Klinisch-Pathologische Konferenz

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Skript
zu den Veranstaltungen
„Klinisch-Pathologische Konferenz“
Institut für Pathologie 2011
Inhalt
KPK Mamma ………………………………………………………………
3
KPK Entzündliche Lebererkrankung ………………………………….
9
KPK Knochen- und Weichteiltumoren ……………………………….. 14
KPK Entzündliche und vaskuläre Nierenerkrankung ……………… 21
KPK Neuropathologie ……………………………………………………. 27
KPK Lungenerkrankung …………………………………………………. 32
KPK Neoplasien der Cervix ……………………………………………... 41
KPK Lymphknoten- und Hämatopathologie …………………………. 49
KPK Prostata- und Harnblasentumoren …………………………….... 56
2
KPK Mamma
Die Mamma gehört zu den Hautanhangsgebilden und entwickelt sich
geschlechtsabhängig unter Östrogen- und Progesteroneinfluss. Ihre medizinische
Bedeutung besteht vor allem in der häufigen Karzinomentwicklung und den
tumorartigen Veränderungen, die hiervon differentialdiagnostisch abgegrenzt werden
müssen. Die Histopathologie stellt hierbei die entscheidende Untersuchung dar.
Epidemiologie des Mammakarzinoms
Das Mammakarzinom ist in Nordamerika und Europa der häufigste maligne Tumor
der Frau und deren häufigste Krebstodesursache. Die Inzidenz steigt bei sinkender
Mortalität an.
Inzidenz BRD
Anteil an Krebserkrankungen bei
Frauen
Anteil an Krebstodesursachen b.
Frauen
Mittleres Erkrankungsalter
Geographische Verteilung
Inzidenz weiblich : männlich
ca. 55.000/Jahr
ca. 24%
ca. 18%
63 Jahre, selten vor 25. Lebensjahr
Häufig in U.S.A.und Westeuropa,
seltener in Japan und
Entwicklungsländern
> 100 : 1
Ätiologie des Mammakarzinoms
Die Ursachen des humanen Mammakarzinoms sind unbekannt. Es können lediglich
Risikofaktoren benannt werden, wozu in erster Linie eine frühere und längere
Östrogenexposition sowie eine genetische Belastung gehören.
Gesicherte Risikofaktoren
frühe Menarche (vor 12. Lebensjahr)
Mögliche Risikofaktoren
Fettreiche Nahrung (gesättigte
Fettsäuren)
späte Menopause
Fettleibigkeit, besonders im höheren
Alter.
Hormonelle Antikonzeption
späte erste Gravidität (nach dem
30. Lebensjahr)
Postmenopausale Hormonsubstitution
Positive Familienanamnese: mehr als
doppeltes Risiko bei einer an
Mammakarzinom erkrankten
erstgradigen Verwandten, mehr als 5faches Risiko bei zwei Betroffenen. Noch
höher bei bestimmten Keimbahndefekten
(s. Pathogenese)
Bestrahlung
3
Pathogenese des Mammakarzinoms
Das Mammakarzinom entsteht hormonabhängig aus den Epithelien des ductulolobulären Übergangs unter dem Einfluss von Keimbahn- (ca. 10%) und somatischen
Mutationen.
Für die Entstehung der meisten Mammakarzinome sind Östrogen und Progesteron
unverzichtbare Promotoren, 75-80% der Karzinome exprimieren die zugehörigen
nukleären Rezeptoren und ihr Wachstum lässt sich durch Rezeptorantagonisten
(Tamoxifen) oder Hemmer der Hormonsynthese (Aromatasehemmer) inhibieren.
Bei etwa der Hälfte der Fälle von familiären Mammakarzinomen, d.h. ca. 5% aller
Mammakarzinome, liegen bekannte und identifizierbare Keimbahnmutationen vor.
Die häufigsten betreffen DNA-Reparaturgene (BRCAI und II) und erhöhen die
Wahrscheinlichkeit von Mutationsträgerinnen, an einem Karzinom zu erkranken, auf
bis zu 80%. BRCAI assoziierte Mammakarzinome treten gehäuft vor dem 40
Lebensjahr auf, eine Schwangerschaft erhöht anders als beim sporadischen
Karzinom das Risiko und es handelt sich zumeist um wenig differenzierte, triple
negative Karzinome (negativ für Östrogen- und Progesteronrezeptor und Her2).
Familiäre Mammakarzinome insgesamt machen etwa 10% aus.
Somatische Mutationen beim Mammakarzinom treten in großer Anzahl und
unterschiedlicher Kombination auf. Die häufigsten sind:
Inaktivierte
Tumorsuppressorgene
Aktivierte Protoonkogene
CDH-1 Gen auf Chromosom 16q
p53 Gen auf Chromosom 17p
HER2-Gen auf Chr. 17q (amplifiziert)
c-myc Gen auf Chr. 8p (amplifiziert)
Invasive Karzinome entwickeln sich zu einem großen Teil der Fälle aus präinvasiven
in-situ Carcinomen, die zumeist dieselben genetischen Veränderungen aufweisen.
Reine In-situ Karzinome kommen in 10-20% vor (s. histologische Typen).
Pathomorphologie des Mammakarzinoms
Mammakarzinome, die in situ wachsen und nicht invasiv sind, werden nach dem Ort
ihrer bevorzugten Ausbreitung als lobuläre Neoplasie oder als intraductales
Karzinom bezeichnet. Im Gegensatz zu invasiven Karzinomen, die zumeist einen
harten unregelmäßig begrenzten Tastbefund hervorrufen, sind sie nicht tastbar und
nur durch Bildgebung nachzuweisen. Invasive Karzinome können aus In-situ
Karzinomen entstehen oder kombiniert mit ihnen vorkommen, die häufigsten Formen
sind das invasiv ductale (ca.75%) und das lobulär invasive (10-15%)
Mammakarzinom. Zu den häufigsten differentialdiagnostisch abzugrenzenden
benignen Raumforderungen gehören das Fibroadenom und die Mastopathie.
Mammakarzinome weisen sehr unterschiedliche Malignitätspotentiale auf, die man
versucht mit Prognosemarkern zu erfassen.
4
Makroskopie
Häufigste Lokalisation ist der obere äußere Quadrant. Typisch, aber nicht
beweisend, ist ein harter, strahlig begrenzter Knoten. Lobuläre invasive Karzinome
sind gelegentlich schlechter tast- und abgrenzbar. In-situ Karzinome erzeugen i.d.R.
keinen Tastbefund, eventuell sind intraduktale Komedonekrosen als gelbe Stippchen
auf der Schnittfläche sichtbar.
Histopathologie
Mammakarzinome können in situ, invasiv oder in einer Kombination aus beidem
wachsen. Das lobuläre Karzinom weist aufgrund einer somatischen Mutation ein
defektes Adhäsionsmolekül (E-Cadherin) auf, so dass es verstreutzellig ohne
Ausbildung von Epithelverbänden infiltriert.
Präinvasive In-situ Karzinome
Diese sind als Vorstadium eines invasiven Karzinoms aufzufassen, auch wenn nicht
alle In-situ Karzinome in invasive Formen übergehen und bei vielen invasiven
Karzinomen keine In-situ Komponente nachweisbar ist. Es werden die lobuläre
Neoplasie (Carcinoma lobulare in situ) und das intraductale Karzinom voneinander
unterschieden.
Lobuläre Neoplasie
Lobuli bis terminale Gänge
Ausgefüllte Lumina in den normal weiten
bis stark erweiterten Lobuli
Graduierung in LIN1-3
Indikator eines ipsi- und kontralateral 7
bis 12-fach gesteigerten Risikos für
invasive lobuläre und ductale Karzinome
Häufig multizentrisch u. bilateral
Überwachung, Exzision nur in
Ausnahmen
I.d.R. kein Befund in Bildgebung
Intraductales Karzinom
Terminale Gänge, Extension möglich in
Lobuli und in große Gänge, evtl. sogar
Epidermis (M.Paget).
Mikropapilläre, cribriforme oder solide
Epithelproliferate + Nekrosen
Grad 1-3 n. Kerngröße und Nekrosen
Übergang in invasive ductale Carcinome
abhängig von Größe und Kerngrad
Ausbreitung in einem Drüsenlappen
Chirurgische Exzision
Mikrokalk, feinkörnig oder amorph und
gruppiert, amorph und verzweigt
segmental
5
Durch die Einführung des flächendeckenden Mammographie-Screenings wird sich
wahrscheinlich der Anteil reiner In-situ Karzinome von derzeit 5-7% auf bis zu 20%
erhöhen.
Invasive Karzinome
Häufigster histologischer Subtyp ist das invasive nicht weiter spezifizierte Karzinom,
das wegen des vermuteten Ausgangs von terminalen Gängen auch als ductales
Carcinom bezeichnet wird. Alle Mammakarzinome werden in G1 bis G3 graduiert,
wobei Tubulusbildung, nukleäre Pleomorphie und Mitosenfrequenz in einem
Summationsscore berücksichtigt werden, der eine höhere prognostische Relevanz
als der histologische Subtyp besitzt. Wenig Tubulusbildung, hohe Kernpleomorphie
und hohe mitotische Aktivität führen zu einem hohen Grad 3, der eine gesteigerte
Progressionsneigung anzeigt.
Histologischer
Typ
Ductal
Häufigkeit
Wachstumsmuster
Besonderheiten
75%
Drüsig-trabekulär
Lobulär
10%
Verstreutzellig,
Gänsemarsch
Häufiger
multizentrisch,
bilateral
Tubulär
5%
Medullär
<5%
Sehr gute
Prognose
Bessere
Prognose
Muzinös
5%
Papillär
<5%
>90% Tubuli, geringe
Kernpolymorphie
Rein trabekulär, syncytial
ohne Tubuli, hohe
Kernpolymorphie
>75% extrazelluläre
Schleimablagerung
Papillär, intrazystisch
Bessere
Prognose
Sehr gute
Prognose
Metastasierung
Axilläre
Lymphknoten,
Lunge, Leber,
Knochen, ZNS
Axilläre
Lymphknoten,
Pleura, Lunge,
Ovarien, Leber,
Knochen
selten
Wie ductaler
Typ
Wie ductaler
Typ
selten
Alle Karzinome metastasieren zunächst in axilläre Lymphknoten, weswegen neben
der metrischen Tumorgrößenbestimmung deren Untersuchung durch komplette
Dissektion oder als Wächterlymphknoten zu jeder pathologischen Bestimmung des
Ausbreitungsstadiums invasiver Mammakarzinome nach dem TNM-System gehört.
6
Klinische Korrelation
Präinvasive in-situ Karzinome erzeugen i.d.R. keinen Tastbefund, sondern fallen in
der Mammographie durch feinkörnig-gruppierten, amorph-gruppierten oder
amorphsegmental verzweigten Mikrokalk auf. Invasive Karzinome sind als unscharf
begrenzte, derbe Verhärtung tastbar (Ausnahme medulläres Mammacarcinom) und
erzeugen eine sternförmige Läsion im Röntgen mit sonographischer
Schallauslöschung. Lobuläre Karzinome fallen röntgenologisch häufig nur als
Architekturstörung auf.
Differentialdiagnosen
Es gibt eine Reihe von benignen Mammaveränderungen, die zumeist keine
Beschwerden verursachen und deren einziger Krankheitswert darin besteht, dass sie
von einem Mammacarcinom abgegrenzt werden müssen.
- Mastopathie
- intraductale Hyperplasie
- sklerosierende Adenose
- Fibroadenom
- Papillom
- Plasmazellmastitis
Die Mastopathie wird durch eine hormonelle Dysregulation hervorgerufen und geht
mit Zystenbildung, Faservermehrung, intraductaler Hyperplasie und nur gelegentlich
mit Spannungsschmerz einher.
Das Fibroadenom ist die häufigste benigne Neoplasie in der Adoleszenz und bei
jungen Frauen und stellt neben der Mastopathie und dem Karzinom die dritthäufigste
Erkrankung der Brustdrüse überhaupt dar. Fibroadenome sind hormonell induzierte
benigne Tumoren, die vom Epithel und Stroma der terminalen ductulo-lobulären
Einheit ausgehen mit einer epithelialen und mesenchymalen Proliferation.
Fibroadenome werden selten größer als 2 cm. Vom Fibroadenom abzugrenzen ist
der Phylloidestumor, der ebenfalls eine kombiniert mesenchymal-epitheliale
Proliferation darstellt, aber zumeist zellreicher und größer als 3cm ist und ein
malignes Potential besitzt, das im Einzelfall zu bestimmen ist. Papillome entstehen
zumeist mamillennah und gehen häufiger als alle anderen Tumoren mit einer
pathologischen Mamillensekretion einher. Sie sind i.d.R. gutartig, sollten aber
komplett entfernt werden, da in ca. 10% der Fälle atypische Papillome oder In-situ
Karzinome vorkommen.
Prognosefaktoren
Die meisten Mammakarzinome werden zusätzlich zu mit einer Operation (die bei
ungefähr 70% der Patientinnen allein ausreichend wäre) zusätzlich noch („adjuvant“)
medikamentös behandelt. Dabei stehen eine endokrine (Hormonhemmung),
zytostatische und kombiniert endokrine/zytostatische Therapie zur Verfügung.
Maßgeblich für die Entscheidung zur Chemotherapie ist die potentielle Aggressivität
des Tumors. Folgende Tumoreigenschaften beeinflussen wesentlich die
Aggressivität und Progressionsneigung eines Mammacarcinoms:
7
•
•
•
•
•
Tumorgröße
axilläre Lymphknotenmetastasen (pN0/pN1/N2/N3=0/bis 3/bis9/ >10
Lymphknoten)
Histologischer Grad (hoher Grad/Proliferationsaktivität=ungünstig)
Steroidhormonrezeptorexpression (positiv=günstig)
HER2-Amplifikation (amplifiziert=ungünstig)
Die Identifikation weiterer prognostischer Tumormarker, die eine risikoadaptiert
Therapie ermöglichen ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Insbesondere geht
es um die Identifikation der Patientinnen, bei denen auf eine adjuvante
Chemotherapie verzichtet werden kann und die mit einer antihormonellen Therapie
ausreichend behandelt sind. Mehrere Genexpressionsprofile zur Erkennung von
hoch- und niedrigrisikopatientinnen sind zurzeit in der Erprobung.
Bei jedem invasiven Mammakarzinom werden durch die Pathologie folgende
potentielle Zielstrukturen einer medikamentösen Therapie bestimmt:
Molekül
Östrogenrezeptor
Untersuchungsverfahren
Immunhistochemie
Progesteronrezeptor
Immunhistochemie
Human
Epidermal
Growth Factor
Receptor 2
(Her2)
Immunhistochemie,
In-Situ Hybridisierung
Positiv
Negativ
Therapie bei
Positivität
≥ 1% gefärbte
Zellkerne
invasiver
Tumorzellen
<1%
Tamoxifen oder
Aromatasehemmer über
mindestens 5
Jahre
≥ 1% gefärbte
Zellkerne
invasiver
Tumorzellen
≥ 30% stark und
komplett
gefärbte
Membranen
invasiver
Tumorzellen
(3+); ≥ 6 Her2
Gensignale pro
Tumorzellkern
<1%
0 – 1+,
2+ ohne
Amplifikation
Trastuzumab
oder Lapatinib
in Kombination
mit
Chemotherapie
Seltene Tumore
Phyllodestumor
Tumore vom Speicheldrüsentyp
Maligne Lymphome
Sarkome (Angiosarkome)
8
KPK Entzündliche Lebererkrankungen
Entzündliche Lebererkrankungen betreffen entweder das Parenchym (= Hepatitis),
die intrahepatischen bzw. extrahepatischen Gallenwege (= Cholangitis) bzw. die
Gefäße der Leber. Klinische Bedeutung haben vor allen Dingen die ersten beiden
genannten Ursachen. Die durch diese Mechanismen ausgelösten Schäden können
entweder folgenlos ausheilen (restitutio ad integrum) oder bei schweren chronischen
bzw. akuten Schäden zu einem bindegewebigen Leberumbau (Leberzirrhose) mit
Leberinsuffizienz und Ausbildung von venösen Umgehungskreisläufen (Portale
Hypertension) führen. Als auslösende Ursachen sind vor allen Dingen Erreger (Viren,
Bakterien, Parasiten, Pilze) bzw. toxische Faktoren (Alkohol) sowie gestörte
Immunreaktionen zu nennen.
1. Entzündliche Parenchymerkrankungen (akute und chronische Hepatitiden)
1.1 Akute (Virus-) Hepatitis
Die akute Virushepatitis wird vorzugsweise durch klassische Hepatitisviren ausgelöst,
daneben sind EBV-, CMV- bzw. das Gelbfiebervirus von untergeordneter Bedeutung.
Die klassischen Hepatitisviren sind, mit Ausnahme der Hepatitis B, RNA Viren, die
entweder fäkal - oral bzw. durch Blut/Körperflüssigkeiten auf den Menschen
übertragen werden. Die Inkubationszeit bis zum Ausbruch der Erkrankung beträgt
abhängig vom auslösenden Virus zwischen 15 bis etwa 180 Tagen. Die Viren
bestehen, neben in der DNA (Hepatitis B) bzw. RNA hinterlegten Erbinformationen,
aus Oberflächen- bzw. zentralen Anteilen, die als Antigene wirken und aus deren
Persistenz bzw. Elimination neben dem Auftreten spezifischer Antikörper klinische
Rückschlüsse auf die Ausheilung bzw. den Verlauf gezogen werden. Die
morphologischen Veränderungen der einzelnen klassischen Hepatitis Viren ähneln
einander und sind unter Tabelle 1 ausgeführt.
