Das Nebenniereninzidentalom

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MEDIZIN
DIE UBERSICHT
Das Nebenniereninzidentalom
Die Kunst
der Beschränkung in
Diagnostik und Therapie
Martin Reincke
Bruno Allolio
V
or der Einführung moderner
bildgebender Verfahren in die
klinische Praxis Ende der 70er
Jahre wurden Tumoren der
Nebenniere nur nachgewiesen, wenn
eine entsprechende klinische Symptomatik (Cushing-Syndrom, endokrine
Hypertonie, Androgenexzess) auf einen Nebennierenprozeß hinwies.
Durch die Entwicklung von Sonographie, Computertomographie (CT)
und Kernspintomographie ist die Nebennierendiagnostik revolutioniert
worden. Eine Folge dieser Entwicklung ist der Nachweis von Raumforderungen im Bereich der Nebenniere
als Zufallsbefund. Hierüber wurde
das erste Mal 1982 von Prinz et al. (22)
berichtet. Die zufällig entdeckte
Raumforderung der Nebenniere wird
als Inzidentalom bezeichnet und stellt
die häufigste pathologische Veränderung der Nebennieren dar. Trotz einer
Vielzahl von Publikationen zu diesem
Thema (2, 6-10, 13-15, 19, 20, 22-25,
27, 30) ist das diagnostische und
therapeutische Vorgehen bei Nachweis eines Nebenniereninzidentaloms
noch nicht standardisiert. Hierbei ist
zu berücksichtigen, daß die Frühdiagnostik für manche Patienten eine effektive Therapie (wie beim Phäochromozytom und beim Nebennierenrindenkarzinom) ermöglicht, aber auch
zu teurer und überflüssiger Diagnostik verleiten kann. Eine chirurgische
Therapie ist nur bei einer Minderheit
der Patienten erforderlich und bedarf
der genauen Indikation.
Häufigkeit des
Nebenniereninzidentaloms
Im unselektierten Sektionsgut
finden sich klinisch unerkannte NeA-764
Das Inzidentalom der Nebenniere ist
sehr häufig und hat nur ausnahmsweise Krankheitswert. Eine zurückhaltende Diagnostik und Therapie sind notwendig. Die endokrine Diagnostik konzentriert sich auf den Ausschluß oder
Nachweis eines Phäochromozytoms
und eines cortisolproduzierenden Nebennierenadenoms. Nur bei Hypokaliämie und arterieller Hypertonie muß
ein Aldosteronom ausgeschlossen werden. Die Dignität des Tumors ist am zuverlässigsten aus seiner Größe ableitbar. Bei Tumoren mit einem Durchmesser von über 5 cm ist wegen des Malignitätsrisikos eine Operation indiziert.
Bei kleineren endokrin inaktiven Tumoren ist eine Verlaufsbeobachtung
gerechtfertigt. Nur bei eindeutiger
Größenzunahme muß operiert werden.
In Zweifelsfällen kann die Kernspintomographie zur Differenzierung zwischen Adenom einerseits und Malignom, Phäochromozytom andererseits
herangezogen werden.
bennierenadenome in 1,41 bis maximal 8,7 Prozent der Fälle (4, 12, 16, 26,
29). Russi et al. (26) fanden bei 9 000
Autopsien in 1,45 Prozent der Fälle
Nebennierenadenome, Shamma et al.
(29) 1,8 Prozent bei 220, Kokko et al.
(16) 1,41 Prozent bei 2 000 Autopsien,
und Commons et al. (4) 2,86 Prozent
Adenome bei 7 437 Autopsien. In der
einzigen prospektiven Untersuchung
lagen klinisch stumme Nebennierenadenome bei 8,7 Prozent von 739 Autopsien vor (12). Die meisten Adeno-
(48) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 11, 17. März 1995
me im Sektionsgut sind klein, aber die
Prävalenz von Adenomen, die größer
als 1,5 cm sind, betrug in einer Publikation immer noch 1,8 Prozent.
