REFORM VON GESUNDHEITSWESEN UND KRANKENHÄUSERN IN VERANTWORTUNGSETHISCHER PERSPEKTIVE Hans-Martin Sass Die Gesundheitskosten steigen in den reicheren Ländern schneller als die Wachstumsraten ihre Bruttosozialprodukte. Dafür gibt es zumindest vier Gründe: (1) ständig bessere medizinische Technik und Versorgung, (2) Unflexibilität der Gesundheitssyteme, (3) Medikalisierung lebensweltlicher Probleme, (4) Ausschluß des Patienten oder potentiellen Patienten als eines aktiven Teilnehmers am Markt, (5) Konzentration auf technische Leistungen bei Vernachlässigung ethischer Aspekte der Gesundheitsversorung. Die Reform der Struktur des Gesundheitswesens beschäftigt sich leider nur mit Symptomen, deren Behandlung das System medizinisch, ethisch und ökonomisch nicht akzeptabler oder effizienter macht. Eine radikale Reform ist fällig, die nicht mehr nur auf dem Solidaritätssystem aufbaut sondern sich an der Trias der drei Prinzipien Verantwortung, Solidarität und Subsidiarität orientiert und ein gegliedertes System der Gesundheitspflege ermöglicht. Wie erfolgreich wird das Gesundheitsstrukturgesetz sein, das nun in die letzten Phasen seiner Umsetzung gehen soll? Die Prognose ist nicht positiv und sieht vor allem fünf Risiken: (1) Leider werden medizinökonomische Aspekte vor den gesundheitspolitischen, medizinischen und medizinethischen Aspekten an Bedeutung und Priorität gewinnen. (2) Die bisherige Gliederung des Krankenkassensystems wird dadurch geschwächt, daß zwischen den Kassen ein Risikoausgleich durchgeführt wird. (3) Der Anteil der Verwaltungs- und Aufsichtskosten innerhalb des Systems wird nicht unbedeutend erhöht. (4) Das Gesetz entmotiviert die patientenorientierte Behandlung in der Primärversorung und im Krankenhaus, ebenfalls die Intensität der medizinischen und pharmakologischen Forschung. (5) Es schwächt das marktorientierte System der Wahlmöglichkeiten gesundheitsmündiger Bürger in der Rolle von Nachfragern, die freie Berufswahl von Pflegern und Ärzten und die Konkurrenz unter Krankenhäusern und Gesundheitszentren. Da die Politik an Symptomen herumkuriert, wird es letztlich nicht zu mehr und besserer Gesundheitsvorsorge, sondern zu schlechterer beitragen. Deshalb ist eine Überprüfung der gesamten ordnungsethischen Struktur unseres gesundheitspolitischen und wohlfahrtsstaatlichen Systems in medizinethischer Perspektive fällig. 1 TRANSFORMATION MEDIZINISCHER LEISTUNGSPARAMTER BEI ORDNUNGSPOLITISCHER STATIK DER VERSORGUNGSSYSTEME Die sozialethischen und ordnungsethischen Parameter der medizinischen Versorgung von Krankheiten und die Finanzierung von Krankheitskosten haben sich in den letzten 100 Jahren gewaltig geändert. Trotzdem haben wir die tragenden Prinzipien der Finanzierung von Gesundheitspflege und Krankenkosten leider ordnungspolitisch nicht geändert oder die Prioritäten der sozialethischen Prinzipien entsprechend modifiziert. Hier liegen die sozial- und ordnungsethischen Wurzeln für das allgemeine Unbehagen und für die nachlassende Leistungsfähigkeit der Systeme. Die steigenden Kosten sind nur ein, in der Perspektive von Ordnungsethik und Sozialethik nicht einmal das wichtigste Problem des Ungleichgewichts zwischen medizinischen Möglichkeiten und Organisationsstrukturen. Wie war es vor 100 Jahren? Menschen wurden meistens auch deswegen krank, weil die sozialen Bedingungen - Ernährung, Kleidung, Bildung, Wohnung, Arbeitsplatz, mangelnde hygienische Kenntnisse und Voraussetzungen - schlecht waren. Die Verbesserung der allgemeinen sozialen Verhältnisse, die Beseitigung von Armut und Unbildung, gesündere Arbeitsplätze und kürzere Arbeitszeit, gesündere Wohnungen und Städte haben seitdem einen wichtigeren Beitrag zu besserer Gesundheit geleistet als die Krankenkassen und medizinische Versorgung im engeren Sinne. Die Diagnostik verbesserte sich, aber die Therapie blieb im wesentlichen bis zur Einführung der Antibiotika in der Mitte dieses Jahrhundert von Nihilismus bestimmt. Die niedrigtechnisierte Medizin war weder sehr intensiv noch sehr teuer. Die meisten Menschen starben an Infektionen, der Lungenentzündung und der Tuberkulose, im Kindbett und nach Operationen. Solidarität war das einzige und beste sozialethische und ordnungsethische Prinzip, die Kosten von Krankheiten, die nicht vermeidbar waren, zu teilen. Inzwischen haben unsere Kenntnisse über die Früherkennung und Vermeidung von Gesundheitsrisiken zugenommen und werden unter dem Einfluß der sich entwickelnden prädikativen Medizin weiter wachsen. Sie erlauben uns, Prädispositionen für Krankheiten frühzeitig zu erkennen und oft erfolgreich zu neutralisieren oder Risiken für Gesundheit überhaupt durch Prävention und einen entsprechenden Lebensstil zu vermeiden. Diese enorm gewachsenen Möglichkeiten der Prädiktions- und Präventionsmedizin haben jedoch weder vermocht, individuelles Gesundheitsverhalten entscheidend zu modifizieren noch das alte Krankenversorgungssytem in ein System der Gesundheitsvorsorge und -pflege zu verwandeln. Vielmehr scheint das Krankenfinanzierungssytem der Krankenkassen und seine Leistungen in der Akutintervention dazu beizutragen, daß moderne Medizin mehr und mehr als ein 2 Reparaturbetrieb für ungesundes Verhalten, auch für die Weigerung, Schwäche, Sterben und Tod zu akzeptieren, eingesetzt wird und nicht zum Instrument moderner Gesundheitspflege wird. Wir werden heute nicht mehr krank, weil wir den Launen der Natur oder Seuchenwellen ausgesetzt sind, sondern wir werden krank durch die Art und Weise wie wir leben und arbeiten. Würden wir unseren Lebensstil, Lebens-, Freizeit- und Arbeitsgewohnheiten ändern, und individuell und solidarisch primär die Informationen der prädikativen Medizin und die Möglichkeiten der präventiven Medizin individuell und solidarisch nutzen und würden wir nicht versuchen, vor dem Tod davonzulaufen, dann hätten wir keine Kostenlawine im Gesundheitswesen und wären gesundheitsmündiger. Die medizinisch mögliche und ethisch notwendige Transformation unseres Systems der Gesundheitspflege weg von der paternalistischen und teuren akuten Krisenintervention und hin zu einer weithin nichtakuten, selbstbestimmenden und vermutlich preiswerteren prädikativen und präventiven Medizin ist überfällig. Die erste These lautet daher: Das sozial- und ordnungsethische Prinzip der Solidarität ist allein nicht mehr in der Lage, als ausschließliche Basis für verantwortliche politische und persönliche Überlegungen zu Gesundheit, Lebensqualität und medizinische Versorgung im Alter und in der Nähe des Todes zu dienen. An seine Stelle muß das Prinzip Verantwortung treten, flankiert und abgefedert von den ethischen Prinzipien der Solidarität und Subsidiarität. VON DER KRANKENVERSORGUNG ZUR GESUNDHEITSVORSORGE Wenn wir vom Referenzsystem der akuten Krankenversorgung zu dem der nichtakuten präventiven und prädikativen Gesundheitsvorsorge übergehen wollen, dann versagt das Referenzprinzip Solidarität und muß durch das Referenzprinzip Verantwortung ersetzt werden. Wenn Gesundheitsrisiken erkennbar und durch Prävention vermeidbar oder reduzierbar werden, dann würde der ausschließliche Bezug auf das Solidaritätsprinzip ungerecht sein und den eigenen Regeln solidarischer Fairness widersprechen. Ordnungsethisch würde es Unverantwortlichkeiten und Unmündigkeiten im Umgang mit der eigenen Gesundheit fördern und eine Kostenlawine lostreten. Prioritäten in einem auf Verantwortung statt auf Solidarität als dem tragenden ethischen Prinzip beruhenden öffentlichen System der Gesundheitsvorsorge sind die allgemeine Erziehung zur Gesundheitsmündigkeit und der individuelle Zugang zu Informationen über eigene Gesundheitsrisiken, ihre Vermeidung oder Reduktion. Diese Transformation des Referenzprinzips bedeutet keine Begrenzung von Leistungen, sondern eine Transformation von Leistungen, weg von der Finanzierung von Krankheit hin zur Finanzierung von Vorsorge. Um 3 Gesundheit zu erhalten und Lebensqualität zu verbessern, brauchen wir nicht von den Gefahren einer Begrenzung der Leistungen zu sprechen, wie es das Thema dieser Tagung suggeriert. Was wir tun müssen zur Erhaltung unserer Gesundheit ist eine ordnungspolitische Transformation der Leistungen der 'öffentlichen Gesundheitsversorgungsnetze, Hand' keine und der Begrenzung. Träger der solidarischen Gesundheitserziehung und