Tabelle 1: Histologische Befunde bei akuter Hepatitis
Parenchym
Portalfeld Mesenchym
Hydropische
Schwellung der
Hepatozyten
Apoptosen ->
Councilman
Bodies
Leberzellnekrosen
Gallethromben in
Canaliculi
Infiltration
Sternzellschwellung
durch
Lymphozyten
und
Histiozyten
Lymphfollikel Sternzellknötchen
Ceroidpigment
Siderinpigment
9
Wesentlich unterscheidet man in der akuten Phase:
1. Parenchymveränderungen, insbesondere:
- läppchenzentral betonte hydropische Schwellungen von Leberzellen (Ballonzellen),
- apoptstisch Leberzelluntergänge mit Ausbildung von Councilman – Körpern,
- wechselnd ausgedehnte konfluierte Leberzellnekrosen
2. bzw. Mesenchymreaktionen mit
- läppchenzentralen lympozytären entzündlichen Infiltraten,
- entzündlichen Infiltraten der Portalfelder bestehend aus Lymphozyten und
Histiozyten mit teils follikelartiger Verdichtung dieser Infiltrate.
Im Unterschied zur chronischen Hepatitis fehlen Nekrosen entlang der Grenzlamelle.
Weiterhin findet sich eine Proliferation der von-Kupffer - Zellen, insbesondere entlang
von Einzelzell- bzw. Nekrosen entlang der konfluierten Nekrosen nach
Abräumungsreaktionen ( Residualknötchen etc.).
Als Folgezustände nach akuter Virushepatitis können im Verlauf gefunden werden:
- eine Ausheilung (restitutio ad integrum)
- entzündliche Residuen, d. h. persistierende Aktivierung der Kupffer-Zellen,
lymphohistiozytiozytäre entzündliche Portalfeld Infiltrate
- eine posthepatitische Hyperbilirubinämie
- eine Fibrose bzw. Zirrhose der Leber
- eine chronische Hepatitis
- ein hepatozelluläres Karzinom
1.2 Chronische Hepatitis
Unter einer Chronischen Hepatitis versteht man eine Leberentzündung, die länger
als sechs Monate anhält und klinische Symptome mehr oder weniger starker
Ausprägung aufweist. Neben den klassischen akuten Hepatitis - Virus Infektionen
(vorzugsweise Hepatitis B, C und D) können chronische Hepatitiden auch durch
Störungen des Immunsystems (Autoimmunhepatitis) bzw. als Folge von
Stoffwechselstörungen (Morbus Wilson, Alpha-1-Antitrypsin-Mangel) bzw. von
Medikamentenüberempfindlichkeiten auftreten. Neben den auf virale Infektionen
zurückzuführenden chronischen Hepatitiden macht die Autoimmunhepatitis einen
Anteil von 5 bis 20 Prozent der chronischen Hepatitiden aus. Sie wird vorzugsweise
bei jüngeren Frauen und nach der Menopause beobachtet. Klinisch ist sie mit dem
Nachweis zirkulierender Auto-Antikörper, z.B. anti- Aktin- Antikörper, antinukleäre
bzw. andere Antikörper assoziiert und es wird vermehrt bei den Patienten ein HLAB8- und -DR3- Status gefunden. Immunologisch lässt sich eine T-Zell-vermittelte
Immunreaktion gegen die hepatozellulären Membranantigene auf Grund eines TSuppressor- Zell- Defektes nachweisen, weiterhin sollen auch Antikörper abhängige
cytotoxische Reaktionen eine Rolle spielen.
Histologisch ist die Autimmunhepatitis, neben einem entzündlichen Infiltrat der
Portalfelder sowie der Lobuli durch Lymphozyten, insbesondere auch durch einen
auffallend vermehrten Nachweis von Plasmazellen gekennzeichnet.
10
2. Alkohol-toxische Hepatitis
Bei der Verstoffwechselung von Alkohol in der Leber kommt es über das
Alkoholabbauprodukt Azetaldehyd zu einer toxischen Entschädigung der Leberzelle
durch Bindung an Phospholipide, Aminosäuren, Hormone, Zellmembranen und
Zellskelettkomponenten. Weiterhin steigert Azetaldehyd die Kollagensynthese,
aktiviert das Komplement-System bzw. die Lipidperoxidation und stört den
mitochondrialen Elektronentransport. Entscheidende Bedeutung bei der Entstehung
entzündlicher Veränderungen haben hierbei reaktive Sauerstoffverbindungen und
verschiedene Zytokine. Die alkoholische Hepatitis stellt hierbei ein Bindeglied
zwischen der reversiblen Fettleber und der irreversiblen Leberzirrhose dar. Die
morphologischen Veränderungen der alkoholische Hepatitis sind in Tabelle 2
ausgeführt.
Tabelle 2: Histologie der alkoholtoxischen Leberschädigung
Fettleber
Alkohol. Hepatitis
Zirrhose
Grobtropfige
Fettvakuolen
Zentral -> diffus
Leberzellnekrosen
Kleinknotiger Umbau
Apoptosen
Maschendrahtfibrose
Resorptionsknötchen, Mallory-Körperchen
Grobtropfige
bestehend aus
Ballonierte Leberzellen Verfettung
1. v. Kupferzellen
2. Histiozyten
3. Lymphozyten
4. Neutroph.
Granulozyten
(Cholestase)
Cholestase
Zentrale Sklerose
Maschendrahtfibrose
Verfettung häufig > 50
% des Parenchyms
3. Entzündliche Gallenwegserkrankungen
Entzündliche Gallenwegserkrankungen können ebenso wie die
Parenchymerkrankungen sowohl akut als auch chronisch bzw. rezidivierend
verlaufen und über eine Zerstörung der Gallengänge zu einem Leberumbau führen.
Die wichtigsten Erkrankungen sind dabei
1. die akute eitrige Cholangitis
2. die primär biliäre Zirrhose (chronische nicht eitrige destruierende Cholangitis,
Autoimmuncholangitis)
3. die sklerosierende Cholangitis.
3.1 Akute Cholangitis
Die akute Cholangitis wird i. d. R. bakteriell ausgelöst, wobei sich die Entzündung
entweder über die Gallengänge aufsteigend oder hämatogen über die Leberarterie
bzw. die Pfortader bzw. lymphogen ausbreitet. Die in den Gallengänge aufsteigende
Infektion wird häufig durch ein tiefsitzendes Galleabflusshindernis im Bereich der
Papille oder des unteren Choledochus ausgelöst.
11
Die Histologie zeigt im Lumen, im Gallengangsepithel bzw. um die Gallengänge
herum neutrophile Granulozyten, in den Portalfeldern findet sich ein Ödem, weiterhin
zeigen sich auch Gallezylinder in den Leberepithelien bzw. bei schweren
Entzündungen unter Beteiligung der großen Gänge Gallezylinder in den
Cholangiolen. Aus langdauernden Verläufen können eine biliäre Fibrose bzw. eine
sekundäre biliäre Leberzirrhose entstehen.
3.2 Primär biliäre Zirrhose (PBC)
Bei der primär biliären Zirrhose handelt es sich um eine chronisch progrediente
destruierende Cholangitis, die, auf Grund einer Zerstörung der intrahepatischen
Gallenwege, schlussendlich zu einer Leberfibrose bzw. Leberzirrhose führten.
Hierbei lassen sich histologisch vier Stadien der Progression unterscheiden (siehe
Tabelle 3). Die überwiegende Zahl der Patienten (95 Prozent) sind Frauen im Alter
zwischen 40 und 60 Jahren, die Erkrankung kommt vorwiegend in den entwickelten
Staaten der Nordhalbkugel vor, in Afrika und Asien ist sie selten.
Die Ätiologie der Erkrankung ist bisher noch nicht vollständig verstanden, es wird
eine autoimmunologisch bedingte Gallengangsdestruktion durch zytotoxische TLymphozyten angenommen. Weiterhin soll auch eine Antikörper- abhängige
zytotoxische Reaktion der Klasse III nach Coombs und Gell beteiligt sein. Bei diesen
Patienten findet sich auch eine atypische Expression von Klasse-I- (HLA-A-, -B,-C)
und Klasse-II (HLA-DR-) Histokompatibilitätsantigenen, die an normalen
Gallengängen nicht nachzuweisen sind und die Ziele der T-Zell Attacken darstellen.
Tabelle 3: Stadien der Entwicklung der Primär biliären Zirrhose (PBC)
Stadium
I
II
III
IV
Fokale Destruktion kleiner bzw. mittlerer Gallengänge
(GG) mit Infiltration der GG durch Lymphozyten
(Lymphoepitheliale Läsion),
entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten, Makrophagen
und Plasmazellen,
häufig epitheloid- und riesenzellhaltige Granulome
zusätzlich Proliferation von Ductuli
Entwicklung einer portalen Fibrose infolge der GGDestruktion und konsekutiven
Leberparenchymschädigung
Zirrhose
12
3.3 Sklerosierende Cholangitis
Unter einer sklerosierenden Cholangitis versteht man eine chronische Entzündung
mit Atrophie, Verschluss und Schwund der intrahepatischen und/oder der
extrahepatischen Gallengänge. Man unterscheidet eine primär-sklerosierende
Cholangitis unbekannter Ätiologie und eine sekundär sklerosierende Cholangitis mit
bekannter Ursache.
Bei der primär sklerosierende Cholangitis sind überwiegend Männer zwischen dem
25. und 50. Lebensjahr betroffen. Es findet sich eine häufige Vergesellschaftung der
Erkrankung mit der Colitis ulcerosa, chronischer Thyreoiditis und
Immundefizienzsyndromen.
Histologisch findet sich in der Leber eine um die Gallengänge liegende Entzündung
mit Lymphozyten, Plasmazellen und vereinzelten neutrophilen und eosinophilen
Granulozyten, die mit einer zunehmenden periductalen Fibrose vergesellschaftet
sind. Die Gallengänge verschwinden schließlich und werden durch Faserstränge
ersetzt. Oberhalb der veränderten Gallengänge resultiert eine mechanische
Cholestase mit Gallengangserweiterung sowie Vermehrung der Cholangiolen und
Ablagerung von Gallethromben in denselben. Als Endstadium resultiert eine biliäre
Zirrhose (s. Tabelle 4).
Tabelle 4: Histologie der sklerosierenden Cholangitiden
¾ Zwiebelschalenartige progressive, destruierende Fibrose um die GG mit
Einengung bzw. Verschluss und Ersatz der Gallengänge durch Faserstränge
¾ Entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten, Plasmazellen und neutro- bzw.
eosinophilen Granulozyten
¾ Proximal von Stenosen Cholestase, Gallethromben, GG-Proliferate in der
Grenzzone
¾ Endstadium biliäre Zirrhose
Die sekundär-sklerosierende Cholangitis zeigt histologisch weitgehend der primär
sklerosierenden Cholangitis entsprechende Veränderungen. Die Erkrankung
resultiert als Folge einer chronischen Galleabflussbehinderung (mechanische
Cholestase) nach bakteriellen Infektionen des Gallengangssystems bzw. mangelnder
Blutversorgung, außerdem wird sie nach Knochenmarkstransplantationen im
Rahmen der Graft vs. Host- Reaktion bzw. nach Abstoßungsreaktionen nach
Lebertransplantationen gefunden. Die Folgezustände entsprechen ebenfalls denen
der primär sklerosierenden Cholangitis.
13
KPK Knochen- und Weichteiltumoren
Einleitung
Sarkome sind maligne Tumoren des Binde- und Stützgewebes, unterschieden wird
dabei zwischen primären Sarkomen des Knochens u. des Weichgewebes.
Hauptvertreter der Knochensarkome sind das Osteosarkom, Chondrosarkom und
Ewingsarkom. Unter dem Begriff der "Weichgewebsarkome" wird eine inhomogene
Gruppe von über 100 unterschiedlichen Tumoren zusammengefasst. Allen Tumoren
ist eine niedrige Inzidenz gemein, weshalb Kenntnisse zu Tumorbiologie, Diagnostik
& Therapie oft nicht ausreichend entwickelt sind. Die Behandlung sollte deshalb
immer in spezialisierten Zentren durchgeführt werden.
Weichteilsarkome
Allgemeines & Epidemiologie
Weichteilsarkome sind eine inhomogene Gruppe von seltenen Tumoren, die aus
Vorläuferzellen des Bindegewebes entstehen. Sie werden nach dem Gewebe
klassifiziert dessen Entwicklung sie rekapitulieren (Muskulatur, Fett, Gefäße, etc.).
Für einige Weichteiltumoren gibt es jedoch keinen (erkennbaren) Bezug zu normalen
ausdifferenzierten Gewebe. Da die meisten gutartigen Weichteiltumoren nicht
reseziert werden, sind genaue Angaben zu ihrer Inzidenz schwierig, jedoch
übertreffen sie maligne Vertreter wohl im Verhältnis 100:1.
Maligne Weichteiltumoren, d.h. Sarkome treten mit einer Inzidenz von jährlich 2-3
Neuerkrankungen je 100000 Einwohner auf, so dass in Deutschland jährlich ca.
2000-3000 Weichteilsarkome neu diagnostiziert werden. Damit machen damit sie
insgesamt nur ca. 1 % aller Tumoren im Erwachsenenalter aus. Die Häufigkeit ist bei
Männern und Frauen ungefähr gleich. Weichgewebsarkome kommen in allen
Altersstufen vor; im Erwachsenenalter bevorzugt vom 45. bis 55. Lebensjahr.
Hinsichtlich der Primärlokalisationen überwiegt die untere Extremität mit 40 %,
gefolgt vom Körperstamm, dem Retroperitoneum, der oberen Extremität und der
Kopf-Hals-Region mit jeweils ca. 15 % der Fälle. Im Kindesalter treten 15% aller
Sarkome auf, hier bestreiten sie die 4. häufigste Erkrankungsgruppe.
Pathogenese
Die Entstehungsursachen sind weitgehend unklar. Es gibt jedoch eine Reihe
bekannter Assoziationen mit vorausgegangener Bestrahlung, chemischer o.
thermischer Verbrennung. Die Mehrzahl der Sarkome tritt sporadisch, d.h. ohne
Assoziation mit einer genetischen Vorbelastung, auf. Die seltenen Syndrome mit
gehäuftem Auftreten von Sarkomen sind die Neurofibromatose (maligner
Nervenscheidentumor), Gardner-Syndrom (Fibromatose), Li-Fraumeni Syndrom (alle
Sarkome), Osler-Weber-Rendu (Teleangiektasie).
14
Prognoseparameter der Sarkome
Zunächst ist ein exaktes Typing wichtig, da die Tumorentitäten oft ein besonderes
biologisches Verhalten aufweisen. Hierzu ist Erfahrung u. der Einsatz spezieller
immunhistochemischer u. molekularbiologischer Verfahren nötig. Daher sollte die
morphologische Diagnostik in der Hand erfahrener Pathologen liegen.
Im Gegensatz zur Situation bei den meisten Karzinomen ist das Grading bei
Sarkomen ein unverzichtbarer Bestandteil der Therapieplanung. Es wird durch eine
Kombination aus Mitosehäufigkeit, Nachweis von Nekrosen u. dem histologischen
Typing erstellt. Hochdifferenzierte Tumoren (G1) sind definitionsgemäß nicht
metastasierungsfähig, können jedoch rezidivieren u. lokal aggressiv wachsen. Gering
differenzierte Tumoren (G3) sind hochaggressiv u. zeigen in bis zu 40%
Fernmetastasen (bes. Lunge). Mäßig differenzierte Sarkome liegen in ihrem
biologischen Verhalten zwischen diesen beiden extremen Ausprägungen.
Die Lage von Sarkomen ist ein wichtiger prognostischer Parameter, da Tumoren in
epifaszialer (d.h. subkutaner) Lage eine wesentlich bessere Prognose als tief
sitzende Tumoren haben.
Wie bei allen malignen Tumoren ist die Beurteilung der Tumorausbreitung für die
Therapieplanung u. Prognose von großer Bedeutung, dabei spielen die Tumorgröße,
Lokalisation, Vorliegen von Metastasen die wichtigste Rolle. Wesentliche
Risikofaktoren (ausgedrückt als relatives Risiko) für das Auftreten von
Tumorkomplikation sind im Folgenden dargestellt.
Ereignis
Parameter
Relatives Risiko
Rezidiv
bereits Rezidiv
Inkomplette Resektion
>50 Jahre
2.0
1.8
1.6
Metastase
G3
subfasziale Lage
Größe >5cm
Leiomyosarkom
4.3
2.5
1.9
1.7
Überleben
G3
subfasziale Lage
Größe >10cm
Inkomplette Resektion
4.0
2.5
2.1
1.7
Diagnostik der Sarkome
Alle Verfahren der modernen bildgebenden Diagnostik werden hier eingesetzt,
speziell die MRT-Diagnostik ist geeignet um die Tumorausdehnung gut zu beurteilen,
die CT-Bildgebung spielt für den Nachweis von Metastasen eine Bedeutung.
Radiologisch kann zur Dignität eine grobe Abschätzung abgegeben werden, eine
genaue Typisierung ist naturgemäß nicht möglich. Hierfür ist die Histologie nötig.
Nachdem früher meist offene Inzisionsbiopsien durchgeführt wurden, ist inzwischen
der Einsatz gering invasiver Punktionsverfahren Standard.
