Funktionalanalysis I

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Funktionalanalysis I
Malte Braack
Mathematisches Seminar
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Vorlesungsskript WS 2012/13, Stand: 12.02.2013
Inhaltsverzeichnis
1 Topologische Räume
1.1 Topologischer Raum . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Konvergenz in topologischen Räumen . . . . .
1.3 Abbildungen zwischen topologischen Räumen
1.4 Kompakte Mengen . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Metrische Räume
2.1 Metrische Räume und ihre Topologie . . . . . . .
2.2 Beispiele metrischer Räume . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Endlich-dimensionale metrischer Räume .
2.2.2 Folgenraum l∞ . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Folgenräume lp . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Satz von Stone-Weierstraß . . . . . . . . . . . . .
2.4 Cauchy-Folgen und Vollständigkeit . . . . . . . .
2.5 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
2.6 Fixpunktsatz von Banach . . . . . . . . . . . . .
2.7 Der Satz von Baire . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 Normierte Räume
3.1 Fortsetzungssatz von Hahn-Banach
3.2 Halbnormen . . . . . . . . . . . . .
3.3 Normierte Räume . . . . . . . . . .
3.4 Stetige lineare Operatoren zwischen
3.5 Der Dualraum . . . . . . . . . . . .
3.6 Minkowski-Funktional . . . . . . .
3.7 Trennungssätze von Hahn-Banach .
3.8 Das Lemma von Riesz . . . . . . .
3.9 Bidualraum und reflexive Räume .
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normierten Räumen
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ii
M. Braack - INHALTSVERZEICHNIS
3.10 Beispiele normierter Räume . . . . . . . . . . . .
3.10.1 Stetige Funktionen mit der Lp -Norm . . .
3.10.2 Räume stetig differenzierbarer Funktionen
3.10.3 Hölder-Räume . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10.4 Folgen-Räume lp . . . . . . . . . . . . . .
3.11 Adjungierte Operatoren . . . . . . . . . . . . . .
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4 Banach-Räume
4.1 Bestapproximation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Raum stetiger Funktionen als Beispiel eines nicht Banach-Raums
4.3 Beispiele von Banach-Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Stetige Funktionen (C(Ω), || · ||∞ ) . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Differenzierbare Funktionen (C m (Ω), || · ||C m (Ω) ) . . . . . . .
4.3.3 Hölder-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω) . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Satz von Banach-Steinhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Prinzip der offenen Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7 Satz vom abgeschlossenen Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Schwache Topologien
5.1 Schwache Topologien auf normierten Räumen . . . .
5.2 Schwache Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Schwache Konvergenz in normierten Räumen .
5.2.2 Schwache Konvergenz in Banachräumen . . .
5.2.3 Schwache Konvergenz in reflexiven Räumen .
5.2.4 Anwendung auf Operatorgleichungen . . . . .
5.3 Die schwach-*-Topologie auf dem Dualraum . . . . .
5.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki . . . . . . . .
6 Hilbert-Räume
6.1 Gleichmäßig konvexe Räume . .
6.2 Skalarprodukte . . . . . . . . .
6.3 Prä-Hilberträume . . . . . . . .
6.4 Hilbert-Räume . . . . . . . . .
6.5 Dualräume von Hilbert-Räumen
6.6 Satz von Lax-Milgram . . . . .
6.7 Beispiele von Hilberträumen . .
6.7.1 Der Folgenraum l2 . . .
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INHALTSVERZEICHNIS
6.7.2
1
Der Funktionenraum L2 (Ω) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
7 Sobolev-Räume
7.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Schwache Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3 Definition der Sobolev-Räume . . . . . . . . . . . . . . . .
7.4 Die Räume H m (Ω) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.5 Einbettungssätze von Sobolev . . . . . . . . . . . . . . . .
7.5.1 Eindimensionaler Fall . . . . . . . . . . . . . . . .
7.5.2 Mehrdimensionaler Fall . . . . . . . . . . . . . . .
7.6 Spursatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.7 Die Räume W0m,p (Ω) und H0m (Ω) . . . . . . . . . . . . . .
7.8 Ungleichung von Poincaré . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.9 Anwendung auf elliptische partielle Differentialgleichungen
7.9.1 Beispiel einspringende Ecken . . . . . . . . . . . . .
8 Kompakte Operatoren
8.1 Kompakte lineare Operatoren . . . . . . . . .
8.1.1 Fredholm’sche Alternative . . . . . . .
8.2 Spektrum und Resolventenmenge . . . . . . .
8.2.1 Spektralsatz für kompakte Operatoren
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2
M. Braack - INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
Wir behandeln in dieser Vorlesung die lineare Funktionalanalysis und geben erste
Einblicke in eine moderne Theorie partieller Differentialgleichungen. Wir untersuchen lineare Abbildungen zwischen linearen Räumen mit topologischer Struktur.
Ziel ist es zu verstehen, welche topologischen Begriffe des (endlich-dimensionalen)
Euklidschen Raumes Rn sich auch auf (unendlich-dimensionale) Funktionenräume
übertragen lassen. Wir werden sehen, dass sich nur gewisse Aussagen vom endlichdimensionalen auf den unendlich-dimensionalen Fall erweitern lassen, während andere Aussagen im unendlich-dimensionalen Fall nicht gelten.
Wir beginnen mit den topologischen Strukturen und grundlegenden funktionalanalytischen Begriffen, die für Funktionenräume essentiell sind. Hieraus leiten sich
Aussagen und geeignete Beispiele ab. Wir beginnen dabei mit zunächst sehr wenig
Struktur, nämlich nur mit den Begriffen “Topologie” und “offene Menge”. Anschließend betrachten wir spezielle Topologien, die sich aus Metriken ergeben. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die zugrundeliegende Menge noch keine Vektorraumstruktur
haben. Diese haben wir erst in den “Normierten Räumen”. Wir stellen die wichtigsten Ergebnisse für die normierten Räume zusammen, wobei wir insbesondere auf
die Dualräume eingehen. Wir fahren fort mit vollständigen normierten Räumen, den
sogenannten “Banachräumen”. Einen kleinen Exkurs in die adjungierten Operatoren gönnen wir uns, da uns dies später für die Lösbarkeit von Operatorgleichungen
nützlich ist. Ausführlich behandeln wir den Komplex der “Schwachen Topologien”,
der uns einen schwächeren Konvergenzbegriff liefert. Die Hilbert-Räume behandeln
wir als Spezialfall von Banachräumen im Anschluß. Wir beenden diese Vorlesung mit
der Einführung der Sobolev-Räume, die uns eine wunderbare Theorie zur Lösung
von Partiellen Differentialgleichungen liefern. Um einen kleinen Eindruck hierzu zu
vermitteln, wenden wir die Ergebnisse an auf die Lösung einer elliptischen Differentialgleichung.
4
M. Braack - INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Topologische Räume
1.1
Topologischer Raum
Definition 1.1 Unter einer Topologie auf einer nichtleeren Menge X versteht man
eine Teilmenge T ⊆ P(X) mit:
• ∅, X ∈ T ,
• beliebige Vereinigungen von Mengen aus T sind wieder in T ,
• endliche Durchschnitte von Mengen aus T sind wieder in T .
Das Paar (X, T ) wird dann topologischer Raum genannt und die Elemente von T
werden offene Mengen in X genannt.
Beispiele:
1. P(X) ist stets eine Topologie auf X. Sie wird diskrete Topologie genannt.
2. Unter der Standard-Topologie auf R verstehen wir gerade die Topologie, die
sich aus den herkömmlichen Begriff offener Mengen ergibt:
h
o
n
i
T =
U ⊆ R ∀x ∈ U ∃nx ∈ N mit x − n1x , x + n1x ⊆ U .
Sind T1 , T2 zwei Topologien auf X mit T1 ⊆ T2 , so heißt T1 gröber als T2 und
T2 feiner als T1 . T = {∅, X} ist die gröbste Topologien auf X. P(X) ist die feinste
Topologien auf X.
Die abgeschlossenen Mengen A ⊆ X sind die Mengen, deren Komplement offen
ist, also X \ A ∈ T . Wenn sich die Grundmenge X aus dem Zusammenhang ergibt,
schreiben wir für das Komplement einer Teilmenge A auch einfach Ac := X \ A.
6
M. Braack - Topologische Räume
Definition 1.2 Unter der Produkttopologie auf dem Produkt X × Y zweier topologischer Räume (X, TX ) und (Y, TY ) versteht man die gröbste Topologie TX×Y , die
alle Mengen A × B offener Mengen A ∈ TX und B ∈ TY enthält.
Die Produkttopologie auf Rn wird gerade gebildet aus den herkömmlich offenen
Mengen (z.B. in Bezug auf die euklidische Metrik).
Durch den Begriff der Topologie können wir nun Umgebungen von Punkten
definieren:
Definition 1.3 Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Umgebungen eines Punktes x ∈
X sind die offenen Mengen U mit x ∈ U . Unter einer Umgebungsbasis dieses
Punktes versteht man ein System {Ui }i∈I von offenen Mengen Ui derart, dass jede
Umgebung von x ein Ui enthält.
Eine Umgebungsbasis des Nullpunktes in der Standardtopologie des R ist beispielsweise gegeben durch die offenen Intervalle Un =] − 1/n, 1/n[ für n ∈ N.
Definition 1.4 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, M ⊆ X. Ein Punkt x ∈ X
heißt:
(a) Innerer Punkt von M , wenn M eine Umgebung von x enthält; also:
∃U ∈ T mit x ∈ U ⊆ M .
(b) Randpunkt von M , wenn in jeder Umgebung U von x mindestens ein Punkt
von M und einer von X \ M liegt. Die Menge der Randpunkte wird mit ∂M
bezeichnet.
(c) Berührungspunkt von M , wenn für jede Umgebung U von x gilt: M ∩ U 6= ∅.
Die Menge der Berührungspunkte vom M wird mit M bezeichnet,
Innere Punkte sind also niemals Randpunkte, und umgekehrt. Jeder innere Punkt
ist Berührungspunkt. Hiermit können wir jetzt offene Mengen auch anders charakterisieren:
Lemma 1.5 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, M ⊆ X. Dann gilt:
(a) Die Menge M ist genau dann offen, wenn alle ihre Punkte innere Punkte von
M sind.
1.1 Topologischer Raum
7
(b) Die Menge M ist genau dann abgeschlossen, wenn jeder seiner Berührungspunkte Element von M ist.
(c) Die Menge der inneren Punkte von M ist:
[
int(M ) =
{U ∈ T : U ⊆ M } .
(d) Die Menge der Berührungspunkte von M ist:
\
M =
{A : A abgeschlossen und M ⊆ A} .
Beweis. (a): Ist M offen, so ist M Umgebung jedes Punktes x ∈ M . Also ist
x innerer Punkt. Sei nun jeder Punkt x ∈ M innerer Punkt. Dann existiert eine
Umgebung U (x) ⊆ M von x. Also ist
[
U (x)
M=
x∈M
als Vereinigung offener Menge auch offen.
(b) Die Aussage ist äquivalent damit, dass M c = X \ M genau dann offen ist,
wenn kein Berührungspunkt von M in M c liegt. Dies ist nach (a) aber korrekt,
denn M c offen ist äquivalent damit, dass M c nur innere Punkte besitzt, also niemals
Berührungspunkte von M .
(c) folgt nun direkt aus (a) und (d) folgt aus (b) (Übungsaufgabe).
Definition 1.6 Eine Teilmenge A eines topologischer Raumes X heißt dicht, wenn
A = X. Ein topologischer Raum X heißt separabel, wenn eine abzählbar dichte
Teilmenge A ⊆ X existiert, also A = X.
Beispiel: Der Raum Rn versehen mit der Standard-Topologie ist separabel, denn
die Punkte mit rationalen Koordinaten sind dicht, Qn = Rn .
Definition 1.7 Sei X ein topologischer Raum. Eine Menge A ⊆ X heißt nirgends
dicht, wenn A keine inneren Punkte enthält.
Man sieht leicht, dass gilt:
Lemma 1.8 Aus A nirgends dicht folgt Ac ist dicht in X.
Beweis. Übungsaufgabe.
8
M. Braack - Topologische Räume
Definition 1.9 Sei X ein topologischer Raum. Eine Menge A ⊆ X heißt mager
(oder auch von 1. Kategorie), wenn sich A als abzählbare Vereinigung nirgens dichter Mengen darstellen läßt. Anderenfalls heißt A nicht mager (oder auch von 2.
Kategorie).
Offensichtlich sind Teilmengen von mageren Mengen sowie abzählbare Vereinigungen
magerer Mengen wieder mager. Insbesondere ist Q als Teilmenge von R mager.
Definition 1.10 Ist (X, T ) ein topologischer Raum und M ⊆ X so ist
TM := {M ∩ U : U ∈ T }
eine Topologie auf M . Sie wird Relativtopologie genannt.
Im Fall, dass M offen in X ist, so überlegt man sich schnell, dass TM ⊆ T . Im Fall,
dass M 6∈ T gilt dies nie (Übungsaufgabe).
1.2
Konvergenz in topologischen Räumen
Definition 1.11 Eine Folge (xn )n∈N in einem topologischen Raum (X, T ) heißt
konvergent gegen ein x ∈ X, wenn außerhalb jeder Umgebung von x höchstens
endlich viele Glieder der Folge liegen. In diesem Fall schreibt man
x = lim xn
n→∞
oder
xn → x .
Je weniger offene Mengen es gibt, umso schwächer ist also der Konvergenzbegriff.
In der gröbsten Topologie T = {∅, X} ist jede Folge gegen jedes x ∈ X konvergent.
In der diskreten Topologie T = P(X) sind nur diejenigen Folgen konvergent, die ab
einem gewissen Folgenglied konstant werden. Im allgemeinen muss ein Grenzwert,
sofern er existiert, nicht eindeutig sein. In Hausdorff-Räumen ist er dies aber:
Definition 1.12 Ein topologischer Raum (X, T ) wird Hausdorff-Raum genannt,
wenn folgendes Trennungsaxiom erfüllt ist:
∀x, y ∈ X, x 6= y, ∃ A, B ∈ T mit x ∈ A, y ∈ B, A ∩ B = ∅ .
Lemma 1.13 Sei (xn )n∈N eine in einem Hausdorff-Raum (X, T ) konvergente Folge.
Dann ist ihr Grenzwert x ∈ X eindeutig definiert.
Beweis. Angenommen es seien x, x̃ ∈ X zwei verschiedene Grenzwerte der Folge.
Dann existieren hierzu zwei disjunkte Umgebungen A von x und B von x̃. Da nun
sowohl in Ac als auch in B c nur jeweils höchstens endlich viele Folgenglieder xk
liegen dürfen, liegen auch in Ac ∪ B c = (A ∩ B)c = X nur endlich viele. Dies ist
nicht möglich. Also können zwei verschiedene Grenzwerte nicht existieren.
1.3 Abbildungen zwischen topologischen Räumen
1.3
9
Abbildungen zwischen topologischen Räumen
Nun betrachten wir Abbildungen f : X → Y zwischen zwei topologischen Räumen.
Definition 1.14 Sei f : X → Y eine Abbildung zwischen zwei topologischen Räumen.
(a) f heißt stetig, wenn alle Urbilder offener Mengen wieder offen sind.
(b) f heißt offen, wenn alle Bilder offener Mengen wieder offen sind.
(c) f heißt Homöomorphismus, wenn f bijektiv, stetig und offen ist.
Bei einem Homöomorphismus existiert also offensichtlich die Umkehrabbildung
f : Y → X und diese ist ebenfalls stetig.
−1
Definition 1.15 Zwei topologische Räume heißen homöomorph, wenn zwischen ihnen ein Homöomorphismus existiert.
Lemma 1.16 Im topologischen Raum R, versehen mit der Standard-Topologie, ist
bereits jede bijektive stetige Abbildung f : R → R ein Homöomorphismus.
Beweis. Eine bijektive stetig Abbildung f : R → R ist aufgrund des Zwischenwertsatzes notwendigerweise streng monoton. Aus der strengen Monotonie folgt nun
die Stetigkeit der Umkehrabbildung f −1 : R → R (siehe Analysis I).
Dass i.a. die Offenheit von f nicht aus der Stetigkeit und Bijektivität folgt, zeigt
folgendes Beispiel: X := [0, 2π), Y := {(x, y) ∈ R2 : x2 + y 2 = 1} jeweils versehen
mit der Relativ-Topologie des R bzw. des R2 . Die Funktion f : X → Y gegeben durch
f (t) = (cos t, sin t) ist stetig und bijektiv. Hingegen ist f −1 nicht mehr stetig, denn
das Bild f (U ) der (relativ) offenen Menge U = [0, 1) ⊆ X ist in der Relativtopologie
von Y nicht offen, siehe hierzu auch Abb. 1.1.
