Spontane Perforation einer Koronararterie als seltene Ursache einer

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Spontane Perforation einer Koronararterie als
seltene Ursache einer hämodynamisch bedeutsamen
Raumforderung im Perikardraum
T. Figura (1), T. Butz (1), B. Lamp (1), P. Lohse (1), A. Petersschröder (2), W. Biewener (3),
L. Faber (1), G. Kleikamp (4), R. Körfer (4), D. Horstkotte (1)
(1) Kardiologische Klinik des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen, (2) Institut für Kernspintomographie
des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen, (3) Medizinische Klinik der Mittelweser-Kliniken, Nienburg, (4)
Kardiochirurgische Klinik des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen
Einleitung
Eine spontane Koronararterienruptur stellt eine bisher selten beschriebene
Erkrankung dar (1, 2). Gelegendlich kann sie als sekundäre Folge eines
Aneurysmas, eines Kawasaki-Syndroms, einer Koranararteriendissektion, als
Folge einer perkutanen Koronarintervention oder posttraumatisch (4) auftreten.
Fallvorstellung
Wir berichten über einen 65-jährigen Patienten, der in einer auswärtigen Klinik mit
erstmalig aufgetretenen typischen Angina pectoris Beschwerden, neu aufgetretenem
tachykardem Vorhofflimmern und linksführender kardialer Globaldekompensation
stationär aufgenommen worden war. Das Troponin I war gering erhöht bei
elektrokardiographisch nur unspezifischen Eregungsrückbildungsstörungen.
In der transthorakalen Echokardiographie zeigte sich neben einer akinetischen
Hinterwand und mittelgradig reduzierter linksventrikulärer Funktion eine ca. 8x5 cm
große, den rechten Vorhof komprimierende Raumforderung im Perikardraum, so daß
der Patient zur weiteren Diagnostik und Therapie in unser Zentrum verlegt wurde (s.
Abbildung 1).
Koronarangiographisch zeigte sich eine koronare 3-Gefäßerkrankung. Insbesondere die
rechte Herzkranzarterie (RCA) wies hochgradige Stenosen im mittleren Drittel und zu
Beginn einer Posterolateralastbifurkation auf.
Aus einem rechtsventrikulären Ast der RCA, der etwa 80%ig abgangsstenosiert ist
speiste sich pulsierend und fistelartig ein verbleibendes Kontrastmittelextravasat in
Projektion auf die vorbeschriebene Raumforderung vor dem rechten Vorhof und dem
rechten Ventrikel (s. Abbildung 3).
Abbildung 3): Kontrastmitteldarstellung der rechten Koronararterie im zeitlichen Verlauf mit Dokumentation der
Perforation mit Jet (roter Kreis) und verbleibendem Kontrastmitteldepot (grüner Kreis).
Abbildung 1): Echokardiographische Darstellung der
perikardialen Raumforderung mit Kompression des
rechten Vorhofs und des rechten Ventrikels initial
und im Verlauf, sonographische Zeichen der
Rechtsherzbelastung
mit
deutlich
dilatierten
Lebervenen (apikaler 4-Kammerblick und subcostal).
Nach zunächst medikamentöser kardialer Rekompensation und Behandlung einer
Pneumonie erfolgte bei echokardiographisch unveränderter Ausdehnung der
Raumforderung zur weiteren Abklärung eine Kernspin-Untersuchung (MRT). Die
vorliegende perikardiale Raumforderung wurde mit 83x67x50 mm ausgemessen mit
nur noch mässiger Kompression des rechten Vorhofs. In diesem Bereich erschien das
Perikard im Unterschied zu den übrigen Abschnitten verdickt. Die Raumforderung
selbst wurde als wahrscheinlich flüssigkeitsgefüllt und nicht vaskularisiert beschrieben
(s. Abbildung 2). Differentialdiagnostisch sprachen die vorliegenden Befunde am
ehesten für einen abgekapselten Erguß oder ein Hämatom.
In der Zusammenschau der Befunde stellten wir die Diagnose einer spontanen
Koronararterienperforation
mit
nachfolgendem
lokalisierten
hämorrhagischen
Perikarderguß.
Es folgte infektbedingt, zeitlich verzögert eine operative Myokardrevaskularisation und
die Entfernung eines abgekapselten, teilorganisierten Hämatoms im Bereich des rechten
Vorhofs und des rechten Ventrikels bis zur V. cava inferior reichend. Der Operateur
berichtet über lokalisierte exzessive Verwachsungen, die er einem alten DresslerSyndrom zuordnen würde. Eine Blutungsquelle ließ sich nicht auffinden.
Der postoperative Verlauf gestaltete sich ohne wesentliche Komplikationen.
Echokardiographisch konnte bei Entlassung ein bedeutsamer Perikarderguß ausgeschlossen werden.
Diskussion
Spontane Koronarperforationen wurden bisher nur selten beschrieben (1,2), Angaben
zur Prävalenz fehlen. Eine schwerwiegende Komplikation stellt hierbei die
Herzbeuteltamponade dar, die ohne rasche Intervention zum Tod führen kann. In dem
vorliegenden Fall haben ausgeprägte lokalisierte perikardiale Verwachsungen dieses
verhindert und nur eine regionale Kompression des Herzens zugelassen.
Bisher vorbeschriebene Ursachen für eine Koronararterienruptur wie z. B. ein Trauma,
lokalisierte Infektionen und Koronaranomalien lagen in diesem Fall nicht vor.
Eine Koronararteriendissektion als Ursache der Ruptur kann nicht mit Sicherheit
ausgeschlossen werden, da diese sich einem angiographischen Nachweis entziehen
kann (3). An therapeutischen Möglichkeiten stehen zum einen die Implantation eines
Spezialstents (coated stent) (4, 5), der Gefäßverschluß durch Einsatz eines Mikrocoils
(5) oder die rasche operative Intervention mit Ligatur des betroffenen Gefäßes, sowie
eine Bypassversorgung desselbigen zur Verfügung. Sollte eine intraoperative
Lokalisation der Blutungsquelle nicht gelingen kann die Blutungsregion mit Perikard
gedeckt werden (2).
Schlußfolgerung
Bei Patienten mit einem akut aufgetretenen Perikarderguß oder einer
Herzbeuteltamponade ohne klare pathophysiologische Erklärung sollte auch eine
spontane Koronararterienruptur in die differentialdiagnostischen Erwägungen mit
einbezogen werden.
Literatur:
1. N. Motoyoshi et al.: Spontaneous rupture of coronary artery. Eur J Cardiothorac Surg 2002; 22: 470-471
2. M-L. Kaljusto et al.: Cardiac Tamponade caused by acute spontaneous coronary artery rupture. J Card Surg 2006; 21:
301-303
3. R-A Aquel et al.: Spontaneous coronary artery dissection, aneurysms, and pseudoaneurysms: A review.
Echocardiography 2004; 21: 175-182
4. M. Wiemer et al.: Nichtoperative Beherrschung einer Riva-Perforation im Gefolge kardiopulmonaler
Reanimationsmaßnahmen. Z Kardiol 1999; 88(9): 675-680
5. G. Dorros et al.: Management of coronary artery rupture: covered stent or microcoil embolization. Cathet Cardiovasc
Diagn 1995; 36: 148-154
Abbildung 2): MRT Darstellung der perikardialen Raumforderung (shortaxis-B-FFE, 4-chamber systole, trans T2 stir,
trans darkblood)
„Der spektakuläre Fall“
30. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
und 17. Jahrestagung der Arbeitsgruppen Herzschrittmacher
und Arrhythmie; Nürnberg, 05.10.2006 - 07.10.2006
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