Vom Nutzen der Rechtstheorie für die angewandte

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Working Papers
in Rechts- und Sozialphilosophie
Facheinheit Rechts- und Sozialphilosophie
Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Universität Salzburg
Churfürststr. 1
5020 Salzburg
Vom Nutzen der Rechtstheorie für die
angewandte Ethik: Spezifizierung, Abwägung und
Kasuistik in der Bioethik
Norbert Paulo (Salzburg)
September 2015
©Norbert Paulo, Salzburg (September 2015)
Vom Nutzen der Rechtstheorie für die angewandte Ethik: Spezifizierung, Abwägung
und Kasuistik in der Bioethik
Norbert Paulo
Die Rechtstheorie hat als eines der Grundlagenfächer an juristischen Fakultäten einen
schweren Stand. Wie der Wissenschaftsrat 2012 richtig konstatiert hat, wird sie zunehmend
marginalisiert
und
in
Forschung
und
Lehre
zu
Gunsten
solcher
Bereiche
der
Rechtswissenschaft eingeschränkt, die von sich eine größere Praxisrelevanz behaupten.1
Wenn letzteres der Maßstab ist, scheint der weitere Weg der Marginalisierung vorgegeben
zu sein. Schließlich behaupten die vor allem rekonstruktiv vorgehenden Grundlagenfächer
nicht primär Praxisrelevanz in diesem recht oberflächlichen Sinne; ihnen geht es vielmehr
zunächst darum, das Recht zu verstehen. Dass aus einem besseren Verständnis Kritik und
Potential für Verbesserungen des Rechts – auch der Rechtspraxis – erwachsen können,
muss in einem Band, der interdisziplinären Aspekten der Rechtswissenschaft gewidmet ist,
wohl nicht weiter erläutert werden. In diesem Sinne ist die Rechtstheorie als ein
Grundlagenfach natürlich praxisrelevant.
Ich möchte in diesem Beitrag den Versuch unternehmen, zu zeigen, dass diese
Praxisrelevanz keineswegs nur auf das Recht selbst beschränkt ist, sondern viele Einsichten
bereit hält, die auch für andere normative Bereiche informativ sind. Konkret möchte ich
darlegen, wie die Bioethik von der rechtstheoretischen Methodendiskussion lernen kann, ihre
eigenen Methoden zu verbessern. Ich versuche mithin, den üblichen Erkenntnisweg
umzudrehen. Normalerweise greifen die Grundlagenfächer auf Erkenntnisse aus Disziplinen
wie Philosophie, Soziologie, Linguistik oder Geschichte zu, um damit die Rechtswissenschaft
zu bereichern. Mein Weg geht andersherum. Ich biete den Ethikerinnen einen Einblick in die
Rechtswissenschaft, den sie für die Ethik fruchtbar machen können.2 Es wird sich zeigen,
dass dieser Zugang noch einen zweiten Blick über den Tellerrand nahe legt. Nachdem ich im
Hauptteil gezeigt habe, wie eine Prinzipienethik, die dem kontinentaleuropäischen Civil Law
strukturell sehr nahe steht, von ebenjenem lernen kann, möchte ich nämlich am Ende des
Beitrags andeuten, dass die Methoden des Common Law interessante Einsichten für eine
andere ethische Tradition, nämlich die Kasuistik, bereithalten.
1
Siehe den Bericht des Wissenschaftsrats „Perspektiven der Rechtswissenschaft in Deutschland.
Situation, Analysen, Empfehlungen“.
2
Ausführlicher habe ich dies in meiner noch unveröffentlichten Dissertation „Methods in Applied Ethics
– A View from Legal Theory“ (Hamburg 2014) getan.
1
1 Recht und Ethik: Normen und Methoden3
Warum ein solcher Versuch, Lerneffekte zu erreichen, im Bereich der Methoden besonders
vielversprechend ist, zeigt eine einfache Überlegung. Ethikerinnen und Juristinnen stellen
sich ganz ähnliche Probleme. Sie müssen unter Rückgriff auf abstrakte und generelle
Normen konkrete und individuelle Fragen beantworten.4 Und sie müssen dies auf eine Art
und Weise tun, die transparent und rational nachvollziehbar ist. Kurz: Ethikerinnen und
Juristinnen müssen einen methodengeleiteten Umgang mit Normen beherrschen. Denken
Sie nur an Fragen wie diese: Sollte eine Ärztin aus moralischer Sicht den ernsthaften und
wiederholt vorgebrachten Sterbewunsch einer Patientin respektieren und sie bei dessen
Umsetzung unterstützen? Auch wenn die Patientin Anzeichen von Depression zeigt? Ändert
sich die Bewertung, wenn diese Anzeichen eine Folge der wiederholten Zurückweisung ihres
Wunsches sind? Um solche und andere schwierige Fragen zu beantworten, benötigt man
einen normativen Referenzrahmen. Juristinnen werden im Medizin(straf)recht nachsehen.
Medizinethikerinnen haben es etwas schwerer.5 Ihnen ist nämlich kein Normensystem
vorgegeben. Das heißt aber natürlich nicht, dass sie keines hätten. Nun hat sicher nicht jeder
Mensch ein expliziertes System moralischer Normen. Aber je professionalisierter die
Beschäftigung
mit
Ethikkommissionen,
der
des
Bioethik
ist
Ethikrates
–
denken
oder
an
Sie
die
nur
an
die
Fachleute
Mitglieder
in
von
bioethischen
Forschungszentren – desto expliziter und reflektierter ist üblicherweise das jeweils in
Anschlag gebrachte moralische Referenzsystem. Ethik, auch angewandte Ethik, ist mehr als
ein Rosinenpicken aus zufällig zusammengewürfelten moralischen Erwägungen. Die
angewandte Ethik ist aber andererseits auch schon lange über den Punkt hinaus, den ganz
klassischen Moraltraditionen treu zu bleiben und zu versuchen, Fragen wie die gerade
angedeutete zur Sterbehilfe allein mittels der klassischen Moralprinzipien zu beantworten.6
Ob man nun mit dem Utilitätsprinzip fragt, welche Lösung zum größten Glück bei der größten
Zahl von Menschen führen würde, oder ob man sich am Kantischen kategorischen Imperativ
orientiert und überlegt, welche im konkreten Fall handlungsleitende Maxime so beschaffen
3
Ich greife hier und im Folgenden teilweise zurück auf meinen Aufsatz „Abwägung und Spezifizierung
in ethischen Entscheidungen“, in: O. Rauprich, R. Jox, G. Marckmann (Hrsg.), Vom Konflikt zur
Lösung, Mentis (im Erscheinen).
