31. Aug.

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Basler Münster
1
Programm-Magazin Nr. 1 | Saison 16/17
31. Aug.
1. Sept.
19.30 Uhr
Programm Sinfoniekonzert
Bruckner+ Messiaen und Reger
Auszüge aus der Biografie
von Marek Janowski
4
Anton Bruckner
Messe e-Moll
7
12 Gesangstext Messe e-Moll
14 Andreas Liebig im Gespräch
16 Max Reger
Phantasie und Fuge über B-A-C-H
19 Der MDR Rundfunkchor
20 Olivier Messiaen
L’Ascension
Intermezzo
25 Illustration von König Lü.Q.
26 Kritikergeschichten, Teil 1
28 Vorgestellt
Immanuel Richter
Vorschau
31 Im Fokus
Dr. Hans-Georg Hofmann
Leiter künstlerische Planung
3
32 Demnächst
1
Konzerte mit den Messen und Sinfonien Anton Bruckners haben in Basel
eine lange Tradition: Zwischen 1876
und 2000 kam es im Musiksaal allein zu
über 150 Aufführungen seiner Sinfonien. Dirigenten wie Hermann Suter,
Felix Weingartner, Hans Münch, Moshe
Atzmon, Horst Stein und Mario Venzago
nahmen seine Werke immer wieder
in ihre Konzertprogramme auf. Komponiert hat Bruckner seine Sinfonien
als profane Musik für den Konzertsaal.
Doch als Organist kam er im oberösterreichischen St. Florian täglich mit dem
Kirchenraum in Berührung. Seinen
Werken wird häufig eine spirituelle
Wirkung zugesprochen, die ihren Ursprung in der Religiosität des Komponisten haben könnte. Für einen Bruckner-Zyklus im Basler Münster während
der Bauarbeiten im Stadtcasino Basel
gibt es mehrere Gründe. Ein weiterer
ist, dass Gustav Mahler hier 1903 mit
grossem Erfolg seine Auferstehungssinfonie dirigierte. In einem Brief berichtete er, wie ihn die besondere Stimmung
im Basler Münster beeindruckt hatte.
Wir freuen uns sehr, dass wir den
renommierten MDR Rundfunkchor aus
Leipzig und mit Marek Janowski einen
der ganz grossen Bruckner-Interpreten
für diesen Auftakt gewinnen konnten.
Es erwartet uns eine aussergewöhnliche Saison 2016/17 - wir freuen uns auf
viele unvergessliche Konzerterlebnisse
gemeinsam mit Ihnen.
Bruckner+
Messiaen und Reger
Liebes
Konzertpublikum
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SINFONIEKONZERT SOB
Bruckner+
Messiaen und Reger
Mittwoch, 31. August 2016
Donnerstag, 1. September 2016
19.30 Uhr
BASLER
MÜNSTER
18.30 Uhr: Konzerteinführung
durch Dr. Hans-Georg Hofmann
in der Allgemeinen Lesegesellschaft
am Münsterplatz 8
ca. 12’ Max Reger (1873 –1916)
Phantasie und Fuge über B-A-C-H, op. 46 (1900)
PAUS E
ca. 40’ Anton Bruckner (1824 –1896)
Messe e-Moll, WAB 27 (Fassung 1882)
Konzertende: ca. 21.30 Uhr
Sinfonieorchester Basel
MDR Rundfunkchor
Andreas Liebig, Orgel
Marek Janowski, Leitung
3
ca. 30’ Olivier Messiaen (1908 –1992)
L’Ascension. Quatre méditations symphoniques (1933)
1. Majesté du Christ demandant sa gloire à son Père
2. Alléluias sereins d’une âme qui désire le ciel
3. Alléluia sur la trompette, Alléluia sur la cymbale
4. Prière du Christ montant vers son Père
ZUM DIRIGENTEN
Auszüge aus der autorisierten
Biografie von Marek Janowski
– Atmen mit dem Orchester
«Es muss einer vorne
stehen und das alles
koordinieren»
von Marek Janowski/Wolfgang Seifert
Morgens auf der Probe oder abends,
wenn es losgeht, dann ist es bei aller
klaren Erkenntnis, dass das technische
Handwerk des Dirigenten dem Handwerk eines Geigers oder Oboisten weit
unterlegen ist, ganz klar: Sie sind die
Zentralfigur! Der Dirigent kann etwas,
was auch 100 hoch qualifizierte Musiker ohne ihn nicht zustande bringen, nämlich eine Orchesterkohäsion
herstellen und die Voraussetzungen
für sinnvolles Probieren und erfülltes
Musizieren schaffen.
Das war nicht immer so. Der Dirigentenberuf ist noch nicht alt. Früher,
bei den kleinen Formationen von Barock und Frühklassik, ging es vielfach
ohne Dirigenten ganz gut. Musikchefs
wie Haydn und Mozart haben vom
Cembalo oder vom ersten Geigenpult
aus das Orchester angeführt. Auch
heute spielt ein Orchester mit kleiner
Streicherbesetzung, zweifachem Holz
und zwei Hörnern, wenn es einen
guten Konzertmeister hat, unter dessen
Führung einwandfrei. Aber mit den
Riesenmassen an Musikern, die moderne Werke und moderne grosse Säle
erfordern, geht das nicht mehr, schon
aus rein physikalisch-akustischen
Gründen. Es muss einer vorne stehen
und das alles koordinieren. Entfernungen über sechs bis acht Meter auf dem
4
Voraussetzungen schaffen
Podium lassen ein Zusammenspiel
ohne Dirigenten einfach nicht zu; selbst
wenn es sich nur um einen einfachen
4/4-Takt handelt. Seine wichtigste Aufgabe ist zunächst das, was ich die «Verkehrsdienstregelung» nenne, nämlich
eine präzise Koordination der einzelnen
Musiker und der Orchestergruppen untereinander herzustellen – die Grundvoraussetzung für alles Weitere. Die
Vertikale und die Horizontale müssen
stimmen, Balancen und Farbmischungen von Akkorden sind herauszuhören
und zu korrigieren, ebenso die Dynamik auszugleichen et cetera, bis ein
Klangbild herauskommt, das dem Text
der Partitur wirklich entspricht. Viele
können das gar nicht, sondern wollen
als Interpret immer gleich direkt zum
lieben Gott durchmarschieren. Aber zunächst ist der Dirigent gestisch notwendig, um Akustisches zu koordinieren.
Dann erst kommt das gestalterische
Element hinzu.
Show-Dirigieren oder Atmen
mit dem Orchester
Das Visuelle ist seit den siebziger Jahren
immer wichtiger geworden, und das hat
den Beruf verändert, womit ich meine
Schwierigkeiten habe. Der Dirigent
wird zum bewegungsmässig visuellen
Transporteur von zu hörender Musik
für ein zusehendes Publikum. Das kann
man schön finden oder auch nicht, aber
so ist es. Die Mehrheit der Konzertbesucher erwartet das heutzutage, obwohl
es bei einem Saal mit zweitausend
Menschen sicher auch immer einige
gibt, die gut zuhören können. Manche
machen ja die Augen zu oder lesen die
Partitur mit.
5
Foto: Felix Broede
6
Aber die «trendy direction» ist, dass die
Mehrheit zuschaut. Dem entsprechen
mit ihrer Gestik die Show-Dirigenten, welche die Botschaft visuell nach
hinten, zum Publikum übermitteln und
sich damit selbst in den Vordergrund
stellen, vor die Musik. Wenn sie dabei
die Botschaft fachlich auch nach vorn
übermitteln, zum Orchester, dann ist
das fabelhaft, und es ist nichts dagegen
zu sagen. Aber die andern, die reinen
Show-Dirigenten und Pult-Wedler,
liegen besser im Trend. Und weil die
Orchester, viele davon, sich wegen
Radio, Fernsehen und Schallplatte
so enorm in ihrem Präzisionsgehabe
schon aus sich selbst verbessert haben,
funktioniert das manchmal sogar. Aber
ohne die Musiker könnte die nur auf
den Saal gerichtete rein visuelle Vermittlung nicht funktionieren.
Doch grundsätzlich gilt: Ohne eine
hohe Präzision des Spiels und ohne die
«Verkehrsdienstregelung» des Dirigenten geht überhaupt nichts. Erst wenn
die vertikale Präzision und die horizontalen Abläufe, die klanglichen Balancen
und die instrumentalen Farbmischungen gesichert sind, kann sich eine tragfähige Orchesterkohäsion als Grundlage erfüllten Musizierens herausbilden.
Um die zu erreichen, müssen auch die
Musiker überzeugt sein, dass sie nur
mit dem Dirigenten zusammen die in
der Partitur niedergelegte «Zielvorgabe»
erreichen können. Erst dadurch wird
das «Atmen mit dem Orchester» möglich. Dann erst kommt die eigentliche
Interpretation.
