2.3 Kardiopulmonale Reanimation

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2.3 Kardiopulmonale Reanimation
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
2.3
2.3.1 Grundlagen
2.3.1 Grundlagen
In Europa sind 40 % aller Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. Ca. 30 % aller Herzinfarktpatienten versterben noch vor Klinikaufnahme, das initiale EKG-Bild bei diesen Patienten zeigt entweder einen hyperdynamen Rhythmus ohne Auswurfleistung (Kammerflimmern/-flattern oder
eine pulslose ventrikuläre Tachykardie) oder einen hypodynamen Rhythmus
(Asystolie, Elektromechanische Entkopplung [EMD]).
Die Ursache eines Kreislaufstillstands bestimmt zum Teil auch die erforderlichen Maßnahmen:
kardiovaskuläre Insuffizienz, z. B. akutes Koronarsyndrom
respiratorische Insuffizienz, z. B. Aspiration
traumatologischer Notfall, z. B. Thoraxtrauma, SHT, hoher Blutverlust
andere, z. B. Unterkühlung, Vergiftungen, Stoffwechselstörungen.
Mögliche Ursachen eines
Kreislaufstillstands:
kardiovaskuläre Insuffizienz
respiratorische Insuffizienz
traumatologischer Notfall
andere, z. B. Unterkühlung,
Vergiftungen, Stoffwechselstörungen.
Einteilung aufgrund der initialen EKG-Analyse:
Hyperdynamer Kreislaufstillstand: Hierzu zählen schnelle, unregelmäßige
Herzaktionen wie Kammerflimmern, Kammerflattern ohne Auswurfleistung
oder schnelle und regelmäßige Rhythmen ohne Auswurfleistung wie eine
pulslose ventrikuläre Tachykardie.
Hypodynamer Kreislaufstillstand: Hierzu zählen langsame oder nicht mehr
vorhandene Herzaktionen ohne Auswurfleistung wie elektromechanische
Entkopplung oder Asystolie.
Einteilung aufgrund EKG-Analyse:
Hyperdynamer Kreislaufstillstand:
z. B. Kammerflimmern/-flattern.
Hypodynamer Kreislaufstillstand:
z. B. EMD, Asystolie.
Einteilung aufgrund der Ursache:
Primärer Kreislaufstillstand: Akutes Sistieren der Herz-Kreislauftätigkeit, z. B.
bei Myokardischämie oder -infarkt auf der Grundlage einer KHK. Geht in der
Anfangsphase häufig mit hyperdynamen EKG-Bildern einher.
Sekundärer Kreislaufstillstand: Meist Folge eines länger andauernden Sauerstoffmangels am Herzen, welcher durch Hypoxämie (Ersticken) oder Ischämie bei großen Blutverlusten oder Verlust des Gefäßwiderstandes verursacht sein kann.
Einteilung aufgrund der Ursache:
Primärer Kreislaufstillstand:
akutes Sistieren der Herz-Kreislauftätigkeit, z. B. Myokardinfarkt.
Sekundärer Kreislaufstillstand:
meist Folge von Hypoxämie/Ischämie,
z. B. bei großen Blutverlusten.
Folgen eines Kreislaufstillstandes: Wenn kein Eigenkreislauf des Patienten wiederhergestellt werden kann, kommt es zum multiplen Organversagen. Dabei
weisen die Organe mit langsamem Stoffwechsel wie Fettgewebe und Knochen,
eine deutlich höhere Toleranz gegenüber einer Hypoxie auf als stoffwechselaktive Organe wie Gehirn, Herz, Leber oder Niere. In den ersten Sekunden
nach Ausfall der Herz-Kreislauffunktion wird der sich im Blut befindliche Sauerstoff ausgenutzt. Nach ca. 10–15 Sekunden endet dieses freie Intervall und
geht entsprechend der je nach Organ unterschiedlichen Wiederbelebungszeit
in einen irreversiblen Ausfall der jeweiligen Organfunktion über. Die Wiederbelebungszeit ist biochemisch durch die anaerobe Glykolyse bestimmt. Kann
innerhalb der organspezifischen Wiederbelebungszeit von ca. 5 Minuten für
das Gehirn oder ca. 15 Minuten für das Herz ein ausreichender Kreislauf aufgebaut werden, können prinzipiell irreversible Schäden vermieden werden.
Die Wiederbelebungszeit unterliegt verschiedenen individuellen Faktoren
wie Alter, Vorerkrankungen und auch externen Bedingungen, wie z. B. der
Umgebungstemperatur.
Folgen eines Kreislaufstillstandes: Ausnutzen des Blutsauerstoffs (freies Intervall)
p Wiederbelebungszeit p irreversibler
Ausfall/Organversagen.
Die Wiederbelebungszeit ist organspezifisch unterschiedlich, sie liegt z. B. bei
5 Minuten für das Gehirn und bei
15 Minuten für das Herz. Wichtige Einflussfaktoren sind Alter, Vorerkrankungen
und Umgebungstemperatur.
2.3.2 Diagnose des Kreislaufstillstandes
2.3.2 Diagnose des Kreislaufstillstandes
Die Diagnose eines Kreislaufstillstandes erfolgt nach Kontrolle der Vitalfunktionen Bewusstsein und Atemtätigkeit. Ein Kreislaufstillstand führt ca. 10–15
Sekunden nach Aussetzen der Herztätigkeit zur Bewusstlosigkeit und nach
60–120 Sekunden zur Pupillenerweiterung. Schnappende Atembewegungen
bei fehlendem Puls sind kein Zeichen für eine ausreichende Atmung, sondern
Das zentrale Kriterium des Kreislaufstillstandes ist die Pulslosigkeit. Da die sichere
Pulskontrolle jedoch auch für den professionellen Helfer häufig ein Problem
darstellt, reicht für die Entscheidung zur
Wiederbelebung auch aus, wenn der
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Kardiopulmonale Reanimation
618
C 2 Notfallmedizin
Patient auf Ansprache nicht reagiert, sich
nicht bewegt und nicht normal atmet.
als finale Schnappatmung bei bereits eingetretenem Kreislaufstillstand zu werten. Ein kompletter Atemstillstand kann 10–30 Sekunden nach Kreislaufstillstand einsetzen. Begleitend kann es, je nach Ursache, zu einer Zyanose kommen. Da Atmungsmuster, Pupillenreaktion und Zyanose verschiedene andere
Ursachen unabhängig vom Kreislaufstillstand haben können, ist das zentrale
Kriterium des Kreislaufstillstandes die Pulslosigkeit. Da die sichere Pulskontrolle jedoch auch für den professionellen Helfer häufig ein Problem darstellt,
reicht für die Entscheidung zur Wiederbelebung auch aus, wenn der Patient
auf Ansprache nicht reagiert, sich nicht bewegt und nicht normal atmet.
Die Pulskontrolle erfolgt in der Regel
einseitig an der A. carotis (Abb. C-2.10).
Im weiteren Verlauf wird zwischen Basisund erweiterten Maßnahmen unterschieden. Wichtig ist eine möglichst frühzeitige
EKG-Ableitung, um ggf. eine Defibrillation
durchführen zu können.
n Merke
n Merke: Für die Diagnose eines Kreislaufstillstandes stehen dem Helfer
maximal 30 Sekunden zur Verfügung. Reagiert der Patient nicht auf Ansprache, bewegt er sich nicht und sind keine Anzeichen für eine ausreichende
Atmung vorhanden, soll umgehend mit der Wiederbelebung begonnen
werden.
Der professionelle Helfer kann die Pulskontrolle parallel zur weiteren Suche
nach Lebenszeichen durchführen, sollte hierfür jedoch nicht länger als 10
Sekunden benötigen.
Die Pulskontrolle erfolgt in der Regel einseitig an der zwischen Schildknorpel
und medialem Rand des M. sternocleidomastoidus verlaufenden A. carotis.
Der tastende Finger gleitet vom Schildknorpel kommend nach lateral-kaudal
(Abb. C-2.10).
Im weiteren Verlauf wird zwischen Basis- und erweiterten Maßnahmen unterschieden. Wichtiges Ziel muss es sein, innerhalb kürzester Zeit eine erweiterte
Diagnostik mittels EKG-Ableitung zu ermöglichen, da bei hyperdynamem
Kreislaufstillstand die frühe Defibrillation als kausale Therapie ein verbessertes
Outcome ermöglicht.
Deshalb steht der Notruf bei Patienten mit Kreislaufstillstand, die älter als 5
Jahre alt sind im Vordergrund – auch unter kurzfristiger Vernachlässigung
der Basismaßnahmen.
n Merke: PHONE FIRST (zuerst Hilfe holen)
Stehen mehrere Helfer zur Verfügung, beginnt eine Person mit den Basismaßnahmen, eine weitere Person organisiert zusätzliche Hilfe in Form von Material
und/oder Personal.
C-2.10
C-2.10
Pulskontrolle der A. carotis
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n Merke
619
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
2.3.3 Therapie des Kreislaufstillstandes
2.3.3 Therapie des Kreislaufstillstandes
Grundlagen
Grundlagen
Basismaßnahmen (BLS: Basic Life Support) einer Reanimation (kann vereinfacht als ACBE-Schema bezeichnet werden):
Atemwege freimachen und freihalten,
Circulation wiederherstellen (Herzdruckmassage),
Beatmung
und, wenn vorhanden: Elektrotherapie in Form der Früh-Defibrillation mit
Hilfe eines AED (automatischer externer Defibrillator).
Basismaßnahmen:
Atemwege freimachen
Circulation (Herzdruckmassage)
Beatmung
ggf. Elektrotherapie
(Früh-Defibrillation).
Erweiterte Maßnahmen (ACLS: Advanced Cardiac Life Support):
EKG-Diagnostik und ggf. Defibrillation
Sicherung der Atemwege
Medikamentengabe (Drugs).
Erweiterte Maßnahmen:
EKG, ggf. Defibrillation
Sicherung der Atemwege
Medikamentengabe.
Deshalb beginnen die Basismaßnahmen mit 30 Thoraxkompressionen, gefolgt
von 2 Beatmungen (30 Q 2).