4
Ich beschränke mich auf Prinzipienethiken und blende damit solche Positionen aus, die meinen, in
der Ethik ohne Generalisierungen auskommen zu können (oder zu müssen), vgl. etwa Jonathan
Dancys Partikularismus (2004) und Bernward Gesangs Verteidigung des Generalismus (2000). Zum
Skeptizismus der ethischen Kasuistik in Bezug auf Prinzipien komme ich am Ende kurz zu sprechen.
5
Gleiches gilt für konkrete Fragen in anderen Bereichen der angewandten Ethik, bspw. die
Wirtschaftsethik, die Umweltethik oder die Tierethik. Ich beschränke mich in diesem Beitrag aus
Platzgründen auf die Medizinethik (die ich im Übrigen synonym mit „Bioethik“ verwende).
6
Inzwischen sollte deutlich geworden sein, dass ich die Begriffe „Moral“ und „Ethik“ synonym
verwende. Weder in der Umgangssprache noch innerhalb der akademischen Philosophie hat sich
eine klare Unterscheidung beider Begriffe herausgebildet. Ich hoffe, dass in meinen Ausführungen im
jeweiligen Kontext deutlich wird, ob ich eher auf konkrete Regeln oder auf das Theoretisieren über
solche Regeln Bezug nehme – ersteres wird teilweise als Moral, letzteres als Ethik bezeichnet, vgl.
etwa von der Pfordten (2010: 1 ff.).
2
ist, dass man von ihr zugleich wollen kann, dass sie allgemeines Gesetz werde – welches
klassische Moralprinzip man auch immer in Anschlag bringt, ein Problem wird schnell
offensichtlich: Diese Prinzipien sind zu abstrakt, um eine klare Entscheidung in konkreten
medizinethischen Fragen vorzugeben. Aus diesem Grund hat sich in den 1960er und 1970er
Jahren mit dem Aufkommen immer neuer Möglichkeiten der Medizin die angewandte Ethik
als eigene philosophische Disziplin herausgebildet und verbreitet aus den klassischen
Moralprinzipien
solche
Prinzipien
entwickelt,
die
konkreter
sind
und
somit
die
handlungsleitende Funktion der Moral besser erfüllen. Es handelt sich also um eine
Ausdifferenzierung, wie auch das Recht sie durchgemacht hat. Tom Beauchamp und James
Childress haben etwa vier ethische Prinzipien vorgeschlagen, die den gesamten Bereich der
Medizinethik
erfassen
und
handlungsleitender
sein
sollen
als
die
klassischen
Moralprinzipien. Diese vier Prinzipien sind weithin bekannt: Respekt vor Autonomie (respect
for autonomy), Nichtschaden (nonmaleficence), Wohltun (beneficence) und Gerechtigkeit
(justice).7 Allerdings sind sie noch immer zu abstrakt, als dass sie klare Entscheidungen in
konkreten medizinethischen Fragen vorgeben könnten.
In der Ethik wie im Recht bedarf es neben der Normen noch geeigneter Methoden zur
Konkretisierung und Anwendung von Normen. Schließlich erwarten wir, dass zwischen der
Einzelfallentscheidung und den in Anschlag gebrachten Prinzipien eine Beziehung besteht.
Beauchamp und Childress nutzen für ihre medizinethische Theorie, den principlism, vor
allem zwei Methoden, nämlich Spezifizierung (specification) und Abwägung (balancing).
Beide Methoden sollen helfen, unter Rückgriff auf die Prinzipien Einzelfallentscheidungen
transparent zu treffen und zu rechtfertigen. Beides ist eminent wichtig im Umgang mit
schwierigen medizinethischen Fragen, über die oftmals kein gesellschaftlicher Konsens
besteht.8 Im Folgenden versuche ich am Beispiel des einflussreichen Verständnisses der
Methoden der Abwägung und der Spezifizierung bei Beauchamp und Childress anzudeuten,
wie die Rechtstheorie die Methodendiskussion in der angewandten Ethik bereichern kann.
Schließlich beschäftigen sich Juristinnen schon seit sehr langer Zeit mit Methodenfragen. In
der Ethik werden solche Fragen erst seit wenigen Jahrzehnten ausführlicher diskutiert,
nämlich erst seitdem die Ethik durch die immer neuen technischen Entwicklungen und die
damit einhergehende Orientierungslosigkeit in Erklärungsnot geraten und die hinter all den
metaethischen Debatten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lange verborgene Leitfrage
der Ethik – Was soll ich tun? – wieder in den Vordergrund getreten ist.
Die Beantwortung dieser Leitfrage bedarf einer normativen Grundlage und geeigneter
Methoden. In der Ethik ist es sicherlich leichter als im Recht, sich der bindenden Kraft eines
bestimmten Regelsystems zu entziehen. Selbst wenn man eine bestimmte Rechtsnorm für
7
8
Vgl. Beauchamp und Childress 2013, S. 101 ff.
Siehe Quante 2010, S. 9 ff.
3
inhaltlich falsch hält, für ineffizient etwa oder für unmoralisch, ist man grundsätzlich weiter an
sie gebunden. Dies gilt nicht in gleicher Weise für die Ethik. Wenn man bspw. den principlism
nicht weiter als individuell leitend ansehen möchte, weil er nicht die Menschenwürde als
höchstes Gut schützt, ist man frei darin, sich ein alternatives System zu suchen oder selbst
zu entwickeln. Es besteht also ein Unterschied auf der Bindungsebene zwischen Recht und
Ethik. Auf der Ebene der Methoden besteht dieser Unterschied hingegen nicht. Egal welches
System man konkret vertritt, man wird immer vor dem Problem stehen, die jeweiligen
Normen transparent und rational mit konkreteren Normen und mit Einzelfallentscheidungen
verbinden zu müssen. Dem Problem kann man nur entgehen, wenn man den Anspruch auf
Systematizität, Transparenz und Rationalität aufgibt.