Romantische Agogik
Für mich als Interpret [der] Sinfonien
[Bruckners] ist es wichtig, gerade beim
Aufbau grosser Steigerungen die dafür
notwendigen, aber nicht notierten
kleinen Tempoänderungen auf eine fast
unmerkliche, organische Weise in den
musikalischen Fluss einzubringen. Das
ist nun ganz sicher nicht der barocke
Einheitsablauf wie bei Bach, das ist romantische Agogik, die aber notwendig
ist. Wenn Sie das nicht machen, besteht
bei Bruckner die grosse Gefahr, dass
musikalische Entwicklungen auseinanderfallen, stehen bleiben, trocken und
ausdruckslos wirken. Der Grund-Pulsschlag muss freilich immer da sein, und
die lebendige Fortführung muss um
diesen pulsieren. Das gilt entsprechend
für die Generalpausen, die auch nicht
um Kleinigkeiten zu kurz oder zu lang
sein dürfen. Diese Interpunktionen
(manchmal ein Semikolon, zuweilen auch ein Bindestrich) müssen so
vermittelt werden, dass alle, sowohl die
Spieler als auch die Zuhörer, gemeinsam Atem holen können, damit man
dann organisch fortschreiten kann. g
Auszüge aus Atmen mit dem Orchester
von Wolfgang Seifert (S. 16-18 und S. 406)
© 2010 SCHOTT MUSIC, Mainz
ZUM WERK
Anton Bruckner
Messe e-Moll
von Steffen Georgi
Komponierend kompensieren
Gotische Vision
Die Messe in e-Moll von Anton Bruckner verdankt ihre Entstehung und
klangliche Eigenart dem Neubau des
Mariendoms in Linz. Der 1853 berufene Bischof Rudigier proklamierte
bald nach Amtsantritt den Bau einer
Kathedrale für die erst 1785 gegründete Diözese. Das neugotische Bauwerk
sollte ein machtvolles Symbol der
katholischen Kirche werden. 1862 war
die Grundsteinlegung, 1924 wurde der
Dombau vollendet. Der Bischof liess
listigerweise zuerst den Turm und die
Apsis mit der Votivkapelle errichten.
Standen diese beiden Teile, würde das
verbindende Hauptschiff nicht auf die
lange Bank geschoben werden.
Domorganist Bruckner hatte bereits zur
Grundsteinlegung des Doms am 1. Mai
1862 eine Festkantate Preiset den Herrn
beigesteuert. Sodann folgte am 20. November 1864 die Uraufführung der
7
Bevor sich Anton Bruckner als Komponist verstand, pflegte er in St. Florian
und in Linz (Domorganist seit 1856) als
Interpret ausgiebig alle Formen vokaler
Kirchenmusik, wurde somit vertraut
mit Haydns, Mozarts und Schuberts
Messen, musizierte Palestrina, Gabrieli
und Caldara. Im Sinne seiner eigenen
Lehrer Kitzler und Sechter unterrichtete er selbst den strengen Kontrapunkt.
Sein Orgelspiel erreichte die Meisterschaft des Bach’schen. Es war Respekt
einflössend gelehrt und überbordend
fantasievoll zugleich. Doch Anton
Bruckner drängte es zu mehr. Überhaupt schien er sein ganzes Leben lang
‹unter Dampf› gestanden zu haben. Mit
fast beängstigender Regelmässigkeit
brach sich der Überdruck in Vier-JahresRhythmen jeweils in einer Art Schaffensrausch Bahn.
Der erste und heftigste, weil auch
privat tiefgreifendste Ausbruch dieser
Art fand von 1863 bis 1867 statt. In
diese Zeit fällt die endgültige Emanzipation des immerhin bereits Vierzigjährigen von seinen Lehrern und Altvorderen. Sein Orgelspiel hatte ihm bei aller
skurrilen Eigenwilligkeit sogar international einiges Ansehen eingebracht,
1869 durch Auftritte in der Notre Dame
in Paris gefestigt. Er reiste viel, lernte
Werke Wagners, Liszts, Berlioz’ kennen
und trachtete Linz zugunsten Wiens zu
verlassen. Und obendrein war er so wild
entschlossen wie notorisch erfolglos, in
den Stand der Ehe einzutreten.
Musikalisch brachte dieser erste
Schaffensrausch vor allem die drei grossen Messen d-Moll (1864), e-Moll (1866)
und f-Moll (beendet 1868) hervor. Nicht
zufällig gingen die kirchenmusikalischen Werke den sinfonischen voraus.
Nur zwei Versuche in f-Moll und in
d-Moll (die später als Nullte bezeichnete Sinfonie) sowie die erste Fassung
der Sinfonie Nr. 1 in c-Moll kündeten
damals bereits vom Sinfoniker Bruckner. Dagegen fehlte später die textgebundene Kirchenmusik fast völlig,
von Umarbeitungen der Messen, dem
Te Deum, dem 150. Psalm und einigen
A-cappella-Chören abgesehen.
Bruckners
archaische
Klangpracht
8
Doms zu Linz liess Bruckner sich beim
Komponieren von der Vision eines
erhabenen gotischen Bauwerks lenken
– ohne die originale Musik der Gotik zu
kennen! Die wurde erst in der Mitte des
20. Jahrhunderts dechiffriert.
Bruckner erinnerte sich noch viele
Jahre später mit Stolz an die ausserordentliche Ehre, am Festtag der Uraufführung der e-Moll-Messe mit dem
Bischof gespeist zu haben: «... 1869 von
mir einstudiert und dirigiert an dem
herrlichsten meiner Lebenstage bei der
Einweihung der Votivkapelle. Bischof
und Statthalter toastirten auf mich bei
der Bischöfl. Tafel.»
Messe d-Moll im Ignatiusdom (Alter
Dom). Diese erste der drei grossen
Messen Bruckners beeindruckte den
Bischof so sehr, dass er eine weitere
feierliche Messe für die Einweihung des
ersten Bauabschnitts der neuen Kirche
erbat. Die Aufführung fand am 29. September 1869 unter Bruckners Leitung
auf der Baustelle im Freien statt. Dies
von vornherein bedenkend, verzichtete
Bruckner im Orchester auf die Streicher
(und sogar auf die Flöten), beschränkte sich auf 15 Bläser. Doch mit einer
‹Freiluftmusik› hat die e-Moll-Messe
nichts gemein. Vielmehr ist sie an den
grossartigen Renaissancemeistern um
Giovanni Pierluigi da Palestrina orientiert. Der quasi A-cappella-Charakter
vor allem des Kyrie und des Sanctus wird
gleichwohl klanglich angereichert mit
dem sinfonischen Stil, den Bruckner
später so markant ausbauen sollte.
Dabei grenzte sich Bruckner scharf von
den dogmatischen Restauratoren des
Palestrina-Stils ab, den sogenannten
Cäcilianisten, jenen katholischen Reformern der Kirchenmusik, die bis ins
20. Jahrhundert «eine Unzahl gleichförmig-mittelmässiger Motetten hervorgebracht haben. Palestrinas satztechnische Hauptmerkmale, die durchgängige Imitation und die streng geregelte
Dissonanzbehandlung, fehlen bei
Bruckner weitgehend. Was die Zeitgenossen in dieser Musik an Palestrina
erinnern mochte, war vielmehr die
ähnliche Wirkung: ein unakzentuiertes,
dichte polyphone Gewebe bildendes
Schweben der Stimmen in ruhigem
Auf und Ab. Bruckner knüpft nicht nur
an die römischen und venezianischen
Meister um 1600 an, er schliesst auch
die moderne Harmonik keineswegs aus:
Es gelingt ihm so, den Geist der alten
Musik in lebendiger Verschmelzung
mit den Mitteln des 19. Jahrhunderts
wieder erstehen zu lassen.» (Wolfgang
Dömling)
19. oder 16. Jahrhundert – gelegentlich erinnert Bruckners archaische
Klangpracht an noch viel ältere, an
mittelalterliche musikalische Errungenschaften. Wie die Erbauer des neuen
Kyrie
Das Kyrie am Beginn der Messe ruft
einerseits Gedanken an die Motette Die
mit Tränen säen aus der Geistlichen Chormusik (1648) von Heinrich Schütz auf,
andererseits scheint Bruckner weitere
700 Jahre früher anzusetzen, indem er
intuitiv den Geist der Gregorianik heraufbeschwört. Eine einfache Halbtonspannung zwischen c und h wird zum
Ereignis, weil der Chorklang wunderbar um die Dissonanz oszillieren kann,
bevor er sich der Auflösung hingibt.
