617 2.3 Kardiopulmonale Reanimation 2.3 Kardiopulmonale Reanimation 2.3 2.3.1 Grundlagen 2.3.1 Grundlagen In Europa sind 40 % aller Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. Ca. 30 % aller Herzinfarktpatienten versterben noch vor Klinikaufnahme, das initiale EKG-Bild bei diesen Patienten zeigt entweder einen hyperdynamen Rhythmus ohne Auswurfleistung (Kammerflimmern/-flattern oder eine pulslose ventrikuläre Tachykardie) oder einen hypodynamen Rhythmus (Asystolie, Elektromechanische Entkopplung [EMD]). Die Ursache eines Kreislaufstillstands bestimmt zum Teil auch die erforderlichen Maßnahmen: kardiovaskuläre Insuffizienz, z. B. akutes Koronarsyndrom respiratorische Insuffizienz, z. B. Aspiration traumatologischer Notfall, z. B. Thoraxtrauma, SHT, hoher Blutverlust andere, z. B. Unterkühlung, Vergiftungen, Stoffwechselstörungen. Mögliche Ursachen eines Kreislaufstillstands: kardiovaskuläre Insuffizienz respiratorische Insuffizienz traumatologischer Notfall andere, z. B. Unterkühlung, Vergiftungen, Stoffwechselstörungen. Einteilung aufgrund der initialen EKG-Analyse: Hyperdynamer Kreislaufstillstand: Hierzu zählen schnelle, unregelmäßige Herzaktionen wie Kammerflimmern, Kammerflattern ohne Auswurfleistung oder schnelle und regelmäßige Rhythmen ohne Auswurfleistung wie eine pulslose ventrikuläre Tachykardie. Hypodynamer Kreislaufstillstand: Hierzu zählen langsame oder nicht mehr vorhandene Herzaktionen ohne Auswurfleistung wie elektromechanische Entkopplung oder Asystolie. Einteilung aufgrund EKG-Analyse: Hyperdynamer Kreislaufstillstand: z. B. Kammerflimmern/-flattern. Hypodynamer Kreislaufstillstand: z. B. EMD, Asystolie. Einteilung aufgrund der Ursache: Primärer Kreislaufstillstand: Akutes Sistieren der Herz-Kreislauftätigkeit, z. B. bei Myokardischämie oder -infarkt auf der Grundlage einer KHK. Geht in der Anfangsphase häufig mit hyperdynamen EKG-Bildern einher. Sekundärer Kreislaufstillstand: Meist Folge eines länger andauernden Sauerstoffmangels am Herzen, welcher durch Hypoxämie (Ersticken) oder Ischämie bei großen Blutverlusten oder Verlust des Gefäßwiderstandes verursacht sein kann. Einteilung aufgrund der Ursache: Primärer Kreislaufstillstand: akutes Sistieren der Herz-Kreislauftätigkeit, z. B. Myokardinfarkt. Sekundärer Kreislaufstillstand: meist Folge von Hypoxämie/Ischämie, z. B. bei großen Blutverlusten. Folgen eines Kreislaufstillstandes: Wenn kein Eigenkreislauf des Patienten wiederhergestellt werden kann, kommt es zum multiplen Organversagen. Dabei weisen die Organe mit langsamem Stoffwechsel wie Fettgewebe und Knochen, eine deutlich höhere Toleranz gegenüber einer Hypoxie auf als stoffwechselaktive Organe wie Gehirn, Herz, Leber oder Niere. In den ersten Sekunden nach Ausfall der Herz-Kreislauffunktion wird der sich im Blut befindliche Sauerstoff ausgenutzt. Nach ca. 10–15 Sekunden endet dieses freie Intervall und geht entsprechend der je nach Organ unterschiedlichen Wiederbelebungszeit in einen irreversiblen Ausfall der jeweiligen Organfunktion über. Die Wiederbelebungszeit ist biochemisch durch die anaerobe Glykolyse bestimmt. Kann innerhalb der organspezifischen Wiederbelebungszeit von ca. 5 Minuten für das Gehirn oder ca. 15 Minuten für das Herz ein ausreichender Kreislauf aufgebaut werden, können prinzipiell irreversible Schäden vermieden werden. Die Wiederbelebungszeit unterliegt verschiedenen individuellen Faktoren wie Alter, Vorerkrankungen und auch externen Bedingungen, wie z. B. der Umgebungstemperatur. Folgen eines Kreislaufstillstandes: Ausnutzen des Blutsauerstoffs (freies Intervall) p Wiederbelebungszeit p irreversibler Ausfall/Organversagen. Die Wiederbelebungszeit ist organspezifisch unterschiedlich, sie liegt z. B. bei 5 Minuten für das Gehirn und bei 15 Minuten für das Herz. Wichtige Einflussfaktoren sind Alter, Vorerkrankungen und Umgebungstemperatur. 2.3.2 Diagnose des Kreislaufstillstandes 2.3.2 Diagnose des Kreislaufstillstandes Die Diagnose eines Kreislaufstillstandes erfolgt nach Kontrolle der Vitalfunktionen Bewusstsein und Atemtätigkeit. Ein Kreislaufstillstand führt ca. 10–15 Sekunden nach Aussetzen der Herztätigkeit zur Bewusstlosigkeit und nach 60–120 Sekunden zur Pupillenerweiterung. Schnappende Atembewegungen bei fehlendem Puls sind kein Zeichen für eine ausreichende Atmung, sondern Das zentrale Kriterium des Kreislaufstillstandes ist die Pulslosigkeit. Da die sichere Pulskontrolle jedoch auch für den professionellen Helfer häufig ein Problem darstellt, reicht für die Entscheidung zur Wiederbelebung auch aus, wenn der Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Kardiopulmonale Reanimation 618 C 2 Notfallmedizin Patient auf Ansprache nicht reagiert, sich nicht bewegt und nicht normal atmet. als finale Schnappatmung bei bereits eingetretenem Kreislaufstillstand zu werten. Ein kompletter Atemstillstand kann 10–30 Sekunden nach Kreislaufstillstand einsetzen. Begleitend kann es, je nach Ursache, zu einer Zyanose kommen. Da Atmungsmuster, Pupillenreaktion und Zyanose verschiedene andere Ursachen unabhängig vom Kreislaufstillstand haben können, ist das zentrale Kriterium des Kreislaufstillstandes die Pulslosigkeit. Da die sichere Pulskontrolle jedoch auch für den professionellen Helfer häufig ein Problem darstellt, reicht für die Entscheidung zur Wiederbelebung auch aus, wenn der Patient auf Ansprache nicht reagiert, sich nicht bewegt und nicht normal atmet. Die Pulskontrolle erfolgt in der Regel einseitig an der A. carotis (Abb. C-2.10). Im weiteren Verlauf wird zwischen Basisund erweiterten Maßnahmen unterschieden. Wichtig ist eine möglichst frühzeitige EKG-Ableitung, um ggf. eine Defibrillation durchführen zu können. n Merke n Merke: Für die Diagnose eines Kreislaufstillstandes stehen dem Helfer maximal 30 Sekunden zur Verfügung. Reagiert der Patient nicht auf Ansprache, bewegt er sich nicht und sind keine Anzeichen für eine ausreichende Atmung vorhanden, soll umgehend mit der Wiederbelebung begonnen werden. Der professionelle Helfer kann die Pulskontrolle parallel zur weiteren Suche nach Lebenszeichen durchführen, sollte hierfür jedoch nicht länger als 10 Sekunden benötigen. Die Pulskontrolle erfolgt in der Regel einseitig an der zwischen Schildknorpel und medialem Rand des M. sternocleidomastoidus verlaufenden A. carotis. Der tastende Finger gleitet vom Schildknorpel kommend nach lateral-kaudal (Abb. C-2.10). Im weiteren Verlauf wird zwischen Basis- und erweiterten Maßnahmen unterschieden. Wichtiges Ziel muss es sein, innerhalb kürzester Zeit eine erweiterte Diagnostik mittels EKG-Ableitung zu ermöglichen, da bei hyperdynamem Kreislaufstillstand die frühe Defibrillation als kausale Therapie ein verbessertes Outcome ermöglicht. Deshalb steht der Notruf bei Patienten mit Kreislaufstillstand, die älter als 5 Jahre alt sind im Vordergrund – auch unter kurzfristiger Vernachlässigung der Basismaßnahmen. n Merke: PHONE FIRST (zuerst Hilfe holen) Stehen mehrere Helfer zur Verfügung, beginnt eine Person mit den Basismaßnahmen, eine weitere Person organisiert zusätzliche Hilfe in Form von Material und/oder Personal. C-2.10 C-2.10 Pulskontrolle der A. carotis Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. n Merke 619 2.3 Kardiopulmonale Reanimation 2.3.3 Therapie des Kreislaufstillstandes 2.3.3 Therapie des Kreislaufstillstandes Grundlagen Grundlagen Basismaßnahmen (BLS: Basic Life Support) einer Reanimation (kann vereinfacht als ACBE-Schema bezeichnet werden): Atemwege freimachen und freihalten, Circulation wiederherstellen (Herzdruckmassage), Beatmung und, wenn vorhanden: Elektrotherapie in Form der Früh-Defibrillation mit Hilfe eines AED (automatischer externer Defibrillator). Basismaßnahmen: Atemwege freimachen Circulation (Herzdruckmassage) Beatmung ggf. Elektrotherapie (Früh-Defibrillation). Erweiterte Maßnahmen (ACLS: Advanced Cardiac Life Support): EKG-Diagnostik und ggf. Defibrillation Sicherung der Atemwege Medikamentengabe (Drugs). Erweiterte Maßnahmen: EKG, ggf. Defibrillation Sicherung der Atemwege Medikamentengabe. Deshalb beginnen die Basismaßnahmen mit 30 Thoraxkompressionen, gefolgt von 2 Beatmungen (30 Q 2). Bis zur Einsatzbereitschaft eines Defibrillators werden die Basismaßnahmen der Reanimation durchgeführt. Ist der Eintrittszeitpunkt des Kreislaufstillstandes unbekannt oder sind mehr als 5 Minuten vergangen, sollten vor der Defibrillation für 2 Minuten Basismaßnahmen durchgeführt werden (5 Zyklen à 30 Thoraxkompressionen Q 2 Beatmungen). Bei beobachtetem oder innerklinischem Kreislaufstillstand erfolgt die Defibrillation frühestmöglich. n Merke: Die beiden zentralen Faktoren einer erfolgreichen Reanimation sind frühest- und bestmögliche ausreichende Basisreanimationsmaßnahmen sowie bei entsprechender