2 Spezifizierung
Ich habe schon gesagt, dass ich mich zunächst exemplarisch auf zwei Methoden
konzentrieren möchte – die Abwägung und die Spezifizierung. Wenn hier von Spezifizierung
die Rede ist, dann ist nicht bloß das metaphorische Verständnis, dass etwas spezifischer
gemacht wird, gemeint. Gemeint ist die Methode der Spezifizierung wie sie von dem
Philosophen Henry Richardson entwickelt und in die medizinethische Debatte eingeführt
wurde.9 David DeGrazia hat das Potential dieser Methode speziell für den principlism erkannt
und bezeichnet die Methode als „the most significant contribution to bioethical theory in some
time“.10 Was aber ist diese Spezifizierung? Grob gesagt geht es bei ihr darum, eine Norm
spezifischer zu machen, indem man ihren Anwendungsbereich verringert. Dies geschieht
durch die Hinzufügung von Bedingungen, die bspw. spezifizieren, wo, wann, wie und durch
wen eine Handlung vorzunehmen ist. Spezifiziert wird also nicht durch die Feststellung der
Bedeutung der Terme der Norm (Interpretation), sondern durch die Verringerung des
Anwendungsbereichs der Norm. Dadurch soll ihre Anwendung im Einzelfall Schritt für Schritt
leichter werden. Richardson geht davon aus, dass das Phänomen der Moral so komplex ist,
dass wir nie in der Lage sein werden, tatsächlich universell gültige Moralprinzipien zu
formulieren. Stattdessen, so Richardson, müssen wir uns mit prima facie-Normen begnügen,
die immer offen sind für Ausnahmen und sogar für Revisionen. Diese Sichtweise passt zu
vielen Theorien in der angewandten Ethik. Und sie hat eine entscheidende Auswirkung in
methodischer Hinsicht: Wenn wir es in der Ethik immer mit prima facie-Normen zu tun
haben, dann können wir nicht aus diesen Normen deduzieren, weil die Deduktion gerade das
Vorhandensein einer universellen Norm voraussetze.11 Die Spezifizierung soll also gerade
dort eine stabile Verbindung zwischen abstrakten und konkreteren Normen bzw.
Einzelfalllösungen herstellen, wo die Deduktion als Option ausfällt. Zugleich soll die
9
Siehe Richardson 1990.
DeGrazia 1992, S. 524.
11
Richardson 2000, S. 287 ff.
10
4
Spezifizierung rationaler sein als die eher intuitionistische Abwägung. Wie genau funktioniert
also die Spezifizierung? Hier ist Richardsons Definition:
„Norm p is a specification of norm q (or: p specifies q) if and only if
(a) norms p and q are of the same normative type;
(b) every possible instance of the absolute counterpart of p would count as an instance
of the absolute counterpart of q (in other words, any act that satisfies p’s absolute
counterpart also satisfies q’s absolute counterpart);
(c) p specifies q by substantive means … by adding clauses indicating what, where,
when, why, how, by what means, by whom, or to whom the action is to be, is not to
be, or may be done or the action is to be described, or the end is to be pursued or
conceived; and
(d) none of these added clauses in p is irrelevant for q.”12
Diese Definition klingt etwas obskur, u.a. weil sie mit kontrafaktischen Annahmen arbeitet.
Sie soll für universelle und für nicht-universelle (also prima facie-) Normen funktionieren. Bei
nicht-universellen Normen soll man sich immer fragen, wie die Spezifizierungsrelation bei
dem universellen Gegenstück (absolute counterpart)13 der Norm aussehen würde. Davon
abgesehen zeigen Richardsons Erläuterungen zu der Definition, dass es vor allem auf die
Kriterien (b) und (c) ankommt. Die Idee ist demnach, dass eine Norm p eine Spezifizierung
einer Norm q ist, wenn jeder Fall von p auch immer ein Fall von q ist (Kriterium b) und wenn
p tatsächlich spezifischer als q ist, weil Bedingungen hinzugefügt wurden (Kriterium c).
Kriterium (b) sorgt also für die Einengung des Anwendungsbereichs der ursprünglichen
Norm während (c) sagt, wie diese Einengung zu geschehen hat, nämlich durch die
Hinzufügung von Bedingungen.14
Eine Definition der ‚Respekt vor Autonomie‘-Norm im principlism als ‚erlaube kompetenten
Personen, ihre Freiheitsrechte auszuüben‘ wäre demnach keine Spezifizierung, weil sie
Richardsons Kriterien nicht erfüllt.15 Sie engt den Anwendungsbereich der Autonomienorm
nicht ein, sondern expliziert nur ihre Bedeutung. Eine Spezifizierung wäre etwa „Respektiere
die Autonomie von Menschen, indem du als Ärztin den Sterbewunsch einer Patientin
respektierst.“ Diese Norm könnte man weiter spezifizieren: „… indem du sie bei der
Umsetzung des Sterbewunsches unterstützt“, und weiter: „… auch wenn die Patientin
Anzeichen von Depression zeigt“, und noch weiter: „… jedenfalls wenn diese Anzeichen eine
12
Richardson 1990, S. 295 f. Der hier zitierte Aufsatz von Richardson findet sich auf Deutsch in dem
sehr hilfreichen, von Oliver Rauprich und Florian Steger herausgegebenen Band „Prinzipienethik in
der Biomedizin“, Frankfurt a.M. (Campus), 2005, S. 252-290.
13
Richardsons Begrifflichkeiten sind mitunter nicht sehr gut gewählt. Was er als „absolute“ bezeichnet,
übersetze ich hier als „universell“. Gemeint ist eigentlich, dass universelle bzw. absolute Normen
solche sind, die all-quantifiziert sind. Eine Norm der Form „Für alle x,y,z gilt: Wenn X, dann soll Y“
wäre also universell bzw. absolut; sie ist nicht offen für Ausnahmen.
14
Die Kriterien (a) und (d) sind eher Randkriterien; ich lasse sie im Weiteren außer Acht.
15
Vgl. Beauchamp 2011, S. 310 ff.
5
Folge der wiederholten Zurückweisung ihres Wunsches sind.“ Dieses Beispiel zeigt, wie der
Anwendungsbereich der Ursprungsnorm durch die Hinzufügung von Bedingungen immer
weiter eingeengt werden kann.16
2.1 Spezifizierung als formale Relation
Für das Verständnis der Spezifizierung als Methode ist es wichtig, zu sehen, dass sie
lediglich eine formale Relation zwischen zwei Normen – einer abstrakteren und einer
spezifischeren – ist. Die Spezifizierung selbst liefert keinerlei Kriterien für die Rechtfertigung
einer Norm. Ebenso wenig gibt sie selbst Kriterien für die Wahl zwischen verschiedenen
möglichen Spezifizierungen einer abstrakten Norm an. Im genannten Sterbehilfe-Beispiel
wären Richardsons Kriterien für Spezifizierung etwa auch hiermit erfüllt: „Respektiere die
Autonomie von Menschen, indem du als Ärztin den Sterbewunsch einer Patientin
respektierst, indem du sie bei der Umsetzung des Sterbewunsches unterstützt, es sei denn
die Patientin zeigt Anzeichen von Depression.“ Die Frage, ob nun diese Spezifizierung oder
die oben vorgeschlagene besser ist, wird nicht von der Spezifizierungsrelation beantwortet.17
Für diese Auswahl zwischen alternativen Spezifizierungen greift Richardson auf das weite
Überlegungsgleichgewicht zurück18, wie es seit John Rawls diskutiert wird und vor allem von
Norman Daniels weiterentwickelt wurde. Diese Bezugnahme passt zwar wiederum gut zum
principlism bei Beauchamp und Childress, ist allerdings nicht zwingend. Man kann die
Spezifizierung ebenso gut mit anderen Rechtfertigungstheorien verbinden, z.B. mit Formen
des Utilitarismus, des Kantianismus, der Kasuistik oder einfach mit dem Mehrheitsprinzip.