«Wenn nach dem Frauenchor der Männerchor in der nämlichen Weise seinen
Gesang erhebt, liegt eine weitere Bindung an den gregorianischen Geist vor:
die antiphonale Gegenüberstellung des
oktavversetzten Chorklanges, wie er in
Doppelklöstern möglich war. Nonnen
auf dieser, Mönche auf jener Seite des
Chores alternierten im gottesdienstlichen Singen.» (Erwin Horn)
Gloria
Bruckner litt zeitlebens unter einer
Zahlenmanie, 1867 erreichte der Zählzwang eine pathologische Dimension,
sodass er sich in eine mehrwöchige
Behandlung begeben musste. In seinen
Werken achtete der Komponist penibel auf regelmässigen Phrasenbau. So
überprüfte er die e-Moll-Messe (auch
die d-Moll- und die f-Moll-Messe) in
Bild: Wikimedia Commons
9
Anton Bruckner, gezeichnet von Hermann von Kaulbach (1885)
den Jahren 1876 und 1882, ob sie dem
klassischen Periodenbau von 4, 8 oder
16 Takten entsprachen. Wo es nötig
war, hat er nachträglich «rhythmisch
geordnet», also Takte eingefügt (sogar
Pausentakte am Anfang eines Satzes)
oder Kürzungen vorgenommen.
Im Gloria der e-Moll-Messe aber verblieb eine spezielle Phrase, die Anrufung Jesu Christi, bei einer Länge von
7 Takten. Hier verzichtete Bruckner
ausdrücklich darauf, die Periode zur
8-taktigkeit zu ergänzen. Stattdessen
kennzeichnete er die Worte «Jesu Christe» mit den Worten «Misterium (unerwartet nach dem 7. Takt der Periode)».
Leise und im Wortsinne «entrückt»
(Fis-Dur in C-Dur-Umgebung) sei der
Name des Herrn auszusprechen.
Credo
Eine der anrührendsten Erfindungen
der ganzen Messe ist das Et incarnatus
est innerhalb des Credo. Die Menschwerdung des Herrn aus dem Heiligen Geist
und der Jungfrau Maria wühlte den
Musiker und Menschen Bruckner bis
ins Innerste auf: «Eingedenk des Unfasslichen lässt Bruckner die Harmonik
im F-Dur-Klang stillestehen. Die Worte
‹Et incarnatus est de Spiritu sancto ex
10
Agnus Dei
Der unwahrscheinlichste Satz der Messe
ist das Agnus Dei. Bruckner stand 1866
ganz im Banne von Wagners revolutionärer Tristan-Harmonik, fühlte sich
wunderbar frei, eigene neue Wege
zu gehen. Und Bruckner gelang das
Wie im Kyrie verbindet Bruckner im
Sanctus Sanktioniertes aus der Vokalpolyfonie des 16. Jahrhunderts – Palestrinas Missa Papae Marcelli war 1565
von einer päpstlichen Kommission zur
liturgisch korrekten «Mustermesse»
erkoren worden – mit hochromantischem Klangempfinden. Es gelingt ihm,
diese beiden Ebenen in bewundernswerter Weise ästhetisch zu verschmelzen.
Das zuerst im Alt erklingende
Hauptmotiv des Sanctus übernimmt
Bruckner direkt aus dem zweiten Kyrie
der Palestrina-Messe Assumpta est
Maria. Er führt die Stimmen in einem
zweistimmigen Kanon, der sich viermal
höchst kunstvoll durch alle acht Stimmen zieht. Eine Herausforderung für
den Chor ist die Vorschrift Bruckners
zur romantischen Klangentfaltung:
«Anfangs in gemässigter Stärke, die
sich später mehr und mehr steigert.»
Nach 26 Takten hat das gewaltige
Crescendo dreifaches Forte erreicht.
Die ersten Soprane müssen das hohe
a über 8 Takte lang mit grösstem
stimmlichen Aufwand aushalten. Erst
dann unterstützen die Bläser den Chor
mit machtvollen Akzenten. An dieser
Stelle verlässt Bruckner das historische
Vorbild. Der insistierende Schluss des
Sanctus weist voraus auf monumentale Klanggebäude, wie er sie später so
charakteristisch in seinen Sinfonien
aufgetürmt hat.
Sanctus
Paradoxon, in der Rückwendung auf
die Messe und den Palestrina-Stil die
kühnsten, modernsten Ideen anzubringen. Wo Wagner mit progressiver
Chromatik harmonische Regeln neu
definierte, ging Bruckner in den Möglichkeiten von Dissonanzbildungen auf
dem Boden der Diatonik so weit wie
keiner vor ihm.
Die Miserere-Steigerung im Agnus Dei
der e-Moll-Messe ist ein schlagendes
Beispiel dafür. Innerhalb von 6 Takten
verdichtet Bruckner die Erbarmensbitte
bis zur äussersten Grenze des diatonischen Tonsystems: Alle sieben Töne der
G-Dur-Skala erklingen gleichzeitig.
Dennoch klingt die Dissonanz nicht
wirklich dissonant, weil Bruckner sie
organisch mit Vorhaltprinzipien erzeugt,
die auf den Palestrina-Stil zurückgehen.
Wenig später errichtet Bruckner einen
echten, diesmal terzgeschichteten
Fünfklang. Vier Nonenakkorde werden
stufenweise angehoben. Von dieser
Dissonanzdichte am äussersten Rand
des tonalen Klangfelds führt ein direkter Weg zu Gustav Mahler und Arnold
Schönberg. g
Maria› dienen dem Beter, das Herz zu
bereiten für die eine wunderbare Aussage: ‹virgine›. Bei diesem Wort wendet
Bruckner die Harmonik unerwartet
nach A-Dur.» (Erwin Horn)
Messe e-Moll
(Fassung 1882)
Besetzung
2 Oboen, 2 Klarinetten,
2 Fagotte, 4 Hörner,
2 Trompeten, 3 Posaunen, Chor
Entstehung
August bis November 1866;
umgearbeitet 1876, 1882,
1885, 1896
Uraufführung
29. September 1869 auf dem
Domplatz in Linz unter Leitung
des Komponisten
Dauer
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GESANGSTEXT
Anton Bruckner
Messe e-Moll
Kyrie
Kyrie eleison.
Christe eleison.
Kyrie eleison.
Herr, erbarme Dich unser.
Christus, erbarme Dich unser.
Herr, erbarme Dich unser.
12
Gloria
Gloria in excelsis Deo.
Et in terra pax hominibus bonae
voluntatis. Laudamus te. Benedicimus
te. Adoramus te. Glorificamus te.
Gratias agimus tibi propter magnam
gloriam tuam.
Domine Deus, Rex coelestis, Deus Pater
omnipotens. Domine Fili unigenite,
Jesu Christe. Domine Deus, Agnus Dei,
Filius Patris.
Qui tollis peccata mundi, miserere
nobis. Qui tollis peccata mundi, suscipe
deprecationem nostram. Qui sedes ad
dexteram Patris, miserere nobis.
Ehre sei Gott in der Höhe.
Und auf Erden Friede den Menschen, die guten
Willens sind. Wir loben Dich. Wir preisen Dich.
Wir beten Dich an. Wir verherrlichen Dich.
Wir sagen Dir Dank ob Deiner grossen Herrlichkeit.
Herr und Gott, König des Himmels, Gott, allmächtiger Vater. Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn. Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn
des Vaters. Du nimmst hinweg die Sünden der
Welt, erbarme Dich unser.
Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, nimm
unser Flehen gnädig auf. Du sitzest zur Rechten
des Vaters, erbarme Dich unser.
Quoniam tu solus Sanctus. Tu solus
Dominus. Tu solus Altissimus, Jesu
Christe. Cum Sancto Spiritu in gloria
Dei Patris.
Amen.
Denn Du allein bist der Heilige. Du allein der
Herr. Du allein der Höchste, Jesus Christus.
Mit dem Heiligen Geiste in der Herrlichkeit
Gottes des Vaters.
Amen.
Credo
Credo in unum Deum.
Patrem omnipotentem, factorem coeli
et terrae, visibilium omnium et invisibilium. Credo in unum Dominum Jesum
Christum, Filium Dei unigenitum. Et ex
Patre natum ante omnia saecula. Deum
de Deo, lumen de lumine, Deum verum
de Deo vero.
Ich glaube an den einen Gott.
Den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels
und der Erde, aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Ich glaube an den einen Herrn Jesus
Christus, Gottes eingeborenen Sohn. Er ist aus
dem Vater geboren vor aller Zeit. Gott von Gott,
Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren
Gott.
Genitum, non factum, consubstantialem Patri: per quem omnia facta sunt.
Qui propter nos homines et propter
nostram salutem descendit de coelis.
Gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit
dem Vater: Durch Ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und um unseres Heiles
willen ist Er vom Himmel herabgestiegen.
Er hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist
aus Maria, der Jungfrau: Und ist Mensch geworden.
Crucifixus etiam pro nobis, sub Pontio
Pilato passus et sepultus est.
Gekreuzigt wurde Er für uns, unter Pontius Pilatus hat
Er den Tod erlitten und ist begraben worden.
Et resurrexit tertia die secundum Scripturas. Et ascendit in coelum: sedet ad
dexteram Patris. Et iterum venturus est
cum gloria, iudicare vivos et mortuos:
cuius regni non erit finis.