Gesundheitsinformation stärken die individuelle Gesundheitsmündigkeit. Das im Grundgesetz thematisierte Recht auf Gesundheit bedarf einer durch das Verantwortungsprinzip modifizierten Interpretation. Das Recht auf Gesundheit ist zunächst einmal primär mein garantiertes Recht, selbst für meine Gesundheit zu sorgen, und nicht ein Recht, von anderen Kosten für die Wiederherstellung meiner Gesundheit einzufordern. Recht auf Gesundheit ist daher auch eine Pflicht, dieses Recht für sich in Anspruch zu nehmen. Ansprüche leiten sich aus diesem Recht auf Gesundheit an die Solidargemeinschaft und die Ordnungspolitik nur insofern ab, daß diese mir helfen müssen, durch die Bereitstellung von Opportunitätschancen, mein Recht und meine Pflicht für meine Gesundheit zu sorgen, auch kompetent und informiert wahrnehmen zu können. Die KVen [KrankenVersicherungen] sollten sich in GVen [GVaG, GesundheitsvorsorgeVersicherungen auf Gegenseitigkeit] umbenennen, um schon vom Namen her zu demonstrieren, daß sie konzeptionell die neuen Herausforderungen erkannt haben und sich ihnen stellen wollen. Auch das traditionelle Gegensatzpaar Gesundheit-Krankheit, das konstituierend für die Einrichtung einer solidarischen Krankenversicherung war, kann in dieser Eindimensionalität medizinisch nicht mehr aufrechterhalten werden und muß daher auch sozial- und ordnungsethisch revidiert werden. Wir unterscheiden heute nicht mehr einfach zwischen gesund und krank, wie das früher einmal zur Zeit der Gründung von Krankenkassen möglich gewesen sein mag, sondern zwischen subjektiven und objektiven Befindlichkeiten von Wohlfühlen und Wohlsein: bei Kopfschmerzen nach einer langen Nacht oder beim 'Kratzen im Hals' fühle ich mich unwohl, bin aber nicht eigentlich krank; bei hohen Blutfettwerten oder einem noch nicht symptomatischen Karzinom fühle ich mich pudelwohl, bin aber ziemlich krank. Die Fortschritte der prädikativen Medizin werden uns zwingen, unser Vokabular zu bereichern und Begriffe für die einzelnen Komponenten eines Konglomerats differenzierter und unterschiedlicher symptomatischer oder präsymptomatischer Prädispositionen für vermeidbare, behandelbare, nichtbehandelbare, in ihrem Ausbruch verschiebbare, durch Umwelt, Arbeitswelt, Lebensstil beeinflußbare oder nichtbeeinflußbare oder modifizierbare Gesundheitsrisiken zu unterscheiden. Das ethische Management dieser unterschiedlichen Szenarien kommt nicht mehr mit dem Begriff 4 der Solidarität als dem einzigen Prinzip aus. Je nach Information, Risikokompetenz und Gesundheitsverantwortung wird der einzelne mit Gesundheitsrisiken, die nicht mehr vom Krankheitsbegriff abgedeckt werden, anders umgehen. Nur das Referenzprinzip der Verantwortung und Gesundheitsmündigkeit erlaubt sinnvolle Diskussionen ethischer und ordnungspoltischer Aspekte der Gesundheitsvorsorge. ETHISCHE PRIORITÄTSSETZUNGEN UNTERSCHIEDLICHER GESUND- HEITSSYSTEME Bisherige Versuche, ordnungspolitisch unter Ausklammerung des Prinzips von Gesundheitsmündigkeit und -verantwortung Gesundheitssyteme effizienter zu machen und bezahlbar zu halten, sind gescheitert und werden scheitern. Dabei denke ich nicht nur an unser deutsches System, das ordnungspolitisch mit Recht als ein quasi-Markt-System von Interessenverbänden als Marktteilnehmern verstanden werden kann, sondern auch an die Experimente mit Systemen sozialisierter oder staatssozialistischer, oregonisierter oder marktwirtschaftlicher Schwerpunktsetzung. Die meisten Systeme sind Systeme paternalistischer Kostenkontrolle, die einen über den Zugang zum System, die anderen innerhalb des Systems über Warteschlangen, Positiv- oder Negativlisten oder uniforme, nichtindividualisierte Kostenerstattungen. Von all diesen Modellen scheint mir ordnungsethisch das von Oregon, USA, in dem über den Anteil der Solidarkosten für Gesundheitspflege am Bruttosozialprodukt und über Allokationen durch Positiv- und Negativlisten demokratisch befunden wird, das akzeptabelste zu sein. Damit wäre die ordnungsethische Letztverantwortung beim Bürger und den gewählten Vertretern. Die Sachkompetenz wäre von den Medizinern zu erbringen und auch die Verantwortung, innerhalb des Rahmen die Mittel zum Wohl der Patienten auszugeben. Keines der Systeme wagt im übrigen, für durch Modifikation des Lebensstils mögliche Vermeidungen von Gesundheitsrisiken Prämien und für Nichtvermeidungen Strafen auszusetzen; für ausschließlich auf dem Prinzip der Solidarität aufgebaute Systeme wäre eine solche Einforderung von Einhaltung und Beachtung staatlich oder solidarisch vorgebener Gesundheitsprofile unverzichtbar, wenn nicht das Prinzip sich selbst strafen und den egoistischen Trittbrettfahrer des Systems belohnen soll. 5 PANOPTIKUM DER GESUNDHEITSSYSTEME SOCIALIZED MEDICINE Makroökonomische Allokoation von Ausgaben Mikroökonomische Steuerung durch Warteschlangen und Diagnose Zielkonflikte: Politische Ausgabensteuerung Sozialethisches Prinzip: Gleichheit Ordnungsethisches Prinzip: Allokation im BSP MARKTORIENTIERTE SYSTEME Angebot- und nachfragegetriebene Kostenentwicklung Zielkonflikte: mangelnde Versorgung von Marktschwachen Sozialethisches Prinzip: Selbstbestimmung Ordnungsethisches Prinzip: Marktkräfte und Eigennutz OREGONISIERENDE SYSTEME Positivlisten für solidarische Finanzierung Ausgabensteuerung durch demokratische Entscheidungen Zielkonflikte: Finanzierung sonstiger Kosten Sozialethisches Prinzip: Solidarische Vereinbarungen Ordnungsethisches Prinzip: Demokratische Abstimmungen SOLIDARSSYTEME Finanzierung von Krankheitskosten auf Gegenseitigkeit Ausgabensteuerung durch quasi-Markt round-table Gremien Zielkonflikte: Gerechte Ausgabenbegrenzung Sozialethisches Prinzip: Solidarität Ordnungsethisches Prinzip: Solidarität VERANTWORTUNGSBASIERENDE SYSTEME Solidarische Finanzierung von Gesundheitsinformation Priorität von Gesundheitsvorsorge vor Akutintervention Solidarische Finanzierung von akuter Grundversorgung Private Finanzierung sonstiger Versorgung Zielkonflikte: Grenzen individueller Verantwortungskompetenz Sozialethisches Prinzip: Verantwortung Ordnungsethisches Prinzip: Selbstverantwortung in Solidarität DIE FÜNF SÄULEN EINES VERANTWORTUNGSBASIERTEN GESUND- HEITSSSYTEMS Aber alle diese Systeme sind keine eigentlichen der Gesundheitsvorsorge sondern immer noch solche der Krankenfinanzierung. Sie experimentieren immer noch mit Variationen von Solidaritäts- und Marktprinzipien. Sie ziehen keine ethischen und politischen Konsequenzen aus den prädikativen und präventiven Leistungen der modernen Medizin und versäumen es, das Mündigkeits- und Selbstbestimmungs- und Selbstverantwortungsprinzip ordnungsethisch zum 6 tragen zu bringen. Ein verantwortungsbasiertes Gesundheitssytem versteht sich als ein System der Unterstützung für die Gesundheit des Bürgers, nicht als dessen Vormund, Handlanger oder Finanzier. Zu den Prioritäten Gesundheitsmündigkeit als eines solchen Systems gehören: 1. Stärkung von Bürgerrecht.- 2. Kostenlose individualisierte Gesundheitsinformation.- 3. Solidarische Finanzierung akuter Basisversorgung.- 4. Individuelle Finanzierung sonstiger Kosten.