Thermogravimetrische und kalorimetrische

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Applikationen
Thermogravimetrische und kalorimetrische
Untersuchung von Hefen
G. Dardelle, V. Normand, Firmenich S.A., Genf, Schweiz
Einleitung
Experimentelles
Geschmacksstoffe in Nahrungsmitteln
sind häufig leicht flüchtig und können
deshalb bereits während der Produktion
oder bei der Zubereitung beim Konsumenten teilweise verloren gehen. Eine
Möglichkeit, den Verlust an Geschmacksstoffen während thermischen Prozessen
(pasteurisieren, kochen) zu reduzieren,
besteht darin, sie in thermisch stabilen
Partikeln einzuschliessen.
Als Hefe wurde Saccharomyces Cerevisiae (Firmenich Produktnummer 954794)
verwendet. Die Hefe wurde ungefüllt oder
mit Limonen (1-methyl-4-isopropenyl-1cyclohexene) gefüllt vermessen.
Limonen ist ein Aromastoff, der stark nach
Orangen schmeckt und in natürlicher
Form in der Schale von Zitrusfrüchten
vorkommt.
Als „Partikel“ kommen dazu beispielsweise Hefezellen in Frage. In diesem Beitrag untersuchen wir, wie in Hefezellen
eingeschlossene Geschmacksstoffe während des Aufheizens abgegeben werden.
Dazu wurden thermogravimetrische und
kalorimetrische Messungen durchgeführt. Mit Hilfe dieser Messungen konnten danach die Mechanismen verstanden
werden, die während der Freisetzung der
Geschmacksmoleküle aus den Hefezellen
ablaufen.
Abbildung 1:
TEM Bilder von
ungefüllten (links)
und mit Limonen
gefüllten (rechts)
Hefezellen.
Abbildung 2:
TEM Bilder der Zellwand von ungefüllten (links) und mit
Limonen gefüllten
(rechts) Hefezellen.
Massstab: 200 nm.
Die thermogravimetrischen Messungen
wurden mit einer TGA/SDTA851e unter
inerten Bedingungen (Stickstoff) durchgeführt, wobei Probenmassen von typisch
10 mg verwendet wurden. Die Proben
wurden in Tiegeln aus Aluminiumoxid
mit 20 K/min von 25 °C auf 400 °C aufgeheizt. Die kalorimetrischen Messungen
erfolgten mit einer DSC822e.
Verwendet wurden ebenfalls Tiegel aus
Aluminiumoxid. Die Proben wurden in
stehender Luft mit 20 K/min von 25 °C
auf 400 °C aufgeheizt.
Ergebnisse
Morphologische Charakterisierung der Backhefe
Um die Morphologie der Hefezellen mit
und ohne Limonen zu bestimmen, wurden die Proben mit einem Transmissionselektronenmikroskop untersucht.
Entsprechende Bilder sind in Abbildung 1
dargestellt. Die Zellen sind kugelförmig
und haben einen Durchmesser von typisch 2 µm. Klar erkennbar sind die Zellwände der Zellen. Die dunklen Teile in
Abbildung 1 links sind das Zytoplasma
der Zelle. In den gefüllten Zellen wird
das Zytoplasma mit dem Limonen ausgetauscht.
In Abbildung 2 sind Bereiche mit der
Zellwand vergrössert dargestellt. Die Zellwand der Hefezellen besteht aus Glukan,
Mannoprotein und einem kleinen Anteil
an Chitin. Die Glukane bilden ein starres
Skelett, das mit den Mannoproteinen gefüllt ist, die einerseits die Porosität der
Zellwand sicherstellen und die Glukene
andererseits vor Enzymen schützen (Mannoproteinfilm an der Aussenseite der
Zellwand).
Abbildung 2 zeigt, dass durch das Austauschen des Zytoplasmas mit dem Limonen
die Struktur der Zellwand nicht beeinträchtigt wird. Die das Zytoplasma von
der Zellwand abtrennende Zellmembran
ist auf den Bildern nicht erkennbar.
Thermische Stabilität
Die thermische Stabilität der Hefe (mit
und ohne Limonen) wurde mittels TGA
untersucht. Entsprechende Ergebnisse
sind in Abbildung 3 dargestellt (blaue
Kurve: Hefe mit Limonen, rote Kurve:
Hefe ohne Limonen). Die Kurven lassen
sich in 5 verschiedene Bereiche unterteilen, die qualitativ wie folgt interpretiert
werden können.
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Bereich I: 25–110 °C.
In diesem Temperaturbereich wird für
beide Proben ein kleiner Masseverlust
festgestellt.
Mittels Karl-Fischer-Titration konnte
nachgewiesen werden, dass dieser Masseverlust auf die Abgabe von Feuchtigkeit
(vornehmlich aus den Zellwänden der
Hefezellen) zurückzuführen ist.
Verdunsten von Limonen zurückzuführen ist. Das Limonen gelangt dabei entweder durch Diffusion durch die poröse
Zellwand oder durch Spalten an die Zelloberfläche.
Bereich II: 110–245 °C.
In diesem Temperaturbereich bleibt die
Probenmasse nahezu konstant. Die Zellwand ist praktisch wasserfrei, das organische Material wird aufgeheizt.
Bereich IV: 263–293 °C.
In diesem Temperaturberich wird bei
beiden Proben ein relativ rasch vorangehender Masseverlust gemessen.