Allgemeine Therapieprinzipien der Sarkome
Für hochdifferenzierte Sarkome ist die Therapie der Wahl die chirurgische Resektion
mit ausreichendem Sicherheitsabstand. Eine Chemotherapie ist aufgrund der
15
fehlenden Metastasierungsfähigkeit kontraindiziert. Eine Bestrahlung kann ggf. zur
Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle (Vermeiden von Rezidiven) eingesetzt
werden.
Für mäßig & gering differenzierte Sarkome gilt auch das Primat der Chirurgie. Hier
wird (fast) regelhaft die Bestrahlung prä- oder postoperativ zur lokalen
Tumorkontrolle eingesetzt. Für die meisten Weichteilsarkome ist ein klarer Benefit
der Patienten durch eine Chemotherapie bei (noch) nicht metastasierten Tumoren
als adjuvante (postoperative) Therapie nicht belegt. Daher wird in der Regel eine
Chemotherapie erst bei rasch progredienten, metastasierten & symptomatischen
Patienten eingesetzt. Für die im Kindesalter auftretenden meist aggressiven
Sarkome gilt dies nicht, hier wird zumeist eine Chemotherapie durchgeführt, mit
hohen Heilungsraten.
Klassifikation der Weichteilsarkome
Grob können Weichteiltumoren in 8 Kategorien eingeteilt werden, die im Folgenden
aufgeführt sind:
- Fettgewebstumoren
Liposarkom
- Fibröse Tumoren
Fibrosarkom
- Fibrohistiozytäre Tumoren:
Malignes fibröses Histiozytom
- Tumoren der Skelettmuskulatur
Rhabdomyosarkom
- Tumoren der glatten Muskulatur
Leiomyosarkom
- Vaskuläre Tumoren
Angiosarkom, Hämangioendotheliom,
Kaposisarkom
- Nerventumoren
Maligner peripherer Nervenscheidentumor
- Tumoren unklarer Histogenese
Synovialzellarkom, Epitheloides Sarkom,
Klarzellsarkom
Für die Diagnostik sind neben dem histologischen Befund, die
Immunphänotypisierung u. zunehmend der Nachweis spezifischer Translokationen
relevant.
Liposarkome
Da eine genauere Darstellung der verschiedenen Weichteilsarkome den Rahmen
dieses Skriptes sprengte, werden hier die lipomatösen Tumoren als häufigste
Weichteiltumoren exemplarisch vorgestellt. Liposarkome sind mit 15% die häufigsten
Sarkome. Ihre Lokalisationsverteilung ist wie folgt:
ƒ untere Extremität 35%
ƒ Stamm / Becken 22%
ƒ obere Extremität 15%
ƒ Retroperitoneum 15%
ƒ Mediastinum
8%
ƒ Samenstrang
5%.
Lipomatöse Tumoren können nach ihrer Dignität u. biologischen Aggressivität wie
folgt gruppiert werden.
Benigne lipomatöse Tumoren
ƒ Lipom
ƒ Lipomatose
ƒ Angiolipom
16
Intermedäre lipomatöse Tumoren (lokal aggressiv)
Atypischer lipomatöser Tumor
Maligne lipomatöse Tumoren
ƒ gut differenziert & dedifferenziert
ƒ myxoid/rundzellig
ƒ pleomorph
Hochdifferenzierte Liposarkome
Hochdifferenzierte Liposarkome sind die häufigsten Sarkome der Extremitäten u. des
Retroperitoneums, sie können in verschiedene histologische Typen unterteilt werden
u. zeichnen sich alle durch eine Amplifikation des MDM2 Genlokus durch die
Ausbildung sog. Ringchromosomen aus, was diagnostisch verwendet wird. Therapie
ist die chirurgische Resektion, da insb. im Peritoneum o. Retroperitoneum eine
vollständige Resektion schwierig ist, sind hier Rezidive häufiger als im Bereich der
Extremitäten. Superfizielle (epifasziale) Tumoren zeigen Rezidive in 15%,
Metastasen und tumorbedingte Todesfälle in <5% sowie eine 5-JÜLZ (%Jahresüberlebenszeit) von 95%. Tiefsitzende Tumoren rezidivieren in bis zu 45%,
metastasieren nicht und führen in 25% zu tumorbedingten Todesfälle bei einer 5JÜLZ von 85%.
Beim Auftreten von Rezidiven kann eine sog. Dedifferenzierung auftreten, d.h.
sowohl morphologisch als auch biologisch entwickelt sich ein aggressiverer Klon, der
auch zur Metastasierung fähig ist. Diese zeigen in 17% Metastasen und in bis zu
41% Rezidive.
Myxoide/Rundzellige Liposarkome
Beide Sarkome zeigen eine leicht differente Morphologie, sind jedoch durch eine
Translokation t12;16 unter Beteiligung des CHOP-Gens gekennzeichnet. Die
Lokalisationsverteilung ist wie oben beschrieben. Als klinische Besonderheit zeigen
Sarkome der Extremitäten hier gehäuft den Nachweis intraperitonealer Metastasen.
Das rundzellige Liposarkom ist aggressiver als die myxoide Variante u. zeigt in bis zu
50% der Fälle Metastasen bei einer 5-JÜLZ von unter 25%.
Dedifferenzierte Liposarkome
Diese Form der Liposarkome entsteht überwiegend sekundär aus gut differenzierten
Liposarkomen. In bis zu 40% der Fälle liegen Metastasen vor bei einer 5-JÜLZ von
75%. Diese Entität ist nur zu diagnostizieren wenn nebeneinander die präexistente
hochdifferenzierte Komponente u. der Dedifferenzierungsanteil vorliegen. Dieser
imponiert meist wie ein undifferenziertes Sarkom.
Pleomorphe Liposarkome
Hierbei handelt es sich um de novo (also ohne Vorläuferläsion) entstandene gering
differenzierte Sarkome mit komplexem Genotyp u. sehr pleomorpher Histologie.
Metastasen liegen in bis zu 40% vor, bei einer 5-JÜLZ von 50%. Dies sind die
seltensten Varianten des Liposarkoms.
17
Knochentumoren
Allgemeines & Epidemiologie
Knochentumoren sind eine sehr heterogene Erkrankungsgruppe, die biologisch von
harmlosen Läsionen bis hochmalignen Tumoren mit hoher Mortalität reichen. Für die
korrekte Diagnostik u. Therapie ist ein interdisziplinärer Ansatz unter Beteiligung der
Radiologie, Orthopädie/Unfallchirurgie, Pathologie u. Strahlentherapie Primäre
Knochentumoren leiten sich von mesenchymalen bzw. neuroektodermalen
Vorläuferzellen ab. Es werden benigne und maligne Knochentumoren unterschieden.
Sowohl hoch als auch niedrig maligne Knochentumoren zeichnen sich durch ein lokal
aggressives, destruierendes Wachstum aus, wobei jedoch auch einige benigne oder
tumorartige Läsionen des Knochens derartige Wuchsformen aufweisen können. Die
Metastasierung dagegen ist ein charakteristisches Merkmal hochmaligner
Knochentumoren. Die WHO listet folgende Läsionen auf.
Maligne Tumoren sind sehr selten und werden pro Jahr ca. 700x in Deutschland
diagnostiziert. Dennoch bestreiten Knochentumoren 4-5% aller malignen Tumoren im
Kindesalter.
18
Diagnostik
Der überwiegende Anteil der gutartigen Knochentumoren ist klinisch stumm. Sie
werden häufig als Zufallsbefund im Rahmen von Diagnostiken anderer Intention
gefunden. Gutartige Tumoren im aggressiven Stadium hingegen ähneln in ihrem
klinischen Beschwerdebild den malignen Tumoren. Die beiden häufigsten primären
Symptome sind der progrediente Schmerz und eine palpable Schwellung.
Typischerweise besteht ein Ruhe- und Belastungsschmerz.
In der Bildgebung sind CT, MRT u. die Szintigraphie als sich ergänzende Verfahren
zu betrachten.
Bei Verdacht auf einen malignen Tumor ist eine bioptische Klärung zwingend
notwendig. Der Inzisionsbiopsie ist bei den Knochentumoren der Vorzug gegenüber
der Stanzbiopsie zu geben. Die Biopsie sollte bereits in einem Zentrum mit Erfahrung
in der Behandlung von Knochentumoren durchgeführt werden, da durch eine falsche
Biopsietechnik die Resektion erschwert oder sogar unmöglich werden kann und das
Risiko eines Lokalrezidivs erhöht ist.
Therapie
Bei Vorliegen eines primären malignen Knochentumors muss die Therapie
interdisziplinär erfolgen. Das Hinzuziehen eines Onkologen nach Sicherung der
Diagnose ist zwingend erforderlich. Abhängig von der Entität und dem Grading
müssen eine neoadjuvante Chemotherapie und eine adjuvante Strahlentherapie
erfolgen. Für einige Entitäten bestehen hier standardisierte
Therapieoptimierungsstudien.
So werden High-grade-Osteosarkome bis einschließlich des 40. Lebensjahrs im
Rahmen des „European and American Osteosarcoma Study Group“-Protokolls
(EURAMOS-1) behandelt. Ewing-Sarkome werden nach dem EURO-E.W.I.N.G.-99Protokoll behandelt. Zwischen dem 40. und 65. Lebensjahr sollten alle hochmalignen
Knochensarkome nach dem Protokoll der „EUROpean-Bone Over 40 Sarcoma
Study“ (EURO-B.O.S.S.) behandelt werden. Die enge Anbindung an einen
Onkologen ist unabdingbar. Durch die interdisziplinäre Behandlung hat sich die
Prognose der malignen Knochentumoren vor allem in Kindesalter in den letzten
30 Jahren signifikant verbessert.
Osteosarkom
Das Osteosarkom ist ein mesenchymaler Tumor mit verschiedenen
Malignitätsgraden, der einen ersten Altersgipfel in der 1. u. 2. Lebensdekade u. eine
zweiten Gipfel in der 6. u. 7. Dekade zeigt. Allen Osteosarkomen gemein ist die
Bildung von Knochen und/oder Osteoid. Die Ätiologie der meisten Osteosarkome ist
unbekannt. Es existiert eine kleine Gruppe sekundärer Osteosarkome auf dem
Boden eines M. Paget, einer fibrösen Dysplasie oder aber einer lokalen Radiatio. Die
wichtigste Unterscheidung für den Kliniker ist die Einteilung in ein Low-grade- oder
High-grade-Osteosarkom.
Das klassische Osteosarkom hat seinen Altergipfel um das 15. Lebensjahr. Das
Osteosarkom ist der häufigste maligne Knochentumor im Kindesalter. Die häufigste
Lokalisation ist die Metaphyse der langen Röhrenknochen (in absteigender
Häufigkeit: distales Femur, proximale Tibia, proximaler Humerus). Das klassische
High-grade-Osteosarkom wird durch Schmerzen und eine lokale Schwellung
auffällig. Pathologische Frakturen sind möglich, jedoch eher selten. Das
konventionelle Röntgenbild ist in der Diagnosestellung richtungsführend. Die typischen Zeichen sind Knochendestruktion, aggressive Periostreaktion (Sunburst,
Lamellen, Codman-Dreieck), Weichteilinfiltration.
19
Das High-grade-Osteosarkom wird neoadjuvant chemotherapiert. Auch wenn im
Staging keine Metastasen nachweisbar sind, liegt in vielen Fällen eine
Mikrometastasierung vor. Nach den ersten Zyklen der Chemotherapie erfolgt die
Operation. Am Operationspräparat kann durch Beurteilung des Ausmaßes der
Regression der Erfolg der Chemotherapie beurteilt werden. Abhängig von diesem
Befund wird die gleiche Chemotherapie fortgesetzt oder eine andere Substanzklasse
gewählt. Nur die Kombination aus neoadjuvanter Chemotherapie und suffizienter
Lokaltherapie hat zu einer signifikanten Verbesserung der
Überlebenswahrscheinlichkeit geführt. Die Strahlentherapie spielt beim Osteosarkom
eine untergeordnete Bedeutung.
Ziel der Lokaltherapie ist die weite bzw. radikale Resektion. Verschiedene
Rekonstruktionsmöglichkeiten des Defekts kommen in Betracht.
Chondrosarkom
Das klassische Chondrosarkom ist der zweithäufigste primäre Knochentumor. Der
Altersgipfel liegt in der 5. bis 6. Lebensdekade. Das Chondrosarkom kann jedoch
selten auch im juvenilen Alter auftreten. Nach der WHO werden 3 Malignitätsgrade
unterschieden. Der klinische Verlauf der verschiedenen Grade differiert erheblich.
G1- und G2-Läsionen zeigen typischerweise einen langen Krankheitsverlauf mit lang
bestehender Schwellung und wenig Schmerzen. Aufgrund des langsamen
asymptomatischen Verlaufs sind „Mega-Tumoren“ hier häufig. Aggressive
Chondrosarkome hingegen zeigen ein rasantes Wachstum und metastasieren früh
und häufig. Prädilektionsstellen des Chondrosarkoms sind das proximale Femur, der
proximale Humerus, das Becken und die Skapula.
Diagnostisch ist das konventionelle Röntgenbild wegweisend. Es finden sich als typische Zeichen der Malignität Knochendestruktion, endostale Einbuchtung und
Kalzifizierungen („rings and arcs“). Die wichtigste Differenzialdiagnose des G1Chondrosarkoms ist das Enchondrom. Bei fehlender Weichteilkomponente ist die CT
der MRT in der Diagnostik überlegen.
Die Behandlung des Chondrosarkoms ist primär chirurgisch. Die (adjuvante)
Strahlentherapie ist lediglich in Ausnahmefällen zu diskutieren. Bisher konnte keine
Studie einen klaren Vorteil für eine neoadjuvante Chemotherapie zeigen. Die
Indikation bei G3-Tumoren ist hier in Absprache mit dem erfahrenen Onkologen sehr
kritisch zu diskutieren. Die klassische Therapie des Chondrosarkoms ist die weite
En-bloc-Resektion. G1-Tumoren können in Abhängigkeit von der Lokalisation jedoch
auch mit guter lokaler Kontrolle intraläsional reseziert werden.
Eine Besonderheit stellt das dedifferenzierte Chondrosarkom dar, welches ca. 10%
aller Chondrosarkome betrifft. Hier handelt es sich um einen Tumor, der zu weiten
Anteilen einem gut bis mäßig differenzierten Chondrosarkom entspricht, jedoch
Anteile eines nichtchondroiden High-grade-Sarkoms (Osteosarkom, Fibrosarkom,
undifferenziertes Sarkom) enthält. Hierbei handelt es sich um einen hoch malignen
Tumor mit sehr schlechter Prognose. Die Patienten werden häufig mit einer
pathologischen Fraktur symptomatisch. Das dedifferenzierte Chondrosarkom entwickelt sich primär aus einem G1-Chondrosarkom oder als Lokalrezidiv eines
resezierten G1-Chondrosarkoms. Die Prognose ist schlecht. Eine (neo)adjuvante
Chemotherapie sollte in Erwägung gezogen werden. Der Nutzen der Chemotherapie
wird jedoch weiterhin kontrovers diskutiert.
20
KPK Entzündliche und vaskuläre Nierenerkrankung
Die folgende Zusammenstellung kann kein Lehrbuch ersetzen sondern kann
nur als Orientierungshilfe und Leitfaden für die vertiefende Lektüre dienen.
Einteilung nicht-neoplastischer Nierenerkrankungen:
•
•
•
Tubulo-interstitielle Erkrankungen
Vaskuläre Erkrankungen
Glomeruläre Erkrankungen
•
•
Primäre nicht-neoplastische Nierenerkrankungen
Beteiligung der Niere bei Systemerkrankungen
Entzündliche interstitielle Nierenerkrankungen:
Eitrige interstitielle Nephritis
• Aszendierte Infektion (Pyelonephritis)
• Septische Herd-Nephritis (sehr selten)
• Malakoplakie
Chronische Entzündungsreaktion mit schaumzelligen Makrophagen, inkomplett
abgebaute Zellwandbestandteile gram-negativer Bakterien (Michaelis-GutmannKörper) bei immuninkompetenten Patienten, imponiert oft als Tumor
Nicht-eitrige interstitielle Nephritis
• Allergische Reaktion auf Medikamente (Antibiotika, NSAID, Paracetamol,
Metamizol, Diuretika, Zytostatika, Lithium,…)
• Viral (Hanta-Virus)
• Chinese-herbs-Nephritis
• Bestrahlungsfolge
Sonderform: Granulomatöse interstitielle Nephritis
Meistens Reaktion auf Medikamente
DD: Infektiös (Tbc!), Sarkoidose
Akute Erkrankungen des Tubulusapparates (akuter Tubulusepithelschaden):
Meistens ischämisch
• Dehydratation
• Hypotension
• Allgemeininfektion/ Sepsis
• Post-/Perioperativ
Toxisch
• Kontrastmittel, Amhotericin B, Aminoglykoside…
• Rhabdomyolyse
• Bestrahlung
21
Vaskuläre Nierenerkrankungen:
Benigne Nephrosklerose (Arteriolosklerose)
• Im Rahmen physiologischer Alterungsprozesse
• Arterieller Hypertonus
• Diabetes mellitus (Diabetische Vaskulopathie)
Thrombotische Mikroangiopathie
Gruppe von Erkrankungen, die mit glomerulären und arteriolären Thromben
einhergehen und auf morphologischer Basis kaum voneinander zu trennen sind
• Typisches Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), früher Diarrhoepositives HUS ausgelöst durch EHEC
• Atypisches HUS, früher Diarrhoe-negatives HUS: Idiopathisch,
genetischer Defekt im Komplementsystem
• Bestrahlungsfolge, unter Chemotherapie, Schwangerschaft,
Fruchtwasseremboliesyndrom, Calcineurininhibitor-Nebenwirkung,
Sepsis/ Schock (DIC)
• Verminderte ADAMTS13-Aktivität (TTP)
• Sogenannte Maligne Nephrosklerose aufgepropft auf einen
bestehenden Hypertonus oder bei Sklerodermie (Sklerodermale renale
Krise)
Cholesterinembolien
Nach Gefäß-chirurgischen Eingriffen, Stent-Anlage, (Coronar)angiographie bei
vorbestehender Atherosklerose
Vaskulitis
Die Vaskulitis der Niere ist eine Glomerulitis (s.u.). Selten Vaskulitis an ArcuataArterien-Ästen (Mikroskopische Polyangiitis, M. Wegener), Beteiligung der
Nierenarterie bei Panarteriitis nodosa möglich (Glomerulitis schließt eine Panarteriitis
nodosa aus)
22
Abb.1: Einteilung der Vaskulitiden
Glomeruläre Erkrankungen:
Einteilung:
• Nach klinischer Symptomatik (nephrotisch, nephritisch, rapid-progressive)
• Primär oder sekundär bei Systemerkrankungen (Hepatitis!, SLE…)
• Ätiologisch (Stoffwechselerkrankungen, Vaskulitis,
Immunkomplexerkrankung…)
• Nach histomorphologischen „patterns“ (s.u.)
