rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 46 Chirurgische Therapie des Rektumkarzinoms Eine hoch qualifizierte chirurgische Technik ist einer der wichtigsten Faktoren für das onkologische Ergebnis der Behandlung des Rektumkarzinoms. Aufgrund seiner speziellen Verankerung im kleinen Becken und seiner lymphatischen Ausbreitungswege stellt das Rektumkarzinom eine besondere therapeutische Herausforderung dar. Von Judith Karner-Hanusch* I n Österreich erkranken jährlich etwa 5.000 Menschen an einem kolorektalen Karzinom; ewa ein Drittel davon sind Rektumkarzinome. 85 Prozent der Patienten sind über 60 Jahre alt. Etwa 80 Prozent der Karzinome treten sporadisch auf, für etwa fünf Prozent sind klar erbliche Syndrome die Familiär Adenomatöse Polypose (FAP) und das Erbliche Nichtpolypöse Kolorektale Karzinomsyndrom (HNPCC) verantwortlich. Ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor ist die familiäre Häufung der Erkrankung, besonders wenn ein Betroffener jünger als 55 Jahre ist. Daher sind zusätzlich zu den klassischen Symptomen zwei Faktoren zu berücksichtigen: das Alter des Patienten und die Familienanamnese. Unter den kolorektalen Karzinomen nimmt das Rektumkarzinom (Abb. 1) eine Sonderstellung ein: Es handelt sich hier um Tumore, deren aboraler Rand bei der Messung mit dem starren Rekto- 1 skop 16 Zentimeter ab der anocutanen Linie liegt. Zwei Drittel des Rektums sind extraperitoneal (mittleres Drittel: 610 cm ab der Linea dentata, unteres Drittel 0-6 cm ab der Linea dentata gelegen). Das komplexe Lymphabfluss-System nach kranial, lateral und auch nach caudal - je nach Tumorlage und Tumorgröße- bedingt auch teilweise das höhere Risiko für ein Lokalrezidiv (Abb. 2). Symptome ;peranale Blutabgänge ohne Symptomatik ;Stuhlunregelmäßigkeiten ;Rektale Blutabgänge mit analen Symptomen (Schleimabgänge, Schmerzen) ;Änderung der Stuhlgewohnheiten (Bleistiftstühle, Wechsel von Diarrhoe und Obstipation) ;Tenesmen (schmerzhafte Stuhlentleerung) ;Fragmentierte und/oder inkomplette Stuhlentleerung ; Abdominelle Schmerzen ; Ileus ; Palpabler abdomineller Tumor ; Inkontinenz durch Sphinkterinfi- ltration Differenzialdiagnose Die häufigsten gutartigen Tumoren des Rektums sind Adenome oder hyperplastische Polypen. Peranale Blutabgänge können ebenso durch chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Fissuren oder Hämorrhoiden verursacht werden. Prätherapeutische Diagnostik Diese ist gerade beim Rektumkarzinom von entscheidender Bedeutung für die weitere Therapieplanung, da klar belegt ist, dass Tumore ab einem bestimmten Stadium (Tabelle 1) von einer neoadjuvanten Therapie profitieren. Ziel der präoperativen Diagnostik ist die Feststellung der lokalen Tu- ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004 rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 47 DFP - Literaturstudium Präoperative histologische Diagnostik Nötig ist die Aussage im Biopsat betreffend den Tumortyp, den Differenzierungsgrad (Low-Grade [G1] , HighGrade [G3] = undifferenzierte CA, SiegelringzellCA, muzinöses CA) und wenn möglich einer Lymphgefäßinvasion durch den Pathologen. Die Diagnose eines High-Grade Karzinoms oder eine Lymphgefäßinfiltration schließt schon im Vorfeld eine endoskopische oder transanale Tumorabtragung aus. Präoperative (neoadjuvante) Therapie © contrast morausbreitung, Fernmetastasierung, Zweitmalignome und allgemeine Operabilität zu definieren. ; Anamnese und klinische Unter- suchung inklusive rektal-digitaler Untersuchung. 