Diese Definition der Stetigkeit ist i.a. nicht äquivalent mit der Folgenstetigkeit:
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00
00
11
1
0
0
1
Abbildung 1.1: Illustration einer nicht offenen aber stetigen und bijektiven Abbildung.
10
M. Braack - Topologische Räume
Definition 1.17 Eine Funktion f : X → Y zwischen zwei topologischen Räumen
heißt folgenstetig, wenn für konvergente Folgen aus X, xn → x, folgt: f (xn ) → f (x).
Die eine Richtung gilt jedoch immer:
Lemma 1.18 Jede stetige Funktion ist folgenstetig.
Beweis. Sei V ⊆ Y eine Umgebung von y := f (x). Dann ist aufgrund der Stetigkeit von f das Urbild U = f −1 (V ) offen, also eine Umgebung von x. Somit
liegen nur endlich viele Folgenglieder von (xn )n∈N außerhalb von U . Folglich liegen auch nur endliche viele yn := f (xn ) außerhalb von V . Mit anderen Worten:
f (xn ) = yn → y = f (x).
Für die Umkehrung, dass aus der Folgenstetigkeit stets die Stetigkeit folgt,
benötigt man das sogenannte erste Abzählbarkeitsaxiom:
Definition 1.19 Ein topologischer Raum X erfüllt das 1. Abzählbarkeitsaxiom, wenn
jedes x ∈ X eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt.
Wir hatten bereits gesehen, dass der R und damit auch der Rn , jeweils versehen
mit der Standardtopologie, das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllen. Wenn (Un )n∈N eine
Umgebungsbasis ist, so ist auch (Vn )n∈N mit Vn := U1 ∩ . . . ∩ Un eine abzählbare
Umgebungsbasis, für die zudem gilt Vn+1 ⊆ Vn für alle n. Daher kann man i.a. davon ausgehen, dass eine abzählbare Umgebungsbasis aus ineinander geschachtelten
Umgebungen besteht.
Lemma 1.20 Seien X und Y topologische Räume und X erfülle das 1. Abzählbarkeitsaxiom. Dann sind Stetigkeit und Folgenstetigkeit für Funktionen f : X → Y
äquivalent.
Beweis. Nach vorherigem Lemma genügt es zu zeigen, dass aus der Folgenstetigkeit die Stetigkeit folgt. Angenommen f sei nicht stetig; es existiere also eine offene
Menge V ⊆ Y , so dass U := f −1 (V ) nicht offen ist. Dies bedeutet, dass ein x ∈ U
existiert, der kein innerer Punkt ist. Das abzählbare Umgebungssystem {Un }n∈N
dieses Punktes enthält also kein Un mit Un ⊆ U . Wir wählen nun aus jedem Un ein
xn ∈ Un \ U . Dann gilt aufgrund der Konstruktion xn → x und wegen der Folgensetigkeit von f auch yn := f (xn ) → y := f (x). Nun ist aber wegen der Offenheit
von V notwendigerweise y ein innerer Punkt von V . Damit liegen ab einem gewissen
n0 ∈ N alle yn , n ≥ n0 , in V also yn ∈ V . Dies bedeutet nun aber xn ∈ U , was aber
lt. Konstruktion gerade verhindert wurde. Dieser Widerspruch beweist die Stetigkeit
von f .
1.4 Kompakte Mengen
1.4
11
Kompakte Mengen
Definition 1.21 Sei X ein topologischer Raum und A ⊆ X. Dann heißt:
• A kompakt, wenn jedes System von offenen Mengen, dass A überdeckt, eine
endliche Teilüberdeckung besitzt.
• A relativ kompakt, wenn eine kompakte Menge B ⊆ X existiert mit A ⊆ B.
• A folgenkompakt, wenn jede Folge in A eine in A konvergente Teilfolge besitzt.
In Hausdorff-Räumen kann man die Eigenschaft A ⊆ X relativ kompakt auch charakterisieren durch die Eigenschaft, dass A kompakt ist. Dies werden wir später beweisen. Ebenso werden diese drei Begriffe auf den Raum X selbst anewendet, wenn
dieser als Teilmenge von sich selbst die betreffende Eigenschaft erfüllt. In R (mit
der Standard-Topologie versehen) sind die kompakten Mengen gerade die Mengen,
die beschränkt und abgeschlossen sind.
Lemma 1.22 Abgeschlossene Teilmengen kompakter topologischer Räume sind kompakt.
Beweis. Sei A ⊆ X abgeschlossen, X kompakt und {Ui : i ∈ I} eine offene
Überdeckung von A. Dann ist {Ui : i ∈ I}, Ac eine offene Überdeckung vom kompakten Raum X. Also existiert hier eine endliche Teilüberdeckung von X aus der
wir unmittelbar eine endliche Teilüberdeckung von A erhalten.
Lemma 1.23 Sei f : X → Y eine stetige Abbildung zwischen zwei topologischen
Räumen. Für jede kompakte Teilmenge A ⊆ X ist auch das Bild f (A) kompakt. Im
Fall Y = R nimmt f in A sein Minimum und sein Maximum an.
Beweis. Zu einer offenen Überdeckung von f (A) betrachten wir die Urbildmengen. Diese überdecken A und lassen eine endliche offene Teilüberdeckung zu. Die
Bilder dieser Teilüberdeckung bilden dann eine gesuchte endliche offene Teilüberdeckung von f (A). Also ist f (A) kompakt. Reellwertige Funktionen nehmen auf
kompakten Mengen ihr Minimum und Maximum an.
Lemma 1.24 Sei X ein topologischer Raum, der das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllt.
Dann sind kompakte Teilmengen von X automatisch folgenkompakt.
12
M. Braack - Topologische Räume
Beweis. Sei (xn )n∈N eine Folge in einer kompakten Teilmenge A ⊆ X. Zu jedem
x ∈ X wählen wir eine abzählbare Umgebungsbasis {Ui (x)}i∈N , sowie die Umgebungen Vm (x) = U1 (x) ∩ . . . ∩ Um (x). Nun gibt es zwei Fälle. Fall 1: Es gibt ein x ∈ X,
so dass in jedem Vm (x) unendlich viele Folgenglieder xnk liegen. Dann bilden diese
eine gegen x konvergente Teilfolge. Fall 2: Für jedes x ∈ X existiert ein Vmx (x), in
dem nur endlich viele Folgenglieder xnk liegen. Dann bildet
[
Vmx (x)
x∈A
eine offene Überdeckung von A aus der sich wegen der Kompaktheit eine endliche
Überdeckung auswählen läßt. In dieser Teilüberdeckung liegen dann aber auch nur
endlich viele Folgenglieder xnk . Dies ist aber nicht möglich. Also war der 1. Fall
zutreffend.
Lemma 1.25 In einem Hausdorff-Raum X sind kompakte Teilmengen abgeschlossen.
Beweis. Sei A ⊆ X kompakt. Wir zeigen, dass Ac offen ist. Wir suchen nun
zu beliebigem y ∈ Ac eine Umgebung V ⊆ Ac . Aufgrund der Eigenschaft, dass X
hausdorff’sch ist, existieren zu jedem x ∈ A jeweils eine Umgebung Ux von x und
eine hierzu disjunkte Umgebung Vx von y. Daher ist
[
Ux
x∈A
eine offene Überdeckung von A, die y nicht enthält. Daher ist
[
(A ∩ Ux ) ∈ TA
x∈A
ebenso eine Überdeckung von A. Aufgrund der Kompaktheit von A existiert nun
eine relativ offene Teilüberdeckung
N
[
(A ∩ Uxn ) ∈ TA
n=1
von A. Die Mengen Vxn sind offen und enthalten y. Da zu jedem x ∈ A eines dieser
Vxn existiert mit x 6∈ Vxn folgt, dass
V :=
N
\
Vxn ⊆ Ac
n=1
eine offene Menge ist mit y ∈ V , also eine Umgebung von y ist, die ganz in Ac liegt.
1.4 Kompakte Mengen
13
Korollar 1.26 In einem kompakten Hausdorff-Raum X sind Teilmengen genau
dann kompakt, wenn sie abgeschlossen sind.
Beweis. Wir hatten im vorherigen Lemma bereits gesehen, dass kompakte Mengen in Hausdorff-Räumen abgeschlossen sind. Sei nun umgekehrt A ⊆ X abgeschlossen und (Ui )i∈I eine offene Überdeckung von A. Zusammen mit der offenen Menge
Ac bildet dies eine offene Überdeckung von X. Aufgrund der Kompaktheit von X
erhält man die Existenz einer endlichen Überdeckung Ac , U1 , . . . , Um . Dies liefert
(ohne Ac ) eine endliche und offene Überdeckung von A und damit die Kompaktheit
von A.
Lemma 1.27 In einem Hausdorff-Raum X ist eine Teilmenge A ⊆ X genau dann
relativ kompakt, wenn A kompakt ist.
Beweis. Sei zunächst A kompakt. Dann ist A relativ kompakt, da A ⊆ A. Es
gelte nun andersherum, dass eine kompakte Menge B existiert mit A ⊆ B ⊆ X.
Dann gilt auch A ⊆ B. Nach Lemma 1.25 ist B = B. Also ist nach dem vorherigen
Lemma A als abgeschlossene Teilmenge der kompakten Menge B auch kompakt.
14
M. Braack - Topologische Räume
Kapitel 2
Metrische Räume
Nun führen wir den Begriff einer Metrik ein. Dies ist die abstrakte Form eines
Abstandsbegriffes. In einer Menge, auf der eine Metrik definiert ist, können also
“Abstände” zwischen Elementen der Menge formuliert werden. Abgesehen von dieser Eigenschaft setzen wir immer noch keine weitere Struktur des Raumes voraus.
Insbesondere müssen metrische Räume kein Vektorraum sein.
2.1
Metrische Räume und ihre Topologie
Definition 2.1 Sei X eine Menge. Eine Abbildung d : X × X → R+
0 heißt Metrik
auf X, wenn:
(M1) d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y.
(M2) (Symmetrie) Für alle x, y ∈ X gilt d(x, y) = d(y, x).
(M3) (Dreiecksungleichung) Für alle x, y, z ∈ X gilt d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z).
Das Paar (X, d) heißt dann metrischer Raum. In einem metrischer Raum (X, d)
versteht man unter der Distanz von zwei Teilmengen A, B ⊆ X:
dist(A, B) :=
inf
x∈A,y∈B
d(x, y) .
Lemma 2.2 In metrischen Räumen gelten:
(a) Die umgekehrte Dreiecksungleichung:
|d(x, y) − d(y, z)| ≤ d(x, z)
∀x, y, z ∈ X .
16
M. Braack - Metrische Räume
(b) Die Vierecksungleichung:
|d(x, y) − d(x0 , y 0 )| ≤ d(x, x0 ) + d(y, y 0 )
∀x, x0 , y, y 0 ∈ X .
(2.1)
Beweis. Übungsaufgabe.
In vorherigen Vorlesungen tauchten schon diverse Beispiele von Metrike auf. Wir
werden im nächsten Abschnitt weiter vorstellen. Wichtig ist für uns vielmehr die
aus einer Metrik entstehende Topologie. Diese bildet sich einfach durch die offenen
-Kugeln um einen Punkt x ∈ X:
B (x) := {y ∈ X : d(x, y) < }.
Lemma 2.3 Jeder metrische Raum (X, d) wird zu einem topologischen Raum (X, Td )
mittels:
Td := {U ⊆ X : ∀x ∈ U ∃n ∈ N, so dass B1/n (x) ⊆ U } .
Man sieht nun leicht mithilfe der Dreiecksungleichung, dass B (x) ∈ Td für alle
x ∈ X und alle > 0. Ferner gilt:
Lemma 2.4 Jeder metrische Raum (X, d) erfüllt das 1. Abzählbarkeitsaxiom. Somit
sind in metrischen Räumen Kompaktheit und Folgenkompaktheit äquivalent. Ferner
sind für Funktionen f : X → Y mit einem beliebigen topologischen Raum Y Stetigkeit und Folgenstetigkeit äquivalent.
Beweis. Offensichtlich bilden die offenen Kugeln B1/n (x) zu n ∈ N eine abzählbare Umgebungsbasis des Punktes x. Alles weitere folgt aus Lemma 1.20 und Lemma 1.24.
Lemma 2.5 Metrische Räume sind stets hausdorffsch.
Beweis. Seien x, y ∈ X mit x 6= y. Dann gilt := d(x, y)/2 > 0. Die offenen
Kugeln B (x) und B (y) sind dann die geforderten disjunkten Umgebungen von x
und y.
Lemma 2.6 Metriken sind stetig im Sinne ihrer induzierten Topologie.
Beweis. Nach dem vorherigen Lemma genügt es die Folgenstetigkeit zu beweisen.
Es gelte xn → x und yn → y. Dann folgt mit der Vierecksungleichung (2.1):
|d(xn , yn ) − d(x, y)| ≤ d(xn , x) + d(yn , y) → 0 .
2.2 Beispiele metrischer Räume
17
Definition 2.7 Eine Menge A ⊆ X heißt beschränkt, wenn ein r > 0 und ein
x ∈ X existiert, so dass A ⊆ Br (x).
Lemma 2.8 Zu zwei Metriken d1 , d2 auf der Menge X gebe es Konstanten c1 , c2 > 0
mit:
c1 d1 (x, y) ≤ d2 (x, y) ≤ c2 d1 (x, y)
∀x, y ∈ X .
Dann erzeugen diese Metriken die gleiche Topologie. Die Eigenschaft der Beschränktheit in Bezug auf eine Metrik überträgt sich in diesem Fall auf die andere Metrik.
Beweis. Wir bezeichnen mit U (x) die Kugeln bzgl. d1 , und Vδ (x) die Kugeln
bzgl. d2 . Dann gilt mit δ := c2 :
y ∈ U (x) ⇐⇒ d1 (x, y) < =⇒ d2 (x, y) < δ ⇐⇒ y ∈ Vδ (x) .
Die bedeutet U (x) ⊆ Vδ (x). Analog zeigt man Vδ (x) ⊆ Uσ (x) mit σ := δ/c1 , so dass
man insgesamt die Inklusionen
U (x) ⊆ Vδ (x) ⊆ Uσ (x)
erhält. Hieraus folgt nun, dass der Begriff “offene Menge” für beide Metriken der
gleiche ist.
Lemma 2.9 In metrischen Räumen X besitzen relativ kompakte Folgen stets eine
konvergente Teilfolge mit Grenzwert in X.
Beweis. Sei A := {xn : n ∈ N} der Abschluss der Menge seiner Glieder. Da nach
Lemma 2.5 X ein Hausdorff-Raum ist, folgt mit der Voraussetzung und Lemma
1.25, dass A kompakt ist. Nach Lemma 1.24 ist A dann auch folgenkompakt. Somit
besitzt insbesondere die Ursprungsfolge eine in A konvergente Teilfolge.
2.2
2.2.1
Beispiele metrischer Räume
Endlich-dimensionale metrischer Räume
Die Räume X = Kn , n ∈ N, K = R, C, sind endlich dimensionale metrische Räume.
Die Euklidische Metrik lautet:
!1/2
n
X
2
d(x, y) :=
.
(xi − yi )
i=1
18
M. Braack - Metrische Räume
Abbildung 2.1: Abstand zweier Punkte in der Euklidischen Metrik und der
Manhattan-Metrik.
Es lassen sich aber noch viele andere Metriken bilden, bspw.:
d∞ (x, y) :=
d1 (x, y) :=
max |xi − yi |
(Maximums-Metrik)
|xi − yi |
(Manhattan-Metrik)
i=1,...,n
n
X
i=1
Die letztere wird auch Mannheimer-, Taxi- oder Cityblock-Metrik genannt.
In Rn erzeugen die Euklidische Metrik und die Maximums-Metrik die gleichen
offenen Mengen, denn es gilt z.B. für n = 2:
√
1 √
√ a2 + b2 ≤ max{|a|, |b|} ≤ a2 + b2 .
2
Diese Metriken sind auch äquivalent zur Manhattan-Metrik:
1
(|a| + |b|) ≤ max{|a|, |b|} ≤ |a| + |b| .
2
2.2.2
Folgenraum l∞
Ein Beispiel eine metrischen Raumes mit unendlicher Dimension ist der Folgenraum
X = l∞ . Dieser wird gebildet aus den beschränkten Folgen x = (xn )n∈N , mit
xn ∈ K
und
|xn | ≤ C
∀n ∈ N ,
für ein beliebiges C > 0. Jede Folge kann eine eigene Schranke C besitzen. Hierzu
lautet die Metrik zu x = (xn )n∈N , y = (yn )n∈N ∈ l∞ :
d(x, y) := sup |xi − yi | .
n∈N
2.2 Beispiele metrischer Räume
2.2.3
19
Folgenräume lp
Wie im vorherigen Beispiel sind die Elemente des Raumes X = lp , 1 ≤ p < ∞,
Folgen mit Gliedern in K. Allerdings erfüllen die Folgen die Eigenschaft:
∞
X
|xn |p < ∞ .
n=1
Offenbar sind alle Folgen in lp Nullfolgen. Das notwendige “Abfall”-Verhalten ist
offenbar umso “sanfter”, je größer p ist. Es gilt für 1 ≤ q ≤ p < ∞:
lq ⊆ lq ⊆ l∞ .