Typische nephrotische/ proteinurische glomeruläre Erkrankungen:
• Minimal Change Glomerulopathie (häufigste Ursache des nephrotischen
Syndroms im Kindesalter)
• Fokal segmentale Glomerulosklerose
• Diabetische Glomerulopathie (kann nephrotisch sein)
• Membranöse GN (häufigste Ursache des nephrotischen Syndroms im
Erwachsenenalter)
• Membranoproliferative GN (kann nephrotisch sein)
• Amyloidose
Formen der Proteinurie
• Überlaufproteinurie (z.B. Bence-Jones-Proteinurie (CAVE: negativ im UrinStix), glomerulärer Filter selbst intakt)
• Glomeruläre Proteinurie
ƒ Selektiv (Mikroalbumin: Frühsymptom der diabetischen NP)
ƒ Unselektiv
• Tubuläre Proteinurie
23
Abb. 2
Relative Häufigkeit von nephrotischen/ proteinurischen glomerulären
Erkrankungen
Typische nephritische glomeruläre Erkrankungen:
•
•
•
•
IgA-Glomerulonephritis (häufigste Glomerulonephritis überhaupt)
Postinfektiöse Glomerulonephritis
Halbmondbildende Glomerulonephritiden (im Rahmen einer systemischen
Vaskulitis: M. Wegener, mikroskopische Polyangiitis, Churg-Strauss-Syndrom
oder Anti-Basalmembran-AK-Glomerulonephritis/ Goodpasture-Syndrom)
Membranoproliferative GN (kann nephritisch sein)
„Glomerulopathien“ im Rahmen von Systemerkrankungen
•
•
•
•
•
Vaskulitiden
o Immunkomplexvermittelt (SLE, Purpura Schönlein-Henoch)
o ANCA-assoziiert (Mikroskopische Polyangiitis, M. Wegener, selten
Churg-Strauss-Syndrom)
Paraproteinämien, MGUS und Plasmozytom
ƒ Amyloidose, Cast-Nephropathie Plasmozytomniere,
Leichtkettenglomerulopathie
Autoimmunerkrankungen/ Kollagenosen
ƒ Goodpasture-Syndrom, SLE
Infektionen
ƒ Postinfektiöse Glomerulonephritis
ƒ Amyloidose bei chronischen Infekten
Stoffwechselerkrankungen
24
•
ƒ Diabetes mellitus, Oxalose, Gicht, Morbus Fabry
Genetische vererbbare Erkrankungen
ƒ Alport-Syndrom, Syndrom der dünnen Basalmembranen
(familiäre benigne Hämaturie)
[Amyloidose: Selten familiäre Amyloidose mit Nierenbeteiligung, häufiger im Rahmen
chronischer Infekte (AA-Amyloid) oder MGUS/ Plasmozytom (AL-Amyloid)]
Histomorphologische Einteilung von Glomerulonephritiden:
„Triple“-Diagnostik setzt sich zusammen aus
• Lichtmikroskopie
• Immunhistochemie für Immunglobuline und Komplementspaltprodukte
• Elektronenmikroskopie
Pathogenese glomerulärer Erkrankungen
• Antikörper-Bindung in situ an
ƒ Körpereigene glomeruläre Proteine
ƒ Zuvor abgelagerte Proteine
• Ablagerung von zuvor gebildeten Antigen-Antikörper-Komplexen in
verschiedenen Kompartimenten des Glomerulus (mesangial, subepithelial,
subendothelial)
• ANCA-assoziiert (nicht Immunkomplex-vermittelt „pauci-immun“)
Histomorphologische glomeruläre Reaktionsmuster
•
Mesangioproliferativ
- Mesangiale Zellvermehrung
- Mesangiale Ablagerung von Immunkomplexen
Typischer Vertreter: IgA-Nephritis bzw. Purpura-Schönlein-Henoch als
Systemerkrankung
• Endokapillär proliferativ
„Endokapilläre Zellvermehrung“ durch mesangiale Expansion oder
intrakapilläre Entzündungszellen
Mesangiale und subepitheliale Ablagerung von Immunkomplexen
Typischer Vertreter: Postinfektiöse GN
• Membranoproliferativ (Synonym: Mesangiokapillär)
Mesangiale Zellvermehrung und Basalmembranverbreiterung
Mesangiale und subendotheliale membranöse Ablagerung von
Immunkomplexen
- Primär idiopathisch oder
- Sekundär: Hepatitis B und C, Lymphome, Endokarditis, Kryoglobuline
• Extrakapillär proliferativ
Extrakapilläre Zellvermehrung (Halbmondbildend, nekrotisierend)
Korrelat der Rapid-progressiven GN
25
Typische Vertreter: Nierenbeteiligung bei M. Wegener, Mikroskopische Polyangiitis,
Goodpasture-Syndrom
- Keine Immunkomplexe (ANCA-assoziierte GN)
- Bandförmige IgG-Ablagerungen (Goodpasture)
•
Membranöse GN
Keine Zellvermehrung
Subepitheliale Immunkomplexablagerungen
Primär idiopathisch
Sekundär: Hepatitis B und C, andere Malignome (paraneoplastisch)
Ein SLE kann unter dem Bild jeder der genannten histomorphologischen Muster
imponieren.
Nierenbeteiligung bei Plasmozytom
•
•
•
Plasmozytom-Niere (Syn.: Cast-Nephropathie)
Leichtkettenamyloidose (AL-Amyloidose)
Leichtketten-/ Schwerkettenglomerulopathie (pathologische Ablagerung von
Leichtketten (nicht Amyloid!) in Glomerula, andere Organe können betroffen
sein)
26
KPK Neuropathologie
Epilepsie als Symptom in der
Neuropathologie
Epilepsie = zerebraler Krampfanfall
z
Herdanfall
- Herdförmige EEG-Veränderungen
- Einfach partielle Anfälle, Komplex partielle Anfälle,
Partielle Anfälle mit sekundärer Generalisierung
z
Primär generalisierter Anfall
–
Herdanfall / Fokale Epilepsie
z
Einfach partieller Anfall
–
z
z
z
z
z
z
–
Grand mal / großer Krampfanfall
mit Verlust der Statik
Beginnt mit Initialschrei und Sturz
Tonisches Stadium mit Apnoe
Kurz danach klonisches Stadium
–
–
–
–
Muskel-Zuckung des ganzen Körpers
Speichelschaum, Zungenbiss
Enuresis
>Terminalschlaf
Ohne Verlust der Statik
z
z
z
Epigastrische Aura mit aufsteigendem Wärmegefühl, Übelkeit,
Engegefühl
Sensationen: Geruch, Geschmack, akustisch
Deja-vu
Häufig Bewegungsautomatismen/Stereotypien, z.B. Kauen, Gehen
Langsame Reorientierung
Primär generalisierter Anfall
z
Einfache Absence
Mit Bewustseinsstörungen
z
z
z
keine Bewustseinsstörungen, sensorisch, motorisch, kurze
Dauer
z
z
Primär generalisierter Anfall
Komplex partieller (psychomotorischer) Anfall
–
„diffuse“ EEG-Veränderungen
Sekunden-lange Abwesenheit
Blickstarre
tonische Blickwendung nach oben, Blinzeln
Ursachen
z
Metabolische Störungen
Alkohol
Medikamente, Drogen
– Alkohol-/Medikamenten-/Drogen-Entzug
– Hypocalcämie oder Hypercalcämie
– Hypoglykämie > Diabetes mellitus
– Urämie > Nierenversagen
-> psychogen > Hyperventilation > Alkalose
> psychogen („simuliert“)
–
–
27
Ursachen
z
z
z
z
z
z
Alle primären Hirntumoren + Hirn-Metastasen
Ischämie / Blutung
Perinatale (hypoxische) Hirnschädigung +
Hirnfehlbildungen
Degenerative Hirnerkrankungen > Hippocampus
Post-traumatisch
Meningoencephalitis = entzündlich
Therapie
z
Medikamentöse Anfallsprophylaxe
Serie von generalisierten Anfällen oder
Status epilepticus: akute medikamentöse
Therapie
Nebenwirkungen / Unverträglichkeit
z
Ursachen-Behandlung
z
z
Pathologisch-anatomisch darstellbare
Veränderungen
> Biopsie, Autopsie
z
z
z
z
z
z
z
Alle Hirntumoren + Hirn-Metastasen
Ischämie / Blutung
Perinatale (hypoxische) Hirnschädigung +
Hirnfehlbildungen
Degenerative Hirnerkrankungen > Hippocampus
Post-traumatisch
Meningo-encephalitis = entzündlich
Metabolische Störungen nicht darstellbar
Modellvorstellung > Ursache
z
z
Eine sich ausbreitende unkontrollierte
Nervenzellaktivierung
Genaue molekular-physiologische Ursache
nicht ganz geklärt
Diagnostik
z
z
z
EEG > Hirnströme
MRT, CT, konventionelles Röntgen
Biopsie normalerweise nur, wenn die
Therapie davon abhängt
Graduierung der Gehirntumoren nach WHO
Grad I:
(benigne)
Gut differenziert
kaum proliferative / mitotische Aktivität
verdrängend / nicht-infiltrativ wachsend
Grad II:
(benigne)
Gut - mäßig differenziert
kaum - geringe proliferative / mitotische Aktivität
infiltrativ wachsend - häufig Rezidive
Grad III:
(maligne)
mäßig - gering differenziert
hohe proliferative / mitotische Aktivität
Grad IV:
gering differenziert
(sehr maligne) sehr hohe proliferative / mitotische Aktivität
sehr schneller, fataler Verlauf
28
Neuroepitheliale Tumoren:
Astrogliale Tumoren (häufigste)
Oligodendogliale Tumoren
Ependymale Tumoren
Neuronale Tumoren
Embryonale Tumoren
Gliome
Mischgliome: astroglialer + oligodendroglialer Anteil
> 60 % aller neuroepithelialen Tumoren sind maligne !
Astrogliale Hirntumore:
Diffuses Astrozytom (WHO Grad II)
Anaplastisches Astrozytom (WHO Grad III)
Glioblastoma multiforme (WHO Grad IV)
- Können jeweils de novo entstehen oder durch maligne
Progression ineinander übergehen.
- Unterscheiden sich “nur“ bezüglich der biologischen
Wertigkeit / Malignität.
- Bevorzugte Lokalisation: Großhirn (und hier: Marklager)
Anaplastisches Astrozytom (WHO Grad III)
- Durchschnittsalter bei Erstdiagnose: 45 Jahre
- fast immer Rezidive, häufig maligne Progression
- 5 - Jahres - Überlebensrate etwas höher als beim
Glioblastoma multiforme (WHO Grad IV)
Diffuses Astrozytom (WHO Grad II)
- Durchschnittsalter bei Erstdiagnose: 35 Jahre
- Aufgrund des diffus infiltrierenden Wachstumsmusters fast
immer Rezidive, häufig maligne Progression
Glioblastoma multiforme (WHO Grad IV)
- Häufigster hirneigener Tumor ( 12-15% aller
intrakranieller Tumoren, 60-75% aller astroglialer
Tumoren)
- Durchschnittsalter bei Erstdiagnose: 61 Jahre
- Durchschnittliche Überlebenszeit nach Erstdiagnose: 6
Monate - 1 Jahr; 5 - Jahres-Überlebenrate: < 2%
29
Ursache > Mutationen
z
Wie bei jeder anderen Neoplasie auch
Medulloblastom (WHO Grad IV)
- Häufigster Tumor des Kindesalters
- Durchschnittsalter der Patienten bei Erstdiagnose: 7 Jahre,
nach dem 20. Lebensjahr selten
- Per definitionem: kommt ausschließlich im Kleinhirn vor
Überexpression des mutierten bzw.
funktionslosen p53-Proteins
- Hoch maligne, aber wegen guten Ansprechens auf Chemotherapie/Bestrahlung 5-Jahres-Überlebensrate bei 60-70 %
- Histomorphologie: zelldicht, “klein-, rund- und blauzellig“,
stark verschobene Kern-Plasma-Relation,
sehr hohe Mitoseaktivität.
Ependymom (WHO Grad II)
Gangliogliom (WHO Grad I)
- Auftreten in jedem Alter
- Lokalisation: am häufigsten im Bereich des 4. Ventrikels
und im Rückenmark
- Die meisten Patienten zwischen 10 und 50 Jahre alt bei
Erstdiagnose
- Häufigster neuroepithelialer Tumor im Rückenmark
- Mehr als 70% der Gangliogliome sind temporal gelegen
- Prognose vor allem abhängig von Lokalisation. 10 - Jahres Überlebensrate (Erwachsene): ca. 45%.
- Mit Epilepsie assoziiert
-Histomorphologie: mäßig zelldicht bis zelldicht, ependymale
Differenzierung, charakteristisch: kernfreie perivasale
Manschetten (Pseudorosetten), manchmal auch echte
Rosetten, geringe Mitoseaktivität
- Histomorphologisch: Neuronale Tumorkomponente mit
dysplastischen Ganglienzellen + astrogliale Tumorkomponente,
kaum Mitoseaktivität, verdrängendes Wachstum
- 94 % der Patienten nach 7,5 Jahren rezidivfrei.
30
(Meningotheliomatöses) Meningeom
(WHO Grad I)
- Häufigster intrakranieller Tumor
- Durchschnittsalter bei Erstdiagnose: ca. 60 Jahre
- Von den Meningen ausgehend, verdrängend wachsend
- Durch Bestrahlung induzierbar
- 80 % der Patienten nach Resektion rezidivfrei
Histomorphologie: mäßig zelldicht, meningeal differenziert,
fokal “Lochkerne“, faszikuläre + wirbelförmige Histoarchtikturen, manchmal “zwiebelschalenförmige“ Histoarchitekturen, manchmal Psammonkörperchen, geringe
Mitoseaktivität
Neurinom (Schwannom) (WHO Grad I)
- Patienten aller Altersklassen (nur bei Kindern selten)
- Lokalisation: intrakraniell: meist vom Vestibularisanteil des
VIII. Hirnnerven ausgehend (trotzdem “Akustikusneurinom“);
intraspinal: meist von sensiblen Nervenwurzeln ausgehend
- Multipel auftretend bei Neurofibromatose II
-Sehr selten maligne Entartung, nach Resektion selten Rezidive
-Histomorphologie: mäßig zelldicht, spindelförmige Tumorzellen,
faszikuläre, fokal “fischzugartige“ Histoarchitekturen, geringe
Mitoseaktivität
Klinische Symptome von Hirntumoren
z
Fokal-neurologische Ausfälle:
- motorische und sensible Ausfälle
-
psychische Veränderungen
Sehstörungen
Hörstörungen
Sprachstörungen
z
Krampfanfälle
z
Hirndruckzeichen
–
–
Was sind die lebensverkürzenden
Faktoren?
–
Verdrängung > Hirndruckerhöhung>
Einklemmung + Störung der Blutversorgung
–
Schädigung funktionell wichtiger Areale
–
(Blutungen)
Kopfschmerzen
Erbrechen / Übelkeit
31
KPK Lungenerkrankung
Bronchialkarzinom
Einleitung
Bronchialkarzinome (BC; syn: Lungenkarzinom, bronchiogenes Karzinom,
Lungenkrebs) sind alle vom Lungenparenchym abgeleiteten malignen epithelialen
Tumoren. Das BC ist die häufigste bösartige Erkrankung des Menschen weltweit und
die häufigste onkologische Todesursache (1.4 Mio. Patienten weltweit 2004).
Hauptursache ist das inhalative Tabakrauchen. Jedoch sind auch durch Passivrauch
entstandene BC inzwischen die 6. häufigsten Tumoren weltweit. Daneben gibt es
einige Stoffe, die den Tumor auslösen können (beispielsweise Asbest oder Chrom),
denen man beruflich bedingt ausgesetzt sein kann. Alle anderen Ursachen (wie zum
Beispiel die Belastung durch die Umwelt) treten weit in den Hintergrund. Selbst das
Lungenkrebsrisiko durch das natürlich vorkommende Edelgas Radon ist im Vergleich
zum Tabakrauchen gering.