Indikation die Defibrillation. m Merke Die Basismaßnahmen beginnen mit 30 Thoraxkompressionen, gefolgt von 2 Beatmungen (30 Q 2). m Merke 2.3.4 Herzdruckmassage 2.3.4 Herzdruckmassage Prinzip: Mit Aussetzen der Herzfunktion sistiert die Blutzirkulation, und die Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff kommt zum Erliegen. Durch eine korrekt durchgeführte extrathorakale rhythmische Kompression des Herzens zwischen Sternum und Wirbelsäule sowie die resultierenden Druckveränderungen kann ein Minimalkreislauf mit systolischen Blutdruckwerten um 100 mmHg erreicht werden. Aufgrund des verminderten Gefäßwiderstandes beträgt der diastolische Blutdruck unter Reanimation jedoch selten mehr als ca. 10–20 mmHg. Hieraus ergibt sich ein mittlerer arterieller Druck von max. 30–50 mmHg mit einem stark verminderten Herzzeitvolumen von 1–2 l/min. Prinzip: Durch eine korrekt durchgeführte extrathorakale rhythmische Kompression des Herzens kann ein Minimalkreislauf mit systolischen Blutdruckwerten um 100 mmHg erreicht werden. Insgesamt ist ein mittlerer arterieller Druck von max. 30–50 mmHg mit einem stark verminderten Herzzeitvolumen von 1–2 l/min möglich. Vorbereitung des Patienten Vorbereitung des Patienten Lagerung: Eine effektive Kompression des Herzens erfordert, dass der Patient auf dem Rücken liegend auf eine harte Unterlage gelagert wird. Bei im Bett liegenden Patienten wird entweder eine harte Unterlage (im Krankenhaus z. B. das Kopfteil des Bettes) unter den Rücken oder aber der Patient aus dem Bett heraus auf den Boden gelegt. Außerdem muss genügend Platz für das Rettungsteam und die Geräte um den Patienten herum geschaffen werden. Der Untergrund darf wegen der meist erforderlichen Strombehandlung nicht leitend bzw. nass sein. Lagerung: Der Patient muss auf einer harten Unterlage gelagert sein, der Untergrund muss trocken und darf nicht leitend sein. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. n Merke: – Das frühzeitige Erkennen eines hyperdynamen Kreislaufstillstandes und seine kausale Therapie mittels Defibrillation ist von großer Bedeutung, darf aber keinesfalls zu einer Verzögerung der entscheidenden Basismaßnahmen führen. – Nach den aktuellen Richtlinien (2005) hat der frühestmögliche Beginn der Herzdruckmassage mit möglichst wenigen Unterbrechungen den höchsten Stellenwert für ein erfolgreiches Outcome. 620 Extrathorakale Herzdruckmassage a Der Kompressionspunkt für die extrathorakale Herzdruckmassage ist die Sternummitte. Der Handballen wird auf den ermittelten Druckpunkt aufgesetzt. b Der Handballen der 2. Hand wird auf den Handrücken der 1. Hand aufgesetzt. Beide Arme werden im Ellenbogengelenk gestreckt, der Oberkörper befindet sich direkt über der Brust des Patienten. c In der Kompressionsphase wird das Sternum zügig ca. 3–5 cm senkrecht in Richtung auf die Wirbelsäule komprimiert. In der Dekompressionsphase dehnt sich der Thorax des Patienten selbständig wieder aus. Die Hände bleiben in Kontakt mit der Haut des Patienten. Die Kompressionsfrequenz beträgt 100/min, die Druck- und Entlastungsphase sind gleich lang. Position des Helfers: Neben dem Patienten. Druckpunkt: Sternummitte. Position des Helfers: Der Helfer kniet neben dem Patienten. Druckpunkt: Die Kompression wird zentral auf die Sternummitte ausgeübt. Zur Auffindung des Druckpunktes wird mit einem Finger das Xyphoid markiert. Ausgangsposition (Abb. C-2.11): Handballen auf Druckpunkt und Finger ausstrecken andere Hand auf das Gelenk der ersten Hand aufsetzen, Finger ebenfalls strecken Arme durchstrecken, sie stehen senkrecht über dem Brustbein. Ausgangsposition zur Herzdruckmassage (Abb. C-2.11): Handballen auf den ermittelten Druckpunkt aufsetzen. Finger dieser Hand nach oben strecken. Die andere Hand mit dem Handballen auf das Gelenk der ersten Hand aufsetzen. Die Finger sind ebenfalls nach oben gestreckt. Die Arme in den Ellenbogengelenken strecken. Die durchgestreckten Arme des Helfers stehen nun senkrecht über dem Brustbein. Die Herzdruckmassage erfordert u. U. einen hohen Kraftaufwand, der über einen längeren Zeitraum nicht alleine durch die Oberarmmuskeln aufgebracht werden kann; daher sind die Gewichtsverlagerung des eigenen Körpers und die Druckausübung über die gestreckten Arme besonders wichtig. n Merke Eigentliche Herzdruckmassage: Druckausübung senkrecht nach unten mit einer Frequenz von 100/min, Druck- und Entlastungsphase im Verhältnis 1 : 1. Bei Erwachsenen sollte eine Kompressionstiefe von 3–5 cm erreicht werden. Zum Vorgehen bei Kindern s.S. 634. n Merke: Eine effektive Herzdruckmassage ist für den Helfer körperlich sehr anstrengend. Daher sollte im Abstand von 2–4 min ein Wechsel des entsprechenden Helfers vorgenommen werden, um eine ausreichende Kompression und damit Auswurfleistung zu erreichen. Eigentliche Herzdruckmassage: Die Druckausübung muss senkrecht nach unten erfolgen, das vermeidet Scherkräfte mit konsekutiven knöchernen Thoraxverletzungen. Die erforderliche Frequenz liegt bei 100/min, wobei die Druck- und Entlastungsphase gleich lang sind. Bei Erwachsenen ist eine Kompressionstiefe von 3–5 cm erforderlich, wobei auf die Kompression eine vollständige Entlastung des Thorax bei weiterhin aufliegenden Händen erfolgt. Diese vollständige Entlastung sichert die Diastole des Herzens, wodurch zum einen eine Füllung der Ventrikel ermöglicht wird und zum anderen die Koronargefäße durchblutet werden. Zum Vorgehen bei Kindern und Säuglingen s.S. 634. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.11 C 2 Notfallmedizin 621 2.3 Kardiopulmonale Reanimation Komplikationen: Rippen-, Sternumfrakturen Pneumo-, Hämatothorax Verletzung abdomineller Organe Trachea-, Lungen-, Zwerchfellruptur Verletzung des Herzens Regurgitation, Aspiration. Ein-/Zwei-Helfer-Methode Ein-/Zwei-Helfer-Methode Nach den aktuellen Richtlinien ist der Ablauf unabhängig davon, wie viele Helfer an der Versorgung des Patienten beteiligt sind. Entweder ein Helfer führt die Maßnahmen Kompression und Beatmung alleine durch oder es erfolgt die Aufteilung auf 2 Personen. Auch bei Anwesenheit von 2 Helfern kann eine Durchführung in Ein-Helfer-Methode zu Beginn der Reanimation durchaus sinnvoll sein, um dem zweiten Helfer die Organisation und den Anschluss des kombinierten EKG/Defibrillators zu ermöglichen (Abb. C-2.12). Die Anordnung des Teams sollte klar gegliedert und ergonomisch sein: 3er-Team: Eine Person am Kopf als Leiter der CPR, eine Person am Defibrillator mit der Alternativaufgabe Herzdruckmassage, eine Person am Koffer mit der Hauptaufgabe, Material und Medikamente anzureichen und direkt dem Teamleiter zu assistieren. 2er-Team: Hier entfällt der zusätzliche Helfer an der Seite. Die Herzdruckmassage wird nach den aktuell gültigen internationalen Richtlinien jeweils nach 30 Kompressionen für 2 Beatmungen unterbrochen. Bei der Beatmung durch den ungeschützten Atemweg gelten die auf S. 610 genannten Hinweise. Der Ablauf der Reanimation ist unabhängig davon, wie viele Helfer an der Versorgung des Patienten beteiligt sind. Entweder ein Helfer führt die Maßnahmen Kompression und Beatmung alleine durch oder es erfolgt die Aufteilung auf 2 Personen. m Merke n Merke: 30 Kompressionen Q 2 Beatmungen Frequenz 100/min Belastung/Entlastung 1 Q 1 C-2.12 Ein-/Zwei-Helfer-Methode 2x C-2.12 30 x Sowohl bei der Ein- als auch bei der Zwei-Helfer-Methode wird die Herzdruckmassage jeweils nach 30 Kompressionen für 2 Beatmungen unterbrochen. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Komplikationen: Auch eine korrekt durchgeführte Herzdruckmassage kann zu Verletzungen beim Patienten führen. Am häufigsten sind hierbei Rippen- und Sternumfrakturen Pneumothorax Hämatothorax Verletzung abdomineller Organe wie Leber, Magen oder Milz Ruptur von Trachea, Lunge oder Zwerchfell direkte Verletzungen des Herzens Regurgitation und Aspiration beim ungeschützten Atemweg. 622 C 2 Notfallmedizin Kriterien zur Erfolgskontrolle Kriterien zur Erfolgskontrolle n Merke 2.3.5 EKG-Diagnostik und weiteres Vorgehen Thoraxbewegungen bei Inspiration während der Beatmung tastbarer Puls an der A. carotis oder A. femoralis während der Thoraxkompression zunehmend rosigere Hautfarbe eventuell Verengung der Pupillen (cave: Nach Adrenalingabe kommt es zu einer Mydriasis). n Merke: Für die Beurteilung dieser Kriterien werden die Basis-Reanimationsmaßnahmen nicht mehr unterbrochen, sondern bis zum Anschluss des EKG/Defibrillators oder bis zum Einsetzen eines Spontankreislaufs mit oder ohne Eigenatmung des Patienten fortgesetzt. 