Kap.14 Ösophaguskarzinom

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GASTROENTEROLOGIE
ÖSOPHAGUSKARZINOM
1. Screening/Surveillance
• Risikofaktoren/-erkrankungen
Plattenepithelkarzinom:
Alkoholabusus,
Rauchen, Nitrosamine, Z.n. Laugenverätzung und Bestrahlung, Achalasie,
Hyperkeratosis palmaris et plantaris (Tylose).
• Barrett-Ösophagus. Risikoerkrankung für Adenokarzinom. Def.: Ersatz von
Plattenepithel durch Magenschleimhaut mit intestinaler Metaplasie. LongSegment-Barrett=klassischer Barrett: > 3 cm. Short-Segment-Barrett: < 3 cm.
• Vorsorge: Allgemeines Screening der Normalbevölkerung ist nicht etabliert.
Keine Surveillanceempfehlungen zum Plattenepithelkarzinom. Surveillance
Barrettösophagus nach Risikogruppen (s. Diagramm umseitig).
2. Klinisches Bild
Keine typischen Frühsymptome. Dysphagie, Gewichtsverlust, Schmerzen, Heiserkeit
meist erst bei fortgeschritteneren Tumoren. Bei 10% der Patienten mit
Plattenepithelkarzinomen finden sich Zweittumoren, oft der Atemwege und Lungen.
3. Tumorklassifikation
• Histologie: meist Platten- oder Adenokarzinome, selten kleinzellige oder
undifferenzierte Karzinome.
• Lokalisation:
Plattenepithelkarzinome
im
gesamten
Ösophagus,
Adenokarzinome im distalen Ösophagus und ösophago-gastralen Übergang
(gastroösophagealer Übergang: muskuläre Grenze zwischen Ösophagus und
Magen).
• Metastasierung: Rasche lymphogene Metastasierung in lokale Lymphknoten
und intramural. Fernmetastasen bei prox. Tumoren v.a. in der Lunge, bei dist.
Tumoren v.a. in der Leber. Skelettmetastasen i.d.R. erst in fortgeschrittenen
Stadien. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren häufig Peritonealkarzinose.
• Tumorlokalisation: Bei Plattenepithelkarzinomen wird unter therapeutischen
Gesichtspunkten zwischen zervikalen, supra- und infrabifurkalen Tumoren
unterschieden. Bei Adenokarzinomen des distalen Ösophagus und des
gastroösophagealen Übergangs (AEG) werden anhand des Breischluckes und
der Endoskopie drei Lokalisationen unterschieden: Typ I - Adenokarzinome des
distalen Ösophagus (Barrett-Karzinome); Typ II – Kardiakarzinom, das im Bereich
des gastroösophagealen Übergangs entsteht; Typ III – unmittelbar subkardiales
Magenkarzinom, das von aboral die Kardia infiltriert. AEG Typ-I-Tumoren werden
nach der TNM-Klassifikation für Ösophaguskarzinome, AEG Typ-II- und –IIITumore nach der TNM-Klassifikation für Magenkarzinome klassifiziert.
4. Diagnostik und Staging
• Endoskopie/ Endosonograpie: Biopsien zur histologischen Sicherung und
Differenzierung zwischen Platten- und Adenokarzinom. Bei nicht passierbaren
Tumoren kann Bürstenzytologie aus Stenosebereich hilfreich sein.
Endosonographie bestimmt Infiltrationstiefe mit hoher Genauigkeit.
• Röntgen-Breischluck: ggf. zur genaueren topographischen Zuordnung des
Tumors und zum Nachweis von Fisteln. Bei zervikalen Tumoren mit
wasserlöslichem Kontrastmittel.
• Computertomographie: immer Abdomen- und Thorax-CT, bei zervikalen
Karzinomen zusätzlich zervikales CT.
• Bronchoskopie: bei zervikalen Tumoren und Tumoren mit Bezug zum
Tracheobronchialsystem.
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GASTROENTEROLOGIE
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•
•
ÖSOPHAGUSKARZINOM
Skelettszintigraphie zum Ausschluss von Metastasen in Knochen, die im CT
nicht erfasst werden, bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren oder im Falle
von Beschwerden.