Raumforderungen mit einem Durchmesser von 6 cm und mehr wurden im
Sektionsgut mit einer Häufigkeit von
0,025 Prozent gefunden (5). Dies bedeutet, daß über 1 Million Bundesbürger Träger einer im CT sicher
nachweisbaren adrenalen Raumforderung sind. Diese Berechnung wird
durch computertomographische Untersuchungen gestützt. Hier schwanken die Angaben über die Prävalenz
zufällig entdeckter Nebennierentumoren zwischen 0,6 und 4,4 Prozent
(15, 25). Am häufigsten sind kleine
Tumoren mit einem Durchmesser,
der kleiner oder gleich 1 cm ist, und
79 Prozent aller computertomographisch nachgewiesenen Raumforderungen sind kleiner als 2 cm (15). Der
außerordentlichen Häufigkeit eines
adrenalen Inzidentaloms muß das seltene Auftreten des Nebennierenrindenkarzinoms gegenüber gestellt
werden. Man rechnet auf 1,7 Millionen Einwohner mit einer Neuerkrankung pro Jahr (3, 21). Bei Diagnosestellung ist das Nebennierenrindenkarzinom typischerweise bereits sehr
groß und hat fast ausnahmslos einen
Durchmesser von über 6 cm (1, 5, 25).
Damit ist klar, daß der Nachweis einer
adrenalen Raumforderung alleine
niemals einen operativen Eingriff
rechtfertigt. Bei einer geschätzten
Mortalität von 1 Prozent für eine unilaterale Adrenalektomie (28) würden
für jedes frühzeitig entfernte Nebennierenrindenkarzinom mehr als 100
Patienten mit gutartigem Nebennierentumor an den Operationsfolgen
versterben (25). Nicht berücksichtigt
in einer solchen Rechnung sind die
hohe Morbidität des operativen EinMedizinische Universitätsklinik (Direktor:
Prof. Dr. med. Kurt Kochsiek) Würzburg
,
DIE ÜBERSICHT
griffs und die erheblichen Kosten der
diagnostischen und therapeutischen
Maßnahmen.
Abbildung 1: Altersverteilung von Patienten mit
Inzidentalomen a) in der
eigenen Serie und im
Sektionsgut (b) (26)
=
a) Attersverteilung von Inzidentalompatienten (n 68)
20,--------------------------------------,
o Männer (33 %)
•
Frauen (67 %)
Eigenes Patientenkollektiv
Seit 1981 wurden 68 Patienten
mit zufällig diagnostizierter adrenaler
Raumforderung von uns an den Medizinischen Universitätskliniken Köln
und Würzburg betreut (46 Frauen, 22
Männer, Tumordurchmesser 1,0 bis 15
cm). Der mit bildgebenden Verfahren
(Ultraschall, CT) nachgewiesene adrenale Tumor wurde dann als Inzidentalom eingestuft, wenn vor der
Durchführung der bildgebenden Untersuchung ein entsprechender Verdacht nicht geäußert wurde. Der
Nachweis von Nebennierenmetastasen im Rahmen von Staging-Untersuchungen erlaubte deshalb nicht die
Einordnung als Inzidentalom. Abbildung 1 zeigt die Alters- und Geschlechtsverteilung der untersuchten
Patienten. Der Vergleich mit Autopsiedaten zeigt, daß sich sowohl in unserer Serie, als auch im Sektionsgut,
Nebenniereninzidentalome selten in
der Altersgruppe unter 40 Jahren finden, und die Häufigkeit mit höherem
10
0-1----<~
Nierenzellkarzinom
Leiomyom des Magens
retroperitoneale Sarkome
Hämatom
A-766
~-~
~-~
~-~
m-N
~OO
Jahre
b) Altersverteilung von 131 Adenomen im Sektionsgut
(n 9000)
=
50~-------------------------------------_.
40
30
20
10
Tabelle 1: Differenlialdiagnoslik des
Nebenniereninzidenlaloms
Nebennierenrinden-Adenom
- endokrin inaktiv
- cortisolproduzierendes Adenom
- Aldosteronom
- androgen produzierendes
Adenom
- östrogen produzierendes
Adenom
Nebennierenrinden-Karzinom
Phäochromozytom
knotige Nebennierenrinden-Hyperplasie
Nebennierenzyste
Ganglioneurom
Neurilemmom
Neuroblastom
Myelolipom
Metastasen
malignes Lymphom
fibröse Histiozytome
~-~
< 30
30 - 39
Alter zunimmt. Die geringe Häufigkeit
von Inzidentalomen bei den über
80jährigen ist mit der geringen Untersuchungsfrequenz im Senium zu erklären.