Bis zur Einsatzbereitschaft eines Defibrillators werden die Basismaßnahmen
der Reanimation durchgeführt. Ist der Eintrittszeitpunkt des Kreislaufstillstandes unbekannt oder sind mehr als 5 Minuten vergangen, sollten vor der Defibrillation für 2 Minuten Basismaßnahmen durchgeführt werden (5 Zyklen à 30
Thoraxkompressionen Q 2 Beatmungen). Bei beobachtetem oder innerklinischem Kreislaufstillstand erfolgt die Defibrillation frühestmöglich.
n Merke: Die beiden zentralen Faktoren einer erfolgreichen Reanimation
sind frühest- und bestmögliche ausreichende Basisreanimationsmaßnahmen
sowie bei entsprechender Indikation die Defibrillation.
m Merke
Die Basismaßnahmen beginnen mit
30 Thoraxkompressionen, gefolgt von
2 Beatmungen (30 Q 2).
m Merke
2.3.4 Herzdruckmassage
2.3.4 Herzdruckmassage
Prinzip: Mit Aussetzen der Herzfunktion sistiert die Blutzirkulation, und die
Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff kommt zum Erliegen. Durch eine korrekt durchgeführte extrathorakale rhythmische Kompression des Herzens zwischen Sternum und Wirbelsäule sowie die resultierenden Druckveränderungen
kann ein Minimalkreislauf mit systolischen Blutdruckwerten um 100 mmHg
erreicht werden. Aufgrund des verminderten Gefäßwiderstandes beträgt der
diastolische Blutdruck unter Reanimation jedoch selten mehr als ca.
10–20 mmHg. Hieraus ergibt sich ein mittlerer arterieller Druck von max.
30–50 mmHg mit einem stark verminderten Herzzeitvolumen von 1–2 l/min.
Prinzip: Durch eine korrekt durchgeführte
extrathorakale rhythmische Kompression
des Herzens kann ein Minimalkreislauf mit
systolischen Blutdruckwerten um
100 mmHg erreicht werden. Insgesamt ist
ein mittlerer arterieller Druck von max.
30–50 mmHg mit einem stark verminderten Herzzeitvolumen von 1–2 l/min
möglich.
Vorbereitung des Patienten
Vorbereitung des Patienten
Lagerung: Eine effektive Kompression des Herzens erfordert, dass der Patient
auf dem Rücken liegend auf eine harte Unterlage gelagert wird. Bei im Bett
liegenden Patienten wird entweder eine harte Unterlage (im Krankenhaus
z. B. das Kopfteil des Bettes) unter den Rücken oder aber der Patient aus dem
Bett heraus auf den Boden gelegt. Außerdem muss genügend Platz für das
Rettungsteam und die Geräte um den Patienten herum geschaffen werden.
Der Untergrund darf wegen der meist erforderlichen Strombehandlung nicht
leitend bzw. nass sein.
Lagerung: Der Patient muss auf einer
harten Unterlage gelagert sein, der
Untergrund muss trocken und darf nicht
leitend sein.
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n Merke:
– Das frühzeitige Erkennen eines hyperdynamen Kreislaufstillstandes und
seine kausale Therapie mittels Defibrillation ist von großer Bedeutung,
darf aber keinesfalls zu einer Verzögerung der entscheidenden Basismaßnahmen führen.
– Nach den aktuellen Richtlinien (2005) hat der frühestmögliche Beginn
der Herzdruckmassage mit möglichst wenigen Unterbrechungen den
höchsten Stellenwert für ein erfolgreiches Outcome.
620
Extrathorakale Herzdruckmassage
a Der Kompressionspunkt für die extrathorakale Herzdruckmassage ist die Sternummitte. Der Handballen wird auf den
ermittelten Druckpunkt aufgesetzt.
b Der Handballen der 2. Hand wird auf den Handrücken der 1. Hand aufgesetzt. Beide Arme werden im Ellenbogengelenk
gestreckt, der Oberkörper befindet sich direkt über der Brust des Patienten.
c In der Kompressionsphase wird das Sternum zügig ca. 3–5 cm senkrecht in Richtung auf die Wirbelsäule komprimiert.
In der Dekompressionsphase dehnt sich der Thorax des Patienten selbständig wieder aus. Die Hände bleiben in Kontakt mit
der Haut des Patienten. Die Kompressionsfrequenz beträgt 100/min, die Druck- und Entlastungsphase sind gleich lang.
Position des Helfers: Neben dem Patienten.
Druckpunkt: Sternummitte.
Position des Helfers: Der Helfer kniet neben dem Patienten.
Druckpunkt: Die Kompression wird zentral auf die Sternummitte ausgeübt. Zur
Auffindung des Druckpunktes wird mit einem Finger das Xyphoid markiert.
Ausgangsposition (Abb. C-2.11):
Handballen auf Druckpunkt und Finger
ausstrecken
andere Hand auf das Gelenk der ersten
Hand aufsetzen, Finger ebenfalls
strecken
Arme durchstrecken, sie stehen senkrecht über dem Brustbein.
Ausgangsposition zur Herzdruckmassage (Abb. C-2.11):
Handballen auf den ermittelten Druckpunkt aufsetzen.
Finger dieser Hand nach oben strecken.
Die andere Hand mit dem Handballen auf das Gelenk der ersten Hand aufsetzen. Die Finger sind ebenfalls nach oben gestreckt.
Die Arme in den Ellenbogengelenken strecken. Die durchgestreckten Arme
des Helfers stehen nun senkrecht über dem Brustbein.
Die Herzdruckmassage erfordert u. U. einen hohen Kraftaufwand, der über
einen längeren Zeitraum nicht alleine durch die Oberarmmuskeln aufgebracht
werden kann; daher sind die Gewichtsverlagerung des eigenen Körpers und die
Druckausübung über die gestreckten Arme besonders wichtig.
n Merke
Eigentliche Herzdruckmassage: Druckausübung senkrecht nach unten mit einer
Frequenz von 100/min, Druck- und
Entlastungsphase im Verhältnis 1 : 1.
Bei Erwachsenen sollte eine Kompressionstiefe von 3–5 cm erreicht werden.
Zum Vorgehen bei Kindern s.S. 634.
n Merke: Eine effektive Herzdruckmassage ist für den Helfer körperlich sehr
anstrengend. Daher sollte im Abstand von 2–4 min ein Wechsel des entsprechenden Helfers vorgenommen werden, um eine ausreichende Kompression
und damit Auswurfleistung zu erreichen.
Eigentliche Herzdruckmassage: Die Druckausübung muss senkrecht nach
unten erfolgen, das vermeidet Scherkräfte mit konsekutiven knöchernen
Thoraxverletzungen. Die erforderliche Frequenz liegt bei 100/min, wobei die
Druck- und Entlastungsphase gleich lang sind.
Bei Erwachsenen ist eine Kompressionstiefe von 3–5 cm erforderlich, wobei auf
die Kompression eine vollständige Entlastung des Thorax bei weiterhin aufliegenden Händen erfolgt. Diese vollständige Entlastung sichert die Diastole des
Herzens, wodurch zum einen eine Füllung der Ventrikel ermöglicht wird und
zum anderen die Koronargefäße durchblutet werden.
Zum Vorgehen bei Kindern und Säuglingen s.S. 634.
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C-2.11
C 2 Notfallmedizin
621
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
Komplikationen:
Rippen-, Sternumfrakturen
Pneumo-, Hämatothorax
Verletzung abdomineller Organe
Trachea-, Lungen-, Zwerchfellruptur
Verletzung des Herzens
Regurgitation, Aspiration.
Ein-/Zwei-Helfer-Methode
Ein-/Zwei-Helfer-Methode
Nach den aktuellen Richtlinien ist der Ablauf unabhängig davon, wie viele Helfer an der Versorgung des Patienten beteiligt sind. Entweder ein Helfer führt
die Maßnahmen Kompression und Beatmung alleine durch oder es erfolgt
die Aufteilung auf 2 Personen. Auch bei Anwesenheit von 2 Helfern kann
eine Durchführung in Ein-Helfer-Methode zu Beginn der Reanimation durchaus sinnvoll sein, um dem zweiten Helfer die Organisation und den Anschluss
des kombinierten EKG/Defibrillators zu ermöglichen (Abb. C-2.12).
Die Anordnung des Teams sollte klar gegliedert und ergonomisch sein:
3er-Team: Eine Person am Kopf als Leiter der CPR, eine Person am Defibrillator mit der Alternativaufgabe Herzdruckmassage, eine Person am Koffer
mit der Hauptaufgabe, Material und Medikamente anzureichen und direkt
dem Teamleiter zu assistieren.
2er-Team: Hier entfällt der zusätzliche Helfer an der Seite.
Die Herzdruckmassage wird nach den aktuell gültigen internationalen Richtlinien jeweils nach 30 Kompressionen für 2 Beatmungen unterbrochen. Bei
der Beatmung durch den ungeschützten Atemweg gelten die auf S. 610
genannten Hinweise.
Der Ablauf der Reanimation ist unabhängig davon, wie viele Helfer an der Versorgung des Patienten beteiligt sind. Entweder ein Helfer führt die Maßnahmen
Kompression und Beatmung alleine
durch oder es erfolgt die Aufteilung auf
2 Personen.
m Merke
n Merke:
30 Kompressionen Q 2 Beatmungen
Frequenz 100/min
Belastung/Entlastung 1 Q 1
C-2.12
Ein-/Zwei-Helfer-Methode
2x
C-2.12
30 x
Sowohl bei der Ein- als auch bei der Zwei-Helfer-Methode wird die Herzdruckmassage
jeweils nach 30 Kompressionen für 2 Beatmungen unterbrochen.
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Komplikationen: Auch eine korrekt durchgeführte Herzdruckmassage kann zu
Verletzungen beim Patienten führen. Am häufigsten sind hierbei
Rippen- und Sternumfrakturen
Pneumothorax
Hämatothorax
Verletzung abdomineller Organe wie Leber, Magen oder Milz
Ruptur von Trachea, Lunge oder Zwerchfell
direkte Verletzungen des Herzens
Regurgitation und Aspiration beim ungeschützten Atemweg.
622
C 2 Notfallmedizin
Kriterien zur Erfolgskontrolle
Kriterien zur Erfolgskontrolle
n Merke
2.3.5 EKG-Diagnostik und
weiteres Vorgehen
Thoraxbewegungen bei Inspiration während der Beatmung
tastbarer Puls an der A. carotis oder A. femoralis während der Thoraxkompression
zunehmend rosigere Hautfarbe
eventuell Verengung der Pupillen (cave: Nach Adrenalingabe kommt es zu
einer Mydriasis).
n Merke: Für die Beurteilung dieser Kriterien werden die Basis-Reanimationsmaßnahmen nicht mehr unterbrochen, sondern bis zum Anschluss des
EKG/Defibrillators oder bis zum Einsetzen eines Spontankreislaufs mit oder
ohne Eigenatmung des Patienten fortgesetzt.
