Ein empfindliches Sinnesorgan Brennen, Jucken, Schwellungen – viele Augenkrankheiten beginnen schon, bevor sich die ersten Symptome zeigen. Auch bei scheinbar harmlosen Irritationen ist deshalb ein Besuch beim Augenarzt angeraten. Grüner Star, Netzhautablösung, Makuladegeneration – für die meisten Menschen ist der Verlust der Sehkraft eine Horrorvorstellung. Umso mehr sollten wir also mit unserem wohl wichtigsten Sinnesorgan pfleglich umgehen und es zumindest ab der zweiten Lebenshälfte regelmäßig vom Augenarzt auf Veränderungen untersuchen lassen. Doch auch bei vermeintlich harmloseren Erkrankungen, wie trockenen Augen oder einer Entzündung der Bindehaut ist ein Besuch beim Arzt angeraten, denn oft können sie Anzeichen einer schwerwiegenden Augenkrankheit sein. ÖKO-TEST Kompakt Augen 97 Augenkrankheiten Gerstenkorn Am Lidrand befinden sich Talg- und Schweißdrüsen. Sie können sich durch Eiterbakterien entzünden. Die eitrig-entzündliche Schwellung ist oft schmerzhaft, aber meistens harmlos. Foto: Andre Riemann/Wikipedia Symptome: Das Augenlid schwillt an und die Bindehaut rötet sich. Nach ein, zwei Tagen bildet sich an der entzündeten Drüse ein gelblicher Eiterherd. Die Stelle ist druckempfindlich, schmerzt und kann jucken. Behandlung: Finger weg! Wer den Eiter mit den Fingern ausdrückt, riskiert gefährliche Infektionen – bis zur eitrigen Hirnhautentzündung. Leider hilft nur abwarten. Ist der Eiterherd gereift, platzt das Gerstenkorn nach einigen Tagen von selbst auf, der Eiter fließt ab und das Lid heilt innerhalb weniger Tage. Linderung verschafft Rotlichtbestrahlung. Wenn die Beschwerden nicht innerhalb einer Woche von selbst abklingen, kann der Arzt antibiotische Salben verschreiben oder das Gerstenkorn mit einem kleinen Einstich öffnen. Wer häufiger mit Gerstenkörnern zu kämpfen hat, sollte die Ursache abklären lassen. Dahinter können ein geschwächtes Immunsystem oder Diabetes mellitus stecken. Hagelkorn 98 ÖKO-TEST Kompakt Augen den meist innerhalb von Wochen selbst. Versuche, sie mit Salben oder Kortisonspritzen verschwinden zu lassen, schei- tern meistens. Oft müssen größere Hagelkörner operativ entfernt werden – ambulant mit örtlicher Betäubung. Foto: augeninfo.de Das Hagelkorn ist eine chronische Entzündung in einer Talgdrüse. Sie entsteht, wenn die Drüse verstopft ist und der Talg nicht abfließen kann. Diese Entzündung kapselt sich ab. So entsteht ein Knoten. Symptome: Im Lid bildet sich eine kugelförmige Schwellung, über der sich die Haut frei hin und her schieben lässt. Dieser Knoten schmerzt nicht, er ist nur lästig. Mit der Zeit kann er sich rötlich-blau färben und manchmal spannt er. Behandlung: Hagelkörner sind ungefährlich, können aber bis zu Erbsengröße wachsen. Nur kleine Hagelkörner verschwin- Lästig und hartnäckig kann die Lidrandentzündung sein, sie ist aber selten gefährlich. Da verschiedene Ursachen zur Entzündung führen können, ist die Krankheit recht häufig. Symptome: Erstes Anzeichen ist das Gefühl, Sand in den Augen zu haben. Dann rötet sich der Lidrand und schwillt an. In den Wimpern sammelt sich eine gelbliche Schuppenschicht. Morgens sind die Augen oft verklebt und verkrustet. Sie jucken und sie brennen. Bei hartnäckiger Lidrandentzündung können auch die Wimpern ausfallen und die neuen Wimpern in die falsche Richtung wachsen. Ursachen: Staub, Rauch oder trockene Luft können die