Nicht zu sehen, dass die Spezifizierung eine rein formale Relation zwischen zwei Normen
und kein materiales Prinzip ist, ist ein zentrales Missverständnis, dem ein Großteil der
Literatur unterliegt.19 Diese beiden Ebenen auseinanderzuhalten, ist in der Rechtstheorie
Allgemeingut. Bei Robert Alexy heißt die formale Relation – bei ihm die Deduktion – interne
Rechtfertigung, während die materialen Rechtfertigungsprinzipien „extern“ genannt werden.20
Bei Hans-Joachim Koch und Helmut Rüßmann ist die Rede von Haupt- und Nebenschema.21
Der Punkt ist der gleiche: Die formale Relation ist unabhängig von den in Anschlag
gebrachten materialen Prinzipien. So trivial der Punkt erscheinen mag. Er ist als
Vorbedingung von formaler Gerechtigkeit und Regelanwendungsgleichheit ein Kernelement
von Transparenz und Gerechtigkeit.22
16
Für eine komplette Falllösung mittels Spezifizierung siehe Rauprich (2011).
Vgl. Tomlinson 2012, S. 64.
18
Siehe Richardson 1990, S. 300.
19
Vgl. etwa Strong 2000, S. 323 ff. oder Quante und Vieth 2000, S. 5 ff.
20
Alexy 1983, S. 273 ff.
21
Koch und Rüßmann 1982, S. 48 ff.
22
Vgl. nur Perelman 1967, S. 9 ff. und Rawls 1979, S. 78 und 265 ff.
17
6
2.2 (Keine) Trennung zwischen Normentwicklung und Anwendung
Die Spezifizierung hat als Methode auch in dem engeren Verständnis als formale Relation
zwischen zwei Normen eine Reihe von Problemen. Ich möchte hier nur eines davon
hervorheben,
nämlich
die
fehlende
Trennung
zwischen
Normentwicklung
und
23
Normanwendung – auch dies eine Unterscheidung, die in der Rechtstheorie zentral ist.
Es ist zunächst überraschend, dass Richardson zwar eigentlich das Ziel vor Augen hatte,
unter Rückgriff auf abstrakte Normen konkrete Fälle oder Probleme zu lösen, er dieses Ziel
dann aber bereits auf Normebene als erfüllt ansieht. Spezifizierung beginnt mit einer
abstrakten Norm und endet mit einer spezifischeren Norm. Keine Norm beantwortet aber
konkrete und individuelle Fälle oder Probleme. Jede Norm, sei sie noch so spezifisch, bedarf
der Anwendung auf das konkrete und individuelle Problem. Es scheint also, als wäre die
Spezifizierung ein Mittel zur Weiterentwicklung des jeweiligen Moralsystems und kein Mittel
zur Lösung konkreter Probleme. Er hat natürlich Recht, dass es immer leichter wird, Normen
anzuwenden, je spezifischer sie formuliert sind. Aber das macht die Anwendung dieser Norm
nicht irrelevant. Selbst eine recht spezifische Norm wie „Respektiere die Autonomie von
Menschen, indem du als Ärztin den Sterbewunsch einer Patientin respektierst, indem du sie
bei der Umsetzung des Sterbewunsches unterstützt, es sei denn die Patientin zeigt
Anzeichen von Depression“ bedarf noch der Anwendung im Einzelfall. Es muss noch
festgestellt werden, ob die Bedingungen der Norm bei der konkreten Patientin erfüllt sind.
Man wird um eine Interpretation der Norm (sowie der Fall- oder Problembeschreibung) nicht
umhin kommen, um die Kluft zwischen Norm und Einzelfall zu überbrücken.
Insbesondere Koch und Rüßmann haben sich darum verdient gemacht, herauszuarbeiten,
wie interpretativ und logisch komplex diese Überbrückung selbst in einfach gelagerten Fällen
ist.24 Man muss die Spezifizierung also von einem Teil der ihr zugedachten Aufgabe
befreien. Sie allein kann keine Einzelfälle beantworten. Zum einen ist sie nur eine formale
Relation zwischen zwei Normen, die nicht selbst vorgibt, welche von mehreren möglichen
Spezifizierungen gewählt werden soll. Zum anderen verbleibt sie per definitionem auf der
Normebene und erreicht nie die Ebene des Einzelfalls.
Beide Probleme sind aber behebbar, indem man die Spezifizierung explizit mit einer
Rechtfertigungstheorie verbindet und in ein System verschiedener Methoden der
Normanwendung und Normentwicklung25 einbettet. Sie selbst würde dabei zu letzteren
gehören. Derart eingebettet kann Spezifizierung sinnvoll sein – speziell für ethische
Theorien, die üblicherweise nicht den Detailgrad eines Rechtssystems haben (sollen).
23
Für eine ausführliche Diskussion weiterer Probleme siehe Paulo (im Erscheinen).
Koch und Rüßmann 1982, S. 14 ff. und 48 ff.
25
Ich unterscheide Normanwendung und Normentwicklung in der Weise, dass erstere mit gegebenen
Normen arbeitet und diese unverändert lässt, während letztere das jeweilige normative System immer
verändert, sei es durch die Hinzufügung neuer Normen oder durch die Revision bestehender Normen.
24
7
3 Abwägung
Im Gegensatz zu Richardson sehen Beauchamp und Childress die Spezifizierung nicht als
eine Alternative zur Methode der Abwägung, sondern als deren Ergänzung.26 Während die
Spezifizierung eher der Weiterentwicklung des ethischen Normsystems dient, indem sie die
Generierung
immer
konkreterer
Normen
ermöglicht,
ist
die
Abwägung
eher
für
Einzelfallentscheidungen relevant. Insbesondere kommt es auf die Abwägung an, wenn zwei
prima facie-Normen miteinander in Konflikt geraten. Und dies geschieht in Prinzipienethiken
wie dem principlism andauernd. Es ist geradezu die Grundidee solcher Prinzipienethiken,
dass die jeweiligen ethischen Prinzipien nicht hierarchisch oder lexikalisch geordnet sind,
sondern ihr Gewicht nur im konkreten Einzelfall bestimmt werden kann. Während im obigen
Sterbehilfe-Beispiel das Prinzip des Respekts vor Autonomie das Nichtschadensprinzip
überwiegen könnte, mag dieses Verhältnis in anders gelagerten Fällen anders sein. Es gibt
keinen abstrakten Vorrang eines Prinzips über irgendein anderes. Die Vorrangbeziehungen
können nur in konkreten Einzelfällen bestimmt werden.