2.3.5 EKG-Diagnostik und weiteres Vorgehen
EKG-Diagnostik
EKG-Diagnostik
Ein hyperdynamer Kreislaufstillstand sollte
wegen der Therapieoption Defibrillation so
früh wie möglich festgestellt werden; es
gibt 2 Möglichkeiten der EKG-Analyse:
manuell durch den Helfer
automatisch durch externe
Defibrillatoren (AED, s. Abb. C-2.13).
Das Erkennen eines hyperdynamen Kreislaufstillstandes sowie die Elektroschocktherapie mittels Defibrillation sind aufgrund der zeitkritischen Situation
von großer Bedeutung. Hierfür sind grundsätzlich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen denkbar:
Manuelle EKG-Diagnostik/-Beurteilung durch den Helfer.
Automatische EKG-Analyse durch externe Defibrillatoren (AED, Abb. C-2.13).
AED analysieren selbstständig das EKG und differenzieren in die Gruppen
hyperdynam/defibrillationspflichtig und hypodynam/nicht defibrillationswürdig. Bei einigen dieser Geräte wird das EKG-Bild nicht angezeigt, sondern
dem Helfer nur eine Aufforderung zur Fortsetzung der Herzdruckmassage
oder zum Auslösen des Schocks gegeben.
Die EKG-Ableitung erfolgt vorrangig durch eine 1-Kanal-Erfassung direkt durch
2 großflächige Klebeelektroden, die zusätzlich auch direkt zur Defibrillation
oder Stimulation eingesetzt werden können (Abb. C-2.14), im Ausnahmefall
mittels einer 3-Punkt-Ableitung. Neben der Erstdiagnostik wird durch die permanente Kabelverbindung auch eine Beurteilung des EKG-Bildes während der
Maßnahmen möglich. Eine Ableitung mittels Aufpressen von DefibrillatorPaddles kann mit Störungen verbunden sein und stellt nur eine Alternative
zur Ableitung und Defibrillation dar.
C-2.13
C-2.13
EKG-Ableitung mit AED und Klebeelektroden
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Thoraxbewegungen bei Inspiration
während der Beatmung
tastbarer Puls an A. carotis oder
A. femoralis während der
Thoraxkompression
zunehmend rosigere Hautfarbe
eventuell Verengung der Pupillen.
623
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
C-2.14
EKG-Ableitung: Anwendung
C-2.14
n Merke: Im Kreislaufstillstand ist die frühzeitige Differenzierung zwischen
defibrillierbaren und nicht defibrillierbaren Rhythmen entscheidend (siehe
hierzu Tab. C-2.3)!
C-2.3
Differenzierung zwischen defibrillierbaren und nicht defibrillierbaren
Rhythmen
defibrillierbar
Kammerflimmern (HF i 300/min,
Abb. C-2.16 a)
Kammerflattern (HF i 200/min)
pulslose Kammertachykardie
(Abb. C-2.16 b)
C-2.3
nicht defibrillierbar
Asystolie (Abb. C-2.18 a)
elektromechanische Entkopplung/
pulslose elektrische Aktivität
(Abb. C-2.18 b)
Eine EKG-Ableitung und -Beurteilung kann erschwert werden durch
Schlecht klebende EKG- oder Defibrillationselektroden: Unzureichend klebende Elektroden müssen ausgetauscht und ggf. der Thorax des Patienten
an den entsprechenden Stellen vorher rasiert werden.
Schrittmacheraktivität des Patienten: Ein aktiver aber im Kreislaufstillstand
unwirksamer interner Herzschrittmacher kann durch Auflegen eines Magneten ausgeschaltet werden (Abb. C-2.15).
Hochspannungsleitungen im direkten Umfeld.
Gerätedefekte.
C-2.15
m Merke
Magnetische Abschaltung eines Herzschrittmachers
Fehlermöglichleiten bei der
EKG-Ableitung:
schlecht klebende Elektroden
Schrittmacheraktivität bei Patienten mit
Schrittmacher
Hochspannungsleitungen
Gerätedefekte.
C-2.15
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Die EKG-Ableitung
erfolgt mittels
zweier großflächiger
Klebeelektroden.
624
C 2 Notfallmedizin
C-2.16
C-2.16
Kammerflimmern und pulslose Kammertachykardie
a
a Kammerflimmern: Bei dieser Herzfrequenz von i 300/min kommt es zu keiner
messbaren Auswurfleistung des Herzens mehr und damit zum Kreislaufstillstand.
Kammerflimmern ist das häufigste EKG-Bild direkt nach Eintritt eines Kreislaufstillstandes. Als Ursache kommen eine Myokardischämie im Rahmen eines Herzinfarktes, maligne Herzrhythmusstörungen, Hypoxämien oder Elektrolytentgleisungen vor.
b Pulslose Kammertachykardie: Sie gehört ebenfalls zu den hyperdynamen und
somit defibrillationspflichtigen EKG-Rhythmen, hier führt ein pathologischer
Schrittmacher auf Ventrikelebene zum Kreislaufstillstand. Eine Auswurfleistung ist
bei Frequenzen von über 200/min und somit nicht ausreichender Diastole ebenfalls
nicht mehr vorhanden.
Hyperdynamer Kreislaufstillstand –
Defibrillation
n Merke
Hyperdynamer Kreislaufstillstand – Defibrillation
n Merke: Kammerflimmern, Kammerflattern und pulslose ventrikuläre
Tachykardien müssen elektrisch defibrilliert werden – die externe elektrische Defibrillation stellt bei hyperdynamem Kreislaufstillstand die kausale
Therapie dar und muss so frühzeitig wie möglich durchgeführt werden!
Aufgrund der negativen Sauerstoffbilanz und des hohen Energieverbrauchs des
Herzens bei hyperdynamem Kreislaufstillstand verringert sich die Wahrscheinlichkeit, ein Kammerflimmern oder -flattern noch vorzufinden, pro Minute um
ca. 10 %. Erfolgt eine EKG-Analyse 8 min nach Eintritt des Kreislaufstillstands,
beträgt der Anteil des prognostisch günstigeren Kammerflimmerns/-flatterns
nur noch ca. 20 %.
Erklärungsansätze für eine erfolgreiche
Defibrillation:
Überführung einer kritischen Myokardmasse in den Refraktärzustand
Zeitgewinn für den Sinusknoten zur
Initiierung einer regelhaften Erregungsbildung und Weiterleitung
Verlängerung der Refraktärzeit von
Zellen des Arbeitsmyokards.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Defibrillation: Möglichst frühzeitige
Durchführung, ausreichende Sauerstoffversorgung des Myokards, möglichst ausgeglichener Elektrolyt- und Säure-Basenhaushalt.
Erklärungsansätze für eine erfolgreiche Defibrillation:
synchrone Überführung einer kritischen Myokardmasse in den Refraktärzustand
Zeitgewinn für den Sinusknoten zur Initiierung einer regelhaften Erregungsbildung und Weiterleitung
Verlängerung der Refraktärzeit von Zellen des Arbeitsmyokards.
Unterschiedliche Energieformen:
Biphasische Energieformen: Durch
Spannungswechsel in den Paddles werden Stromstöße in zwei Richtungen
abgegeben. Insgesamt sind niedrigere
Energien notwendig als bei monophasischen Geräten (s. u.), was für den
Patienten schonender ist.
Startenergie: 150 J
Unterschiedliche Energieformen: Bei der Angabe der Energiestufen zur Defibrillation muss die Form und Art des Elektroschocks beachtet werden.
Biphasische Energieformen: Die Mehrzahl der modernen Defibrillatoren
arbeitet nach diesem Prinzip, eine signifikante Verbesserung des Erfolgs gegenüber der monophasischen Energieform (s. u.) ist für alle biphasischen
Wellenformen erwiesen. Biphasisch bedeutet, dass nicht nur ein Stromstoß
abgegeben wird, sondern dass durch Spannungswechsel an den Paddles
auch Stromstöße in umgekehrter Richtung abgegeben werden können. Da
Voraussetzung für eine erfolgreiche Defibrillation ist neben dem frühen Zeitpunkt auch eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Myokards, welche
unter Umständen erst durch externe Herzdruckmassage und Beatmung aufgebaut werden muss. Ebenso sind ein möglichst ausgeglichener Elektrolytund Säure-Basen-Haushalt notwendig.
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b
bei dieser Methode mit geringeren Energien gearbeitet werden kann, ist die
biphasische Defibrillation für den Patienten schonender.
Bei dieser Form der Energieabgabe kann in eine hochenergetische und eine
niedrigenergetische Form unterschieden werden, wobei sich bisher keine
der unterschiedlichen biphasischen Wellenformen als letztendlich überlegen
herausgestellt hat.
Bei den biphasischen Geräten ist meist eine automatische Energievorwahl
integriert. Aufgrund der zahlreichen Wellen- und Energieformen sind aktuell
keine einheitlichen Joule-Empfehlungen wie bei der monophasischen Defibrillation (s. u.) möglich. Die Empfehlungen beschreiben daher einen Bereich
von 150–200 (–360) Joule bei der biphasischen Defibrillation. Die aktuellen
Richtlinien geben 150 J als Idealenergie für den ersten Schock bei ausgewählten Wellenformen an. Wenn der Hersteller des Gerätes keine Angaben zur
optimalen Energie auf dem Gerät ausweist, ist für den ersten Schock die
Energiestufe von 200 J zu wählen. Für die nachfolgenden Energieschocks
werden keine einheitlichen Empfehlungen zur Energiesteigerung formuliert,
dieser aber auch nicht widersprochen.
Monophasische Energieformen: Sie wurden bis vor einigen Jahren in
Deutschland fast ausschließlich eingesetzt. Die Energiestufe zur monophasischen Defibrillation von Erwachsenen sollte initial und fortlaufend mit der
maximalen Leistung von 360 Joule gewählt werden.