Lidränder angreifen, auch Augenkosmetika wie Wimperntusche, Kajal und Lidschatten oder andere Allergene z. B. aus Augensalben können zu Entzündungen führen. Manche Menschen neigen zu starker Schuppenbildung. Bei ihnen sind auch die Talgdrüsen an den Lidern überaktiv. Das kann dazu führen, dass zu viel Talgsekret an den Lidern hängt oder dass es die Drüsen verstopft und entzündet. Auch Erreger wie Staphylokokkenbakterien oder Herpesviren können die Augenlider stark entzünden – meist innerhalb weniger Stunden. Behandlung: Bei akuter Lidrandentzündung ist ärztlicher Rat gefragt. Gegen Bakterien helfen antibiotische Augensalben. Die Behandlung sollte ärztlich begleitet werden. Virusbedingte Entzündungen heilen von selbst. Bei Allergien sofort die auslösenden Kosmetika absetzen. Unklare Ursachen sollte bei Bedarf ein Allergologe abklären. Für akute und chronische Entzündungen gilt: Reinigung und Pflege sind das A und O. Die tägliche Hygiene beginnt mit warmen Kompressen auf den Augenlidern. Sie machen das Talgsekret in den Drüsen flüssiger. Im nächsten Schritt massiert man mit einem Wattestäbchen die Lider in Richtung Wimpern. So drückt man den Talg aus den Lidern. Danach reinigt man die Lidränder. Man taucht ein neues Wattestäbchen in abgekochtes, lauwarmes Wasser und entfernt Foto: Dr. Werdermann/auge-online.de Lidrandentzündung vorsichtig alle Verkrustungen an den Außenseiten der Lider und zwischen den Wimpern. Bei hartnäckigen Verkrustungen empfiehlt es sich, das Wattestäbchen mit Babyshampoo zu benetzen, bevor man es in die Tasse Wasser taucht. Immer dran denken: Hände waschen und benutzte Wattestäbchen wegschmeißen. ÖKO-TEST Kompakt Augen 99 Augenkrankheiten Foto: augeninfo.de Bindehautentzündung Die Bindehaut befindet sich an der Innenseite der Lider und auf dem anliegenden Augapfel. Auf Fremdkörper und andere Reizungen reagiert sie mit Entzündungen. Symptome: Die Augen röten sich, oft jucken oder brennen sie und schwellen an. Gleichzeitig sondert das Auge ein Sekret ab, sodass es morgens verklebt ist. Ursachen: Nicht ansteckende Bindehautentzündungen werden unter anderem durch Pollen, Hausstaub, Tierhaare oder Kosmetika ausgelöst, durch zu starkes Licht wie etwa im Solarium oder beim Skifahren, durch Rauch oder Zugluft sowie durch trockene Augen. Ansteckende Bindehautentzündungen werden durch Viren oder Bakterien wie Chlamydien verursacht. Eine Bindehautentzündung kann auch ein Anzeichen sein für schwerwiegende Augenkrankheiten wie Verletzungen der Hornhaut, der Regenbogenhaut oder der Lederhaut. Behandlung: Leichte Augenreizungen verschwinden nach ein paar Tagen von selbst. Die verklebten Augen sollte man mehrmals täglich mit klarem, lauwarmem Wasser spülen und mit Einwegtaschentüchern trocknen. Bei schweren und länger anhaltenden Symptomen klärt am besten der Augenarzt die Ursache. Bei Allergien – wenn möglich – den Auslöser meiden. Darüber hinaus lindern Augentropfen die Beschwerden. Bei bakteriellen Bindehautentzündungen ist eine Behandlung mit antibiotikahaltigen Augentropfen oder Salben sinnvoll, wenn sie ärztlich begleitet wird. Gegen virusbedingte Entzündungen hilft meistens nur Geduld. Sie heilen von selbst. Auch fürs Auge kann eine Borrelieninfektion böse Folgen haben. Diese Bakterien werden durch Zecken übertragen. Je länger die Zecke Blut saugt, desto größer ist die Gefahr einer Infektion. Die Borreliose