- 5. Anerkennung Vorsorglicher Verfügungen für Behandlungsoptionen bei Bewußtlosigkeit, am Lebensende oder nach schwerem Unfall. Gesundheitsmündigkeit ist ein Bürgerrecht. Es beinhaltet primär das Recht über Gesundheitsrisiken, ihre Vermeidung oder Reduktion angemessen aufgeklärt zu werden und Zugang zu entsprechender, auch differenzierter Information zu haben. Gesundheitserziehung und individuelle Einübung von Gesundheitsverantwortung, die Information über Gesundheitsprofile und das Aufstellen gesellschaftlicher Gesundheitsziele sind im Vergleich mit anderen Kosten, vor allem denen der Akutintervention im oft vermeidbaren Krisenfall, gering. Abgesehen von den Kosten jedoch, gehört in einer solidarischen Gesellschaft die Information über Vermeidung oder Verringerung von Schäden und die Auseinandersetzung mit Grenzfragen des Lebens unheilbaren Krankheiten, Schwäche, Alter, Demenz und Sterben - zu den wichtigsten Aufgaben verantwortlichen sozial- und ordnungsethischen Umgangs mit dem Mitmenschen und Bürger. Individuelle Gesundheitsinformationen sind die Voraussetzung dafür, daß ich überhaupt angemessen mit den speziellen Risiken für meine Gesundheit (alters-, erb-, umwelt-, lebens- und arbeitsstil-bezogen) mich auseinandersetzen kann. Routineuntersuchungen zur Vorsorge sollten Vorrang in der solidarischen Finanzierung haben; Vorsorgeuntersuchungen sollten den Patienten oder potentiellen Patienten mit schriftlichen Informationen über den Gesundheitszustand und individualisierten Ratschlägen für das Risikomanagement versorgen. Es verstößt nicht gegen Bürgerrechte, das Mündigkeits- oder Solidarprinzip, wenn Vorsorgeuntersuchungen zur staatsbürgerlichen Pflicht gemacht werden. Die Beachtung präventiver Ratschläge, die sich aus der Untersuchung ergeben, kann dagegen in nichttotalitären, die Mündigkeit des Bürgers auch im Umgang mit dem Risiko respektierenden Gesellschaften nicht verlangt werden. Es dürfte auch nicht der individuellen Gesundheitsverantwortung widersprechen und noch weniger dem Solidaritätsprinzip, wenn die Wahrnehmung des 'Rechts auf Nichtwissen' über den eigenen Gesundheitszustand durch Verzicht auf Vorsorgeuntersuchung durch höhere Solidarbeiträge erkauft werden muß. Medizinische Grundversorgung sollte solidarisch finanziert werden. Der Streit um die 7 Frage, was zu einer Grundversorgung gehört, ist theoretisch nicht lösbar. Aber es bieten sich Klugheitsmodelle an, die sich optimal am Verantwortungs- und Solidaritätsmodell orientieren. Man könnte daran denken, daß Experten entsprechende Listen vorschlagen und demokratisch repräsentative Gremien endgültige Entscheidungen fällen, die in Abständen und nach Änderung medizinischer Möglichkeiten revisionsfähig bleiben müssen. Private GVen, Gesundheitsvorsorge Versicherungen auf Gegenseitigkeit, werden in Konkurrenz mit AOG's, Allgemeinen Örtlichen Gesundheitsversicherungen, Modelle verantwortungsbasierter Versicherung anbieten. Die Forderung nach einer individuellen Finanzierung spezieller Versorgung von Kosten akuter intensiver und teurer Interventionen widerspricht nicht dem Solidaritätsprinzip. Einmal können wir, auch auf anderen Gebieten solidarischen Gebens und Nehmens, nicht alle nur möglichen Ansprüche an die Solidargemeinschaft erfüllen. Zum anderen lassen sich nur in einer Gesellschaft uniformer Bedürfnisse eine Mehrzahl von Ansprüchen solidarisch festlegen; in offenen Gesellschaften sind nur wenige Ansprüche solidarisch konsensfähig zu machen, inklusive einiger weniger, aber nicht aller Ansprüche an das Gesundheitssytem. Die Unterschiede individueller Lebensstile, auch individuelle Risikobilanzen im Berufs- und Freizeitverhalten, lassen sich nicht in ihren Gesundheitskosten sozialisieren, während die Freiheiten individualisiert bleiben. Im exklusiven Solidaritätsmodell lassen sich die ordnungsethischen Probleme der modernen Gesundheitspflege nicht lösen, wohl aber im Modell eines Gesundheitssytems, das auf der Verantwortungsethik aufbaut und sich auf den Prinzipien der Solidarität und Subsidiarität absichert. Ein besonders markantes Beispiel für die Vernachlässigung des Prinzips Verantwortung und Selbstverantwortung ist die kulturelle, gesellschaftliche, medizinische und `ökonomische Behandlung von terminaler Krankheit, Sterben und Tod. Tod und Sterben werden nicht als natürliche Gegenbenheiten, sondern als Krankheiten behandelt, die es zu bekämpfen gilt. Tod und Sterben, aber auch chronisches Siechtum, Multimorbidität und Demenz im Alter werden verdrängt in einer leistungs- und jugendbetonten Kultur. Das hat zur Folge, daß wir gerade im Alter, bei Demenz, bei infauster Prognose nur unter medizinisch-technischen Gesichtspunkten einer standardisierten Maximalversorgung, nicht unter medizinisch-ethischen Gesichtspunkten einer patientenorientierten Optimalversorgung behandelt werden. Das Instrument von Vorsorglichen Verfügungen wird weder von mündigen Bürgern genutzt, in einer nichtakuten Situation Hinweise oder verbindliche Verfügungen abzugeben für künftige akute Interventionen von zweifelhaftem oder marginalem Nutzen für Lebensqualität und Selbstbestimmung, noch wird es von Ärzten akzeptiert mit dem kaum nachvollziehbaren Argument, daß es nur auf den 8 'aktuellen mutmaßlichen Willen' in Zeitpunkt der Intervention ankomme und daß langfristige Selbstbestimmung in Fragen von Leben und Sterben, von Lebensqualität und Interventionsverzicht nicht akzeptabel sind. Unterschiedliche Rechnungen ergeben, daß wir bis zu einem Drittel aller Kosten für Gesundheitsvorsorge und Krankenversorgung für die Tabuisierung von Tod und terminaler Krankheit aufwenden. Diese hohen Kosten sind aber nicht das zentrale ethische Problem, sondern der ethische und kulturelle und medizinische Skandal, daß wir auf eine so unzivilisierte Weise Mitmenschen intubiert und einsam sterben lassen, häufig ohne adäquate Palliativmedizin und ohne adäquate Versorgung der Begleiterscheinungen von terminalen und multimorbiden Zuständen sowie des Sterbeprozesses selbst. Es widerspricht nicht dem Prinzip von Verantwortung und Selbstbestimmung, sondern ist dessen konsequenter Ausdruck, wenn Wertanamnesen, Patientenverfügungen und die Benennung gewillkürter Stellvertreter akzeptiert wird, worauf ja auch der Bundesgerichtshof 1994 hingewiesen hat. Es dürfte keine Vorsorgeuntersuchung geben, in der nicht auf die Wichtigkeit von Vorsorglichen Verfügungen für die Realisierung von Selbstbestimmung hingewiesen wird und diese ärztliche Leistung auch entsprechend honoriert wird. Der Umgang mit dem Sterben und Unheilbarkranksein ist ein trauriges Beispiel für falsche und unzivilisierte Solidarität und für mißratene medizinisch-ethisch-ökonomische Risikobilanzierungen. DEN BÜRGER BETEILIGEN UND LEISTUNGEN VERBESSERN Das Skandalöse an unseren Diskussionen um die Reform der Gesundheitsvorsorge ist die ausschließliche Konzentration auf Finanzierungsfragen und die verzweifelten aber vergeblichen Versuche der Anklammerung an das Solidaritätsprinzip und der Ausklammerung des Verantwortungsprinzips. Nur in einem solchen Szenarium kann die Parole diskutiert werden: Leistungen begrenzen - Gesundheit erhalten; diese Perspektive ist falsch. Die Parole muß lauten: Leistungen verbessern - Gesundheitsmündigkeit verbessern. Die Verbesserung der Leistungen unseres Gesundheitssystems liegt nicht in einem Mehr an Finanzierung, sondern in einem Mehr an Aufklärung, Information, Prädiktion und Prävention. Die Änderung des Systems wird jedoch nicht erfolgen, ohne daß wir individuell und gesellschaftlich unsere Einstellungen zur Verantwortung für die eigene Gesundheit ändern. Die Art und Weise, wie wir mit der modernen Medizin als einem Reparaturbetrieb für Gesundheitssünden und als Medium der individuellen und kulturellen Verdrängung von Alter, Sterben und Tod umgehen, läßt die Hoffnungen auf die medizinisch mögliche, ethisch notwendige und ordnungspolitisch überfällige Transformation der Gesundheitssysteme nicht 9 gerade in den Himmel wachsen. ORDNUNGSETHISCHE PRIORITÄTENLISTE GESUNDHEITSPFLEGE 1. Stärkung von Gesundheitsmündigkeit als Bürgerrecht 2. Kostenlose individualisierte Gesundheitsinformation 3. Solidarische Finanzierung der Basisversorgungen 4. Individuelle Zusatzversicherung 5. Subsidiäre Finanzierung sonstiger Kosten Die Entwicklung eines Mischsystems von Grund- und Zusatzversorgungen, wie es von vielen, von mir seit 1985, vertreten wird, wäre ein wichtiger Schritt auf dem Wege zu einem Gesundheitsmündigkeit stärkenden und Lebensqualität verbessernden gesundheitsfördernden System. Zur Grundversorgung gehört neben und vor einer Liste akuter Interventionen, die solidarisch finanziert werden, die Realisierung des ordnungsethischen Auftrages, die Wahrnehmung des Rechts auf Gesundheit zu gewährleisten durch Erziehung zur Gesundheitsmündigkeit und die Bereitstellung von Informationen für die individuelle Gesundheitsvorsorge. Die Alternative zum Wohlfahrtsstaat ist der Mündigkeitsstaat. In der Mündigkeitsgesellschaft werden Verantwortungskompetenz und Selbstbestimmungspflicht des einzelnen gefördert, nicht unterdrückt. Die Transformation der Wohlfahrtsgesellschaft, die ordnungsethisch und sozialethisch, oft auch finanziell, an ihre Grenzen gekommen ist, in eine Mündigkeitsgesellschaft ist kein revolutionärer Prozeß, sondern verlangt, daß Schritt für Schritt das Prinzip Verantwortung gestärkt und das Prinzip Solidarität ihm nachgeordnet wird. Deshalb lautet meine zweite These: Das traditionelle und statische System der Krankenversorgung