst
 Frauen: beschreiben sich häufiger als attraktiv und suchen Männe mit gesichertem
Einkommen, hohem Status, die älter sind als sie
86
Geschlechtsunterschiede in Bezug auf wünschenswerte
Merkmale langfristiger Partner
 Akzeptable Mindestverdienstfähigkeit auf
verschiedenen Ebenen einer Beziehung
 Frauen gehen von wesentlich höheren
Mindeststandards aus, die bei einer
langfristigen Beziehung (Ehe) ihren Höhepunkt
erreichen.
88
D. T. Kenrick, E. K. Sadalla, G. Groth, & M. R. Trost. (1990). Evolution, traits, and the stages of human
courtship: Qualifying the parental investment model. Journal of Personality, 58, 97-116.
Geschlechtsunterschiede in Bezug auf wünschenswerte
Merkmale langfristiger Partner
 Buss (1989) befragte über 10000 Männer und Frauen in 37 Ländern danach, wie wichtig
ihnen bestimmte Eigenschaften eines Partners sind
 Probanden schätzten Wichtigkeit von 18 Eigenschaften auf 4-Punkte-Skala ein
89
Buss, D. M. (1994a). The strategies of human mating. American Scientist, 82, 238-249.
Buss, D. M. (1989). Sex differences in human mate preferences: Evolutionary hypotheses
tested in 37 cultures. Behavioral and Brain Siences, 12, 1 - 49
Interkulturell universelle Partnerwahlstrategien?
Ergebnisse von Buss (1989)
Wichtigkeit guter finanzieller Aussichten bei der Auswahl eines langfristigen Partners
91
Buss, D. M. (1989). Sex differences in human mate preferences: Evolutionary hypotheses
tested in 37 cultures. Behavioral and Brain Siences, 12, 1 - 49
Buss: Evolutionäre Psychologie
Präferenz für gesellschaftlichen Status bei der Auswahl eines langfristigen Partners
92
Buss, D. M. (1989). Sex differences in human mate preferences: Evolutionary hypotheses
tested in 37 cultures. Behavioral and Brain Siences, 12, 1 - 49
Interkulturell universelle Partnerwahlstrategien?
Ergebnisse von Buss (1989)
Wunsch nach physischer Attraktivität bei einem langfristigen Partner
94
Buss, D. M. (1989). Sex differences in human mate preferences: Evolutionary hypotheses
tested in 37 cultures. Behavioral and Brain Siences, 12, 1 - 49
Interkulturell universelle Partnerwahlstrategien?
Ergebnisse von Buss (1989)
 In 36 von 37 Kulturen präferierten Frauen ambitionierte Männer mit gutem
finanziellem Einkommen
 In jeder der untersuchten Kulturen präferierten Männer jüngere Frauen, während
Frauen etwas ältere Männer bevorzugten
 In 27 Ländern waren Frauen überwiegend mit Männern verheiratet, die einige Jahre
älter waren
 In 37 Kulturen wurde physische Attraktivität von Männer als wichtiger bewertet als
von Frauen
 Aber: generell hohe Überlappung der Präferenzen von Männern und Frauen
 Aber: Weder Einkommen noch physische Attraktivität wurden als die wichtigsten
Merkmale betrachtet; beide Geschlechter schätzen Freundlichkeit und Intelligenz als
wichtiger ein
99
Überblick und Lernziele




Natur-Umwelt-Kontroverse
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Die Theorie der sexuellen Strategien
Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
• I. Kurzfristige Partnerwahl
• II. Langfristige Partnerwahl
• III. Eifersucht
 Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
102
Sexual Strategies Theory
Hypothese zur Eifersucht
 Frauen können sicher sein, dass ihre Kinder ihre Gene tragen; Männer nicht
 Für Männer ist Zeit, die sie in elterliche Pflege und Aufzucht investieren,
nicht mehr für Suche nach anderen Partnerinnen verfügbar
 Aus Sicht der Genreproduktion wäre es eine Fehlinvestition, in Kinder zu
investieren, die nicht die eigenen sind
 Die Evolution sollte bei Männer zur Entwicklung von Strategien geführt
haben, die das Risiko weiblicher Untreue reduzieren  sexuelle Eifersucht
104
Sexual Strategies Theory
Hypothese zur Eifersucht
Männer

106
sollten eifersüchtig bei sexueller
Untreue sein und bestrebt sein,
sexuell treue Partnerinnen zu wählen
und Untreue zu unterbinden...
Frauen

sollten eifersüchtig bei emotionaler
Untreue sein und Männer
präferieren, die emotional verlässlich
sind...