muss möglichst früh mit Antibiotika behandelt werden. Andernfalls kann sie einzelne Hirnnerven befallen. Das passiert bei etwa fünf Prozent der Infektionen. Bei der sogenannten Neuroborreliose können sich auch der Sehnerv entzünden oder Nervenfasern der Netzhaut. Es kann auch Bindehaut, Hornhaut, Lederhaut oder die Gefäße der Netzhaut treffen. Bei Zeckenbissen sollte man daher das Datum aufschreiben und sofort zum Arzt gehen, sobald sich erste Anzeichen einer Infektion zeigen – im Zweifelsfall auch zum Augenarzt. 100 ÖKO-TEST Kompakt Augen Foto: Baxter Gefährliche Zeckenbisse Glaukom Beim Glaukom, auch grüner Star genannt, sterben die Fasern des Sehnervs langsam ab. Unbehandelt führt ein Glaukom zur Erblindung. Besonders hoch ist das Glaukomrisiko für Menschen, in deren Familien sich das Glaukom häuft, für stark Kurzsichtige und für Diabetiker. Laut Berufsverband der Augenärzte sind etwa 950.000 Deutsche über 40 am Glaukom erkrankt. Symptome: Anzeichen wie gelegentliche Kopfschmerzen, farbige Lichtreflexionen oder vorübergehender Nebel vor den Augen werden oft jahrelang übersehen. Erst im fortgeschrittenen Stadium ist das Gesichtsfeld eingeschränkt. Bei einem akuten Glaukomanfall treten rasende Augen- und Stirnkopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auf, das Sehen verschlechtert sich plötzlich, die Augen röten sich und der Augapfel wird steinhart. Meist ist ein zu hoher Augeninnendruck für die Schädigung des Sehnervs verantwortlich. Er entsteht, wenn das Kammerwasser in den beiden Augenkammern zwischen Hornhaut, Iris und Linse nicht richtig abfließen kann. Diese Störung tritt mit steigendem Alter vermehrt auf. In seltenen Fällen ist der Kammerwinkel des Auges, durch den das Kammerwasser abfließt, zu eng gebaut. Auch Entzündungen und Verletzungen des Auges oder die längerfristige Kortisonein- nahme können den Abfluss des Kammerwassers stören. Seit einigen Jahren warnen Augenärzte verstärkt vor dem sogenannten Normaldruckglaukom. Die Patienten leiden an Durchblutungsstörungen der Netzhaut und des Sehnervs. Gefährdet sind auch jüngere Menschen mit extrem niedrigem Blutdruck, die oft unter kalten Händen oder Migräne leiden. Behandlung: Der grüne Star kann nicht geheilt werden – zerstörte Nervenfasern sind verloren. Der Arzt kann versuchen, mit Augentropfen den Augeninnendruck zu senken und das Fortschreiten des Glaukoms zu stoppen. Gleichzeitig verbessern die Augentropfen die Durchblutung von Netzhaut und Sehnerv. Helfen keine Medikamente, kommt eine Lasertrabekuloplastik infrage. Dabei wird das Bindegewebe mit Laserstrahlen beschossen und so der Abfluss verbessert. Ein akutes Glaukom ist ein Notfall. Nach einer Infusion mit drucksenkenden Mitteln wird operativ der Kammerwinkel erweitert, damit das Kammerwasser abfließen kann. Glaukomfrüherkennung Die Krankenkassen übernehmen sie nicht, für Risikogruppen kann sie sinnvoll sein: die Glaukomfrüherkennung. Dabei misst der Augenarzt nicht nur den Augeninnendruck, sondern untersucht auch den Sehnervenkopf auf Schäden. Da sich das Glaukom fast unbemerkt anschleicht, empfiehlt der Berufsverband der Augenärzte die Untersuchung ab dem 40. Lebensjahr alle ein bis zwei Jahre. Nach seinen Schätzungen leiden etwa zwei Millionen Menschen unter Glaukom oder erhöhtem Augeninnendruck, ohne es zu wissen. Die Früherkennung kostet rund 20 Euro. ÖKO-TEST Kompakt Augen 