PET/PET-CT: Bei gesichertem Ösophagus-Ca zum lokoregionären LymphknotenStaging und zur Abklärung des Ganzkörpers hinsichtlich hämatogener
Fernmetastasierung (Accuracy 76%–88%).
Diagnostische Laparoskopie: Zum Ausschluss einer peritonealen Aussaat bei
lokal fortgeschrittenen Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs.
Coloskopie: Wenn eine Ösophagusresektion und ein Koloninterponat geplant
sind.
Tumormarker: SCC bei Plattenepithelkarzinomen, CEA oder CA 19-9 bei
Adenokarzinomen sind nur bei etwa 10% der Patienten erhöht. Eignen sich nicht
zur Diagnosestellung, sondern nur zur Verlaufsbeurteilung.
Funktionelle Operabilität: FEV1 von i.d.R. >70%, normale Blutgasanalyse unter
Raumluft. Eingeschränkte kardiale Funktion, Leberzirrhose, Karnofsky-Index
<70% und fortbestehender Alkoholabusus gelten als KI für eine Ösophagektomie.
TX
T0
Tis
T1
T1m
T1sm
T2
T3
T4
N0
N1
M0
M1
0
I
IIA
IIB
III
IVA
IVB
TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
Kein Primärtumor nachweisbar
Nichtinvasives Karzinom
Tumor begrenzt auf Lamina propria und Submukosa
Tumor ist auf Mukosa begrenzt
Tumor infiltriert die Submukosa
Tumor infiltriert Muscularis propria
Tumor infiltriert die Adventitia
Tumor breitet sich auf extraösophageale Strukturen aus
Keine regionären Lymphknoten befallen
Befall regionaler Lymphknoten (zervikaler Oesophagustumor: tief zervikale und
supraclaviculäre LK; intrathorakaler Ösophagustumor: mediastinale und
perigastrische LK)
Keine Fernmetastasen
M1a: - zervikale LK bei suprabifurkalen / zöliakale LK bei infrabifurkalen
Karzinomen
M1b: andere Fernmetastasen
(Lymphknotenmetastasen im Bereich des Truncus coelicus sind M1)
UICC-Stadien der Ösophaguskarzinome
Tis
N0
T1
N0
T2-3
N0
T1-2
N1
T3
N1
T4
jedes N
jedes T
jedes N
jedes T
jedes N
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M0
M0
M0
M0
M0
M0
M1a
M1b
GASTROENTEROLOGIE
ÖSOPHAGUSKARZINOM
5. Stadienadaptierte Therapie
• Prämaligne Läsionen und Frühkarzinome (T1m): Voraussetzungen für eine
endoskopische Mukosaresektion sind:
intramukosaler Tumor (T1m) ohne
Infiltration der Submukosa; maximaler Tumordurchmesser < 2cm; gute bis
mittelgradige Differenzierung (G1-G2); histologisch kein Anhalt für Ulkus, keine
lymphatische oder venöse Infiltration; tumorfreie Abtragungsränder. Beim
Frühkarzinom T1m findet sich eine lymphogene Ausbeitung in weniger als 5%
aller Fälle. Die 5-Jahres-Überlebensrate beim Frühkarzinom beträgt über 80%.
Die Mortalität und Morbidität einer endoskopischen Mukosaresektion ist im
Vergleich zur Ösophagektomie deutlich niedriger. Aufgrund häufiger multifokaler
und metachroner neoplastischer Veränderungen sind allerdings häufig multiple
und mehrzeitige Mukosaresektionen sowie regelmässige Nachuntersuchungen
erforderlich. Langzeitkomplikationen können Narben und Strikturen sein.
• T1-2 N0 M0: Subtotale Ösophagektomie mit Lymphadenektomie. Die Passage
wird durch Magenhochzug oder Dünndarm-/Kolon-Interponat wieder hergestellt.
Morbidität und Mortalität der Ösophagektomie liegen bei ~25% bzw. ~ 5%.
• Plattenepithelkarzinom T3 N0 M0: Wenn möglich primäre Resektion. Bei
Vorliegen
eines
suprabifurkalen
Tumors
mit
Beziehung
zum
Tracheobronchialsystem und gutem Allgemeinzustand des Patienten
neoadjuvante Radiochemotherapie.
