Mythos, Schiffbruch und aktuelle Ereignisse berühren sich in der ,Ode on Medusa’. Théodore Géricaults historisches Gemälde ,Das Floss der Medusa’ wird zum Spiegelbild der Gegenwart. Eine Produktion von Tanz*Hotel, Wien 2016 | www.tanzhotel.at Uraufführung. Dauer 75 Minuten. AUFFÜHRUNGEN Premiere: FR, 11.03.2016, 20.00 Uhr 2. Termin: SA, 12.03.2016, 20.00 Uhr ODEON THEATER 1020 Wien, Taborstraße 10 | www.odeon-theater.at TEAM Performance, Choreografie, Raumbühne: Bert Gstettner Performance, Objekte, Bilder: Hannes Mlenek Komposition, akustische Inszenierung: Günther Rabl Licht: Klaus Greif, Michael Illich | Tontechnik: Klaus Gstettner Staging: Noemi Fischer | Kostüm Supervision: Hanna Adlaoui Mayerl Mitarbeit: Reinhard F. Handl | Stimme auf Band: Lilly Prohaska Hospitanz: Claudia Engel Video und Doku: Ulrich Kaufmann, Sigrid Friedmann Grafik- und Webdesign: Kornelius Tarmann, Judith Rataitz T*H Organisation: Claudia Bürger Produktion: Tanz*Hotel / Art*Act Kunstverein in Kooperation mit Canto Crudo und Hannes Mlenek, Wien 2016. Medienpartner: Parnass Kunstmagazin, derStandard, tanz.at Mit freundlicher Unterstützung: WienKultur, Wien Leopoldstadt, Bildrecht GmbH, Kultur NÖ HERZLICHEN DANK Radha Anjali, Noemi Fischer, Gilbert Handler, Maria Rennhofer, Günter Schönberger, Bernd Uhlig. Bernthaler Weine. Sirene Operntheater. Erwin Piplits und Odeon-Team. Impressum Für den Inhalt und Copyright: Bert Gstettner und Autoren Textauszüge mit freundlicher Genehmigung von Maria Rennhofer Redaktion: Claudia Bürger | Herausgeber: Tanz*Hotel / Art*Act Kunstverein 1020 Wien, Zirkusgasse 35 | + 43 1 6026945 | [email protected] www.tanzhotel.at | www.mlenek.at | www.canto-crudo.com www.lichtlink.com | www.kornelius-tarman.at | www.bildrecht.at | www.odeon-theater.at IM GEDENKEN AN unseren Produktionsfotografen Ernst Grünwald † Dezember 2015 (Fotos für Artist At Resort Term 8-11, Medusa*Expedit, Wild*Things). *) KorneliusTarmann_Design MEDUSA*ODE MEDUSA*ODE MEDUSA*ODE CHOREOGRAFIE BILDER / OBJEKTE Wie schon in der ersten Realisierung Medusa*Expedit (2015), schwingt im Titel des Stücks Medusa*Ode der Bezug zum Aufführungsort mit. Nach der anfänglichen Expedit-ion in der riesigen Halle der ehemaligen Anker Brotfabrik, zeigen wir im magischen Ambiente des Odeon Theaters die ,Ode On Medusa‘. Die aus unterschiedlichen Sparten kommenden Künstler Bert Gstettner (Choreografie, Performance), Hannes Mlenek (Bilder, Performance) und Günther Rabl (Musik, Komposition) setzen ihre jeweiligen Ausdrucksmittel in Beziehung zueinander und geben eine alle Sinne fordernde Performance. Im Mittelpunkt dieser getanzten, gezeichneten und musikalischen Ode steht die Geschichte der wahren Begebenheiten um den Schiffbruch der ,Fregatte Medusa‘ von 1816 vor der Küste von Westafrika und deren malerische Entsprechung und Aufarbeitung im Gemälde des französischen Malers Théodore Géricault ,Das Floß der Medusa‘. Medusa*Ode geht jedoch über den rein geschichtlichen Vorfall hinaus und folgt weiter dem Mythos von Medusa in seine Entstehung hinein, zum Schicksal der schaurigen Gorgone und des mit ihrem schönschrecklichen Erscheinungsbild verbundenen Abwehrzaubers. Medusa*Ode berührt und verbindet so den schicksalhaften Mythos, das systembedingte menschliche Scheitern im historischen Schiffbruch und die gegenwärtigen tragischen Begebenheiten der Flüchtenden übers Meer – mit hoffnungsvollem Ausblick in eine mögliche Zukunft. B.G. Bert Gstettner beschäftigte sich bereits seit mehreren Jahren mit der Thematik von Géricaults Bild. In der intensiven Auseinandersetzung damit packte er weitere Assoziationen von der griechischen Mythologie bis zur indischen Götterwelt in den Plot und erzeugt mit seiner Choreografie ein fantastisches Gesamterlebnis von tänzerischem Ausdruck, Raum, Licht, Klang und Bild. M.R. Hannes Mlenek, zunächst zeichnender und malender Kommentator im Hintergrund, bringt sich mehr und mehr in das szenische Geschehen ein, wird Partner und Gefährte des Tänzers Bert Gstettner. Eine neue Rolle des Malers als Akteur? Nicht unbedingt, denn seine bildnerische Arbeit bewegt sich schon aufgrund der großen Formate immer an der Grenze zur Performance. Ausgangspunkt von Mleneks mehr oder weniger abstrahierenden Aktdarstellungen ist immer der eigene Körper. Der Schritt zum Einsatz dieses eigenen, teilweise entblößten Körpers in einem theatralen Kontext ist also kein allzu großer. Der Dreidimensionalität des Raums entsprechen die