Bereich III: 245–263 °C.
Die mit Limonen gefüllten Zellen zeigen
einen starken Masseverlust, der auf das
Abbildung 3:
TGA-Kurven der mit
Limonen gefüllten
(blaue Kurve) und
ungefüllten (rote
Kurve) Hefe.
Abbildung 4:
Auf das Trockengewicht der Proben
normalisierte
TGA-Kurven für mit
Limonen gefüllte
(blaue Kurve) und
ungefüllte (rote
Kurve) Hefezellen.
Die Spalten entstehen durch den zunehmenden Druck im Innern der Zelle infolge der steigenden Temperatur.
Wir nehmen an, dass in diesem Temperaturbereich die Zellwände brechen und
die flüchtigen Komponenten aus den Hefezellen entweichen.
Bereich V: 293–400 °C.
Hier pyrolysiert der Trockenanteil der
Hefezellen. Übrig bleibt im Wesentlichen
reiner Kohlenstoff.
In Abbildung 4 sind die TGA-Daten normalisiert dargestellt. Die Normalisierung
erfolgte dabei so, dass die Trockenmasse
(d.h. das Gewicht der Probe bei 293 °C)
gerade 100 % betrug. Diese Darstellung
belegt, dass die beiden Proben ab etwa
263 °C das gleiche Verhalten zeigen und
demzufolge ab dieser Temperatur als
gleichartig zu betrachten sind. Die Differenz zwischen den beiden Kurven liegt
im Verlust von Limonen, der zwischen
246 °C und 263 °C stattfindet.
Aus den thermogravimetrischen Messungen ergibt sich ein Limonen-Masseanteil von 26.7 % (siehe Abbildung 3),
was gut mit NMR-Ergebnissen übereinstimmt.
DSC-Messungen
DSC-Messungen wurden mit reinem
Limonen, mit den ungefüllten und mit
Limonengefüllten Hefezellen (LimonenGehalt: 26.7 %w/w) durchgeführt.
Entsprechende Ergebnisse sind in Abbildung 5 dargestellt. Das reine Limonen
siedet bei 202 °C, was in der Folge zu
einem grossen, scharfen endothermen
Ausschlag im Wärmestrom führt (grüne Kurve). Die DSC-Kurve für die ungefüllten Hefezellen (rote Kurve) zeigt einen ersten endothermen Peak bei 173 °C.
Dieser Peak ist eine Folge von strukturellen Änderungen in der Zellmembran.
Die Zellmembran besteht aus Phospholipiden, deren hydrophile Enden durch die
Zellflüssigkeit bzw. die Zellwand gehalten
werden, so dass sich eine geordnete Doppelschicht ausbildet (vgl. auch mit Abbildung 6). Diese Struktur wird bei höheren
Temperaturen zerstört, was bei der ungefüllten Hefe zum Peak bei 173 °C führt.
In den gefüllten Hefezellen reduziert das
hydrophobe Limonen die Stabilität der
Doppelschicht.
Entsprechend beginnt deren Auflösung
bereits bei 131 °C. Gleichzeitig mit dem
Masseverlust ab etwa 246 °C erkennt man
einen endothermen Peak auf der DSCKurve für die mit Limonen gefüllten He-
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Abbildung 5:
DSC-Kurven von
Limonen (grün),
ungefüllten (rot)
und mit Limonen
gefüllten Hefezellen
(blau). Punktiert
eingezeichnet sind
entsprechende TGAKurven.
fezellen (blaue Kurve). Auf der Messkurve
für die ungefüllten Hefezellen fehlt dieser
Peak. Der auf den DSC-Kurven für gefüllte und ungefüllte Hefezellen erkennbare exotherme Vorgang ab etwa 263 °C
beschreibt die Zerstörung der Zelle.
Schlussfolgerungen
Mittels thermischer Analyse wurde das
thermische Verhalten von ungefüllten
und mit Limonen gefüllten Hefezellen
untersucht. Aus den thermogravimetrischen Daten ergab sich, dass das Limonen erst bei Temperaturen ab 246 °C
aus den Hefezellen entweicht und somit
beispielsweise während Kochvorgängen
im Kochgut erhalten bleibt. Mit Hilfe der
DSC-Messungen konnten strukturelle Änderungen in den mit Limonen gefüllten
Hefezellen nachgewiesen werden. Die
Ergebnisse sind in Abbildung 6 veranschaulicht.
Literatur
V. Normand, G. Dardelle, P-E. Bouquerand,
L. Nicolas, D. Johnston; Flavour Encapsulation in Yeasts: Limonene Used as a Model
System for Characterization of the Release
Mechanism, J. Agric. Food Chem. 2005,
53, 7532–7543
Abbildung 6:
Oben: das hydrophobe Limonen lagert sich bevorzugt
in der phospholipiden Doppelschicht
der Zellmembran
ein. Entsprechend
erfolgt die Zerstörung dieser Doppelschicht in mit
Limonen gefüllten
Hefezellen bei tieferen Temperaturen
als bei ungefüllten
Zellen.
Unten: In gefüllten
Zellen erfolgt die
Zerstörung der Zellmembran bei etwa
130 °C, das Limonen wird ab etwa
246 °C freigesetzt.
Unabhängig davon,
ob die Zellen gefüllt
sind oder nicht,
erfolgt deren thermische Zersetzung
ab etwa 263 °C.
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