• Plattenepithelkarzinom T1-4 N0-1 M0: Bei suprabifurkalen Karzinomen sollte
vor Resektion eine neoadjuvante Radiochemotherapie erfolgen. Bei
infrabifurkalen Karzinomen ist die neoadjuvanten Radiochemotherapie umstritten.
• Adenokarzinom T3-4 N0 M0, T1-4 N1 M0: Mittels Laparoskopie Ausschluss
einer lokalen Aussaat. Operation nach neoadjuvanter Radiochemotherapie.
• Primäre und neoadjuvante Radiochemotherapie: 5-Fluorouracil plus Cisplatin
40 - 50 Gy Gesamtdosis. Durch die neoadjuvante Radiochemotherapie können
höhere R0-Resektionsraten und signifikant längere Überlebensraten erzielt
werden. In Studien zur primären Radiochemotherapie werden 5-JahresÜberlebensraten bis 26% erreicht. Damit liegt die definitive Radiochemotherapie
in etwa gleich auf mit der Ösophagektomie.
• Palliative Therapie bei metastasierten Karzinomen: Plattenepithel- und
Adenokarzinome sind mässig chemosensibel. Die Kombination von Cisplatin mit
5-Fluorouracil erzielt Ansprechraten von 42 bis 66%. Durch eine alleinige
perkutane Strahlentherapie kann eine Verbesserung der Schluckfähigkeit erreicht
werden. Wirkungsvoller ist die endoluminale Bestrahlung (Brachytherapie) in
Nachladetechnik (After-loading). Bei geringen systemischen Nebenwirkungen
erhöht sich hierdurch die Rate schwerwiegender lokaler Komplikationen wie
Fisteln und Perforationen. Durch die kombinierte Radiochemotherapie bei
inoperablem
oder
metastasiertem
Ösophaguskarzinom
kann
das
Kurzzeitüberleben innerhalb der ersten zwei Jahre im Vergleich zur alleinigen
Radio- oder Chemotherapie erhöht werden. Allerdings müssen höhere
therapieassoziierte Toxizitäten bis Grad 3/4 in Kauf genommen werden.
Endoskopische Stenttherapie zur Überbrückung von Stenosen.
6. Nachsorge:
Nach kurativer Resektion: Bis 12 Monate post-OP alle 3 Monate, bis zum 3. post-OP
Jahr halbjährlich und dann bis zum 5. post-OP Jahr jährlich: Untersuchung, Blutbild,
Serumwerte, Tumormarker (falls präoperativ erhöht), Oberbauchsonogramm, 6 und
18 Monate nach Operation und dann jährlich: CT Thorax und Abdomen, jährlich
Knochenszintigraphie, Endoskopie bei Beschwerden.
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B A R R E T T Ö S O P H A G U S
GASTROENTEROLOGIE
ÖSOPHAGUSKARZINOM
Endoskopisch-bioptische Diagnose:
Quadrantenbiopsien alle 2 cm
keine IEN
„low grade“ IEN
„high grade“ IEN
4 Wo. PPI, 2x1 SD
4 Wo. PPI, 2x1 SD
Re-Endoskopie
Re-Endoskopie
keine IEN
Re-Endoskopie
alle 2-5 Jahre
„low grade“ IEN
„high grade“ IEN
Re-Endoskopie
alle 6 Monaten
Bestätigung durch
Referenzpathologen
Mukosaresektion,
Ösophagektomie
IEN: Intraepitheliale Neoplasie
Ö S O P H A G U S K A R Z I N O M
Plattenepithelkarzinom
Adenokarzinom AEG Typ I
zervikal oder suprabifurkal
infrabifurkal
CT Hals/Thorax/Abdomen
Bronchoskopie
Laryngoskopie (zervikal)
CT Thorax/Abdomen
T1/T2
T3/T4
CT Thorax/Abdomen
T1/T2
T3/T4
Resektabilität, Operationsrisiko, funktionelle Operabilität?
ja
Resektion
ja
ja
ja
ja
Neoadjuvante
RTX/CTX
Resektion
Resektion
Resektion
ggf. RTX/CTX
neoadjuvant
nein
Resektion
RTX/CTX oder palliative Therapie
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