Die zugehörige Metrik lautet für x, y ∈ lp :
∞
X
dp (x, y) :=
!1/p
|xi − yi |p
.
n=1
Lemma 2.10 (Young’sche Ungleichung) Für alle a, b ∈ C und p, q ∈ (1, ∞)
mit 1/p + 1/q = 1 gilt:
|ab| ≤
1 p 1 q
|a| + |b| .
p
q
Beweis. Es genügt den Fall a, b ∈ R+ zu betrachten. Hier benutzen wir die
Tatsache, dass der Logarithmus in R+ monoton wachsend ist, so dass die Behauptung
äquivalent ist zu
1 p 1 q
ln
a + b
≥ ln(ab) .
p
q
Diese Ungleichung ergibt sich aber, da der Logarithmus zudem konkav ist:
1 p 1 q
1
1
ln
a + b
≥
ln(ap ) + ln(bq ) = ln(a) + ln(b) = ln(ab) .
p
q
p
q
Lemma 2.11 (Hölder’sche Ungleichung) Für p, q ∈ (1, ∞), 1/p + 1/q = 1 und
beliebigen x ∈ lp , y ∈ lq gilt:
!1/p ∞
!1/q
∞
∞
X
X
X
.
|xi ||yi | ≤
|xi |p
|yi |q
i=1
i=1
i=1
20
M. Braack - Metrische Räume
Im Spezialfall p = q = 2 heißt diese Ungleichung auch Schwarz’sche Ungleichung.
Beweis. Wir beweisen dies in drei Stufen.
(a) Zunächst zeigen wir für nicht-negative reelle Zahlen ai , bi ≥ 0 für i = 1, . . . , m
und der Eigenschaft
m
X
api
i=1
=
m
X
bqi = 1 ,
i=1
dass gilt:
m
X
ai bi ≤ 1 .
i=1
Dies folgt aus der Young’schen Ungleichung (Lemma 2.10) und Summation über i:
1 p 1 q
a + b
p i q i
m
m
1 1
1X p 1X q
+
= 1.
≤
ai +
bi =
p i=1
q i=1
p q
ai b i ≤
=⇒
m
X
ai bi
i=1
(b) Nun zeigen wir die Hölder’sche Ungleichung für endliche Summen. Wir führen
die Bezeichnungen
!1/p
!1/q
m
m
X
X
A :=
|xi |p
und B :=
|yi |q
i=1
i=1
ein und setzen ai := |xi |/A und bi := |yi |/B. Es folgt mit dem in (a) gezeigtem:
m
X
|xi ||yi | = AB
i=1
m
X
ai bi ≤ AB =
i=1
m
X
!1/p
|xi |p
i=1
m
X
!1/q
|yi |q
.
i=1
(c) Die Behauptung für unendliche Summen folgt nun durch Grenzübergang m → ∞
in (b).
Für den Nachweis der Dreiecksungleichung benötigt man die Minkowskische Ungleichung für Summen:
Lemma 2.12 (Minkowskische Ungleichung) Für x, y ∈ lp , 1 ≤ p < ∞ gilt:
∞
X
i=1
!1/p
|xi + yi |p
≤
∞
X
i=1
!1/p
|xi |p
+
∞
X
i=1
!1/p
|yi |p
2.2 Beispiele metrischer Räume
21
Beweis. Für p = 1 entspricht die Aussage gerade der verallgemeinerten Dreiecksungleichung für unendliche konvergente Reihen. Sei nun p > 1. Wir führen
abkürzende Bezeichnungen ein:
X(p) :=
∞
X
|xi |p ,
Y (p) :=
i=1
∞
X
|yi |p ,
Z(p) :=
i=1
∞
X
|xi + yi |p .
i=1
Hier gilt:
Z(p) =
∞
X
|xi + yi | · |xi + yi |p−1 ≤
i=1
∞
X
|xi | · |xi + yi |p−1 +
i=1
∞
X
|yi | · |xi + yi |p−1 .
i=1
Nun liefert die Höldersche Ungleichung mit dem zu p konjugierten Exponenten q,
also 1/p + 1/q = 1:
∞
X
|xi | · |xi + yi |p−1 ≤ X(p)1/p Z(q(p − 1))1/q
i=1
Da nun q(p − 1) = qp − q = p folgt:
Z(p) ≤
X(p)1/p + Y (p)1/p Z(p)1/q
Erweitern auf beiden Seiten der Ungleichung mit Z(p)−1/q und Nutzung von 1 −
1/q = 1/p ergibt die Behauptung.
Aus der Minkowskischen Ungleichung folgt nun die Gültigkeit der Dreiecksungleichung für d(x, y) und damit, dass lp ein metrischer Raum ist:
Korollar 2.13 lp ist ein metrischer Raum.
Beweis. Definitheit und Symmetrie sind offensichtlich erfüllt. Die Dreiecksungleichung folgt aus der Minkowskischen Ungleichung:
dp (x, z) =
∞
X
!1/p
|xi − zi |p
≤
n=1
≤
∞
X
n=1
∞
X
(|xi − yi | + |yi − zi |)p
!1/p
n=1
!1/p
|xi − yi |p
+
∞
X
n=1
!1/p
|yi − zi |p
= dp (x, y) + dp (y, z) .
22
2.3
M. Braack - Metrische Räume
Satz von Stone-Weierstraß
Wir erinnern an dieser Stalle an den Approximationssatz von Weierstraß:
Satz 2.14 Sei f ∈ C[a, b] mit a, b ∈ R, a < b. Dann existiert zu beliebigem > 0
ein Polynom p ∈ R[x] mit
sup |f (x) − p(x)| ≤ .
a≤x≤b
In diesem Abschnitt wollen wir diesen Approximationssatz verallgemeinern.
Ist X ein kompakter metrischer Raum, so bilden die stetigen Funktionen in den
Körper K = R oder K = C
C(X) := {f : X → K stetig}
wieder einen metrischen Raum mittels der Metrik für f, g ∈ C(X):
d(f, g) := sup |f (x) − g(x)| .
(2.2)
x∈X
Im Fall, dass X nicht kompakt ist, muss man zusätzlich die Beschränktheit der
Funktionen in C(X) voraussetzen, damit man eine Metrik erhält. In diesem Abschnitt betrachten wir stets diese Topologie der gleichmäßigen Konvergenz.
Definition 2.15 Sei X ein kompakter metrischer Raum. Eine Teilmenge A ⊆ C(X)
heißt Funktionenalgebra, wenn sie abgeschlossen ist bzgl. Addition und skalarer Multiplikation sowie für die Multiplikation, d.h. ∀f, g ∈ A und alle α, β ∈ R gilt
αf + βg, f g ∈ A .
Ein typisches Beispiel für eine punktetrennende Funktionenalgebra ist die Menge
der Polynome über X.
Lemma 2.16 Ist A eine Funktionenalgebra, so ist dies auch A.
Beweis. Seien f, g ∈ A. Dann existieren Folgen (fn )n∈N und (gn )n∈N in A, so dass
fn → f und gn → g bzgl. der gleichmaßigen Konvergenz. Da (fn + gn )n∈N ebenfalls
eine Folge in A ist und fn + gn → f + g bzgl. gleichmäßiger Konvergenz, folgt
f + g ∈ A. Die Nachweise der Abgeschlossenheit bzgl. der skalaren Multiplikation
und der Multiplikation lauten entsprechend.
Lemma 2.17 Seien f, g Funktionen aus einer Funktionenalgebra A. Dann gilt
|f | , max{f, g} , min{f, g} ∈ A .
2.3 Satz von Stone-Weierstraß
23
Hierbei ist beispielsweise die Funktion max{f, g} definiert durch max{f, g}(x) :=
max(f (x), g(x)).
Beweis. Um zu zeigen, dass mit f ∈ A auch |f | ∈ A ist, konstruieren wir für
beliebiges > 0 eine Funktion g der Form
g =
n
X
ai f i
i=1
mit Koeffizienten a1 , . . . , an ∈ R und d(|f |, g) < . Die Behauptung folgt dann
wegen g ∈ A. Hierzu betrachten wir das reelle Intervall I := [−M, M ] mit M :=
supx∈X |f (x)|. Nach dem Satz von Weierstraß existiert ein Polynom p mit
|p(y) − |y|| < /2
∀y ∈ I .
Dann ist auch q(y) := p(y) − p(0) ein Polynom, dessen konstanter Anteil verschwindet. Also ist q von der Form
q(y) =
n
X
ai y i .
i=1
Diese Koeffizienten ai wählen wir für die Definition der Funktion g. Nun gilt mit
y := f (x) ∈ I:
g(x) − |f (x)| =
n
X
i
ai f (x) − |f (x)| =
n
X
i=1
ai y i − |y| = q(y) − |y|
i=1
+ |p(0)| =
+ |p(0) − 0| < .
= p(y) − p(0) − |y| <
2
2
Damit ist |f | ∈ A gezeigt. Aufgrund der Darstellung
1
(f + g + |f − g|) ,
2
1
min{f, g} =
(f + g − |f − g|) ,
2
max{f, g} =
folgt max{f, g}, min{f, g} ∈ A aus |f − g| ∈ A.
Definition 2.18 Eine Funktionenalgebra A ⊆ C(X) über einen kompakten metrischer Raum X heißt punktetrennend, wenn
∀x, y ∈ X, x 6= y ∃f ∈ A mit f (x) 6= f (y) .
Man sagt A verschwindet an keinem Punkt, wenn für beliebiges x ∈ X ein f ∈ A
existiert mit f (x) 6= 0
24
M. Braack - Metrische Räume
Lemma 2.19 Sei X ⊆ R ein kompakter metrischer Raum und A ⊆ C(X) eine
punktetrennende Funktionenalgebra, die in keinem Punkt verschwindet. Dann existiert zu zwei beliebigen verschiedenen Punkten x, y ∈ X und zu beliebigen Werten
a, b ∈ R stets ein f ∈ A, so dass f (x) = a und f (y) = b.
Beweis. Da A nirgends verschwindet, existieren g1 , g2 ∈ A mit g1 (x), g2 (y) 6= 0.
Dann gilt für g := g12 + g22 ∈ A: g(x), g(y) 6= 0. Ferner wählen wir eine punktetrennende Funktion h ∈ A mit h(x) 6= h(y). Sei A die reelle 2 × 2 Matrix
α αβ
g(x) g(x)h(x)
A :=
:=
.
γ γδ
g(y) g(y)h(y)
Deren Determinante ergibt sich zu
det A = αγδ − αβγ = αγ(δ − β) .
Da nach Konstruktion α 6= 0, γ 6= 0 und β 6= δ gilt, ist det A 6= 0, also A eine
reguläre Matrix. Daher ist das lineare Gleichungssystem
λ
a
A
=
µ
b
eindeutig lösbar. Die gesuchte Funktion wählen wir als
f = λg + µgh .
Satz 2.20 (Stone-Weierstraß) Sei X ⊆ R ein kompakter metrischer Raum und
A ⊆ C(X) eine punktetrennende Funktionenalgebra, die in keinem Punkt verschwindet. Dann ist A dicht in C(X) bezüglich der Metrik (2.2), d.h. bzgl. gleichmäßiger
Konvergenz.
Beweis. Sei f ∈ C(X) und > 0 gegeben. Aufgrund der Eigenschaft ’punktetrennend’, existiert zu jedem Paar x, y ∈ X, x 6= y, ein pxy ∈ A mit pxy (x) = f (x)
und pxy (y) = f (y).
Wir halten jetzt x fest und variieren y: Aufgrund der Stetigkeit von f und pxy , existiert zu jedem y ∈ X eine Umgebung Uy ⊆ X von y, so dass f (ξ) − pxy (ξ) < für alle ξ ∈ Uy . Endlich viele der Uy überdecken X; diese seien die Umgebungen zu
Punkten y1 , . . . , yn . Wir betrachten nun die Funktion
qx := max{pxy1 , . . . , pxyn }.
2.4 Cauchy-Folgen und Vollständigkeit
25
Es gilt qx ∈ A. Ferner gilt qx (x) = f (x) und qx (ξ) > f (ξ) − für alle ξ ∈ X.
Nun variieren wir x: Wir wählen Umgebungen Vx so dass qx (ξ) < f (ξ) + für
ξ ∈ Vx . Wieder wählen wir endlich viele Vx1 , . . . , Vxm aus, so dass diese endlich
vielen X überdecken und setzen
q := max{qx1 , . . . , qxm }.
Es folgt für beliebiges ξ ∈ X:
f (ξ) − < q(ξ) < f (ξ) + .
Da q ∈ A, folgt f ∈ A = A. Dies ist die Behauptung.
2.4
Cauchy-Folgen und Vollständigkeit
Definition 2.21 Eine Folge (an )n∈N ⊆ X in einem metrischen Raum (X, d) heißt
Cauchy-Folge, wenn
∀ > 0 ∃n0 ∈ N ∀n, m ≥ n0 :
d(an , am ) < .
Satz 2.22 Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Beweis. Folgt unmittelbar aus der Dreiecksungleichung (siehe Analysis I).
Die Umkehrung gilt i.a. nicht. Man sieht jedoch leicht, dass jede Cauchy-Folge,
aufgefaßt als Menge, beschränkt ist.
Lemma 2.23 Eine Cauchy-Folge, die eine konvergente Teilfolge besitzt, ist konvergent mit demselben Grenzwert.
Beweis. Gegeben sei eine Cauchy-Folge (xn )n∈N mit konvergenter Teilfolge xnk →
x ∈ X. Sei nun > 0 beliebig. Für hinreichend großes m ∈ N folgt nun mit der
Dreieckungleichung und n, nk ≥ m:
d(xn , x) ≤ d(xn , xnk ) + d(xnk , x) <
+ = .
2 2
Definition 2.24 Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollständig, wenn in diesem
Raum jede Cauchy-Folge konvergiert.
26
M. Braack - Metrische Räume
Ebenso läßt sich der Begriff der Vollständigkeit auf Teilmengen A ⊆ X von metrischen Räumen anwenden, sofern A aufgefasst als Teilraum mit der gleichen Metrik
vollständig ist.
Lemma 2.25 Jeder folgenkompakte metrische Raum ist vollständig.
Beweis. Gegeben sei eine Cauchy-Folge im folgenkompakten metrischen Raum X.
Es existiert also eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert x ∈ X. Mit Lemma 2.23
folgt, dass die Ursprungsfolge ebenso gegen x konvergiert.
Lemma 2.26 In einem vollständigen metrischen Raum (X, d) sind die vollständigen Teilmengen gerade die abgeschlossen Teilmengen.
Beweis. Sei A ⊆ X abgeschlossen und (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in A. Da X
vollständig ist, existiert ein Grenzwert x ∈ X. Dieser Grenzwert ist aber dann
Berührungspunkt von A, also x ∈ A. Nun gilt aber nach Lemma 1.5, A = A. Also
konvergiert die Folge auch in A.
Sei nun umgekehrt A offen. Dann existiert ein Berührungspunkt x von A mit x 6∈
A. Nach Lemma 2.4 existiert zu diesem Punkt eine abzählbare Umgebungsbasis
(Un )n∈N . Aus jeder dieser Umgebungen Un wählen wir einen Punkt xn ∈ A. Nach
Konstruktion ist (xn )n∈N eine Cauchy-Folge mit Grenzwert x 6∈ A. Also ist A nicht
vollständig.
Definition 2.27 Eine Teilmenge A eines metrischer Raum heißt präkompakt (oder
auch totalbeschränkt), wenn es zu jedem > 0 endlich viele offene Kugeln vom
Radius gibt, die A ganz überdecken.
Offensichtlich folgt aus der Kompaktheit einer Menge die Präkompaktheit:
Lemma 2.28 Kompakte Teilmengen metrischer Räume sind präkompakt.
Beweis. Gegeben sei > 0. Dann läßt sich aufgrund der Kompaktheit von A aus
der offenen Überdeckung (B (x))x∈A eine endliche auswählen.
Die Umkehrung gilt aber i.a. nicht. Die Kombination von Präkompaktheit und Abgeschlossenheit ist allerdings in vollständigen metrischen Räumen mit der Kompaktheit äquivalent:
Lemma 2.29 Sei X ein vollständiger metrischer Raum und A ⊆ X präkompakt
und abgeschlossen. Dann ist A kompakt.