muß aus ordnungsethischen und gesundheitsethischen Gründen zu einem differenzierten mehrfach gegliederten System einer modernen Gesundheitspflege entwickelt werden. Die im Anhang abgedruckten Tugendkataloge für Patienten oder potentielle Patienten, Ärzte, Pfleger und Administratoren sollen die verantwortungsethischen Vernetzungen in einem primär auf Verantwortung und nachgeordnet auf Solidarität und Subsidiarität aufgebauten komplexen Systems einer zukunftsorientierten Gesundheitspflege aufzeigen. VOM KRANKENHAUS DER VERGANGENHEIT ZUM GESUND-HEITSZENTRUM DER ZUKUNFT Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung eines zukunftsorientierten Gesundheitswesens wird die Reform der Krankenhäuser zu modernen und leistungsstarken Zentren der Gesundheitspflege spielen müssen. Auch Krankenhäuser und Gesundheitszentren haben ein 10 Gesicht, ein Profil, einen Charakter, eine mehr oder weniger geschätzte oder kalkulierbare Werthaltung und ein Leistungsprofil. In Philosophie und Unternehmenstheorie sprechen wir von 'korporativen Personen’, die gut oder schlecht sind, die jung und Dynamisch oder alt und sklerotisch sein können, einflußreich oder Spielball von anderen menschlichen oder juristischen Personen. Vor allem aber bewerten wir korporative Personen nach den Werten und Leistungen, die sie in unsere Gemeinschaft einbringen, nach den guten nachbarschaftlichen Diensten, die sie für einzelne, die Stadt oder Gemeinde oder die Gesellschaft insgesamt erbringen. Das Charakterprofil eines Gesundheitszentrums stellt sich primär unter ethischen und gesundheitsethischen Aspekten dar; man kann sich aber auch mit der notwendigen Profilierung unter Gesichtspunkten des Wettbewerbs auseinandersetzen. Wettbewerb und Profilierung von Einrichtungen der Krankenversorgung und Gesundheitspflege unter dem Primat des total quality service haben mindestens ebensoviel mit Kultur und Ethik zu tun wie mit Qualitätssicherung in Medizin und Ökonomie. Im Vordergrund der Diskussion um die Krankenhausreform stehen leider sehr häufig nur ökonomische Überlegungen und Zwänge. Von der notwendigen Reform des Krankenhauses kann man aber nicht reden, wenn man sich nicht auf das unternehmerische Ziel, das ein ethisches ist, konzentriert. Im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Handelns des Krankenhauses stehen ethisch notwendige und gesellschaftlich erwünschte medizinische Leistungen, genauer die des stationären Heilens, Pflegens, Linderns und Begleitens. Stationäre Versorgung ist aber im Zeitalter moderner prädikativer, präventiver und akut intervenierender Medizin eng verzahnt mit der nichtstationären allgemeinmedizinischen und fachärztlichen peristationären Versorgung. Diese Situation zwingt zu einer Transformation bisheriger ethischer und medizinischer Parameter bei Laien und Experten, bei Patienten und Ärzten. Auch das Krankenhaus der Zukunft muß sowohl aus medizinischen wie aus ethischen Gründen sich innerhalb des größeren Szenariums der Dienstleistungen moderner Gesundheitsfürsorge neu definieren. Und dies ist meine dritte These: Nichtakute Gesundheitsvorsorge und die akute Krankenversorgung gehören zusammen; beide zusammen bestimmen Leistung und Leistungsprofil des Gesundheitszentrums der Zukunft. Die Qualitätssicherung dieses doppelten Unternehmensziels und die Profilierung des modernen Gesundheitszentrums Mitarbeitern, Nachfragern, Finanzierern und der Öffentlichkeit gegenüber ist die zentrale Herausforderung für Führung und Management. Ökonomisches Überleben der korporativen Person und ihre fachliche, ethische und gesellschaftliche Anerkennung als eines geachteten institutionellen Mitbürgers wird durch Führung und Management im Wettbewerb entschieden. Das leistungs- und 11 qualitätsorientierte marktwirtschaftliche Krankenhaus ist eine Herausforderung an Medizinethik und Unternehmensethik gleichermaßen. Die stationären Dienste eines Krankenhauses müssen sich innerhalb des breiten Angebots moderner Gesundheitsfürsorge neu definieren und an einem breiter gefaßten ethischen Unternehmensziel im Sinne von total quality service ausrichten. Die medizinisch-ethischen Kriterien für die Qualitätssicherung gesundheits-fürsorglicher Dienstleistungen sind seit Jahrhunderten bekannt und weitgehend unumstritten. Sie gelten auch für die Hochleistungsmedizin in der stationären und peristationären Versorgung von heute. An den Kriterien des Schadensverbots und des Hilfsgebots, der professionellen Verantwortung und dem Respekt vor dem Patienten in der Achtung seiner Würde und Selbstbestimmung zu rütteln, wäre sowohl medizin-technisch, wie medizinisch-ethisch verheerend, weil es das Vertrauensverhältnis nicht nur zwischen individuellen Anbietern und Nachfragern zerstört, sondern auch im Wettbewerb profilschädigend - und damit auch profitschädigend - wirkt. Die Hochleistungsmedizin muß mehr noch als die frühere technisch weniger leistungsfähige Medizin auch die Frage nach dem Sinn und den Grenzen des Einsatzes des technisch Möglichen im Lichte des menschlich und medizinisch Sinnvollen und Wünschenswerten stellen und mitbedenken. Die Abwägung des Hilfsgebots, bonum facere, und des Nichtschadensgebots, nil nocere, beispielsweise darf nicht nur unter technischen Aspekten, sondern muß auch unter ethischen Aspekten erfolgen. Nicht bei jedem Patienten ist bei gleicher Diagnose und Prognose dieselbe Behandlung indiziert. Ein Krankenhaus würde im Wettbewerb verlieren, wenn der Kunde befürchten muß, daß nur Symptome uniform und generell, nicht aber Mitmenschen individuell behandelt werden. Die Intensivität der Intervention an sich ist kein Maßstab für eine gute Leistung, sondern muß sich zurückbinden in die patientenorientierte differentialdiagnostisch und differentialethisch gerechtfertigte Leistung, welche die Maschinen dort einsetzt, wo es sinnvoll, notwendig und erwünscht ist, welche aber auch die Angst vor den Maschinen, vor dem medizinisch verlängerten langsamen Sterben und die Selbstbestimmung des Patienten ausgedrückt in einer Betreuungsverfügung ernstnimmt. Gerade im Zeitalter der Hochleistungsmedizin müssen die Prinzipien des Nichtschadens und des Helfens, der ärztlichen Verantwortung und der Selbstbestimmung des Patienten, wo immer sie in Spannung miteinander stehen, im Medium des gegenseitigen Vertrauens abgewogen werden. Wo Institutionen der Gesundheitspflege die Vertrauensbasis verlieren, verlieren sie ihr wichtigstes Kapital im Wettbewerb; Vertrauen ist nicht nur profilrelevant, sondern auch profitrelevant. Deshalb formuliere ich als meine vierte These: Ohne gute Medizin, die den Patienten als Menschen und nicht nur die Symptome behandelt, ist 12 Erfolg im Wettbewerb um stationäre Dienstleistungsangebote nicht möglich. QUALITÄTSSICHERUNG, WETTBEWERB UND UNTERNEHMENSETHIK Pluralitäten von Expertise und Werten bestimmen die moderne Dienstleistungsgesellschaft. Ethik hat es mit Werten zu tun, mit individuellen und mit gesellschaftlichen. Im Umfeld der Szenarien der stationären Behandlung sind das die Prinzipien von Heilen, Helfen, Vorsorgen, Informieren, aber auch die der Solidarität, Subsidarität, Selbstverantwortung, die der Transparenz, der Finanzierbarkeit und des Erfolges, der Marktstärke und Leistungsstärke; das sind teils vorwiegend ethische Prinzipien oder nichtethische Prinzipien mit starkem ethischen Gewicht. Insofern alle wirtschaftlichen Unternehmungen und ärztlichen Interventionen es mit Zielen und Zielkonflikten unter vorgegebenen Werten zu tun haben, gehören sowohl in der Medizin wie in Management und Wirtschaft Ethik und Expertise zusammen. Die technischen, ökonomischen und nicht zuletzt die medizinischen Parameter der stationären Versorgung so mitmenschlich und diakonisch, so kultiviert und professionell wie möglich zurechtzuschneiden, das geht nur im Wettbewerb und deshalb ist Wettbewerb nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine ethische Kategorie. Ohne Ethik sind Technik, Management, Ökonomie und Medizin, jede professionelle Qualitätssicherung und -leistung blind in bezug auf ihre Zielsetzungen, ohne Expertise in professioneller Qualität in Ökonomie oder Medizin ist Ethik stumpf und schließlich erfolglos im Erreichen des Zieles. Zu einer leistungsstarken und im Wettbewerb erfolgreichen qualitätsorientierten Unternehmung gehört ein gutes Corporate Profile als Führungsinstrument nach innen und als Marken- und Erkennungszeichen nach außen. Was das Krankenhaus betrifft, so sind es vor allem Kriterien der Corporate Ethics, die für die innere Führung und das äußere Erscheinungsbild entscheidend sind. Die zentralen ethischen Prinzipien, an denen sich das Krankenhaus im Wettbewerb orientieren muß, sind medizinische Leistungen, wie es vergleichbar für den Anbieter in der Autobranche technische Leistungen sind. Organisationsethische und wirtschaftsethische Parameter umgeben danach wie konzentrische Ringe die im Mittelpunkt des Service stehenden medizinischen und medizinethischen Leistungen. Wachsende Kritik der Bürger an der seelenlosen Apparatemedizin; steigender Kostendruck in einer ausschließlich technisch sich verstehenden Hochleistungsmedizin, wohlfahrtsstaatlicher Mißbrauch des Solidarsystems und grenzübergreifende Märkte für Gesundheitsdienste bald auch in Europa zwingen zu einer strategischen Neukonzeption des Stellenwerts Gesundheitsversorgung im Modell dieser drei konzentrischen Ringe. 