80 Prozent der Rektumkarzinome können durch die digitale rektale Untersuchung palpiert werden. Der geübte Untersucher kann damit auch die Größe und Verschieblichkeit des Tumors (T-Stadium) einschätzen und eine Übersicht über die Kontinenzleistung des Patienten erhalten. ; Familienanamnese zum Ausschluss einer HNPCC: Besteht ein begründeter Verdacht der Erfüllung der Amsterdamoder Bethesdakriterien (Tab. 2 und 3) Untersuchung des Tumors auf Mikrosatelliteninstabilität, eventuell molekularbiologische Analyse nach vorherigem genetischen Beratungsgespräch. Alle diese Methoden sind untersucherabhängig und teilweise nur begrenzt verfügbar. Die konventionelle CT hat nur Stellenwert in der Diagnostik von Fernmetastasen. Tumore des mittleren und unteren Rektumdrittels: EUS und MRT. Bei hoch gelegenen und stenosierenden Tumoren MRT. ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004 Je nach dem lokalen Tumorbefund verfolgt sie unterschiedliche Ziele: Senkung der Lokalrezidivrate, Tumorverkleinerung, um eine radikale Resektion zu ermöglichen, oder die Chance auf Sphinktererhalt zu erhöhen, Reduktion der metachronen Fernmetastasierung. Hier kommen isolierte Radiotherapie oder Kombinationsregimes mit Chemotherapie zum Einsatz. Indikationen 1. Hohes Lokalrezidivrisiko bei Tumoren des mittleren und unteren Rektumdrittels mit Wandüberschreitung (T34) und/oder Verdacht auf positive Lymphknoten (N+). 2. Wenn eine radikale Resektion nicht sicher möglich ist. Ad 1) Primär onkologisch resektable Tumore bedürfen keiner Tumorverkleinerung- die präoperative Radiotherapie 2 rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 48 hat hier das Ziel der Lokalrezidivprohylaxe, die das Ergebnis der Chirurgie um durchschnittlich 50 Prozent verbessert. Die präoperative Kurzzeitbestrahlung mit 25Gy innerhalb einer Woche mit unmittelbar darauf folgender Operation ist dafür eine sehr attraktive Option. Laut einer jüngst publizierten Studie konnte damit auch indirekt das Gesamtüberleben positiv beeinflusst werden. Abgesehen von einer höheren perinealen Wundinfektrate nach Rektumexstirpation sind keine höheren chirurgischen Komlikationsraten zu erwarten. 3 und 4) das Amsterdamkriterien zur Diagnose einer heißt, dass maHNPCC* k ro s k o p i s c h und mikrosko1. Drei oder mehr Verwandte mit kolorektalem Karzinom und/oder pisch kein TuEndometrium- Dünndarm-, oder Urothelkarzinom; mor verbleibt 2. mindestens zwei aufeinander folgende Generationen betroffen; (R0-Resekti3. ein erstgradig Verwandter betroffen; on). Entschei4. ein Erkrankter jünger als 50 Jahre; dend für die 5. Ausschluss einer FAP. Möglichkeiten * alle Kriterien müssen erfüllt sein Tab. 2 der Tumorchirurgie sind 1. Größe des Tumors urgisch oder konventionell): 2. Höhenlokalisation im Rektum 1. Tumor mobil, < 3 cm, weniger als 3. Präoperative Histologie ein Drittel der Zirkumferenz 4. Infiltration von Nachbarorganen 2. Biopsie: G1 oder G2, keine lymphoAd 2) Bei primär nicht (sicher) radi(Sphinkterapparat) gene, vasculäre oder perineurale Infilkal resezierbarem Rektumkarzinom, bei tration dem der Tumor zu nahe an der ResektiDie Ziele der Operation sind neben 3. Endosonographie: uT1N0 (uT2N0 onsfläche liegt - was durch die Beckender adäquaten Tumorentfernung eine nur bei Hochrisikopatienten) MRT mit höchster Sensitivität nachgeminimale Komplikationsrate und ein 4. Tumore bis 12 cm ab ano wiesen werden kann - stellt die Tumorgutes funktionelles Ergebnis. Die optiBei sorgfältiger Patientenselektion