Wie aber findet diese Bestimmung statt? Beauchamp und Childress versuchen, dem
Einwand, Abwägung sei ein rein intuitiver Vorgang und mithin anfällig für Irrationalität, zu
begegnen, indem sie Kriterien benennen, die erfüllt sein müssen, um Einschränkungen von
Prinzipien im principlism rechtfertigen zu können. Und zwar diese:
“1. Good reasons can be offered to act on the overriding norm rather than on the infringed
norm.
2. The moral objective justifying the infringement has a realistic prospect of achievement.
3. No morally preferable alternative actions are available.
4. The lowest level of infringement, commensurate with achieving the primary goal of the
action, has been selected.
5. Any negative effects of the infringement have been minimized.
6. All affected parties have been treated impartially.”27
Diese Kriterien sind insgesamt hilfreich. Jedoch trifft dies nicht auf alle zu. Problematisch ist
ferner, dass sie unsystematisiert nebeneinander stehen und einfach ad hoc, ohne weitere
Begründung, eingeführt werden. Drei dieser sechs Kriterien – nämlich 1, 3 und 6 – kann man
direkt als wenig hilfreich beiseitelegen. Kriterium 1 ist extrem unbestimmt und scheint eher
ein weiterer Verweis auf die Abwägungsmetapher zu sein, als selbst die Abwägung zu
steuern. Geradezu dubios ist Kriterium 3, ist es doch eine grundlegende Anforderung an jede
moralische Bewertung: Wenn es eine moralisch vorzugswürdige Alternative gibt, dann ist
diese – aus Sicht der Moral – vorzuziehen. Kriterium 6 verlangt Unparteilichkeit. Diese
26
27
Beauchamp und Childress 2013, S. 17 ff.
Beauchamp und Childress 2013, S. 23.
8
Forderung ist an sich sehr berechtigt. Fast alle ethischen Theorien beinhalten eine
Unparteilichkeitsforderung – entweder als ausdrückliches Prinzip oder indirekt durch die
Nutzung genereller Normen. Eine Norm ist grob gesagt dann generell, wenn ihr
„Adressatenkreis mit allgemeinen Merkmalen beschrieben und durch Anwendung dieser
Merkmale im Einzelfall bestimmbar ist“28. Wenn ich eine derartige generelle Norm parteilich
anwende, dann wende ich sie falsch an. Unparteilichkeit gehört zu jeder Prinzipienethik, hat
aber nichts mit der Abwägung zu tun.29
Viel interessanter sind die drei übrigen Bedingungen, die allerdings bei Beauchamp und
Childress
unsystematisiert
daherkommen
und
ad
hoc
eingeführt
werden.
Die
Systematisierung dieser Kriterien, die ich hier vorschlage, macht sich die Parallelität
zwischen den Kriterien und dem rechtstheoretischen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
zunutze.
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entstammt bekanntermaßen dem deutschen öffentlichen
Recht, wird heutzutage aber fast weltweit eingesetzt, um Konflikte zwischen Rechtsprinzipien
aufzulösen.30 Besonders relevant ist er im Bereich der Grund- und Menschenrechte;
diskutiert
wird
er
aber
auch
als
Grundelement
einer
zunehmend
globalisierten
31
Rechtsordnung.
Im Kern besagt der Grundsatz, dass Rechte oder Prinzipien im Konfliktfall nur eingeschränkt
werden können, wenn dies (1) mit einem legitimen Ziel geschieht, (2) die eingesetzten Mittel
zur Zielerreichung tatsächlich geeignet sind, (3) die Mittel die mildesten sind, die zur
Zielerreichung zur Verfügung stehen (Erforderlichkeit), und wenn (4) die Mittel im engeren
Sinne verhältnismäßig sind (Abwägung/balancing).
Wenn man diesen Grundsatz nun mit Beauchamp und Childress‘ Kriterien vergleicht, scheint
es schon an einer Entsprechung für die erste Verhältnismäßigkeitsbedingung (legitimes Ziel)
zu fehlen. Diese Bedingung besagt, dass nur solche Ziele ein Rechtsprinzip einschränken
können, die selbst in dem jeweiligen Rechtssystem legitim sind. Der principlism kennt eine
solche Bedingung nicht direkt; indirekt aber schon: Schließlich kommt es im principlism erst
dann zu einem abwägungsbedürftigen Konflikt, wenn zwei Prinzipien kollidieren – und zwar
zwei principlism-immanente Prinzipien. Die Struktur des principlism setzt diese Bedingung
also voraus.
Das rechtstheoretische Geeignetheitskriterium verlangt eine rationale Verbindung zwischen
dem verfolgten Ziel und den dafür eingesetzten Mitteln. Die Mittel müssen zumindest
geeignet sein, das Ziel zu erreichen. Dieses Kriterium hat einen starken empirischen
Einschlag, verlangt also oftmals die Beantwortung schwieriger tatsächlicher Fragen, und
28
Koch und Rüßmann 1982, S. 81.
Vgl. auch Tomlinson 2012, S. 55.
30
Vgl. Barak 2012, S. 181 ff.; kritisch: Urbina 2012, S. 49 ff.
31
Vgl. Klatt und Meister 2012, S. 1 ff.
29
9
schließt bloß symbolische Maßnahmen aus. Ein ganz paralleles Kriterium ist das zweite bei
Beauchamp und Childress. Eines verwundert bei deren Formulierung allerdings: Sie
vergessen, sicherzustellen, dass die Erfolgsaussichten gerade mit den eingesetzten Mitteln
bestehen – es wäre hingegen wenig sinnvoll, wenn zwar das verfolgte Ziel mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann, jedoch nicht mit dem aktuell
vorgesehenen Mittel.
Beauchamp
und
Childress‘
Kriterien
4
und
5
sind
das
Spiegelbild
zur
Erforderlichkeitsbedingung im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es ist nicht ganz klar, ob
Kriterium 5 eigenständig ist. Impliziert die Auswahl derjenigen Option mit der geringsten
Beeinträchtigung nicht bereits die Minimierung der Auswirkungen der Beeinträchtigung?