13 der stationären Es ist ein sowohl ethischer wie wirtschaftlicher Vorteil des Wettbewerbs, daß er das im Wettbewerb stehende Unternehmen zwingt, sich auf die Produkte und ihre Qualität konzentrieren zu müssen, die es besser als andere oder ebensogut mit zusätzlichen Vorteilen oder Nebenleistungen im Markt anbieten kann. Von ideologischen Kritikern des Marktes wird immer wieder das Gewinnstreben als das vorgeblich zentrale Prinzip des Wettbewerbs von einer am Wohl und Interesse des Kunden orientierten Serviceleistung und langfristigen Marktdurchdringung isoliert und kritisiert. Diese Kritik des Wettbewerbs ist deswegen ideologisch und realitätsfern, weil es, wie der Praktiker weiß, wirtschaftlich falsch wäre, das Profitmotiv von anderen Zielen des Unternehmens im Wettbewerb zu isolieren; Profitmaximierung um jeden Preis ist wettbewerbschädlich und außerdem wirtschaftsethisch falsch. Das gilt vor allem für solche Wettbewerber, bei denen langfristig das Corporate Profile und die Corporate Ethics die besten Chancen der Marktdurchdringung und -behauptung garantieren. Bei wert- und lebensweltrelevanten Dienstleistungen ist langfristig Profit ohne wertrelevantes Profil nicht möglich. Auch für das Krankenhaus, das sich im Wettbewerb durchsetzen will, gilt daher die alte Weisheit jeder guten Unternehmensführung: Ohne Corporate Profile und Corporate Ethics ist langfristig ein Erfolg im Markt nicht möglich. DIE SECHS KRITERIEN EINES ERFOLGREICHEN KRANKENHAUSES Die ethischen Parameter des Krankenhauses liegen an den Schnittstellen zwischen medical ethics, management ethics und business ethics, die sich wie konzentrische Ringe umgeben. Falls es einen Wettbewerb unter Krankenhäusern gäbe, müßten sich wettbewerbsstrategische Überlegungen an diesen Kriterien orientieren. Ich bezweifle, daß wir in der Bundesrepublik heute eine echte Wettbewerbssituation unter Krankenhäusern haben und daß es einen funktionierenden Markt im Dienstleistungsangebot der stationären Versorgung überhaupt gibt. Zu sehr scheint die stationäre Krankenversorgung in einem unflexiblen Geflecht von Trägern, Kassen, Ärzten und Finanzierungsmodellen statisch verkrustet zu sein. Bürger als potentielle Patienten haben selten eine Wahlmöglichkeit, Kassen kennen kein Marktrisiko und stellen sich nur außerordentlich ungenügend dem Wettbewerb untereinander, sind in gewisser Weise sogar vom Wettbewerb ausgeschlossen, nehmen daher ihre marktwirtschaftliche Verantwortung auch noch nicht wahr. Das Krankenhaus bekommt seine Patienten durch ein paternalistisches Geflecht überweisender Ärzte oder durch die Nähe zum Wohn- oder Unfallort. Ambulante und stationäre Versorgung sind kaum integriert, auch nicht Prädiktion, Prävention und akute Intervention. Versicherungsträger treten nicht als Betreiber und Anbieter auf; dabei 14 sind die herausragenden Leistungen von anbietenden Versicherern wie beispielsweise Berufsgenossenschaften auf allen drei Gebieten oder von betriebs- und lebensweltnahen Gesundheits- und Präventionsdiensten in den USA nicht zu übersehen. Der Schlüssel für eine Änderung des Großszenariums unserer Gesundheitsvorsorge und Krankenversorgung liegt in der Ermöglichung und Realisierung von Wettbewerb; aber das ist ein anderes Thema. Erste zaghafte Ansätze zeigen sich in einem europäischen WHO Projekt und bei einzelnen deutschen Trägern. Verkrustete Strukturen eines primär auf Akutintervention und Krankenbehandlung und weniger auf Gesundheitsvorsorge, Prädiktion und Prävention aufgebauten Gesundheitssytems verdecken nicht nur die Leistungsschwächen des Krankenhauses, das sich keinem Wettbewerb zu stellen braucht, sondern auch eines Gesundheitsvorsorgesystems gesundheitsmündiger Bürger, das im wesentlichen immer noch ein Krankenversorgungssytem paternalistischer Medizin mit Stationsegoismus und wenig integriertem medizinischen Betrieb ist. Dieses Fehlen eines echten Wettbewerbs und eines flexiblen Marktes von Anbietern und Nachfragern hat nicht nur ökonomische und medizinische, sondern schwerwiegende ethische Nachteile. Deshalb braucht das Krankenhaus der Zukunft in seiner Funktion und Rolle als des nachbarschaftlichen Anbieters von Gesundheitsdiensten vor allem auch aus medizinethischen und medizinischen, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen mehr Wettbewerb im Interesse einer sich im Wettbewerb erst herausbildenden Dienstleistungskultur optimaler Angebote der Gesundheitsvorsorge. Die Integration von ärztlicher und pflegerischer Expertise und Ethik ist primär ein Thema für die Arztethik und Pflegeethik; sie gehört aber auch in den zentralen Verantwortungsbereich des Trägers und Managers von stationären Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge hinein. Die Führungsverantwortung des Trägers und Managers kann die Notwendigkeit der Verzahnung optimaler technischer und ethischer, auch mitmenschlicher Leistungen im ärztlichen und pflegerischen Bereich nicht ausschließlich denen überlassen, die sie erbringen müssen. In unserem Zusammenhang will ich aber die beiden letzten Kriterien eines Werteprofils für eine wettbewerbsfähige stationäre Versorgung vor allem auch deswegen betonen, weil deren konkrete Umsetzung sicher am meisten kontroverse Diskussion auslösen wird, die Optimierung der technischen und menschlichen Gastdienste. Medizinische, pflegerische und gastgebende Dienste überschneiden sich natürlich oft, aber für die Strategie ihrer jeweiligen Qualitätssicherung und steigerung sollten sie zunächst separat geplant, durchgeführt und verantwortet werden. Immer mehr Krankenhäuser haben freundliche, menschlich und ästhetisch ansprechende Räumlichkeiten, auch im Wohnbereich, den man Bettenbereich nennt, auch in den Aufenthalts-, Ruhe- oder Kommunikationsräumen, auch in den Empfangshallen. Der Patient gibt mit seinem 15 Aufenthaltswechsel doch weder seine ästhetischen, noch seine Bedürfnisse an Wohn-, Intimitätsund Kommunikationskultur auf. Wer im Bett liegen muß, hat besonders spezielle Anforderungen an die Kommunikation und an Dienste, die das Stationäre der eigenen Existenz kompensieren. Gastdienste müssen ebenso wenig wie ärztliche Dienste vom Träger selbst erbracht werden; eine unprofessionell gemachte hundertprozentige eigene Fertigungs- und Dienstleistungsdichte ist nicht nur technisch und menschlich, sondern wohl auch unter Gesichtspunkten des Wettbewerbs und der Qualitätssicherung suboptimal. Wo sind die selbstverständlichen oder zusätzlichen privatwirtschaftlichen Dienste von Trägern oder von Subunternehmern bei Zeitungs-, Post-, Einkaufs-, Essens- und zusätzlichen Versorgungsdiensten, vierundzwanzig Stunden am Tag? Jeder Untersuchungsgefangene kann über private Dienste für sein leibliches Wohl verfügen; der 'Krankenhausinsasse' bekommt seine letzte, oft gesunde oder zuträgliche oder dem persönlichen Geschmack entsprechende Mahlzeit gegen fünf Uhr abends, schon physiologisch und medizinisch nicht sehr sinnvoll, mitmenschlich und ethisch nicht akzeptabel, und in einer Wettbewerbssituation völlig undenkbar; hat er Durst, muß er nach einem vielbeschäftigten und für diese Dienste überqualifizierten Pfleger klingeln. Uniform, steril und unpersönlich wie Kittel der Ärzte und Würde der Zimmer sind Ernährungs- und