2.5 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
27
Beweis. Wir nehmen an, A sei nicht kompakt und die offene Überdeckung (Ui )i∈I
von A enthalte keine endliche Überdeckung. Da A präkompakt ist, existiert eine
endliche Überdeckung von A mit offenen Kugeln vom Radius 1. Aus diesen offenen
Kugeln läßt sich jetzt mindestens eine finden, die wir B1 nennen, so dass sich auch
B1 ∩ A nicht durch endlich viele der Ui überdecken läßt. Diesen Prozess iterieren wir
mit immer kleiner werdenden Radi 2−n+1 . Wir erhalten eine Folge von ineinander
geschachtelten Mengen Vn := A ∩ B1 ∩ . . . ∩ Bn ⊆ Vn−1 , die sich nicht durch endlich
viele der Ui überdecken lassen. Wählen wir aus jedem Vn einen Punkt xn , so erhalten
wir eine Cauchy-Folge (xn )n∈N mit einem Grenzwert x ∈ X (da X vollständig). Da
ferner A abgeschlossen ist, gilt x ∈ A. Somit muss auch ein k ∈ I existieren, mit
x ∈ Uk . Aufgrund der Offenheit von Uk , ist in ihr eine hinreichend kleine offene
Kugel Br (x) enthalten. Wir erhalten also die Konstruktion:
x ∈ Br (x) ⊆ Uk .
Aufgrund der Konstruktion der Vn muss nun aber Bm ⊆ Uk für hinreichend großes
m gelten. Hieraus folgt nun Vm ⊆ Uk . Dies ist ein Widerspruch zur Aussage, dass
sich Vm nicht durch endlich viele der Ui überdecken läßt.
Satz 2.30 Jeder kompakte metrische Raum ist separabel.
Beweis. Zu jedem festen k ∈ N bildet die Menge der offenen Kugeln {B1/k (x) :
x ∈ X} eine offene Überdeckung von X. Aufgrund der Kompaktheit existiert eine
endliche Teilüberdeckung {B1/k (xk,l ) : l = 1, . . . , lk }. Nun betrachten wir die abzählbare Menge von Mittelpunkten {xk,l : k ∈ N, l = 1, . . . , lk }. Diese Mittelpunkte sind
dicht in X.
2.5
Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
Lemma 2.31 Eine Abbildung f : X → Y zwischen zwei metrischen Räumen
(X, dX ) und (Y, dY ) ist genau dann stetig, wenn für alle x ∈ X und alle > 0
eine reelle Zahl δ > 0 existiert, so dass für y ∈ X:
dX (x, y) < δ
=⇒
dY (f (x), f (y)) < .
Beweis. Übungsaufgabe.
Etwas mehr als Stetigkeit ist die gleichmäßige Stetigkeit:
28
M. Braack - Metrische Räume
Definition 2.32 Eine Abbildung f : X → Y zwischen zwei metrischen Räumen
(X, dX ) und (Y, dY ) heißt gleichmäßig stetig, wenn für alle > 0 eine reelle Zahl
δ > 0 existiert, so dass für alle x, y ∈ X folgende Implikation gilt:
dX (x, y) < δ
=⇒
dY (f (x), f (y)) < .
(2.3)
Eine Menge M von gleichmäßig stetigen Funktionen f : X → Y heißt gleichgradig stetig, wenn die Wahl von δ > 0 in der Bedingung (2.3) unabhängig von dem
speziellen f ∈ M ist.
Man sieht unmittelbar, dass endliche Mengen gleichmäßig stetiger Funktionen immer
gleichgradig stetig sind.
Lemma 2.33 Eine stetige Abbildung f : X → Y zwischen zwei metrischen Räumen
ist bereits gleichmäßig stetig, wenn X kompakt ist.
Beweis. Wir führen einen Widerspruchsbeweis und nehmen dazu an, f sei nicht
gleichmäßig stetig. Dann existiert ein > 0, so dass es zu jedem n ∈ N zwei Punkte
xn , yn ∈ X gibt mit d(xn , yn ) < 1/n und d(f (xn ), f (yn )) ≥ . Aufgrund der Kompaktheit von X existiert eine konvergente Teilfolge xnk → x ∈ X. Mit dem gleichen
Argument besitzt nun die Teilfolge (ynk )k∈N eine weitere konvergente Teilfolge. Insofern können wir davon ausgehen, dass sowohl xnk → x und ynk → y ∈ X. Nun
gilt:
d(x, y) ≤ d(x, xnk ) + d(xnk , ynk ) + d(ynk , y) → 0
(k → ∞) .
Also gilt x = y und aufgrund der Dreiecksungleichung und der Stetigkeit von f :
d(f (xnk ), f (ynk )) ≤ d(f (xnk ), f (x)) + d(f (y), f (ynk )) → 0
(k → ∞) .
Dies ist ein Widerspruch zu d(f (xnk ), f (ynk )) ≥ .
Ein Beispiel eines nichttrivialen vollständigen metrischen Raumes liefert das folgende
Lemma:
Lemma 2.34 Sei X ein kompakter metrischer Raum. Dann ist der Raum C(X)
zusammen mit der in Abs.2.3 definierten Metrik ein vollständiger metrischer Raum.
Beweis. Es genügt zu zeigen, dass jede Cauchy-Folge konvergiert. Sei hierzu
(un )n∈N eine C(X)-Cauchy-Folge. Dann existiert wegen der Vollständigkeit von K
für jedes x ∈ X der punktweise Grenzwert:
u(x) := lim un (x) .
n→∞
2.5 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
29
Es bleibt zu zeigen, dass u ∈ C(X) und dass für die C(X)-Metrik gilt: d(u, un ) → 0.
Letzteres folgt wegen
|u(x) − un (x)| =
lim |um (x) − un (x)| ≤ lim d(um , un )
m→∞
m→∞
∀x ∈ X ,
und der Tatsache, dass d(um , un ) → 0 für m, n hinreichend groß. Die Stetigkeit
von u folgt aus der gleichmäßigen Stetigkeit der un (siehe Lemma 2.33) und der
Dreiecksungleichung: Zu gegebenem > 0 wähle δ > 0 so dass |un (x) − un (y)| < ,
für d(x, y) < δ, und n ≥ n0 so gross, dass d(u, un ) < . Damit folgt
|u(x) − u(y)| ≤ |u(x) − un (x)| + |un (x) − un (y)| + |un (y) − u(y)| < 3
Definition 2.35 Eine Teilmenge B ⊆ C(X) heißt punktweise beschränkt, wenn für
alle x ∈ X gilt:
sup |f (x)| < ∞ .
f ∈B
B heißt gleichmäßig beschränkt, wenn ein K > 0 existiert, so dass |f (x)| < K für
alle f ∈ B und alle x ∈ X.
Beispielsweise bilden die Polynome über ein kompaktes Intervall I, Pn,K (I), vom
Grad ≤ n mit beschränkten Koeffizienten, |ai | ≤ K für alle 0 ≤ i ≤ n, über einem
abgeschlossenen Intervall I eine punktweise beschränkte Teilmenge.
Satz 2.36 (Arzela-Ascoli) Sei X ein kompakter metrischer Raum und M ⊆ C(X).
Dann ist M genau dann relativ kompakt, wenn M gleichgradig stetig und (gleichmäßig)
beschränkt ist.
Beweis. ⇐: Nach Lemma 2.4 sind in metrischen Räumen Kompaktheit und
Folgen-Kompaktheit äquivalent. Daher ist die relative Kompaktheit von M äquivalent mit M folgenkompakt, also der Tatsache, dass jede Folge in M einen Häufungspunkt in X besitzt. Sei also (fn ) eine Folge in M . Da X (und damit auch M ) nach
Satz 2.30 separabel ist, existiert eine abzählbare Menge {xn : n ∈ N}, die in M dicht
ist. Da M beschränkt ist, ist die Folge reeller Zahlen (fn (x1 ))n∈N beschränkt und
besitzt eine konvergente Teilfolge. Durch Übergang zu einer Teilfolge (fnk ) können
wir davon ausgehen, dass (fnk (x1 ))k∈N konvergent ist. Nun wiederholen wir das Argument für (fnk (xi ))n∈N für i = 2, i = 3 etc.
30
M. Braack - Metrische Räume
Durch Bilden der Diagonalfolge erhalten wir eine Teilfolge (fmk )k∈N deren Punktwerte (fmk (xi ))k∈N für alle i ∈ N konvergiert. Mit anderen Worten: die Funktionswerte diese Teilfolge konvergiert an gewissen Punkten, die eine dichte Teilmenge in
M bilden. Nun müssen wir zeigen, dass dieser Teilfolge (fmk )k∈N auch in der Supremumsmetrik konvergiert. Hierzu genügt es wegen Lemma 2.34 zu zeigen, dass es
sich um eine Cauchyfolge handelt. Dies erhält man wiederum aus der Eigenschaft,
dass die Funktionen fmk gleichgradig stetig sind und die Punkte xi dicht in X liegen
(Übungsaufgabe).
Da M abgeschlossen ist, liegt der Grenzwert f := limk→∞ fmk in M .
⇒: Hierzu sei zunächst bemerkt, dass M kompakt und folglich wegen Lemma
2.28 präkompakt ist. Daher existieren zu beliebigem > 0 endlich viele Funktionen
gi ∈ M , i = 1, . . . , n, so dass
∀f ∈ M ∃i ∈ {1, . . . , n} so dass für alle x ∈ X :
|f (x) − gi (x)| ≤ .
Es folgt einerseits die Beschränktheit
sup |f (x)| ≤ + max sup |gi (x)| ,
x∈X
1≤i≤n x∈X
sowie andererseits
|f (x) − f (y)| ≤ 2 + max sup |gi (x) − gi (y)| ∀x, y ∈ X .
1≤i≤n x∈X
Die letzte Ungleichung liefert die gleichgradige Stetigkeit von f , da die endlich vielen
gi ebenfalls gleichgradig stetig sind.
Definition 2.37 Eine Abbildung T : X → Y zwischen zwei metrische Räumen
(X, dX ), (Y, dY ) heißt Isometrie, wenn
dX (x, y) = dY (T (x), T (y))
∀x, y ∈ X .
Die metrischen Räume X und Y heißen isometrisch, wenn eine bijektive Isometrie
T : X → Y existiert.
Lemma 2.38 Jede Isometrie T : X → Y zwischen metrischen Räumen ist stetig.
Im Fall, dass T surjektiv ist, so ist sie auch bijektiv.
Beweis. Die Stetigkeit von T ergibt sich unmittelbar aus Lemma 2.31. Wenn nun
T surjektiv ist, so genügt es die Injektivität nachzuweisen. Aus T (x) = T (y) folgt
dX (x, y) = dY (T (x), T (y)) = dY (T (x), T (x)) = 0, also x = y.
2.5 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
31
Satz 2.39 Zu jedem metrischen Raum X existiert ein vollständiger metrischer Raum
e und eine Isometrie i : X → X
e derart, dass i(X) dicht in X
e ist. Diese Einbettung
X
ist bis auf Isometrie eindeutig.
e passiert analog zum reellen Fall durch die
Beweis. (a) Die Konstruktion von X
Betrachtung von Cauchy-Folgen. Auf dem Raum der Cauchy-Folgen definieren wir
eine Äquivalenzrelation: (xn )n∈N ∼ (yn )n∈N genau dann, wenn (d(xn , yn ))n∈N eine
e
Nullfolge ist. Die Menge der zugehörigen Äquivalenzklassen bezeichnen wir mit X.
(b) Hierauf definieren wir ebenfalls eine Metrik:
dXe ([x], [y]) :=
lim d(xn , yn ) .
n→∞
Um zu zeigen, dass dieser Limes wohldefiniert ist, zeigt man mittels der Vierecksungleichung der Metrik, dass λn := d(xn , yn ) eine Cauchyfolge in R ist, und somit
aufgrund der Vollständigkeit von R einen Limes besitzt. Ferner prüft man leicht
nach, dass diese Definition unabhängig von den jeweiligen Repräsentanten (xn )n∈N
e darstellt.
und (yn )n∈N ist, und dass dies tatsächlich eine Metrik auf X
e definiert sich nun durch den Übergang zur Äquivalenz(c) Die Isometrie i : X → X
klasse: i(x) = [(x)n∈N ], wobei (x)n∈N die konstante Folge bezeichnet. Die Injektivität
ist offensichtlich, ebenso die Eigenschaft dXe ([x], [y]) = d(x, y).
e ist, ergibt sich aus folgender Überlegung:
(d) Der Nachweis, dass i(X) dicht in X
e und (xn )n∈N ein zugehöriger Repräsentant, also eine Cauchyfolge. Für die
Sei x
e∈X
konstanten Folgen i(xk ) gilt nun:
dXe (e
x, i(xk )) =
lim d(xn , xk ) → 0
n→∞
(k → ∞) .
e
Also gilt i(xk ) → x
e für k → ∞ in X.
e d e ) vollständig ist: Sei hierzu (e
xn )n∈N eine Cauchy(e) Nachweis, dass der Raum (X,
X
e
e
folge in X gegeben. Aufgrund der Dichtheit von i(X) in X impliziert für jedes n ∈ N
xn , i(xn )) < 1/n. Diese xn bilden eine Cauchyfolge
die Existenz von xn ∈ X mit dXe (e
in X:
d(xn , xm ) = dXe (i(xn ), i(xm ))
≤ dXe (i(xn ), x
en ) + dXe (e
xn , x
em ) + dXe (e
xm , i(xm ))
1
1
≤
+ dXe (e
xn , x
em ) +
→0
(m, n → ∞) ,
n
m
e Es
da (e
xn )n∈N Cauchyfolge ist. Diese xn haben also einen Repräsentanten x
e ∈ X.
folgt:
dXe (e
xm , x
e) ≤ dXe (e
xm , i(xm )) + dXe (i(xm ), x
e)
1
≤
+ lim d(xm , xn ) → 0
(m → ∞) .
m n→∞
32
M. Braack - Metrische Räume
(f) Eindeutigkeit bis auf Isometrie: Sei (Y, dY ) ein weiterer vollständiger metrischer
Raum und iY : X → Y eine Isometrie, derart dass iY (X) dicht ist in Y . Dann
e folgendermaßen: Zu y ∈ Y existiert eine Folge (xn )n∈N
definieren wir ein h : Y → X
aus X mit iY (xn ) → y. Dann ist
h(y) :=
lim i(xn )
n→∞
e
wohldefiniert, denn (i(xn ))n∈N ist Cauchyfolge in X:
lim dXe (i(xm ), i(xn )) =
m,n→∞
=
lim d(xm , xn )
m,n→∞
lim dY (iY (xm ), iY (xn )) = dY (y, y) = 0 .
m,n→∞
e vollständig ist, konvergiert die Folge (i(xn ))n∈N . Ferner ist die Definition von
Da X
h unabhängig von der speziellen Wahl der Folge (xn )n∈N . Wäre nämlich (x0n )n∈N eine
weitere Folge in X mit iY (x0n ) → y, so gilt:
dXe (i(xn ), i(x0n )) = d(xn , x0n ) = dY (iY (xn ), iY (x0n )) → dY (y, y) = 0 (n → ∞).
Also haben (i(xn ))n∈N und (i(x0n ))n∈N den gleichen Grenzwert. Dieses h ist eine
Isometrie, denn für y, y 0 ∈ Y mit Folgen iY (xn ) → y und iY (x0n ) → y 0 gilt:
dXe (h(y), h(y 0 )) =
=
=
lim dXe (i(xn ), i(x0n ))
n→∞
lim d(xn , x0n )
n→∞
lim dY (iY (xn ), iY (x0n )) = dY (y, y 0 ) .
n→∞
Für die Bijektivität von h genügt es nach Lemma 2.38, die Surjektivität zu zeigen.
e Dann existiert eine Cauchyfolge in X mit lim i(xn ) = x
Sei hierzu x
e ∈ X.
e. Somit
existiert auch der Limes z = lim iY (xn ). Es folgt x
e = h(z).
2.6
Fixpunktsatz von Banach
In metrischen Räumen gilt bereits der Fixpunktsatz von Banach. Hierzu rekapitulieren wir kurz den Begriff der Kontraktion.
Definition 2.40 Seien (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume. Eine Abbildung f : X →
Y heißt Lipschitz-stetig, wenn eine reelle Zahl L ≥ 0 existiert, so dass
dY (f (x1 ), f (x2 )) ≤ L dX (x1 , x2 )
∀x1 , x2 ∈ X .
Im Fall X = Y , dX = dY und L < 1 heißt f eine Kontraktion.
2.6 Fixpunktsatz von Banach
33
Satz 2.41 (Fixpunktsatz von Banach) Jede Kontraktion eines vollständigen metrischen Raumes f : X → X besitzt genau einen Fixpunkt, d.h. es existiert ein
x ∈ X mit f (x) = x.