101 Augenkrankheiten Die Makula ist die zentrale Stelle auf der Netzhaut, mit der wir scharf sehen und Farben unterscheiden. Besonders im Alter können sich Abbauprodukte aus dem Stoffwechsel unter der Netzhaut ablagern. Bei der trockenen Makuladegeneration verlieren die Augen langsam die Fähigkeit, scharf zu sehen. Bei etwa 15 Prozent der Patienten entwickelt sich diese Form weiter zur feuchten Makuladegeneration. Dabei wuchern Gefäße aus der Aderhaut in die Netzhaut. Aus den Blutgefäßen tritt Blut und Flüssigkeit aus, was zum Verlust des Sehzentrums führen kann. Symptome: Die Mitte des Gesichtsfeldes verschwimmt, wird verzerrt oder erscheint als dunkler Fleck. Im fortgeschrittenen Stadium kann man nicht mehr lesen oder Gesichter erkennen. Die Patienten erblinden nicht völlig, die meisten können sich weiterhin im Raum orientieren. Behandlung: Wirksame Medikamente gegen die trockene Makuladegeneration gibt es nicht. Hier können nur Sehhilfen wie eine beleuchtete Leselupe, ein Bildschirmlesegerät oder Bücher im Großdruck das Lesen ermöglichen. Das Sehen in der Ferne lässt sich nicht verbessern. Es gibt Hinweise, dass Akupunktur zur Regeneration der Makula führt, Langzeitstudien dazu fehlen aber noch. Bei der feuchten Makuladegeneration verödet man die kranken Gefäße. Foto: Novartis Makuladegeneration Bei der Makuladegeneration erscheint die Mitte des Blickfeldes entweder als dunkler Fleck oder verzerrt. Besonders ältere Menschen sind betroffen. Neu und teuer: Spritze für den Erhalt der Netzhaut Augenärzte halten Ranibizumab, Handelsname Lucentis für die wichtigste Innovation der letzten 20 Jahre in der Therapie der Makuladegeneration. Ranibizumab blockiert den Wachstumsfaktor VEGF und hemmt so bei der feuchten Makuladegeneration das Wachstum der Blutgefäße. Er wird direkt in das betroffene Auge gespritzt und zwar in den ersten drei Monaten einmal monatlich. Das weitere Vorgehen hängt vom Behandlungserfolg ab. Der war in den drei zur 102 ÖKO-TEST Kompakt Augen Zulassung vorgelegten Studien mit 1.323 Patienten fast schon sensationell: Bei rund 95 Prozent der mit Ranibizumab behandelten Patienten konnte der Sehverlust gestoppt werden. Der Haken ist der Preis: Vertreiber Novartis verlangt für eine Injektionsflasche etwa 1.500 Euro. Inklusive ärztlicher Leistung im OP kalkuliert beispielsweise die Uni Köln für drei Behandlungen 5.525 Euro. Dabei übernehmen die Krankenkassen die Kosten bislang nur im Einzelfall. Viele Augenärzte weichen daher auf das Darmkrebsmedikament Bevacizumab (Avastin) aus, obgleich es zur Behandlung am Auge nicht zugelassen ist. Es wirkt auf die gleiche Weise wie Ranibizumab. Es wird ebenfalls in den Augapfel gespritzt und steigert die Sehschärfe. Da eine Ampulle 405 Euro kostet, deren Inhalt aber für bis zu zehn Patienten reicht, kostet eine Behandlung im günstigsten Fall 40,50 Euro für das Medikament plus rund 300 Euro für den Eingriff. Anzeige Grauer Star Die Linsen sind normalerweise durchsichtig und klar. Beim grauen Star, auch Katarakt genannt, verdickt sich die Augenlinse und wird trüb. Zwischen dem 65. bis 75. Lebensjahr trifft der graue Star so gut wie alle Menschen. Symptome: Das Sehen verschlechtert sich und die Augen werden blendempfindlicher. Im fortgeschrittenen Stadium erscheint die Umwelt wie durch ein Milchglas und die Graufärbung der Pupille ist sichtbar. Ursachen: Grauer Star