Symptome der Erkrankung sind spät u. unspezifisch (z.B. chronische Heiserkeit oder
Bluthusten), wenn aber Lungenkrebs frühzeitig entdeckt wird, ergibt sich eine
verbesserte Heilungschance. Derzeit werden für das BC zahlreiche neue &
vielversprechende Therapieverfahren basierend auf molekularen Veränderungen in
Studien überprüft.
Epidemiologie
Die Zahl der Neuerkrankungen/Jahr liegt in Deutschland bei 46.000 (Bundesamt für
Statistik 2005). Die Zahl der Neuerkrankungen weist dabei eine steigende Tendenz
auf, was wesentlich der zunehmenden Inzidenz bei Frauen geschuldet ist (15-20%
aller Krebsneuerkrankungen). Das Verhältnis von erkrankten Männern zu Frauen
liegt noch bei etwa 3:1, wobei es auf Grund der Änderung im weiblichen
Tabakkonsumverhalten immer mehr zu einer Angleichung kommt. Die Inzidenz in
Mitteleuropa beträgt etwa 60 pro 100.000 Einwohner. Nach dem Mammakarzinom,
Prostatakarzinom u. dem kolorektalen Karzinom ist es insgesamt die vierthäufigste
Tumorerkrankung.
Als Ursache von Krebssterbefällen mit rund 40.000 Todesfällen/Jahr liegt es
aufgrund der hohen Mortalität jedoch auf Platz eins (30% aller Krebstodesfälle). Der
Altersgipfel der Erkrankungen liegt um das 60. Lebensjahr. Die durchschnittliche 5Jahres-Überlebensrate aller Stadien kombiniert liegt derzeit bei nur 15%. Die
Lebenserwartung des einzelnen Patienten hängt dabei wesentlich vom Stadium, dem
histologischen Typ, Lebensalter und Allgemeinzustand des Patienten ab.
Ätiologie & Pathogenese
BC entstehen, wie die meisten Karzinome, durch die Kumulation genetischer
Abnormalitäten. Für das Lungenkarzinom ist der wesentlich exogene Auslöser, das
inhalative Zigarettenrauchen gut dokumentiert. Der Rauch enthält etwa 2000 Stoffe,
von denen mindestens 100 krebserregend sind.
87% aller BC treten bei aktiven oder ehemaligen Rauchern auf, dabei sind die Dauer,
die Dosis (Zahl der Zigaretten/Tag) u. die Inhalationstiefe entscheidend. Diese
Risikofaktoren werden oft im Begriff der sog. „pack years“ (Zahl der
Zigarettenpackungen/Tag/Jahr) zusammengefasst. 11% aller „schweren“ Raucher
entwickeln ein Bronchialkarzinom (jedoch praktisch alle eine ausgeprägte
Gefäßerkrankung u. ein Lungenemphysem). Frauen sind gegenüber den inhalativen
Karzinogenen empfindlicher.
Die zweithäufigste Ursache für ein Bronchialkarzinom ist das radioaktive Gas Radon.
In Deutschland gibt es jährlich ca. 1900 Lungenkrebstodesfälle, die auf die Belastung
durch Radon zurückzuführen sind. In einigen Gegenden Deutschlands, u.a. im
32
östlichen Bayern, in Sachsen und Thüringen sowie im Breisgau, wird empfohlen, den
Keller gasdicht zu versiegeln, da durch das Gestein Radon aufsteigt. In der Schweiz
gilt Radon als Verursacher von zehn Prozent aller Bronchialkarzinomfälle. Bei UranBergarbeitern ist Lungenkrebs eine anerkannte Berufskrankheit.
Andere Giftstoffe wie Asbest, Uran, Chrom-Verbindungen, Senfgas, polyzyklische
aromatische Kohlenwasserstoffe und Nickel gelten ebenfalls als karzinogen. Hierbei
erhöht sich das Risiko einer Erkrankung um ein Vielfaches, wenn der Patient
gleichzeitig Raucher ist. Bei Asbestexposition zum Beispiel erhöht sich das
Erkrankungsrisiko von Nichtrauchern um das Fünffache, bei Rauchern um das
Neunzigfache.
Die Zahl der in einem Karzinom nachweisbaren Mutationen liegt bei 10-20 u. ist in
Nichtraucherkarzinomen höher. Neben der Inaktivierung von Suppressorgenen (p53,
RB1, p16) spielt die Aktivierung sog. Onkogene (c-myc, KRAS, EGFR, c-MET,
EML4-ALK) eine entscheidende Rolle in der Karzinogenese. Nach einer in der frühen
Entwicklung gemeinsamen molekularen Onkogenese sind für neuroendokrine
Tumoren und die klassischen NSCLC unterschiedliche Onkogene relevant. .Für das
kleinzellige Bronchialkarzinom sind Mutationen in C-KIT (40-70%), MYCN & MYCL
(20-30%), p53 (90%) u. bcl2 (75-90%) nachgewiesen. Dagegen spielen EGFR (bis
25%), KRAS (25%), p53 50%) u. p16 (70%) beim NSCLC die größte Rolle.
Klinische Symptome
Es gibt keine für Lungentumoren spezifischen Symptome, zusätzlich sind mögliche
Merkmale zumeist Spätsymptome. Zuerst zeigen sich Symptome wie Husten,
Hämoptoe, Schmerzen des Brustkorbes und Atemschwierigkeiten (Dyspnoe), bei
starken Rauchern sind dies selten auffällige oder neue Befunde. Lähmungen der
Atemmuskulatur durch eine Phrenicusparese, Heiserkeit durch eine
Recurrensparese, das Horner-Syndrom (Miosis, Ptosis, Enophtalmus) entstehen
durch direkte Schädigung der Nerven. Teilweise dramatisch kann das Bild einer
oberen Einflussstauung bei zentralem Tumor verlaufen. Bei neuroendokrinen
Tumoren können paraneoplastische Syndrome (Cushing, Lambert-Eaton etc.)
auftreten.
Differentialdiagnosen der klinischen Symptome
Für die 2 wesentlichen klinischen Symptome, Hämoptoe u. Dyspnoe, gibt es eine
Vielzahl von Differentialdiagnosen:
Hämoptoe
- Blutung aus Bronchien und Trachea
ƒ Entzündung: z.B. Bronchitis
ƒ Neoplasie: z.B. Bronchialkarzinom , Metastase
ƒ Bronchiektasen
ƒ Fremdkörperaspiration
- Blutung aus dem Lungenparenchym
ƒ Entzündung: Tuberkulose, Pneumonie
ƒ traumatische Lungenverletzung
ƒ Vaskuläre Ursachen
ƒ Arteriovenöse Malformationen
ƒ Goodpasture-Syndrom
ƒ Lungenembolie
ƒ Pulmonale Hypertonie
ƒ (z.B. bei Herzklappenfehlern, insbesondere Mitralstenose)
33
- Andere Ursachen
ƒ Hämorrhagische Diathese
ƒ Behandlung mit Antikoagulanzien
ƒ Komplikation des Pulmonaliskatheters
ƒ Osler-Syndrom
ƒ Endometriose
ƒ Morbus Wegener
ƒ Systemischer Lupus erythematodes mit Lungenbeteiligung
ƒ Myzetom
Dyspnoe
- Pulmonale Ursachen
ƒ COPD
ƒ Lungenemphysem
ƒ Lungenödem
ƒ Pneumonie
ƒ Atelektasen
ƒ Bronchialkarzinome
ƒ Pleuramesotheliom
ƒ Lymphangiosis carcinomatosa
ƒ Lungenembolie
ƒ Lungenfibrose
ƒ Mukoviszidose
ƒ Pneumothorax
ƒ Pleuraerguss
ƒ Asthma bronchiale
ƒ Trachealstenose
- Kardiale Ursachen
ƒ Herzinsuffizienz
ƒ Herzklappenerkrankungen (beispielsweise Mitralstenose)
ƒ Myokarditis
ƒ Myokardinfarkt
ƒ Perikarderguss
- Skelettale Ursachen
ƒ Spondylitis ankylosans
ƒ Kyphoskoliose
ƒ Thoraxtrauma (z.B. Rippenfraktur oder Rippenprellung)
- Neuromuskuläre Ursachen
ƒ Amyotrophische Lateralsklerose
ƒ Myasthenia gravis
ƒ Poliomyelitis
ƒ Rekurrensparese
ƒ Tumorkachexie
- Psychogene Ursachen
ƒ Depression
ƒ Stresssyndrom
ƒ Angstsyndrome
ƒ Hyperventilation
34
Diagnostik
Am Anfang der Diagnostik steht eine lokale Ausbreitungsdiagnostik durch das CT.
Standard ist heute zum Nachweis/Ausschluss von lymphogenen/hämatogenen
Metastasen ein PET/CET, das durch den Nachweis der Stoffwechselaktivität
sensitiver für den Nachweis von Tumormanifestationen als das reguläre CT ist. Nach
Ausschluss hämatogener Fernmetastasen hängt das weitere Behandlungskonzept
vom Lokalbefund u. insb. dem Vorliegen von mediastinalen Lymphknotenmetastasen
ab. Bei Befall bestimmter mediastinaler Stationen (s.u.) profitieren Patienten nicht
von einer Operation, weshalb präoperativ z.B. durch Mediastinoskopie die LK
untersucht werden müssen.
Klassifikation der Lungenkarzinome
Ein genaues Typing (Festlegen der Tumorklassifikation) ist heute für die
Behandlungsplanung wichtig, da verschiedene Typen des BC einer
unterschiedlichen Behandlung zugeführt werden. Die wesentlichen histologischen
Typen sind:
Adenokarzinom (Männer 37%, Frauen 47%), Plattenepithelkarzinom (Männer 32%,
Frauen 25%), Kleinzelliges Karzinom (Männer 14%, Frauen 18%), Großzelliges
Karzinom (Männer 18%, Frauen 10%).
Die Inzidenz des Adenokarzinoms nimmt dabei durch veränderte
Rauchgewohnheiten bei allen Geschlechtern zu (Filterzigaretten, niedrige Teer- u.
Kondensatwerte mit tieferer Inhalation).
Maligne Lungentumoren sind in ca. 10% heterogen zusammengesetzt, d.h. bei
ausreichendem Sampling sind häufig Tumoranteile verschiedener Differenzierung
darzustellen.
Aufgrund der schlechten Prognose und Operabilität kleinzelliger neuroendokriner
Tumoren hat sich in der Klinik eine Aufteilung in klein- und nicht kleinzellige Tumoren
etabliert. Da es eine Reihe kleinzelliger nicht neuroendokriner Tumoren und
großzelliger neuroendokriner Tumoren gibt, erscheint diese Aufteilung unkorrekt und
missverständlich und sollte deshalb vermieden werden. Dennoch ist der Begriff des
nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) fest im klinischen Alltag etabliert.
Sinnvollerweise sollte zwischen neuroendokrinen Tumoren, Tumoren mit
neuroendokriner Differenzierung und nicht neuroendokrinen Tumoren unterschieden
werden (Definitionen im Abschnitt neuroendokrine Tumoren).
Problematik des Typing in der Biopsie
Das Typing von Bronchialkarzinomen ist eine wichtige Grundlage der
Therapieplanung und ein etablierter Prognosefaktor. Im Gegensatz zu den meisten
anderen soliden Organtumoren kann nur bei 30% der Patienten eine Tumorresektion
durchgeführt werden (s.u.), weshalb die Biopsie bei der Mehrzahl der Patienten
wesentliche u. einzige Grundlage der Diagnose ist. Das Typing an der Biopsie weist
einige Besonderheiten auf:
ƒ die etablierten Definitionen der WHO-Klassifikation (1981, 1999 u. zuletzt
2004) basieren (fast) ausschließlich auf der Grundlage konventionell
morphologischer Färbungen, d.h. die Immunhistochemie wird dabei nicht
einbezogen,
ƒ einzelne Entitäten (Großzelliges Karzinom) sind durch Ausschlusskriterien
definiert,
ƒ in bis zu 80% der Patienten mit einem Bronchialkarzinom steht ausschließlich
bioptisch oder zytologisch gewonnenes Material für die Tumordiagnostik zur
Verfügung, da ein resezierendes Verfahren klinisch nicht in Betracht kommt,
ƒ oft nur kleine Biopsiegröße,
35
morphologische Heterogenität der Lungentumoren, die in bis zu 10% aus
mehreren histologischen Komponenten bestehen, eine adenosquamöse
Mischdifferenzierung ist dabei die häufigste Form,
ƒ Gestaltwandel des Tumors unter Chemotherapie,
ƒ Interobservervariabilität aufgrund unterschiedlich angewandter Kriterien in der
Diagnostik.
Zusammenfassend ist speziell in der bioptischen Diagnostik eine morphologische
Grauzone vorhanden, aufgrund der teils nur herdförmig entwickelten definierenden
Merkmale der Entitäten.
ƒ
Neuroendokrine Tumoren der Lunge
Neuroendokrine Tumoren der Lunge stellen ein Spektrum dar, das von den gut
differenzierten, niedrig malignen Karzinoiden bis zu den gering differenzierten,
hochmalignen kleinzelligen neuroendokrinen Karzinomen reicht. Dabei gibt es jedoch
keine Übergänge zwischen den gut u. den schlecht differenzierten Vertretern, die
formale Pathogenese dieser Erkrankungen ist völlig different. Die Klassifikation
innerhalb dieser Gruppe erfolgt nach Architektur, Zellbild, Nachweis von Nekrosen
und mitotischer Aktivität.
Karzinoide sind nicht mit dem Rauchen-assoziierte Tumoren i.d.R. guter Prognose,
die zentral, häufig submukös im Bronchussystem auftreten. Der Altersgipfel liegt im
4.-5- Lebensjahrzehnt. Therapie der Wahl ist die Resektion.
Dagegen sind kleinzellige u. großzellige neuroendokrine Tumoren hochaggressive
Karzinome, die praktisch immer mit dem Rauchen assoziiert sind u. nur ein mittleres
Überleben von 6 Monaten nach Diagnose zeigen. Bereits zum Diagnosezeitpunkt
sind diese häufig metastasiert mit bevorzugter Lokalisation der Metastasen in
Knochen, Gehirn u. Leber. Therapie der Wahl ist die kombinierte
Radiochemotherapie, eine Resektion ist nur im Intervall bei guter Tumorkontrolle ggf.
möglich.
Die folgende Tabelle gibt die wesentlichen morphologischen Kriterien zur
Abgrenzung der Tumoren wieder.
Gut differenzierter neuroendokriner Tumor (typisches Karzinoid)
Karzinoidmorphologie und
>0,5cm und
<2 Mitosen/10HPF und
keine Nekrose
Gut differenziertes neuroendokrines Karzinom (atypisches Karzinoid)
Karzinoidmorphologie und
Herdförmige Nekrosen oder
2-10/Mitosen/10HPF
Gering differenziertes neuroendokrines Karzinom
• Kleinzelliger Typ
- kleinzelliger Tumor (<3 Lymphozytenkerne)
- wenig Zytoplasma
- feingranuläres Chromatin
- fehlende oder wenig prominente Nukleolen
- ≥11 Mitosen/10HPF
- Nekrosen
• Großzelliger Typ
- neuroendokrine Morphologie (Rosetten, Trabekel)
- ≥11 Mitosen/10HPF
36
- großzelliger Tumor (>3 Lymphozytenkerne) mit vesikulären Kernen mit meist
prominenten Nukleolen
- Nekrosen
• neuroendokriner Immunphänotyp (mindestens 1 Marker zusätzlich zu NSE
und/oder elektronenmikroskopischer Nachweis sekretorischer Granula)
Plattenepithelkarzinom
Das Plattenepithelkarzinom ist typischerweise ein Raucherkarzinom und entsteht
zentral im Bronchialsystem über eine Vorläuferläsion, die Plattenepithelmetaplasie
mit Dysplasie. Es kann polypös in das Bronchiallumen oder breit invasiv in das
Parenchym wachsen. Zentral kann es zu Nekrosen mit Kavitation u. Einblutungen
kommen. Bevorzugte Orte der Metastasierung sind die Lunge, Nebennieren Gehirn
u. Knochen. Die wesentlichen histologischen, diagnostischen Kriterien sind im
Folgenden aufgeführt.
Histologische Kriterien:
Interzelluläre Brückenbildung
Keratinisierung
Immunhistologie: Positiv: CK5/6 +++, Vimentin +, Desmin, +, CEA, +, HMFG-2 +,
S-100 +, CD15 +, Synaptophysin +
Allgemeine DD:
floride Plattenepithelmetaplasie (Infarkt, Alveolarwandschaden)
postinflammatorische Metaplasie
Papillome, Condylome
Adenokarzinom
Das Adenokarzinom war bis vor 15 Jahren das klassische Karzinom des
Nichtrauchers. Durch geänderte Rauchgewohnheiten (s.o.) nimmt es auch unter
Rauchern inzwischen deutlich zu. Die Tumoren sind häufiger peripher in der Lunge,
kleiner u. metastasieren früher u. ausgedehnter als Plattenepithelkarzinome.
Für über 50% der Adenokarzinome ist die wesentliche aktivierende Mutation
inzwischen bekannt. 30-35% der Tumoren zeigen eine KRAS-Mutation, 10-15% eine
EGFR Mutation u. jeweils 2-5% eine Mutation der Onkogene BRAF, EML4-ALK.