Alternativ läßt sich dieser Satz auch formulieren: Für abgeschlossene Mengen A ⊆
X eines vollständigen metrischen Raums X, mit f (A) ⊆ A, gilt: f besitzt einen
eindeutiger Fixpunkt x ∈ A.
Beweis. Der Beweis erfolgt wie im Fall X = Rm mittels Betrachtung der rekursiv
definierten Folge xn+1 = f (xn ) zu beliebigem Startwert x0 ∈ X. Zunächst sieht man
unmittelbar per vollständiger Induktion d(xn+1 , xn ) ≤ Ln d(x1 , x0 ) für n ∈ N. Nun
zeigt man dann, dass (xn )n∈N eine Cauchy-Folge ist:
d(xm , xn ) ≤
m
X
d(xk , xk−1 ) ≤ ln,m d(x1 , x0 ) ,
k=n+1
wobei sich ln,m mit der geometrischen Reihe beschränken läßt:
ln,m :=
m
X
k=n+1
Lk−1 ≤
∞
X
Lk −
k=0
n−1
X
k=0
Lk =
1
1 − Ln
Ln
−
=
.
1−L
1−L
1−L
Daher gilt limn→∞ ln,m = 0, womit sich die Cauchy-Eigenschaft der Folge (xn ) ergibt.
Die Vollständigkeit von X liefert dann einen Grenzwert x. Mit der Stetigkeit von
f folgt nun, dass x der gesuchte Fixpunkt ist. Die Eindeutigkeit dieses Fixpunktes
ergibt sich aus der Kontraktion: Sei y ∈ X ein weiterer Fixpunkt. Dann
d(x, y) = d(f (x), f (y)) ≤ Ld(x, y) ,
mit L < 1. Hieraus folgt dann x = y.
Dieser Beweis liefert außerdem eine konkrete Iterationsvorschrift zur Bestimmung des Fixpunktes, nämlich die Fixpunktiteration xn+1 := f (xn ) und beliebigem
Startwert x0 ∈ X.
Beispiel: Wir betrachten die Differentialgleichung
u0 (t) = f (t, u(t))
u(0) = u0
für t ∈ [0, a]
(2.4)
(2.5)
mit stetigem f : [0, a] × Rn → Rn und fragen uns, ob eine Lösung im Raum
[C 1 ([0, a])]n existiert.
34
M. Braack - Metrische Räume
Korollar 2.42 Die Funktion f in der obigen Differentialgleichung sei Lipschitzstetig bezüglich x ∈ Rn , also
||f (t, x) − f (t, y)|| ≤ L||x − y||
∀x, y ∈ Rn
∀t ∈ [0, a] ,
und stetig bezüglich t ∈ [0, a] Dann existiert eine eindeutige Lösung u ∈ [C 1 ([0, a])]n
der Differentialgleichung (2.4)-(2.5).
Beweis. Die Differentialgleichung ist äquivalent zur Integralgleichung
Z t
f (s, u(s)) ds
u(t) = u0 +
0
n
im metrischen Raum [C([0, a])] . Als Metrik wählen wir hier
dφ (u, v) := ||φ(u − v)||∞,[0,a]
n
X
= max φ(t)
(ui (t) − vi (t))2
0≤t≤a
!1/2
i=1
−2Lt
mit der Gewichtungsfunktion φ(t) := e
. Man überlege sich, dass diese Metrik
äquivalent ist zur Maximumsmetrik (mit Gewichtungsfunktion ≡ 1). Daher ist die
Topologie auf X := [C([0, a])]n und der Konvergenzbegriff der gleiche. Wir betrachten nun den Operator T : X → X definiert durch:
Z t
f (s, u(s)) ds .
(T u)(t) := u0 +
0
Wir prüfen nun nach, dass dies eine Kontraktion auf (X, dφ ) ist:
dφ (T u, T v) = max φ(t)||(T u − T v)(t)|| .
0≤t≤a
Für beliebiges t ∈ [0, a] gilt:
Z t
Z t
||(T u − T v)(t)|| ≤
||f (s, u(s)) − f (s, v(s))|| ds ≤ L
||u(s) − v(s)|| ds
0
0
Z t
Z t
−1
≤ L
φ(s) dφ (u, v) ds = dφ (u, v)L
e2Ls ds
0
0
1
dφ (u, v)(e2Lt − 1) .
=
2
Damit ergibt sich:
1
dφ (T u, T v) ≤ φ(t) dφ (u, v)(e2Lt − 1)
2
1
1
=
dφ (u, v)(1 − φ(t)) ≤ dφ (u, v) .
2
2
Daher existiert nach obigem Fixpunktsatz ein eindeutiger Fixpunkt T u = u.
Ohne die Benutzung der Gewichtungsfunktion φ im obigen Beweis erhält man nur
die lokale Existenz von Lösungen, nämlich für a ≤ 1/L.
2.7 Der Satz von Baire
2.7
35
Der Satz von Baire
Satz 2.43 (Baire) Sei X ein vollständiger metrischer Raum. Für jedes n ∈ N sei
T
Un eine offene und dichte Menge. Dann ist auch der Schnitt U := n∈N Un dicht.
Beweis. Gegen sei ein beliebiges x0 ∈ X sowie ein beliebiges > 0. Wenn wir ein
x ∈ U ∩ B (x0 ) finden, ist die Behauptung gezeigt. Da B1 := U1 ∩ B (x0 ) offen und
dicht in B (x0 ) ist, enthält B1 eine weitere offene Kugel B1 (x1 ) mit geeignetem x1 ∈
B1 und 0 < 1 < /2. Setzen wir diese Konstruktion fort, so erhalten wir eine Folge
(Bn (xn ))n∈N von ineinander geschachtelten offenen Kugeln mit der Eigenschaft:
Bn+1 (xn+1 ) ⊆ Bn (xn ) ∩ Un+1
und
n+1 < 2−n .
Somit bilden die Mittelpunkte xn eine Cauchy-Folge, die aufgrund der Vollständigkeit von X gegen ein x ∈ X konvergiert. Es gilt d(x, xn ) ≤ n /2, denn mit beliebigem
k > n folgt:
d(x, xn ) ≤ d(x, xk ) + d(xk , xn ) ≤ d(x, xk ) +
n
n
→
2
2
(für k → ∞) .
Hiermit folgt x ∈ Bn (xn ) ⊆ Un für alle n ∈ N, also x ∈ U ∩ B (x0 ).
Korollar 2.44 (Baire) In einem vollständigen metrischen Raum seien abzählbar
S
viele abgeschlossene Mengen An , n ∈ N, gegeben, derart dass A := k∈N Ak eine
offene Menge enthält. Dann enthält bereits ein An , n ∈ N, eine offene Menge.
Beweis. Angenommen kein An enthielte eine offene Menge. Wir betrachten die
. Diese wären dann alle dicht in X. Der Satz von
offenen Komplemente Un := AC
Tn
Baire besagt nun, dass auch n∈N Un dicht ist, also
X =
\
Un
n∈N
C S
T
S
Das Komplement
= n∈N UnC = n∈N An = A kann also keinen inneren
n∈N Un
Punkt enthalten. Dies ist ein Widerspruch zur Voraussetzung.
Korollar 2.45 Vollständige metrische Räume sind nicht mager.
Beweis. Wir gehen von einer Darstellung von X als abzählbare Vereinigung von
S
Mengen aus, X = n∈N An . Nach dem vorherigen Korollar muss mindestens eines
der An eine offene Menge enthalten. Also können nicht alle An nirgends dicht sein.
36
M. Braack - Metrische Räume
Satz 2.46 (Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit) Sei X ein vollständiger metrischer Raum und B ⊆ C(X) eine punktweise beschränkte Teilmenge. Dann
existiert eine offene Kugel B ⊆ X, so dass
sup sup |f (x)| < ∞ .
f ∈B x∈B
Beweis. Wir betrachten zu jedem n ∈ N die Menge
An :=
x ∈ X : sup |f (x)| ≤ n .
f ∈B
Diese Mengen sind wohldefiniert aufgrund der punktweisen Beschränktheit von B.
Ferner sind alle An abgeschlossen aufgrund der Stetigkeit der f . Nun gilt X =
S
n∈N An . Wegen der Vollständigkeit von X enthält X eine offene Menge. Das Korollar 2.44 liefert nun, dass bereits ein An eine offene Menge enthält. Da die offene
Kugeln eine Umgebungsbasis bilden, folgt die Behauptung.
Kapitel 3
Normierte Räume
Um nun ein weniger mehr Gehalt in die Sache zu bekommen, müssen wir unsere Räume mit Struktur versehen. Hierzu beschäftigen wir uns zunächst mit linearen Räumen, d.h. Vektorräume über dem Körper K = R, C. In Verbindung mit
Vektorräumen sind lineare Abbildungen von Interesse. Im Gegensatz zu den Vektorräumen, die man aus der linearen Algebra kennt, sind hier vor allem unendlich
dimensionale Vektorräume von Interesse.
Wir wiederholen kurz den Begriff der Basis:
Definition 3.1 Unter einer Basis eines linearen Raums E versteht man eine Teilmenge {ei }i∈I ⊆ E linear unabhängiger Elemente, so dass sich jedes Element u ∈ E
darstellen läßt als endliche Linearkombination der {ei }. Die Dimension von E ist
dann die Mächtigkeit der Indexmenge I, dim E = |I|.
Einige Ergebnisse basieren auf dem Lemma von Zorn. Hierzu benötigen wir den
Begriff wie “geordnet”, “total geordnet” und “induktiv geordnet”:
Definition 3.2 Eine Relation “≤” auf einer Menge M heißt Ordnungsrelation,
wenn sie reflexiv und transitiv ist, und wenn zudem aus a ≤ b und b ≤ a für a, b ∈ M
folgt a = b. Die Menge M heißt dann geordnet. Eine nichtleere Teilmenge S einer
geordneten Menge M heißt total geordnet, wenn für alle x, y ∈ S gilt x ≤ y oder
y ≤ x. Eine geordnete Menge M heißt induktiv geordnet, wenn jede total geordnete
Teilmenge von M ein größtes Element in M besitzt.
Lemma 3.3 (Zorn) Jede nichtleere induktiv geordnete Menge enthält mindestens
ein maximales Element.
38
3.1
M. Braack - Normierte Räume
Fortsetzungssatz von Hahn-Banach
Definition 3.4 Sei E ein Vektorraum über R. Eine Abbildung p : E → R heißt
sublinear, wenn sie folgende Eigenschaften besitzt:
∀λ > 0 und ∀x ∈ E ,
(a)
p(λx) = λp(x)
(b)
p(x + y) ≤ p(x) + p(y)
∀x, y ∈ E .
Satz 3.5 (Fortsetzungssatz von Hahn-Banach) Gegeben sei E ein Vektorraum
über R und eine sublineare Abbildung p : E → R. Ferner sei G ⊆ E ein Unterraum
und f : G → R eine lineare Abbildung mit f (x) ≤ p(x) für alle x ∈ G. Dann
existiert eine lineare Fortsetzung F : E → R derart, dass F |G = f und
−p(−x) ≤ F (x) ≤ p(x)
∀x ∈ E .
Beweis. Sei zunächst G = E: Dann erfüllt F := f die obere Schranke F ≤ p. Die
untere Schranke erhält man wegen F (−x) ≤ p(−x), also mit der Linearität von F :
−p(−x) ≤ −F (−x) = F (x) für alle x ∈ E.
Nun sei G 6= E: Dann existiert ein x1 ∈ E \ G, der einen ein-dimensionalen Unterraum X1 = spanhx1 i aufspannt. Betrachte den Teilraum G1 := G ⊕ X1 . Hierauf
wollen wir nun eine Fortsetzung von f definieren. Wir wissen:
sup(f (x) − p(x)) ≤ 0 .
x∈G
Wir wollen nun sehen, dass auch supx∈G (f (x) − p(x + x1 )) beschränkt ist: Für x ∈ G
gilt aufgrund der Sublinearität von p:
f (x) − p(x + x1 ) ≤ p(x) − p(x + x1 )
≤ p(x + x1 ) + p(−x1 ) − p(x + x1 )
≤ p(−x1 ) .
Hieraus folgt, dass die linke Seite beschränkt ist für alle x, also gilt mit α := p(−x1 ):
sup(f (x) − p(x + x1 ))
≤ α < ∞.
x∈G
Nun definieren wir die Fortsetzung f1 von f auf G1 :
f1 (x + tx1 ) := f (x) − tα .
Offensichtlich ist f1 linear und f1 |G = f . Ferner gilt
f1 (x + x1 ) = f (x) − α ≤ f (x) − (f (x) − p(x + x1 )) = p(x + x1 ) ,
3.2 Halbnormen
39
bzw. f1 ≤ p auf G1 . Hieraus erhält man wie oben (im Fall G = E) auch die untere
Schranke −p(−x) ≤ f1 (x). Durch Induktion erhält man nun sukzessive Teilräume
G1 ⊂ G2 ⊂ . . . mit zugehörigen Fortsetzungen fk . Im Fall, dass sich die Dimension
von E und G nur um eine endliche Zahl unterscheiden, ist man fertig. Im Fall, dass
der Dimensionsunterschied unendlich groß ist, bedient man sich der transfiniten
Induktion. Hierfür benötigt man dann allerdings das Zorn’sche Lemma.
Hierzu betrachtet man Paare (H, F ) mit H Teilraum von E und F : H → R
linear. Man definiert eine Ordnungsrelation (H, F ) ≤ (H 0 , F 0 ), wenn H ⊆ H 0 und
F 0 |H = F . Wir verweisen auf [3].
3.2
Halbnormen
Definition 3.6 Eine Abbildung || · || : E → R+
0 auf einem linearen Raum E heißt
Halbnorm, wenn gilt:
(a) Homogenität: ||λx|| = |λ|||x|| für alle x ∈ E und alle λ ∈ K.
(b) Dreiecksungleichung: ||x + y|| ≤ ||x|| + ||y|| für alle x, y ∈ E.
Offensichtlich ist jede Halbnorm sublinear.
Korollar 3.7 Gegeben sei E ein Vektorraum über K und eine Halbnorm | · | : E →
R. Ferner sei G ⊂ E ein Unterraum und f : G → K eine lineare Abbildung mit
|f (x)| ≤ |x| für alle x ∈ G. Dann existiert eine lineare Fortsetzung F : E → K
derart, dass F |G = f und |F (x)| ≤ |x| auf E.
Beweis. K = R: Jede Halbnorm ist sublinear. Der Satz von Hahn-Banach liefert
daher eine Fortsetzung F mit
−| − x| ≤ F (x) ≤ |x|
∀x ∈ E .
Wegen −| − x| = −|x| folgt die Behauptung.
K = C: Wir führen dies auf den reellen Fall zurück indem wir f darstellen in der
Form:
f (x) = Re f (x) − i Re f (ix) .
Re f erfüllt die Voraussetzungen des Corollars im Reellen. Daher existiert eine Fortsetzung F1 : E → R mit F1 |G = Re f und |F1 (x)| ≤ |x| auf E. Die komplexe
Fortsetzung lautet nun:
F (x) := F1 (x) − iF1 (ix) .
40
M. Braack - Normierte Räume
Nun gilt mit einem geeigneten α ∈ C, |α| = 1:
|F (x)| = αF (x) = F (αx) = F1 (αx) − iF1 (iαx)
Da |F (x)| ∈ R, folgt F1 (iαx) = 0 und somit
|F (x)| = F1 (αx) ≤ |αx| = |α||x| = |x| .
3.3
Normierte Räume
Definition 3.8 Eine Halbnorm || · || auf einem linearen Raum E heißt Norm, wenn
neben der Homogenität und der Dreiecksungleichung die Definitheit, d.h.
||x|| > 0
für alle x ∈ E \ {0}
erfüllt ist. In diesem Fall heißt (E, || · ||) normierter Raum.
Lemma 3.9 Jeder normierte Raum E wird durch die Metrik
d(x, y) := ||x − y||
zu einem metrischen Raum. In der zugehörigen Topologie sind diese Norm, sowie
die Addition und die skalare Multiplikation stetige Funktionen.
Beweis. Der Nachweis, dass d(·, ·) eine Metrik ist, ist schnell erbracht mittels der
Eigenschaften (a),(b) der Halbnorm und der Definitheit der Norm. Da metrische
Räume das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, sind Stetigkeit und Folgenstetigkeit
äquivalent. Sei (xn )n∈N eine in E konvergente Folge, xn → x. Dann folgt aus der 2.
Dreiecksungleichung:
|||xn || − ||x||| ≤ ||xn − x|| → 0 .
