Neuropsychologische Störungsprofile bei verschiedenen

Werbung
Fachtagung Hilfe bei Demenz:
Selbst bei Demenz: Ressourcen erweitern, Sinn erhalten,
ethisch handeln
Neuropsychologische Störungsprofile bei
verschiedenen Demenzformen
Bedeutung der Differentialdiagnose für Therapie und
Rehabilitation
C.W. Wallesch, BDH-Klinik Elzach
Kriterien der Demenz (alzheimerlastig!)
„Demenz“ ist keine definierte Krankheit, sondern eine
Konstellation von Symptomen
ICD 10:
1) Störungen des Gedächtnisses,
2) Störungen des Denkvermögens oder Sozialverhaltens.
1)
und 2) stellen alltagsrelevante Beeinträchtigungen dar.
3) Dauer > 6 Monate
4) die Symptome können nicht durch eine andere
Erkrankung oder vorübergehende Störung erklärt
werden.
Demenzen: Epidemiologie
• In Deutschland über 1 Million Betroffene, davon 20.000
unter 65 Jahre (Bickel 2004)
• Prävalenz steigt von 1,5% der 65-69jährigen auf ca.
35% der 90-94jährigen
• Ursachen (gute Statistiken fehlen):
–
–
–
–
M.Alzheimer
andere degenerative Demenzen (FTD,LBD)
vaskuläre Demenzen
andere (z.T.kausal behandelbare)
60%
15%
15%
> 5%
unter Behandlung ausgeheilt:
1%
(Waalestra et al., 1997)
Problem der Früh- und frühen Differentialdiagnose
Warum Früh- und Differentialdiagnostik der
Demenzen?
• Demenzen sind volkswirtschaftlich bedeutsam (direkte und indirekte
Krankheitskosten in Deutschland ca € 50 Mrd./Jahr)
• Ca. 5% dementer Patienten könnten kurativ behandelt werden - je
früher, um so kurativer.
• die Krankheitsprogression kann bereits derzeit bei den beiden
häufigsten zur Demenz führenden Erkrankungen (M.Alzheimer und
subcortikaler arteriosklerotischer Enzephalopathie) aufgehalten werden je früher, um so mehr Lebensqualität für Patienten und pflegende
Angehörige (zumindest vorübergehend)
• Eine spezifische Therapie des M.Alzheimer scheint in absehbarer Zeit
erreichbar (Sekretase-Inhibitoren, Statine, Vakzination) – dann wird die
frühe Differentialdiagnose der degenerativen Demenzerkrankungen
„wertvoller“.
• Forderung: behandelbare Demenzerkrankungen (auch Alzheimer und
vaskuläre Demenz) müssen möglichst im prädementiellen Stadium
diagnostiziert werden.
Frage 1: Liegt überhaupt eine Demenz vor?
• Kognitive Störungen im Bereich der Norm - die/der
„beunruhigte Patient/in“
• „benign senile forgetfulness“/“mild cognitive impairment“
(erhöhtes Risiko, ca. 10%/Jahr)
• Hier ist die Frage nicht „Bin ich dement?“ (klinisch leicht zu
beantworten) sondern „Werde ich dement werden?“
• depressive Pseudodemenz (erhöhtes Risiko, ca 50% ADRate über 10 Jahre, behandelbar mit kognitivem Residuum)
• Depression (behandelbar)
• protrahiertes akutes organisches Psychosyndrom (z.B.