Auffällig ist ein leichtes Überwiegen
des weiblichen Geschlechts im Kollektiv. Auch in einer großen Sektionsstudie
fand sich ein Verhältnis von Männern
zu Frauen von 2:3 (26).
Differentialdiagnose
Eine Übersicht über die Differentialdiagnose des Nebenniereninzidentaloms gibt Tabelle 1. Wichtig ist
die Tatsache, daß größere extraadrenale Raumforderungen gelegentlich
als von der Nebenniere ausgehend
eingeordnet werden. Dies betrifft insbesondere retroperitoneale mesenchymale Tumoren und Nierenzellkarzinome (Abbildung 2).
(50) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 11, 17. März 1995
40 - 49
50 - 59 60 - 69
Jahre
70 - 79
~
80
Bei aUen Inzidentalompatienten
wurde als Basisprogramm neben klinischen Informationen wie Größe ,
Gewicht und Blutdruck die Elektrolyte Natrium und Kalium i.S., die Katecholamine im 24-Stunden-Sammelurin und das Serum-Cortisol im
(niedrig-dosierten) DexamethasonHemmtest gemessen.
Tabelle 2 gibt eine Übersicht über
die pathologisch-anatomischen Diagnosen von operierten Nebenniereninzidentalomen . Am häufigsteri sind
kleine, endokrin inaktive Nebennierenrindenadenome. Da nur ein Teil
der Inzidentalome - nach variablen
Kriterien - operativ €ntfernt wurde,
spiegelt die Tabelle nicht die tatsächliche Prävalenz der einzelnen Diagnosen bei der zufällig entdeckten Nebennierenraumforderung wider.
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Klinik
Ein Patient mit zufällig entdecktem Nebennierentumor sollte per definitionem keine richtungsweisenden
Symptome erkennen lassen. Überdurchschnittlich häufig fanden sich
bei unseren Patienten aber Hypertonie (55,8 Prozent), Hyperlipidämie
(51,6 Prozent), Übergewicht (33 Prozent, Abbildung 3), und ein Diabetes
mellitus Typ-II (27,7 Prozent). Häufig
liegt auch eine Kombination mehrerer dieser kardiovaskulären Risikofaktoren im Sinne eines metabolischen Syndroms vor. Es ist deshalb
nicht überraschend, daß sieben unserer Patienten (10,4 Prozent) im Beobachtungszeitraum von drei bis fünf
Jahren an kardiovaskulären Erkrankungen verstarben.
Der das metabolische Syndrom
begleitende Hyperinsulinismus stellt
bei solchen Patienten ein mögliches
pathogenetisches Prinzip in der Entstehung von Nebenniereninzidentalomen dar.
Es kann aber derzeit nicht sicher
entschieden werden, ob Patienten mit
kardiovaskulärem Risikoprofil häufiger Inzidentalome tragen oder lediglich in diesen Fällen häufiger eine abdominelle Lokalisationsdiagnostik
durchgeführt wird.
Allerdings findet sich auch im
Sektionsgut eine Assoziation zwischen Hypertonie und Diabetes auf
der einen Seite und asymptomatischen Nebennierenadenomen auf der
anderen Seite (12, 26, 29).
Abbildung 2: Computertomographisches (oben)
und kernspintomographisches Bild (unten) eines 10 cm großen Tumors mit Projektion auf
die linke Nebenniere.
Die 49jährige Patientin
war komplett asymptomatisch. Operationssitus:
Extraadrenaler Tumor.