Vorgehen: Der tatsächlich das Myokard treffende Strom ist direkt vom transthorakalen Widerstand (Impedanz) abhängig, der mit folgenden Maßnahmen
gesenkt werden kann:
Defibrillationselektroden möglichst weit voneinander entfernt positionieren:
Standardposition: 1. rechts parasternal unter dem Schlüsselbein, 2. links im
5. ICR in der mittleren Axillarlinie (Abb. C-2.17). Bei Defibrillation mit
Paddles Gel-Applikation zur Verminderung des Hautwiderstandes.
Hoher Aufpressdruck (ca. 11 kg) zur Verkleinerung des Thoraxdurchmessers.
Geeignete Energiestufe wählen: monophasisch 360 J, biphasisch 150/200 J.
Einmalige Schockabgabe („Single-Shot“).
n Merke: Die Defibrillation erfolgt als „Single-Shot“ mit der entsprechenden
Energiestufe: monophasisch 360 J, biphasisch 150/200 J!
C-2.17
a
Monophasische Energieformen:
Defibrillation initial und fortlaufend mit
360 Joule.
Vorgehen:
Defibrillationselektroden platzieren:
1. re parasternal, 2. li 5. ICR mittlere
Axillarlinie. Ggf. auf Paddles Gel
aufbringen.
Elektroden mit hohem Druck
aufpressen.
Energiestufe vorwählen.
Schockabgabe („Single-Shot“).
m Merke
Senkung der Impedanz
b
a Die 1. Klebeelektrode ist rechts parasternal unterhalb der Klavikula,
die 2. links im 5. ICR in der mittleren Axillarlinie positioniert.
b Entsprechend positionierte Paddles.
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625
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
626
C 2 Notfallmedizin
n Merke
n Merke: Bei feinem Kammerflimmern (niedrige Amplitude, hohe Frequenz)
wird im Zweifelsfall nicht defibrilliert.
n Merke
n Merke: Der die Defibrillation durchführende Helfer sowie alle anderen
Team-Mitglieder dürfen während der Defibrillation den Patienten nicht
berühren, um eine Überleitung der Energie auf den eigenen Körper zu verhindern. Der für den Patienten lebensnotwendige Elektroschock kann beim
regulär schlagenden Herzen des Helfers ebenfalls lebensbedrohliche Rhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern verursachen.
Der Defibrillierende hat sich vor Auslösen des Schocks durch einen Rundblick
davon zu überzeugen, dass sich niemand mehr in Patientennähe aufhält, insbesondere auch kein Angehöriger oder Umstehender. Auch das Berühren der
Trage oder des Bettes mit dem Körper oder z. B. dem Stethoskop muss unbedingt vermieden werden.
n Merke
C-2.4
n Merke: Bei der Defibrillation auf Gefahren durch direkten Patientenkontakt für alle Helfer achten! Als Warnung ruft der Defibrillierende die
Worte: „Achtung, alle weg vom Patienten, Schock!“
C-2.4
Ablaufschema „Defibrillation“
Herzdruckmassage und Beatmung bis zur Einsatzbereitschaft des Defibrillators
EKG-Ableitung im Regelfall über großflächige Klebeelektroden, bei NichtVerfügbarkeit über EKG-Elektroden oder Defibrillator-Paddles
manuelle EKG-Beurteilung oder – bei AED – Drücken der Analysetaste
Energie einstellen und laden
„Achtung, alle weg vom Patienten, Schock“ rufen!
Defibrillation ausführen
sofort Herzdruckmassage und Beatmung für 2 Minuten ohne vorherige Erfolgskontrolle fortsetzen
Analyse und ggf. erneute Defibrillation
Gefahren der Defibrillation:
Verbrennungen bei Anwendung ohne
Gel
Myokardverletzungen bei zu hoher
Energiewahl
Überführen in eine Asystolie
für den Helfer: akzidentelle
Eigendefibrillation, Verbrennung.
Gefahren der Defibrillation:
oberflächliche Verbrennungen am Patienten bei Benutzung von Defibrillationspaddles ohne Elektrodengel
Myokardverletzungen bei zu hoher Energiewahl (cave: diese Gefahr besteht
v. a. bei Kindern und „Leichtgewichtigen“)
Überführen eines Herzrhythmus mit Auswurfleistung oder von Kammerflimmern in eine Asystolie
für den Helfer: akzidentelle Eigendefibrillation, Verbrennung.
Vorgehen bei Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher/Defibrillator:
Platzierung der Klebeelektroden so weit
wie möglich von der Steuereinheit entfernt (i 15 cm).
Vorgehen bei Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher/Defibrillator:
Hier werden die Klebeelektroden so weit wie möglich (i 15 cm) von der
Schrittmachersteuereinheit entfernt platziert. Die Steuereinheit befindet sich
meist im Bereich des großen rechten Brustmuskels in der Nähe der Achsel
(Narbe) und ist durch die Haut tastbar. Eine Defibrillation in diesem Bereich
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Grundlegende Voraussetzung für die sichere Durchführung der manuellen
Defibrillation ist neben der regelmäßigen Wartung die genaue Kenntnis des
Gerätes.
Eine Asystolie kann von sehr feinem Kammerflimmern nur durch Erkennen
einer Nulllinie in zwei unterschiedlichen Ableitungen bei gesicherter maximaler Amplitudeneinstellung (Eichzacke) eindeutig unterschieden werden. Im
Zweifelsfall wird keine Defibrillation durchgeführt, da Kammerflimmern mit
niedriger Amplitude hierdurch eher nicht in einen Sinusrhythmus überführt
werden kann.
627
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
kann zum einen den Schrittmacher unbrauchbar machen, zum anderen Defibrillationsenergie verbrauchen, die sich dann punktuell entlang der Sonde
am Herzen entladen kann. Als alternative Elektrodenposition kann eine Elektrode über der Herzspitze, die zweite unterhalb des linken Schulterblattes
angebracht werden. Dies gilt ebenso für Patienten mit implantierten, vollautomatischen Defibrillatoren. Diese versetzen dem Patienten bei eintretendem Kammerflimmern mehrere Schocks, wobei geringere Energie als bei
externen Geräten abgegeben wird. Diese Schocks sind möglicherweise für
den Helfer fühlbar, aber ungefährlich. Eine externe Defibrillation kann –
unter den oben genannten Voraussetzungen – jederzeit durchgeführt werden.
Weitere Indikationen für
eine Defibrillation
Pulslose ventrikuläre Tachykardie: Hier sollte die R-Zacken gesteuerte Kardioversion zur Anwendung kommen. Moderne EKG-/Defibrillationsgeräte erkennen die pulslose ventrikuläre Tachykardie automatisch und geben die erforderliche Energie ca. 10 ms nach Erkennung der R-Zacke ab. Hierdurch wird ein
Stromstoß während der vulnerablen Phase des Herzens verhindert, der sonst
eine EKG-Veränderung in Richtung des ungeordneten Kammerflimmerns verursachen könnte. Bei älteren EKG/Defibrillationsgeräten muss der Anwender
hierfür eine mit „Synchronisation“ oder „Sync“ beschriftete Taste anwählen.
Bei der Kardioversion kommen primär niedrigere Energiestufen zum Einsatz.
Pulslose ventrikuläre Tachykardie: Nach
Möglichkeit R-Zacken gesteuerte Kardioversion, was bei modernen EKG-/Defibrillationsgeräten automatisiert möglich ist.
Therapiebedürftiges Vorhofflimmern und paroxysmale supraventrikuläre
Tachykardien: Hier wird mit 100 J (monophasisch) oder 70–120 J (biphasisch)
kardiovertiert und bei Erfolglosigkeit bis zur maximal möglichen Energiestufe
gesteigert.
Therapiebedürftiges Vorhofflimmern
und paroxysmale supraventrikuläre
Tachykardien: Kardioversion mit
Startenergie 100 J (monophasisch) oder
70–120 J (biphasisch).
Ventrikuläre Tachykardien mit
vorhandenem Puls: Kardioversion mit
Startenergie 200 J (monophasisch) bzw.
120–150 J (biphasisch).
Ventrikuläre Tachykardien mit vorhandenem Puls werden initial mit 200 J
(monophasisch) bzw. 120–150 J (biphasisch) kardiovertiert und bei Erfolglosigkeit ebenfalls schrittweise bis zur maximalen Energiestufe gesteigert.
n Merke: Die Devise „Strom vor Tubus – und vor Medikamenten!“ zeigt den
hohen Stellenwert der Defibrillation nach den Basismaßnahmen als kausale
Therapie bei hochfrequenter Herzaktion ohne Auswurfleistung.
m Merke
Hypodynamer Kreislaufstillstand
Hypodynamer Kreislaufstillstand
Bei den hypodynamen Kreislaufstillständen, die nicht defibrillationswürdig
sind, wird aufgrund des EKG-Befundes zwischen Asystolie und elektromechanischer Entkopplung unterschieden.
Differenziert werden Asystolie und
elektromechanische Entkopplung.
Asystolie: Dabei sind weder elektrische noch mechanische Herzaktionen vorhanden und es zeigt sich eine „Nulllinie“ im EKG (Abb. C-2.18). Bei Einsatz
eines AED erfolgt die Rückmeldung „Kein Schock empfohlen“. Um sicherzustellen, dass keine technischen Defekte eine Asystolie vortäuschen, ist die Überprüfung des Gerätes, besonders aller Kabelverbindungen sinnvoll.
Asystolie: Nulllinie im EKG, keine
mechanische Herzaktion (Abb. C-2.18).
C-2.18
Asystolie
C-2.18
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Weitere Indikationen für eine Defibrillation
n Merke
C 2 Notfallmedizin
n Merke: Die Reanimationsmaßnahmen bei Asystolie konzentrieren sich
neben der mechanischen Thoraxkompression und Beatmung auf den Einsatz
von Medikamenten wie Adrenalin und ggf. Atropin.
Elektromechanische Entkopplung (EMD):
Im EKG sind deformierte oder
normale Kammerkomplexe erkennbar,
aber ohne mechanische Antwort des
Myokards!
Mögliche Ursachen für eine EMD/PEA:
Hypoxämie, Hypovolämie, Hypothermie
Hyper-/Hypokaliämie
Herzbeuteltamponade
Intoxikationen
Thromboembolien
Spannungspneumothorax.
Elektromechanische Entkopplung (EMD) (Synonym: Elektromechanische Dissoziation, pulslose elektrische Aktivität [PEA]): Hier sind im EKG deformierte
oder normale Kammerkomplexe erkennbar, die jedoch ohne eine mechanische
Antwort des Myokards und somit ohne Auswurfleistung bleiben.