toxische oder metabolische Encephalopathie)
Altersassoziierte Defizite höherer
Hirnleistungen
•
•
•
•
•
geringe Aufmerksamkeitsdefizite
geringe psychomotorische Verlangsamung
geringe Umstellungserschwerung
Neugedächtniseinbussen
geringe Verminderung der „fluiden“
Intelligenz (v.a. visuokonstruktive und
exekutive Defizite)
Leichte kognitive Störung
• Kriterien (Petersen et al, AAN, Neurology 2001):
–
–
–
–
–
Subjektive Gedächtnisstörungen, möglichst fremdanamest. bestätigt
Objektive Gedächtnisdefizite (Neuropsychologie)
Im übrigen normale kognitive Funktionen (Neuropsychologie)
ADL intakt
Demenzkriterien werden nicht erfüllt
• Konversionsrate zu AD zwischen 6% und 25%/ Jahr
• Bei diesen Patienten erscheint regelmäßiges Screening
sinnvoll (Guideline)
• Die Identifikation von Patienten mit erhöhtem Risiko sollte
mittels neuropsychologischer Untersuchung erfolgen
(Guideline) – private Pflege-Zusatzversicherung wird aktiv
Subtypen der leichten kognitiven
Beeinträchtigung
Heimann & Wallesch 2005,
nach Petersen et al. 2001
Demenz: Fälle I - 1
Mann, 85 Jahre, Ingenieur. Vorstellung durch niedergelassenen Nervenarzt im
Rahmen einer BMBF-geförderten Studie zur Wirksamkeit von ChE-Hemmern
• schildert spontan zunächst Probleme beim Autofahren vor ca. 3 Jahren
(Verkehrsregeln seinen ihm nicht mehr eingefallen), dann zunehmende
Verschlechterung von Gedächtnis und Orientierung
• aktuell Probleme bei der Richtungsorientierung (er verwechsle Seiten einer
Haltestelle), verlege Gegenstände, müsse sich Termine aufschreiben, könne
sich Gesprächsinhalte nicht merken, erkenne ehemalige Arbeitskollegen nicht
mehr, beim Lesen und Fernsehen verliere er häufig den Faden. Im Alltag habe
er Schwierigkeiten sich an neue Dinge zu gewöhnen (z.B. neuer
Elektrorasierer). Das Essen werde geliefert, ansonsten könne er den
Alltagsablauf bewältigen.
• Die Stimmung sei im letzten Jahr schlecht gewesen, er leide unter
Einschlafschwierigkeiten.
• Pat. ist verwitwet und lebt allein.
DD: normales Altern/ beginnende Demenz/ Depression?
Demenz: Fälle I - 2
Fremdanamnese durch separat lebende Lebensgefährtin:
• seit 3 Jahren zunehmende Gedächtnisdefizite, verminderte
Orientierungsfähigkeit in bekannter Umgebung. Er verlege häufig
Gegenstände und habe Schwierigkeiten im Abruf von
Altgedächtnisinhalten (Urlaube der letzten Jahre mehr als frühere
Urlaube).
• Als er noch Auto gefahren sei, habe er z.B. den Kofferraum
aufgelassen, Probleme beim Abbiegen gehabt, den Spiegel
abgefahren.
• Gelegentliche Wortfindungsstörungen. Keine Veränderungen im
Verhalten oder in der Persönlichkeit.
• früher sei er ein sehr intelligenter Mensch gewesen, davon sei
nun „nichts mehr da“
Demenz: Fälle I - 3
Neuropsychologie:
Screening:
MMSE 26/30, davon 10/10 im Orientierungsteil
Orientierung:
in allen Qualitäten vollständig
Verhaltensbeob: beim Toilettengang nicht gleich zurückgefunden, gegen
Ende der Untersuchung vermehrte Ermüdung
Sprache:
z.T. Satzabbrüche, Wortfindung für Namen beeinträchtigt
Benennen grenzwertig mit vereinzelten semant. Paraph.
Token Test grenzwertig
Eindeutig pathologisch:
Wortlistenlernen, ibs. Abruf
autobiographisches Gedächtnis, v.a. rezent
semantisches Altgedächtnis
Problemlösen – erhöhte Fehlerzahl
Demenz: Fälle I - 4
Neuropsychologie Fazit:
Für eine relevante Depression ergibt sich kein Anhalt (BDI). Hinweise auf
Defizite im Neu- und Altgedächtnis sowie auf eine verminderte
konzentrative Belastbarkeit. Diskrete Defizite in Exekutivfunktionen.