Kommunikationsdienste. Die Studie von Schauder zur Verpflegung in 56 niedersächsischen Krankenhäusern hat zusammengestellt, daß ein Fettanteil von 42% zu hoch und eine Kohlehydrateanteil von 43% zu niedrig ist schon nach den Kriterien der WHO, die 30% bzw. 50% empfiehlt. Diese Zahlen sind im Vergleich mit ernährungsbedingten Folgekosten in der BRD von etwa 80 Milliarden nicht sehr vertrauenserweckend; sie wären wettbewerbsfeindlich, wenn es denn einen Wettbewerb gäbe. Bei mehr und mehr standardisierten medizinisch-technischen Angeboten in der stationären Versorgung kommt dem Gastservice eine bisher noch nicht entdeckte Profilierungsund Wettbewerbsfunktion zu. Ich will mich nicht in weiteren Details verlieren, sondern diese Überlegungen zum Wettbewerbsprofil in einer fünften These zusammenfassen: Das Wettbewerbsprofil eines Krankenhauses orientiert sich an den sechs Kriterien für gute stationäre Krankenversorgung: technisch gute Medizin, menschlich gute Medizin, technisch gute Pflege, menschlich gute Pflege, gute Wohnumwelt, gute Kommunikationsumwelt. DIE ENTDECKUNG VON BÜRGERN UND TRÄGERN ALS MARKTTEILNEHMERN Erst wenn Wettbewerb bei stationären Dienstleistungsanbietern Schritt für Schritt 16 erleichtert wird, wird es überhaupt möglich, den wichtigsten Marktteilnehmer als Konsumenten zu aktivieren, den Bürger in der Rolle des potentiellen Patienten. Der derzeitige quasi-Markt unter Interessentengruppen wird durch die Integration individueller Marktteilnehmer und die Durchbrechung der Schranken zwischen Finanzierern, Trägern und Dienstleistenden durchsichtiger und bürgernäher, sicher medizinisch und ethisch akzeptabler und vermutlich auch viel billiger. Mit der Aufnahme ins Krankenhaus gibt der Bürger in der Regel auch eine gehörige Portion von Selbstbestimmung und Lebensgestaltung auf, nicht nur weil er schwach und krank ist, sondern weil es eine traditionelle Rolle der Submission unter ein fremdes, vermutlich hierarchisch organisiertes System ist, das man nicht versteht oder nicht verstehen will, und in dem man nichts zu sagen hat, weil man ja auch nichts bezahlt; die Kasse 'bezahlt' ja, nicht der Patient. Diese passive Haltung des Patienten muß nicht sein; sie ist im Gegenteil medizinisch und medizinethisch unerwünscht, wird aber durch das verkrustete System ohne echten Wettbewerb auf der KV-Ebene überdeckt und perpetuiert, häufig an den Rand der Finanzierbarkeit gedrückt. Mengensteuernde Finanzierung nach dem Gesundheitsstrukturgesetz bestraft diejenigen, die eigene Konturen im Dienstleistungsangebot entwickeln. Der gesetzliche Rahmen und die Flexibilität und Kreativität der Kassen werden letztendlich entscheiden, ob es im Interesse einer bürgernahen Gesundheitspflege und einer patientennahen Krankenversorgung zu mehr Wettbewerb kommt. Sechs Wettbewerbsprinzipien sind es, die den passiven Nachfrager von Dienstleistungen zum aktiven Marktteilnehmer machen können: Eigenbeiträge und Subsidaritätsbeiträge durch Nachfrager, Träger und andere, sowie Profilierung und Spezialisierung des Angebots durch den Anbieter. Nachfrager und Anbieter müssen aus ihrer verkrusteten Rolle als Stereotype in einem durch Fehlen von Wettbewerb kennzeichneten System befreit und in den Schwerpunkten ihrer Nachfrage und ihres Angebots neu entdeckt werden; das ist nur möglich durch die Schaffung der Voraussetzungen für Wettbewerb. Die Solidarität ist und bleibt mit Recht die Basis der Finanzierung von Gesundheitsrisiken und ihrer Verhinderung. Aber das Solidaritätssystem muß sich den Regeln des Marktes zwischen Prävention und Akutintervention, der Konkurrenz zwischen den Kassen und Krankenhäusern stellen. Monistische Finanzierung, Aufbereitung und öffentlicher Zugang zu anonymisierten Behandlungsdaten und eine die Spezialisierung fördernde Mengensteuerung durch Finanzierung sind die besten Instrumente zur Erreichung qualitativ hochstehender und preiskonkurrenter Versorgung. Großzügig bemessene Basispakete für die solidarische Gesundheitsvorsorge kaufen nur unter Wettbewerbsbedingungen gute und preiswerte 17 Versorgung. Anreize für den Wettbewerb sind die Alternative zum makroökonomischen Einfrieren und bürokratischen Verwalten von Solidarmitteln oder nur ökonomisch begründetem Interventionsverzicht. Der Eigenbeitrag ist ein wichtiges Prinzip im Marktgeschehen zur Motivatierung von Anbietern und Nachfragern über den Preis. Höhere Eigenbeiträge der Patienten werden seine submissive Passivität ersetzen durch ein Marktverhalten, welches das bessere Angebot bevorzugt. Ich spreche von markanten, nicht von symbolischen Eigenbeiträgen. Warum sollte der Eigenbeitrag für den Aufenthalt im Krankenhaus mit Vollservice geringer sein als der in einem Mittelklassehotel. Das Solidarprinzip verlangt allerdings die Festsetzung von jährlichen Höchstbeträgen für Eigenleistungen; natürlich müssen Sozialfälle von der Solidargemeinschaft, finanziert werden. Aber warum wäre es unsolidarisch, über das Basispaket hinaus individuell finanzierbare Leistungen anzubieten und zusätzlich honorieren zu lassen. Als zivilisierte und kultivierte Menschen haben doch nicht nur uniforme, sondern auch individualisierte Wünsche und Bedürfnisse, auf welche nicht verzichten zu müssen, ein Bürgerrecht ist und zu einem guten Dienstleistungsangebot von Krankenhäusern gehören müßte. In einer pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft kann schließlich auf das Prinzip der Subsidiarität nicht verzichtet werden, das es kleinen natürlichen oder weltanschaulichen Gemeinschaften erlaubt, für sehr individuelle oder sehr spezielle Bedürfnisse zu sorgen. Im Zeitalter des im wesentlichen solidarisch finanzierten Gesundheitsrisikos wird das klassische Prinzip der Subsidiarität nicht überflüssig; im Gegenteil, im Zeitalter differenzierter Angebote und differenzierter Bedürfnisse und Erwartungen bedarf es einer Neuentdeckung. Eigenbeiträge von Trägern stationärer Einrichtungen der Gesundheitspflege dürfen in einem in der Basis solidarisch finanzierten Gesundheitssytem nicht unter dem Buchungsposten Solidarität verbucht werden, sie gehören unter den Buchungsposten Subsidarität, sonst stimmt die ethische und auch die finanzielle Kalkulation nicht. Unterschiedliche Träger (Kommunen, vor allem aber Religionsgemeinschaften und neue um Gesundheit, Schmerz, Sterben, Alter und Selbstbestimmung bekümmerte Gruppen) müssen in einer Wettbewerbssituation freigesetzt werden, sich durch unterschiedliche Angebote zu profilieren. Erst im Wettbewerb und in der Spezialisierung werden sich unterschiedliche qualitative Leistungen von Diakonie und kommunaler Nachbarschaft, von finanzieller Subsidiarität und menschlicher Zuwendung in ihren jeweiligen Konturen deutlicher machen lassen und damit auch das Profil der Anbieter stärker akzentuieren. Eine deutlichere Angebotsprofilierung der im Wettbewerb von Krankenhäusern sich in 18 den Außenbeziehungen zu potentiellen Patienten darstellenden sechs Leistungskriterien werden dafür sorgen, daß sich Schritt für Schritt ein Markt auch für den Nachfrager von stationären Dienstleistungen entwickelt. Dabei wird der Nachfrager sich je nach technischem Schwerpunkt seiner Nachfrage, dem Gastservice der Institution, auch dem Preis und nach seinen individuellen Abwägungen für das eine oder andere Angebotsprofil entscheiden. Besondere Angebotsspezialisierungen innerhalb des medizinischen Angebots oder der Art und Weise, wie das Angebot erbracht wird, im Belegbettenmodell beispielsweise, sind von besonderer Wirksamkeit im Wettbewerb. Zu den differenzierten Dienstleistungen, die von einer primär stationär Gesundheitsdienste anbietenden Unternehmung nachgefragt werden, gehören zumindest die folgenden sechs: aggressive und intensive Akutintervention mit kämpferischem Ethos, chronische Versorgung mit partnerschaftlichem und pflegerischem Ethos, prädiktive und präventive Dienste mit Informations-, Aufklärungs- und Beratungsethos, peristationäre Versorgung mit dem vertrauensbasierten stationsübergreifenden Ethos der Integration ambulanter und stationärer Sorge, geriatrische Betreuung und Sterbebegleitung mit dem Ethos der Mitmenschlichkeit, des Respekts vor der Menschenwürde des unheilbar Kranken und Sterbenden und der Akzeptierung des Rechts zur Selbstbestimmung auch im unheilbar Kranksein und im Sterben. über