Therapie, Vorgehen: Nach Möglichkeit
sollte die auslösende Ursache behoben
werden; symptomatisch neben mechanischer Thoraxkompression und Beatmung
Einsatz von Medikamenten wie Adrenalin.
Therapie, Vorgehen: Die Reanimationsmaßnahmen bei EMD/PEA konzentrieren sich zum einen auf eine mögliche Behebung der auslösenden Ursache
sowie neben der mechanischen Thoraxkompression und Beatmung auch auf
den Einsatz von Medikamenten wie Adrenalin. Zur Bekämpfung der Ursachen
kann daher eine Therapie mit Gegengiften (Antidoten), eine Erwärmung, ein
Ausgleich der Elektrolytsituation, eine Lysetherapie oder auch die Anlage
einer Thoraxdrainage notwendig werden.
n Merke
Den Algorithmus der kardiopulmonalen
Reanimation bei Erwachsenen zeigt
Abb. C-2.19.
2.3.6 Medikamentöse Therapie des
Kreislaufstillstandes
Mögliche Ursachen für eine EMD/PEA:
Hypoxämie, Hypovolämie, Hypothermie
Hyper-/Hypokaliämie
Herzbeuteltamponade
Intoxikationen
Thromboembolien
Spannungspneumothorax.
n Merke: Bei hypodynamen Kreislaufstillständen ist die Prognose der
Patienten deutlich schlechter als bei hyperdynamen Kreislaufstillständen.
Den Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation bei Erwachsenen zeigt
Abb. C-2.19.
2.3.6 Medikamentöse Therapie des Kreislaufstillstandes
Neben den Basisreanimationsmaßnahmen und der Elektrotherapie hat auch
die medikamentöse Therapie mit unterschiedlichen Substanzen einen Anteil
am Reanimationserfolg. Sowohl für seit Jahrzehnten etablierte als auch für
neue Medikamente ist die Studienlage zum Teil unbefriedigend und die Wirksamkeit der Substanzen nicht eindeutig wissenschaftlich verifiziert.
Zugangswege, Applikation
Zugangswege, Applikation
Primäres Ziel für die Medikamentenapplikation ist ein periphervenöser
Zugang. Die Punktion von zentralvenösen
Gefäßen ist zu zeitaufwendig und in der
Notfallsituation mit weiteren Risiken
(Pneumothorax) belastet und bleibt somit
nur begründeten Ausnahmefällen vorbehalten.
Die intraossäre Applikation gilt nach den
aktuellen internationalen Richtlinien auch
bei Erwachsenen als die erste Alternative.
Bei endobronchialer Applikation sind
Verteilung und Wirkdauer nicht kalkulierbar, deshalb sollte dieser Weg lediglich
Alternative der 2. Wahl sein.
Primäres Ziel für die Medikamentenapplikation ist ein venöser Zugang. Dieser
kann sowohl peripher (z. B. in der Ellenbeuge) als auch in der V. jugularis
externa angelegt werden. Die Punktion von zentralvenösen Gefäßen ist zu zeitaufwendig und in der Notfallsituation mit weiteren Risiken (Pneumothorax)
belastet und bleibt somit nur Ausnahmefällen vorbehalten, in denen es nicht
gelingt, einen periphervenösen Zugang zu legen.
Die intraossäre Applikation ist auch bei Erwachsenen die erste Alternative.
Stehen weder intravenöse noch intraossäre Zugangswege zur Verfügung, können ausgewählte Medikamente wie Adrenalin und Atropin im Rahmen einer
Reanimation auch endobronchial verabreicht werden (Abb. C-2.20), was aufgrund von unkalkulierbarer Verteilung und Wirkdauer lediglich als alternativer
Weg der zweiten Wahl gewählt werden sollte. Auch für die Kinderreanimation
(S. 634) gilt diese Reihenfolge: 1. intravenöser Zugang, 2. intraossärer Zugang,
3. endobronchiale Applikation.
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628
629
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
C-2.19
Kardiopulmonale Reanimation bei Erwachsenen
C-2.19
Patient reaktionslos
Atemwege öffnen
auf Lebenszeichen achten
Reanimationsteam rufen
Herzdruckmassage:
Beatmung 30 : 2
bis Defibrillator/Monitor
einsatzbereit ist
Kammerflimmern
oder pulslose
Kammertachykardie
1. Defibrillation
360 J monophasisch
150–200 J biphasisch
während der Reanimation:
• reversible Ursachen (s. u.)
erkennen und behandeln
• prüfen: Elektroden/Paddles
(Position?, Kontakt?)
• venösen Zugang legen
• Atemwege freimachen
(Intubation), Sauerstoff
• bei gesicherten Atemwegen
ununterbrochene Herzmassage
sofort weiterführen
kardiopulmonale
Reanimation 30 : 2
für 2 Minuten
Asystolie
oder pulslose
elektrische Aktivität
sofort weiterführen
Adrenalin
1 mg i. v. alle 3–5 Minuten
• Amiodaron:
300 mg i. v. nach 3. erfolgloser Defibrillation
• evtl. Magnesiumsulfat 1–2 g i. v.
kardiopulmonale
Reanimation 30 : 2
für 2 Minuten
• Atropin:
1–3 mg i. v.
• evtl. Schrittmacher transkutan
potenziell reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands
Hypovolämie
Herzbeuteltamponade
Intoxikation
Hypoxie, Azidose
Thrombose (koronar oder pulmonal)
Hypo-/Hyperkaliämie,
Spannungspneumothorax
metabolische Entgleisung
Hypothermie
C-2.20
Endobronchiale Applikation
C-2.20
Stehen weder intravenöse noch intraossäre Zugänge zur
Applikation zur Verfügung, können ausgewählte Reanimationsmedikamente
wie z. B. Adrenalin
oder Atropin auch
endobronchial verabreicht werden.
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Rhythmus?
630
C 2 Notfallmedizin
Medikamente zur Reanimation
Medikamente zur Reanimation
Adrenalin
Adrenalin
Wirkungen: Tab. C-2.5.
Wirkungen: Tab. C-2.5.
C-2.5
Wirkungen von Adrenalin
a-Rezeptoren
b-Rezeptoren
Die Stimulation von a-Rezeptoren
führt zu peripherer Vasokonstriktion
mit
Blutdruckerhöhung
Anstieg des zentralen
Blutvolumens
Verbesserung der koronaren und
zerebralen Perfusion.
Die Stimulation von b-Rezeptoren führt zur
Steigerung von
Herzfrequenz (positiv chronotrope
Wirkung)
Kontraktilität (positiv inotrope Wirkung)
Reizleitung (positiv dromotrope Wirkung)
Reizbildung (positiv bathmotrope
Wirkung).
Bei der Reanimation wird hauptsächlich die periphere Vasokonstriktion genutzt, die zu einer Verbesserung der koronaren und zerebralen Durchblutung
führt. Untersuchungen am Tiermodell weisen darauf hin, dass die a-adrenerge
Wirkung von Adrenalin die Effektivität der Defibrillation steigern kann. Nachdem die Stimulation der b-Rezeptoren zur Steigerung des myokardialen Sauerstoffbedarfs führt, muss diesem Effekt mit einer suffizienten Oxygenierung
begegnet werden.
Indikation: Jede Form des Kreislaufstillstandes im Rahmen der kardiopulmonalen
Reanimation.
n Merke
Indikation: Jede Form des Kreislaufstillstandes im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation. Wichtig ist, bei defibrillationswürdigen Rhythmen wie
Kammerflimmern/-flattern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie die im
Algorithmus empfohlene Reihenfolge der Maßnahmen mit einer erst nach
zwei erfolglosen Defibrillationen folgenden Adrenalinapplikation einzuhalten.
n Merke: Anwendung von Adrenalin bei Kammerflimmern erst nach der
zweiten erfolglosen Defibrillation.
Die pharmakologische Konvertierung eines defibrillationswürdigen Rhythmus
ist nicht möglich.
Weitere Indikationen für die Anwendung von Adrenalin sind Low-Output-Syndrom nach Reanimation, kardiogener Schock, atropinresistente Bradykardie,
anaphylaktischer Schock und schwerer Status asthmaticus.
Dosierung: 1 mg alle 3–5 min i. v. oder
intraossär.
Dosierung: Aktuell werden 1 mg alle 3–5 min i. v. oder intraossär empfohlen.
Höhere Dosierungen zeigten in mehreren Studien keine positiven Effekte und
werden daher aktuell nicht empfohlen.
Bei notwendiger endobronchialer (e. b.) Adrenalingabe (cave aufgrund der
nicht kalkulierbaren Verteilung und Wirkdauer sollte möglichst darauf verzichtet werden!) wird eine 2–3-fach höhere Dosierung (2–3 mg verdünnt auf
10 ml Aqua) als bei intravenöser Gabe empfohlen, da der Resorptionsgrad
des Medikaments über die Bronchialschleimhaut nicht zuverlässig einzuschätzen ist und Mengenverluste beim Passieren des Tubus und im Laufe der
Resorption über die Bronchialschleimhaut anzunehmen sind.
Amiodaron
Amiodaron
Antiarrhythmikum der Wahl.
Amiodaron (z. B. Cordarexr) ist in den aktuellen internationalen Empfehlungen
das Antiarrhythmikum der Wahl und hat Lidocain aufgrund der Studienlage in
diesem Anwendungsbereich abgelöst. Unabhängig hiervon liegen für kein Antiarrhythmikum Daten für eine verbesserte Krankenhausentlassungsrate nach
Herz-Kreislaufstillstand vor. Für Amiodaron liegen im Vergleich zu Lidocain
und Plazebo jedoch positive Daten für eine erhöhte Krankenhausaufnahmerate
vor.
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C-2.5
631
Wirkungen: Amiodaron verlängert die Dauer des Aktionspotenzials in der
Muskulatur von Vorhof und Kammer und verlängert somit das QT-Intervall.
Amiodaron kann bei intravenöser Gabe nicht kompetitive a-blockierende
und geringe negativ inotrope Effekte zeigen.
Wirkungen: Verlängerung der Aktionspotenzial-Dauer in der Muskulatur von
Vorhof und Kammer, damit Verlängerung
des QT-Intervalls.
Indikationen:
Defibrillationsrefraktäres Kammerflimmern/-flattern und pulslose ventrikuläre Tachykardie. Der Einsatz von Amiodaron sollte nach der dritten erfolglosen Defibrillation erfolgen.