Er ist auferstanden am dritten Tage gemäss der
Schrift. Er ist aufgefahren in den Himmel und sitzt zur
Rechten des Vaters. Er wird wiederkommen in Herrlichkeit, Gericht zu halten über Lebende und Tote:
Und Seines Reiches wird kein Ende sein
Credo in Spiritum Sanctum, Dominum,
et vivificantem: qui ex Patre Filioque
procedit. Qui cum Patre et Filio simul
adoratur et conglorificatur, qui locutus est per Prophetas. Credo in unam
sanctam catholicam et apostolicam
Ecclesiam. Confiteor unum baptisma in
remissionem peccatorum. Et exspecto
resurrectionem mortuorum et vitam
venturi saeculi. Amen.
Ich glaube an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebensspender, der vom Vater und vom Sohne ausgeht.
Er wird mit dem Vater und dem Sohne zugleich angebetet und verherrlicht, Er hat gesprochen durch die
Propheten. Ich glaube an die eine, heilige, katholische
und apostolische Kirche. Ich bekenne die eine Taufe
zur Vergebung der Sünden. Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der zukünftigen Welt.
Amen.
Sanctus
Sanctus, sanctus, sanctus Dominus,
Deus Sabaoth.
Pleni sunt coeli et terra gloria tua.
Osanna in excelsis.
Heilig, heilig, heilig,
Herr Gott Zebaoth.
Voll sind Himmel und Erde von Deiner Herrlichkeit.
Hosanna in der Höhe.
Benedictus
Benedictus, qui venit in nomine
Domini. Osanna in excelsis.
Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe.
Agnus Dei
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi:
miserere nobis.
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi:
dona nobis pacem.
Lamm Gottes, Du trägst die Sünden der Welt:
Erbarme Dich unser.
Lamm Gottes, Du trägst die Sünden der Welt:
Gib uns Frieden.
13
Et incarnatus est de Spiritu Sancto ex
Maria Virgine: Et homo factus est.
INTERVIEW
zV
g
Andreas Liebig im Gespräch
14
d:
l
Bi
«Da wird sich das
Gewölbe des
Münsters heben»
von Christian Fluri
Er schätzt die 2003 neu gebaute Orgel
des Basler Münsters, ist begeistert
von ihrer grossen Klangvielfalt und
stilistischen Bandbreite - das drückt
Andreas Liebig, Basels Münsterorganist, mit jedem seiner Worte aus.
Der leidenschaftliche Künstler freut
sich auf den Bruckner-Zyklus des
Sinfonieorchesters Basel im Münster,
auf das «hervorragende Orchester»
und den MDR Rundfunkchor unter
der Leitung von Marek Janowski, «den
ich sehr schätze». Liebig erinnert in
unserem Gespräch auch daran, dass
Gustav Mahler 1903 seine 2. Sinfonie,
die Auferstehungssinfonie im Basler
Münster dirigierte. Mit dem Bruckner-Zyklus eröffnet Liebig zudem das
zweite Basler Orgelfestival. Es ist Max
Reger gewidmet, der mit seinem Œuvre die Tore zur Moderne aufstiess.
Christian Fluri: Als Münsterorganist
leiten Sie die neue Saison des Sinfonieorchesters Basel ein. Sehen Sie das
als Ehre oder als Pflicht?
Andreas Liebig: Es ist die Kür, eine
grosse Ehre und gibt mir die Möglichkeit, unsere Orgel, als Königin der
Instrumente, einem breiteren Publikum
vorzustellen.
Weshalb wählen Sie dafür gerade Max
Regers Phantasie und Fuge über B-A-C-H?
Es ist eines seiner bekanntesten Werke,
ein Chef d’Œuvre, ein Wurf! Wie Reger
die «heiligen Lettern» B-A-C-H harmonisiert, ist genial! Dabei entwickelt
diese Musik einen unheimlichen Sog.
Regers Musik vermag zu bezaubern und
zu erschüttern. Gleichzeitig kommen
dabei die sinfonischen Qualitäten unserer Mathis-Orgel vorzüglich zur Gel-
tung: die Orgel als sinfonisches Pendant
zum Sinfonieorchester. Dieses Konzert
ist in mehrerer Hinsicht einmalig: Es ist
die Eröffnung des Bruckner-Zyklus des
Sinfonieorchesters Basel, die Eröffnung
des 2. Basler Orgelfestivals und zugleich
Eröffnung der neuen Saison unserer Internationalen Orgelkonzerte im Basler
Münster. Ich finde es wunderbar, wenn
wir aus der Not des geschlossenen
Stadtcasinos eine Tugend machen und
hier im Münster als der ‹guten Stube
Basels› die Kulturkräfte bündeln.
Wo liegen die stilistischen Präferenzen der Münsterorgel in dem von
Ihnen erwähnten Bereich?
Unsere Orgel ist mit ihren 78 Registern,
4 Manualen und Pedal, 2 Schwellwerken, mit französischen Zungen und
vielen Grundstimmen die grösste und
vielseitigste der Region. Sie besitzt
eine enorme Palette an Klangfarben
in allen Schattierungen. Neben Bach
klingt hier besonders die französische
und deutsche Romantik sehr gut, auch
die Moderne. Das Spektrum reicht vom
zartesten Pianissimo in einer gewaltigen dynamischen Steigerung bis zum
vollen Klang der Orgel. Da hebt sich das
Gewölbe des Münsters!
Das Sinfonieorchester Basel spielt seinen Bruckner-Zyklus im Münster. In
den zwei Jahren, in denen Sie nun als
Münsterorganist amten, lernten Sie
die Akustik sehr gut kennen. Eignet
sich das Münster als Konzertsaal?
Zunächst bleibt das Münster Kirche. Dann würde ich eher von einem
Klangraum sprechen, der etwas ganz
Besonderes ausstrahlt. Wenn man den
Klangraum Münster klug zu nutzen
weiss, kann er sehr viel zurückgeben.
Mit Publikum werden die Klänge noch
transparenter. Alles wird hörbar. Der
gläubige Bruckner baute mit seinen
Messen und Sinfonien «Klangdome»,
Messiaens L’Ascension ist das Werk des
vielleicht frömmsten Komponisten
des 20. Jahrhunderts, und Reger, der
ökumenische Komponist par excellence, bekannte sich als «Katholik bis tief
in die Fingerspitzen». Wenn die Musik
dieser drei Komponisten das schlichterhabene Kirchenschiff des reformierten Münsters erfüllt, dann lässt ihre
Sinnlichkeit unser Publikum in einem
Klangmeer baden: In Verbindung mit
dem Farbenspiel der Kirchenfester ein
einmaliges Erlebnis. Darauf freue ich
mich! g
15
Wo liegen Ihre eigenen stilistischen
Präferenzen in der schier unermesslichen Literatur für Orgel?
Eigentlich bin ich Generalist. Dabei
suche ich möglichst das Repertoire
den Instrumenten entsprechend aus.
Für historische Orgeln etwa – sei es in
Spanien, in Italien oder in Frankreich –
wähle ich die Musik, die auf diesen Instrumenten am besten klingt. Das hilft,
die Botschaft der Musik zu vermitteln.
Dann kommt an Johann Sebastian Bach
sowieso kein Organist vorbei. Er ist
Dreh- und Angelpunkt meiner Arbeit.
In dem wunderbaren Kirchenraum
des Münsters Bach zu hören, ist immer
erhebend.
Wie wichtig ist Ihnen die Neue Orgelmusik, haben Sie in Stuttgart doch unter anderem bei Helmut Lachenmann,
einem der bedeutendsten Komponisten unserer Zeit, studiert?
Lachenmann hat mich nachhaltig
geprägt. Es ist mir wichtig, zeitgenössische Musik nicht nur im Konzert,
sondern auch im Gottesdienst zu vermitteln – liebevoll an die Neugier der
Menschen zu appellieren: Happy new
ears! Auch Regers Musik fordert mit ihrer enormen Dynamik, die von der zartesten seelischen Regung bis zu grossen
Ausbrüchen reicht, noch immer das
Publikum heraus. Dabei hatte ja gerade
Basel eine lange und reiche Reger-Tradition. Daran wollen wir anknüpfen.
ZUM WERK
Max Reger
Phantasie und Fuge über B-A-C-H
BACH – bei seinem
Namen gerufen
ken ein vielfältiges Beziehungsgeflecht
zwischen der auf kontrapunktischen
Verfahren basierenden Alten Musik
und den Ideen der Neudeutschen Schule. In der Vorrede zu seinen 1900 im
Druck erschienenen Ausgewählten Orgel-Choralvorspielen für Klavier zu zwei
Händen bezeichnete Reger die Sätze als
«symphonische Dichtungen en miniature […]. Bach zeigt sich hier von einer
Tiefe, Genialität der Textauffassung, die
geradezu an R. Wagner’s grandiosen
Styl erinnert.» Als Hauptwerke dieser
(nach einer wahrhaft desaströsen Zeit
in Wiesbaden) im Elternhaus verbrachten Jahre, die letztlich der physischen
und psychischen Konsolidierung dienten wie auch zur kompositorischen
Neuorientierung genutzt wurden, gelten die Phantasie und Fuge über B-A-C-H
op. 46 (1900) und die Symphonische
Phantasie und Fuge op. 57 (1901).