Histologie: Neurilemmom mit angrenzender
druckatrophischer normaler Nebenniere
Ist ein Nebennierentumor nachgewiesen worden, muß man natürlich
sorgfältig nach Hinweisen einer endokrinen Aktivität suchen. Keinesfalls
darf bei Fehlen klinischer Zeichen
oder entsprechender anamnestischer
Tabelle 2: Pathologisch anatomische Diagnosen bei 172 Inzidentalomen (Prozent in
Klammern)
Endokrin inaktive Nebennierenrinden-Adenome*)
Cortisolproduzierende Adenome
Aldosteronom
Nebennierenkarzinom (aldosteronbildend)
knotige Nebennierenrinden-Hyperplasie
Phäochromozytom
Nebennierenzyste*)
Myelolipom*)
Ganglioneurom
Neurilemmom
Hypernephrom
Metastase (Schilddrüsenkarzinom)
134
14
1
1
1
5
5
6
2
1
1
1
(77,9)
(8,1)
(2,9)
(2,9)
(3,5)
Zusammengestellt aus der Literatur (6, 7, 13, 20, 22) und aus dem eigenen Patientengut.
*) Diagnose zum Teil ohne Operation allein durch bildgebende Verfahren oder Verlaufs-
kontrollen gesichert
Angaben ohne biochemische Analyse
eine endokrine Aktivität des Tumors
verneint werden, da symptomarme
Phäochromozytome und cortisolsezernierende Adenome nicht ungewöhnlich sind (13, 14, 18, 23).
Endokrinologische
Diagnostik
In unserem Kollektiv fand sich
eine deutliche Abhängigkeit der endokrinen Aktivität von der Größe der
adrenalen Raumforderung. Mit zunehmendem Durchmesser steigt die
Wahrscheinlichkeit einer klinisch-inapparenten Hormonsekretion an. Bei
Raumforderungen größer 6 cm liegt
diese bei 40 Prozent (Abbildung 4).
In unserer Erfahrung bedarf jede
Raumforderung mit einem Durchmesser von mehr als 1 cm oder mit suspekter Klinik einer endokrinologischen Abklärung. Ausgenommen
sind selbstverständlich Patienten, bei
Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 11, 17. März 1995 (53) A-767
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Abbildung 3: Body-MassIndex (kg/m2) bei Patienten mit Nebenniereninzidentalom. Die gestrichelte Linie entspricht
dem oberen Normbereich.
denen aufgrund von Begleiterkrankungen oder Alter primär Inoperabilität besteht. In allen anderen Fällen
ist die Bestimmung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin im
24-Stunden-Urin erforderlich. Da
cortisolproduzierende Tumoren bei
fünf bis zwölf Prozent aller Inzidentalom-Patienten vorliegen, muß das Serum-Cortisol im DexamethasonKurztest gemessen werden (13, 14, 19,
23). Dabei erfolgt die morgendliche
Blutentnahme zur Cortisolbestimmung nach Gabe von 2 mg Dexamethason um 23.00 Uhr des Vortages. Eine Serum-Cortisolkonzentration unter 3 µg/dl schließt eine signifikante
BM 1 von Inzidentalompatienten
25
20 -
Abbildung 4: Tumorgröße und endokrine
Aktivität bei Patienten
mit Nebenniereninzidentalom
Endokrin aktiv
Endokrin inaktiv
14 %
20 18%
27 %
10 -
40 %
< 2.0
2.0 - 2.9
3.0 - 3.9
4.0 - 5.9
6.0
Tumorgröße (cm)
Cortisolproduktion durch den Tumor
aus. Konzentrationen zwischen 3 und
5 pg/d1 weisen möglicherweise auf ein
cortisolproduzierendes Adenom hin,
das in Analogie zum warmen Knoten
der Schilddrüse weniger als den Cortisoltagesbedarf sezerniert. Eine Demaskierung dieser Autonomie ist
noch sicherer durch hochdosiertes
Dexamethason (beispielsweise je
8 mg an zwei aufeinanderfolgenden
Tagen) möglich, da in diesem Falle
ebenfalls keine Suppression unter
314/d1 gelingt.