Hämodynamisch stabile ventrikuläre Tachykardie in der Postreanimationsphase.
Indikationen:
Defibrillationsrefraktäres (nach 3
Schocks) Kammerflimmern/-flattern und
pulslose ventrikuläre Tachykardie
hämodynamisch stabile ventrikuläre
Tachykardie in der Postreanimationsphase.
Dosierung:
300 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose 5 % als Bolusgabe intravenös bei persistierendem Kammerflimmern/-flattern nach der dritten Defibrillation
150 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose 5 % über 10 min i. v. bei therapiepflichtigen Rhythmusstörungen nach erfolgreicher Reanimation oder bei persistierendem Kammerflimmern
900 mg Amiodaron über 24 h i. v. zur Rhythmusstabilisierung.
Dosierung:
300 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose
5 % als Bolus i. v. bei persistierendem
Kammerflimmern/-flattern nach der
3. Defibrillation
150 mg Amiodaron auf 20 ml Glukose
5 % über 10 min i. v. bei therapiepflichtigen Rhythmusstörungen nach
erfolgreicher Reanimation oder bei
persistierendem Kammerflimmern
900 mg Amiodaron über 24 h i. v. zur
Rhythmusstabilisierung.
Atropin
Atropin
Wirkung: Atropin wirkt über Verdrängung von Acetylcholin von muskarinartigen Rezeptoren als Parasympatholytikum.
Dies führt am Herzen zur
Steigerung der Herzfrequenz
Beschleunigung der AV-Überleitung.
Als unerwünschte Wirkungen treten auf:
Steigerung des myokardialen Sauerstoffbedarfs
Tachyarrhythmie
ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern (selten)
paradoxe Bradykardie bei Dosierung unter 0,5 mg (selten).
Wirkung: Parasympatholytikum.
Indikation: Symptomatische Bradykardie, vor allem Sinusbradykardie, Bradykardie bei AV-Block 1h und 2h (Typ Wenckebach), sowie als Therapieversuch
bei Asystolie/pulsloser elektrischer Aktivität in Verbindung mit Adrenalin.
Indikation: Symptomatische Bradykardie
(Sinusbradykardie, AV-Block 1h und 2h
[Typ Wenckebach]), Versuch bei Asystolie/pulslose elektrische Aktivität in Verbindung mit Adrenalin.
Dosierung:
3 mg i. v. während der Reanimation
0,5–1 mg alle 5 min i. v. bei symptomatischer Bradykardie.
Dosierung:
intravenös 3 mg im Rahmen der Reanimation
intravenös mit 0,5–1 mg alle 5 min bei symptomatischer Bradykardie.
Die Dosis von 3 mg Atropin bewirkt beim erwachsenen Patienten eine vollständige Vagolyse. Atropin kann beim AV-Block auf Ebene des His-Bündels
bzw. der Purkinje-Fasern (AV-Block IIh Typ Mobitz II/AV-Block IIIh) zu einer
paradoxen Verlangsamung der Herzfrequenz führen, daher sollte in diesen
Fällen ein externer Schrittmacher bevorzugt werden. Bei herztransplantierten
Patienten kann Atropin unwirksam sein, da im Rahmen der Operation vagale
Fasern beschädigt werden. Ein wissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit von Atropin im Rahmen der Reanimation liegt nicht vor, jedoch rechtfertigen positive Ereignisberichte ebenso wie die sicher auszuschließenden negativen Wirkungen beim Kreislaufstillstand den Einsatz in oben beschriebener
Form.
Natriumbikarbonat
Dadurch Steigerung der Herzfrequenz und
Beschleunigung der AV-Überleitung.
Unerwünschte Wirkungen: Steigerung
des myokardialen O2-Bedarfs, Tachyarrhythmie, ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern, paradoxe Bradykardie bei
Dosierung I 0,5 mg.
Natriumbikarbonat
Dem Natriumbikarbonat wurde in früheren Reanimationsempfehlungen eine
bedeutende Rolle zugesprochen, aber die Vorstellung, dass eine sich im Rahmen des Kreislaufstillstandes entwickelnde metabolische Azidose die Wirksamkeit von Katecholaminen herabsetzt sowie sich negativ auf die Sauerstoff-
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2.3 Kardiopulmonale Reanimation
632
C 2 Notfallmedizin
bindungskurve auswirkt, ist nicht eindeutig nachgewiesen und so nicht mehr
aufrechtzuerhalten. Gerade durch eine unkontrollierte Gabe von Natriumbikarbonat kommt es regelhaft zu einer Überpufferung des Organismus mit konsekutiver Linksverschiebung der O2-Bindungskurve, was eine verminderte
Sauerstoffabgabe an das Gewebe und eine Hyperosmolarität des Plasmas
bewirkt. Zusätzlich kann eine intrazelluläre Azidose durch das aus dem Bikarbonat freigesetzte CO2 entstehen. Wird Natriumbikarbonat ausnahmsweise
eingesetzt, ist eine Anpassung der Beatmung zur Elimination des anfallenden
CO2 notwendig. Grundsätzlich sollte aufgrund der beschriebenen Problematik
die Gabe von Natriumbikarbonat erst nach einer Blutgasanalyse durchgeführt
werden. Diese Möglichkeit steht jedoch nur bei innerklinischen Reanimationen, nicht jedoch im Rettungsdienst, zur Verfügung.
n Merke: Der Einsatz von Natriumbikarbonat im Rahmen der Reanimation
wird generell nicht mehr empfohlen.
Die Gabe von 50 ml 8,4 % Natriumbikarbonat (50 mmol) kann bei verifizierter
lebensbedrohlicher Hyperkaliämie, bekannter metabolischer Azidose oder
Überdosierung von trizyklischen Antidepressiva erwogen werden.
n Merke
Thrombolytikum
n Merke: Natriumbikarbonat darf niemals endobronchial oder direkt in
Kombination mit anderen Medikamenten verabreicht werden.
Thrombolytikum
Die intravenöse Thrombolyse ist als Ersatz für die anfängliche Konzeption
einer intrakoronaren Lyse entwickelt worden und steht somit überall und zu
jeder Zeit ohne große technische Voraussetzungen und Zeitverzögerungen
zur Verfügung.
Zur Verfügung stehende Thrombolytika:
Nicht fibrinspezifische Substanzen:
z. B. Streptokinase.
Moderne fibrinspezifische Thrombolytika wie Alteplase, Reteplase und
Tenecteplase kommen zum Einsatz. Sie
sind lokal hoch effektiv, mit nur geringen systemischen Auswirkungen.
Zur Verfügung stehende Thrombolytika:
Nicht fibrinspezifische Substanzen wie Streptokinase mit einer systemischen
Plasminogenaktivierung und nachfolgender Störung der Hämostase.
Moderne fibrinspezifische Thrombolytika wie Alteplase, Reteplase und
Tenecteplase kommen zum Einsatz. Sie entfalten ihre Wirkung erst in Anwesenheit von Fibrin, was zu einer hohen lokalen Effektivität am Thrombus mit
nur geringen systemischen Auswirkungen führt.
Indikationen: Eine Reanimation ist keine
Kontraindikation für eine Thrombolyse!
Bei einem akuten Myokardinfarkt als
Ursache für einen Kreislaufstillstand mit
Kammerflimmern sollte daher nach Wiedereintritt eines Spontankreislaufes bei
gesicherter EKG-Diagnostik eine Lysetherapie nach Ausschluss der Kontraindikationen durchgeführt werden.
Bei einer fulminanten Lungenarterienembolie als Ursache für den Kreislaufstillstand
sollte frühzeitig eine so genannte
„Rescue-Lyse“ erwogen werden.
Indikationen: Eine Reanimation stellt nach aktueller Sicht keine Kontraindikation für eine Thrombolyse dar. Eine erhöhte Blutungsneigung ist nicht
beschrieben worden. Bei einem akuten Myokardinfarkt als Ursache für einen
Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern sollte daher nach Wiedereintritt
eines Spontankreislaufes bei gesicherter EKG-Diagnostik eine Lysetherapie
nach Ausschluss der Kontraindikationen durchgeführt werden. Nach aktueller
Studienlage verbessert die Thrombolyse trotz Reanimation die Prognose des
Patienten, wobei vermutet wird, dass die malignen Rhythmusstörungen wie
Kammerflimmern beim Herzinfarkt oftmals unmittelbar nach dem Gefäßverschluss auftreten und die Lyse die Ausdehnung die Myokardnekrose frühzeitig
eingrenzen kann. Zurzeit wird aufgrund der nicht eindeutigen Datenlage für
Thrombolyse unter Reanimation bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom
keine generelle Empfehlung gegeben, Einzelfallentscheidungen sind hiervon
allerdings unbenommen. Bei dringendem Verdacht oder einer gesicherten
Diagnose einer fulminanten Lungenarterienembolie als Ursache für den Kreislaufstillstand, ist allerdings der frühzeitige Einsatz eines Thrombolytikums
bereits unter Reanimation als so genannte „Rescue-Lyse“ zu erwägen.
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n Merke
633
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
2.3.7 Postreanimationsphase
2.3.7 Postreanimationsphase
n Definition: Die Postreanimationsphase beginnt ab dem Zeitpunkt und am
Ort des Wiedereinsetzens eines spontanen Kreislaufs (return of spontaneous
circulation = ROSC).
m Definition
Nach Wiedereinsetzen eines Spontankreislaufes sind ergänzende physikalische
und medikamentöse Maßnahmen bis zur Klinikaufnahme sinnvoll. Der „ROSC“
ist nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer insgesamt erfolgreichen Wiederbelebung. Auch die Postreanimationsbehandlung hat eine große Bedeutung.
Hierbei haben sich einige Maßnahmen als positiv herausgestellt und sollten
daher routinemäßig zur Anwendung kommen.
n Merke: Eine milde therapeutische Hypothermie verbessert das neurologische Outcome. Eine Hyperthermie muss unbedingt vermieden werden!
Externer Herzschrittmacher: Die Therapie mit einem externen Herzschrittmacher hat sich als mögliche Option bei medikamentös nicht behandelbarer
Bradykardie, AV Block IIIh, bifaszikulärem Block, Linksschenkelblock (LSB)
beim akuten Koronarsyndrom, Sinusbradykardie und Sinusknotenstillstand
ihren Platz in der präklinischen Notfallversorgung gesichert. Die Therapie
einer Asystolie im Rahmen der laufenden Reanimationsmaßnahmen mittels
externen Schrittmacherimpulses zeigte keine gesicherten positiven Erfolge.