ist eine typische Alterskrankheit. Linsentrübung kann auch eine Folge von Diabetes oder Neurodermitis sein. Auch wer seine Augen über Jahre der Sonne ausgesetzt hat, riskiert eine solche Erkrankung. Prellungen, Verletzungen und Entzündungen am Auge können ebenfalls zu grauem Star führen. In seltenen Fällen ist er angeboren. Behandlung: Medikamente helfen hier nicht, wohl aber eine Operation. Dabei wird die getrübte Augenlinse durch eine Kunstlinse ersetzt. Augenärzte empfehlen die Operation, wenn der graue Star das Sehvermögen beeinträchtigt. 90 Prozent der Operierten sehen mit der Kunstlinse wesentlich besser. Foto: [M] Audi/GP; Barbara Mehrl Beim grauen Star wird die Umgebung nur noch verschwommen gesehen. ÖKO-TEST Kompakt Augen 103 Augenkrankheiten fels sein, eine Augenoperation oder Zug an der Netzhaut, z. B. wenn der Glaskörper altersbedingt schrumpft. Weitere Ursachen sind Krankheiten wie Diabetes, Makuladegeneration, Infektionen oder Tumore. Sie können dazu führen, dass sich Flüssigkeit zwischen Netzhaut und Aderhaut ansammelt und beide voneinander trennt. Behandlung: Kleine Löcher in der Netzhaut werden mit dem Laser behandelt: Er verletzt die Netzhaut rund um das Loch gezielt, sodass die winzigen Narben die Netzhaut mit der Aderhaut verschweißen. Zerrt der Glaskörper an der Netzhaut, dann hilft nur eine Gesunde Netzhaut Teilweise abgelöste Netzhaut 104 ÖKO-TEST Kompakt Augen Foto: augeninfo.de/BVA Die Netzhaut ist feines Nervengewebe, in dem sich die Sinneszellen befinden. Sie liegt im hinteren Auge zwischen Glaskörper und Aderhaut. Löst sich die Netzhaut, dann dringt Flüssigkeit zwischen Netzhaut und Aderhaut und die Nährstoffversorgung wird unterbrochen. Es besteht die Gefahr von irreparablen Sehschäden bis zur Erblindung. Pro Jahr erleidet einer von 10.000 Menschen in Deutschland eine Netzhautablösung. Gefährdet sind stark Kurzsichtige, Diabetiker und Menschen, die am grauen Star operiert wurden. Symptome: Erste Anzeichen sind Lichtblitze und Rußregen vor dem Auge. Die Ursache sollte der Augenarzt abklären. Löst sich die Netzhaut, dann schiebt sich eine schwarze Wand vor das Auge – das ist ein Alarmzeichen. Teilweise werden die Symptome erst spät bemerkt, weil das andere Auge die Seheinschränkung ausgleicht. Ursachen: In den meisten Fällen beginnt die Netzhautablösung mit einem kleinen Loch oder Riss in der Netzhaut. Ursache kann eine Prellung des Augap- Operation: Auf die Lederhaut werden eine Plombe oder ein Gürtel aus Silikon genäht. Sie dellen den Augapfel ein, sodass die Netzhaut wieder an der nährenden Schicht liegt. In schweren Fällen werden der Glaskörper entfernt und der Glaskörperraum mit Silikonöl oder Gas gefüllt. Ist das Sehzentrum (Makula) abgelöst, kann die Sehleistung auch durch eine Operation nicht wieder voll hergestellt werden. Sehen per Chip: Das obere runde Ende des Implantats sitzt auf der Netzhaut und stimuliert die Nervenzellen. Foto: augeninfo.de Foto: Woche des Sehens/Carl Zeiss (2) Netzhautablösung Zuckerbedingte Netzhauterkrankung treten Sehstörungen auf. Die Betroffenen sehen schwarze Punkte. Meist verschlechtert sich das Sehen schleichend. Stärkere Blutungen oder Netzhautablösung führen zu einem abrupten Sehverlust bis hin zu Erblindung. Um solche Schäden zu vermeiden, sollten sich Diabeter einmal pro Jahr vom Augenarzt untersuchen lassen. Schwangere Diabetikerinnen sollten