Deutsches Ärzteblatt 1977: A-1764

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Aktuelle Medizin
Maligne Weichteiltumoren
FÜR SIE GELESEN
diese Diagnose heute häufiger gestellt, da die elektronenoptische
Untersuchung Muskelfibrillen besser nachweisen läßt.
Im Gegensatz zu den sehr häufigen
Angiomen und Lymphangiomen
sind maligne Tumoren des Blutund Lymphgefäßsystems selten, zumal in peripheren Lokalisationen.
Während bei den bisher besprochenen Geschwulsttypen die benignen Formen bei weitem überwiegen, ist dies bei den Geschwülsten der Synovia umgekehrt. Beim
malignen Synovialom führen das
langsame Wachstum, schmerzhafte
Gelenkschwellungen und den Tumor verfehlende Probebiopsien oft
zu Fehldiagnosen wie Bursitis, Arthritis, Arthrosis deformans und
dergleichen; hier ergeben sich
ganz ähnliche klinische Probleme
wie bei den Knochentumoren.
Mesotheliale Tumoren sind selten,
nicht aber Tumoren des peripheren
Nervensystems, die sich besonders
oft einer präoperativen Diagnose
entziehen: Selbst bei unmittelbarem Ausgang von einem Nerven
muß dessen Funktion nicht unbedingt in Mitleidenschaft gezogen
sein. In dieser Gruppe ist der seltene Fall gegeben, daß primär benigne Tumoren maligne entarten
können, nämlich bei der Neurofibromatose v. Recklinghausen.
Die Ziffern 9 bis 13 der Tabelle seien ausgeklammert, da es sich mit
Ausnahme der Mesenchymome um
vorwiegend retroperitoneale und
endothorakale Tumoren handelt.
Dagegen sind atypische, von unterschiedlichen Geweben stammende
und unklassifizierbare Tumoren
(Ziffern 14 bis 16 der Tabelle) nicht
selten; proliferierende Gewebshyperplasien ähneln oft im histologischen Bild einem Sarkom und können fast unlösbare klinische Probleme aufgeben.
Als letztes erst seien die vom Bindegewebe ausgehenden Tumoren
besprochen. Bei dieser Gruppe
wird die sonst nie fehlende Klassifizierung in gutartig und bösartig
1764
Heft 27 vom 7. Juli 1977
vermißt, und zwar als Ausdruck der
Tatsache, daß hier die Unterscheidung in maligne und benigne Tumoren besonders problematisch ist.
Auch wenn man nicht so weit geht
wie manche USA-Pathologen, welche die Existenz eines gutartigen
Fibroms bestreiten und nur von Fibrosarkomen unterschiedlicher Differenzierung sprechen, so sollte
man doch einen letzten Leitsatz
berücksichtigen:
• Die Diagnose „Gutartiges Fibrom" ist stets nur unter Vorbehalt zu akzeptieren! Verlaufskontrollen sind dringend anzuraten!
Neben eindeutig benignen Formen
wie der aggressiven Fibromatose,
die niemals maligne entarten oder
metastasieren, gibt es Formen wie
das Dermatofibrosarcoma protuberans, für die das nicht gilt. Doch
können auch die Fibromatosen wegen ihrer Ausdehnung, die schon
bei Jugendlichen monströs sein
kann, das Leben ihres Trägers gefährden.
Die Schwierigkeit der Differenzierung zwischen benigne und maligne kennzeichnet die Weichteiltumoren wie kaum eine andere Tumorgruppe, und es wird noch lange dauern, bis in jedem Einzelfall
rasch und eindeutig Klarheit geschaffen werden kann. Um so wichtiger ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit bei jedem manifest
gewordenen malignen Weichteiltumor.
Literatur beim Verfasser
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. Ernst Kern
Chirurgische Universitäts-Klinik
Josef-Schneider-Straße 2
8700 Würzburg
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Langzeitergebnisse nach
Bypass-Operationen
wegen extremer
Adipositas
Der jejuno-ileale Bypass stellt bei
extremer Adipositas oft die einzige
Möglichkeit dar, um eine anhaltende
Gewichtsreduktion zu erzielen. Dieser chirurgische Eingriff geht jedoch
mit einer Fülle von Stoffwechselveränderungen einher, die eine enge
Überwachung erfordern. Während
eines Beobachtungszeitraums von
14 Jahren wurden bei 59 Männern
und 171 Frauen Dünndarmausschaltungsoperationen durchgeführt.
Der postoperative Gewichtsverlust
lag nach 2 Jahren bei 37% (Männer)
bzw. 35% (Frauen). Hypokaliämie
(23%), Hypokalzämie (22%), Hypalbuminämie (9%), metabolische Azidose (14%), Anstieg der Leberenzyme (41%) und Hyperbilirubinämie
(6%) waren die häufigsten festgestellten blutchemischen Veränderungen. An Komplikationen wurden
beobachtet: Arthritis (Männer 8%,
Frauen 19%), Leberfunktionsstörungen (Männer 2%, Frauen 6%), Gallensteine (Männer 10%, Frauen 9%),
Nierensteine (Männer 24%, Frauen
10%) und psychische Veränderungen (Männer 8%, Frauen 9%).
48% der männlichen und 51% der
weiblichen Patienten mußten wieder
stationär aufgenommen werden zur
Behandlung von Komplikationen,
zur Shunt-Revision oder zu einer
Substitutionstherapie. 19 Todesfälle
(8%) in der postoperativen Beobachtungszeit mußten auf die Bypass-Operation zurückgeführt werden, darunter 10 Fälle von Leberkoma. Wegen der genannten Komplikationen sollte eine Dünndarmausschaltungsoperation nur bei Patienten durchgeführt werden, die zu einer engen postoperativen Überwachung bereit sind.
De Wind, Loren, T., Payne, J. Howard: Intestinal Bypass Surgery for Morbid Obesity
JAMA 236: 2298-2301 (1976)
Departments of Medicine and Surgery, University of Southern California School of Medicine,
Los Angeles
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