Differentialdiagnostisch sind eine leichte kognitive Störung (MCI) oder
eine beginnende Demenz am wahrscheinlichsten.
DSM-IV und ICD-10 Diagnosekriterien für eine Demenz sind nicht erfüllt.
- falls nicht Gedächtnis und Autofahren (mit 85) als zwei kognitive
Domänen angesehen werden.
„amnestische MCI“ als Initialsymptomatik oder blande Ausprägung
einer Alzheimer-Erkrankung.
2.Frage: Differentialdiagnose: Liegt eine heilbare
Krankheit als Ursache der Demenz vor? Beispiele
•
•
•
•
Raumforderung (z.B. frontobasales Meningeom,
chronische subdurale Hämatome, NPH. ..)
Hypothyreose im Alter
Rezidivierende Hypoglykämien
Progressive Paralyse
Insgesamt ca. 5%, ausgeheilt wegen Späterkennung nur 1%.
Übersehen ist peinlich.
Strategie:
1) Bildgebung (MR, bei Kontraindikation CT)
2) Gezielte Labor- und klinische Diagnostik
Häufigere metabolische Ursachen eines
Demenzsyndroms
• Hypothyreose (7,5% älterer Frauen, davon 5%, mit
Symptom Demenz = 4 %o der Referenzpopulation,
Ganotakis et al., 2003)
Empfehlung der American Thyroid Asscociation (2000): ab
35 alle 5 Jahre TSH bestimmen!
• Schwere oder rezidivierende (z.B. nächtliche)
Hypoglykämien (Diabetes, Insulinom)
• Hypoparathyreodismus, Hyperparathyreodismus (Ca++)
• B12-Mangel (selten, Spiegelbestimmung als Screening)
• Hepatische, urämische Encephalopathie
• Chronische Hypoxie (kardiovaskulär, pulmonal, anämisch)
• Toxisch (v.a. iatrogen)
Normaldruckhydrocephalus
Symptome:
Gangstörung
Blasenstörung
Demenz
CT/MR-Befund (DD: SAE)
(rasche Progredienz)
Diagnostik:
24h-Druckmessung
Probepunktion
Probleme:
Häufig mit SAE assoziiert
(„Luftballoneffekt“)
Shunt bessert Demenz nur
selten (Frühdiagnose!)
Demenzen: klinische Typen
• Cortikale Demenz: im Vordergrund stehen
Teilleistungsstörungen höherer Hirnleistungen
(„Werkzeugstörungen). Antrieb und Persönlichkeit nur
wenig betroffen (Prototyp: M.Alzheimer)
• Subcortikale Demenz: im Vordergrund stehen
Antriebsstörung und psychomotorische
Verlangsamung (z.B. NPH, vaskuläre Demenz)
• Frontale Demenz: im Vordergrund stehen
Verhaltensauffälligkeiten, Planungsstörungen, Abulie,
Änderungen im Sozialverhalten (Prototyp:
frontotemporale Demenz)
Symptomatische medikamentöse Therapie der
subcortikalen Demenz:
Die Antriebsstörung lässt sich medikamentös bessern (oft
zulasten der Aufmerksamkeitsstörung bis hin zur
Verwirrtheit):
- Dopa
- Amantadin
- Piracetam (wg. Antriebssteigerung)
- Antidepressiva (z.B. Reboxetin, Moclobemid)
- Stimulantien (Methylphenidat)
Einige behandelbare Ursachen einer Demenz vom
subcortikalen Typ
• Subcortikale arteriosklerotische Enzephalopathie
• chronische Raumforderung (NPH, SDH, langsam wachsender
Tumor, radiogene Leukenzephalopathie)
• toxisch (reversibel - iatrogen - und irreversibel - CO,
Lösungsmittel, Schwermetalle), chronisch-metabolisch
• Hypothyreose
• Vit. B12-Mangel
• Depression
Vaskuläre Demenz: Bildgebung
Vaskuläre Demenz: Klinisches Bild
(aus Darley et al., 1975)
hypokinetische/zentralparetische Dysarthrie + diskrete Tetraspastik +
Akinese, + Antriebsmangel + Affektinkontinenz bei Hypertonie und Diabetes)
Vaskuläre Encephalopathie und
Politik (Jalta, 1944):
3. Frage: Ich habe die kurativ behandelbaren
Demenzen ausgeschlossen. Wie weiter?