Praktisch erfolgt die Stimulation mit großflächigen Klebeelektroden (s. Abb.
C-2.17a, S. 625), die auf dem Thorax des Patienten vergleichbar der Position
bei der Defibrillation oder aber frontal und auf dem Rücken angebracht sind.
Im Anschluss an eine erfolgreiche Reanimation mit „ROSC“ können erneut
Rhythmusstörungen auftreten, wobei die Entscheidung zur Therapie in deren
Auswirkungen auf die Hämodynamik liegt.
n Merke: Treat the patient, not the monitor! (Behandle den Patienten, nicht
das EKG!)
Einsatz von Dobutamin: Zielwert sollte eine Sauerstoffsättigung oberhalb von
95 % und ein systolischer Blutdruck oberhalb von 90 mmHg sein. Um einen
effektiven Blutdruck mit einem ausreichenden mittleren arteriellen Druck
(MAP) aufrechterhalten zu können, ist u. U. die Gabe von Dobutamin notwendig. Dobutamin ist ein synthetisches Katecholamin mit kurzer Halbwertszeit.
Die Verabreichung erfolgt kontinuierlich über eine Spritzenpumpe. Dobutamin
ist bei niedriger Auswurfleistung des Herzens und Hypotension, die nicht auf
einen Volumenmangel zurückzuführen ist, das Medikament der Wahl. Es
führt über b1-, b2- und a1-Rezeptoren zu einer positiv inotropen Wirkung am
Herzen und zu einer Vasodilatation in der Peripherie. Dobutamin führt zu
einem Anstieg des Sauerstoffbedarfs am Herzen, der im Vergleich zu anderen
inotropen Substanzen aber geringer ausgeprägt ist. Ein Anstieg der Herzfrequenz unter der Therapie mit Dobutamin um i 10 % sollte im Hinblick
auf die Verschlechterung der Sauerstoffversorgung des Myokards vermieden
werden.
Milde Hypothermie: Eine frühestmögliche
Kühlung auf eine Körperkerntemperatur
von 32–34h über 12–24 Stunden verbessert das zerebrale Outcome des Patienten.
m Merke
Externer Herzschrittmacher: Option bei
medikamentös nicht behandelbarer Bradykardie, AV Block IIIh, bifaszikulärem
Block, Linksschenkelblock (LSB) beim akuten Koronarsyndrom, Sinusbradykardie
und Sinusknotenstillstand.
Die Stimulation erfolgt durch großflächige
Klebeelektroden (s. Abb. C-2.17a, S. 625).
m Merke
Einsatz von Dobutamin, um einen
Ziel-Blutdruck systolisch von 90 mmHg
zu erreichen.
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Milde Hpoythermie: Nach erfolgreicher Stabilisierung eines Spontankreislaufes
hat sich die milde Hypothermie als eine prognostisch günstige Maßnahme für
das zerebrale Outcome des Patienten herausgestellt. Hierfür erfolgt eine
Kühlung auf eine Körperkerntemperatur von 32–34h, die über 12–24 Stunden
aufrechterhalten wird. Mit der Kühlung sollte so früh wie möglich begonnen
werden, der bereits präklinische Beginn aktiver Kühlungsmaßnahmen ist
derzeit noch Gegenstand der Diskussion.
C 2 Notfallmedizin
Dopamin sollte nicht mehr zum Einsatz
kommen!
Dopamin sollte als Alternative nicht mehr zum Einsatz kommen, da es zunehmend kritisch bewertet wird. Dopamin ist die Vorstufe der natürlich auftretenden Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin und wird ebenfalls kontinuierlich über eine Spritzenpumpe verabreicht. Es ist dosisabhängig positiv inotrop.
Die Wirkung von Dopamin erfolgt über Dopamin-, a- und b1-Rezeptoren.
Dopamin kann kardiale Arrhythmien auslösen, erhöht den Sauerstoffbedarf
am Herzen und kann eine Ischämie aggravieren.
Eine weitere Alternative ist der Einsatz von Noradrenalin, welches in erster
Linie a-adrenerge Wirkung mit nachfolgender Vasokonstriktion aller Gefäße
besitzt und somit bei vermindertem Perfusionsdruck eine Alternative zu Dopamin ist.
Adrenalin kann zur Stabilisierung in der Postreanimationsphase eingesetzt
werden, wobei in niedriger Dosierung primär die b1- und b2-Rezeptoren angesprochen werden. Erst in höherer Dosierung überwiegt ein a-adrenerger Effekt.
Hieraus folgt, dass Adrenalin in niedriger Dosierung primär zu Frequenzerhöhung, dem vermehrten Auftreten von Herzrhythmusstörungen und zu einem
erhöhten Sauerstoffbedarf am Herzen führen kann, was in der Phase nach
Wiedereintritt eines Spontankreislaufes nicht gewünscht ist.
Die Verabreichung von Noradrenalin und Adrenalin erfolgt kontinuierlich über
eine Spritzenpumpe.
An Stelle von Dopamin kann Noradrenalin
eingesetzt werden.
Adrenalin muss relativ hoch dosiert werden, damit der erwünschte a-adrenerge
Effekt erreicht werden kann.
2.3.8 Reanimation von Neugeborenen,
Säuglingen und Kleinkindern
Die Maßnahmen zur Behandlung des
Kreislaufstillstandes bei Neugeborenen,
Säuglingen und Kleinkindern unterscheiden sich nicht von denen bei Erwachsenen,
allerdings ist eine Anpassung an die
altersentsprechenden Verhältnisse
notwendig.
n Merke
Häufige Ursachen für den kindlichen
Kreislaufstillstand sind asphyktische
Zustände, die eine Vorgehensweise mit
primär einsetzenden einfachen Wiederbelebungsmaßnahmen rechtfertigen.
Wichtig ist deshalb v. a. die Beseitigung
der Asphyxie, die in der ersten Phase nach
Eintritt des Kreislaufstillstandes auch mittels Basismaßnahmen (Beginn mit 5 Beatmungen) erreicht werden kann.
Die Beatmung des Säuglings kann als
einfache Mund-zu-Mund-und-Nase-Beatmung ohne Hilfsmittel oder mittels
altersentsprechendem Beatmungsbeutel
mit Maske und Sauerstoffanschluss
durchgeführt werden (Abb. C-2.21).
2.3.8 Reanimation von Neugeborenen, Säuglingen und
Kleinkindern
Grundsätzlich unterscheiden sich die Maßnahmen zur Behandlung des Kreislaufstillstandes bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern nicht von
denen bei Erwachsenen. Die mechanische, elektrische und medikamentöse
Therapie muss lediglich an die altersentsprechenden anatomischen Verhältnisse (Gewicht) sowie an die abweichenden lungen- und kreislaufphysiologischen Gegebenheiten angepasst werden.
Unterschiede zwischen Kindes- und Erwachsenenalter sind jedoch bei den
Ursachen des Kreislaufstandes zu finden, was Auswirkungen auf die Therapie
haben sollte.
n Merke: Bei Kindern unter 5 Jahren: Phone fast (alarmiere schnell weitere
Hilfe) im Gegensatz zu Phone first (alarmiere zuerst weitere Hilfe) beim
Erwachsenen.
Der Kreislaufstillstand beim Kind wird vergleichbar dem Erwachsenen durch
Überprüfung von Bewusstsein, Atem- und Kreislauffunktion erkannt, wobei
die Pulskontrolle wie beim Erwachsenen dem professionellen Helfer vorbehalten ist.
Ursachen für den kindlichen Kreislaufstillstand sind in der Regel asphyktische
Zustände, die eine Vorgehensweise mit primär einsetzenden einfachen Wiederbelebungsmaßnahmen rechtfertigen. Selten sind dagegen in dieser Altersgruppe technikbedürftige hyperdyname Rhythmusstörungen.
Daher steht bei einem kindlichen Kreislaufstillstand auch die Beseitigung der
Asphyxie im Vordergrund, die in der ersten Phase nach Eintritt des Kreislaufstillstandes auch mittels Basismaßnahmen (Beginn mit 5 Beatmungen)
erreicht werden kann.
Die Beatmung des Säuglings kann als einfache Mund-zu-Mund-und-NaseBeatmung ohne Hilfsmittel oder mittels altersentsprechendem Beatmungsbeutel mit Maske und Sauerstoffanschluss durchgeführt werden (Abb. C-2.21).
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634
635
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
Atemspende beim Säugling
C-2.21
Neugeborene und Säuglinge sollten in neutraler Kopfposition beatmet werden.
Liegt ein isolierter Atemstillstand mit vorhandener Herztätigkeit vor, so erfolgt
die Beatmung mit Frequenzen um 30/min beim Neugeborenen, 20/min beim
Kleinkind und 15–20/min beim Grundschulkind. Kinder ab der Pubertät werden wie Erwachsene therapiert. Auch bei der Beatmung dieser Patientengruppen ist beim ungesicherten Atemweg auf eine ausreichend lange Inspiration
zur Vermeidung von Druckspitzen mit nachfolgender Magenbeatmung und
der Gefahr von Regurgitation und Aspiration zu achten.
Die Herzdruckmassage wird beim Säugling mittels 2 Fingern des Helfers auf
dem Sternum in Höhe der Mamillarlinie durchgeführt (Abb. C-2.22). Als Drucktiefe ist ca. 1⁄3 des Thoraxdurchmessers (1,5–2,5 cm, je nach Körpergröße) notwendig. Bei Kindern bis zur Pubertät erfolgt die Kompression mittels einer Hand
des Helfers unter Beachtung der gleichen Grundbedingungen wie beim Erwachsenen (Frequenz 100/min, Verhältnis von Kompression und Entlastung 1:1).
Bis zur Pubertät beträgt die Kompressionsfrequenz 100/min mit einem Verhältnis von 15 Kompressionen zu 2 Beatmungen bei 2 Helfern bzw. bei der
Einhelfermethode im Verhältnis von 30:2.
Eine Ausnahme bilden die Neugeborenen: Hier wird mit einer Kompressionsfrequenz von 120/min im Verhältnis 3:1 reanimiert!