die Augen alle drei Monate kontrollieren lassen. Behandlung: Das Wichtigste ist, den Blutzucker optimal einzustellen. Dafür gibt es spezielle Diabetesschulungen. Zusätzliche Risikofaktoren wie hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte im Blut sollten ebenfalls behandelt werden. Eine Laserbehandlung der Netzhaut kann das Fortschreiten der Gefäßveränderung verlangsamen oder sogar verhindern. Bei schweren Verläufen wie Einblutungen in den Glaskörper oder Netzhautablösungen kann nur eine aufwendige Operation das Auge vor der völligen Erblindung bewahren. Foto: Lilly Deutschland/Newsreporter.de Netzhauterkrankungen bedrohen jeden Diabetiker. Der Grund: Erhöhte Blutzuckerwerte verändern die Blutgefäße – auch in der Netzhaut. Laut Berufsverband der Augenärzte entwickeln 60 bis 80 Prozent aller Typ-2-Diabetiker Netzhautschäden. Bei vielen hat sich der Augenhintergrund bereits verändert, wenn die Krankheit erkannt wird. Zunächst bilden sich in den feinen Gefäßen der Netzhaut kleine Erweiterungen. Später können sie platzen und in den Glaskörper bluten. Unbehandelt schreitet die Zuckerbedingte Netzhauterkrankung (Diabetische Retinopathie) fort: Es bilden sich neue Gefäße, die Blutungen werden stärker, Bindegewebe durchwächst den Glaskörper und deckt die Netzhaut zu. Sie kann einreißen oder sich ablösen. Symptome: Anfangs verläuft Erkrankung unbemerkt. Erst wenn es zu Einblutungen in den Glaskörper kommt, Achtung Notfall – Gefäßverschluss Wer plötzlich auf einem Auge nichts mehr sieht, hat keine Zeit zu verlieren. Dahinter kann ein Verschluss der Netzhautarterien stecken. Die Netzhaut wird über eine Arterie mit Blut versorgt, von der kleinere Gefäße abzweigen. Diese Zweige sind nicht miteinander verbunden. Setzt sich ein Gerinnsel in der Arterie fest, dann ist die Blutzufuhr komplett unterbrochen. Das Augenlicht wird ausgeknipst, der Betroffene sieht auf diesem Auge schlagartig gar nichts mehr. Gefährdet sind Menschen, die unter Arterienverkalkung leiden und bzw. oder unter hohem Blutdruck. Das sind normalerweise ältere Menschen. Es kann auch sein, dass nur ein Zweig der Netzhautarterie verstopft ist oder die Netzhautvene. In diesen Fällen verdunkelt sich ein Teil des Gesichtsfeldes. Behandlung: Sofort zum Arzt oder einen Notarzt rufen. Erste Maßnahme sind durchblutungsfördernde Medikamente. Manchmal ist auch eine sofortige Operation notwendig. Das alles muss aber innerhalb von einer Stunde geschehen, sonst erblindet das Auge oder es bleibt dauerhaft bei schweren Sehstörungen. Kann das Auge nicht gerettet werden, dann muss alles daran gesetzt werden, dass das zweite Auge erhalten bleibt. ÖKO-TEST Kompakt Augen 105 Augenkrankheiten Verletzungen am Auge Voll auf die Zwölf Mit etwas Glück bleibt es beim klassischen Veilchen. Aber auch Prellungen am Auge können gefährlich werden. Mit Metallsplittern und giftigen Spritzern ist erst gar nicht zu spaßen. Ein Squashball prallt mit voller Wucht ins Auge. Ein Ast springt zurück und streift dabei den Augapfel oder ein satter Spritzer Zitrone landet bei der Küchenarbeit im Auge. Jede zwanzigste Augenverletzung hat laut Berufsverband der Augenärzte Deutschlands schwere Auswirkungen. Die meisten Verletzungen gehen aber glücklicherweise glimpflich aus. 106 ÖKO-TEST Kompakt Augen Verätzungen „Reizend“ heißt der Warnhinweis auf Entkalkern oder manchen Toilettenputzmitteln. Auf