wird verkleinerung das Therapieziel dar. Das male Therapie des Chirurgen ist ein die Lokalrezidivrate je nach Tumorstawird durch die präoperative Langzeitentscheidender Prognosefaktor für das dium zwischen 7,5 und 21 Prozent anRadiochemotherpie erreicht (50Gy mit Auftreten eines Lokalrezidives und sogegeben und ist damit den Ergebnissen konkomitanter 5-Flourouracil basierten mit für die Fünf-Jahres-Überlebensrader Rektumamputation vergleichbar. Chemotherapie für fünf bis sechs Wote, nicht jedoch für das Auftreten von chen) und anschließender Operation Fernmetastasen. Eine Indikation zur radikalen nach weiteren mindestens vier Wochen, Resektion ergibt sich Lokale Therapie: Polypektomie, um ein optimales Ansprechen des Tu;Bei unvollständiger Karzinomtransanale Vollwandexcision, entfernung mors auf die Therapie zu erwirken. transanal endoskopische Mikrochirurgie ;Bei High-Grade Karzinomen (G3) Von Karzinomen im Rektum und Lymphgefäßinfiltration Operative kurative Therapie spricht man dann, wenn atypische, epi;Bei pT2 Stadium unter BerückDie operative Entfernung des Tumors sichtigung des individuellen Operatheliale Formationen die Submucosa steht im Mittelpunkt der Therapie, wotionsrisikos infiltrieren (pT1 oder mehr). Ein pTisbei wenn immer möglich eine kurative Low risk Tumor (= Mucosakarzinome Operative Therapie – Operation angestrebt werden soll (Abb. und intraepitheliale Tumore ohne Meresezierende Verfahren tastasierung, (Tab.1) kann Rektumkarzinome breiten sich indurch lokale Maßnahmen im tramural (Submucosa, Muscularis Gesunden entfernt werden. Stadieneinteilung propria) und extramural (MesorekDie Resektionsränder sollten des kolorektalen Karzinoms tum = Lymphfettgewebe des Rekmindestens ein Zentimeter tums dorsal und lateral) aus. Die Opbetragen und tumorfrei sein. UICC Dukes timierung der Operationstechnik Das Präparat wird mittels NaTis 0 0 und ein besseres Verständnis des lodel auf einer Korkplatte aufgeT1 0 0 I A kalen Tumorwachstums haben dazu spannt und so dem PatholoT2 0 0 geführt, dass 80 Prozent der Rektumgen übergeben. Erweisen sich T3 0 0 II B resektionen sphinktererhaltend durdie Resektionsränder tumorT4 0 0 chgeführt werden können. Seit Einfrei, ist kein weiteres chirurgiJedes T N1* 0 III C Jedes T N2* 0 führung der totalen Mesorektalen sches Vorgehen erforderlich. Jedes T jedes N 1 IV D Excision (TME) konnte das Risiko Indikationen zur transanalen eines Lokalrezidives vermindert und Vollwandexcision möglichst * N1= Metastasen in 1-3 regionären Lymphknoten, somit das Gesamtüberleben gesteiunter Mitnahme des perirek* N2= Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten gert werden (Abb. 5). Das Konzept talen Fettgewebes (mikrochirTab. 1 3 ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004 rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 50 der TME ist die Entfernung des Lymphfettgewebes in einer embryonal vorgegebenen Schichte bis fünf Zentimeter unter den Tumorrand. Da der dem Musculus levator aufliegende distale Rektumanteil kein Mesorektum besitzt, muss bei tiefsitzenden Tumoren das gesamte Rektum bis auf eine kurze, supralevatorische Manschette entfernt werden. Das bedingt, abhängig vom Tumorstadium, zwingend extrem sphinktererhaltende Operationsverfahren wie die koloanale Anastomose beziehungsweise die intersphinktäre Resektion (bei Tumorsitz ein bis zwei Zentimeter ab der Linea dentata, Abb. 6). Weitere Verfahren, abhängig von Tumorlokalisation, der Tumorgröße und anderen Faktoren