Möglich wäre allerdings, dass Auswirkungen auf Dritte gemeint sind. Die rechtstheoretische
Erforderlichkeitsbedingung verlangt, dass kein weniger beeinträchtigendes Mittel verfügbar
sein darf, das zur Zielerreichung mindestens ebenso geeignet ist, wie das gewählte. Auch
hier ist also oft empirisches Wissen gefragt. Außerdem ist diese Bedingung eine
Aufforderung zur Kreativität, gilt es doch, sich immer wieder zu fragen, ob es nicht doch noch
Alternativen gibt, die milder sind. Ob die mildere Alternative dann nur irgendwie (wie im
principlism) oder genauso effektiv (wie im Recht) das Ziel erreichen muss, ist eine Frage, die
weiterer Präzisierung bedarf. Genau für solche Fragen könnten externe Effekte, wie sie
Kriterium 5 evtl. andeutet, relevant sein.
3.1 Zwischenergebnis
Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Wir haben gesehen, dass Beauchamp und
Childress‘ Kriterien 1, 3 und 6 wenig hilfreich bzw. deplatziert sind. Außerdem haben wir
gesehen, dass die Struktur des principlism zusammen mit den Kriterien 2, 4 und 5
weitgehend den ersten drei Stufen des rechtstheoretischen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
entsprechen. Dieses Zwischenergebnis ist etwas überraschend. Schließlich sollten die sechs
Kriterien dem Einwand begegnen, dass Abwägung im principlism zu irrational und intuitiv sei.
Von Abwägung war bisher aber gar nicht die Rede. Ein erneuter Blick auf den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz macht deutlich, was hier passiert: Die Kriterien des
principlism
übernehmen
genau
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes,
die
Funktion
nämlich
die
der
drei
Vorbereitung
ersten
des
Stufen
des
eigentlichen
Abwägungsprozesses. Die ersten Stufen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes haben eine
Filterfunktion. Sie schließen nach und nach verschiedene in Betracht gezogene Maßnahmen
und Mittel als illegitim aus. Nur solche Mittel und Maßnahmen, die alle drei Bedingungen
erfüllt haben, bedürfen überhaupt einer Abwägung. Ebenso im principlism: die Kriterien
10
begrenzen die Anzahl der Fälle, die einer Abwägung bedürfen. Sie steuern aber selbst nicht
die Abwägung.32
3.2 Die eigentliche Abwägung
Nun, da wir dank des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein klareres Bild haben, welche
Funktion Beauchamp und Childress‘ Kriterien haben, wissen wir aber noch immer nicht, wie
die eigentliche Abwägung im principlism funktioniert. Verstreute Hinweise machen jedoch
zumindest zwei Elemente deutlich, die für die Abwägung besonders wichtig zu sein
scheinen, nämlich dass (1) die Gewichtung der Prinzipien im jeweiligen Einzelfall unter
Berücksichtigung aller relevanten Umstände vorzunehmen ist und dass (2) Unsicherheiten
sowie Erfolgsaussichten zu berücksichtigen sind.33
Auch hier bringt ein Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mehr Klarheit. Nach dem
sehr einflussreichen Modell Alexys besteht Abwägung im Wesentlichen aus drei Stufen.34
Auf der ersten Stufe werden die abstrakten Gewichte der betroffenen Prinzipien oder Rechte
bestimmt. Abstrakt sind die Gewichte hier in dem Sinne, dass sie nicht von den konkreten
Umständen im Einzelfall abhängen sondern in allen Fällen gleich sind. So ist etwa die
Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) abstrakt gewichtiger als das Recht, Gesellschaften zu
gründen (Art. 9 Abs. 1 GG). Eine solche abstrakte Ordnung soll es im principlism nicht
geben. Relevanter sind daher die folgenden Stufen.
Auf der zweiten Stufe geht es um den Grad der Beeinträchtigung der betroffenen Prinzipien.
Diese Grade können nicht abstrakt, sondern nur im konkreten Einzelfall bestimmt werden.
So mag in einem Fall einer zweifelhaften Zwangsunterbringung in einer geschlossenen
Anstalt zwar das öffentliche Wohl betroffen sein, weil die Untergebrachte ein gewisses Risiko
darstellt. Viel gravierender und konkreter betroffen sind in einem solchen Fall aber
Prinzipien, die die Freiheit der Betroffenen schützen sollen.
Auf der dritten Stufe schließlich geht es um die empirische Sicherheit (oder Unsicherheit), die
der gewählten Maßnahme zugrunde liegt. Je höher der Grad an Beeinträchtigung eines
Prinzips auf der zweiten Stufe ist, desto sicherer muss man sich hinsichtlich der Prämissen
der gewählten Maßnahme sein, die diese Beeinträchtigung mit sich bringt. Diese kurzen
Bemerkungen sollten bereits deutlich machen, dass Alexys Modell die beiden eher intuitiven
Hinweise von Beauchamp und Childress aufnehmen und zu ihrer Präzisierung und
Systematisierung beitragen kann. Es ist übrigens kein Zufall, dass die Struktur der
Verhältnismäßigkeitsprüfung im Recht und im principlism derart ähnlich ist. Schließlich ist
das Prinzipienverständnis bei Alexy und bei Beauchamp und Childress nahezu identisch 35;
32
Vgl. Tomlinson 2012, S. 55 f.
Beauchamp und Childress 2013, S. 20 ff.
34
Vgl. etwa Alexy 2003, S. 436 ff.
35
Vgl. Alexy 1996, Kapitel 3 und Beauchamp und Childress 2013, S. 13 ff.
33
11
beide bauen auf W.D. Ross‘ Idee von prima facie-Normen auf, die im Konfliktfall nach genau
einer solchen Struktur verlangen, wie sie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bietet. Alexy
versucht sogar, den Grundsatz aus der Normstruktur heraus zu begründen.36 Alexy und
andere
haben
37
ausgearbeitet.
dieses
dreigliedrige
Grundmodell
der
Abwägung
sehr
detailliert
Ein Blick hierauf – der mir hier aus Platzgründen nicht möglich ist – ist auch
für die Ethik informativ.
