Analyse des IPCC-Berichts von Greenpeace 27.09.2013

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Analyse des IPCC-Berichts von Greenpeace
27.09.2013
Hamburg 27. September 2013 – Der Klimawandel geht unvermindert weiter. Das ist ein
zentrales Ergebnis des IPCC-Berichtes, der heute in Stockholm vom Weltklimarat
veröffentlicht wurde. Auf über 2000 Seiten haben Wissenschaftler aus aller Welt den Stand
der Klimaforschung zusammengetragen. Das Ergebnis kommentiert und analysiert
Greenpeace Klimaexperte Karsten Smid:
„Wir sind mittendrin im Klimawandel. Das Schmelzen des arktischen Eises, der Anstieg des
Meeresspiegels und die Versauerung der Meere schreiten ungebremst voran. Jedes der drei
letzten Jahrzehnte war wärmer als alle vorangegangenen seit 1850, die Gefahr bleibt akut.
Noch schluckt das Meer einen Großteil der durch CO2 verursachten Temperaturerhöhung.
Das kann die Ruhe vor dem Sturm sein. Wenn das Meer die gespeicherte Hitze wieder abgibt,
werden die Folgen umso heftiger sein.“
Was sind die Aussagen des Weltklimarats (IPCC) im Einzelnen?
Temperaturanstieg:
- Seit 1880 ist eine Erwärmung um ca. 0,85°C zu beobachten. Dieser Wert bezieht
sich auf die weltweiten Durchschnittstemperaturen der Land- und Meeresflächen.
Jedes der letzten drei Jahrzehnte war wärmer als alle vorangegangenen seit 1850. , Die
Erwärmung der Oberflächentemperaturen erfolgt allerdings nicht gleichmäßig, da es
zu Schwankungen kommt, die Jahrzehnte lang andauern. In den letzten 15 Jahren war
die Erwärmung beispielsweise langsamer als der seit 1951 beobachtete Trend. Das
heißt aber nicht, dass der Klimawandel stehengeblieben oder langsamer geworden ist.
- Über die Erwärmung der Erdoberfläche hinaus ist die Erwärmung der Weltmeere ein
weiteres entscheidendes Anzeichen für den Klimawandel. Zwischen 1971 und 2010 ist
mit insgesamt 90 Prozent ein Großteil der Erwärmung des Klimasystems im Meer
gespeichert worden. Die Erwärmung führt aufgrund der Wärmeausdehnung zu einem
Anstieg des Meeresspiegels, und belastet das Leben im Meer – eines der frühen
Anzeichen hierfür ist die massenhafte Korallenbleiche.
- Die künftige Erwärmung wird davon abhängen, wie viele Schadstoffe noch in die
Atmosphäre aufsteigen und wie viele Wälder und andere Pflanzen gerodet werden.
Setzt der Mensch seinen bisherigen Lebensstil fort ( IPCC, RCP8.5-Szenario), könnte
die globale Durchschnittsoberflächentemperatur bis zum Jahr 2100 fast 5 Grad Celcius
über dem vorindustriellen Niveau liegen. Werden ehrgeizige Maßnahmen zur
Emissionssenkung ergriffen (wie in den Auswertungen des IPCC im RCP2.6Szenario), könnte die globale Durchschnittstemperatur mit ziemlicher Sicherheit unter
zwei Grad bleiben und bis zum Jahr 2100 etwa 1.5 Grad erreichen.
Arktis:
- Ein rascher Rückgang des Meereises ist eines der erschreckensten Anzeichen des
Klimawandels in der Arktis. Seit 1978 nimmt die Ausdehnung des Meereises ab und
erreichte im Sommer 2012 ihren niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im
Jahr 1950. Auch die Menge an mehrjährigem Meereis ist gesunken, das heißt das
Meereis wird dünner und das Eisvolumen nimmt ab. Durch diese Veränderungen ist
das Meereis weniger beständig gegenüber der Windeinwirkung.
- Der IPCC berichtet, dass das Grönländische Eisschild im vergangenen Jahrzehnt
(2002-2011) etwa sechsmal schneller an Masse verloren hat, als im vorangegangenen
Jahrzehnt (1992-2001). Auch das Antarktische Eisschild scheint fünf Mal schneller
als zuvor an Masse zu verlieren.
Meeresspiegelanstieg:
- Der globale Meeresspiegel steigt sowohl wegen der Wärmeausdehnung der Meere
als auch dem Abschmelzen von Eis aus Gletschern und Eisschildern. Seit 1901 ist der
Meeresspiegel im Durchschnitt um circa 19 Zentimeter gestiegen, pro Jahr waren das
im Schnitt etwa 1,7 Millimeter . Zwischen 1971 und 2010 lag der Anstieg bei 2,0
Millimeter pro Jahr , zwischen 1993 und 2010 war er allerdings mit 3,2 Millimeter pro
Jahr fast doppelt so hoch (). Selbst wenn zügige Emissionssenkungen umgesetzt
werden, wird der Anstieg in diesem Jahrhundert noch höher sein, als zwischen 1971–
2010.
- Wie schnell und wie stark der Meeresspiegel künftig ansteigen wird, hängt davon ab,
wie zügig und in welchem Umfang wir unsere Emissionen senken. Unter Verwendung
von Modellprognosen würde das Szenario mit den niedrigsten Emissionen (RCP2.6)
bis zum Jahr 2100 einen Anstieg von circa 44 Zentimeter verursachen (mit einer
Spannweite von 27 bis 60 Zentimeter). Beim Szenario der Fortsetzung der bisherigen
Verhaltensweise (RCP8.5), läge der Anstieg circa 66 Prozent höher, nämlich bei 73
Zentimetern (53 – 97 Zentimeter). Die neuen Schätzungen sind höher als im letzten
Teil des IPCC-Berichts (18 bis 59 Zentimeter). Im Gegensatz zu früher wird
berücksichtigt, dass die Grönländischen und Antarktischen Eisschilder rasch
abschmelzen.