die jeweils anderen ethisch-medizinisch-ökonomisch-menschlichen Herausforderungen dieser sechs unterschiedlichen Angebote müßte ausführlicher ethisch reflektiert werden. Ich will hier nur anmerken, daß in den meisten dieser Szenarien ein großes ungenutztes Potential liegt, das im Sinne einer besseren medizinischen Versorgung, einer besseren Berücksichtigung der Selbstbestimmung der Patienten und ihrer Konzeptionen von Lebens- und Behandlungsqualität, und einer verbesserten Wettbewerbssituation ausgeschöpft werden könnte. Nur gemeinsam können die drei Prinzipien der Verantwortung, Solidarität und Subsidiarität schon aus ethischen Gründen Basis für die Finanzierung von Gesundheitsvorsorge sein; das gilt auch für die Finanzierung stationärer Kosten. Eigenbeiträge und sichtbare und gezielte Leistungen der Subsidarität werden nicht ohne Einfluß auf die Qualitätssteigerung des Angebots bleiben und damit im Interesse des Nachfragers zum Wettbewerb beitragen. Meine sechste These lautet: Für die Entwicklung eines umfassenden Qualitätsservice und für die Initierung des Wettbewerbs bedarf es der Entdeckung und Aktivierung des wichtigsten Marktteilnehmers, des Bürgers als Patienten oder potentiellen Patienten; deshalb müssen Eigenbeiträge und Subsidaritätsleistungen, Angebotsprofilierung und Angebotsspezialisierung als wichtige Instrumente zur Wettbewerbs- und Qualitätsverbesserung neu entdeckt werden. 19 GESUNDHEITSZENTRUM UND PERISTATIONÄRE DIENSTE Vom Wettbewerb im Krankenhaus und unter Krankenhäusern kann man nicht sprechen, ohne die nicht im Zentrum der stationären Versorgung liegenden, aber im Wettbewerb auch aus ethischen Gründen wichtigen sonstigen Dienstleistungen zu berücksichtigen, die von einem Krankenhaus in seiner Funktion als health care center erbracht werden können und sollen. Im wettbewerbsstarken Gesundheitszentrum der Zukunft ist das KrankenHaus ein Haus unter anderen, ein Modul unter vielen, die in differenzierter Weise der Gesundheitsvorsorge dienen: Pflegehäuser, Präventionsgebäude, geriatrische Häuser, Praxishäuser, Beratungs- und Informationshäuser, Apotheken, Buch- und Medienläden. Da ist zunächst die menschlich, medizinisch und ethisch wenig befriedigende starre Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu nennen. Ich hatte bereits von dem medizinisch und ethisch sehr sinnvollen peristationären Bezugsrahmen gesprochen, der überall dort aufgebaut werden kann, wo es sich nicht um unerwartete Akutfälle handelt und wo die korporative Person des Krankenhauses mit ihren Diensten in das Umfeld der Gemeinde ausgreifen kann. Das Belegbettenprinzip trägt ebenfalls zur Reduktion des Bruches zwischen der ambulanten und der stationären Behandlung bei. Natürlich gibt es einen aktuellen Interessenkonflikt zwischen den Lagern der ambulanten und der stationären Versorgung; aber Grenzen sind nicht ewig, vor allem, wenn sie sachlich nicht gerechtfertigt und medizinisch wie ethisch nicht wettbewerbsfähig sind. Aus Konfrontation kann Kooperation werden. Krankenhausträger könnten beginnen, neben die stationären Einheiten Praxiskliniken zu setzen, wenn die Verordnungs- und Finanzierungsnetze derzeit keine optimalere Integrationen für patientenorientierte Versorgung erlauben. In den USA sind unter dem Einfluß moderner medizinischer Möglichkeiten, eines marktwirtschaftlichen Wettbewerbs und einer dadurch notwendig gewordenen Konzentration auf das ethische Unternehmensziel des Gesundheitszentrums in der Zeit von 1985 bis 1993 die Einnahmen von Gesundheitszentren aus nichtstationären Serviceleistungen von 15% auf 35% gestiegen, die durchschnittliche Dauer des stationären Aufenthalts um ein Drittel gesunken. In den USA sind die stationären Zentren der Krankenversorgung selbstverständlich gleichzeitig Zentren für Präventionsservice, für medizinische Information und Aufklärung. Vortragsveranstaltungen oder -serien mit oder ohne Eintrittsgebühren zu Themen, so weit gestreut wie Herzkreislauf Vorsorge, Diät, Informationen über Risiken beim Prostata- oder Mammakarzinom, oft gekoppelt mit Sonderkonditionen für Vorsorgeuntersuchungen, Unterrichtsklassen für Kreislauftraining und Gewichtskontrolle leisten 20 einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen und individuellen Gesundheitspflege und würden nicht schlecht in das Profil eines deutschen Zentrums der Gesundheitspflege und Krankenvesorgung passen. Transparenz des Angebots stationärer und peristationärer oder zusätzlicher Dienstleistungen und neue Berufungen von Ärzten und Mitarbeitern, sowie Entwicklungen in der Spezialisierung und Hinweise auf Termine für Vortragsveranstaltungen und Klassen werden in exemplarischer Weise in der (kostenlosen) Hauszeitschrift des Health Care Centers zusammengefaßt. Eine solche Hauszeitschrift profiliert das Bild des Krankenhauses nach außen und stärkt das Selbstverständnis nach innen. Es ist bezeichnend für die deutsche Situation, daß wir den Begriff Health Care Center nicht so einfach ins Deutsche übersetzen können; Krankenhaus ist nicht die richtige Übersetzung und nicht das richtige Bild, auch nicht mehr das zukunftsorientierte Profil einer erfolgreichen Unternehmung in der Gesundheitsvorsorge. Ich fasse die Skizze zu den zusätzlichen Leistungen, die von einem Unternehmen der Gesundheitsvorsorge verlangt werden, das nicht mehr nur ein Haus für Kranke im traditionellen Sinne sein kann, wie folgt in einer siebten These zusammen: Zusätzliche sowohl ethisch notwendige wie wettbewerbswirksame Leistungen eines Krankenhauses als eines Gesundheitszentrums sind Beiträge zur Integration von ambulanter und stationärer Behandlung, von Prävention und Information, eigene diakonische Sonderleistungen und Angebotstransparenz. DIE ETHISCHE QUALITÄT MEDIZINISCHER QUALITÄTSSICHERUNG Gesundheitsversorgung und Gesundheitsfinanzierung sind im Umbruch. Die Gründe dafür liegen einmal in den Fortschritten nicht nur der akuten und intensiven Intervention, sondern auch der nichtakuten langfristigen Prädiktion und Prävention in der Gesundheitsvorsorge. Sie liegen zum anderen in den im Zeitalter von Selbstbestimmung und Multikulturalität zunehmend unterschiedlichen Nachfragerhaltungen. Das heutige System der stationären Krankenversorgung wird beiden Gegebenheiten ethisch nicht gerecht. Nur ein neues Ringen um eine umfassende Qualitätssicherung und die Schaffung eines Marktes zwischen Anbietern und Nachfragern von differenzierter und individualisierter Gesundheitsvorsorge, von Krankheits- und Sterbebegleitung wird über die Mechanismen des Wettbewerbs, weniger über die Mechanismen einer engmaschigen Ordnungspolitik ethisch notwendige und wirtschaftlich erfolgreiche Modelle einer qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung entwickeln. Die Aufgabe der Ordnungspolitik im Gesundheitswesen wäre es, die Voraussetzungen für die sich nur im Wettbewerb entwickelnden optimalen Strukturen einer auf den ethischen Prinzipien der 21 Selbstverantwortung, der Solidarität und Subsidiarität gegliederten Landschaft von Anbietern und Nachfragern zu schaffen. Entscheidend ist aber, daß die korporative Person des Krankenhauses genug Energie, Charakter, Klugheit und Weitsicht entwickelt, sich selbst auf die Herausforderungen des Zukunft an Profil und Profit, an Charakter und Lebensfähigkeit vorzubereiten und sie zu bestehen. Im Wettbewerb von qualitativen Leistungen muß das Krankenhaus sich zu einem Gesundheitszentrum entwickeln mit einem breiten Angebot an Diensten und zu einem guten Nachbarn für den gesundheitmündigen Bürger. Das Gesundheitszentrum der Zukunft muß sich ebenso wie das traditionelle Krankenhaus an dem ethischen Unternehmensziel von Gesundheitspflege und Krankenversorgung ausrichten. Es kann dieses Unternehmensziel nur an der Qualität des Angebots und den Bedürfnissen der Nachfrager orientieren und reformieren. Steht der frische Wind des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs im Widerspruch zum Unternehmensziel des Krankenhauses? Die Antwort des Ethikers ist eine doppelte und stellt Forderungen an Gesundheitsethik und Wirtschaftsethik von Anbietern und Nachfragern: (1) Marktwirtschaft im Krankenhaus zwingt zu einer medizinisch und ethisch erwünschten Konzentration auf Angebot und Qualität von Service; sie ermöglicht im Interesse des ethischen Unternehmensziels bessere Medizin. (2) Marktwirtschaftlicher Wettbewerb unter Krankenhäusern und mit anderen Anbietern trägt zur medizinsch und ethisch notwendigen Transformation des klassischen Krankenhauses zu einem modernen Gesundheitszentrum bei; er ermöglicht im Interesse des ethischen Unternehmensziels nicht nur mit Sicherheit bessere, sondern vermutlich auch preiswertere Medizin. Sicherstellung ethischer und medizinischer Qualität in der Gesundheitsversorgung schließlich ist nicht möglich ohne die aktive Teilnahme des Bürgers als Patienten oder potentiellen Patienten, nicht ohne Verantwortungskompetenz und Selbstbestimmungspflicht. Das Gesetz über die Strukturreform im Gesundheitswesen und seine Umsetzung findet zwar parteienübergreifend Zustimmung, dürfte aber eher das bestehende verkrustete System starrer Restriktionen von Ausgabenbudgets verstärken, als auf eine grundsätzliche Strukturreform hinführen. Deshalb sind Gesundheitspolitik und Gesundheitspflege allein auf dem Prinzip der Solidarität basierend, finanziell nicht mehr machbar und ethisch nicht mehr wünschbar. 