Wurde Letztere «angeregt durch
Dantes Inferno!», reihte sich Reger mit
der Phantasie und Fuge über B-A-C-H in
eine Tradition von Kompositionen über
dieses Motiv ein (einem so genannten ‹soggetto cavato›), die von Johann
Nikolaus Bach (1667–1753) begründet,
von Johann Sebastian Bach selbst (etwa
in der Kunst der Fuge) fortgesetzt und im
19. Jahrhundert durch Werke höchsten
kompositorischen und spieltechnischen Anspruchs weiter gepflegt wurde
– etwa bei Robert Schumann in den
Sechs Fugen über den Namen BACH op. 60
für Orgel oder Pedalflügel (1845) oder
bei Franz Liszt in Präludium und Fuge
über den Namen BACH für Orgel (1855,
rev. 1870). Offenbar dachte Reger be
«Sebastian Bach ist für mich Anfang
und Ende aller Musik, auf ihm ruht und
fusst jeder wahre Fortschritt!» Mit diesen programmatischen Worten eröffnete Max Reger seine Antwort auf die
1905 von der Redaktion der Zeitschrift
Die Musik ergangene Rundfrage «Was
ist mir Johann Sebastian Bach und was
bedeutet er für unsere Zeit?» Bereits
knapp drei Jahre zuvor hatte er sich in
diesem Sinne gegenüber dem gleichaltrigen Münchner Kritiker Theodor
Kroyer (1873–1945) geäussert, auch
hinsichtlich seines eigenen künstlerischen Werdeganges: «Möchte man doch
bedenken, dass ich […] mit acht Jahren
auf der Orgel die sämtlichen Orgelwerke Bachs, Mendelssohns spielte – nicht
schlecht! –, dass ich, ohne eigentlichen
Musikunterricht zu haben, bei meinem
Eintritt ins Conservatorium […] sofort
in jeder Beziehung der beste Schüler
war – alles, alles verdanke ich Joh. Seb.
Bach! Und ehe wir nicht Bach als Hausund Concertandacht in gründlicher
Weise pflegen – eher wird keine Besserung in Bezug auf die zeitgenössische
Produktion eintreten […]. Zuerst muss
J. S. Bach als Fundament da sein! Die
höchste Freiheit bekommen wir erst
aus der Wiedergeburt von Bach!»
Bereitete Reger im Bereich der
Kammermusik durch seine neuartige
kompositorische Bach-Rezeption (etwa
in den Solo-Sonaten) schon frühzeitig
die sich erst nach dem Ersten Weltkrieg
allmählich bahnbrechenden neobarocken Tendenzen vor, so knüpfte er mit
den zwischen 1898 und 1900 in Weiden/Oberpfalz entstandenen Orgelwer
16
von Michael Kube
Bild: Wikimedia Commons
17
Max Reger während Aufnahmen auf der Philharmonischen Orgel von M. Welte & Söhne um 1913
18
Bil
d:
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ki m
edia
Common
s
reits bei der Konzeption seiner Partitur
diese markante Linie mit. So gab er
in einem seiner Briefe der Hoffnung
Ausdruck, «in Bälde […] mal für Orgel
eine Fantasie und Fuge über B-A-C-H zu
schreiben; das muss ein Werk grössten
Styls und Kalibers werden!»
Und tatsächlich schuf Reger eine
Komposition, die für den Organisten
wie auch für den Hörer mit einigem
Anspruch verbunden ist – von den
geradezu eruptiven Harmonien und
dynamischen Wechseln der Fantasie
bis hin zur fünfstimmigen Fuge, die
im Tempo nach und nach beschleunigt
werden soll. g
Phantasie und Fuge
über B-A-C-H
2. Basler Orgelfestival 2016
zum 100. Todestag von Max Reger
Besetzung
Orgel solo
Nach dem beeindruckenden Erfolg des
Orgelfestivals ‹Bach am Rhy› 2014
feiern die Konzertveranstaltenden
OrganistInnen Basels (KVOB) dieses
Jahr in 16 Konzerten Max Reger
(1873 - 1916). Sie knüpfen damit an
die grosse Basler Reger-Tradition an,
konzertierte Reger doch wiederholt in
Basel. Seine Choralfantasie Ein feste
Burg ist unser Gott wie auch die sog.
Inferno-Phantasie op. 57 wurden beim
deutsch-schweizerischen Tonkünstlerfest 1903 im Basler Münster von Karl
Straube aufgeführt. Basler Musikgrössen wie Hans Huber, Hermann Suter,
Adolf Hamm und Eduard Müller
gehörten zu den Wegbereitern Max
Regers. Das Orgelfestival findet vom
31. August bis 14. September statt.
Entstehung
Februar - März 1900
Widmung
Karl Straube
Uraufführung
Sommer 1900 im Dom zu Wesel
durch Karl Straube
Dauer
ca. 12 min
Weitere Informationen:
infokvob.wix.com/basler-orgelfestival
Bild: Peter Adamik
ZUM CHOR
19
Wenn grosse Orchester im In- und
Ausland ein Werk mit Chorbeteiligung
planen, steht der MDR Rundfunkchor
auf der Wunschliste ganz oben. Der
grösste und traditionsreichste Chor des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks gilt
unter Experten als einer der besten.
Dirigenten wie Herbert von Karajan,
Kurt Masur, Colin Davis, Claudio Abbado,
Simon Rattle, Neville Marriner, Seiji
Ozawa, Lorin Maazel, Bernard Haitink,
Riccardo Muti, Georges Prêtre oder
Roger Norrington haben dem MDR
Rundfunkchor ihre Reverenz erwiesen.
Regelmässig konzertieren die Sängerinnen und Sänger mit dem MDR
Sinfonieorchester unter Leitung seines
Chefdirigenten Kristjan Järvi. Dass
das Ensemble nicht nur exzellenter
Partner der bedeutendsten Orchester ist, beweist es mit viel beachteten
A-cappella-Interpretationen. Weltliche
und geistliche Musik, Ensemblegesang
sowie Chorsinfonik gehören gleichermassen zum Repertoire, das beinahe
ein Jahrtausend Musikgeschichte
umspannt. Als Spezialensemble für
Zeitgenössische Musik haben sich
die 73 Choristen durch zahlreiche Ur-
und Erstaufführungen einen Namen
gemacht.
Mit Beginn der Spielzeit 2015/16
übernahm der estnische Dirigent Risto
Joost die künstlerische Leitung des MDR
Rundfunkchors. Durch innovative
A-cappella-Programme und die Aufführung chorsinfonischer Werke prägt er
auf besondere Weise das musikalische
Profil des Chors. Unter seinen Vorgängern finden sich Namen wie Herbert
Kegel, Jörg-Peter Weigle und Gert
Frischmuth. In den fünfzehn Jahren
seines Wirkens befestigte von 1998 an
Howard Arman nachhaltig den Ruf des
anerkannten Spitzenensembles. Ihm
folgte 2013 Philipp Ahmann, der bis
2016 als Erster Gastdirigent tätig war
und weiterhin regelmässig mit dem
Chor arbeitet.
Nahezu zweihundert Schallplatten
und CDs – viele davon preisgekrönt
– hat das Ensemble in seiner über
70-jährigen Geschichte aufgenommen.
Über die Europäische Rundfunkunion
wie auch auf Tourneen und Gastspielen
weltweit zu hören, fungiert der 2013
mit dem Europäischen Kulturpreis
ausgezeichnete MDR Rundfunkchor
erfolgreich als musikalischer Botschafter Mitteldeutschlands. g
Der MDR
Rundfunkchor
ZUM WERK
Olivier Messiaen
L’Ascension
Christi Himmelfahrt
- in vier sinfonischen
Meditationen
1908 als Sohn eines bedeutenden flämischen Shakespeare-Übersetzers geboren, erhielt Olivier Messiaen bereits von
seinem elften Lebensjahr an am Pariser
Konservatorium eine ebenso gründliche
wie umfassende musikalische Ausbildung, die er 1930 abschloss. Seine
herausragende Begabung spiegelt sich
dabei in den zahlreichen Preisen wider,
die er von 1924 an alljährlich in den
Fächern Harmonielehre, Kontrapunkt
und Fuge, Klavierbegleitung, Orgel und
Improvisation sowie Musikgeschichte und Komposition erhielt. Bald als
Komponist und Lehrer etabliert, gelang
es ihm bis weit in die Nachkriegszeit
hinein, der jüngeren Generation gegenüber nicht bloss als der ältere Mentor
zu erscheinen, sondern gleichermassen
als ein Junggebliebener respektiert zu
werden – und dies selbst im Zeichen
einer alle Traditionen infrage stellenden Avantgarde. So erinnert sich etwa
Karlheinz Stockhausen an seine eigene
Lehrzeit in Paris Anfang der 1950erJahre: «Messiaen ist ein glühender
Schmelztiegel. Er nimmt klingende
Formen in sich auf und spiegelt sie in
der Form seines musikalischen Verstandes.»