Diese Mutationen ereignen sich früh in der Karzinogenese und sind gegenseitig
exklusiv, d.h. in der Regel kann nur eine dieser Mutationen auftreten. Inzwischen
sind für Patienten mit einer aktivierenden Mutation von EML4-ALK u. EGFR
spezifische Kinaseinhibitoren verfügbar, die (zumindest für 1-2 Jahre) auch bei
fortgeschrittener Erkrankung klinisch ein gutes Ansprechen zeigen. Deshalb ist eine
Testung auf die genannten Mutationen inzwischen im klinischen Alltag fest verankert.
Eine Mutationsfrequenz von 2-3% mag sich zunächst unbedeutend anhören,
aufgrund der hohen Zahl an Neuerkrankungen bedeutet dies jedoch, dass z.B.
jährlich in Deutschland 1500 Adenokarzinome mit EML4-ALK Translokation neu
auftreten. Dies entspricht z.B. der Zahl an Patienten mit neu aufgetretenem M,
Hodgkin. Aufgrund des guten klinischen Ansprechens der neuen Therapeutika ist
eine Testung auch für niederfrequent auftretende Mutationen lohnend.
Die wesentlichen histologischen Kriterien sind im Folgenden aufgeführt.
Histologische Kriterien:
- Glanduläres Muster: papillär oder azinär
- Solides Muster mit Schleimnachweis
- Mucinablagerung (PAS n. Diastase, Mucicarmin,
Alcianblau):
- intra- oder extrazelluläre Lumina
- diffus zytoplasmatisch
Immunhistologie: Positiv: CK7 +++, Vimentin +, Desmin, +, TTF-1 +, CEA, ++,
HMFG-2 +, S-100 +, CD15 +, Synaptophysin -/+
Negativ: CK20, bcl-2, ER7PR, S-100, CA19-9
37
Histologische Subtypen:
- Azinär
azinäre und tubuläre Proliferate aus schleimbildenden atypischen Epithelien oft an
Bronchialdrüsen erinnernd
- Papillär
- Solides Adenokarzinom mit Schleimbildung
- Bronchioloalveoläres Karzinom
Wachstum kolumnärer Epithelien auf präexistenten Alveolarwänden, d.h.
Lungenstruktur ist erhalten ohne Infiltration
- keine anderweitige Differenzierung erlaubt
- teils papilläres Wachstum
Allgemeine DD:
- florider Alveolarwandschaden
- Radio-Chemotherapie-Effekt
- Reaktive Atypie bei inflammatorischen Prozessen
- Benigne Tumoren mit glandulären Merkmalen:
- Sklerosierendes Hämangiom
- Alveoläres Adenom
- Bronchioalveoläres Adenom
- Metastasen (siehe Metastasen)
- Diffuses Mesotheliom
Großzelliges Karzinom
Das großzellige Karzinom ist im Wesentlichen keine molekular selbstständige
Tumorgruppe, sondern ein Sammelbecken schlecht differenzierter Karzinome, die
keine eindeutigen plattenepithelialen oder adenoiden Merkmale mehr tragen. Daher
ist es eine Ausschlussdiagnose, die an der kleinen Biopsie nicht zuverlässig gestellt
werden kann. Die wesentlichen Kriterien sind:
- Ultrastrukturell:
¾ aller großzelligen Karzinome zeigen ultrastrukturell
plattenepitheliale (Desmosomen, Tonofilamente), adenoide (Lumina, Mikrovilli, tight
junctions) oder neuroendokrine (Sekretgranula) Differenzierungen.
- Histologische Kriterien: - großzellig (>33µm = 3 Lymphozytendurchmesser)
- vesikuläre Kerne mit prominenten Nukleolen
- zytoplasmareich
- distinkte Zellgrenzen
- Immunhistologie: Positiv: PanCK +++, EMA ++, CEA ++, Vimentin ++, NSE +,
CD15 -/+, Synaptophysin -/+, Chromogranin -/+, Bombesin -/+.
Je diskohäsiver das Wachstum, desto eher keine Expression epithelialer Marker
30% aller Fälle sind ohne immunhistochemische Differenzierungsmarker
Stadien des NSCLC
Grundlage für die Einteilung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs in Tumorstadien ist
die sogenannte TNM-Klassifikation. Hierbei werden berücksichtigt:
- die Größe des Tumors bzw. seine Ausdehnung in der Lunge (T)
- ein möglicher Befall von Lymphknoten (Nodi lymphatici) (N)
- das eventuelle Vorhandensein von Metastasen in anderen Organen (M).
Diese Parameter werden im sog. klinischen Stadium zusammengefasst. So sind für
das T-Stadium die Tumorgröße u. der Bezug zur Pleura u. dem Hauptbronchus die
Hauptdeterminanten. Für das N-Stadium ist der Befall hoch- u. tief mediastinaler LKGruppen von besonderer Bedeutung. Der Befall dieser LK-Gruppen entspricht einem
N2-Stadium u. wird in der Regel mit einer Inoperabilität gleichgesetzt. Details sind
z.B. auf www.lungenkrebs.de nachzulesen.
38
Übersicht der Stadien & Therapien des NSCLC
Die an die Stadien der Erkrankung angepasste Behandlung wird im Folgenden
tabellarisch wiedergegeben (modifiziert n. Wikipedia):
Bezeichnung Stadieneinteilung Therapieoptionen/Standardbehandlungen
NSCLC
Stadium I
NSCLC
Stadium II
NSCLC
Stadium IIIA
NSCLC
Stadium IIIB
T1, N0, M0 = IA
T2, N0, M0 = IB
1. Anatomisch korrekte Lobektomie.
2. Strahlentherapie in kurativer Intention (für
potentiell resektable Patienten mit
medizinischen Kontraindikationen für eine
Resektion).
3. Klinische Studien zur adjuvanten
Chemotherapie nach Resektion.
4. Studien zur adjuvanten Chemoprävention.
5. Endoskopische photodynamische Therapie
(derzeit in klinischer Prüfung; besonders
geeignet für ausgewählte Patienten im
Stadium T1, N0, M0, keine
Standardtherapie).
T1, N1, M0
T2, N1, M0
T3, N0, M0
1. Lobektomie; Pneumonektomie oder
segmentale, Keil-, oder
Manschettenresektion je nach Einschätzung
der Chirurgen.
2. Strahlentherapie in kurativer Absicht (für
potentiell operable Patienten, die
medizinische Kontraindikationen gegen eine
Operation aufweisen).
3. Klinische Studien zur adjuvanten
Chemotherapie mit oder ohne andere
Behandlungsarten (Chemo-,
Strahlentherapie) nach kurativer Operation.
4. Klinische Studien zur Strahlentherapie nach
vollständiger Entfernung des sichtbaren
Tumors.
T1, N2, M0
T2, N2, M0
T3, N1, M0
T3, N2, M0
1. alleinige Operation bei operablen Patienten
ohne große Tumormasse („bulky disease“)
2. alleinige Strahlentherapie bei Patienten, die
keine neoadjuvante Chemotherapie plus
Bestrahlung erhalten können
3. Chemotherapie in Kombination mit anderen
Modalitäten
jedes T, N3, M0
T4, jedes N, M0
1. Alleinige Strahlentherapie
2. Chemotherapie in Kombination mit
Strahlentherapie
3. Chemotherapie und gleichzeitige
Strahlentherapie
4. Alleinige Chemotherapie.
39
NSCLC
Stadium IV
Jedes T, jedes N,
M1
1. Strahlentherapie, primär in palliativer
Intention bei lokalem Tumorwachstum
2. Chemotherapie. Die folgenden
Therapieprotokolle sind mit ähnlichen
Überlebensraten assoziiert: Cisplatin oder
Carboplatin jeweils in Kombination
3. Pemetrexed (Alimta®) oder Erlotinib
(Tarceva®)
40
KPK Neoplasien der Cervix
KPK Cervixcarcinom und seine Vorstufen
Zusammenfassung
Humane Papillomvirus-Typen (HPV) sind u.a. für die Entstehung von
Genitalwarzen (Condylomata acuminata) und für Gebärmutterhalskrebs (CxCa)
verantwortlich. Das CxCa ist weltweit gesehen das zweithäufigste Carcinom
überhaupt. Eine chronische HPV Infektion ist nahezu immer die Voraussetzung
zur Entstehung von CxCa. (>99%) und seiner Vorstufen. Man unterscheidet
High-risk-(CxCa)und Low-risk- (Kondylome) HPV-Subtypen. HPV ist der
häufigste sexuell übertragene Erreger. Nach Infektion (oder Impfung) besteht
typenspezifische Immunität, d.h. syn-/metachrone Infektionen anderer Subtypen
sind möglich. Infektionen verlaufen meist asymptomatisch und heilen aus. Die
Unfähigkeit des Immunsystems infizierte Zellen zu eliminieren führt zur
Persistenz und Progression der Infektion, dies ist ein entscheidender
Risikofaktor für CxCa und seiner Vorstufen.
Die Häufigkeit von CxCa (Plattenepithel-Ca < Adeno-Ca) in entwickelten
Ländern ist durch zytologische Vorsorgeprogramme dramatisch reduziert
worden. Frauen, die in den letzten 10 Jahren am CxCa starben, lebten zu >
80% in Entwicklungsländern. Zytologisches Screening, Differential-Kolposkopie
mit Biopsie sowie ggf. Konisation mit pathologischer Untersuchung stellen den
klassischen Weg zur Erkennung und Sanierung risikoreicher Vorstufen des
CxCa (Cervicale intraepitheliale Neoplasie=CIN 1/2/3 & AdenoCa in situ=AIS)
dar.
Seit Einführung von zwei Impfstoffen („Cervarix®“: Subtyp 16/18 bzw.
„Gardasil®“: Subtyp 6/11/16/18) ist erstmals eine primäre Prävention einer
malignen Erkrankung möglich!
Ätiologie
Humane Papillomviren (HPV: doppelstrang DNA Virus)
HPV-Familie umfasst > 180 Genotypen, > 30 davon führen zu Infektionen im
Genitalbereich. Primärer Infektionsort sind nur basale, proliferationsfähige
Keratinozyten und Drüsenzellen, Prädilektionsstelle der Infektion ist deshalb der
Übergang Ekto-Endocervix.
In Kondylomen finden sich Infektion mit Typen 6 oder 11 (daher „Low-risk“), in
Vorstufen und CxCa finden sich Typ 16, 18, 31, 33 und 35 und weitere (daher
„High-risk“, Nennung nach Häufigkeit in Deutschland).
41
Tab. 1: Papillomvirustypen, die an verschiedenen humanen Tumoren
beteiligt sind
Tumorlokalisation
HPV-Typ
% HPV +
Zervix
16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52,
>95
56, 58, 59, 66 (26, 68, 73, 82)
>50
16, 18
Basal
>50
16, 18
Warzig
Vulva
<10
Keratinisierend 16
Vagina
16, 18
>50
Anus
16, 18
>70
Mundhöhle / Tonsille
16, 18, 33
<20
Nagelbett
16
~75
Risikofaktoren
HPV ist eine sehr häufige, sexuell übertragbare Infektion. Das Risiko steigt mit
der Anzahl der Geschlechtspartner. Kondome stellen keinen sicheren Schutz
dar.
Außer durch Geschlechtsverkehr ist eine Übertragung durch
Schmierinfektionen, durch Körperkontakt bei gemeinsamem Baden und
möglicherweise auch durch kontaminierte Gegenstände möglich.
Kofaktoren (zusätzlich zu HPV Infektion)
o lang dauernde Einnahme von oralen Kontrazeptiva (>5 Jahre),
o Rauchen,
o hohe Parität,
o Immunsuppression,
o HIV-Infektion,
o andere genitale Infektionen (Chlamydien, Herpes).
Die Zirkumzision des Mannes wurde als protektiver Faktor identifiziert.
Infektionsablauf
Lokale Infektion verläuft ohne Virämie und meist auch ohne klinische
Symptomatik. Typabhängig kommt es zur natürlichen Elimination der infizierten
Zellen (50%), zur Persistenz (28%) oder zur Progression (22%) und ggf. zu
Zell-/Gewebeveränderungen (Prozentzahlen für HPV 16).
Lebensrisiko für eine HPV-Infektion und deren Folgen:
o HPV Exposition
75%
o HPV-HR Exposition
50%
o Persistierende CIN 2+ 10%
o CxCa
< 1,3%*
o Versterben an CxCa
< 0,4*
* Regionsabhängig
42
Primärprävention
Information und Erziehung
Zielgruppe der Primärprävention sind besonders Jugendliche (vor Infektion!).
Ärzte haben die Aufgabe, als Multiplikatoren zu wirken
o
für Eltern: Beratung über Prävention von HPV bei ihren Kindern:
Impfempfehlung!
o
für die Schule: Sexualaufklärung und Schulung von Pädagogen.
o
für die Medien: Beratung z.B. für Jugendzeitschriften, Internetadressen
u. ä.
Verhütung
Die konsequente Verwendung von Kondomen vermindert das
Übertragungsrisiko. Sicheren Schutz bietet nur Abstinenz bzw. Monogamie
beider Partner ab dem ersten Sexualkontakt.
Impfung
Pro Jahr werden 33.000 neue Fälle von CxCa in Europa diagnostiziert, 2002
starben 14.638 Frauen in Europa am CxCa. 70% der CxCa werden von 2 Typen
- HPV 16 und 18 - verursacht. HPV-Impfstoffe bestehen aus VLPs („virus like
particles“), d.h. synthetische, leere Viruskapside ohne HPV-DNA, daher auch
ohne onkogene bzw. infektiöse Gefahr.
Ein tetravalenter Impfstoff zur Prophylaxe von Infektionen mit HPV 6, 11, 16 und
18 (Gardasil®) und ein zweiter, bivalenter Impfstoff gegen die HPV-Typen 16
und 18 (Cervarix®) sind in Deutschland zugelassen.
Wirksamkeit in Studien >90% (je nach Endpunkt: inzidente Infektion, 16/18
Persistenz, CIN2/3 Läsionen, AIS; aber: noch keine Daten für CxCa!)
Sekundärprävention, Früherkennung und Diagnostik
Vorsorgeuntersuchung nach den Krebsfrüherkennungsrichtlinien
Frauen >20 J. haben Anspruch auf Früherkennungsuntersuchung 1x pro Jahr
(GKV). Die Vorsorgeuntersuchung (Inspektion, Zytologie von der
Portiooberfläche und Zervixkanal) sollte drei Jahre nach Aufnahme vaginalen
Geschlechtsverkehrs beginnen, spätestens jedoch mit dem 20. Lebensjahr. In
anderen Ländern sind unterschiedliche zytologische Untersuchungsintervalle
möglich.
Da
in
Deutschland
in
der
Vorsorge
nach
den
Krebsfrüherkennungrichtlinien zur Zeit keine HPV-Testung vorgesehen ist, sollte
eine jährliche zytologische Testung beibehalten werden.
Die Kolposkopie bei der Vorsorgeuntersuchung zur Steuerung der
Abstrichentnahme ist wegen Verbesserung der Qualität sinnvoll. Die
Differentialkolposkopie mit Biopsie (nicht die Konisation) ist das
Goldstandardverfahren zur minimal invasiven histologischen Abklärung von
Auffälligkeiten und zur Therapieplanung bei histologisch gesicherten
Neoplasien.
43
HPV Diagnostik
Ein HPV-Test bei unauffälliger Zytologie ist als Ergänzung ab dem 30.
Lebensjahr sinnvoll. Der HPV-Nachweis (In-Situ Hybridisierung oder PCR)
detektiert hochgradige Präkanzerosen und Karzinome mit signifikant höherer
Sensitivität, aber schlechterer Spezifität als die Zytologie.
Tabelle 2: Empfehlungen zur weiteren Diagnostik je nach Befund
(Zytologie/HPV)
Zytologischer
Befund
Pap I / II
Pap II w
Pap III** / III D
erstmalig
HPVZytologische
Befund
Kontrolle
HR-negativ
Routineintervall
HR-positiv
12 Monate
HR-negativ
12 Monate
HR-positiv
6 Monate
HR-negativ
6 Monate
HR-positiv
3 - 6 Monate
HR-negativ
6 Monate
Pap III** / III D
wiederholt
HR-positiv
Pap IV a und höher unabhängig
Weitere Diagnostik
Gleichzeitig HPVKontrolle. Falls wieder
HR-positiv oder
zytologisch auffällig:
Dysplasiesprechstunde*
+ erneute HPV-Testung
Gleichzeitig HPVKontrolle. Falls wieder
HR-positiv oder
zytologisch auffällig:
Dysplasiesprechstunde*
+ erneute HPV-Testung
Falls erneut HPV-HRpositiv:
Dysplasiesprechstunde*.
+ erneute HPV-Testung.
In jedem Fall
Dysplasiesprechstunde*
nach 12 Monaten
Dysplasiesprechstunde*
Dysplasiesprechstunde*
HR = high-risk-Viren (S. 41)
* Dysplasiesprechstunde = Differentialkolposkopie mit Biopsie eventueller
Herdbefunde.
** Pap III mit dringendem V. a. höhergradige Atypie immer rasche diagnostische
Abklärung.