22 LITERATUR Akademie für Ethik in der Medizin (1995) Ethische Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gesundheitsreformstufe 3, Göttingen: Akademie für Ehtik in der Medizin Baier H (1978) Medizin im Sozialstaat, Stuttgart: Enke Bundesrepublik Deutschland (1992) Gesundheitsstrukturgesetz, Bonn: Bundesministerium für Gesundheit Goodman J, Musgrave, G (1992) Patient Power, Washington DC : Cato Institute Herder-Dorneich P (1983) Ordnungstheorie des Sozialstaates, Heidelberg: Winter Hüllemann KD (1994) Der Arbeitsaufgabe freundliches Krankenhaus ein Stück näher. Health Promoting Hospitals-ein europäisches Projekt der WHO Krankenhaus Arzt 67(4):159-167 The Netherlands, Government Committe on Choices in Health Care (1992) Choices in Health Care, Rijswijk: Ministry of Welfare, Health and Cultural Affairs Morone JA, Goggin JM, hg (1995) European Health Policies: Welfare States in a Market Era, Journal of Health Politics, Policy and Law 20(3) 557-823 Sass HM, hg (1988) Ethik und öffentliches Gesundheitswesen, Heidelberg: Springer Sass HM (1990) Zielkonflikte im Wohlfahrtsstaat, Sicherheit und Freiheit. 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Vermeide Gesundheitrisiken und nutze die Möglichkeiten der prädikativen und präventiven Medizin. 4. Erwarte von der Medizin Heilung oder Milderung, aber sei Dir der Grenzen und der Risiken der medizinischen Intervention bewußt. 5. Sei ein verantwortlicher und zuverlässiger Partner für Ärzte und ihre Mitarbeiter bei einer notwendig werdenden Behandlung. 6. Erwarte von Arzt, daß er Dich über Risiken und Ziele einer akuten Behandlung oder einer Prognose hinreichend informiert und diskutiere diese mit dem Arzt. 7. Erkenne auch in Krankheit oder Behinderung Möglichkeiten und Heraus-forderungen zur Entwicklung individueller Lebensqualität. 8. Sei Dir bewußt, daß unterschiedliche Lebensstufen, auch das Alter, nicht durch reduzierte, sondern durch modifizierte Formen von Lebensqualität sich unterscheiden. 9. Diskutiere mit Deinem Arzt, mit Freunden und Familie, Deine Kriterien von Lebensqualität für den Fall, daß andere einmal für Dich über Behandlungsrisiken entscheiden müssen; halte Deine Vorstellungen schriftlich fest und beauftrage einen Vertrauten mit stellvertretenden Entscheidungen. 10. Trage Deinen Teil bei zu einem verantwortlichen und solidarischen Umgang mit den Kosten des Gesundheitswesens. 2. REGELN FÜR DEN ARZT 1. Behandle Deinen Patienten als Mitmenschen, nicht nur seine oder ihre Symptome oder Krankheiten. 2. Hilf Deinem Patienten zu Gesundheitsverantwortung und Gesundheitsmündigkeit. 3. Integriere die Befunde von 'Blutbild' und 'Wertbild' Deines Patienten und mache sie zur Grundlage von Prognose, Intervention und Interventionsüberprüfung. 4. Sei Dir der Grenzen des technisch Machbaren bewußt und diskutiere diese mit Deinem Patienten. 5. Entscheide, so weit wie möglich, in Partnerschaft mit dem Patienten über Optionen oder Verzicht von Intervention. 6. Entwickle eine differenzierte und individualisierte Strategie für Intervention und Beratung. 7. Hilf Deinem Patienten bei der langfristigen Erstellung von Wertbildern, die bei Koma, Demenz oder Multimorbidität adjuvantiv oder regulativ herangezogen werden können. 24 8. Wähle für klinische Studien Patienten nicht nur nach dem Krankheitsprofil, sondern auch nach ihrem Wertprofil aus. 9. Verbinde Ethik mit Expertise zur Reduktion technischer und zur Vermeidung ethischer Risiken. 10. Trage Deinen Teil bei zu einem verantwortlichen und solidarischen Umgang mit den Kosten des Gesundheitswesens. 3. Regeln für den Administrator 1. Behandle Bürger und Angehörige medizinischer Berufe als Mitmenschen, nicht nur als Rädchen im System der Vorschriften. 2. Mache Erziehung zur Gesundheitsmündigkeit und die individuelle Gesundheitsinformation zu den Prioritäten einer verantwortungsbasierten Vorsorge. 3. Sichere eine patientenfreundliche Akutbehandlung, bei der das 'Wertbild' des Patienten eine ebenso wichtige Rolle spielt wie das 'Blutbild'. 4. Erwarte vom Versicherten die Erstellung Vorsorglicher Verfügungen. 5. Verlange vom Versicherten die Wahrnehmung individueller Gesundheitsinformation und sichere eine angemessene Beratung und Hilfe bei der Prävention. 6. Stelle Dich der Konkurrenz mit anderen Modellen mit Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsfinanzierung. 7. Sei Dir der Grenzen des organisatorisch und planerisch Machbaren bewußt; beteilige Bürger und Mediziner an Organisations- und Planungsverbesserung. 8. Nutze alle Möglichkeiten einer bürgerfreundlichen Rationalisierung Dezentralisierung, auch in Verantwortung, Finanzierung und Management. und 9. Verbinde Ethik mit Expertise zur Reduktion administrativer und zur Vermeidung ethischer Risiken. 10. Trage Deinen Teil bei zu einem verantwortlichen und solidarischen Umgang mit den Kosten des Gesundheitswesens. 25 Überarbeitete Vorträge in der Humboldt Universität, Charite 'Der Beitrag der Medizinethik zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen' und zur Jahrestagung der Schmalenbach-gesellschaft 'Ist Wettbewerb im Krankenhaus ethisch akzeptabel': Teile der Vorträge wurden veröffentlicht in „Zeitschrift für ärztliche Fortbildung“ 87 (1993) 579-585 und in „Total Quality Management. Forderungen an Gesundheitseinrichtungen“, hg. H. Spörkel u.a., Berlin, 39-53 Herausgeber: Prof. Dr. med. Klaus Hinrichsen Prof. Dr. phil. Hans-Martin Sass Prof. Dr. med. Herbert Viefhues Zentrum für Medizinische Ethik Bochum Ruhr-Universität Gebäude GA 3/53 44780 Bochum TEL (0234) 32-22749/50 FAX +49 234 3214-598 Email: [email protected] Internet: http://www.medizinethik-bochum.de Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge deckt sich nicht immer mit der Auffassung des ZENTRUMS FÜR MEDIZINISCHE ETHIK BOCHUM. Er wird allein von den Autoren verantwortet. © Hans-Martin Sass Schutzgebühr: Bankverbindung: ISBN 3-927855-91-X € 6,00 Sparkasse Bochum Kto.Nr. 133 189 035 BLZ: 430 500 01 ZUSAMMENFASSUNG: Eine Diskussion der ordnungsethischen Herausforderungen bei der Überleitung des deutschen Gesundheitswesens, das traditionell allein auf dem Prinzip der Solidarität beruhte, in ein Gesundheitssystem, das auf den drei Prinzipien der Gesundheitsverantwortung, der Solidarität und der Subsidiarität aufbaut. Ausführlich werden klinisch-ethische Prinzipien vorgestellt, welche die Transformation des klassischen Krankenhauses in ein modernes Gesundheitszentrum fordern, das stationäre und ambulante Dienste, sowie Dienste der Prävention, Information und zusätzliche Dienste eines guten Dienstleistungs-Nachbarn bieten kann. SUMMARY: A discussion of macro-ethical challenges of transforming the German health care system from a solidary-based system towards a system based on the trias of responsibility, solidarity, and subsidiarity. Special attention is given to evaluate clinical-ethical principles for the transformation of traditional hospitals into modern health care centers integrating stationary and ambulatory services, prevention, education, and additional services of a good corporate neighbor. ISBN 3-927855-91-X Heft 110 REFORM VON GESUNDHEITSWESEN UND KRANKENHÄUSERN IN VERANTWORTUNGSETHISCHER PERSPEKTIVE Hans-Martin Sass August 1996