Muß eine Cortisolproduktion
durch den Tumor angenommen werden, ist eine Bestimmung des freien
Cortisols im 24-Stunden-Urin und die
Durchführung eines CRH-Stimulati-
onstestes (100 lig Corticotropin-Releasing-Hormon als Bolus i.v.) sinnvoll,
um das Ausmaß des Cortisolexzesses
sicherer beurteilen zu können. Bleibt
ein Cortisol- und ACTH-Anstieg im
CRH-Test aus, ist nach operativer
Entfernung eines solchen Adenoms
mit einem postoperativen passageren
Hypocortisolismus zu rechnen, der
adäquat substituiert werden muß, um
eine krisenhafte Nebennierenrindeninsuffizienz zu vermeiden (14, 19, 24).
Nur bei arterieller Hypertonie
und gleichzeitiger spontaner Hypokaliämie sollte eine Bestimmung von
Plasma-Aldosteron und Plasma-Reninaktivität nach 30 minütiger Ruhephase zum Ausschluß eines ConnSyndroms durchgeführt werden.
A 768 (54) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 11, 17. März 1995
-
•••
O.• sis
• •
• g• •• 8 8 • •
•••• •• •
• • • •• •
15 —
30
0%
•
35
30
Tumorgröße und endokrine Aktivität
bei Nebenniereninzidentalomen
❑
BM I
40
Nicht sinnvoll sind die Bestimmungen der 17-Hydroxysteroide und
der 17-Ketosteroide im 24-StundenUrin sowie des Plasma-ACTH wegen
ihrer ungenügenden diagnostischen
Spezifität und Sensitivität. Nicht angemessen ist darüber hinaus die Messung von Testosteron, Östradiol oder
Dehydroepiandrosteronsulfat. Androgen- oder östrogenproduzierende
Nebennierenadenome sind außerordentlich selten und erzeugen fast stets
richtungsweisende klinische Stigmata
wie Hirsutismus, Virilisierung oder
Gynäkomastie. Isoliert androgenoder östrogensezernierende Inzidentalome sind bisher nicht beschrieben
worden.
Die Messung der Vanillinmandelsäure im 24-Stunden-Urin oder die
Bestimmung der Plasma-Katecholamine ist der Urin-Katecholaminbe-
Tobelle 3: Fehler in der Inzidentalomdirnpostlic.. Falldarstellung 2
1. 23jähriger männlicher Patient
mit Gynäkomastie
2. CT-Abdomen:
Nebennierentumor, 1,8 cm links
3. Phlebographie
Mit Blutentnahme aus der
Nebennierenvene links Bestimmung von Cortisol und Aldosteron: Sehr hohe Konzentration
4. Diagnose
Cortisol- und Aldosteronsezernierendes Adenom
Überweisung zur Operation
•
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Abbildung 5: Computertomographische Verlaufskontrollen bei Patienten mit Nebenniereninzidentalomen (n = 30)
stimmung in der Diagnostik des Phäochromozytoms unterlegen und hat
keinen Platz in der Inzidentalomabklärung.
Computertomographische Verlaufskontrollen
bei Patienten mit Inzidentalomen
Tumordurchmesser (cm)
5o_
8
3-
Je nachdem, mit welcher Taktik
das Inzidentalom primär nachgewiesen wurde und welche klinischen Verdachtsmomente vorliegen, kann der
Einsatz weiterer bildgebender Verfahren sinnvoll sein. Die Sonographie
ist im Nachweis adrenaler Raumforderungen der Computertomographie
bei kleinen Tumoren unterlegen. Hier
O
Verlaufskontrolle
nach drei bis sechs
Monaten (Sonographie,
gegebenenfalls Cl)
0
Abbildung 6: Flußdiagramm zur Abklärung
und Therapie des Nebenniereninzidentalonns
I
1
Pathologisch
5 cm
Malignomverdacht —›
kann daher die Computertomographie zur besseren anatomischen Darstellung ergänzend erforderlich werden. Eine differentialdiagnostische
Klärung mittels Sonographie und
Computertomographie gelingt in der
Regel nicht. Ausnahmen hiervon sind
cystische Veränderungen und das
Myelolipom, das durch seine typische
Echotextur sicher diagnostiziert werden kann.
Eine Inhomogenität des Tumors
im CT und eine unregelmäßige Begrenzung können für Malignität sprechen und müssen weiter abgeklärt
werden.