sind die anteriore Resektion (Tumore im proximalen Drittel), die tiefe anteriore Resektion (vollständige Mobilisation des Rektums mit Durchtrennung der lateralen Aufhängung des Rektums) und die abdomino-perineale Rektumresektion mit permanenter Stomaanlage. Die Operation in kurativer Absicht beinhaltet: ; Die Absetzung der Art. mesenterica inferior zumindest unmittelbar distal des Abganges der Art. colica sinistra. ; Die komplette TME bei Karzinomen des mittleren und unteren Rektumdrittels (Abb. 7). ; Die Einhaltung eines distalen Sicherheitsabstandes von mindestens zwei Zentimeter am nicht ausgespannten Präparat (intraoperativer Schnellschnitt!). ; Falls nötig die En bloc-Resektion von tumoradhärenten Organen. ; Die Erhaltung der autonomen Nervenstränge (Plexus hypogastricus) zur Vermeidung urologischer oder sexueller Funktionsstörungen. ; Die Dehiszenzrate der Anastomosen sollte fünf Prozent nicht überschreiten, weshalb diese Eingriffe nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden sollten. Bei koloanalen Anastomosen beträgt sie etwa 8,6 Prozent. Bei sehr tie- 4 fen Anastomosen - besonders an der Linea dentata- sollte eine Schutzkolostomie/-ileostomie angelegt werden. Eine abdominoperineale Rektumamputation mit permanentem Descendostoma ist bei tiefsitzenden Tumoren, die den anorektalen Übergang infiltrieren, bei Sphinkterinfiltration oder auch bei High-Risk Tumoren (G3) indiziert. Auf besonderen Wunsch der Patienten, die kein permanentes Stoma wünschen, ist in einem zweiten Schritt die Möglichkeit der Wiederherstellung eines Anus mit Neuaufbau des Kontinenzorganes mittels „dynamischer Grazilisplastik“ (Umschlingung des Neorektums mit dem Musculus gracilis und Implantation eines Generators, der den Muskel stimuliert und nach zwei Monaten zu einer tetanischen Dauerkontraktion führt, wobei der Patient durch Ausschalten des Generators die Defäkation vollführen kann) gegeben. Bei korrekter Aufklärung und sorgsamer Einschulung rektumexstirpierter Patienten ist der Großteil dieser Patienten zufrieden und in der Lebensqualität nicht eingeschränkt. Beim Rektumkarzinom auf Basis einer FAP oder einer Colitis ulcerosa ist die Proktokolektomie mit Anlage eines ileoanalen JPouches die Therapie der Wahl. Liegen synchrone kolorektale Karzinome vor, sind die Prinzipien der onkologischen Chirurgie einzuhalten, bei Verdacht auf HNPCC (Tab. 2 ) sollte eine subtotale Kolektomie – wenn die Höhe des Rektumtumors es zulässt durchgeführt werden. In Notsituationen wie Tumorperforation oder Ileus Bethesda Kriterien* 1. Erfüllung der Amsterdamkriterien 2. Patienten mit 2 HNPCC- assoziierten Karzinomen einschließlich synchroner oder metachroner Dickdarmtumore 3. Patienten mit einem erstgradig Verwandten mit kolorektalem oder assoziierten extrakolonischen Tumoren, diagnostiziert vor dem 45. Lebensjahr (bei Adenomen < 40. Lebensjahr) 4. Patienten mit kolorektalem oder Endometriumkarzinom < 45 Jahren 5. Patienten mit rechtsseitigem Kolonkarzinom (undifferenzierter, solid/cribriformer Zelltyp oder Siegelringzellkarzinom) < 45 jahren 6. Adenome < 40. Lebensjahr * nur ein Kriterium muss erfüllt sein ; Rektoskopie mit Messung des Abstandes des distalen Tumorrandes von der Linea dentata zum Unterrand des Tumors und Biopsie. Entscheidend für die chirurgische Therapiewahl ist der Abstand des Tumors zur Shinctermuskulatur. Präoperative Kolonoskopie zum Ausschluss synchroner Läsionen. ; Bei stenosierendem Tumor: Irrigoskopie oder bei schlechter Aussagekraft