Intraepitheliale Neoplasien
Onkogene oder High-risk-HPV-Typen (z.B. HPV 16, 18 u.a.) können Läsionen
verursachen, die die Histologie einer intraepithelialen Neoplasie (IN; s.u.)
aufweisen. Diese werden in drei Grade (Grad I - III) unterteilt. Im Genitalbereich
unterscheidet man je nach Lokalisation:
o
Vulväre intraepitheliale Neoplasie
VIN (nach WHO)
o
Vaginale intraepitheliale Neoplasie
VAIN
o
Zervikale intraepitheliale Neoplasie
CIN
o
Perianale intraepitheliale Neoplasie
PAIN
o
Anale intraepitheliale Neoplasie
AIN
44
Verlauf
10-40% der HR-Infektionen werden zu persistierenden Infektionen. Daraus
wiederum wird
in 10-50% nach fünf bis 10 Jahren eine CIN3. Die
Progressionsrate von CIN3 zum CxCa >12%. Am CxCa erkranken häufiger
jüngere Frauen; mittleres Erkrankungsalter 50,4 Jahre, damit liegt es ca. 19
Jahre unter dem das mittlere Erkrankungsalter aller Krebserkrankungen.
Pathomorphologische Untersuchung
Allgemeine Grundsätze
Mit dem Gewebe sollte dem Pathologen mitgeteilt werden:
Patientendaten (Name, Geburtsdatum, Geschlecht), wesentliche
anamnestische Angaben/Vorbefunde, klinische Informationen (u.a.
makroskopischer, ggf. kolposkopischer Aspekt), Entnahmelokalisation (ggf.
räumliche Orientierung), Entnahmeart (z.B. Punch-Biopsie, Knipsbiopsie,
Exzisat, Konisat, Messer-/Schlingenabtragung), klin. Verdachtsdiagnose.
Nomenklatur: Intraepitheliale Neoplasie
Der Begriff der intraepithelialen Neoplasie (IN; der ehemalige Begriff Dysplasie
ist obsolet) wird für die Beschreibung von nicht-invasiven, präkanzerösen
Epithelveränderungen verschiedener, auch extragenitaler Organe, verwendet,
die mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen. Gemeint sind histo- und
zytomorphologisch fassbare Veränderungen, die im Rahmen einer atypisch
gesteigerten
Zellproliferation
zu
einer
Störung
der
normalen
Epitheldifferenzierung (d.h. fehlende Ausreifung des Plattenepithels) und zu
zellulären Atypien (in Form von Hyperchromasie, Pleomorphie, Verschiebung
der Kern-Plasma-Relation, atypische Mitosen) führen.
Die IN des Plattenepithels der Cervix wird in drei Stufen graduiert:
CIN 1 (leichte oder geringgradige intraepitheliale Neoplasie)
CIN 2 (mittelschwer oder mäßiggradig)
CIN 3 (schwer oder hochgradig, inklusive dem früher bezeichneten
„Carcinoma in situ“)
45
Tabelle 3: Vergleich zytologischer (Münchener, Bethesda) und
histologischer (WHO) Nomenklaturen plattenepithelialer Läsionen
Münchner Nomenklatur (Pap)
I
II
III
IIID
WHONomenklatur;
CIN
normales Zellbild
leichte entzündliche, degenerative
oder metaplastische
Veränderungen
unklarer Befund: schwere
entzündliche oder degenerative
Veränderungen, auffällige
Drüsenzellen; eine Dysplasie, ein
Carcinoma in situ oder (in
seltenen Fällen) ein Malignom
können nicht ausgeschlossen
werden
Leichte bzw. mäßige Dysplasie
CIN 1
CIN 2
IVa
IVb
V
schwere Dysplasie /Carcinoma in CIN 3
situ
schwere Dysplasie oder
Carcinoma in situ, invasives
Karzinom nicht auszuschließen
invasives Karzinom
Bethesda-System;
Squamous
intraepithelial lesion
ASC-US: atypische
plattenepitheliale Zellen
unbestimmter
Signifikanz
ASC-H: atypische
plattenepitheliale
Zellen, HSIL nicht
auszuschliessen
LSIL
low-grade squamous
intraepithelial lesion
HSIL
high-grade squamous
intraepithelial lesion
Mögliche Differentialdiagnosen zur CIN (zytologisch, kolposkopisch,
histologisch)
o
Atrophie
o
Regeneratepithel
o
Unreife Plattenepithelmetaplasie
Intraepitheliale Neoplasien des endozervikalen Zylinderepithels
Eine Graduierung entsprechend der IN des Plattenepithels wurde versucht, ist
aber schlecht reproduzierbar und bislang umstritten, verschiedene
Nomenklaturen sind in Gebrauch (ICGN: intraepitheliase cervicale glanduläre
Neoplasie; syn.: GCIN; GIN). Laut WHO werden zwar eine glanduläre
Dysplasie und das Adenocarcinoma in situ (AIS) unterschieden, dies ist aber
nicht generell akzeptiert, da die Abgrenzung Schwierigkeiten bereitet und meist
ohne klinische Konsequenz ist. ICGN sind meist HPV-assoziiert und treten auch
in Kombination mit CIN auf. Abgegrenzt werden muss die (entzündlich) reaktive
glanduläre Atypie, ggf. über Zusatzuntersuchungen (z.B. p16, Ki-67, s.u.)
46
Pathologisch-anatomische Aufarbeitung
Stanz- und Knipsbiopsien
Formalin fixiert, Paraffineinbettung
Schnittstufen
Portiokonisate
Orientiert an die Pathologie einsenden (z.B. Faden bei 12 Uhr), vollständige
Einbettung mit radiärer bzw. segmentaler Aufarbeitungstechnik. Beurteilung des
endozervikalen Absetzungsrandes (sinnvoll: Tuschemarkierung), dieser ist ggf.
separat zu untersuchen.
Ergänzende histomorphologische Untersuchungen
o Ki-67 (Mib 1)
o p16ink4a (Cyclin-Kinase Inhibitor: CKI)
o L1-Capsid-Proteins
o Eine (erneute) In-Situ Hybridisierung auf HPV Subtypen ist am
histopathologischen Gewebe wenig sinnvoll.
Operative Therapie CIN
Die Differentialkolposkopie mit Biopsie (und nicht die Konisation) ist das
Goldstandardverfahren zur minimal invasiven histologischen Abklärung von
Auffälligkeiten bei der Vorsorgeuntersuchung und zur Therapieplanung.
Das therapeutische Vorgehen ist abhängig vom Befund, Alter und Wünschen(!)
der Patientin (Tabelle 4). Ziel ist die vollständige Entfernung der
Transformationszone mit allen neoplastischen Läsionen.
Cave: in Abhängigkeit von der Größe des Konus/Exzidates steigt das Risiko für
Frühgeburtlichkeit und zervikale Stenosen an.
Schlingenkonisation (LEEP / LLETZ)
Die Resektion der Transformationszone (TZ) mittels Hochfrequenzschlingen
wird als Schlingenkonisation (LEEP, Loop electrosurgical excisional procedure,
oder LLETZ, Large loop excision of the transformation zone) bezeichnet. Die TZ
wird mit einer entsprechend geformten Drahtschlinge möglichst in einem Stück
reseziert. Die Schlingenkonisation ist die chirurgische Methode der Wahl. Frühund Spätkomplikationen treten seltener auf als nach Messerkonisationen,
weshalb letztere Methode nicht mehr empfehlenswert ist.
Tabelle 4: Management von zervikalen intraepithelialen Neoplasien.
Management
OP-Verfahren
Konservatives
Management
Bis zu 24
Schlingenkonisation,
CIN 1
KolposkopischLaserkonisation/Vaporisation Monaten (nur bei
zytologische
HPV-HR(bei Befundpersistenz, HPVKontrolle alle 6
HR-Positivität und Wunsch der Positivität
Monate (nur bei
relevant)
HPV-HR-Positivität) Patientin)
CIN 2
KolposkopischSchlingenkonisation,
Bis zu 12
zytologische
Laserkonisation/Vaporisation Monaten
47
(bei Befundpersistenz, HPVKontrolle alle 6
HR-Positivität und Wunsch der (nur bei HPVMonate (nur bei
HR-Positivität
HPV-HR-Positivität) Patientin)
relevant)
Konisation (Schlinge, Laser,
CIN 3
Therapie
In graviditate
Nadel, Messer)
Konisation (Schlinge, Laser
Bei CIN 1
Ausdehnung Kolposkopischoder Messer)
möglich (nur bei
zytologische
in die tiefe
HPV-HREndozervix Kontrolle
Positivität
relevant)
Alternative Therapieverfahren bei CIN
- Therapie mit rekombinantem humanen Interferon
Ggf. bei Rezidiven oder ausgedehnter Erkrankung, Datenlage zum Nutzen
widersprüchlich
- Vitamin A
Daten für die Wirksamkeit widersprüchlich, Einsatz nicht empfohlen.
- Cyclooxigenase-2-Inhibitoren
Regression von CIN2/3-Läsionen unter der Therapie mit Cyclooxigenase-2Inhibitoren. Nach kardiovaskulären Zwischenfällen wurde Rofecoxib vom
Markt genommen.
- Leukozytenultrafiltrat 5 E. i.m.
Derzeit fehlen prospektiv randomisierte Studien, die eine Wirksamkeit
aufzeigen könnten. In Kasuistiken und Einzelfallberichten wurde die
Regression von Läsionen beschrieben.
- Folsäure, Riboflavin, Thiamin und Vitamin B12
Die ausreichende Zufuhr von Folsäure, Riboflavin, Thiamin und Vitamin B12
kann das Risiko für zervikale Dysplasien (CIN 1-3) um 50 bis 90% reduzieren.
Dieses zeigte eine Fall-Kontroll-Studie mit 485 Frauen. Kein Therapieansatz
bei bestehender CIN.
Referenzliteratur
• WHO Bluebook: Tumours of the Breast and Female Genital Organs
(www.iarc.fr/who-bluebooks)
• Blaustein’s pathology of the female genital tract. 5th Edition. ISBN 0-38795203-9
• Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
(DGGG), AWMF Leitlinienregister 015/027.
48
KPK Lymphknoten- und Hämatopathologie
Neoplastische Erkrankungen des hämatopoietischen Systems
Die Zellen des peripheren Blutes sowie der lymphatischen Organe entstammen dem
Knochenmark. Sie differenzieren sich aus gemeinsamen pluripotenten Stammzellen
für die lymphatischen bzw. myeloischen Zellreihen unter Stimulation durch Zytokine.
Hierbei entstehen aus den myeloischen pluripotenten Stammzellen in mehreren
Differenzierungsschritten im Knochenmark reife Granulozyten (so genannte
Segmentkernige), Monozyten, Thrombozyten und Erythrozyten. Aus den
lymphatischen Stammzellen differenzieren sich im Knochenmark B-Lymphozyten, die
die Antikörper vermittelte Immunität tragen, und im Thymus die T-Lymphozyten, die
die zytotoxische Immunität vermitteln.
Durch genetische Veränderungen (z. B. Genmutationen, Chromosomenbrüche mit
Translokationen, etc.) der Stammzellen kommt es zu einer gestörten Differenzierung
der hämatopoietischen bzw. lymphatischen Zellreihen, die neben den Erkrankungen
des Myelodysplastischem Syndromes bzw. der aplastischen Anämie auch zu
neoplastischen Erkrankungen des hämatopoietischen sowie lymphatischen Systems
führen. Diese Veränderungen betreffen immer alle aus der veränderten Stammzelle
hervorgegangenen Zellen, weshalb Leukämien und Lymphome als monoklonale
Tumore bezeichnet werden.
1. Bösartige Erkrankungen des hämatopoietischen Systems
Die bösartige Erkrankungen des hämatopoietischen Systems werden auch als
Leukämie bezeichnet, wobei man zwischen akuten und chronischen Leukämien
sowie myeloischen und lymphatischen Leukämien unterscheidet. Akute Leukämien
sind durch eine Anhäufung unreifer Vorstufen der Hämatopoiese bzw.
Lymphopoiese, sogenannten Blasten, infolge von Differenzierungsblockaden
gekennzeichnet, wodurch es zu einer Verdrängung der normalen Hämatopoiese
kommt. Auf Grund des Fehlens ausdifferenzierter Granulozyten resultiert eine
Störung der unspezifischen Abwehr mit erhöhter Infektanfälligkeit und daraus
resultierenden septischen Allgemeininfektionen bzw. Septikopyämien. Die
Verdrängung der Megakaryopoiese führt zu einem Mangel an Thrombozyten und
hierdurch zu einer erhöhten Blutungsneigung mit der Möglichkeit von
Hirnmassenblutungen bzw. einem Verbluten aus Erosionen bzw. Ulcera des Gastro49
Duodenal-Traktes. Die durch eine Verdrängung der Erythropoiese bedingte Anämie
kann gerade bei älteren Patienten zu einer Verschlechterung von vorbestehenden
chronischen Erkrankungen, z. B. des Herz-Kreislaufsystems und hierdurch zu einem
vorzeitigen Tod des Patienten führen. Man unterscheidet insgesamt sieben
verschiedene Formen akuter myeloischer Leukämien sowie drei verschiedene
Untertypen von akuten lymphatischen Leukämien (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: WHO-Klassifikation der akuten myeloischen und lymphatischen
Leukämien
Subtyp
Häufigkeit (%)
AML M0
AML, undifferenziert
5 - 10
AML M1
Akute Myeloblastische Leukämie
10 - 20
ohne Differenzierung
AML M2
Akute Myeloblastische Leukämie mit
30 - 45
Differenzierung
AML M3
Akute Promyelozytenleukämie
5 - 10
AML M4
Akute myelomonozytäre Leukämie
5
AML M5a,b
Akute Monoblasten (5a) bzw.
5
Monozyten (5b) Leukämie
AML M6
Akute Erythroleukämie
5
AML M7
Akute Megakaryblastenleukämie
5
Man unterscheidet bei der chron. Leukämie, bei denen man die chronisch
lymphatische Leukämie von den myeloproliferativen Neoplasien (MPN)
unterscheidet, zu denen die chronisch myeloische Leukämie, die Polyzythämia vera,
die essenzielle Thrombozythämie sowie die so genannte primäre Myelofibrose neben
den seltenen Formen der chronischen Neutro- bzw. Eosinophilenleukämie gerechnet
werden. Die chronischen Leukämien zeigen im Unterschied zu den akuten
Leukämien eine übermäßige Produktion reifer Zellenlinien, z. B. der Granulopoiese
(chronisch myeloische Leukämie), der Thrombozyten (essenzielle Thrombozythämie)
bzw. aller zellulären Blutbestandteile (Polyzythämia Vera). Die Patienten sind hier bei
fehlender Behandlung insbesondere durch eine Störung der Durchblutung der
kleinen Gefäße (Kapillaren, Venolen) und der dadurch bedingten Störung von
Organfunktionen wie z.B. des Gehirns (Koma) gefährdet. Im Verlaufe der Erkrankung
kann es durch weitere Störungen im Genom zu einem Übergang in eine akute
50
myeloische bzw. lymphatische Leukämie kommen, was als sogenannte Blastenkrise
bezeichnet wird. Dies wird insbesondere bei der chronisch myeloischen Leukämie
beobachtet. Diese Blastenkrisen stellen häufig die tödliche Komplikation der
chronisch myeloischen Leukämie dar.
Auf Grund der entscheidenden Rolle genetischer Veränderungen bei der Auslösung
hämatopoietischer Neoplasien kommt dem Nachweis chromosomaler
Veränderungen bei der Diagnostik der akuten und chronischen myeloischen
Leukämien eine besondere Bedeutung zu. Bei der chronisch myeloischen Leukämie
konnte bereits in den sechziger Jahren ein konstanter Chromosomendefekt, das so
genannte Philadelphia-Chromosom nachgewiesen werden, welches bei allen
Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie zu finden ist und deswegen als
Markerchromosom bezeichnet wird. Es handelt sich hierbei um eine reziproke
Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22, wobei es zu einer Ausbildung
eines neuen bcr-abl-Fusionsgens kommt, welches für ein 210 kd großes Protein
codiert. Dieses besitzt die Eigenschaften einer Thyrosinkinase und fungiert in der
Membran als Rezeptor, welcher die Proliferation des neoplastischen Klons bewirkt.
Durch die Blockade dieses Rezeptorproteins durch das Medikament Imatinib sind
eine Unterdrückung des neoplastischen Klons und hierdurch eine Heilung der
Patienten möglich geworden.
Auch bei der Diagnostik akuter myeloischer Leukämien kommt dem Nachweis
chromosomaler Aberrationen eine besondere Bedeutung bei. Hier finden sich für die
einzelnen Subtypen zwar nur bedingt charakteristische Markerchromosomen wie bei
der chronischen myeloischen Leukämie, jedoch hat hier der Nachweis einfacher bzw.
sogenannter komplexer chromosomaler Aberrationen bzw. Karyotypen eine
prognostische Bedeutung, d. h. Patienten mit mehrfachen Chromosomenbrüchen
(komplexe Karyotypen) zeigen ein schlechteres Ansprechen bzw. ein kürzeres
Überleben auf eine Chemotherapie als Patienten ohne chromosomale Aberrationen.
51
2. Bösartige Erkrankungen des lymphatischen Systems (maligne Lymphome)
Maligne Lymphome werden ähnlich wie die Leukämien durch genetisch bedingte
Störungen der Vorläuferzellen ausgelöst, wobei virale Infektionen, insbesondere mit
Epstein- Barr-Virus (EBV), eine besondere Rolle zu spielen scheinen. Die malignen
Lymphome resultieren in den ersten Stadien in lokalen Tumorbildungen des
lymphoretikulären Parenchyms, wobei man ein nodales, (d. h. Wachstum in einem
Lymphknoten), bzw. ein extranodales Wachstum, (d. h. den Befall des
lymphoretikulären Parenchyms in Schleimhäuten bzw. Organen Mukosa assoziierten
lymphatischen Gewebe,[MALT] oder in Bronchus assoziierten lymphatischen
Gewebe [BALT]) unterscheidet. Später generalisieren die malignen Lymphome durch
Ausbreitung in andere Lymphknotenstationen oberhalb bzw. unterhalb des
Zwerchfelles bzw. in andere Organe wie Lunge, Knochenmark etc.