weil sexuelle Untreue der Partnerin die
Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der
Mann in Kinder investiert, die nicht
seine eigenen sind

weil emotionale Untreue des Partners
die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die
Frau die Investitionen und den Schutz
des Partners verliert

weil sexuell eifersüchtige Männer mit
höherer Wahrscheinlichkeit in die
eigenen Nachkommen investierten und
sich ihre Gene mit höher
Wahrscheinlichkeit reproduzierten

weil emotional eifersüchtige Frauen mit
größerer Wahrscheinlichkeit ihre Kinder
groß ziehen können, bis diese sich
selbst reproduzieren können
Untersuchung zu Geschlechtsunterschieden
bei der Eifersucht
 Buss et al. (1992) präsentierten Probanden folgendes Szenario:
Please think of a serious committed romantic relationship that you have had in the past, that
you currently have, or that you would like to have. Imagine that you discover that the person
with whom you’ve been seriously involved became interested in someone else. What would
distress or upset you more (please circle only one):
A. Imagining your partner falling in love and forming a deep emotional attachment
to that person
B. Imaging your partner enjoying passionate sexual intercourse with that other
person / trying different sexual positions with that other person.
Buss, D. M., Larsen, R. J., Westen, D., &; Semmelroth, J. (1992). Sex differences in jealousy: Evolution, physiology, and
psychology. Psychological Science, 3, 251-255.
107
Buunk, B. P., Angleitner,A., Oubaid,V., & Buss, D. M. (1996). Sex differences in jealousy in evolutionary and cultural
perspective. Psychological Science, 7, 359–363.
Untersuchung zu Geschlechtsunterschieden
bei der Eifersucht
Prozentsatz von Proband/inn/en, die stärkere
negative Emotionen bei sexueller im Vergleich zu
emotionaler Untreue des Partners angaben
70
60
50
40
Männer
30
Frauen
20
10
0
Sexuelle Untreue Sexuelle Untreue
vs. Emotionale
vs. Liebe
Untreue
108
Buss et al. (1992). Psychological Science, 3, 251-255.
Replikationsstudie
Prozentsatz von Proband/inn/en, die stärkere
negative Emotionen auf vorgestellte sexuelle im
Vergleich zu emotionaler Untreue berichteten
50
40
30
Männer
Frauen
20
10
0
USA
110
Deutschland
Niederlande
Buunk et al. (1996). Science, 7, 359–363.
Physiologische Reaktionen auf vorgestellte sexuelle vs.
emotionale Untreue des Partners
9
Sexuell
Emotional
8
Hautleitwerte
Sexuell
Emotional
1,4
7
1,2
6
1
5
0,8
EDA
5
4,5
4
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
Mimik
EMG
Pulserate
Pulsrate
4
3
Frauen
Emotional
0,6
0,4
2
Männer
Sexuell
1
0,2
0
0
Männer
Frauen
-0,2
Männer
Frauen
Einschränkungen:
• Reaktionen auf vorgestellte Szenarien  generalisierbar auf reale Situationen?
• Befunde konnten nicht immer konsistent repliziert werden
112
Buss et al. (1992). Psychological Science, 3, 251-255.
Überblick und Lernziele





115
Natur-Umwelt-Kontroverse
Grundannahmen der Evolutionären Psychologie
Die Theorie der sexuellen Strategien
Empirische Evidenz: Geschlechtsunterschiede in reproduktiven Strategien
Kritik an evolutionspsychologischen Ansätzen
Kritik an der Evolutionären Psychologie und Fragen zu
Nachdenken
 Wie plausibel sind die Prämissen der Theorie der sexuellen Strategien?
 Tattersall (1998): Fördert es wirklich den Reproduktionserfolg von Männern,
möglichst viele Kinder mit verschiedenen Partnerinnen zu zeugen?
 Reproduktion eigener Gene wird auch gefördert, wenn Männer intensiv in
das Überleben einiger weniger Kinder investieren, da dies die
Reproduktionschancen der Nachkommen erhöht
117
Kritik an der E.P. und Fragen zum Nachdenken
 Hängen sexuelle Strategien von sozialen Bedingungen ab?
 Structural powerless hypothesis (Wiederman & Allgeier, 1992)
• In vielen Gesellschaften sind für Frauen Chancen geringer, Wohlstand über
eigenen Beruf zu erreichen  Präferenz für Männer mit hohem Status
• Je häufigen Frauen in berufliche Positionen mit gesichertem Einkommen und
hohem Status gelangen, umso unwichtiger sollten Einkommen und Status des
Mannes bei der Partnerwahl werden
 Evidenz
• Contra: Einige Studien fanden keinen Zusammenhang zwischen Einkommen von
Frauen und der Bedeutung, die sie dem Einkommen potentieller Partner
beimaßen
• Pro: Eagly & Wood (1999) reanalysierten Daten von Buss (1989) und erhoben
Indikatoren für Einfluss und finanzielle Situation von Frauen  je geringer Machtund Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen, umso geringer
Unterschiede in Partnerwahlpräferenzen
118
Alternative Erklärungen von Geschlechtsunterschieden bei der
Anzahl gewünschter Partner
 Pedersen et al. (2002) untersuchten, wie viele Partner sich Männer und
Frauen idealerweise über bestimmten Zeitraum wünschen
 98.9% der Männer und 99.2% der Frauen gaben an, innerhalb der nächsten 5
Jahre eine dauerhafte, sexuelle exklusive Partnerschaft anzustreben
 Innerhalb dieser Zeit strebte ein großer Teil der Probanden keine
kurzfristigen Beziehungen an
119
Pedersen, W.C., Miller, L.C., Putcha-Bhagavatula, A.D., & Yang, Y. (2002).
Evolved sex differences in the number of partners desired? The long and the
short of it. Psychological Science, 13, 157–161.
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