Zwischen Kirche und
Konzertsaal
Diese Sichtweise reflektiert allerdings
bereits die zweite Phase in Messiaens
schöpferischer Biografie, die nach der in
allen lichten Farben schillernden grossformatigen, zehn Sätze umfassenden
Turangalîla-Sinfonie (1946–1948) von
strenger Ordnung und Konstruktivität
des musikalischen Materials geprägt
ist; sie beginnt mit den Quatre études de
rythme (1950) für Klavier, schliesst aber
auch jene Werke ein, deren Melodien und Motive der bunten Vogelwelt
abgelauscht wurden (allen voran der
Catalogue d’oiseaux, 1956 - 1958). Gerne
wird dabei vergessen, dass der Komponist Messiaen seit September 1931 als
damals jüngster ‹organist titulaire› den
Dienst an der Kirche de la Sainte Trinité
versah – ein Amt, das er über sechzig
Jahre hinweg bis zu seinem Tod pflichtbewusst und als Herzensangelegenheit
ausübte. Hier bot sich dem gläubigen
Katholiken zudem die Möglichkeit, an
die bedeutende französische Schule der
Orgelimprovisation anzuknüpfen, eigene Kompositionen wie auch Repertoirestücke zum Klingen zu bringen: «Meine
Dienste verteilten sich […] folgendermassen: Beim sonntäglichen Hochamt
machte ich nur den gregorianischen
Choral, je nachdem harmonisiert oder
nicht; bei der Messe um 11 Uhr am
Sonntag: klassische und romantische
Musik, bei der Mittagsmesse, immer
am Sonntag, hatte ich das Recht, meine
eigenen Werke zu spielen, und schliesslich zur Vesper um 5 Uhr war ich genötigt zu improvisieren, weil die Kürze der
Verse das Spielen von [ganzen] Stücken
zwischen den Psalmen und während
des Magnificats nicht erlaubt.»
Doch nicht nur die Werke für Orgel
versah Messiaen mit liturgischen,
zumindest aber religiösen Titeln, sondern auch zahlreiche Werke, die ihrer
Besetzung nach für den Konzertsaal
20
von Michael Kube
Bild: Österreichische Nationalbibliothek
21
bestimmt waren. Er stellte sich damit
gegen die seit dem frühen 19. Jahrhundert allgegenwärtige Säkularisierung
(nämlich die Aufführung ausgewiesen
weltlicher Musik in einem kirchlichen
Raum), indem nun aus der Überzeugung des Glaubens heraus geschaffene,
dezidiert mystischen Themen gewidmete Werke des Komponisten in den
Konzertsaal drangen. Genau daran
entspann sich 1945 anhand der Trois petites Liturgies de la présence divine (1943)
eine in der Pariser Presse ausgetragene
Kontroverse – obwohl Messiaen schon
zuvor in seiner Technique de mon langage
musical (1940) darauf hingewiesen
hatte, dass jenseits der sakralen Musik
«noch Raum ist, weil selbst die Gregorianik nicht alles gesagt hat».
Auf dem Weg
Die wenigen Jahre zwischen dem
Abgang vom Pariser Conservatoire und
dem Beginn des Zweiten Weltkriegs
stellen für Messiaen eine wichtige Zeit
in der Entwicklung dar. Dazu gehört
nicht nur sein Engagement innerhalb
der 1935 um den Komponisten Georges
Migot aktiven Gruppe La Spirale, die
sich für ihre Konzerte zum Programm
gemacht hatte, ohne Bevorzugung eines
besonderen Stils (freilich unter Ablehnung des Neoklassizismus) «weniger
Uraufführungen zu präsentieren, als
vielmehr bedeutende Werke wiederholt aufzuführen». Zugleich gelang es
Messiaen, sich mit gewichtigen eigenen
Werken im vielfältigen Musikleben
der französischen Metropole Gehör,
Anerkennung und Kontakte zu den
grossen Verlagshäusern zu verschaffen,
beginnend mit Les offrandes oubliées
(1930) bis hin zum Zyklus La nativité
du Seigneur (1935) für Orgel, zu dem
Messiaen eine kleine Ästhetik seiner
musikalischen Sprache entwarf und am
Ende den entscheidenden Grundsatz
seines Schaffens umriss: «[Ein] Theologisches Thema? Das Beste, denn es
enthält alle Themen. Und diese Fülle an
technischen Mitteln gibt dem Herzen
die Freiheit überzufliessen».
Eine in ihrer Art einzigartige Verbindung zwischen Kirche und Konzertsaal
stellt die Partitur von L’Ascension dar.
Zunächst als Orchesterwerk entworfen
und mit grossem Erfolg uraufgeführt,
fertigte Messiaen bald darauf eine Transkription für Orgel an – und ersetzte
dabei den noch in der grossen romantischen Tradition stehenden, vergleichsweise konventionell anmutenden, sinfonisch geprägten 3. Satz durch einen
neuen, der ebenso virtuos im Klanggewand einer Orgel aufgeht. Dennoch
zählte er das Werk eigenartigerweise
nicht zu jenen Kompositionen, die ihm
ein Jahrzehnt nach der Entstehung und
nach Vorgaben seiner eigenen Technique
de mon langage musical beurteilt für seine
Tonsprache sonderlich charakteristisch
erschienen.
Die im Untertitel als vier sinfonische Meditationen bezeichneten Sätze
kreisen programmatisch um die Himmelfahrt Christi, wie sie zu Beginn der
Apostelgeschichte beschrieben wird:
«Und da er [Jesus] solches gesagt, ward
er aufgehoben zusehends, und eine
Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen
weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er
gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei
ihnen zwei Männer in weissen Klei
22
L’Ascension
dern, welche auch sagten: Ihr Männer
von Galiläa, was steht ihr und sehet
gen Himmel? Dieser Jesus, welcher
von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird so kommen, wie ihr ihn habt
gen Himmel fahren sehen.» Messiaen
beschreibt in seiner Vertonung dieses
kaum zu fassende Geschehen nicht
bildhaft, sondern in begreifbaren Stationen mit jeweils charakteristischem
Kolorit. So wird Jesu Bitten um die
eigene Verherrlichung (1. Satz) in ein
jede Phrase abwägendes, allein von den
Bläsern getragenes erhabenes Klanggerüst gegossen. Noch ganz impressionistischen Klangfarben ist das als Refrain
mit zwei Couplets gestaltete Halleluja
der Seele (2. Satz) verhaftet, während
das Halleluja auf Trompete und Zimbel
(3. Satz), zwei Instrumente mit alttestamentarischem Hintergrund, ein
veritables Scherzo mit breit angelegtem
Kulminationspunkt und anschliessender Stretta darstellt. Das Werk schliesst
zyklisch mit einem der Zeit und dem
Raum enthobenen Gebet Christi (4.
Satz) als sinnlich betonter reiner
Streichersatz: Extrêmement lent, ému et
solennel (äusserst langsam, gerührt und
feierlich). g
L’Ascension
Besetzung
3 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn,
2 Klarinetten, Bassklarinette,
3 Fagotte, 4 Hörner, 3 Trompeten,
3 Posaunen, Basstuba, Schlagwerk,
Pauken, Streicher
Entstehung
Mai bis Juli 1932 in Paris
und Neussargues
Uraufführung
9. Februar 1935 in Paris
(Dirigent: Robert Siohan)
Dauer
ca. 30 Minuten
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König Lü. Q.’s Orchestermusik im Münster
KRITIKERGESCHICHTEN
26
Teil 1
von Sigfried Schibli
Selten war ein Komponist so umstritten und umkämpft wie Anton
Bruckner im Österreich seiner Zeit.
Obwohl er fanatische Anhänger hatte
und dankbar war für jedes Zeichen
der Anerkennung, fühlte er sich von
der Wiener Musikkritik regelrecht
verfolgt. In einem berühmt gewordenen Schattenbild von Otto Böhler
laufen die Wiener Musikkritiker
Eduard Hanslick, Max Kalbeck und
Richard Heuberger mit ihren spitzen
Federn, die sie wie Waffen tragen, dem
frohgemut voranschreitenden Bruckner nach. Dazu der Text: «Der Künstler
wallt im Sonnenschein, die Tintenbuben hinterdrein.»