3.3 Kritik
Die Abwägungsdebatte innerhalb der Rechtstheorie hat aber auch kritische Punkte
hervorgebracht, die in der ethischen Debatte noch erstaunlich unterbelichtet sind. So wird
etwa
schon
länger
diskutiert,
ob
der
Abwägung
eine
konsequentialistische
Maximierungslogik zugrunde liege, die jeder normativen Theorie eine (oft verborgene)
konsequentialistische Schlagseite gibt.38 Bereits Alexys Bezeichnung der Prinzipien als
„Optimierungsgebote“ legt diese Vermutung nahe. Wenn diese Kritik zuträfe, dann wäre die
Abwägung aber – anders als viele Vertreter der Prinzipientheorie behaupten – kein normativ
neutrales
Element
einer
Argumentationstheorie,
also
ein
Element
der
internen
Rechtfertigung, das nur auf (substantielle) externe Rechtfertigungen verweist, um die
konkreten Gewichte im Einzelfall zuzuweisen. 39 Der Grundsatz wäre quasi normativ
strukturiert. Ich kann hier keine umfängliche Antwort auf diese Kritik bieten. Andeuten
möchte ich aber wenigstens, dass es nicht notwendig ein Problem darstellt, das
Neutralitätsideal
aufzugeben.
Schließlich
könnte
man
den
gesamten
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als eine elaborierte Verbindung rivalisierender Moraltheorien
verstehen. Die Grundidee, Rechte als normative Kategorie zu nutzen, ihnen bestimmte
Gewichte zuzuordnen und Rationalitätskriterien aufzustellen, die die Einschränkung der
Rechte steuern, ist – wie die ersten Stufen des Grundsatzes – tief in der deontologischen
Denkweise verankert. Die Stufen der Erforderlichkeit und der Angemessenheit bieten erst
danach die Möglichkeit, komparativ und konsequentialistisch maximierend feinzusteuern, wo
die gröbsten Ungerechtigkeiten bereits im Voraus deontologisch ausgeschlossen wurden.
Eine zweite Kritiklinie, die im Recht wie in der Ethik gleichermaßen relevant wie bisher
ungelöst ist, besagt, dass Abwägungen fast immer an Unvergleichbarkeit (incomparability)
oder Inkommensurabilität scheitern.40 Die Grundidee ist, dass zwei Dinge – seien es Stühle,
Blumen, Rechte oder Prinzipien – nur dann miteinander verglichen werden können, wenn es
36
Alexy 1996, S. 100 ff.
Vgl. etwa Klatt und Meister 2012, S. 7 ff.
38
Vgl. Urbina 2012, S. 49 ff.
39
Zu diesem Missverständnis der Kritik siehe bspw. Klatt und Meister 2012, S. 56, 64 f.
40
Vgl. Endicott 2012, S. 5 ff.
37
12
einen gemeinsamen Referenzpunkt gibt.41 So kann man zwei Stühle etwa in Bezug auf ihre
Größe oder ihren Preis vergleichen und sagen, dass der eine größer oder teurer ist als der
andere. Was ist aber der Referenzpunkt in der Abwägung von Prinzipien? Verschiedene
Vorschläge wurden unterbreitet42, die jedoch alle nicht durchweg überzeugend erscheinen.
Auch diese bisher ungelösten Kontroversen innerhalb der Rechtstheorie können das
Verständnis der Abwägung und vergleichbarer Methoden in der Ethik verbessern.
4 Kasuistik
Bisher habe ich mich auf den principlism als eine sehr einflussreiche Variante einer
Prinzipienethik beschränkt, die dem Civil Law strukturell sehr nahe steht. Entsprechend habe
ich mich vor allem solcher Elemente bedient, die der kontinentaleuropäischen Rechtstheorie
entspringen. Nun möchte ich in einem kurzen Ausblick noch andeuten, dass Lerneffekte
auch zwischen der Rechtstheorie des Common Law und der ethischen Kasuistik entstehen
können. Anknüpfen möchte ich hierfür an der oft festgestellten Ähnlichkeit zwischen
Common Law und Kasuistik in der Ethik. John Arras etwa hat die Kasuistik „common law
morality“ und „morisprudence“ genannt.43 Ähnliche Bezeichnungen finden sich bei
Beauchamp und Childress44 sowie bei Albert Jonsen und Stephen Toulmin45, auf deren
Ausarbeitung der Kasuistik ich mich hier beschränke.46 Der grundsätzliche Unterschied
zwischen Common Law und Civil Law auf der einen Seite und Kasuistik und Prinzipienethik
auf der anderen ist der gleiche: Während Civil Law und Prinzipienethik bei der Entscheidung
von Einzelfällen auf Normen zurückgreifen, die sie auf die Fälle anwenden, wählen Common
Law
und
Kasuistik
einen
ganz
anderen
Zugang.
Letztere
suchen
bei
Einzelfallentscheidungen nicht nach Normen, sondern nach Fällen, in denen ähnliche
Streitfragen bereits entschieden wurden.
Jonsen und Toulmin haben diesen Zugang zu normativen Fragen für die Ethik neu belebt,
indem sie vor allem auf die Kasuistik zurückgegriffen haben, wie sie von den Jesuiten im 16.
und 17. Jahrhundert praktiziert wurde. Aus der Tradition des Common Law haben sie nicht –
oder jedenfalls nicht über metaphorische Bezugnahmen hinaus – geschöpft. Die ethische
Kasuistik greift die verbreitete Einsicht auf, dass Menschen sich oft in der Beurteilung von
Einzelfällen sicher sind, jedoch nicht in den abstrakteren Gründen für die jeweilige
Entscheidung. In praktischen Lebensbereichen läge unsere Sicherheit eben im Konkreten,
nicht
im
Abstrakten (wie
in
theoretischen
41
Bereichen
wie
z.B.
der
Geometrie).
Vgl. Chang, 1997, S. 6.
Vgl. Barak 2012, S. 484 sowie Klatt und Meister 2012, S. 63.
43
Arras 1990, S. 35 ff.
44
Beauchamp und Childress 2013, S. 400.
45
Jonsen und Toulmin 1988, S. 316.
46
Ich tue dies, weil es – soweit ich sehe – die am besten ausgearbeitete und einflussreichste ethische
Kasuistik ist.
42
13
Prinzipienethiken würden dieser Einsicht nicht gerecht und täten so, als wäre die Ethik Teil
des Theoretischen, wo wir uns über abstrakte Prinzipien einigen könnten.47 Kasuistik will
also weg von Prinzipien und hin zur Argumentation mittels Analogien zwischen Einzelfällen.
Zumindest für den Bereich der Medizinethik, für den ihr Buch The Abuse of Casuistry vor
allem gedacht ist, kommen sie damit auch der Denkweise von Medizinerinnen entgegen, die
ihr Fach vor allem anhand paradigmatischer Fälle gelernt haben und nicht über den Umweg
hochabstrakter Theorien.