Problemlage:
Es gibt zwei mäßig wirksame und nebenwirkungsarme
Behandlungen, die bei M.Alzheimer nachgewiesen und bei
vaskulärer und Lewy-Körper-Demenz (LBD) möglicherweise
wirksam sind (ChE-Hemmer und Memantine).
Es erscheint daher rational, nach der geschilderten Diagnostik
einen Therapieversuch mit Cholinesterasehemmern
anzuschließen und den Verlauf zu beobachten (Kanadische
LL, Patterson et al, 1999).
Die Behandlung vaskulärer Risikofaktoren ist ohnehin indiziert
Demenz vom Alzheimer Typ (DSM IV)
• Entwicklung multipler kognitiver Defizite von a)
Gedächtnis, b) Aphasie oder Apraxie oder Agnosie
oder Störung von Exekutivfunktionen
• Mindestens zwei dieser Defizite sind sozial oder
beruflich beeinträchtigend
• schleichender Beginn und zunehmender Abbau
• die Störungen können nicht durch andere
Erkrankungen (incl.psychiatr. Krankh.) erklärt werden
(je qualifizierter der Arzt, um so mehr Alternativen
fallen ihm ein)
• sie können nicht als Verwirrtheit erklärt werden
Kritik: hoher diagnostischer Aufwand, Diagnose
erst in fortgeschrittenen Stadien eindeutig
Demenzen: Zukünftig häufiger gestellte Diagnosen
(wegen – noch unscharf - definierter diagnostischer Kriterien)
• frontotemporale Demenz (etwa 10% der Demenzen, je nach
Abgrenzung der semantischen Demenz von der Alzheimer-Demenz)
oft kurz nach der Lebensmitte beginnend (bei Patienten unter 60 gleich
häufig wie die frühe Alzheimer-Demenz)
etwa ein Drittel familiäre Fälle (genetisch und klinisch heterogen, über 40 Gene)
– Frontalhirnsymptome (Sozialverhalten, Affekt, Außenreizabhängigkeit)
– Variante: Semantische Demenz (floskelhafte, leere Sprache)
• Demenz mit Lewy-Körperchen (etwa 10% der Demenzen, je nach
Abgrenzung von der „Demenz bei M.Parkinson“, nach aktuellen Kriterien <
2%)
Halluzinationen, Fluktuationen der Aufmerksamkeit, Parkinsonsymptomatik
nicht obligat
What best differentiates Lewy body from Alzheimer‘s disease
in early-stage dementia ? (Tiraboschi et al. 2006, Brain)
- 23 Patienten mit DLB, Alter 74 Jahre, 94 mit AD, Alter 75 Jahre
- symptomatisch seit 4 bzw. 5 Jahren
- MMSE 24 +- 4 bzw. 25 +- 3
Symptome in %:
LBD
AD
p
Visuelle Halluzinationen
22
1
< .001
Extrapyramidale Symptome
26
16
ns
Visuospatiale Defizite
74
45
< .02
Fluktuationen bei DLB (Bradshaw et al., 2004, JNNP)
Frage nach bester und schlechtester Funktionsfähigkeit am Vortag:
Worst: „He was hallucinating, his character changed and he got loud,
almost aggressive“
Best: „He was only slightly muddled“.
Worst: „She required full direction with ADLs, was lethargic, dribbling and
confused to time, place and routine.“
Best: „She was alert, aware of her routine and familiar with the other
residents.“
Worst: „He kept looking for „the exit“, couldn‘t find the bedroom or the
bathroom and had trouble recognizing me“ (wife)
Best: „He was alert, opened the door, and greeted me after work. He knew
me and seemed pleased to see me.“
Befragung der Angehörigen als Mittel der Diagnosestellung.