Vor allem der einflussreiche Starkritiker Eduard Hanslick (1825–1904), Autor der musikästhetischen Schrift Vom
Musikalisch-Schönen, setzte sich immer
wieder kritisch mit Bruckners Musik
auseinander. Und fand selten ein gutes
Wort dafür. Über Bruckners 3. Sinfonie schrieb der promovierte Jurist und
Professor für Musikgeschichte: «Man
kommt bei dieser Musik aus dem Kopfschütteln nicht heraus, greift sich wohl
auch zuweilig an den Puls, um sich
Komponisten und
ihre Verfolger
Bild: zVg
Max Reger gehörte weder zu den bedingungslosen Wagnerianern noch zu den
Konservativen, er äusserte bald Bewunderung für die eine, bald Verständnis
für die andere Richtung. Aber dass er
von Musikkritikern keine hohe Meinung hatte, ist eindeutig und in vielen
glaubwürdigen Anekdoten belegt. Als
einmal ein notorischer Kritiker von Regers Musik eine Bruckner-Sinfonie als
«zu lang» bezeichnete, packte ihn Reger, schüttelte den eher klein gewachsenen Mann ein wenig und sagte zu ihm:
«Der Bruckner, der is net z’lang – aber
Sie san’s zu kurz!» Und dem Verfasser
einer abfälligen Rezension teilte er
einmal brieflich mit: «Ich sitze auf dem
kleinsten Orte meines Hauses und habe
Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie
hinter mir haben. Hochachtungsvoll!
Ihr Max Reger» g
27
zu überzeugen, ob das Gehörte nicht
etwa Product selbsteigenen Fiebers
sei.» Über Bruckners 8. Sinfonie hiess
es in einer anderen Zeitungskritik von
Hanslick: «Alles fliesst unübersichtlich, ordnungslos, gewaltsam in eine
grausame Länge zusammen.» Und die
7. Sinfonie desselben Meisters nannte
er «krankhaft, unnatürlich aufgeblasen,
verderblich», er verglich sie mit dem
«wüsten Traum eines durch zwanzig
Tristan-Proben überreizten Orchestermusikers».
Zwar verhehlte Hanslick nicht, dass
ihn Bruckners Musik «nachhaltiger interessiert als manche wohlgesetzte und
gutgesinnte Symphonie eines dürren
Schulfuchses», und er betonte gern,
dass er Bruckner als Person durchaus
sympathisch fand. Als Musiker aber
konnte er in ihm nur einen verirrten
Jünger Richard Wagners sehen. Auch
dieser war von Hanslick häufig kritisiert worden, wofür sich Wagner mit
seinen eigenen Mitteln rächte: Die
Figur des Stadtschreibers und Kritikers
Sixtus Beckmesser in Wagners komischer Oper Die Meistersinger von Nürnberg sollte ursprünglich ‹Veit Hanslich›
heissen. Ob Eduard Hanslick davon
wusste? Jedenfalls entging ihm nicht,
dass Wagner mit dem Beckmesser einen «boshaften alten Geck» gezeichnet
habe.
Man kann Eduard Hanslicks
schonungslose Angriffe auf Wagner
und Bruckner nur verstehen, wenn
man sich vergegenwärtigt, dass die
damalige Musikkultur in zwei Lager
gespalten war, die sich unversöhnlich
gegenüberstanden: die klassizistische,
eher konservative Schule um Johannes
Brahms und Antonín Dvořák (mit denen Hanslick sympathisierte) und die
‹neudeutsche› Schule um Franz Liszt,
Hector Berlioz, Richard Wagner, Anton
Bruckner, Hugo Wolf und Richard
Strauss, die man auch als «Zukunftsmusiker» bezeichnete.
Musiker brauchen sie, das Publikum
liest sie und wundert sich manchmal:
Musikkritiken gehören zu unserer
Musikkultur. Sie sind ein Rädchen im
Getriebe des Musiklebens, manchmal
anregend für die eigene Meinungsbildung, manchmal ärgerlich. Nachdem er
45 Jahre lang Musikkritiken geschrieben hat, ist der langjährige Kulturredaktor der Basler Zeitung Dr. Sigfried Schibli im April in den Ruhestand
getreten, nicht ohne sich gelegentlich
über ausgewählte Themen doch noch
kritisch vernehmen zu lassen. In der
neuen Konzertsaison blättert er für
uns in der Geschichte der Musikkritik
und weist in seiner neuen Artikelfolge auf einige Episoden hin, die mehr
oder weniger eng an das jeweilige
Konzertprogramm angelehnt sind.
VORGESTELLT
Immanuel Richter
Solo-Trompeter im Sinfonieorchester Basel
Bild: Jean-François Taillard
«Ich bin bekannt
dafür, dass ich auf
verschiedenen
Bühnen tanze»
28
von Cristina Steinle
Cristina Steinle: In den kommenden
drei Spielzeiten wird das Sinfonieorchester Basel in ganz Basel unterwegs sein. Während unsere Heimspielstätte, das Stadtcasino, umgebaut
wird, werden die Sinfoniekonzerte im
Theater Basel, im Musical Theater Basel und im Basler Münster stattfinden.
Was bedeutet es für dich, dass unsere
Konzerte nun an drei neuen und an
unterschiedlichen Orten stattfinden?
Immanuel Richter: Für mich selbst
ist es etwas extrem Spannendes – die
Akustik der Räume ist sehr unterschiedlich: Das Münster hat viel Hall
– es werden ja sogar Massnahmen
getroffen, um diesen etwas zu dämpfen. Das Theater ist im Vergleich dazu
sehr trocken, und das Musical Theater
hat ein gigantisches Volumen! Die
Voraussetzungen sind also sehr unterschiedlich. Für mich als Blechbläser ist
es eine grosse Herausforderung, in den
einzelnen Räumen die richtige Balance
herzustellen. In einer Kirche geht die
Trompete wahnsinnig ab! Das heisst,
wenn ich da gleich laut spielen würde
wie im Musical Theater, würde ich über
das ganze Orchester hinwegblasen. In
einer Kirche muss man viel stärker artikulieren und kürzer spielen. Man muss
auf die Akustik eingehen und sehr
flexibel sein – aber das konnten wir ja
bereits auf unseren Tourneen üben.
Du schaust also mit positiven Gefühlen auf die kommenden drei Jahre?
Ja sehr. Ich finde es auch sehr klug
«In einer Kirche geht die Trompete wahnsinnig ab!»
ausgewählt, wo wir was spielen – man kann ja nicht
alles an jedem Ort spielen. Bruckner war ein Organist,
und das kommt auch in seinen Sinfonien sehr zum
Tragen: Er setzt das Orchester wie eine Orgel ein. Ich
finde, das hat eine sehr gute Wirkung in einer Kirche.
Andererseits könnte ich mir nicht vorstellen, ein Programm mit Igudesman & Joo in einer Kirche zu machen. Ich freue mich also auf die kommende Zeit, aber
ich freue mich natürlich auch wieder
sehr darauf, im Casino zu spielen, denn
der Musiksaal ist wirklich grandios.
Spielst du zum ersten Mal ein Sinfoniekonzert im Münster?
Wir haben einmal an einer Beerdigung
unter der Leitung von Mario Venzago
Auszüge aus Bilder einer Ausstellung
gespielt. Dort habe ich das erste Mal
mit dem SOB im Münster gespielt und
Erfahrungen sammeln können.
Wie lange bist du schon beim Sinfonieorchester Basel?
Ich bin jetzt seit sieben Jahren dabei.
Was waren deine schönsten Erlebnisse im oder mit dem Orchester?
Kurzfristig rückblickend war mein
Highlight, als ich bei einem Coop-/
Volkssinfoniekonzert das Trompetenkonzert E-Dur von Hummel als Solist
spielen durfte. Es ist schon sehr schön,
wenn man als Solist mit den eigenen
Kolleginnen und Kollegen spielen
darf. Ich denke aber auch sehr gerne
an verschiedene Opernproduktionen
zurück – wie zum Beispiel Macbeth:
Da funktionierte es so gut mit dem
Dirigenten, dem Orchester, und es hatte
tolle Solisten auf der Bühne. Auch wenn
die Produktion durch die Häufigkeit
des Spielens eine gewisse ‹Abnutzung›
erlebt, ging ich jedes Mal gerne hin.
Erzähle uns doch eine Geschichte, die
du mit dem Orchester erlebt hast und
die dir ganz besonders in Erinnerung
geblieben ist!
Ein ganz aussergewöhnliches Erlebnis,
wie ich es sonst noch nie erlebt hatte,
war die Tournee nach Russland mit
einem Konzert in St. Petersburg und
einem in Moskau. Bei der Hinreise
kamen alle blöden Zufalle zusammen,
sodass wir viel zu spät in Moskau angekommen sind – das Konzert hat zwei
Stunden zu spät angefangen, doch der
Saal war immer noch voll, die Leute haben gewartet. Juri Baschmet – er spielte
die Solo-Bratsche an diesem Abend
– unterhielt die Leute, erzählte ihnen
vom Werk, spielte Solo-Stücke und hielt
so das Publikum bei der Stange. Wir
mussten dann direkt aus dem Reisecar
auf die Bühne, zum Teil ohne Frack,
ohne Vorprobe, ohne Einspielen! Das
führte aber dazu, dass die Stimmung
im Orchester ganz besonders war; diese
Spannung, die sich sonst so anstaut
vor dem Konzert, konnte gar nicht
aufkommen, und man war einfach nur
froh, dass man es noch auf die Bühne
geschafft hat. Das Formelle fiel weg,
und man spielte einfach nur noch aus
Freude und Lust.