Als Staging- System wird die Ann- Arbor Klassifikation für alle maligne Lymphome
angewendet (s. Abb 1).
Weiterhin unterscheidet man bei der Einteilung der malignen Lymphome den
Morbus Hodgkin von den später beschriebenen nicht Hodgkin-Lymphomen (NonHodgkin-Lymphom; NHL), wobei letztere nochmals nach dem Ort der Prägung der
Vorläuferzellen in B- bzw. T-NHL aufgetrennt werden. Die einzelnen Subtypen der
malignen Non-Hodgkin-Lymphome korrelieren, insbesondere beim B-NHL, mit den
jeweiligen zytologischen Formen der peripheren Differenzierungsstadien von naiven
B-Lymphozyten zum (nach Antigenkontakt determinierten) B-GedächtnisLymphozyten bzw. der entsprechenden Plasmazelle, determiniert nach
Antigenkontakt.
52
Abbildung 1: Staging maligner Lymphome nach dem Ann-Arbor-Staging-System
Das Staging maligner NHL erfolgt in Analogie zum Ann Arbor- Staging
System(1971) für das Hodgkin Lymphom in vier verschiedene Stadien:
•
Stadium I: Befall einer Lymphknotenstation bzw. eines extralymphatischen
Organes oder Gewebes (Stadium IE)
•
Stadium II: Befall zweier oder mehrerer Lymphknotenstationen auf derselben
Seite des Zwerchfelles oder eines extralymphatischen Organes oder
Gewebes (Stadium IIE).
•
Stadium III: Befall von Lymphknotenstationen auf verschiedenen Seiten des
Durch die Entwicklung immunhistologischer Techniken seit den 70er Jahren konnten
den Subtypen des Morbus Hodgkin bzw. den Non-Hodgkin-Lymphomen
charakteristische Gruppen positiver Antikörper nach der CD-Klassifikation
zugeordnet werden, die diese Subtypen neben der reinen Morphologie weiter als
eigenständige Kategorien lymphatischer Erkrankungen kennzeichnen. So lässt sich
bei den B-NHL als gemeinsames Kennzeichen das Antigen CD 20 nachweisen,
während bei den T-NHL das Pan-T-Zell-Antigen CD 3 zu finden ist. Das klassische
Hodgkin Lymphom wird durch den Nachweis von CD 15 und CD 30 auf den für diese
Erkrankung charakteristischen Hodgkin- bzw. Reed-Sternberg-Zellen
gekennzeichnet. Die insbesondere für die Differential-Diagnostik der klinisch
wichtigen bzw. häufigeren niedrig malignen B-NHL geltenden Profile zeigt die
nachstehende Tabelle 2.
53
Immunhistologisches Profil von B-NHL
Subtyp
CD 5
CD23
CD10
CD43
Bcl-6 IGM
CycD1
B-CLL/SLL
+
+
-
+
-
-/+
-
Mantelzelllymphom
+
-
-
+
-
(+)
+
Marginalzonen Lymphom
-
-
-
-
-
-
-
Follikuläres Lymphom
-
-
+
-
+
-
-
Lymphoplasma.Lymphom -
-
-
+/-
-
+
-
DLBCL
-
-/+
+/-
+/-
(+)/-
-
-/+
Auch bei den malignen Non Hodgkin Lymphomen haben sich in den cytogenetischen
Untersuchungen bei bestimmten Subtypen bei etwa 30 bis 40 Prozent der Patienten
konstante Chromosomenaberrationen gefunden, die für diese Subtypen zusätzliche
diagnostische Bedeutung erlangt haben (siehe Tabelle 3).
Tabelle 3: Chromosomale Aberrationen maligner Lymphome
Translokation
NHL - Subtyp
t(11;14)
Mantelzelllymphom
t(14;18)
Follikuläres Lymphom
t(11;18)
MALT-Lymphom
t(8;14)
Burkitt-Lymphom
54
Die neue WHO Klassifikation der malignen Lymphome beruht deswegen neben
morphologischen, insbesondere auch auf immunhistologischen und cytogenetischen
Kriterien für die einzelnen Subtypen. Im Unterschied zu älteren
Klassifikationssystemen wie z. B. der Kiel-Klassifikation, werden jetzt der Morbus
Hodgkin sowie die Non-Hodgkin-Lymphome und auch das Plasmozytom unter einem
Dach als maligne Lymphome zusammengefasst und die klassische Unterscheidung
zwischen Hodgkin- bzw. Non-Hodgkin-Lymphome aufgegeben. Die von der KielKlassifikation geläufige Graduierung in hoch-und niedrig maligne Lymphome war
zunächst aufgegeben worden, findet sich jetzt aber unter den Bezeichnungen
indolent (= niedrig maligne) bzw. aggressiv bzw. hoch aggressiv (= hoch maligne)
wieder.
Tabelle 3: WHO Klassifikation der NHL nach klinischem Aggressivitätsgrad
WHO Klassifikation der NHL nach klinischem Aggressivitätsgrad
Indolente Lymphome
B
Kleinzelliges
lymphozytisches BZell-Lymphom / B-CLL
T
Aggressive Lymphome Hoch aggressive
Lymphome
B
T
B
T
Adult T-Zell
Lymphom /
Leukämie
T-Zell LGL
Follikuläres
Lymphom (Grad III)
Peripheres TZell Lymphom
Lymphoplasmacytoides
Mycosis
Lymphom /I
fungoides
mmunocytom
Diffuses
großzelliges B-Zell
Lymphom
Anaplastisches
T-ALL / TB-ALL / Bgroßzelliges
lymphoblastisches lymphoblastisches
Lymphom, T -/
Lymphom
Lymphom
null-Zell-Typ
Plasmozytom
Haarzellenleukämie
Follikuläres Lymphom
(Grad I und II)
Marginalzonenlymphom
Mantelzelllymphom*
T-Zell
Prolymphozyten Mantelzelllymphom*
Leukämie
NK-Zell LGL
Burkitt Lymphom
* kann klinisch
indolent oder
aggressiv
verlaufen
55
KPK Prostata- und Harnblasentumoren
Harnblasenneoplasien:
Epidemiologie:
Die Inzidenz von Harnblasentumoren liegt bei ca. 35/100.000 in der Altersgruppe
über 40 Jahre.
Das Urothelcarcinom ist das zweithäufigste urologische Malignom. Vornehmlich sind
Männer im Alter von 50-70 Jahren betroffen.
Risikofaktoren sind Rauchen, Exposition gegenüber bestimmten Chemikalien
(Farbstoffe, Lacke) und eine positive Familienanamnese.
Klinik:
Makrohämaturie, Mikrohämaturie, Urgesymptomatik, in fortgeschrittenen Fällen
Schmerzen, Harnstauungsniere, Blasenentleerungsstörungen, Gewichtsverlust.
Diagnostik:
Zytologie oder Spülzytologie als Screening. Ausscheidungsurographie. Zystoskopie
oder Ureterorenoskopie mit Biopsie zur definitiven histologischen
Diagnosesicherung. Unter Umständen mit Fluoreszenzfarbstoff Hexvix
(Hexaminolaevulinat).
Pathologie:
Harnblasencarcinome imponieren makroskopisch als papilläre Herde oder solide,
ulcerierte, weiße Herde bei invasiven Carcinomen. Dysplasien und Carcinomata in
situ sind makroskopisch schlecht sichtbar.
Bei Harnblasencarcinomen handelt es sich zumeist um Urothelcarcinome
(Synonym: Übergansepithelcarcinom, Transitionalzellcarcinom). Adenocarcinome
sind Raritäten, Plattenepithelcarcinome (Verlangt wird eine reine plattenepitheliale
Differenzierung, Partielle Plattenepitheldifferenzierung ist beim Urothelcarcinom
häufig!) sind hierzulande selten, in Ägypten beispielsweise aber häufig wegen der
Schistosomiasis, die offenbar eine Metaplasie induziert.
Verwirrend für den Anfänger ist die Gruppe der nichtinvasiven papillären
Urothelcarcinome. Eigentlich sind Carcinome ja per definitionem invasiv!
Entität
Aufbau
Kerne
Dysplasie
flach
Carcinoma in situ
flach
Papillom
papillär
Nucleolen,
Pleomorph
Schwere
Pleomorphie
unauffällig
Nichtinv. pap.
papillär
geringe Atypie
Progressrisiko
(5 Jahre)
ca. 20%
ca. 36%
0%
ca. 10%
56
Carcinom G1
Nichtinv. pap.
Carcinom G2
Nichtinv. pap.
Carcinom G3
Invasives
Urothelcarcinom
papillär
mittlere Atypie
ca. 25%
papillär
hohe Atypie
ca. 60%
invasiv
hohe Atypie
-
Weitere Verwirrung wurde durch eine neue WHO-Einteilung 2004 geschaffen, die im
Schema unten dargestellt ist, sich aber in der Praxis nicht durchsetzen konnte.
Wichtig ist, dass die Zuordnung der WHO 1973 Entitäten zu denen von 2004 keine
Projektion ist, d. h. beispielsweise sind alle G3-Tumoren nach 1973 hochgradige
papilläre nichtinvasive Urothelcarcinome nach WHO 2004, umgekehrt gilt das aber
nicht. Beachte die Stufen in der Einteilung!
WHO 1973
Papillom
Papilläres nichtinvasives
Urothelcarcinom G1
Papilläres nichtinvasives
Urothelcarcinom G2
Papilläres nichtinvasives
Urothelcarcinom G3
WHO 2004
Papillom
Papilläre urotheliale
Neoplasie mit niedrigem
malignen Potential
(PUNLMP)
Niedriggradiges papilläres
Nichtinvasives
Urothelcarcinom
Hochgradiges papilläres
nichtinvasives
Urothelcarcinom
Urothelcarcinome weisen in unterschiedlichem Ausmaß eine Tendenz zur Rekurrenz
und zur Progression auf (siehe Tabelle). Die Tendenz zur Rekurrenz hängt mit einem
sog. Feldeffekt zusammen, wie er auch bei den Plattenepithelcarcinomen der oberen
Atemwege beobachtet wird. Feldeffekt bedeutet, dass die gesamte Schleimhaut
(bedeutet beim Urothel bis hoch in das Nierenbeckenkelchsystem) einem stark
erhöhten Risiko neoplastischer Transformation ausgesetzt ist. Mit Progression
bezeichnen wir die Entwicklung zu einer höhergradigen Neoplasie oder das Auftreten
einer rekurrenten Neoplasie mit höherem Grad, beispielsweise das Auftreten eines
urothelialen Carcinoma in situ nach einer initialen Dysplasie, oder das Auftreten
eines papillären nichtinvasiven Urothelcarcinoms G3 nach einem vorhergehenden
G2-Befund.
Das Grading von invasiven Urothelcarcinomen hat keinerlei prognostische
Bedeutung, daher wird jedes invasive Urothelcarcinom von den meisten Pathologen
als G3 (schlecht differenziert) eingeordnet.
57
Therapie:
Niedrigrisikotumoren (pTa G1, solitärer Tumor)
- 1x TUR (Transurethrale Resektion)
- keine weitere Therapie
Intermediärrisikotumoren (Andere)
- 1x TUR (Transurethrale Resektion)
- Frühinstillation mit Mitomycin
- Wiederholte TUR nach 4-6 Wochen
- Intravesikale Chemotherapie für 1 Jahr
Hochrisikotumoren (Carcinoma in situ, pTa G3, pT1 G3)
- 1x TUR (Transurethrale Resektion)
- Frühinstillation mit Mitomycin
- Wiederholte TUR nach 4-6 Wochen
- BCG Instillationstherapie für mindestens ein Jahr
- Zystektomie bei Therapieversagen und/oder lokal nicht zu kontrollierendem Tumor
Invasive Urothelcarcinome ab pT2 (Muskelinvasion)
-Radikale Zystoprostatektomie.
Prostatacarcinom
Epidemiologie:
Häufigste Tumorerkrankung über dem 65. Lebensjahr. 28.000 Neuerkrankunge pro
Jahr in Deutschland. Inzidenz steigt altersabhängig. 50/100.000 bei 60 Jahren,
400/100.000 bei 75 Jahren. In Autopsieserien latentes Prostatacarcinom bei 10% der
50 Jahre alten Männer, bei den 80 Jahre alten Männern 70%.
Risikofaktoren sind das Lebensalter, androgene Stimulation, hochkalorische
Ernährung, und ethnische Zugehörigkeit (häufiger bei Afroamerikanern).
Klinik:
Häufig inapparent, später Harnabflussstörungen.
Diagnostik:
Prostataspezifisches Antigen im Serum, digital-rektale Untersuchung, transrektale
Stanzbiopsie.
Pathologie:
Makroskopisch lassen sich Prostatacarcinome nur in etwa 2/3 aller Fälle als weiße,
solide Herde abgrenzen. Sie finden sich zumeist in der peripheren Zone dorsolateral.
Prostatacarcinome sind zumeist azinäre Adenocarcinome, duktale
Prostatacarcinome sind selten.
Für die Diagnose eines Prostatacarcinoms ist die Immunhistochemie sehr hilfreich.
Mit den Markern hochmolekulares Zytokeratin oder besser noch p63 können wir
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Basalzellen oder ein Fehlen derselben nachweisen. Hierbei gilt aber zu bedenken,
dass einige Läsionen, die eine Prostatacarcinom vortäuschen können, zwar nicht
komplett, dennoch aber über weite Bereiche eine fehlende Basalzellschicht
aufweisen können. Dies kann bei kleinen Proben (die typische Prostatastanze)
problematisch sein. Ein invasives Prostatacarcinom und auch die hochgradige
intraepitheliale Neoplasie färben sich mit dem Marker Razemase (im englischen
Sprachraum auch AMACR genannt) an. Eine Kombination aus beiden Markern hat
sich im diagnostischen Alltag als sehr zuverlässig bewährt.
Azinäre Prostatacarcinome werden nach Gleason graduiert (siehe diagnostischer
Atlas). Beim Gleason-Grading ist im Unterschied zu anderen Graduierungssystemen
ausschließlich das Wachstumsmuster, nicht aber die Kernmorphologie Kriterium der
Einteilung. Das prädominante Wachstumsmuster bildet den ersten Summanden
einer Addition, das sekundäre den zweiten. Beispiel: Gleason 5+3=8. Je höher der
Gleason-Grad, desto schlechter differenziert ist das Carcinom. Es zählen nur
sekundäre Wachstumsmuster, die mehr als 5% des Tumors ausmachen. Tertiäre
Gleasonmuster werden im Diagnosekommentar erwähnt. Die seltenen duktalen
Adenocarcinome sollten als 4+4=8 graduiert werden.
Therapieoptionen:
- Watchful waiting: PSA-Wert-Bestimmung, Abwarten bis palliativer Therapie nötig.
Vorteile: Nicht invasiv. Nachteile: Kein kurativer Ansatz.
- Active Surveillance: PSA-Wert-Bestimmung, abwarten bis kurative Therapie nötig
(beispielsweise PSA-Anstieg oder Anstieg des Gleason-Grades (Rebiopsie).
Vorteil: zunächst nebenwirkungsarm und wenig invasiv. Nachteil: Rebiopsien nötig.
- Radikale Prostatektomie: operative Entnahme der Prostata, der Samenblasen
und der Samenleiterenden, Lymphadenektomie kleines Becken.
Vorteil: kurativer Ansatz. Abschließende Histologie mit Nodalstatus. Nachteil:
Impotenzrisiko (bis 50%, gemildert durch Viagra etc.), Inkontinenzrisiko (5%). Invasiv.
- Radiatio extern: transdermale Strahlenapplikation. Kurativ.
Vorteil: auch Beherrschung ausgedehnter Tumoren möglich. Kein Narkoserisiko
(alte, multimorbide Patienten). Nachteil: Strahlenschäden, kein Staging, kein
Lymphknotenstatus. Häufige Wiederholung nötig.
- Radiatio intern: Transperineale Applikation von Strahlenquellen. Kurativ.
Vorteil: kurze Krankenhausverweildauer (1 Tag), minimal invasiv, anfangs kein
Impotenzrisiko, kein Inkontinenzrisiko.
- Chemotherapie: palliative Therapie nach Hormonrefraktärität.
Vorteil: letzte Option. Nachteil: Nebenwirkungen der Chemotherapie, nicht kurativ.
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Diagnostischer Atlas:
Nichtinvasives papilläres Urothelcarcinom
G1
Harnblasenneoplasien:
Normalbefund
Nichtinvasives papilläres Urothelcarcinom
G2
Urotheliale Dysplasie
Nichtinvasives papilläres Urothelcarcinom
G3
Urotheliales Carcinoma in situ
Invasives Urothelcarcinom
Urotheliales Papillom
Prostatacarcinom
Prominente Nukleolen und Mitosefigur
(Pfeil) in Carcinomdrüsen, rechts zum
Vergleich normale Drüsen
Normalbefund
Beispiele für azinäre Prostatcarcinome
Gleason Grading
Irrguläre, dichtgelagerte Drüsenkomplexe
im Zentrum
Perineuralscheideninfiltration (rechte
Bildhälfte)
Hochgradige Prostatische intraephiteliale
Neoplasie (PIN). Prominente Nukleolen
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