Psychometrischer Ansatz schwierig wegen Fluktuationen
Drei Patienten mit präseniler Demenz
- Fallgeschichten von Personen unter 65 Jahre -
Präsenile Demenz: Fall I: Frontotemporale Demenz
mit Defiziten von Exekutivfunktionen
58 jähriger Mann, vor 2 Jahren Entlassung als Rangierleiter, „weil ich mal was
übersehen habe“.
Klagt Wortfindungsstörungen für „Spezialbegriffe“, sonst keine Beschwerden.
Neurostatus, MR und Liquor unauffällig. MMSE 29/30.
Bei der Anamneseerhebung häufig sehr konkrete Antworten:
„Wie haben Sie geschlafen?“
„Auf dem Bauch, ganz flach.“
In der Anamneseerhebung weitschweifig und abschweifend.
Situationsinadäquater Affekt.
Stark reduzierte Interferenzkontrolle, Defizite in der Aufmerksamkeitsteilung
Defizite von Planung, Monitoring, Konzeptbildung, Abstraktionsfähigkeit,
spontaner und reaktiver Flexibilität.
Wisconsin Card Sorting nicht durchführbar (sortiert nach Ähnlichkeit)
Gedächtnisleistungen unauffällig (verbal) bzw. grenzwertig (nonverbal)
Keine Anhaltspunkte für visuokonstruktive, apraktische oder semantische
Defizite.
Demenzkriterien nicht erfüllt. Verdachtsdiagnose: Frontale Lobaratrophie
Präsenile Demenz, Fall II: Frontotemporale Lobaratrophie
59jähriger Maschinenschlosser und Ingenieurökonom, zuletzt Leiter des
Qualitätswesens in einer großen Baufirma, aktuell arbeitssuchend (12/07)
Ereignisse der letzten Jahre könne er zeitlich nicht einordnen
- klagt über Wortfindungsstörungen, der Wortschatz „veröde“
- beim Autofahren keine Probleme
- habe im letzten Jahr Geruchssinn verloren
Ehefrau:
- im Alltag desorganisiert (viele Zettel, bringe Dinge nicht zu Ende, vergesse
Aufgaben)
- verschätze sich beim Einkaufen in den notwendigen Mengen
- könne „nicht mehr logisch denken“ und Schlussfolgerungen ziehen
- vermehrt aufbrausend
- esse mehr und gieriger (häufiges Frühsymptom)
- vernachlässige Körperpflege
Neuropsychologie:
MMSE 27/10, davon 8/10 im Orientierungsteil
Wortfindungsstörungen, Konfabulationsneigung, unter „Frontalhirntests“ nur
Wisconsin Card Sorting auffällig
Diagnose: am ehesten beginnende Frontotemporale Demenz
Präsenile Demenz: Fall III-1
56 jähriger Maschinenbauer, lebt in Partnerschaft, arbeitet und fährt mit
dem PKW zur Arbeit.
Anamnese:
Seit 1 Jahr Probleme beim Merken, verstehe die Analoguhr nicht mehr. Er
sei durch diese Defizite belastet, fühle sich aber nicht traurig.
Fremdanamnese Lebensgefährtin:
Pat. leide unter Ein- und Durchschlafstörungen, Interesselosigkeit. Seit ca.
18 Monaten verlege er Dinge und finde sie nicht wieder. Er könne auch
einfache Berechnungen nicht mehr durchführen.
Verhaltensbeobachtung:
Kooperativ und motiviert, Neigung zum Bagatellisieren von Defiziten,
Misstrauen bei Erhebung der Fremdanamnese. WFS in der
Spontansprache, konzentrative Belastbarkeit beeinträchtigt. Vergaß
Portemonnaie im Untersuchungszimmer (O. Zangwills Test). Affekt und
Schwingungsfähigkeit unauffällig.