2.3.5 EKG-Diagnostik und weiteres Vorgehen EKG-Diagnostik EKG-Diagnostik Ein hyperdynamer Kreislaufstillstand sollte wegen der Therapieoption Defibrillation so früh wie möglich festgestellt werden; es gibt 2 Möglichkeiten der EKG-Analyse: manuell durch den Helfer automatisch durch externe Defibrillatoren (AED, s. Abb. C-2.13). Das Erkennen eines hyperdynamen Kreislaufstillstandes sowie die Elektroschocktherapie mittels Defibrillation sind aufgrund der zeitkritischen Situation von großer Bedeutung. Hierfür sind grundsätzlich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen denkbar: Manuelle EKG-Diagnostik/-Beurteilung durch den Helfer. Automatische EKG-Analyse durch externe Defibrillatoren (AED, Abb. C-2.13). AED analysieren selbstständig das EKG und differenzieren in die Gruppen hyperdynam/defibrillationspflichtig und hypodynam/nicht defibrillationswürdig. Bei einigen dieser Geräte wird das EKG-Bild nicht angezeigt, sondern dem Helfer nur eine Aufforderung zur Fortsetzung der Herzdruckmassage oder zum Auslösen des Schocks gegeben. Die EKG-Ableitung erfolgt vorrangig durch eine 1-Kanal-Erfassung direkt durch 2 großflächige Klebeelektroden, die zusätzlich auch direkt zur Defibrillation oder Stimulation eingesetzt werden können (Abb. C-2.14), im Ausnahmefall mittels einer 3-Punkt-Ableitung. Neben der Erstdiagnostik wird durch die permanente Kabelverbindung auch eine Beurteilung des EKG-Bildes während der Maßnahmen möglich. Eine Ableitung mittels Aufpressen von DefibrillatorPaddles kann mit Störungen verbunden sein und stellt nur eine Alternative zur Ableitung und Defibrillation dar. C-2.13 C-2.13 EKG-Ableitung mit AED und Klebeelektroden Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Thoraxbewegungen bei Inspiration während der Beatmung tastbarer Puls an A. carotis oder A. femoralis während der Thoraxkompression zunehmend rosigere Hautfarbe eventuell Verengung der Pupillen. 623 2.3 Kardiopulmonale Reanimation C-2.14 EKG-Ableitung: Anwendung C-2.14 n Merke: Im Kreislaufstillstand ist die frühzeitige Differenzierung zwischen defibrillierbaren und nicht defibrillierbaren Rhythmen entscheidend (siehe hierzu Tab. C-2.3)! C-2.3 Differenzierung zwischen defibrillierbaren und nicht defibrillierbaren Rhythmen defibrillierbar Kammerflimmern (HF i 300/min, Abb. C-2.16 a) Kammerflattern (HF i 200/min) pulslose Kammertachykardie (Abb. C-2.16 b) C-2.3 nicht defibrillierbar Asystolie (Abb. C-2.18 a) elektromechanische Entkopplung/ pulslose elektrische Aktivität (Abb. C-2.18 b) Eine EKG-Ableitung und -Beurteilung kann erschwert werden durch Schlecht klebende EKG- oder Defibrillationselektroden: Unzureichend klebende Elektroden müssen ausgetauscht und ggf. der Thorax des Patienten an den entsprechenden Stellen vorher rasiert werden. Schrittmacheraktivität des Patienten: Ein aktiver aber im Kreislaufstillstand unwirksamer interner Herzschrittmacher kann durch Auflegen eines Magneten ausgeschaltet werden (Abb. C-2.15). Hochspannungsleitungen im direkten Umfeld. Gerätedefekte. C-2.15 m Merke Magnetische Abschaltung eines Herzschrittmachers Fehlermöglichleiten bei der EKG-Ableitung: schlecht klebende Elektroden Schrittmacheraktivität bei Patienten mit Schrittmacher Hochspannungsleitungen Gerätedefekte. C-2.15 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die EKG-Ableitung erfolgt mittels zweier großflächiger Klebeelektroden. 624 C 2 Notfallmedizin C-2.16 C-2.16 Kammerflimmern und pulslose Kammertachykardie a a Kammerflimmern: Bei dieser Herzfrequenz von i 300/min kommt es zu keiner messbaren Auswurfleistung des Herzens mehr und damit zum Kreislaufstillstand. Kammerflimmern ist das häufigste EKG-Bild direkt nach Eintritt eines Kreislaufstillstandes. Als Ursache kommen eine Myokardischämie im Rahmen eines Herzinfarktes, maligne Herzrhythmusstörungen, Hypoxämien oder Elektrolytentgleisungen vor. b Pulslose Kammertachykardie: Sie gehört ebenfalls zu den hyperdynamen und somit defibrillationspflichtigen EKG-Rhythmen, hier führt ein pathologischer Schrittmacher auf Ventrikelebene zum Kreislaufstillstand. Eine Auswurfleistung ist bei Frequenzen von über 200/min und somit nicht ausreichender Diastole ebenfalls nicht mehr vorhanden. Hyperdynamer Kreislaufstillstand – Defibrillation n Merke Hyperdynamer Kreislaufstillstand – Defibrillation n Merke: Kammerflimmern, Kammerflattern und pulslose ventrikuläre Tachykardien müssen elektrisch defibrilliert werden – die externe elektrische Defibrillation stellt bei hyperdynamem Kreislaufstillstand die kausale Therapie dar und muss so frühzeitig wie möglich durchgeführt werden! Aufgrund der negativen Sauerstoffbilanz und des hohen Energieverbrauchs des Herzens bei hyperdynamem Kreislaufstillstand verringert sich die Wahrscheinlichkeit, ein Kammerflimmern oder -flattern noch vorzufinden, pro Minute um ca. 10 %. Erfolgt eine EKG-Analyse 8 min nach Eintritt des Kreislaufstillstands, beträgt der Anteil des prognostisch günstigeren Kammerflimmerns/-flatterns nur noch ca. 20 %. Erklärungsansätze für eine erfolgreiche Defibrillation: Überführung einer kritischen Myokardmasse in den Refraktärzustand Zeitgewinn für den Sinusknoten zur Initiierung einer regelhaften Erregungsbildung und Weiterleitung Verlängerung der Refraktärzeit von Zellen des Arbeitsmyokards. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Defibrillation: Möglichst frühzeitige Durchführung, ausreichende Sauerstoffversorgung des Myokards, möglichst ausgeglichener Elektrolyt- und Säure-Basenhaushalt. Erklärungsansätze für eine erfolgreiche Defibrillation: synchrone Überführung einer kritischen Myokardmasse in den Refraktärzustand Zeitgewinn für den Sinusknoten zur Initiierung einer regelhaften Erregungsbildung und Weiterleitung Verlängerung der Refraktärzeit von Zellen des Arbeitsmyokards. Unterschiedliche Energieformen: Biphasische Energieformen: Durch Spannungswechsel in den Paddles werden Stromstöße in zwei Richtungen abgegeben. Insgesamt sind niedrigere Energien notwendig als bei monophasischen Geräten (s. u.), was für den Patienten schonender ist. Startenergie: 150 J Unterschiedliche Energieformen: Bei der Angabe der Energiestufen zur Defibrillation muss die Form und Art des Elektroschocks beachtet werden. Biphasische Energieformen: Die Mehrzahl der modernen Defibrillatoren arbeitet nach diesem Prinzip, eine signifikante Verbesserung des Erfolgs gegenüber der monophasischen Energieform (s. u.) ist für alle biphasischen Wellenformen erwiesen. Biphasisch bedeutet, dass nicht nur ein Stromstoß abgegeben wird, sondern dass durch Spannungswechsel an den Paddles auch Stromstöße in umgekehrter Richtung abgegeben werden können. Da Voraussetzung für eine erfolgreiche Defibrillation ist neben dem frühen Zeitpunkt auch eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Myokards, welche unter Umständen erst durch externe Herzdruckmassage und Beatmung aufgebaut werden muss. Ebenso sind ein möglichst ausgeglichener Elektrolytund Säure-Basen-Haushalt notwendig. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. b bei dieser Methode mit geringeren Energien gearbeitet werden kann, ist die biphasische Defibrillation für den Patienten schonender. Bei dieser Form der Energieabgabe kann in eine hochenergetische und eine niedrigenergetische Form unterschieden werden, wobei sich bisher keine der unterschiedlichen biphasischen Wellenformen als letztendlich überlegen herausgestellt hat. Bei den biphasischen Geräten ist meist eine automatische Energievorwahl integriert. Aufgrund der zahlreichen Wellen- und Energieformen sind aktuell keine einheitlichen Joule-Empfehlungen wie bei der monophasischen Defibrillation (s. u.) möglich. Die Empfehlungen beschreiben daher einen Bereich von 150–200 (–360) Joule bei der biphasischen Defibrillation. Die aktuellen Richtlinien geben 150 J als Idealenergie für den ersten Schock bei ausgewählten Wellenformen an. Wenn der Hersteller des Gerätes keine Angaben zur optimalen Energie auf dem Gerät ausweist, ist für den ersten Schock die Energiestufe von 200 J zu wählen. Für die nachfolgenden Energieschocks werden keine einheitlichen Empfehlungen zur Energiesteigerung formuliert, dieser aber auch nicht widersprochen. Monophasische Energieformen: Sie wurden bis vor einigen Jahren in Deutschland fast ausschließlich eingesetzt. Die Energiestufe zur monophasischen Defibrillation von Erwachsenen sollte initial und fortlaufend mit der maximalen Leistung von 360 Joule gewählt werden. Vorgehen: Der tatsächlich das Myokard treffende Strom ist direkt vom transthorakalen Widerstand (Impedanz) abhängig, der mit folgenden Maßnahmen gesenkt werden kann: Defibrillationselektroden möglichst weit voneinander entfernt positionieren: Standardposition: 1. rechts parasternal unter dem Schlüsselbein, 2. links im 5. ICR in der mittleren Axillarlinie (Abb. C-2.17). Bei Defibrillation mit Paddles Gel-Applikation zur Verminderung des Hautwiderstandes. Hoher Aufpressdruck (ca. 11 kg) zur Verkleinerung des Thoraxdurchmessers. Geeignete Energiestufe wählen: monophasisch 360 J, biphasisch 150/200 J. Einmalige Schockabgabe („Single-Shot“). n Merke: Die Defibrillation erfolgt als „Single-Shot“ mit der entsprechenden Energiestufe: monophasisch 360 J, biphasisch 150/200 J! C-2.17 a Monophasische Energieformen: Defibrillation initial und fortlaufend mit 360 Joule. Vorgehen: Defibrillationselektroden platzieren: 1. re parasternal, 2. li 5. ICR mittlere Axillarlinie. Ggf. auf Paddles Gel aufbringen. Elektroden mit hohem Druck aufpressen. Energiestufe vorwählen. Schockabgabe („Single-Shot“). m Merke Senkung der Impedanz b a Die 1. Klebeelektrode ist rechts parasternal unterhalb der Klavikula, die 2. links im 5. ICR in der mittleren Axillarlinie positioniert. b Entsprechend positionierte Paddles. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 625 2.3 Kardiopulmonale Reanimation 626 C 2 Notfallmedizin n Merke n Merke: Bei feinem Kammerflimmern (niedrige Amplitude, hohe Frequenz) wird im Zweifelsfall nicht defibrilliert. n Merke n Merke: Der die Defibrillation durchführende Helfer sowie alle anderen Team-Mitglieder dürfen während der Defibrillation den Patienten nicht berühren, um eine Überleitung der Energie auf den eigenen Körper zu verhindern. Der für den Patienten lebensnotwendige Elektroschock kann beim regulär schlagenden Herzen des Helfers ebenfalls lebensbedrohliche Rhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern verursachen. Der Defibrillierende hat sich vor Auslösen des Schocks durch einen Rundblick davon zu überzeugen, dass sich niemand mehr in Patientennähe aufhält, insbesondere auch kein Angehöriger oder Umstehender. Auch das Berühren der Trage oder des Bettes mit dem Körper oder z. B. dem Stethoskop muss unbedingt vermieden werden. n Merke C-2.4 n Merke: Bei der Defibrillation auf Gefahren durch direkten Patientenkontakt für alle Helfer achten! Als Warnung ruft der Defibrillierende die Worte: „Achtung, alle weg vom Patienten, Schock!“ C-2.4 Ablaufschema „Defibrillation“ Herzdruckmassage und Beatmung bis zur Einsatzbereitschaft des Defibrillators EKG-Ableitung im Regelfall über großflächige Klebeelektroden, bei NichtVerfügbarkeit über EKG-Elektroden oder Defibrillator-Paddles manuelle EKG-Beurteilung oder – bei AED – Drücken der Analysetaste Energie einstellen und laden „Achtung, alle weg vom Patienten, Schock“ rufen! Defibrillation ausführen sofort Herzdruckmassage und Beatmung für 2 Minuten ohne vorherige Erfolgskontrolle fortsetzen Analyse und ggf. erneute Defibrillation Gefahren der Defibrillation: Verbrennungen bei Anwendung ohne Gel Myokardverletzungen bei zu hoher Energiewahl Überführen in eine Asystolie für den Helfer: akzidentelle Eigendefibrillation, Verbrennung. Gefahren der Defibrillation: oberflächliche Verbrennungen am Patienten bei Benutzung von Defibrillationspaddles ohne Elektrodengel Myokardverletzungen bei zu hoher Energiewahl (cave: diese Gefahr besteht v. a. bei Kindern und „Leichtgewichtigen“) Überführen eines Herzrhythmus mit Auswurfleistung oder von Kammerflimmern in eine Asystolie für den Helfer: akzidentelle Eigendefibrillation, Verbrennung. Vorgehen bei Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher/Defibrillator: Platzierung der Klebeelektroden so weit wie möglich von der Steuereinheit entfernt (i 15 cm). Vorgehen bei Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher/Defibrillator: Hier werden die Klebeelektroden so weit wie möglich (i 15 cm) von der Schrittmachersteuereinheit entfernt platziert. Die Steuereinheit befindet sich meist im Bereich des großen rechten Brustmuskels in der Nähe der Achsel (Narbe) und ist durch die Haut tastbar. Eine Defibrillation in diesem Bereich Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Grundlegende Voraussetzung für die sichere Durchführung der manuellen Defibrillation ist neben der regelmäßigen Wartung die genaue Kenntnis des Gerätes. Eine Asystolie kann von sehr feinem Kammerflimmern nur durch Erkennen einer Nulllinie in zwei unterschiedlichen Ableitungen bei gesicherter maximaler Amplitudeneinstellung (Eichzacke) eindeutig unterschieden werden. Im Zweifelsfall wird keine Defibrillation durchgeführt, da Kammerflimmern mit niedriger Amplitude hierdurch eher nicht in einen Sinusrhythmus überführt werden kann. 627 2.3 Kardiopulmonale Reanimation kann zum einen den Schrittmacher unbrauchbar machen, zum anderen Defibrillationsenergie verbrauchen, die sich dann punktuell entlang der Sonde am Herzen entladen kann. Als alternative Elektrodenposition kann eine Elektrode über der Herzspitze, die zweite unterhalb des linken Schulterblattes angebracht werden. Dies gilt ebenso für Patienten mit implantierten, vollautomatischen Defibrillatoren. Diese versetzen dem Patienten bei eintretendem Kammerflimmern mehrere Schocks, wobei geringere Energie als bei externen Geräten abgegeben wird. Diese Schocks sind möglicherweise für den Helfer fühlbar, aber ungefährlich. Eine externe Defibrillation kann – unter den oben genannten Voraussetzungen – jederzeit durchgeführt werden. Weitere Indikationen für eine Defibrillation Pulslose ventrikuläre Tachykardie: Hier sollte die R-Zacken gesteuerte Kardioversion zur Anwendung kommen. Moderne EKG-/Defibrillationsgeräte erkennen die pulslose ventrikuläre Tachykardie automatisch und geben die erforderliche Energie ca. 10 ms nach Erkennung der R-Zacke ab. Hierdurch wird ein Stromstoß während der vulnerablen Phase des Herzens verhindert, der sonst eine EKG-Veränderung in Richtung des ungeordneten Kammerflimmerns verursachen könnte. Bei älteren EKG/Defibrillationsgeräten muss der Anwender hierfür eine mit „Synchronisation“ oder „Sync“ beschriftete Taste anwählen. Bei der Kardioversion kommen primär niedrigere Energiestufen zum Einsatz. Pulslose ventrikuläre Tachykardie: Nach Möglichkeit R-Zacken gesteuerte Kardioversion, was bei modernen EKG-/Defibrillationsgeräten automatisiert möglich ist. Therapiebedürftiges Vorhofflimmern und paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien: Hier wird mit 100 J (monophasisch) oder 70–120 J (biphasisch) kardiovertiert und bei Erfolglosigkeit bis zur maximal möglichen Energiestufe gesteigert. Therapiebedürftiges Vorhofflimmern und paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien: Kardioversion mit Startenergie 100 J (monophasisch) oder 70–120 J (biphasisch). Ventrikuläre Tachykardien mit vorhandenem Puls: Kardioversion mit Startenergie 200 J (monophasisch) bzw. 120–150 J (biphasisch). Ventrikuläre Tachykardien mit vorhandenem Puls werden initial mit 200 J (monophasisch) bzw. 120–150 J (biphasisch) kardiovertiert und bei Erfolglosigkeit ebenfalls schrittweise bis zur maximalen Energiestufe gesteigert. n Merke: Die Devise „Strom vor Tubus – und vor Medikamenten!“ zeigt den hohen Stellenwert der Defibrillation nach den Basismaßnahmen als kausale Therapie bei hochfrequenter Herzaktion ohne Auswurfleistung. m Merke Hypodynamer Kreislaufstillstand Hypodynamer Kreislaufstillstand Bei den hypodynamen Kreislaufstillständen, die nicht defibrillationswürdig sind, wird aufgrund des EKG-Befundes zwischen Asystolie und elektromechanischer Entkopplung unterschieden. Differenziert werden Asystolie und elektromechanische Entkopplung. Asystolie: Dabei sind weder elektrische noch mechanische Herzaktionen vorhanden und es zeigt sich eine „Nulllinie“ im EKG (Abb. C-2.18). Bei Einsatz eines AED erfolgt die Rückmeldung „Kein Schock empfohlen“. Um sicherzustellen, dass keine technischen Defekte eine Asystolie vortäuschen, ist die Überprüfung des Gerätes, besonders aller Kabelverbindungen sinnvoll. Asystolie: Nulllinie im EKG, keine mechanische Herzaktion (Abb. C-2.18). C-2.18 Asystolie C-2.18 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Weitere Indikationen für eine Defibrillation n Merke C 2 Notfallmedizin n Merke: Die Reanimationsmaßnahmen bei Asystolie konzentrieren sich neben der mechanischen Thoraxkompression und Beatmung auf den Einsatz von Medikamenten wie Adrenalin und ggf. Atropin. Elektromechanische Entkopplung (EMD): Im EKG sind deformierte oder normale Kammerkomplexe erkennbar, aber ohne mechanische Antwort des Myokards! Mögliche Ursachen für eine EMD/PEA: Hypoxämie, Hypovolämie, Hypothermie Hyper-/Hypokaliämie Herzbeuteltamponade Intoxikationen Thromboembolien Spannungspneumothorax. Elektromechanische Entkopplung (EMD) (Synonym: Elektromechanische Dissoziation, pulslose elektrische Aktivität [PEA]): Hier sind im EKG deformierte oder normale Kammerkomplexe erkennbar, die jedoch ohne eine mechanische Antwort des Myokards und somit ohne Auswurfleistung bleiben. Therapie, Vorgehen: Nach Möglichkeit sollte die auslösende Ursache behoben werden; symptomatisch neben mechanischer Thoraxkompression und Beatmung Einsatz von Medikamenten wie Adrenalin. Therapie, Vorgehen: Die Reanimationsmaßnahmen bei EMD/PEA konzentrieren sich zum einen auf eine mögliche Behebung der auslösenden Ursache sowie neben der mechanischen Thoraxkompression und Beatmung auch auf den Einsatz von Medikamenten wie Adrenalin. Zur Bekämpfung der Ursachen kann daher eine Therapie mit Gegengiften (Antidoten), eine Erwärmung, ein Ausgleich der Elektrolytsituation, eine Lysetherapie oder auch die Anlage einer Thoraxdrainage notwendig werden. n Merke Den Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation bei Erwachsenen zeigt Abb. C-2.19. 