Eine kasuistische Falllösung soll grob in drei Schritten ablaufen.48 Zunächst muss man die
Morphologie des Falles verstehen, was zweierlei erfordert: erstens die Herausarbeitung der
Maximen, die im Zentrum des Falles widerstreiten, und zweitens die Bestimmung der
relevanten Umstände des Einzelfalls. Im zweiten Schritt wird eine Taxonomie gebildet, also
eine Anordnung vergleichbarer Fälle von einem klaren paradigmatischen Fall hin zu immer
zweifelhafteren Fällen im gleichen Problemfeld. Im dritten Schritt – Kinetik – findet dann die
eigentliche Entscheidung statt, welcher ähnliche Fall die Entscheidungsgrundlage des
aktuellen Falls werden soll, welche Analogie also die entscheidende ist.
Dieses Modell der Falllösung in drei Schritten wurde verschiedentlich kritisiert.49 Ich möchte
hier nur einen der vielen Punkte herausgreifen, in denen die Rechtstheorie helfen kann, die
Funktionsweise der ethischen Kasuistik besser zu verstehen, nämlich die Rolle von
Paradigmen. Diese werden in der Kasuistik verstanden als Regeln, die abstrakter sind als
die Maximen in der Morphologie. Sie sollen paradigmatische Regeln für Richtigkeit oder
Falschheit sein – bspw. sexueller Missbrauch von Kindern –, die eine Entscheidung dann
determinieren, wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.50 In Einzelfällen können
Paradigmen also wie prima facie-Normen überwogen werden. Kasuisten sehen hierin
trotzdem keine Aufgabe ihrer Prinzipienskepsis, da sie die Paradigmen immer als in
konkreten Fällen formulierte Regeln ansehen.
Dies ist freilich auch im Common Law der Fall. Eine Falllösung im Common Law besteht
üblicherweise aus fünf Elementen: (a) der Fallbeschreibung, (b) der relevanten Rechtsfrage,
(c) der Erwägung dieser Frage, (d) der Entscheidung über diese Frage (ratio decidendi) und
(e) der Entscheidung über den konkreten Einzelfall, die aus (d) folgt.51 Die meisten dieser
Elemente einer Falllösung finden sich – bei genauerer Analyse – auch in der Kasuistik.
Fraglich ist dies lediglich in Bezug auf (d), die ratio decidendi, die zur Grundlage einer
deduktiv52 getroffenen Einzelfallentscheidung wird. Im Recht ist es genau diese
Entscheidung der Rechtsfrage, die als Paradigma für zukünftige Entscheidungen
47
Jonsen und Toulmin 1988, S. 10 ff.
Vgl. Jonsen 1991, S. 296 ff.
49
Siehe etwa Tomlinson 2012, S. 99 ff.
50
Vgl. Jonsen und Toulmin 1988, S. 307.
51
Vgl. Lamond 2006.
52
Zur Rolle der Deduktion in Analogieschlüssen siehe Brewer 1996, S. 1003 ff.
48
14
herangezogen wird. Richterinnen hangeln sich nicht von Einzelfallentscheidung zu
Einzelfallentscheidung (also von Element (e) zu Element (e)), sondern sie suchen Regeln,
die auf ihren konkreten Fall anwendbar sind. Dies sind auch die Regeln, die als Paradigma
Eingang in Lehrbücher und Kommentare finden. Wie die Paradigmen in der ethischen
Kasuistik werden auch die rechtlichen Paradigmen in konkreten Fällen entwickelt und
formuliert. Und natürlich helfen die anderen Elemente der Lösung des paradigmatischen
Falles bei der Auslegung der paradigmatischen Regel. Dies ändert jedoch nichts daran, dass
das Paradigma nichts ist als eine Regel – im Recht wie in der ethischen Kasuistik.
Genau wie in der Kasuistik wird ein Paradigma auf einen neuen Fall deduktiv angewendet –
ganz wie ein Gesetz im Civil Law. Wenn der neue Fall die Tatbestandsmerkmale der ratio
decidendi eines Paradigmas erfüllt, dann muss das Paradigma grundsätzlich angewendet
werden. In diesen Fällen wird nicht einmal mit Analogieschlüssen gearbeitet, sondern
schlicht aus der ratio decidendi deduziert.53 Die Bindung an das Paradigma ist jedoch nur
bedingt. Sollte der neue Fall zwar unter die Regel des Paradigmas fallen, aber auch
Merkmale aufweisen, die der dem Paradigma zu Grunde liegende Fall nicht aufwies, und
werden diese neuen Merkmale als so relevant angesehen, dass es richtig erscheint, das
Paradigma nicht auf den neuen Fall anzuwenden, dann können Gerichte im Common Law
die Regel des Paradigmas verändern (distinguishing).54 Dies geschieht durch die
Hinzufügung weiterer Kriterien des Ausgangsfalls mit dem Effekt, dass der aktuelle Fall nicht
mehr unter die neue Regel fällt.
Dieses Zusammenspiel von Regel und Ausnahme spiegelt ziemlich genau das wider, was
Jonsen und Toulmin für ihre Kasuistik entwickeln wollten, aber leider nur auf recht unpräzise
Art und Weise getan haben.55 Das Common Law könnte hier als Beispiel dafür dienen, wie
man die gewünschte Orientierung an Fällen – mit dem Schwerpunkt auf Umständen des
Einzelfalls – verbinden kann mit der Nutzung von Paradigmen, ohne entweder in einen
Prinzipienfetischismus oder in einen Prinzipienskeptizismus zu verfallen.
5 Fazit
Ich habe in diesem Beitrag zunächst die zwei Methoden vorgestellt und diskutiert, die
Beauchamp und Childress in ihrem principlism nutzen, nämlich die Spezifizierung und die
Abwägung. Unter Rückgriff auf die Rechtstheorie habe ich auf Probleme hingewiesen und
Verbesserungsvorschläge angedeutet. Gleiches habe ich sodann unter Rückgriff auf das
Common Law für die ethische Kasuistik getan. Ich hoffe, mit diesem kurzen Beitrag gezeigt
53
Vgl. Raz 2009, S. 180 ff.
Von der Möglichkeit des overrulings sehe ich hier ab, weil die Kompetenz dafür bei nur sehr
wenigen (hohen) Gerichten liegt, während jedes Gericht ein distinguishing vornehmen darf. Zu der
genauen Vorgehensweise beim distinguishing siehe Raz 2009, S. 186 f.
55
Vgl. Jonsen und Toulmin 1988, S. 252, 316.
54
15
zu haben, dass die Methodendiskussion in der Rechtstheorie für jene in der Ethik überaus
informativ ist. Eine Weiterentwicklung der Methoden ist ein sehr aussichtsreicher Weg, der
Kritik an der angewandten Ethik insgesamt, sie sei zu untheoretisch und unwissenschaftlich,
zu begegnen.
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