Koloskopie drei bis sechs Monate postoperativ und intraoperative Palpation des gesamten Kolons. ; Computertomographie von Thoraxröntgen (gegebenenfalls CT) und Abdomen (Fernmetastasen?) ; Tumormarker (CEA) auch zur postoperativen Verlaufskontrolle: ein präoperativ hoher CEA Wert weist auf ein schlechteres Tumorstadium hin. ; Sphinktermanometrie vor besonders tiefen Anastomosen und bei klinischem Verdacht auf Inkontinenz. ; Endosonographie (EUS) zur Beurteilung der Tiefeninfiltration (uT-Stadium: Genauigkeit etwa 89 Prozent). Die Schwachstelle ist die Beurteilung eines uT2 Stadiums, da hier die peritumorale Entzündungsreaktion diagnostisch einschränkend wirkt (Tabelle 4). ; Hochauflösende Magnetresonanztomograohie (ev. mit endorektaler Spule zur Abklärung der Infiltration benachbarter Organe (besonders der Sphinktären) (Tabelle 4). ; Urologische und/oder gynäkologische Untersuchung bei Verdacht auf Infiltration von Nachbarorganen. Tab. 3 ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004 rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 52 richtet man sich nach den onkologischen OP-Erfordernissen. In Abhängigkeit vom Zustand des Patienten ist die Entfernung synchroner Läsionen der Leber und der Lunge dann indiziert, wenn damit eine R0-Resektion erreicht werden kann. Da tiefe sphinktererhaltende OPVerfahren die Kontinenz beeinträchtigen können, sind neben den geraden End-zu-End Rekonstruktionen (nach zwölf Monaten sind bis zu 67 Prozent der Patienten kontinent) Pouchverfahren zur Erhöhung der Compliance und Reservoirkapazität entwickelt worden: der J-Kolonpouch (Abb. 8) und der transversale Koloplastikpouch (Abb. 9), letzterer ist besonders bei engem männlichen Becken zu bevorzugen. Folgende Erkenntnisse und die Qualität des chirurgischen Eingriffes sind prognostische Faktoren: ; Die TME: Die TME verringert die lokale Rezidivrate auf 3,5 bis 7,3 Prozent, die Fernmetastasierung bleibt weinig beeinflusst. Das Gesamtüberleben steigt damit auf 50 bis 78 Prozent. ; Adäquater zirumferenzieller Resektionsrand: Die Tumorfreiheit des zirkumferentiellen Resektionsrandes ist prognostisch signifikant. ; Anzahl der untersuchten Lymphknoten: Die Anzahl der gefundenen Lymphknoten - besonders bei der TME - ist prognostisch relevant, dies gilt besonders für Patienten ohne Lympknotenbefall und bei T3 Tumoren, wenn mehr als zehn Lymphknoten befundet werden. Behandlungsstrategie beim Rektumkarzinom Hier haben der Chirurg und der zählende Pathologe entscheidenden Einfluss. ; Beachtung des Sicherheitsabstandes: Der distale Sicherheitsabstand sollte zwei Zentimeter am gestreckten Darmrohr betragen. Die Inzidenz der LokalDurchschnittliche Genauigkeit rezidive und das des präoperativen Stagings Fünf-JahresMethode T-Staging Lymphknotenstaging Überleben nach EUS 89% 70% kurativer InterCT 60% 82% vention abhängig MRT mit Spule 83% 75% vom Tumorstadium beträgt: Tab. 4 5 Abb.3 Lokalrezidivrate UICC Stadium I: 9,3% (3-14%) UICC Stadium II: 17,9% (9-42%) UICC Stadium III: 31,9% (15-55%) 5-Jahresüberleben 75-91% (78,7%) 44-79% (64,1%) 10-57% (40,9%) Nach Köckerling 2002 Laparoskopische Rektumresektion Rektumresektionen und -amputationen sind laparoskopisch assistiert machbar. Wenn auch derzeit aufgrund fehlender randomisierter Studien eine abschließende Beurteilung des onkologischen Ergebnisses vorliegt, scheint dieser Eingriff bei kleinen Karzinomen, wenn er von einem erfahrenen ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004 rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 53 DFP - Literaturstudium Chirurgen durchgeführt wird, keine Erhöhung der Lokalrezidivrate zu bedingen. Die Lernkurve ist jedoch sehr hoch. Ideal geeignet sind palliative Resektionen bei Fernmetastasen, da das Operationstrauma im Falle eines Zweiteingriffes nach erfolgreicher adjuvanter Therapie minimiert ist und die Immunlage des Patienten nicht durch einen großen abdominellen Eingriff kompromittiert ist. Postoperative pathologische Diagnostik Für die weitere Therapieplanung ist die Residualtumor (R)-Klassifikation, das heißt das Fehlen oder Vorhandensein von Resttumor nach Behandlung. Sie erfolgt durch klinische und pathologische Beurteilung (Zwei-Stufen Prozess). Definition der R-Klassifikation RX: Vorhandensein von Residualtumor nicht beurteilbar R0: Kein Residualtumor R1: Mikroskopischer Residualtumor (zum Beispiel Resektionsränder positiv) R2: Makroskopischer Residualtumor (inkomplette TU-Entfernung makroskopisch, Fernmetastasen) Die Residualtumorklassifikation setzt eine adäquate Lymphadenektomie voraus, und ist wegen ihrer prognostischen Bedeutung in jedem histologischen Befund obligat anzugeben. Die Beurteilung der Invasionstiefe (pT-Stadium), das pN-Stadium (es ist die Untersuchung von mindestens zwölf Lymphknoten gefordert- Prognosefaktor!) und die komplette Untersuchung des Mesorektums ohne Einrisse sind erforderlich (Farbstoffdarstellung im pathologischen Präparat). Damit ist der pathologische Befund ein wichtiger Indikator für die Prognose und das weitere Procedere. Adjuvante Therapie Voraussetzung für eine adjuvante Therapie ist die R0-Resektion des Primärtumors. Die meisten Studien bezüglich adjuvanter Therapiemaßnamen OP-Planung in Abhängigkeit der Sphinkterinfiltration beziehen sich auf das chirurgisch technisch weit einfacher zu operierende Kolonkarzinom. Indikationen bei nicht vorbehandelten Patienten sind ; Perforierte Rektumkarzinome ; UICC Stadium III ; UICC Stadium II (Tumor mit maligner Invasion von Nachbarorganen) ohne neoadjuvante Therapie ; Inadäquate TME und/ oder Sicherheitsabstand distal < 1mm Ergebnisse mehrerer Studien haben dazu geführt, dass eine adjuvante Therapie des Rektumkarzinoms derzeit in Form einer kombinierten Radiochemotherapie erfolgen sollte. Die randomisierten Studien zur postoperative Radiochemotherapie zeigten für den jeweils kombinierten Arm statistisch höhere Überlebensraten im Vergleich zu der alleinigen postoperativen Strahlentherapie oder der alleinigen Resekti- ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004 Abb.4 on mit einer Steigerung der Fünf-Jahres-Überlebensrate um zehn Prozent. Nebenwirkungen dieser Therapie sind jedoch enteritische Strahlenfolgen, Fibrose des Neorektums und damit schlechtere funktionelle Ergebnisse. Daher ist schon bei der Operation der Versorgung des kleinen Beckens Aufmerksamkeit zu schenken (zum Beispiel Netzplombe zur Verhinderung des Vorfalles von Dünndarm in das kleine Becken nach abdomino-perinealer Rektumamputation) Adjuvante Chemotherapie: indiziert bei 1) T3 Tumoren ohne neoadjuvante Therapie 2) T4 Tumoren mit Befall benachbarter Organe Bei T3/T4 Primärtumor oder Lymphknotenbefall zeigte sich die alleinige adjuvante Chemotherapie 6 rectumca_forweb 09.02.2005 14:39 Uhr Seite 54 gleichwertig im Vergleich zur adjuvanten Radiochemotherapie in Bezug auf die Gesamtrezidivrate. Die Basistherapie ist 5-Fluorouracil (5-FU) in Kombination mit dem Modulator Calciumfolinat (Leukovorin), wobei es zu hoffen ist, dass durch den Einsatz neuerer Zytostatika die Effektivität der Chemotherapie gesteigert werden kann. Rezidiv an der Nahtlinie und extraluminale Rezidive, die schwer erkennbar sind und oft erst durch einen CEA-Anstieg (der aber nicht unbedingt vorliegen muss) oder Schmerzen manifest werden. 