2.3.6 Medikamentöse Therapie des Kreislaufstillstandes Mögliche Ursachen für eine EMD/PEA: Hypoxämie, Hypovolämie, Hypothermie Hyper-/Hypokaliämie Herzbeuteltamponade Intoxikationen Thromboembolien Spannungspneumothorax. n Merke: Bei hypodynamen Kreislaufstillständen ist die Prognose der Patienten deutlich schlechter als bei hyperdynamen Kreislaufstillständen. Den Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation bei Erwachsenen zeigt Abb. C-2.19. 2.3.6 Medikamentöse Therapie des Kreislaufstillstandes Neben den Basisreanimationsmaßnahmen und der Elektrotherapie hat auch die medikamentöse Therapie mit unterschiedlichen Substanzen einen Anteil am Reanimationserfolg. Sowohl für seit Jahrzehnten etablierte als auch für neue Medikamente ist die Studienlage zum Teil unbefriedigend und die Wirksamkeit der Substanzen nicht eindeutig wissenschaftlich verifiziert. Zugangswege, Applikation Zugangswege, Applikation Primäres Ziel für die Medikamentenapplikation ist ein periphervenöser Zugang. Die Punktion von zentralvenösen Gefäßen ist zu zeitaufwendig und in der Notfallsituation mit weiteren Risiken (Pneumothorax) belastet und bleibt somit nur begründeten Ausnahmefällen vorbehalten. Die intraossäre Applikation gilt nach den aktuellen internationalen Richtlinien auch bei Erwachsenen als die erste Alternative. Bei endobronchialer Applikation sind Verteilung und Wirkdauer nicht kalkulierbar, deshalb sollte dieser Weg lediglich Alternative der 2. Wahl sein. Primäres Ziel für die Medikamentenapplikation ist ein venöser Zugang. Dieser kann sowohl peripher (z. B. in der Ellenbeuge) als auch in der V. jugularis externa angelegt werden. Die Punktion von zentralvenösen Gefäßen ist zu zeitaufwendig und in der Notfallsituation mit weiteren Risiken (Pneumothorax) belastet und bleibt somit nur Ausnahmefällen vorbehalten, in denen es nicht gelingt, einen periphervenösen Zugang zu legen. Die intraossäre Applikation ist auch bei Erwachsenen die erste Alternative. Stehen weder intravenöse noch intraossäre Zugangswege zur Verfügung, können ausgewählte Medikamente wie Adrenalin und Atropin im Rahmen einer Reanimation auch endobronchial verabreicht werden (Abb. C-2.20), was aufgrund von unkalkulierbarer Verteilung und Wirkdauer lediglich als alternativer Weg der zweiten Wahl gewählt werden sollte. Auch für die Kinderreanimation (S. 634) gilt diese Reihenfolge: 1. intravenöser Zugang, 2. intraossärer Zugang, 3. endobronchiale Applikation. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 628 629 2.3 Kardiopulmonale Reanimation C-2.19 Kardiopulmonale Reanimation bei Erwachsenen C-2.19 Patient reaktionslos Atemwege öffnen auf Lebenszeichen achten Reanimationsteam rufen Herzdruckmassage: Beatmung 30 : 2 bis Defibrillator/Monitor einsatzbereit ist Kammerflimmern oder pulslose Kammertachykardie 1. Defibrillation 360 J monophasisch 150–200 J biphasisch während der Reanimation: • reversible Ursachen (s. u.) erkennen und behandeln • prüfen: Elektroden/Paddles (Position?, Kontakt?) • venösen Zugang legen • Atemwege freimachen (Intubation), Sauerstoff • bei gesicherten Atemwegen ununterbrochene Herzmassage sofort weiterführen kardiopulmonale Reanimation 30 : 2 für 2 Minuten Asystolie oder pulslose elektrische Aktivität sofort weiterführen Adrenalin 1 mg i. v. alle 3–5 Minuten • Amiodaron: 300 mg i. v. nach 3. erfolgloser Defibrillation • evtl. Magnesiumsulfat 1–2 g i. v. kardiopulmonale Reanimation 30 : 2 für 2 Minuten • Atropin: 1–3 mg i. v. • evtl. Schrittmacher transkutan potenziell reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands Hypovolämie Herzbeuteltamponade Intoxikation Hypoxie, Azidose Thrombose (koronar oder pulmonal) Hypo-/Hyperkaliämie, Spannungspneumothorax metabolische Entgleisung Hypothermie C-2.20 Endobronchiale Applikation C-2.20 Stehen weder intravenöse noch intraossäre Zugänge zur Applikation zur Verfügung, können ausgewählte Reanimationsmedikamente wie z. B. Adrenalin oder Atropin auch endobronchial verabreicht werden. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Rhythmus? 630 C 2 Notfallmedizin Medikamente zur Reanimation Medikamente zur Reanimation Adrenalin Adrenalin Wirkungen: Tab. C-2.5. Wirkungen: Tab. C-2.5. C-2.5 Wirkungen von Adrenalin a-Rezeptoren b-Rezeptoren Die Stimulation von a-Rezeptoren führt zu peripherer Vasokonstriktion mit Blutdruckerhöhung Anstieg des zentralen Blutvolumens Verbesserung der koronaren und zerebralen Perfusion. Die Stimulation von b-Rezeptoren führt zur Steigerung von Herzfrequenz (positiv chronotrope Wirkung) Kontraktilität (positiv inotrope Wirkung) Reizleitung (positiv dromotrope Wirkung) Reizbildung (positiv bathmotrope Wirkung). Bei der Reanimation wird hauptsächlich die periphere Vasokonstriktion genutzt, die zu einer Verbesserung der koronaren und zerebralen Durchblutung führt. Untersuchungen am Tiermodell weisen darauf hin, dass die a-adrenerge Wirkung von Adrenalin die Effektivität der Defibrillation steigern kann. Nachdem die Stimulation der b-Rezeptoren zur Steigerung des myokardialen Sauerstoffbedarfs führt, muss diesem Effekt mit einer suffizienten Oxygenierung begegnet werden. Indikation: Jede Form des Kreislaufstillstandes im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation. n Merke Indikation: Jede Form des Kreislaufstillstandes im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation. Wichtig ist, bei defibrillationswürdigen Rhythmen wie Kammerflimmern/-flattern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie die im Algorithmus empfohlene Reihenfolge der Maßnahmen mit einer erst nach zwei erfolglosen Defibrillationen folgenden Adrenalinapplikation einzuhalten. n Merke: Anwendung von Adrenalin bei Kammerflimmern erst nach der zweiten erfolglosen Defibrillation. Die pharmakologische Konvertierung eines defibrillationswürdigen Rhythmus ist nicht möglich. Weitere Indikationen für die Anwendung von Adrenalin sind Low-Output-Syndrom nach Reanimation, kardiogener Schock, atropinresistente Bradykardie, anaphylaktischer Schock und schwerer Status asthmaticus. Dosierung: 1 mg alle 3–5 min i. v. oder intraossär. Dosierung: Aktuell werden 1 mg alle 3–5 min i. v. oder intraossär empfohlen. Höhere Dosierungen zeigten in mehreren Studien keine positiven Effekte und werden daher aktuell nicht empfohlen. Bei notwendiger endobronchialer (e. b.) Adrenalingabe (cave aufgrund der nicht kalkulierbaren Verteilung und Wirkdauer sollte möglichst darauf verzichtet werden!) wird eine 2–3-fach höhere Dosierung (2–3 mg verdünnt auf 10 ml Aqua) als bei intravenöser Gabe empfohlen, da der Resorptionsgrad des Medikaments über die Bronchialschleimhaut nicht zuverlässig einzuschätzen ist und Mengenverluste beim Passieren des Tubus und im Laufe der Resorption über die Bronchialschleimhaut anzunehmen sind. Amiodaron Amiodaron Antiarrhythmikum der Wahl. Amiodaron (z. B. Cordarexr) ist in den aktuellen internationalen Empfehlungen das Antiarrhythmikum der Wahl und hat Lidocain aufgrund der Studienlage in diesem Anwendungsbereich abgelöst. Unabhängig hiervon liegen für kein Antiarrhythmikum Daten für eine verbesserte Krankenhausentlassungsrate nach Herz-Kreislaufstillstand vor. Für Amiodaron liegen im Vergleich zu Lidocain und Plazebo jedoch positive Daten für eine erhöhte Krankenhausaufnahmerate vor. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.5 631 Wirkungen: Amiodaron verlängert die Dauer des Aktionspotenzials in der Muskulatur von Vorhof und Kammer und verlängert somit das QT-Intervall. Amiodaron kann bei intravenöser Gabe nicht kompetitive a-blockierende und geringe negativ inotrope Effekte zeigen. Wirkungen: Verlängerung der Aktionspotenzial-Dauer in der Muskulatur von Vorhof und Kammer, damit Verlängerung des QT-Intervalls. Indikationen: Defibrillationsrefraktäres Kammerflimmern/-flattern und pulslose ventrikuläre Tachykardie. Der Einsatz von Amiodaron sollte nach der dritten erfolglosen Defibrillation erfolgen. Hämodynamisch stabile ventrikuläre Tachykardie in der Postreanimationsphase. Indikationen: Defibrillationsrefraktäres (nach 3 Schocks) Kammerflimmern/-flattern und pulslose ventrikuläre Tachykardie hämodynamisch stabile ventrikuläre Tachykardie in der Postreanimationsphase. Dosierung: 300 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose 5 % als Bolusgabe intravenös bei persistierendem Kammerflimmern/-flattern nach der dritten Defibrillation 150 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose 5 % über 10 min i. v. bei therapiepflichtigen Rhythmusstörungen nach erfolgreicher Reanimation oder bei persistierendem Kammerflimmern 900 mg Amiodaron über 24 h i. v. zur Rhythmusstabilisierung. Dosierung: 300 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose 5 % als Bolus i. v. bei persistierendem Kammerflimmern/-flattern nach der 3. Defibrillation 150 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose 5 % über 10 min i. v. bei therapiepflichtigen Rhythmusstörungen nach erfolgreicher Reanimation oder bei persistierendem Kammerflimmern 900 mg Amiodaron über 24 h i. v. zur Rhythmusstabilisierung. Atropin Atropin Wirkung: Atropin wirkt über Verdrängung von Acetylcholin von muskarinartigen Rezeptoren als Parasympatholytikum. Dies führt am Herzen zur Steigerung der Herzfrequenz Beschleunigung der AV-Überleitung. Als unerwünschte Wirkungen treten auf: Steigerung des myokardialen Sauerstoffbedarfs Tachyarrhythmie ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern (selten) paradoxe Bradykardie bei Dosierung unter 0,5 mg (selten). Wirkung: Parasympatholytikum. Indikation: Symptomatische Bradykardie, vor allem Sinusbradykardie, Bradykardie bei AV-Block 1h und 2h (Typ Wenckebach), sowie als Therapieversuch bei Asystolie/pulsloser elektrischer Aktivität in Verbindung mit Adrenalin. Indikation: Symptomatische Bradykardie (Sinusbradykardie, AV-Block 1h und 2h [Typ Wenckebach]), Versuch bei Asystolie/pulslose elektrische Aktivität in Verbindung mit Adrenalin. Dosierung: 3 mg i. v. während der Reanimation 0,5–1 mg alle 5 min i. v. bei symptomatischer Bradykardie. Dosierung: intravenös 3 mg im Rahmen der Reanimation intravenös mit 0,5–1 mg alle 5 min bei symptomatischer Bradykardie. Die Dosis von 3 mg Atropin bewirkt beim erwachsenen Patienten eine vollständige Vagolyse. Atropin kann beim AV-Block auf Ebene des His-Bündels bzw. der Purkinje-Fasern (AV-Block IIh Typ Mobitz II/AV-Block IIIh) zu einer paradoxen Verlangsamung der Herzfrequenz führen, daher sollte in diesen Fällen ein externer Schrittmacher bevorzugt werden. Bei herztransplantierten Patienten kann Atropin unwirksam sein, da im Rahmen der Operation vagale Fasern beschädigt werden. Ein wissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit von Atropin im Rahmen der Reanimation liegt nicht vor, jedoch rechtfertigen positive Ereignisberichte ebenso wie die sicher auszuschließenden negativen Wirkungen beim Kreislaufstillstand den Einsatz in oben beschriebener Form. Natriumbikarbonat Dadurch Steigerung der Herzfrequenz und Beschleunigung der AV-Überleitung. Unerwünschte Wirkungen: Steigerung des myokardialen O2-Bedarfs, Tachyarrhythmie, ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern, paradoxe Bradykardie bei Dosierung I 0,5 mg. Natriumbikarbonat Dem Natriumbikarbonat wurde in früheren Reanimationsempfehlungen eine bedeutende Rolle zugesprochen, aber die Vorstellung, dass eine sich im Rahmen des Kreislaufstillstandes entwickelnde metabolische Azidose die Wirksamkeit von Katecholaminen herabsetzt sowie sich negativ auf die Sauerstoff- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 2.3 Kardiopulmonale Reanimation 632 C 2 Notfallmedizin bindungskurve auswirkt, ist nicht eindeutig nachgewiesen und so nicht mehr aufrechtzuerhalten. Gerade durch eine unkontrollierte Gabe von Natriumbikarbonat kommt es regelhaft zu einer Überpufferung des Organismus mit konsekutiver Linksverschiebung der O2-Bindungskurve, was eine verminderte Sauerstoffabgabe an das Gewebe und eine Hyperosmolarität des Plasmas bewirkt. Zusätzlich kann eine intrazelluläre Azidose durch das aus dem Bikarbonat freigesetzte CO2 entstehen. Wird Natriumbikarbonat ausnahmsweise eingesetzt, ist eine Anpassung der Beatmung zur Elimination des anfallenden CO2 notwendig. Grundsätzlich sollte aufgrund der beschriebenen Problematik die Gabe von Natriumbikarbonat erst nach einer Blutgasanalyse durchgeführt werden. Diese Möglichkeit steht jedoch nur bei innerklinischen Reanimationen, nicht jedoch im Rettungsdienst, zur Verfügung. n Merke: Der Einsatz von Natriumbikarbonat im Rahmen der Reanimation wird generell nicht mehr empfohlen. Die Gabe von 50 ml 8,4 % Natriumbikarbonat (50 mmol) kann bei verifizierter lebensbedrohlicher Hyperkaliämie, bekannter metabolischer Azidose oder Überdosierung von trizyklischen Antidepressiva erwogen werden. n Merke Thrombolytikum n Merke: Natriumbikarbonat darf niemals endobronchial oder direkt in Kombination mit anderen Medikamenten verabreicht werden. Thrombolytikum Die intravenöse Thrombolyse ist als Ersatz für die anfängliche Konzeption einer intrakoronaren Lyse entwickelt worden und steht somit überall und zu jeder Zeit ohne große technische Voraussetzungen und Zeitverzögerungen zur Verfügung. Zur Verfügung stehende Thrombolytika: Nicht fibrinspezifische Substanzen: z. B. Streptokinase. Moderne fibrinspezifische Thrombolytika wie Alteplase, Reteplase und Tenecteplase kommen zum Einsatz. Sie sind lokal hoch effektiv, mit nur geringen systemischen Auswirkungen. Zur Verfügung stehende Thrombolytika: Nicht fibrinspezifische Substanzen wie Streptokinase mit einer systemischen Plasminogenaktivierung und nachfolgender Störung der Hämostase. Moderne fibrinspezifische Thrombolytika wie Alteplase, Reteplase und Tenecteplase kommen zum Einsatz. Sie entfalten ihre Wirkung erst in Anwesenheit von Fibrin, was zu einer hohen lokalen Effektivität am Thrombus mit nur geringen systemischen Auswirkungen führt. Indikationen: Eine Reanimation ist keine Kontraindikation für eine Thrombolyse! Bei einem akuten Myokardinfarkt als Ursache für einen Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern sollte daher nach Wiedereintritt eines Spontankreislaufes bei gesicherter EKG-Diagnostik eine Lysetherapie nach Ausschluss der Kontraindikationen durchgeführt werden. Bei einer fulminanten Lungenarterienembolie als Ursache für den Kreislaufstillstand sollte frühzeitig eine so genannte „Rescue-Lyse“ erwogen werden. Indikationen: Eine Reanimation stellt nach aktueller Sicht keine Kontraindikation für eine Thrombolyse dar. Eine erhöhte Blutungsneigung ist nicht beschrieben worden. Bei einem akuten Myokardinfarkt als Ursache für einen Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern sollte daher nach Wiedereintritt eines Spontankreislaufes bei gesicherter EKG-Diagnostik eine Lysetherapie nach Ausschluss der Kontraindikationen durchgeführt werden. Nach aktueller Studienlage verbessert die Thrombolyse trotz Reanimation die Prognose des Patienten, wobei vermutet wird, dass die malignen Rhythmusstörungen wie Kammerflimmern beim Herzinfarkt oftmals unmittelbar nach dem Gefäßverschluss auftreten und die Lyse die Ausdehnung die Myokardnekrose frühzeitig eingrenzen kann. Zurzeit wird aufgrund der nicht eindeutigen Datenlage für Thrombolyse unter Reanimation bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom keine generelle Empfehlung gegeben, Einzelfallentscheidungen sind hiervon allerdings unbenommen. Bei dringendem Verdacht oder einer gesicherten Diagnose einer fulminanten Lungenarterienembolie als Ursache für den Kreislaufstillstand, ist allerdings der frühzeitige Einsatz eines Thrombolytikums bereits unter Reanimation als so genannte „Rescue-Lyse“ zu erwägen. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. n Merke 633 2.3 Kardiopulmonale Reanimation 2.3.7 Postreanimationsphase 2.3.7 Postreanimationsphase n Definition: Die Postreanimationsphase beginnt ab dem Zeitpunkt und am Ort des Wiedereinsetzens eines spontanen Kreislaufs (return of spontaneous circulation = ROSC). m Definition Nach Wiedereinsetzen eines Spontankreislaufes sind ergänzende physikalische und medikamentöse Maßnahmen bis zur Klinikaufnahme sinnvoll. Der „ROSC“ ist nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer insgesamt erfolgreichen Wiederbelebung. Auch die Postreanimationsbehandlung hat eine große Bedeutung. Hierbei haben sich einige Maßnahmen als positiv herausgestellt und sollten daher routinemäßig zur Anwendung kommen. n Merke: Eine milde therapeutische Hypothermie verbessert das neurologische Outcome. Eine Hyperthermie muss unbedingt vermieden werden! Externer Herzschrittmacher: Die Therapie mit einem externen Herzschrittmacher hat sich als mögliche Option bei medikamentös nicht behandelbarer Bradykardie, AV Block IIIh, bifaszikulärem Block, Linksschenkelblock (LSB) beim akuten Koronarsyndrom, Sinusbradykardie und Sinusknotenstillstand ihren Platz in der präklinischen Notfallversorgung gesichert. Die Therapie einer Asystolie im Rahmen der laufenden Reanimationsmaßnahmen mittels externen Schrittmacherimpulses zeigte keine gesicherten positiven Erfolge. Praktisch erfolgt die Stimulation mit großflächigen Klebeelektroden (s. Abb. C-2.17a, S. 625), die auf dem Thorax des Patienten vergleichbar der Position bei der Defibrillation oder aber frontal und auf dem Rücken angebracht sind. Im Anschluss an eine erfolgreiche Reanimation mit „ROSC“ können erneut Rhythmusstörungen auftreten, wobei die Entscheidung zur Therapie in deren Auswirkungen auf die Hämodynamik liegt. n Merke: Treat the patient, not the monitor! (Behandle den Patienten, nicht das EKG!) Einsatz von Dobutamin: Zielwert sollte eine Sauerstoffsättigung oberhalb von 95 % und ein systolischer Blutdruck oberhalb von 90 mmHg sein. Um einen effektiven Blutdruck mit einem ausreichenden mittleren arteriellen Druck (MAP) aufrechterhalten zu können, ist u. U. die Gabe von Dobutamin notwendig. Dobutamin ist ein synthetisches Katecholamin mit kurzer Halbwertszeit. Die Verabreichung erfolgt kontinuierlich über eine Spritzenpumpe. Dobutamin ist bei niedriger Auswurfleistung des Herzens und Hypotension, die nicht auf einen Volumenmangel zurückzuführen ist, das Medikament der Wahl. Es führt über b1-, b2- und a1-Rezeptoren zu einer positiv inotropen Wirkung am Herzen und zu einer Vasodilatation in der Peripherie. Dobutamin führt zu einem Anstieg des Sauerstoffbedarfs am Herzen, der im Vergleich zu anderen inotropen Substanzen aber geringer ausgeprägt ist. Ein Anstieg der Herzfrequenz unter der Therapie mit Dobutamin um i 10 % sollte im Hinblick auf die Verschlechterung der Sauerstoffversorgung des Myokards vermieden werden. Milde Hypothermie: Eine frühestmögliche Kühlung auf eine Körperkerntemperatur von 32–34h über 12–24 Stunden verbessert das zerebrale Outcome des Patienten. m Merke Externer Herzschrittmacher: Option bei medikamentös nicht behandelbarer Bradykardie, AV Block IIIh, bifaszikulärem Block, Linksschenkelblock (LSB) beim akuten Koronarsyndrom, Sinusbradykardie und Sinusknotenstillstand. Die Stimulation erfolgt durch großflächige Klebeelektroden (s. Abb. C-2.17a, S. 625). m Merke Einsatz von Dobutamin, um einen Ziel-Blutdruck systolisch von 90 mmHg zu erreichen. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Milde Hpoythermie: Nach erfolgreicher Stabilisierung eines Spontankreislaufes hat sich die milde Hypothermie als eine prognostisch günstige Maßnahme für das zerebrale Outcome des Patienten herausgestellt. Hierfür erfolgt eine Kühlung auf eine Körperkerntemperatur von 32–34h, die über 12–24 Stunden aufrechterhalten wird. Mit der Kühlung sollte so früh wie möglich begonnen werden, der bereits präklinische Beginn aktiver Kühlungsmaßnahmen ist derzeit noch Gegenstand der Diskussion. C 2 Notfallmedizin Dopamin sollte nicht mehr zum Einsatz kommen! Dopamin sollte als Alternative nicht mehr zum Einsatz kommen, da es zunehmend kritisch bewertet wird. Dopamin ist die Vorstufe der natürlich auftretenden Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin und wird ebenfalls kontinuierlich über eine Spritzenpumpe verabreicht. Es ist dosisabhängig positiv inotrop. Die Wirkung von Dopamin erfolgt über Dopamin-, a- und b1-Rezeptoren. Dopamin kann kardiale Arrhythmien auslösen, erhöht den Sauerstoffbedarf am Herzen und kann eine Ischämie aggravieren. Eine weitere Alternative ist der Einsatz von Noradrenalin, welches in erster Linie a-adrenerge Wirkung mit nachfolgender Vasokonstriktion aller Gefäße besitzt und somit bei vermindertem Perfusionsdruck eine Alternative zu Dopamin ist. Adrenalin kann zur Stabilisierung in der Postreanimationsphase eingesetzt werden, wobei in niedriger Dosierung primär die b1- und b2-Rezeptoren angesprochen werden. Erst in höherer Dosierung überwiegt ein a-adrenerger Effekt. Hieraus folgt, dass Adrenalin in niedriger Dosierung primär zu Frequenzerhöhung, dem vermehrten Auftreten von Herzrhythmusstörungen und zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf am Herzen führen kann, was in der Phase nach Wiedereintritt eines Spontankreislaufes nicht gewünscht ist. Die Verabreichung von Noradrenalin und Adrenalin erfolgt kontinuierlich über eine Spritzenpumpe. An Stelle von Dopamin kann Noradrenalin eingesetzt werden. Adrenalin muss relativ hoch dosiert werden, damit der erwünschte a-adrenerge Effekt erreicht werden kann. 2.3.8 Reanimation von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern Die Maßnahmen zur Behandlung des Kreislaufstillstandes bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern unterscheiden sich nicht von denen bei Erwachsenen, allerdings ist eine Anpassung an die altersentsprechenden Verhältnisse notwendig. n Merke Häufige Ursachen für den kindlichen Kreislaufstillstand sind asphyktische Zustände, die eine Vorgehensweise mit primär einsetzenden einfachen Wiederbelebungsmaßnahmen rechtfertigen. Wichtig ist deshalb v. a. die Beseitigung der Asphyxie, die in der ersten Phase nach Eintritt des Kreislaufstillstandes auch mittels Basismaßnahmen (Beginn mit 5 Beatmungen) erreicht werden kann. Die Beatmung des Säuglings kann als einfache Mund-zu-Mund-und-Nase-Beatmung ohne Hilfsmittel oder mittels altersentsprechendem Beatmungsbeutel mit Maske und Sauerstoffanschluss durchgeführt werden (Abb. C-2.21). 2.3.8 Reanimation von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern Grundsätzlich unterscheiden sich die Maßnahmen zur Behandlung des Kreislaufstillstandes bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern nicht von denen bei Erwachsenen. Die mechanische, elektrische und medikamentöse Therapie muss lediglich an die altersentsprechenden anatomischen Verhältnisse (Gewicht) sowie an die abweichenden lungen- und kreislaufphysiologischen Gegebenheiten angepasst werden. Unterschiede zwischen Kindes- und Erwachsenenalter sind jedoch bei den Ursachen des Kreislaufstandes zu finden, was Auswirkungen auf die Therapie haben sollte. n Merke: Bei Kindern unter 5 Jahren: Phone fast (alarmiere schnell weitere Hilfe) im Gegensatz zu Phone first (alarmiere zuerst weitere Hilfe) beim Erwachsenen. Der Kreislaufstillstand beim Kind wird vergleichbar dem Erwachsenen durch Überprüfung von Bewusstsein, Atem- und Kreislauffunktion erkannt, wobei die Pulskontrolle wie beim Erwachsenen dem professionellen Helfer vorbehalten ist. Ursachen für den kindlichen Kreislaufstillstand sind in der Regel asphyktische Zustände, die eine Vorgehensweise mit primär einsetzenden einfachen Wiederbelebungsmaßnahmen rechtfertigen. Selten sind dagegen in dieser Altersgruppe technikbedürftige hyperdyname Rhythmusstörungen. Daher steht bei einem kindlichen Kreislaufstillstand auch die Beseitigung der Asphyxie im Vordergrund, die in der ersten Phase nach Eintritt des Kreislaufstillstandes auch mittels Basismaßnahmen (Beginn mit 5 Beatmungen) erreicht werden kann. Die Beatmung des Säuglings kann als einfache Mund-zu-Mund-und-NaseBeatmung ohne Hilfsmittel oder mittels altersentsprechendem Beatmungsbeutel mit Maske und Sauerstoffanschluss durchgeführt werden (Abb. C-2.21). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 634 635 2.3 Kardiopulmonale Reanimation Atemspende beim Säugling C-2.21 Neugeborene und Säuglinge sollten in neutraler Kopfposition beatmet werden. Liegt ein isolierter Atemstillstand mit vorhandener Herztätigkeit vor, so erfolgt die Beatmung mit Frequenzen um 30/min beim Neugeborenen, 20/min beim Kleinkind und 15–20/min beim Grundschulkind. Kinder ab der Pubertät werden wie Erwachsene therapiert. Auch bei der Beatmung dieser Patientengruppen ist beim ungesicherten Atemweg auf eine ausreichend lange Inspiration zur Vermeidung von Druckspitzen mit nachfolgender Magenbeatmung und der Gefahr von Regurgitation und Aspiration zu achten. Die Herzdruckmassage wird beim Säugling mittels 2 Fingern des Helfers auf dem Sternum in Höhe der Mamillarlinie durchgeführt (Abb. C-2.22). Als Drucktiefe ist ca. 1⁄3 des Thoraxdurchmessers (1,5–2,5 cm, je nach Körpergröße) notwendig. Bei Kindern bis zur Pubertät erfolgt die Kompression mittels einer Hand des Helfers unter Beachtung der gleichen Grundbedingungen wie beim Erwachsenen (Frequenz 100/min, Verhältnis von Kompression und Entlastung 1:1). Bis zur Pubertät beträgt die Kompressionsfrequenz 100/min mit einem Verhältnis von 15 Kompressionen zu 2 Beatmungen bei 2 Helfern bzw. bei der Einhelfermethode im Verhältnis von 30:2. Eine Ausnahme bilden die Neugeborenen: Hier wird mit einer Kompressionsfrequenz von 120/min im Verhältnis 3:1 reanimiert! C-2.22 Extrathorakale Herzmassage beim Säugling Beatmungsfrequenz bei isoliertem Atemstillstand: Neugeborene 30/min, Kleinkind 20/min, Grundschulkind 15–20/min. Herzdruckmassage: Säugling: 2 Finger auf Sternum in Höhe