Für Verlaufsuntersuchungen zur
Frage einer Größenzunahme der
Raumforderung ist die Sonographie
0
—
Endokrine Diagnostik:
- Katecholamine im 24h-Urin
- Cortisol nach Dexa
- e, RR, (PRA)
< 5 cm
0
-0
1 cm
4
-o
----- * -----
8
1
<1 c m
-0
-53-;:i " ------
§MeZ
er
8
2-
Inzidentalom I
No mal
_-------_-
- 8 --- 7"°
4-
Bildgebende Verfahren
-------
Adrenalektomie
bei Tumoren größer 1,5 cm in der Regel ausreichend (11). Unsere Untersuchungen zeigen, daß sich bei längerfristigen Verlaufskontrollen nur selten ein Größenwachstum nachweisen
läßt (Abbildung 5). Dies spricht für eine generell niedrige Wachstumsrate
von Inzidentalomen und ist Ausdruck
ihrer benignen Grundnatur. Verlaufskontrollen, die über einen Zeitraum
von einem Jahr hinausgehen, sind
deshalb nicht sinnvoll und sollten unterbleiben.
Einen Fortschritt stellt die Entwicklung der Kernspintomographie
dar, durch die zur Dignität der Raumforderung in gewissem Umfang Aussagen möglich geworden sind. Mit T2betonten Sequenzen ist die relative,
1
I
2
3
4
Jahre nach Diagnosestellung
1
5
>5
auf das Fettgewebe bezogene Signalintensität der meisten gutartigen
Raumforderungen zwichen 0,6 und
1,4 zu finden, während Malignome
und Phäochromozytome überwiegend Signalintensitätswerte über 2,0
aufweisen. Durch dynamische Kontrastmitteluntersuchungen mit Gadolinium-DTPA gelingt darüber hinaus
oft noch die Differenzierung unklar
gebliebener Fälle, da Malignome und
Phäochromozytome einen deutlich stärkeren Signalintensitätsanstieg
und eine länger anhaltende Anreicherung nach Kontrastmittel zeigen (17).
Ausnahmen hiervon sind bei Melanommetastasen, die eine Adenomtypische Signalintensität aufweisen
können, und bei stark vaskularisierten Nebennierenadenomen mit
malignom-typischem Signalverhalten
möglich. Limitiert wird der Einsatz
der Kernspintomographie durch die
hohen Untersuchungskosten und die
apparative Ausrüstung, da möglichst
schnelle Gradientensequenzen zur
Anwendung kommen sollten (17).
Andere bildgebende Verfahren
sind in der Regel überflüssig. Dies gilt
insbesondere für die Szintigraphie der
Nebenniere, die von einigen Autoren
befürwortet wird (9).
Sie ist für das therapeutische Vorgehen selten hilfreich, kostenaufwendig und mit einer signifikanten Strahlenbelastung verbunden.
Eine Ausnahme bildet natürlich
die szintigraphische Diagnostik mit
J125 Metajodbenzylguanidin beim
biochemisch gesicherten Phäochromozytom zur Frage einer Metastasierung.
-
Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 11, 17. März 1995 (55) A-769
AKTUELL
Pollenassoziierte
Nahrungsmittelallergien
Tabelle 1: Epidemiologische Studien aus der Schweiz zur Häufigkeit der Pollinose
Häufig finden sich bei PoIlenallergikern sogenannte poIlenassoziierte Nahrungsmittelallergien (4). So
zeigen sich etwa bei Birken- (und Hasel-/Erlenpollen-)Allergikern gehäuft
vor allem oropharyngiale Beschwerden wie Pruritus oder Schwellung bei
Genuß von rohem Stein- oder Kernobst (vor allem Apfel) sowie beim
Schälen von Kartoffeln und Karotten
Symptome wie Rhinitis, Asthma oder
auch Kontakt-Urtikaria der Finger.
Diese Beschwerden sind bedingt
durch thermolabile, gemeinsame Epitope (Allergiedeterminierende Proteinstrukturen) auf Pollen und auf die
entsprechenden
Nahrungsmitteln ,
welche beim Kochen zerstört werden.