C-2.22
Extrathorakale Herzmassage beim Säugling
Beatmungsfrequenz bei isoliertem Atemstillstand: Neugeborene 30/min, Kleinkind
20/min, Grundschulkind 15–20/min.
Herzdruckmassage:
Säugling: 2 Finger auf Sternum in Höhe
der Mamillarlinie, Drucktiefe 1,5–2,5 cm.
Kinder bis zur Pubertät: Kompression mit
einer Hand (Abb. C-2.22).
Bei beiden wird mit einer Kompressionsfrequenz von 100/min im Verhältnis
15 Kompressionen zu 2 Beatmungen
(2 Helfer) bzw. 30:2 (1 Helfer) reanimiert.
Ausnahme Neugeborene: Hier Kompressionsfrequenz 120/min im Verhältnis 3:1.
C-2.22
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C-2.21
636
C 2 Notfallmedizin
Basis-Reanimation von Kindern bis zur
Pubertät: Tab. C-2.6.
Die Basis-Reanimation von Kindern bis zur Pubertät soll nach aktuellen Empfehlungen wie folgt ablaufen: Tab. C-2.6.
C-2.6
C-2.6
Basisreanimation bei Kindern bis zur Pubertät
Besteht klinisch der begründete Verdacht
auf eine kardiale Ursache, sollte primär
eine EKG-Analyse erfolgen, um ggf. einen
hyperdynamen Kreislaufstillstand nachzuweisen. In diesem Fall sollte mit 4 J/kg
defibrilliert werden. In Abb. C-2.23 ist der
Algorithmus der kardiopulmonalen Reanimation bei Kindern dargestellt.
C-2.23
Zur Vermeidung von langen therapiefreien Intervallen kann das Kind bei entsprechendem Gewicht auch vom Helfer zum Telefon getragen werden, um
nach Absetzen des Notrufes direkt wieder mit den Reanimationsmaßnahmen
beginnen zu können.
Sollte der Kreislaufstillstand des Kindes in Form eines plötzlichen Kollaps
beobachtet worden sein, kann eine kardiale Ursache mit defibrillierbaren EKGRhythmen vermutet werden. Nur in diesem Fall ist von der Durchführung der
Basismaßnahmen über 1 Minute bis zum Notruf abzusehen und unverzüglich
professionelle Hilfe und ein Defibrillator zu organisieren.
Die Analyse des EKG erfolgt mit EKG-Elektroden oder speziellen Kinder-Defibrillationselektroden. Das im Vergleich deutlich seltenere EKG-Bild des hyperC-2.23
Kardiopulmonale Reanimation bei Kindern
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Bewusstseinsprüfung p bewusstlos.
Um Hilfe rufen.
Atemwege öffnen.
Atmung überprüfen p keine normale Atmung.
5 Beatmungen.
Kreislauffunktion überprüfen p keine Reaktion, keine Eigenatmung.
15 Thoraxkompressionen – 2 Beatmungen für 1 min (Frequenz 100/min).
Notruf absetzen.
637
2.3 Kardiopulmonale Reanimation
C-2.24
Intraossäre Nadel
dynamen Kreislaufstillstandes wird bei monophasischer und biphasischer
Energieform jeweils mit 4J/kg KG defibrilliert. Entsprechende Kinderelektroden
vermindern die abgegebene Energie auch bei Anwendung von halbautomatischen Defibrillatoren. In Abb. C-2.23 ist der Algorithmus der kardiopulmonalen
Reanimation bei Kindern dargestellt.
Für die medikamentöse Therapie steht neben dem venösen auch der intraossäre Zugangsweg (Abb. C-2.24) zur Verfügung.
2.3.9 Beendigung der Reanimation
n Merke: Eine begonnene Reanimation sollte grundsätzlich bis zum Eintritt
eines Spontankreislaufs oder bis zum Eintritt von Zeichen des irreversiblen
Herztodes weitergeführt werden.
Der irreversible Herztod kann angenommen werden, wenn in Abhängigkeit
von der Ursache des Kreislaufstillstandes nach ca. 30 Minuten mechanischer,
elektrischer und medikamentöser Therapie weiterhin eine Asystolie besteht,
wohingegen hyperdynamen, nicht innerhalb dieser Zeit therapierbaren, Kreislaufstillständen eine potenzielle Wiederbelebbarkeit zugesprochen werden
muss, was eine Fortführung der Reanimationsmaßnahmen erfordert.
Bei der Entscheidung, ob und wann Reanimationsmaßnahmen abgebrochen
werden, spielen selbstverständlich auch der Allgemeinzustand des Patienten
vor Eintritt des Kreislaufstillstandes, bestehende Vorerkrankungen und insbesondere auch das Vorliegen einer Patientenverfügung eine wesentliche
Rolle.
2.3.10 Transport nach erfolgreicher Reanimation
Ziel der präklinischen Versorgung ist es, den Patienten mit stabilen Kreislaufverhältnissen in das geeignete Zielkrankenhaus zu transportieren. Im Gegensatz zu Rettungssystemen, bei denen kein Arzt an der Notfallstelle zur Verfügung steht und die Patienten nach kurzfristiger Versorgung auch unter Reanimationsmaßnahmen in die nächste Klinik verbracht werden, sollte in einem
notarztgestützten System die Reanimation in der Regel vor Ort beendet werden und der Transport unter laufenden Reanimationsmaßnahmen (Abb.
C-2.25) eher die Ausnahme darstellen (z. B. bei hypothermen Patienten unter
Beachtung der Devise : „No one is dead until he is warm and dead!“).
Medikamente können intravenös und
intraossär (Abb. C-2.24) verabreicht
werden.
2.3.9 Beendigung der Reanimation
m Merke
Bei hypodynamem Kreislaufstillstand kann
nach ca. 30 min der irreversible Herztod
angenommen werden.
Bei hyperdynamem, nicht in dieser Zeit
therapierbarem Kreislaufstillstand besteht
weiterhin eine potenzielle Wiederbelebbarkeit, weshalb weiter reanimiert werden
muss.
Bei der Entscheidung Abbruch/Fortsetzung
der Maßnahmen müssen auch der Allgemeinzustand, Vorerkrankungen und
eine evtl. vorliegende Patientenverfügung
berücksichtigt werden.
2.3.10 Transport nach erfolgreicher
Reanimation
Nach der präklinischen Versorgung sollte
der Patient mit stabilen Kreislaufverhältnissen in das geeignete Zielkrankenhaus
transportiert werden. Ein Transport unter
laufenden Reanimationsmaßnahmen
(Abb. C-2.25) sollte die Ausnahme
darstellen (z. B. bei Hypothermie).
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a Proximale und distale intraossäre Punktion der Tibia.
b Volumenzufuhr über eine intraossäre Nadel.
C-2.25
Die Zielklinik muss im Vorfeld möglichst
genau über die Erkrankung und den
Zustand des Notfallpatienten informiert
werden.
2.4
Schockraummanagement
n Definition
C 2 Notfallmedizin
C-2.25
Transport unter Reanimation
Bei der Auswahl der Zielklinik sind das Erkrankungsmuster, zusätzliche
Begleitumstände wie Hypothermie oder Verletzungen sowie auch die Transportzeit zu bedenken. Damit bereits alle erforderlichen Vorbereitungen zur
optimalen Weiterversorgung des Patienten getroffen werden können, muss
das vorgesehene Zielkrankenhaus im Vorfeld bereits möglichst genau informiert werden.
2.4 Schockraummanagement
n Definition: Der Schockraum ist die Übergabeschnittstelle zwischen präklinischer und innerklinischer Versorgung von Notfallpatienten.
Ausstattung: Nach Möglichkeit gibt es nur
eine zentrale Anlaufstelle für alle Notfallpatienten. Idealerweise stehen hier Fachärzte aller beteiligten klinischen Fächer zur
Verfügung.
Für eine möglichst rasche Diagnosestellung sollten darüber hinaus alle Möglichkeiten der bildgebenden Diagnostik und
Labordiagnostik sowie zur Bereitstellung
von Blutprodukten verfügbar sein.
Ausstattung: Idealerweise gibt es nur eine zentrale Anlaufstelle für alle Notfallpatienten unabhängig von ihrem Erkrankungs- oder Verletzungsbild. In
einer gut organisierten zentralen Notaufnahme besteht das ärztliche Personal
optimalerweise aus Fachärzten der jeweils beteiligten Fachabteilungen. Dies
sind bei rein internistischen Notfällen wie dem akuten Koronarsyndrom oder
der Herzinsuffizienz mit Lungenödem primär die Internisten. Bei traumatisierten Notfallpatienten sind Anästhesisten, Unfallchirurgen, Neurochirurgen, Allgemeinchirurgen und je nach Unfallart auch Spezialisten aus der Augenklinik,
Hals-Nasen-Ohren-Klinik, der Urologie oder der Gynäkologie erforderlich.
Aufgrund des hohen Stellenwertes der bildgebenden Diagnostik sind je nach
Klinikaufteilung auch Radiologen zur Durchführung von Computertomographien (CT) oder der Erhebung von Sonographiebefunden an der Versorgung
beteiligt. Insgesamt stehen für die Patientenversorgung im Schockraum sowohl
mehr Personal unterschiedlicher Fachdisziplinen als auch umfangreichere
technische Diagnose- und Therapiemöglichkeiten im Vergleich zur Präklinik
zur Verfügung. Dieses sind neben der schon erwähnten Bildgebung (Röntgen,
Sono, CT, Kernspintomographie) auch Labordiagnostik sowie die Möglichkeit
der Bereitstellung von Blutkonserven und weiteren Blutprodukten.
Ziele: Die präklinische Diagnostik und
Therapie wird fortgesetzt und vervollständigt. Dabei ist eine möglichst lückenlose
Informationsweitergabe an alle beteiligten
Personen von entscheidender Bedeutung.
Ziele: Im Rahmen des Schockraummanagements gilt es, eine bereits präklinisch begonnene Diagnostik und Therapie fortzusetzen und zu vervollständigen. Hierbei kommt der Übergabe der wichtigen Patientendaten, von Befunden
und bereits eingeleiteten Therapiemaßnahmen eine besondere Bedeutung zu.
Eine zukünftige komplexe Verzahnung der präklinischen mit der innerklinischen Notfallmedizin, das heißt, die gesamte Notfallversorgung aus einer
Hand, kann entscheidend zur Vermeidung von Reibungsverlusten an der Über-
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