50 Prozent der Lokalrezidive sind operabel, wobei hier aufwendige Operationen notwendig sind. Adjuvante Strahlentherapie: Sie senkt die Häufigkeit der Lokalrezidivrate um etwa ein Drittel, nicht aber das Überleben der Patienten. Durch die multimodalen Therapieansätze hat die alleinige postoperative Bestrahlung keinen Stellenwert in der adjuvanten Behandlung des Rektumkarzinoms. Daher kommt die postoperative Strahlentherapie nur im palliativen Setting, bei inoperablen Patienten oder Operationsverweigerern in Frage. Zur Tumorverkleinerung sollte präoperativ eine Radiochemotherapie zur Tumorverkleinerung durchgeführt werden, die Ansprechraten liegen bei etwa 60 Prozent. Die FünfJahre-Überlebensrate liegt nach dem chirurgischen Eingriff bei 21 bis 50 Prozent, wobei hier eine R0-Resektion Voraussetzung ist. Das Lokalrezidiv und Lebermetastasen 70 Prozent der Lokalrezidive entstehen innerhalb der ersten drei Jahre. Man unterscheidet das im Rahmen der Nachsorge leicht erkennbare 25 bis 30 Prozent der Patienten entwickeln metachrone Lebermetastasen. Die chirurgisch radikale Resektion ist die einzige Heilungsschance mit einem Fünf-Jahres-Überleben von 25 bis 50 Prozent. Allerdings sind nur 15 bis 20 Prozent der Patienten für eine Resektion geeignet. Die präoperative Evaluation ist aufwendig, die Rezidivrate mit 60 bis 70 Prozent hoch. Daher sind Aktuelle chirurgische Technik bei tiefsitzendem Rektumkarzinom Sphinktererhaltung: 80% multimodale Therapiekonzepte wie (neo)adjuvate Chemotherpie mit neueren Substanzen wie Oxaliplatin und Irinotecan anzustreben. Fallgruben in Diagnose und Therapie Keine Erhebung der Familienanamnese und keine Rektoskopie von jüngeren Patienten mit peranalen Blutabgängen - hier kann ein erbliches kolorektales Karzinomsyndrom übersehen werden. Bei Einhaltung einer exakten präoperativen Diagnostik sind therapeutische Fallgruben zu vernachlässigen Palliativmaßnamen Neben chirurgischen Maßnahmen stehen hier ablative Verfahren wie die Argonbeamer – oder Laserabtragung , aber auch bei Tumoren im oberen Rektumdrittel endoskopische StentSetzungen zur Verfügung. Zusätzlich sollte bei Generalisation eine Chemotherapie mit 5-FU/Folinsäure durchgeführt werden. Zeigen Kontrolluntersuchungen nach zwei bis drei Zyklen eine Progression der Erkrankung, ist die Chemotherapie abzusetzen. *) a.o. Univ. Prof. Dr. Judith KarnerHanusch, AKH Wien/Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Wien; Tel: 01/40 400/69 39; Fax-DW: 56 41; email: [email protected] Abdominoperineale Exstirpation: 20% Bei Infiltration der Sphinkteren und/oder G3-Tumoren Holy Plane, Totale Mesorektale Excision Lecture Board: a.o. Univ. Prof. Dr. Friedrich Herbst, a.o. Univ. Prof. Dr. Anton Stift, a.o. Univ. Prof. Dr. Enrico Cosentini, alle: AKH Wien/Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Medizinische Universität Wien Kolonale Anastomose Herausgeber: Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie der Medizinischen Universität Wien Interspinktäre R0 Resektion Staplernaht möglich, dadurch 1cm Resektionsrandgewinn Abb. 6 7 Diesen Artikel finden sie auch im Web unter www.arztakademie.at ❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004