Somit ist die Norm folgenstetig. Die Folgenstetigkeit der skalare Multiplikation folgt
ebenso:
|||βn xn || − ||βx||| ≤ ||βn xn − βx||
≤ ||βn xn − βxn || + ||βxn − βx||
= |βn − β|||xn || + |β|||xn − x|| → 0 ,
3.3 Normierte Räume
41
für beliebige konvergente Folgen aus K, βn → β, denn konvergente Folgen sind
beschränkt. Für den Nachweis der Stetigkeit der Addition benötigen wir noch eine
zweite in E konvergente Folge, yn → y. Aber auch hier folgt die Stetigkeit aus der
Dreiecksungleichung:
||(xn + yn ) − (x + y)|| ≤ ||xn − x|| + ||yn − y|| → 0 .
In normierten Räumen wird demnach eine Umgebungsbasis um einen Punkt x0 ∈ E
gebildet durch die offenen Kugeln
1
B1/n (x0 ) :=
x ∈ E : ||x − x0 || <
,
n ∈ N.
n
Lemma 3.10 Normierte Räume sind hausdorff ’sch.
Beweis. Die Behauptung folgt unmittelbar aus Lemma 3.9 und Lemma 2.5.
Definition 3.11 Zwei Normen || · ||1 , || · ||2 auf einem linearen Raum E heißen äquivalent, wenn sie sich mittels Konstanten gegeneinander abschätzen lassen, d.h. es
existieren c1 , c2 > 0 so dass
c1 ||x||1 ≤ ||x||2 ≤ c2 ||x||1
∀x ∈ E .
Lemma 3.12 Zwei Normen sind genau dann äquivalent, wenn sie die gleiche Topologie erzeugen.
Beweis. Es gelte zunächst, dass die beiden Normen sich über Konstanten gegeneinander abschätzen lassen. Die Gleichheit der Topologien folgt aus der Tatsache,
dass jede || · ||1 -Umgebung eines Punktes u ∈ E eine || · ||2 -Umgebung von u enthält.
Seien nun umgekehrt die Topologien die gleichen. Dann existiert ein > 0, so dass
(1)
B(2) (0) := {x ∈ E : ||x||2 < } ⊆ B1 (0) := {x ∈ E : ||x||1 < 1} .
(2)
(1)
Ferner folgt wegen Gleicheit der Topologien auch B (0) ⊆ B1 (0). Aufgrund von
(2)
x/||x||2 ∈ B (0) folgt
||x||1
x = ||x||2 ||x||2 Die andere Richtung folgt analog.
≤ ||x||2 .
1
42
M. Braack - Normierte Räume
Satz 3.13 In endlich-dimensionalen linearen Räumen sind alle Normen äquivalent.
Beweis. Wir zeigen, dass E homöomorph zum Kn ist. Sei E := {e1 , . . . , en } eine
Basis von E. Nun sind für jedes x ∈ X die Koeffizienten α = α(x) ∈ Kn mit
P
x = ni=1 αi ei eindeutig bestimmt. Wir definieren die Norm (nachprüfen!):
||x||E := |α(x)| .
P
Die Abbildung φ : Kn → (E, || · ||E ) definiert durch φ(α) = ni=1 αi ei ist per Konstruktion stetig. Ebenso ist die Abbildung || · || : (E, || · ||E ) → R≥0 für beliebige
andere Normen || · || auf E stetig. Somit ist für jede andere Norm || · || auf E auch
ψ : Kn → [0, ∞), ψ(α) := ||x||, stetig und nimmt auf der kompakten Einheitssphäre
S1 := {α ∈ Kn : |α| = 1} Maximum und Minimum an. Da 0 6∈ S1 gilt:
0 < c1 := min ψ(α) ≤ c2 := max ψ(α) ≤ ∞ .
α∈S1
α∈S1
Unter Nutzung der Linearität für λ ∈ K, ψ(λα) = |λ|ψ(α), kann man zeigen, dass
|| · || und || · ||E äquivalent sind:
c1 ||x||E = c1 |α(x)| ≤ ||x|| = ψ(α(x)) ≤ c2 |α(x)| = c2 ||x||E .
Definition 3.14 In einem unendlich-dimensionalen normierten Raum E über einem Körper K heißt eine Folge (ek )k∈N ⊆ E Schauder-Basis, wenn zu jedem Element
x ∈ E eindeutig definierte Koeffizienten λk ∈ K, k ∈ N, existieren, so dass
lim
n→∞
n
X
λk e k = x .
k=1
Die lineare Unabhängigkeit der ek ergibt sich aus der eindeutigen Darstellung.
3.4
Stetige lineare Operatoren zwischen normierten Räumen
Definition 3.15 Eine Abbildung T : E → F zwischen zwei normierte Räumen
(E, || · ||E ), (F, || · ||F ) heißt beschränkt, wenn
||T ||E;F :=
sup
06=x∈E
||T x||F
< ∞.
||x||E
3.4 Stetige lineare Operatoren zwischen normierten Räumen
43
Lemma 3.16 Seien (E, || · ||E ), (F, || · ||F ) normierte Räume und T : E → F eine
lineare Abbildung. Dann sind äquivalent:
(a) T ist stetig.
(b) T ist stetig im Nullpunkt.
(c) T ist beschränkt.
Beweis. (a)⇒(b) ist offensichtlich. (b)⇒(c): Aufgrund der Stetigkeit existiert zu
= 1 ein δ > 0, so dass T (Bδ,E (0)) ⊆ B,F (0). Mit der Homogenität der Norm folgt
nun:
||T ||E;F =
sup
06=x∈E
||T x||F
||T x||F
1
= sup
≤ .
||x||E
δ
δ
x∈E,||x||=δ
(c)⇒(a): Sei xn → x eine in E konvergente Folge. Dann folgt für die Bilder T xn →
T x, denn:
||T xn − T x||F = ||T (xn − x)||F ≤ ||T ||E;F ||xn − x|| → 0 .
Definition 3.17 Zu zwei normierte Räumen (E, ||·||E ), (F, ||·||F ) bezeichnet L(E, F )
den Raum der linearen und stetigen Abbildungen. Im Fall E = F schreibt man auch
kurz L(E).
Lemma 3.18 Auf dem Raum L(E, F ) bildet || · ||E;F eine Norm, so dass auch
(L(E, F ), || · ||E;F ) ein normierter Vektorraum ist.
Beweis. Aus der linearen Algebra wissen wir, dass L(E, F ) wieder einen KVektorraum bildet. Die Normeigenschaften von || · ||E;F rechnet man schnell nach.
Definition 3.19 Sei U ⊆ E ein Unterraum des normierten Raums E. Ein P ∈
L(E, U ) heißt Projektion, wenn P u = u für alle u ∈ U .
Lemma 3.20 Für Projektionen P ∈ L(E, U ) des normierten Raums E auf einen
nichtleeren Unterraum U ⊆ E gilt stets ||P ||E;U ≥ 1.
Beweis.
||P ||E;U ≥ sup
u∈U
||P u||
||u||
= sup
= 1.
||u||
u∈U ||u||
44
3.5
M. Braack - Normierte Räume
Der Dualraum
Definition 3.21 Ist (E, || · ||) ein normierter Raum, so wird der normierte Raum
L(E, K) kurz mit E 0 bezeichnet und heißt Dualraum zu E. Die Norm || · ||E 0 ;K auf
E 0 wird kurz mit || · ||E 0 bezeichnet. Die Elemente von E 0 nennt man stetige lineare
Funktionale. Für Elemente f ∈ E 0 und x ∈ E schreibt man für gewöhnlich
hf, xi := f (x) .
Die zu || · || duale Norm ist also
!
||f ||E 0 :=
|hf, xi|
sup
=
x∈E,||x||≤1
sup
hf, xi falls K = R
.
x∈E,||x||≤1
Korollar 3.22 Sei G ein Unterraum eines normierten Raumes E. Dann existiert
zu jedem g ∈ G0 eine Fortsetzung f ∈ E 0 von g mit ||f ||E 0 = ||g||G0 .
Beweis. Wir wenden das Corollar 3.7 an auf die Halbnorm |x|g = ||g||G0 ||x||. Hierdurch erhalten wir ein f ∈ E 0 mit f |G = g und:
||f ||E 0 =
|hf, xi| ≤
sup
x∈E,||x||≤1
||f ||E 0 ≥
|hf, xi| =
sup
|x|g = ||g||G0
sup
x∈E,||x||≤1
x∈G,||x||≤1
|hg, xi| = ||g||G0 .
sup
x∈G,||x||≤1
Korollar 3.23 Zu jedem x0 ∈ E in einem normierten Raum E existiert ein f0 ∈ E 0
mit ||f0 ||E 0 = ||x0 || und hf0 , x0 i = ||x0 ||2 .
Beweis. Wir wenden Korollar 3.22 an auf den Unterraum G := Kx0 und hg, tx0 i :=
t||x0 ||2 . Dies liefert uns ein f0 ∈ E 0 mit hf0 , x0 i = hg, x0 i = ||x0 ||2 und
||f0 ||E 0 = ||g||G0 =
|hg, tx0 i| =
sup
t∈K,||tx0 ||≤1
|t|||x0 ||2 = ||x0 || .
sup
t∈K,||tx0 ||≤1
Im allgemeinen ist das f0 in diesem Korollar nicht eindeutig.
Korollar 3.24 In jedem normierten Raum E berechnet sich die Norm für jedes
x ∈ E aus
||x|| =
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
|hf, xi| =
max
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
|hf, xi| .
3.6 Minkowski-Funktional
45
Beweis. Der Fall x = 0 ist trivial. Für x 6= 0 gilt
hf, xi ≤ ||x|| .
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
Andererseits existiert nach Korollar 3.23 ein f0 ∈ E 0 mit hf0 , xi = ||x||2 und ||f0 ||E 0 =
||x||. Dann ist auch f1 := ||x||−1 f0 ∈ E 0 mit ||f1 ||E 0 = 1 und hf1 , xi = ||x||. Insgesamt
erhalten wir also:
||x|| = hf1 , xi ≤
sup
hf, xi ≤ ||x|| .
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
Hieraus folgt die Behauptung.
Satz 3.25 Für endlich-dimensionale normierte Räume E gilt dim E 0 = dim E.
Beweis. Sei {x1 , . . . , xn } eine Basis von E. Dann ist jedes f ∈ E 0 bereits gegeben
durch seine n Werte hf, xi i, i = 1, . . . , n. Hieraus folgt dim E 0 ≤ n. Wir betrachten
ferner die n Funktionale mit hfi , xj i = δij und zeigen, dass diese linear unabhängig
P
sind: Aus ni=1 αi fi = 0 folgt für jedes j = 1, . . . , n:
0 =
n
X
hαi fi , xj i = αi
i=1
n
X
δij = αj .
i=1
Also dim E 0 ≥ n und folglich dim E 0 = n.
3.6
Minkowski-Funktional
Definition 3.26 Sei E ein reeller normierter Raum und A ⊆ E. Dann heißt das
Funktional pA : E → [0, ∞],
pA (x) := inf{α > 0 : α−1 x ∈ A}
das Minkowski-Funktional zu A. Falls pA (x) < ∞ für alle x ∈ E, so heißt A absorbierend.
Nun ein paar offensichtliche Eigenschaften des Minkowski-Funktionals:
• Minkowski-Funktionale sind i.a. nicht linear.
• Offene Mengen, die den Nullpunkt enthalten, sind absorbierend.
46
M. Braack - Normierte Räume
• Im Fall A = B1 (0) gilt pB1 (0) (x) = ||x||.
• Für r > 0 gilt pBr (0) (x) = r−1 ||x||.
• A ⊆ B =⇒ pB ≤ pA .
• Ist U offen, so gilt für hinreichend kleines > 0:
1
x∈U.
pU (x) + Lemma 3.27 Sei E ein reeller normierter Raum und U ⊆ E offen mit 0 ∈ U .
Dann existiert ein M > 0, so dass
0 ≤ pU (x) ≤ M ||x||
∀x ∈ E .
Ist U zudem konvex, so ist pU eine sublineare Abbildung und es gilt die Darstellung
U = {x ∈ E : pU (x) < 1} .
Beweis. (a) Da U offen ist, existiert eine Kugel Br (0) ⊆ U . Daher gilt
0 ≤ pU (x) ≤
1
||x||
r
∀x ∈ E .
Die Homogenität pU (λx) = λpU (x) ist konstruktionsmäßig erfüllt.
(b) Sei x ∈ U . Wegen der Offenheit von U ist dann auch (1+)x ∈ U für hinreichend
kleines > 0. Daher gilt pU (x) ≤ (1 + )−1 < 1. Sei nun umgekehrt pU (x) < 1. Dann
existiert ein 0 < α < 1, so dass α−1 x ∈ U und damit aufgrund der Konvexität von
U : α(α−1 x) + (1 − α)0 = x ∈ U .
(c) Seien x, y ∈ E. Aufgrund der Offenheit von U gilt für hinreichend kleine > 0,
dass
1
1
x ∈ U und
y∈U.
pU (x) + pU (y) + Aufgrund der Konvexität von U gilt dann auch für beliebiges 0 ≤ t ≤ 1:
t
1−t
x+
y ∈ U.
pU (x) + pU (y) + Es ergibt sich insbesondere für t∗ := (pU (x) + )/α, α := pU (x) + pU (y) + 2:
t∗
1 − t∗
1
1
1
x+
y = x + y = (x + y) ∈ U
pU (x) + pU (y) + α
α
α
3.7 Trennungssätze von Hahn-Banach
47
Wegen (b) und der Homogenität von pU gilt nun:
pU (x + y) = αpU (α−1 (x + y)) < α = pU (x) + pU (y) + 2 .
Der Grenzübergang → 0 liefert die Dreiecksungleichung.
Bemerkung: Für die obige Darstellung von U wird also anstelle der Konvexität
lediglich benötigt, dass U sternförmig bzgl. der Null ist.
3.7
Trennungssätze von Hahn-Banach
In diesem Abschnitt werden wir stets annehmen, dass der Körper K = R ist ohne
dies jeweils neu zu vermerken.
Definition 3.28 Sei E ein reeller normierter Raum und f : E → R ein nichttriviales lineares Funktional (also f 6≡ 0). Dann heißt zu α ∈ R die Menge
H := {x ∈ E : f (x) = α}
(affine) Hyperebene. Man sagt auch, dass H eine Hyperebene der Gleichung [f = α]
ist. Ein solches Funktional (bzw. die Gleichung [f = α]) separiert zwei Mengen
A, B ⊆ E (im weiten Sinne), wenn
f |A ≤ α ≤ f |B .
Die Mengen werden von f strikt separiert, wenn ein > 0 existiert, so dass:
f |A ≤ α − < α + ≤ f |B .
Lemma 3.29 Eine Hyperebene [f = α] ist genau dann abgeschlossen, wenn f stetig
ist.
Beweis. Übungsaufgabe.
Lemma 3.30 Seien U eine konvexe, nichtleere und offene Teilmenge eines reellen
normierten Raumes E und x0 ∈ E \ U . Dann existiert ein f ∈ E 0 , so dass f |U <
f (x0 ). Insbesondere separiert die abgeschlossene Hyperebene [f = f (x0 )] die Mengen
U und {x0 }.
48
M. Braack - Normierte Räume
Beweis. Wir können oEdA annehmen, dass 0 ∈ U ist. Wir betrachten zu U das
Minkowski-Funktional pU . Nach vorherigem Lemma gilt wegen x0 6∈ U , pU (x0 ) ≥ 1.
Ferner betrachten wir die Hyperebene G := Rx0 . Nun sei g ∈ G0 definiert durch
hg, tx0 i := t. Es gilt hg, xi ≤ pU (x) für x ∈ G, denn:
x = tx0 , t > 0 :
hg, xi = t ≤ tpU (x0 ) = pU (tx0 ) = pU (x) ,
x = tx0 , t ≤ 0 :
hg, xi = t ≤ 0 ≤ pU (x) .
Nach dem Fortsetzungsatz von Hahn-Banach 3.5 existiert nun eine lineare Fortsetzung f : E → R von g mit f ≤ pU auf E. Das Funktional f ist wegen f (x) ≤
pU (x) ≤ M ||x|| stetig. Insbesondere gilt für alle x ∈ U :
hf, xi ≤ pU (x) < 1 = hg, x0 i = hf, x0 i .
Satz 3.31 (Trennungssatz von Hahn-Banach) Sei E ein reeller normierter
Raum, A, B ⊆ E disjunkt, nichtleer und konvex. Zudem sei A sei offen. Dann
existiert ein f ∈ E 0 \ {0}, das diese Mengen separiert.
Beweis. Wir betrachten die Menge C = A − B = {a − b ∈ E : a ∈ A, b ∈ B}.
Diese Menge ist offen, da A offen ist, und C ist konvex, da A und B konvex sind.
Ferner ist 0 6∈ C, da A und B disjunkt sind. Nach Lemma 3.30 existiert ein f ∈ E 0
mit
hf, xi < hf, 0i = 0
∀x ∈ C .