vielen Bauchemikalien steht der Hinweis „ätzend“. Beides ist wörtlich gemeint. Die darin enthaltenen Säuren oder Laugen reizen bzw. zerstören die Haut und verätzen die Augen. Laugen dringen besonders schnell durch die Schichten des Augapfels und zerstören das Gewebe. Im günstigsten Fall schädigen die ätzenden Stoffe nur die Hornhaut, in schweren Fälle zerstören sie auch das Bindehautgewebe, die Iris, die Linse, Gefäße und Lederhaut und führen im Extremfall zur Erblindung. Glücklicherweise sind Verätzungen selten, schwerste Verätzungen sogar äußerst selten. Behandlung: Spülen, spülen, spülen. Es kann mit Wasser, Mineralwasser, zur Not auch mit Blumenwasser oder Limonade sein, aber nicht mit Milch. Entscheidend ist, dass man sofort spült und so lange weiterspült, bis augenärztliche Hilfe da ist. Spülen ist für den Heilungserfolg entscheidend. Auf diese Weise wird die ätzende Lösung verdünnt. Ärzte spülen mit einer speziellen Lösung. Je nach Stärke der Verätzung kann das Spülen bis zu vier Stunden dauern. Leichte Verätzungen heilen nach einer sofortigen Spültherapie, ohne das Auge dauerhaft zu schädigen. Das Auge wird mit entzündungs- und infektionshemmenden Mitteln behandelt und verbunden. Bei schweren Verätzungen ist eine langwierige medikamentöse Behandlung notwendig. Gleich nach dem Unfall muss das zerstörte Gewebe operativ entfernt werden. Foto: ccvision.de Verbrennungen und Verblitzungen Es passiert schneller als man denkt: Heißer Wasserdampf schießt aus dem Topf oder heißes Öl spritzt hoch oder eine Stichflamme erwischt die Augen. Meistens sind die Lider schnell genug. Reflexartig schließen sie die Augen und schützen die Hornhaut. Dann bleibt es bei schmerzhaften Verbrennungen der Lider. Dringt ein heißer Spritzer ins Auge, kann er die Hornhaut schädigen. Die Verbrennungen können auch tiefer ins Auge eindringen. Verblitzungen passieren, wenn man zu lange in starkes Licht blickt, etwa in der Sonnenbank, auf sonnenbestrahlten Schnee oder in eine Schweißflamme. Das Licht verletzt die Hornhautoberfläche. Oft treten die Beschwerden verzögert auf. Dann schmerzt das Auge stark und es tränt. ÖKO-TEST Kompakt Augen 107 Augenkrankheiten Foto: irisblende.de Behandlung: Als Erste Hilfe bei Verbrennungen ist gründliches Spülen der Augen wichtig. Danach das Auge ruhigstellen entweder mit einem sterilen Verband oder saubere feuchte Handtücher auf das Auge legen. Unbedingt zum Arzt gehen. Verbrennungen sind immer ein Notfall. Der Arzt wird bei Hornhautverletzungen gegen Infektionen vorbeugen und das Auge mit einem Verband ruhigstellen. In schweren Fällen ist eine Operation notwendig. Prellungen Foto: irisblende.de Tennis-, Sqash- und Golfbälle, Sektkorken, die zu früh hochschießen, Steine, die vom Rasenmäher hochgeschleudert werden oder auch eine Faust aufs Auge – stumpfe Verletzungen des Augapfels sind die häufigsten Augenverletzungen. Im günstigsten Fall bleibt es bei einem Bluterguss im Lidbereich, dem sogenannten Veilchen. Eine Prellung kann allerdings auch 108 ÖKO-TEST Kompakt Augen zur Netzhautschwellung führen. Sie birgt die Gefahr, dass Löcher in der Netzhaut entstehen oder sich die Netzhaut ablöst. Sehr schwere Prellungen können zu Netzhautblutungen führen. Die Folge sind schwere Sehstörungen. Ist die Regenbogenhaut abgerissen, dann sieht man mit dem verletzten Auge doppelt. Im allerschlimmsten Fall kann das Auge