Anders ist die Konstellation bei den
Beifußpollen-assoziierten Nahrungsmittelallergien, wobei auch gekochter
Sellerie und Gewürze für oft, schwere
allergische Reaktionen verantwortlich sind (Abbildung 1).
Pathophysiologie der
allergischen Rhinitis
Die Pollinose stellt die klassische
Form einer SOfo11typ-Allergie (Typ-I
nach Coombs und Gell) dar, welche
durch Immunglobuline der Klasse
IgE vermittelt wird. Sie gehört zum
Formenkreis der atopischen Erkrankungen (Atopien), welchen weiter
das allergische Asthma, die perenniale Rhinokonjunktivitis sowie die ato-
Jahr
Ort
1926
Nord- und Ostschweiz
Stadtbevölkerung
Landbevölkerung
1958
März-April
Häufigkeit
in Prozent
77000
0,82
1,20
0,13
Zürich Stadt
8224
4,80
1981
Genf
15jährige
3500
6,11
1985
Schweiz
2542
9,60
1989
Grabs
Schulkinder
(6- bis 15jährig)
1117
10,00
1993
Acht Regionen der
Schweiz
(Erwachsene)
(SAPALDIA -S tudie)
8357
11,10
pische Dermatitis (Neurodermitis
atopica) angehören. Unter Atopie
versteht man eine erhöhte genetisch
prädisponierende Bereitschaft zur
Entwicklung von Sofort typ-Allergien
auf natürliche Konzentrationen von
Umweltallergenen aus der Nahrung
und aus der Luft. Für die Manifestation der atopischen Erkrankung müssen jedoch, nach erfolgter Sensibilisierung, andere Kofaktoren verantwortlich sein (Abbildung 2). Für die
Zunahme der Pollinose werden verschiedene Faktoren, unter anderem
veränderte Pollen belastungen sowie
eine Vermehrung der Luftschadstoffe
Tabelle 2: Einteilung der Pollinose-Perioden und auslösende Pollen
Frühjahrspollinose
Ende Januar-Februar
Zahl der Stichproben
Baumpollen
Hasel (Corylus)
Erle (Ainus)
Birke (Betula verrucosa)
Esche (Fraxinus excelsior)
Frühsommerpollinose
Mai-Mitte Juli
Gräser- und Getreidepollen
diverse Gräser wie
Lolch (Lolium perenne), Knäuelgras
(Dactylis glomerata), Lieschgras
(Phleum pratense), Wiesen Rispengras
(Poa pratense) sowie viele andere
Roggen (Secale cereale)
Spätsommerpollinose
Ende Juli-August
Kräuter und Sträucher
Beifuß (Artemisia vulgaris)
A·I092 (36) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995
als Schleimhautirritanzien und Adjuvanzien für die IgE-Synthese, diskutiert.
Die durch IgE-Antikörper vermittelte allergische Reaktion mit
Mastzelldegranulation und Histaminfreisetzung stellt bei der allergischen
Rhinitis lediglich einen Teil des Geschehens dar. Das Histamin bindet an
H 1- und H 2-Rezeptoren der Gefäße
und Schleimdrüsen und bewirkt so die
akute allergische Reaktion, wie Niesattacken , Rhinorrhoe und nasale Obstruktion im Sinne des Schleimhautödems. Im Rahmen der Spätphasenreaktion wandern T-Zellen und vor
allem eosinophile Granulozyten aus
dem Blut ins Nasenschleimhautgewebe und erreichen schließlich auch
die Oberfläche der Nasenschleimhaut. Ihre Einwanderung wird begünstigt durch Zytokine, welche ZeIladhäsion und Zellaktivierung bewirken.
Aktivierte eosinophile Granulozyten
sezernieren eine ganze Reihe basischer Proteine, wie ECP (Epsinophiles Cationisches Protein), MBP
(Major Basic Protein) und EPO (Eosinophilic Peroxydase) , die als zeIltoxische Mediatoren wirken. Dies führt
zur chronischen Ehtzündung der
Schleimhaut, vermehrten nasalen Obstruktion und Hyperreagibilität. So
klagen Pollen allergiker während der
Heuschnupfenzeit auch über die Aus-
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