Hieraus folgt nun
hf, ai < hf, bi
∀a ∈ A ∀b ∈ B .
Die separierende Hyperebene ist nun gegeben durch die Gleichung [f = α] mit einem
α ∈ R, so dass
suphf, ai ≤ α ≤ inf hf, bi .
a∈A
b∈B
Lemma 3.32 Sei E ein normierter Raum, A, B ⊆ E disjunkt und nichtleer. Ferner
sei A abgeschlossen und B kompakt. Dann sind für > 0 hinreichend klein die
Mengen A = A + B (0) und B = B + B (0) offen und disjunkt.
3.7 Trennungssätze von Hahn-Banach
49
Beweis. Wir nehmen an, diese Mengen seien nicht disjunkt. Sei (n )n∈N eine
Nullfolge und (zn )n∈N eine Folge in E mit zn ∈ An ∩Bn . Dann existieren auch Folgen
(xn )n∈N , (yn )n∈N mit xn ∈ A, yn ∈ B und ||xn −yn || ≤ 2n . Da B kompakt ist, existiert
nun eine konvergente Teilfolge ynk → y ∈ B. Es folgt dann auch xnk → y ∈ B. Da
A aber abgeschlossen ist, ist dann auch y ∈ A, was zum Widerspruch y ∈ A ∩ B
führt.
Folgendes Beispiel im E = R2 zeigt, dass die Kompaktheit einer der Mengen wichtig
ist:
A := {0} × R ,
B := {(x, y) ∈ E : y ≥ 0, xy ≥ 1} .
Diese Mengen sind nichtleer, konvex, abgeschlossen und disjunkt. Dennoch gilt A ∩
B 6= ∅ für beliebiges > 0.
Korollar 3.33 Sei E ein reeller normierter Raum, A, B ⊆ E disjunkt, nichtleer
und konvex. Zudem sei A abgeschlossen und B kompakt. Dann existiert ein f ∈ E 0 ,
das diese Mengen strikt separiert.
Beweis. Man betrachtet für > 0 die Mengen A = A+B (0) und B = B+B (0).
Diese Mengen sind nach dem vorherigen Korollar für hinreichend kleines > 0 offen
und disjunkt. Als Summe konvexer Mengen sind sie zudem wieder konvex. Der
Trennungssatz von Hahn-Banach liefert uns f ∈ E 0 , das diese Mengen separiert:
hf, x + z1 i ≤ α ≤ hf, y + z2 i
∀x ∈ A , ∀y ∈ B , ∀z1 , z2 ∈ B1 (0) .
Für z := z1 = −z2 ∈ B1 (0) beliebig folgt insbesondere
hf, xi + hf, zi ≤ α ≤ hf, yi − hf, zi .
Wählen wir nun z ∈ E, so dass hf, zi ≥ 21 ||f ||E 0 , so folgt nun:
hf, xi + ||f ||E 0 ≤ α ≤ hf, yi − ||f ||E 0
∀x ∈ A , ∀y ∈ B .
2
2
Da ||f ||E 0 6= 0, folgt die Behauptung.
Korollar 3.34 Sei E ein reeller normierter Raum und G ⊆ E ein nicht dichter
Teilraum, also G 6= E. Dann existiert ein f ∈ E 0 mit f 6= 0 und f |G = 0.
Beweis. Es gelte x0 ∈ E \ G. Wir wenden Korollar 3.33 mit der Wahl A = G und
B = {x0 }. Wir erhalten ein f ∈ E 0 und eine Hyperebene [f = α], die G und {x0 }
strikt separiert, also
hf, xi < α < hf, x0 i
∀x ∈ G .
Da mit x ∈ G aber auch jedes λx ∈ G für beliebiges λ ∈ R, folgt hf, xi = 0 für alle
x ∈ G.
50
M. Braack - Normierte Räume
Korollar 3.35 Sei E ein reeller normierter Raum und G ⊆ E ein Teilraum mit
der Eigenschaft:
f ∈ E 0 , f |G = 0 =⇒ f |E = 0 .
Dann ist G dicht in E.
Beweis. Währe G nicht dicht, so liefert Korollar 3.34 einen Widerspruch.
Korollar 3.36 Sei E ein reeller normierter Raum derart, dass der Dualraum E 0
separabel ist. Dann ist auch E separabel.
Beweis. Sei {fn ∈ E 0 : n ∈ N} eine dichte Teilmenge. Nach Definition der Norm
in E 0 existieren xn ∈ E mit:
1
||xn || = 1 und |hfn , xn i| ≥ ||fn ||E 0 .
2
Nun ist G := {xn : n ∈ N} eine abzählbare Teilmenge in E und F := span G ist
ein dichter Teilraum, denn für f ∈ E 0 mit f |F = 0 folgt für alle n ∈ N:
||f ||E 0 ≤ ||f − fn ||E 0 + ||fn ||E 0 ≤ ||f − fn ||E 0 + 2hfn , xn i
= ||f − fn ||E 0 + 2hf, xn i + 2hfn − f, xn i
≤ 3||f − fn ||E 0 + 2hf, xn i .
Da hf, xn i = 0 folgt hieraus:
||f ||E 0 ≤ 3||f − fn ||E 0
∀n ∈ N .
Aufgrund der Dichtheit der fn folgt ||f ||E 0 = 0 bzw. f = 0. Das Korollar 3.35 liefert
die Dichtheit des Raums F . Die abzählbar dichte Teilmenge ist nun gegeben durch
die Linearkombinationen über dem Körper Q:
H := spanQ G .
H ist offensichtlich dicht in F und damit auch in E. Hieraus folgt, dass E separabel
ist.
Die Umkehrung gilt nicht: Beispielsweise ist L1 (0, 1) separabel, aber der Dualraum
L1 (0, 1)0 ist es nicht (siehe Kap. 6).
Satz 3.37 Sei E ein reeller normierter Raum und G ⊆ E ein abgeschlossener Teilraum. Dann existiert zu jedem x1 ∈ E \ G ein F ∈ E 0 mit ||F ||E 0 = 1, F |G = 0 und
hF, x1 i = dist(x1 , G) > 0.
3.8 Das Lemma von Riesz
51
Beweis. Da G abgeschlossen ist, gilt
δ := dist(x1 , G) = inf ||x0 − y|| > 0 .
y∈G
Wir betrachten nun den Unterraum G1 := G ⊕ {x1 } und definieren das hierauf
offensichtlich lineare Funktional
hf, x + αx1 i := αδ
∀x ∈ G, ∀α ∈ R .
Wir zeigen nun, dass f ∈ G01 (also stetig ist) mit ||f ||G01 = 1: Da für jedes x ∈ G und
jedes α ∈ R \ {0}, auch −α−1 x ∈ G gilt
|hf, x + αx1 i| = |α|δ ≤ |α|||x1 + α−1 x|| = ||αx1 + x|| .
Also ||f ||G01 ≤ 1. Andererseits existiert zu jedem > 0 ein x ∈ G mit ||x1 − x || ≤
(1 + )δ, also
hf, x1 − x i = δ ≥ (1 + )−1 ||x1 − x || .
Hieraus folgt ||f ||G01 ≥ (1 + )−1 , also insgesamt ||f ||G01 = 1. Das Korollar 3.7 liefert
uns nun eine Fortsetzung F ∈ E 0 mit F |G = 0, ||F ||E 0 = 1 und hF, x1 i = hf, x1 i =
δ = dist(x1 , G).
3.8
Das Lemma von Riesz
Lemma 3.38 (Riezsches Lemma) Sei E ein reeller normierter Raum und G ⊂
E ein abgeschlossener echter Unterraum. Dann existiert zu jedem 0 < λ < 1 ein
xλ ∈ E mit:
||xλ || = 1 und ||xλ − x|| ≥ λ
∀x ∈ G .
Beweis. Da G echter Unterraum von E ist, existiert ein x ∈ E \ G. Für dieses x
gilt wegen der Abgeschlossenheit von G:
d := dist(x, G) = inf {||x − y||} > 0 .
y∈G
Sei 0 < λ < 1 nun gegeben. Hierzu existiert ein gλ ∈ G mit d ≤ ||x−gλ || ≤ d/λ. Setze
xλ := (x−gλ )/||x−gλ ||. Dann gilt ||xλ || = 1 und für alle y ∈ G und ye := y||x−gλ || ∈ G:
||xλ − y|| = ||x − gλ ||−1 ||x − gλ − ye|| .
Da ||x − gλ ||−1 ≥ λ/d und gλ + ye ∈ G folgt
||xλ − y|| ≥
λ
dist(x, G) = λ .
d
52
M. Braack - Normierte Räume
Korollar 3.39 In einem normierten Raum E ist die abgeschlossene Einheitskugel
B1 (0) genau dann kompakt, wenn E endlich-dimensional ist.
Beweis. ⇐=: Wenn E die Dimension n ∈ N besitzt, so ist E homöomorph zum Kn
(siehe Beweis von Satz 3.13). Im Kn ist die abgeschlossene Einheitskugel kompakt,
also auch in E.
=⇒: Wir nehmen an, dass E nicht endlich-dimensional ist. Wir zeigen dann mit
Hilfe des Riezschen Lemma die Existenz einer Folge (xn )n∈N in B1 (0), die keine
konvergente Teilfolge besitzt. Hieraus folgt dann, dass B1 (0) nicht kompakt sein
kann. Die Konstruktion dieser Folge lautet wie folgt:
Zu gegebenem x1 ∈ E mit ||x1 || = 1 setze G1 := spanhx1 i und λ := 21 . Dann existiert
nach dem Riezschen Lemma ein x2 mit ||x2 || = 1 und dist(x2 , G1 ) ≥ λ. Diesen
Prozeß wiederholen wir mit G2 := spanhx1 , x2 i etc. Wir erhalten eine Folge (xn )n∈N
mit ||xn || = 1 und ||xn − xm || ≥ 12 für m ≤ n. Also kann diese Folge keine konvergente
Teilfolge besitzen.
3.9
Bidualraum und reflexive Räume
Nun beschäftigen wir uns mit den stetigen linearen Funktionalen ξ : E 0 → K, also
auf dem Dualraum. Die Wirkung eines solchen ξ auf ein f ∈ E 0 bezeichnen wir mir
h ξ, f i := hξ, f iE 00 ,E 0 .
Definition 3.40 Ist E ein normierter Raum und E 0 sein Dualraum, so heißt E 00
sein Bidualraum. Der Bidualraum ist zusammen mit der Norm
||ξ||E 00 :=
|hhξ, f i |
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
wieder ein normierter Raum.
Lemma 3.41 Es existiert eine kanonische injektive, isometrische und stetige Abbildung J : E → E 00 . Insofern läßt sich E als Unterraum von E 00 auffassen.
Beweis. Die Abbildung J definieren wir für x ∈ E durch
h Jx, f i := hf, xi
∀f ∈ E 0 .
Diese Abbildung ist offensichtlich linear. Ferner gilt wegen Korollar 3.24:
||Jx||E 00 =
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
|hhJx, f i | =
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
|hf, xi| = ||x||E .
(3.1)
3.9 Bidualraum und reflexive Räume
53
Insgesamt erhalten wir also die Isometrie. Aus der Beschränktheit folgt die Stetigkeit. Die Injektivität ist offensichtlich, da aus Jx = 0 folgt hf, xi = 0 für alle f ∈ E 0 ,
also x = 0.
Definition 3.42 Gilt in einem normierter Raum E, dass die Abbildung J gemäß (3.1)
bijektiv ist, also J(E) = E 00 , so heißt E reflexiv.
Hier sei angemerkt, dass es sehr wohl nicht reflexive normierte Räume gibt, in denen
es (andere) surjektive isometrische Abbildungen j : E → E 00 gibt.
Wir werden im nächsten Abschnitt sehen, dass reflexive Räume notwendigerweise
vollständig (also sogenannte Banachräume) sind.
Lemma 3.43 Endlich-dimensionale normierte Räume sind reflexiv.
Beweis. Folgt direkt aus zweimaliger Anwendung von Satz 3.25: dim E = dim E 0 =
dim E 00 .
Lemma 3.44 Abgeschlossene Teilräume reflexiver Räume sind wieder reflexiv.
Beweis. Sei U ein abgeschlossener Unterraum eines reflexiven Raums E. Für
jedes φ ∈ U 00 müssen wir (a) ein x ∈ U finden, so dass (b) gilt J|U x = φ, wobei J|U
die Einschränkung von J auf U bezeichnet. Zunächst überlegt man sich leicht, dass
U 00 ⊆ E 00 . Dies gilt wegen E 0 ⊆ U 0 . Aufgrund der Reflexivität von E existiert ein
x ∈ E mit Jx = φ.
(a): Wäre x 6∈ U , so würden wir aufgrund des Satzes 3.37 ein Funktional f ∈ E 0
finden mit f |U ≡ 0 und hf, xi > 0. Andererseits würde aber auch gelten:
hf, xi = h φ, f i = h φ, f |U i = h φ, 0ii = 0 .
Dieser Widerspruch zeigt also x ∈ U .
(b): Zu zeigen ist:
hg, xi = h φ, gii
∀g ∈ U 0 .
Nun läßt sich g aber nach dem Fortsetzungssatz von Hahn-Banach fortsetzen zu
einem f ∈ E 0 mit f |U = g. Es folgt: hg, xi = hf, xi = h φ, f i = h φ, f |U i = h φ, gii.
54
M. Braack - Normierte Räume
3.10
Beispiele normierter Räume
3.10.1
Stetige Funktionen mit der Lp -Norm
Sei Ω ein beschränktes Gebiet (also offen, nichtleer und zusammenhängend) im Rn .
Die Menge C(Ω) beinhaltet alle auf der Menge der Berührungspunkte Ω stetigen
Funktionen. Hierauf definieren wir verschiedene Normen zu 1 ≤ p < ∞:
Z
1/p
p
||u||Lp (Ω) :=
|u(x)| dx
,
Ω
und für p = ∞:
||u||L∞ (Ω) := sup |u(x)| .
x∈Ω
Die Dimension des linearen Raums C(Ω) ist nicht endlich. Man sieht dies u.a. daran, dass die Monome x 7→ xn , für n ∈ N, alle in diesem Raum sind aber linear
unabhängig sind.
Zur Überprüfung, dass dies tatsächlich Normen sind, benötigt man die Dreiecksungleichung. Dies besagt aber gerade die Minkowskische Ungleichung:
Satz 3.45 (Minkowskische Ungleichung) Sei Ω ⊂ Rn ein beschränktes Gebiet
und 1 ≤ p ≤ ∞. Dann gilt für alle u, v ∈ C(Ω):
||u + v||Lp (Ω) ≤ ||u||Lp (Ω) + ||v||Lp (Ω) .
Beweis. In Fall p = 1 und p = ∞ ist der Beweis offensichtlich. Für 1 < p < ∞
werden wir dies später für eine größere Klasse von Funktionen beweisen.
Wir erhalten somit:
Lemma 3.46 Sei Ω ⊂ Rn ein beschränktes Gebiet und 1 ≤ p ≤ ∞. Dann ist der
Raum der stetigen Funktionen (C(Ω), || · ||Lp (Ω) ) ein normierter Raum.
3.10.2
Räume stetig differenzierbarer Funktionen
Die Menge Ω sei gewählt wie im Abschnitt zuvor. Nun ist
C m (Ω) := {u : Ω → R | ∂ α u ∈ C(Ω), ∀α : |α| ≤ m} .
Die Funktionen hierunter, deren Ableitungen bis zum Grad ≤ m auf Ω stetig fortsetzbar sind, werden zusammengefaßt in der Menge C m (Ω). Hierauf definieren wir
die Norm
||u||C m (Ω) := max ||∂ α u||L∞ (Ω) .
|α|≤m
3.10 Beispiele normierter Räume
55
Der Nachweis, dass dies eine Norm ist, ist jetzt einfach.
Lemma 3.47 Für offene beschränkte Gebiete Ω ⊂ Rn und m ∈ N0 ist der Raum der
m-mal stetig differenzierbaren Funktionen (C m (Ω), || · ||C m (Ω) ) ein normierter Raum.
Wir werden später sehen, dass diese Räume sogar vollständig sind.
3.10.3
Hölder-Räume
Wir betrachten auf dem Raum C m (Ω) zu 0 < λ ≤ 1 folgende Größe:
X
||u||C m,λ (Ω) := ||u||C m (Ω) +
|α|=m
|∂ α u(x) − ∂ α u(y)|
.
|x − y|λ
x,y∈Ω,x6=y
sup
Zunächst gilt ||u||C m,λ (Ω) ∈ [0, ∞].
Definition 3.48 Unter dem Hölder-Raum C m,λ (Ω) verstehen wir diejenigen Funktionen u ∈ C m (Ω) für die gilt ||u||C m,λ (Ω) < ∞.