aufplatzen. Behandlung: Wer mit einem blauen Auge davongekommen ist, braucht nur abzuwarten und zu kühlen. Dann schwillt das Lid relativ schnell wieder ab und das Auge durchläuft ein grün-gelbes Farbenspiel bis es wieder normal aussieht. Um sicherzugehen, dass keine inneren Verletzungen aufgetreten sind, empfiehlt sich eine ärztliche Kontrolluntersuchung. Dabei wird die Netzhaut nach krankhaften Veränderungen abgesucht und der Augendruck wird gemessen. Sehstörungen sind immer ein Alarmzeichen. Sofort zum Arzt. Er entscheidet, ob das Auge mit einem Verband ruhiggestellt werden und mit entzündungshemmenden Mitteln behandelt werden muss. In schweren Fällen, wenn zum Beispiel Gewebe aus dem Auge ausgetreten ist, muss sofort operiert werden. Fremdkörper im Auge Ein schwüler Tag. Man fährt Fahrrad und prompt landet eine der herumschwirrenden Gewitterfliegen im Auge. Das ist meist nicht weiter schlimm. Das Auge tränt so lange, bis es den Fremdkörper wegschwemmt. Zum Problem werden Insekten oder Sandkörner erst, wenn sie sich unter dem Lid verfangen und bei jedem Lidschlag über die Hornhaut kratzen und möglicherweise Keime ins Auge tragen. Auch Kontaktlinsen können die Hornhaut angreifen und leicht verletzen. Das schmerzt sehr, verheilt aber recht gut. Richtig gefährlich wird es, wenn ein Fremdkörper in die Hornhaut oder die Lederhaut eindringt und dort feststeckt. Metall- oder Holzsplitter, die beim Bohren, Schleifen oder Schweißen herumfliegen, durchschlagen oft sogar die Hornhaut und können bis ins Innere des Auges eindringen. Ruft der Splitter im Augeninneren eine Blutung hervor, dann verschlechtert sich das Sehen plötzlich. Solche sogenannten perforierenden Augenverletzungen bedrohen das Augenlicht akut und sind ein absoluter Notfall. Behandlung: Bei leichten Verletzungen hilft sich das Auge selbst. Man lässt es einfach tränen, bis der Fremdkörper im nasalen Augenwinkel gelandet ist. Man kann den Spüleffekt auch mit sauberem Wasser verstärken. Dann wischt man das Teilchen mit dem Zipfel eines Taschentuches heraus. Klappt das nicht, sollte ein Helfer unter hellem Licht den Fremdkörper suchen. Sitzt er offenbar fest auf der Hornhaut, dann ist ärztliche Hilfe notwendig. Der Augenarzt entfernt den Splitter operativ. Meist verheilt die Hornhaut danach sehr schnell. Falls einige Tage danach die Hornhaut schmerzt, deutet das auf eine Infektion hin. Sie bedarf ärztlicher Behandlung. Gegen Bakterien helfen antibiotische Salben oder Tropfen. Oberflächliche Schnitte am Lid verheilen von selbst. Ist es gerissen bzw. ist der Tränenkanal verletzt, dann wird beides genäht. Das gilt auch für Bindehautrisse. Ist ein Splitter ins Auge eingedrungen, muss das Auge operiert werden – je eher, desto größer die Chance, dass die Sehfähigkeit erhalten bleibt. Besonders gefährlich sind Metallsplitter. Sie rosten. Sind die Splitter entfernt, dann muss die Wunde sorgfältig vom Rost befreit werden, um Hornhautgeschwüre zu vermeiden und die Heilung zu erleichtern. Vorbeugung: Nie ohne Schutzbrille – das gilt für alle Arbeiten, bei denen Splitter ins Auge geraten können. Im Berufsleben sind sie Pflicht, aber auch Heimwerker sollten die Gefahr ernst nehmen. Nie ohne Gurt – sowieso Pflicht für Autofahrer. Seit die Anschnallpflicht gilt, ist die Zahl der Augenverletzungen bei Verkehrsunfällen auf ein Zwanzigstel gesunken. ÖKO-TEST Kompakt Augen 109