Versauerung der Meere:
- Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Aufnahme vom Menschen verursachten CO2
durch die Ozeane zu einer allmählichen Versauerung eben dieser Ozeane führen
wird. Der Säuregehalt der Ozeane ist seit Beginn der Industriellen Revolution um 30
Prozent gestiegen, und die Geschwindigkeit der Versauerung wird in den kommenden
Jahrzehnten zunehmen.
Extreme Wetterbedingungen:
- Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Anzahl der kalten Tage und Nächte auf globaler
Ebene zwischen 1951 und 2010 zurückgegangen ist, und die Anzahl der warmen Tage
und Nächte im selben Zeitraum zugenommen hat.
- Es ist nahezu gewiss, dass es mit steigenden weltweiten Durchschnittstemperaturen
an den meisten Orten sowohl im Tages- als auch im Jahreszeitenverlauf zu mehr
Ereignissen mit extrem hohen Temperaturen und weniger Ereignissen mit extrem
niedrigen Temperaturen kommen wird.
- Es ist nahezu sicher, dass der durchschnittliche globale Niederschlag im Laufe des
kommenden Jahrhunderts zunehmen wird. Das Muster wird von Region zu Region
unterschiedlich sein, im Allgemeinen werden jedoch nasse Orte noch nasser werden,
und trockene noch trockener.
- Neue Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Schlussfolgerungen des vierten
Sachstandsberichts hinsichtlich eines globalen Trends zunehmender Dürren seit den
1970er Jahren nicht mehr bestätigt werden können. Dies liegt daran, dass es an
direkten Beobachtungen fehlt, die abgeleiteten Trends von der Wahl der Kennzahlen
abhingen und dass die Trends geografisch widersprüchlich waren. Damit werden
jedoch wichtige regionale Veränderungen maskiert. So haben die Frequenz und die
Intensität der Dürren im Mittelmeerraum und in Westafrika seit 1950 wahrscheinlich
zugenommen und im zentralen Nordamerika und Nordwestaustralien wahrscheinlich
abgenommen.
- Global gesehen besteht eine niedrige statistische Sicherheit, dass die Veränderungen
bei den tropischen Wirbelstürmen auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen
sind.
Wie sind die Aussagen einzuordnen?
- Der IPCC-Bericht liefert eine Fülle von Daten, die unzweifelhaft die Grundaussagen
zur Erderwärmung untermauern.
- Der fünfte Sachstandsbericht präzisiert die Möglichkeiten und Grenzen der
Klimawissenschaft. Er geht insbesondere auf die Kritik ein, dass die Klimamodelle die
beobachtete Temperaturentwicklung der letzten 15 Jahre nicht richtig wiedergibt.
- In dem Bericht werden Unsicherheiten im Kenntnisstand und noch ausstehende
Fragen stärker als früher hervorgehoben. An den Grundaussagen ändert sich aber
nichts.
Was ist dran an der Kritik des Weltklimarats (IPCC)?
- Der IPCC hat sich zum Trend der globalen Temperaturentwicklung, zu den
Aussagen der Klimamodelle und bei der Frage der Ursachen der Klimaänderungen mit
der Stagnation der Temperatur in den letzten 15 Jahren beschäftigt. In der Folge wurde
die Messgröße für den Einfluss der CO2-Konzentration auf das Klima
(Klimasensitivität) leicht erweitert. Für wahrscheinlich wird jetzt der Bereich
zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celcius erachtet. Im letzten Bericht lag der untere Wert bei
2 Grad.
- Damit ist der IPCC auf seine Kritiker zugegangen und hat jüngste
Veröffentlichungen in seinem Bericht mit berücksichtigt. Zu den Ursachen äußert sich
der Bericht allerdings äußerst zurückhaltend.
Was sind die Schlussfolgerungen, die Greenpeace aus dem Report zieht?
- Der fünfte Bericht ist in seinen Aussagen konservativ und in seinem Tonfall
besonders vorsichtig. Damit reagieren die Klimawissenschaftler auf die Situation, das
Aussagen zum Klimawandel hochgradig politisch aufgeladen sind. In allen Aussagen
zeigt sich, dass es allerdings keinen Grund zur Entwarnung gibt.
- Die Zwei-Grad-Obergrenze, die als politischer Zielwert vom Artikel 2 der UNKlimarahmenkonvention (UNFCCC) nach dem Grundsatz eine „gefährliche
anthropogene Störung des Klimasystems“ zu verhindern abgeleitet worden ist, können
mit einem ambitionierten Treibhausgas-Reduktions- Szenario eingehalten werden.
Wenn das optimistischste Szenario verfolgt wird (das sogenannte RCP2.6-Szenario),
können wir die Erwärmung wahrscheinlich auf unter zwei Grad Celcius beschränken.
Bis zum Jahr 2100 läge der Temperaturanstieg bei nur 1,5 Grad gegenüber dem
vorindustriellen Niveau.
- Eine gefährliche Erwärmung um zwei Grad Celsius noch zu verhindern ist eine
enorme Herausforderung, nicht einfach, aber es ist sowohl technisch als auch
wirtschaftlich möglich.
- Aus den Ergebnissen der Wissenschaftler ergibt sich ein Handlungsauftrag für die
Politik. Der neueste Sachstand der Klimawissenschaft muss dazu genutzt werden,
Bewegung in die internationalen Klimaverhandlungen zu bringen. Dazu gehört eine
Reformierung des europäischen Emissionshandels, genauso wie der Ausstieg aus der
Kohleverstromung.
Quelle: http://www.greenpeace.de.
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