der Mamillarlinie, Drucktiefe 1,5–2,5 cm. Kinder bis zur Pubertät: Kompression mit einer Hand (Abb. C-2.22). Bei beiden wird mit einer Kompressionsfrequenz von 100/min im Verhältnis 15 Kompressionen zu 2 Beatmungen (2 Helfer) bzw. 30:2 (1 Helfer) reanimiert. Ausnahme Neugeborene: Hier Kompressionsfrequenz 120/min im Verhältnis 3:1. C-2.22 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.21 636 C 2 Notfallmedizin Basis-Reanimation von Kindern bis zur Pubertät: Tab. C-2.6. Die Basis-Reanimation von Kindern bis zur Pubertät soll nach aktuellen Empfehlungen wie folgt ablaufen: Tab. C-2.6. C-2.6 C-2.6 Basisreanimation bei Kindern bis zur Pubertät Besteht klinisch der begründete Verdacht auf eine kardiale Ursache, sollte primär eine EKG-Analyse erfolgen, um ggf. einen hyperdynamen Kreislaufstillstand nachzuweisen. In diesem Fall sollte mit 4 J/kg defibrilliert werden. In Abb. C-2.23 ist der Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation bei Kindern dargestellt. C-2.23 Zur Vermeidung von langen therapiefreien Intervallen kann das Kind bei entsprechendem Gewicht auch vom Helfer zum Telefon getragen werden, um nach Absetzen des Notrufes direkt wieder mit den Reanimationsmaßnahmen beginnen zu können. Sollte der Kreislaufstillstand des Kindes in Form eines plötzlichen Kollaps beobachtet worden sein, kann eine kardiale Ursache mit defibrillierbaren EKGRhythmen vermutet werden. Nur in diesem Fall ist von der Durchführung der Basismaßnahmen über 1 Minute bis zum Notruf abzusehen und unverzüglich professionelle Hilfe und ein Defibrillator zu organisieren. Die Analyse des EKG erfolgt mit EKG-Elektroden oder speziellen Kinder-Defibrillationselektroden. Das im Vergleich deutlich seltenere EKG-Bild des hyperC-2.23 Kardiopulmonale Reanimation bei Kindern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Bewusstseinsprüfung p bewusstlos. Um Hilfe rufen. Atemwege öffnen. Atmung überprüfen p keine normale Atmung. 5 Beatmungen. Kreislauffunktion überprüfen p keine Reaktion, keine Eigenatmung. 15 Thoraxkompressionen – 2 Beatmungen für 1 min (Frequenz 100/min). Notruf absetzen. 637 2.3 Kardiopulmonale Reanimation C-2.24 Intraossäre Nadel dynamen Kreislaufstillstandes wird bei monophasischer und biphasischer Energieform jeweils mit 4J/kg KG defibrilliert. Entsprechende Kinderelektroden vermindern die abgegebene Energie auch bei Anwendung von halbautomatischen Defibrillatoren. In Abb. C-2.23 ist der Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation bei Kindern dargestellt. Für die medikamentöse Therapie steht neben dem venösen auch der intraossäre Zugangsweg (Abb. C-2.24) zur Verfügung. 2.3.9 Beendigung der Reanimation n Merke: Eine begonnene Reanimation sollte grundsätzlich bis zum Eintritt eines Spontankreislaufs oder bis zum Eintritt von Zeichen des irreversiblen Herztodes weitergeführt werden. Der irreversible Herztod kann angenommen werden, wenn in Abhängigkeit von der Ursache des Kreislaufstillstandes nach ca. 30 Minuten mechanischer, elektrischer und medikamentöser Therapie weiterhin eine Asystolie besteht, wohingegen hyperdynamen, nicht innerhalb dieser Zeit therapierbaren, Kreislaufstillständen eine potenzielle Wiederbelebbarkeit zugesprochen werden muss, was eine Fortführung der Reanimationsmaßnahmen erfordert. Bei der Entscheidung, ob und wann Reanimationsmaßnahmen abgebrochen werden, spielen selbstverständlich auch der Allgemeinzustand des Patienten vor Eintritt des Kreislaufstillstandes, bestehende Vorerkrankungen und insbesondere auch das Vorliegen einer Patientenverfügung eine wesentliche Rolle. 2.3.10 Transport nach erfolgreicher Reanimation Ziel der präklinischen Versorgung ist es, den Patienten mit stabilen Kreislaufverhältnissen in das geeignete Zielkrankenhaus zu transportieren. Im Gegensatz zu Rettungssystemen, bei denen kein Arzt an der Notfallstelle zur Verfügung steht und die Patienten nach kurzfristiger Versorgung auch unter Reanimationsmaßnahmen in die nächste Klinik verbracht werden, sollte in einem notarztgestützten System die Reanimation in der Regel vor Ort beendet werden und der Transport unter laufenden Reanimationsmaßnahmen (Abb. C-2.25) eher die Ausnahme darstellen (z. B. bei hypothermen Patienten unter Beachtung der Devise : „No one is dead until he is warm and dead!“). Medikamente können intravenös und intraossär (Abb. C-2.24) verabreicht werden. 2.3.9 Beendigung der Reanimation m Merke Bei hypodynamem Kreislaufstillstand kann nach ca. 30 min der irreversible Herztod angenommen werden. Bei hyperdynamem, nicht in dieser Zeit therapierbarem Kreislaufstillstand besteht weiterhin eine potenzielle Wiederbelebbarkeit, weshalb weiter reanimiert werden muss. Bei der Entscheidung Abbruch/Fortsetzung der Maßnahmen müssen auch der Allgemeinzustand, Vorerkrankungen und eine evtl. vorliegende Patientenverfügung berücksichtigt werden. 2.3.10 Transport nach erfolgreicher Reanimation Nach der präklinischen Versorgung sollte der Patient mit stabilen Kreislaufverhältnissen in das geeignete Zielkrankenhaus transportiert werden. Ein Transport unter laufenden Reanimationsmaßnahmen (Abb. C-2.25) sollte die Ausnahme darstellen (z. B. bei Hypothermie). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a Proximale und distale intraossäre Punktion der Tibia. b Volumenzufuhr über eine intraossäre Nadel. C-2.25 Die Zielklinik muss im Vorfeld möglichst genau über die Erkrankung und den Zustand des Notfallpatienten informiert werden. 2.4 Schockraummanagement n Definition C 2 Notfallmedizin C-2.25 Transport unter Reanimation Bei der Auswahl der Zielklinik sind das Erkrankungsmuster, zusätzliche Begleitumstände wie Hypothermie oder Verletzungen sowie auch die Transportzeit zu bedenken. Damit bereits alle erforderlichen Vorbereitungen zur optimalen Weiterversorgung des Patienten getroffen werden können, muss das vorgesehene Zielkrankenhaus im Vorfeld bereits möglichst genau informiert werden. 2.4 Schockraummanagement n Definition: Der Schockraum ist die Übergabeschnittstelle zwischen präklinischer und innerklinischer Versorgung von Notfallpatienten. Ausstattung: Nach Möglichkeit gibt es nur eine zentrale Anlaufstelle für alle Notfallpatienten. Idealerweise stehen hier Fachärzte aller beteiligten klinischen Fächer zur Verfügung. Für eine möglichst rasche Diagnosestellung sollten darüber hinaus alle Möglichkeiten der bildgebenden Diagnostik und Labordiagnostik sowie zur Bereitstellung von Blutprodukten verfügbar sein. Ausstattung: Idealerweise gibt es nur eine zentrale Anlaufstelle für alle Notfallpatienten unabhängig von ihrem Erkrankungs- oder Verletzungsbild. In einer gut organisierten zentralen Notaufnahme besteht das ärztliche Personal optimalerweise aus Fachärzten der jeweils beteiligten Fachabteilungen. Dies sind bei rein internistischen Notfällen wie dem akuten Koronarsyndrom oder der Herzinsuffizienz mit Lungenödem primär die Internisten. Bei traumatisierten Notfallpatienten sind Anästhesisten, Unfallchirurgen, Neurochirurgen, Allgemeinchirurgen und je nach Unfallart auch Spezialisten aus der Augenklinik, Hals-Nasen-Ohren-Klinik, der Urologie oder der Gynäkologie erforderlich. Aufgrund des hohen Stellenwertes der bildgebenden Diagnostik sind je nach Klinikaufteilung auch Radiologen zur Durchführung von Computertomographien (CT) oder der Erhebung von Sonographiebefunden an der Versorgung beteiligt. Insgesamt stehen für die Patientenversorgung im Schockraum sowohl mehr Personal unterschiedlicher Fachdisziplinen als auch umfangreichere technische Diagnose- und Therapiemöglichkeiten im Vergleich zur Präklinik zur Verfügung. Dieses sind neben der schon erwähnten Bildgebung (Röntgen, Sono, CT, Kernspintomographie) auch Labordiagnostik sowie die Möglichkeit der Bereitstellung von Blutkonserven und weiteren Blutprodukten. Ziele: Die präklinische Diagnostik und Therapie wird fortgesetzt und vervollständigt. Dabei ist eine möglichst lückenlose Informationsweitergabe an alle beteiligten Personen von entscheidender Bedeutung. Ziele: Im Rahmen des Schockraummanagements gilt es, eine bereits präklinisch begonnene Diagnostik und Therapie fortzusetzen und zu vervollständigen. Hierbei kommt der Übergabe der wichtigen Patientendaten, von Befunden und bereits eingeleiteten Therapiemaßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Eine zukünftige komplexe Verzahnung der präklinischen mit der innerklinischen Notfallmedizin, das heißt, die gesamte Notfallversorgung aus einer Hand, kann entscheidend zur Vermeidung von Reibungsverlusten an der Über- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus J. Schulte am Esch u. a.: Duale Reihe - Anästhesie (ISBN 978-313-119083-3) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2007 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 638