Was beschäftigt dich neben dem Orchesterbetrieb noch?
Im Orchester bin ich sicher bekannt
dafür, dass ich auf verschiedenen
Bühnen tanze. Ich habe neben meiner
Stelle hier im Orchester noch eine Stelle
an der Hochschule Luzern, wo ich eine
Trompetenklasse ausbilde. Für mich
ist es sehr wichtig, beides zu machen.
Ich profitiere an beiden Orten von der
jeweils anderen Erfahrung. Im Orches-
29
Wie bist du zum Sinfonieorchester
Basel gekommen?
Ich hatte vorher Interim-Stellen in
verschiedenen Orchestern: Ich spielte in Bern, im Opernhaus Zürich, im
Sinfonieorchester St. Gallen, und dann
hatte ich meinen ersten Langzeitvertrag im Orchestra della Svizzera Italiana
in Lugano. Nach etwa drei Jahren habe
ich an die Scala in Mailand gewechselt
und bin da auch rund drei Jahre geblieben. Danach kam ich nach Basel. Ich
habe also eine rechte Orchestertournee
gemacht!
Im Konzertbereich erinnere ich mich
an verschiedene Highlights. Wie zum
Beispiel als wir die Zweite von Mahler gespielt haben. Da war eine ganz
besondere Stimmung im Saal, die Leute
waren richtig ergriffen.
30
ter kann ich überprüfen, ob das auch
wirklich stimmt, was ich den Schülern
sage. Die Analyse der Schüler wiederum
hilft mir, persönlich weiterzukommen.
Ich spiele auch in recht vielen solistischen Projekten, und gleichzeitig habe
ich eine Familie mit vier Kindern und
ein grosses Haus in Knutwil – ein ehemaliges Bauernhaus mit unterdessen
vielen Kleintieren. Von meinen Kindern spielen nun drei auch schon ein
Instrument. Ich begleite sie dann oft auf
dem Klavier, gehe mit ihnen an Vorspiele oder Wettbewerbe. Neuerdings haben
meine Frau und ich den Heuboden
unseres Hauses renoviert und zu einem
Kulturraum umgestaltet. Jetzt organisiere ich da Konzerte, Ausstellungen, et
cetera.
Was sind deine Wünsche für das Orchester und das Orchesterleben?
Ein Wunsch ist sicher, dass das Orchester auch in Zukunft seinen Hauptauftrag erfüllen kann, nämlich die grossen
sinfonischen Werke aufzuführen. Das
bedingt natürlich auch eine gewisse
Grösse des Orchesters. Und aufgrund
der Sparpläne wird das leider immer
schwieriger. Eine Mahler-Sinfonie kann
man nun mal nicht nur mit zehn
1. Geigen spielen. Ausserdem finde ich,
dass unser Orchester viel Potenzial hat
– wir haben ja auch einzelne Musikerinnen und Musiker im Orchester,
die auch international ein grosses
Renommee haben. Mein Wunsch
ist, dass das Publikum diese Qualität
erkennt und wir auch international
vermehrt unser Können zeigen dürfen.
Ich hoffe, dass unser neuer Chefdirigent Ivor Bolton dies auch noch mehr
herausstreichen kann. g
Das Interview wurde am
19. Mai 2016 geführt.
IMPRESSUM
Sinfonieorchester Basel
Steinenberg 19
4051 Basel
+41 (0)61 205 00 95
[email protected]
www.sinfonieorchesterbasel.ch
Geschäftsleitung: Franziskus Theurillat
Leitung Künstlerische Planung:
Dr. Hans-Georg Hofmann
Konzeption und Redaktion Programm-Magazin:
Simone Staehelin und Cristina Steinle
Titelbild:
Daily Overview, Satellite images © DigitalGlobe, Inc.
Korrektorat: Ulrich Hechtfischer
Gestaltung: eyeloveyou.ch, Basel
Druck: Schwabe AG, Basel/Muttenz
Auflage: 6500 Exemplare
Partner:
Bild (Ben Hur): eyeloveyou
Bild: © Kim Hoss
IM FOKUS
mini.musik:
In der Küche
Unter dem Titel A Tale of Christ komponierte Stewart Copeland 2009 einen
berauschenden Live-Soundtrack zum
Schwarz-Weiss-Stummfilm Ben Hur von
Fred Niblo aus dem Jahr 1925. Nun kann
der Film in der grandiosen Kulisse des
Römischen Theaters mit der Live-Musik von und mit Stewart Copeland,
dem ehemaligen Drummer von Police,
wiederentdeckt werden.
Eine Koproduktion von Sinfonieorchester Basel, Stadtkino Basel und
Theater-Board Augusta Raurica.
mini.musik sind musikalische Entdeckungsreisen voller Überraschungen
für Kinder ab 4 Jahren. In dieser Saison
zieht mini.musik um und packt seine
Ideen und Instrumente im Scala Basel
an der Freien Strasse aus.
Dieses Mal klappert’s und blubbert’s
rund um die Kochtöpfe in der mini.
musik-Küche. Sechs Musiker kochen
ein Fünfsternemenü, das auch Kindern
mundet. Bei mini.musik verderben
auch viele Köche den Brei nicht, denn
die Rahm- und Schaumschläger schmecken alles ab. Mit süsser und scharfer
Musik, gespielt auf Klarinette, Fagott,
Trompete, Violine, Violoncello und
Klavier.
Do, 25. Aug. 2016
Fr, 26. Aug. 2016
20.30 Uhr
RÖMISCHES
THEATER
AUGUSTA
RAURICA
Concert & Cinema:
Ben Hur/1925
Musik, die schmeckt, bei der mini.musik!
Sa, 10. Sept. 2016
14.30 Uhr
SCALA
BASEL
31
Berauschender Live-Sound zum Römerfilm
DEMNÄCHST
Erstes Picknick-Konzert: Saitensprünge
MUSEUM DER
Werke von Antonio Vivaldi, Edward Elgar,
KULTUREN BASEL,
Wolfgang Amadé Mozart, Gustav Holst,
INNENHOF
Pjotr Iljitsch Tschaikowski und Benjamin Britten
EINTRITT FREI
Streicher des SOB / Benedikt Schobel / Soyoung Yoon
MI 24.08.16
18.30 -20.00
Mix & Mingle
Symphony Club – English speaking social event
HOTEL EULER, BASEL
DO 25.08.16
FR 26.08.16
20.30
Concert & Cinema: Ben Hur/1925
Live-Musik zu Fred Niblos Ben Hur
SOB/ Stewart Copeland / Robert Emery
RÖMISCHES THEATER
AUGUSTA RAURICA
MI 31.08.16
DO 01.09.16
19.30
/ B1 Sinfoniekonzert SOB:
Bruckner+ Messiaen und Reger
Max Reger: Phantasie und Fuge über B-A-C-H, op. 46
Olivier Messiaen: L’Ascension
Anton Bruckner: Messe e-Moll, WAB 27
SOB / MDR Rundfunkchor / Andreas Liebig /
Marek Janowski
BASLER MÜNSTER
SA 10.09.16
12.30
Tag des Denkmals
Werke von Ferruccio Busoni und Hans Huber
SOB / Iryna Krasnovska / Daniel Schneller /
Erik Nielsen
LEONHARDS-KIRCHE
BASEL
SA 10.09.16
14.30
mini.musik: In der Küche
Mitglieder des SOB, Irena Müller-Brozovic,
Norbert Steinwarz
SCALA BASEL
SA 17.09.16
19.30
Premiere: Die tote Stadt
THEATER BASEL
Oper in drei Bildern, Libretto von Paul Schott, frei
VVK: THEATERKASSE
nach Georges Rodenbachs Roman Bruges-la-Morte,
Musik von Erich Wolfgang Korngold
SOB / Erik Nielsen / Simon Stone / Henryk Polus u.a.
DI 20.09.16
19.00
‹En route› im Literaturhaus Basel
Wolfgang Amadé Mozart: Klarinettenquintett
Mitglieder des SOB / Peter von Matt
LITERATURHAUS
BASEL
MI 21.09.16
18.30- 20.00
Mix & Mingle
Symphony Club – English speaking social event
HOTEL EULER, BASEL
SO 25.09.16
17.00
Welcome Ivor!
Ludwig van Beethoven: 7. Sinfonie
Wolfgang Amadé Mozart: Arien aus den Opern
Le nozze di Figaro und Don Giovanni
Edward Elgar: In the South (Alassio)
SOB / Erwin Schrott / Ivor Bolton
EVENT HALLE,
MESSE BASEL
32
SO 21.08.16
11.00
A1
EVERYBODY’S WELCOME
EVERYBODY’S WELCOME
Vorverkauf (falls nicht anders angegeben): Bider & Tanner, Ihr Kulturhaus in Basel,
Aeschenvorstadt 2, 4010 Basel, 061 206 99 96
Detaillierte Informationen und Online-Verkauf: www.sinfonieorchesterbasel.ch
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