Präsenile Demenz: Fall III-2
Neuropsychologie:
MMSE
18/30, 8/10 im Orientierungsteil
Token Test
alterskorrigiert 13 Fehler (PR 73)
AAT Sprachverständnis PR 81
Visuokonstruktiv
Uhrzeiten können nicht gelesen werden, Uhrenund Haustest pathologisch (nächste Folie)
Zahlen, Rechnen
dreistellige Zahlen können nicht geschrieben
werden, Subtraktion nur im einstelligen Bereich
Praxie
ideomotorische Apraxie
Gedächtnis
verbale Merkspanne unterdurchschnittlich, visuelle
bei visuell-räumlichen Defiziten pathologisch. Im
Wortlistenlernen kein Lernzuwachs. Verbale
Rekognition extrem vermindert.
Wortflüssigkeit
phonologisch und semantisch vermindert.
Präsenile Demenz, Fall III-3
Uhrentest, Hausabzeichnen
Präsenile Demenz: Fall III-4
Neuropsychologie Fazit:
Ausgeprägte Neu- und Altgedächtnisstörungen, deutlich visuell-räumliche
Störungen, ideomotorische Apraxie, Dykalkulie,
Aufmerksamkeitsbeeinträchtigungen, exekutive Dysfunktionen und
Sprachstörungen. Demenzkriterien werden erfüllt.
Das neuropsychologische Defizitprofil ist vereinbar mit einer AD.
Es bestehen potientiell fahreignungsrelevante Defizite, der Pat. wurde
darüber aktenkundig aufgeklärt. Wegen ausgeprägter mnestischer
Defizite und Bagatellisierungsneigung weitere Aufklärung im Beisein
der Partnerin erforderlich.
Erste Symptome von frontotemporaler Demenz,
semantischer Demenz und M.Alzheimer
(Shinagawa et al., Dement Geriatr Cogn Disord 2006)
Symptom (in %)
N
FTD
36
SD
17
AD
52
Änderung Sozialverhalten
Enthemmung
Apathie, Rückzug, Aspontaneität
Stereotypes Verhalten
Summe Verhaltensauffälligkeiten
8
6
14
13
41
0
0
4
4
8
0
1
3
0
4
Gedächtnisstörungen
9
8
62
Wortfindungsstörungen
Paraphasien
Sprachverständnisstörungen
8
2
2
25
17
17
3
0
0
Die Patientengruppen waren gleichaltrig (ca 67 +- 8). Symptome
M.Alzheimer - Verlauf
• Frühsymptome: Gedächtnisstörung, Ratlosigkeit,
depressive Verstimmung. Neuropsychologisch
Verarmung semantischer Felder, Neugedächtnisdefizit
• im Verlauf zusätzlich: Wortfindungsstörungen,
Apraxie, Agnosie, räumliche Orientierungsstörung
(„happy wanderer“)
• Spätstadien: Echolalie, Mutismus, Hilflosigkeit
• bis zu Spätstadien vergehen bei jüngeren Patienten
(unter 65 Jahre) ca. 2-5, bei älteren 5-10 Jahre
Nichtmedikamentöse Behandlung von Demenzkranken
• Erhaltung optimaler kognitiver Kompetenz
– Direkt übende Verfahren ohne Generalisierung und Alltagstransfer
(Ousset et al., 2002)
• Erhaltung optimaler alltagspraktischer Kompetenz
– Realitätsorientierungstraining (ROT – Evidenz fraglich)
– Kommunikationstraining (Romero 2002 – unspezifisch wirksam)
• Erhaltung optimaler sozialer Kompetenz
– Milieugestaltung (Romero, 2004 im Druck)
– Beschäftigung (Teri et al., 2002)
• Psychisches und Physisches Wohlbefinden
– Selbsterhaltungstherapie (Romero & Eder, 1992)
– Multimodale psychosoziale Intervention (Drodaty et al., 2003)
• Beeinflussung problematischen Verhaltens durch u.a.
- Tanztherapie, tiergestützte Therapie (kleine randomisierte Studien)
• Beratung und Unterstützung der Angehörigen
Herunterladen