aus der Arbeit ‚Impact/Komet‘ hervorgegangenen schwarzen Objekte, die wie Inseln die Spielfläche strukturieren, und das für die Aufführung von Gstettner konstruierte Schiff, das schließlich zum Floß mutiert und zum Symbol des Scheiterns, der Katastrophe und Ausweglosigkeit wird. Die Grenzen zwischen bildender und darstellender Kunst, zwischen Zeichnung und Performance, zwischen der Aktion des Malers und der Bewegung des Tänzers, zwischen Leinwand und Bühne – wo sind sie gezogen? Sind sie überhaupt immer ganz exakt zu ziehen? Was definiert sie, und was lässt sie bisweilen verschwimmen? Fragen, die mitunter der Kunst immanent sind – und die sich dennoch selten so unmittelbar aufdrängen wie in der aktuellen Zusammenarbeit zwischen dem Maler und Zeichner Hannes Mlenek und dem Tänzer und Choreografen Bert Gstettner. Gemeinsam mit dem Komponisten Günther Rabl entstand eine vielschichtige Bühnenarbeit, die zu einem intensiven multimedialen Gesamterlebnis gediehen ist. Das Floß der Medusa: Die Faszination des Grauens, die Mischung aus Tragik und Erotik, Sinnlichkeit und Anklage findet in MEDUSA*ODE ihren zeitgemäßen Ausdruck. Maria Rennhofer Szenenfolge / Musik Prolog Leinwand, Bühne, Projektion / Intermezzo Teil 1 Mythos Medusa / Vanderpol Medusa, Poseidon, Athene, Gorgone, Perseus, Pegasus Teil 2 Fregatte Medusa / Scratch Reise, Wirbel, Stillstand, Sandbank – Erzählung 1, Lamento: O Cessate ... Teil 3 Floß Medusa / Gamma Floßbau – Erzählung 2, In Extremis, Gestrandet Teil 4 Gilead-Meduso / Idylle Verwandlung, Meduso Tanz Meduso-Höhle / Shrutibox – Balm in Gilead Performance unter Einbeziehung von zwei Liedern, ‚O Cessate di Piagarmi‘ (Allessandro Scarlatti, 1660-1775) und ‚There is a Balm in Gilead‘ (trad. African-American Spiritual). Die Textauszüge stammen aus ‚Der Schiffbruch der Fregatte Medusa‘ (Tatsachenbericht von J.B. Heinrich Savigny und Alexander Corrèard, 1816/17). In die Choreografie ist eine Variation der I Liq Chuan Butterfly-Form (Master Sam Chin) sowie eine Variation über die Taiji 32er Schwert Form eingebunden. Die Kostüme und Masken wurden gemeinsam von Devi Saha und Bert Gstettner in der Vorproduktion Medusa*Expedit entwickelt. Die Medusa-Maske ist auf Basis eines Gesichtsabdruckes, hergestellt von Vesna Tusek, entstanden. vorgestern – das haupt der medusa verkörpert das unermessliche grauen, das in sich selbst aufzufinden jede person fürchtet – durch das haupt ist der schauder nach aussen gewendet und dadurch vielleicht im spiegel bannbar. gestern – gericaults besessenheit vom geschundenen körper – die gräuel und die grausamkeiten – brauchen sie darstellung um erträglich/gebannt zu werden? scheinbar braucht es den nach-erzähler des unfassbaren! heute – es geht um diesen moment in dem das monster aus der tiefe aufsteigt, dieses moment einer völligen wehrlosigkeit, wo das denken versagt und die emotionen auch keine akzeptable lösung haben als das bloße überleben, das aber in diesem moment aufs höchste in frage gestellt wird, wo der körper und sämtliche säfte in extremis kochen, da summt es nur mehr unter der schädeldecke, und keiner kann sagen, was jetzt passieren wird. rfh In Anlehnung an die zerschnittenen Segel der berstenden Medusa schlitzt Mlenek Leinwände auf, zerstört und zerschneidet schließlich die Bilder, mit denen er auf seine Weise auf Géricaults Gemälde reagiert. M.R. MUSIK GAMMA – Elektroakustische Komposition in vier Teilen, produziert in Günther Rabls Studio, Heumühle 2014/15. Eine dreiminütige Aufnahme eines Solos der japanischen KotoSpielerin Chieko Mori ist die Basis der gesamten Komposition. (Koto: ein japanisches Saiteninstrument). Mit Ausnahme der ‚Idylle‘ am Ende und dem INTERMEZZO sind alle Teile ausschließlich aus diesem Klangmaterial entwickelt. (IDYLLE - Ein ‚Ständchen‘, die bislang unveröffentlichte Aufnahme einer Session von Chieko Mori: Koto, Michael Galasso: Geige, Frank Colon: Drums, aufgenommen in The Looking Glass Studio, NY, 2001). Während der Arbeit an dem Stück gab es schon die ersten Gespräche mit Bert Gstettner über sein Vorhaben, das ‚Floß der Medusa‘ zum Thema für ein Tanzprojekt zu machen. Obwohl ich nicht direkt darauf Bezug nehme, war es von Anfang an klar, dass das die Musik für das Tanzprojekt wird und die Thematik begleitete mich während der ganzen Arbeit. Für Medusa*Ode ist die Reihenfolge der Teile vertauscht und einige Teile sind, dem Ablauf der Performance angepasst, etwas erweitert und variiert. Günther Rabl