Der Begriff der Hölder-Stetigkeit ist gewissermaßen eine Verallgemeinerung der
Lipschitz-Stetigkeit (Fall λ = 1). Diese hölderstetigen Funktionen werden u.a. verwendet, um bei Gebieten Ω die Glätte des Randes ∂Ω zu beschreiben. Beispielsweise
heißt ein Gebiet lipschitzstetig, wenn sich sein Rand als endliche Überdeckung von
Graphen von Funktionen der Klasse C 0,1 beschreiben läßt.
3.10.4
Folgen-Räume lp
Lemma 3.49 Die Räume lp , 1 ≤ p ≤ ∞, mit den Normen
!1/p
X
||(xn )n∈N ||lp =
|xn |p
1 ≤ p < ∞,
n∈N
||(xn )n∈N ||l∞ = sup |xn |
p = ∞,
n∈N
sind normierte Räume
Satz 3.50 (a) Sei 1 ≤ p < ∞, 1 < q ≤ ∞, so dass p1 + 1q = 1. Dann ist der Raum lq
isometrisch isomorph zum Dualraum von lp , also lq ' (lp )0 . Genauer: die Abbildung
T : lq → (lp )0 definiert durch
X
hT x, yi :=
xn yn ,
n∈N
56
M. Braack - Normierte Räume
für x = (xn )n∈N ∈ lq und y = (yn )n∈N ∈ lp ist bijektiv und isometrisch.
(b) Auf die gleiche Art ist l1 isometrisch isomorph zum Dualraum des Raums der
Nullfolgen c0 := {(xn )n∈N : xn ∈ K, lim xn = 0}, also l1 ' (c0 )0 .
Beweis. (a) Die Hölder’sche Ungleichung liefert uns zunächst die Konvergenz der
obigen Reihe, sowie die Stetigkeit von T :
|hT x, yi| ≤ ||x||lq ||y||lp
=⇒
||T x||(lp )0 ≤ ||x||lq .
T ist injektiv, denn aus T x = 0 folgt insbesondere 0 = hT x, ei i = xi für alle i ∈ N,
also x = 0.
Zum Nachweis der Surjektivität wählen wir für F ∈ (lp )0 die Komponenten xn :=
P
hF, en i. Damit gilt aufgrund der Linearität hT x, yi = n∈N hF, en iyn = hF, yi für
alle y ∈ lp , also T x = F .
Die Eigenschaft, dass die Abbildung T die Normen erhält, also ||T x||(lp )0 = ||x||q , sieht
man wie folgt: Die Abschätzung nach oben haben wir bereits gezeigt. Es fehlt also
nur noch ||T x||(lp )0 ≥ ||x||q . Wähle hierzu y = (yn )n∈N mit yn := |xn |q /xn . Dass y ∈ lp
gilt, sieht man wie folgt: Wegen (q − 1)p = q(1 − 1/q)p = q und q − 1 = q(1/q − 1) =
q/p gilt
!1/p
||y||lp =
X
(|xn |q−1 )p
!1/p
=
n∈N
X
|xn |q
q/p
= ||x||lq
= ||x||q−1
lq .
n∈N
Ferner ergibt sich:
hT x, yi =
X
xn |xn |q /xn =
X
|xn |q = ||x||qlq = ||x||lq ||x||lq−1
.
q
n∈N
n∈N
Wir erhalten also insgesamt für diese spezielle Folge y: hT x, yi = ||x||lq ||y||lp . Dies
impliziert ||T x||(lp )0 ≥ ||x||lq .
(b) Übungsaufgabe.
3.11
Adjungierte Operatoren
Definition 3.51 Seien E, F normierte Räume und A : E → F linear. Dann heißt
der Operator A∗ : F 0 → E 0 , definiert für ϕ ∈ F 0 und u ∈ F durch
hA∗ ϕ, ui := hϕ, Aui ,
der zu A adjungierte Operator.
3.11 Adjungierte Operatoren
57
Lemma 3.52 Seien E, F normierte Räume und A ∈ L(E, F ). Dann gilt A∗ ∈
L(F 0 , E 0 ) mit ||A∗ ||F 0 ;E 0 = ||A||E;F .
Beweis. Die Linearität folgt unmittelbar aus der Definition. Ferner gilt
hA∗ ϕ, ui
hϕ, Aui
||A∗ ϕ||E 0
= sup sup
= sup sup
||A∗ ||F 0 ;E 0 = sup
ϕ∈F 0 u∈E ||ϕ||F 0 ||u||E
ϕ∈F 0 u∈E ||ϕ||F 0 ||u||E
ϕ∈F 0 ||ϕ||F 0
||Au||F
≤ sup
= ||A||E;F .
u∈E ||u||E
Also ist A∗ beschränkt und somit stetig. Die untere Grenze für die Norm ergibt sich
mit Korollar 3.24 aus:
hϕ, Aui
hA∗ ϕ, ui
||Au||F
≤ sup sup
= sup sup
||A||E;F = sup
u∈E ϕ∈F 0 ||ϕ||F 0 ||u||E
u∈E ϕ∈F 0 ||ϕ||F 0 ||u||E
u∈E ||u||E
∗
= ||A ||F 0 ;E 0 .
Definition 3.53 Ist E ein normierter Raum und V ⊂ E ein Teilraum, so versteht
man unter dem Orthogonalraum V ⊥ ⊆ E 0 den Teilraum
V ⊥ = {φ ∈ E 0 | hφ, vi = 0 ∀v ∈ V } .
Analog ist zu W ⊂ E 0 der Orthogonalraum W⊥ ⊆ E definiert durch
W⊥ = {u ∈ E | hφ, ui = 0 ∀φ ∈ W } .
Lemma 3.54 Seien E, F normierte Räume und A ∈ L(E, F ). Dann gilt:
(a) N (A) = R(A∗ )⊥ .
(b) N (A∗ ) = R(A)⊥ .
Beweis.
u ∈ N (A) ⇐⇒ Au = 0
⇐⇒ hA∗ φ, ui = hφ, Aui = 0 ∀φ ∈ F 0
⇐⇒ hψ, ui = 0 ∀ψ ∈ R(A∗ )
⇐⇒ u ∈ R(A∗ )⊥ .
φ ∈ N (A∗ ) ⇐⇒ A∗ φ = 0
⇐⇒ hφ, Aui = hA∗ φ, ui = 0 ∀u ∈ E
⇐⇒ hφ, vi = 0 ∀v ∈ R(A)
⇐⇒ φ ∈ R(A)⊥ .
58
M. Braack - Normierte Räume
Kapitel 4
Banach-Räume
Definition 4.1 Ein vollständiger normierter Raum heißt Banachraum.
Satz 4.2 Jeder endlich-dimensionale normierte Raum über einen vollständigen Körper
K ist ein Banachraum.
Beweis. Sei (xi )i∈N eine Cauchy-Folge im n-dimensionalen normierten Raum E.
Seien (αi,j )i∈N die zugehörigen Koeffizienten für das j-te Basiselement. Auch diese
bilden für jedes j ∈ {1, . . . , n} eine Cauchy-Folge in K und konvergieren somit. Mit
der Äquivalenz der Normen in E und Kn folgt die Konvergenz der Ursprungsfolge
xn → x ∈ E.
Korollar 4.3 Endlich-dimensionale Unterräume von normierten Räumen sind abgeschlossen.
Beweis. Nach Satz 4.2 ist jeder endlich-dimensionale Unterraum G eines normierten Raumes ein Banachraum, also vollständig. Vollständige Teilmengen sind aber
abgeschlossen.
e in den
Satz 4.4 Sei E ein normierter Raum. Dann existiert ein Banachraum E,
e
sich E dicht und normisomorph einbetten läßt, d.h. es existiert eine i ∈ L(E, E)
e
mit ||i(u)||Ee = ||u||E für alle u ∈ E und i(E) dicht in E.
Beweis. Analog zur dichten Einbettung von metrischen Räumen (Satz 2.39).
Lemma 4.5 Ist E ein normierter Raum und F ein Banachraum, so ist L(E, F )
ein Banachraum.
60
M. Braack - Banach-Räume
Beweis. Wegen Lemma 3.18 genügt es zu zeigen, dass in L(E, F ) jede CauchyFolge konvergiert. Sei (Tn )n∈N eine solche Cauchy-Folge. Aus der Norm in L(E, F )
folgt, dass dann für jedes x ∈ E die Folge (Tn x)n∈N eine Cauchy-Folge in Y ist und
somit einen Grenzwert besitzt. Diesen Limes nennen wir T x. So definieren wir eine
Abbildung T : E → F als den punktweisen Grenzwert T x := limn→∞ Tn x. Nun
bleibt zu zeigen, dass (a) dieses T linear und (b) stetig ist, sowie (c) der Nachweis
Tn → T in L(E, F ).
(a) Hierbei überträgt sich die Linearität direkt aus der Linearität der Tn .
(b) Für den Nachweis der Stetigkeit genügt es die Stetigkeit im Beschränktheit von
T zu überprüfen. Dies ist gegeben wegen der Stetigkeit der Norm
||T x||F =
lim ||Tn x||F ≤ lim ||Tn ||E;F ||x||E ,
n→∞
n→∞
sowie der Tatsache, dass jede Cauchy-Folge beschränkt ist, also limn→∞ ||Tn ||E;F <
∞.
(c) Nun zum Nachweis der Konvergenz benutzen wir wieder, dass die Tk eine CauchyFolge bilden:
||Tn − T ||E;F =
sup ||Tn (x) − T (x)||F
||x||E =1
=
≤
=
sup lim ||Tn (x) − Tk (x)||F
||x||E =1 k→∞
sup lim ||Tn − Tk ||E;F ||x||E
||x||E =1 k→∞
lim ||Tn − Tk ||E;F → 0 (für n → ∞) .
k→∞
Als unmittelbare Folgerung erhalten wir:
Korollar 4.6 Der Dualraum E 0 eines normierten Raums E ist stets ein Banachraum.
Korollar 4.7 Reflexive Räume sind vollständig.
Beweis. Sei E ein reflexiver Raum. E 0 ist stets vollständig und ebenso E 00 . Wenn
E reflexiv ist, so gilt insbesondere, dass E und E 00 isomorph sind. Damit ist dann
aber auch E vollständig.
4.1 Bestapproximation
4.1
61
Bestapproximation
Definition 4.8 Sei G ⊂ E ein Unterraum eines normierten Raums E. Zu u ∈ E
heißt v ∈ G Bestapproximation, wenn
||u − v|| =
inf ||u − w|| .
w∈G
Satz 4.9 Sei G ⊂ E ein endlich dimensionaler Unterraum eines normierten Raums
E. Dann existiert zu jedem u ∈ E eine Bestapproximation in G.
Beweis. Sei (vn )n∈N eine Minimalfolge an u, also
lim ||u − vn || =
n→∞
inf ||u − w|| .
w∈G
Diese Folge ist beschränkt, denn ||vn || ≤ ||u−vn ||+||u||. Somit ist diese Folge enthalten
in einer abgeschlossenen Kugel B := G ∩ BR (0) für hinreichend großes R. Da G
endlich-dimensional ist, ist B abgeschlossen und kompakt. Folglich ist die Folge (vn )
enthalten in einer kompakten Menge und somit relativ kompakt. Daher existiert eine
konvergente Teilfolge vnk → v ∈ E. Für dieses v gilt ||u − v|| = limn→∞ ||u − vnk || =
inf w∈G ||u − w||. Da aber G endlich dimensional und damit abgeschlossen ist, folgt
v ∈ G.
4.2
Raum stetiger Funktionen als Beispiel eines
nicht Banach-Raums
Lemma 4.10 Der Raum der stetigen Funktionen C(Ω) in Verbindung mit der Lp Norm, 1 ≤ p < ∞, ist nicht vollständig.
Beweis. Wir zeigen dies durch ein Gegenbeispiel im Gebiet Ω = [0, 2] ⊂ R. Wir
betrachten die Funktionenfolge
n
x
0≤x≤1
un (x) :=
1
1≤x≤2
(un )n∈N ist eine Cauchy-Folge bzgl. || · ||Lp (0,2) , denn für n ≤ m:
Z 1
Z 1
p
n
m p
||un − um ||Lp (0,2) =
|x − x | dx ≤
xnp dx
0
0
x=1
1
1
=
xnp+1 =
→ 0
np + 1
np + 1
x=0
(n → ∞) .
62
M. Braack - Banach-Räume
Währe diese Folge nun in der betrachteten Norm konvergent gegen ein u ∈ C(0, 2),
so ergibt sich aus der Minkowskischen Ungleichung (Satz 3.45) in der Lp -Norm im
Intervall (0, 1):
||u||Lp (0,1) ≤ ||u − un ||Lp (0,1) + ||un ||Lp (0,1)
1/p
1
≤ ||u − un ||Lp (0,1) +
→ 0
np + 1
(n → ∞)
Dies impliziert u|(0,1) = 0. Andererseits ist aber auch u|(1,2) = 1. Hieraus folgt, dass
u an der Stelle x = 1 unstetig ist, was ein Widerspruch zur Annahme u ∈ C(0, 2)
darstellt.
Die Unvollständigkeit dieser Räume wird uns veranlassen, eine geeignete Vervollständigung durchzuführen wie sie in Satz 4.4 dargestellt wurde. Dies führt auf die sogenannten Lp -Räume.
4.3
4.3.1
Beispiele von Banach-Räumen
Stetige Funktionen (C(Ω), || · ||∞ )
Das nachstehende Lemma macht deutlich, dass die Frage nach der Konvergenz entscheidend von der jeweiligen Norm abhängt.
Lemma 4.11 Der Raum der stetigen Funktionen C(Ω) in Verbindung mit der Supremums-Norm (L∞ -Norm) ist für beschränkte Gebiete Ω ⊂ Kn ein Banach-Raum.
Beweis. Die Konvergenz in der L∞ -Norm entspricht der gleichmäßigen Konvergenz:
lim ||u − un ||L∞ (Ω) = 0 ⇐⇒ sup |u(x) − un (x)| = 0 .
n→∞
x∈Ω
Das Cauchysche Konvergenzkriterium ist hinreichend für die gleichmäßige Konvergenz einer Folge (un )n∈N stetiger Funktionen gegen eine stetige Grenzfunktion u.
4.3.2
Differenzierbare Funktionen (C m (Ω), || · ||C m (Ω) )
Lemma 4.12 Der Raum der m-mal stetig differenzierbaren Funktionen C m (Ω) in
Verbindung mit der Norm || · ||C m (Ω) ist für beschränkte Gebiete Ω ⊂ Kn ein BanachRaum.
4.3 Beispiele von Banach-Räumen
63
Beweis. Wir hatten bereits gesehen, dass es sich um einen normierten Raum
handelt. Für m = 0 hatten wir auch schon die Vollständigkeit gezeigt (Lemma 4.11).
Analog sieht man, dass für eine gegebene Cauchyfolge (un )n∈N in (C m (Ω), || · ||C m (Ω) )
jede Ableitung ∂ α un gegen eine stetige Funktion u(α) ∈ C(Ω) konvergiert. Nun zeigt
man zunächst, dass für α = (1, 0, . . . , 0) gilt:
∂ α u(x) = u(α) (x)
∀x ∈ Ω .
Dies sieht man durch Betrachtung des Differenzenquotienten Dh u in Richtung α. Es
gilt für beliebiges n ∈ N::
Dh u(x) − u(α) (x)
≤ |Dh u(x) − Dh un (x)| + |Dh un (x) − ∂ α un (x)| + ∂ α un (x) − u(α) (x)
≤
2
||u − un ||L∞ (Ω) + |Dh un (x) − ∂ α un (x)| + ||∂ α un − u(α) ||L∞ (Ω) .
h
Nun muss ein geschickter zweifacher Grenzübergang durchgeführt werden: |h| →
0 und n → ∞. Sei > 0 gegeben. Der letzte der drei Terme ist unkritisch, da
||∂ α un − u(α) ||L∞ (Ω) < für n ≥ n0 = n0 (). Auf den mittleren Term wird der
Mittelwertsatz angewendet:
|Dh un (x) − ∂ α un (x)| = |∂ α un (x + θh) − ∂ α un (x)|
(0 ≤ θ ≤ 1)
≤ |∂ α un1 (x + θh) − ∂ α un1 (x)| + 2||∂ α un − ∂ α un1 ||L∞ (Ω) .
Wir wählen n1 = n1 () so groß, dass ||∂ α un − ∂ α un1 ||L∞ (Ω) < für n ≥ n1 . Jetzt
wähle wnir h0 = h0 () > 0 hinreichend klein, dass |∂ α un1 (x + θh) − ∂ α un1 (x)| < sobald |h| < h0 . Als letztes ist nun n2 = n2 (h0 , ) so groß zu wählen, dass für n ≥ n2 :
2
||u − un ||L∞ (Ω) < .
h
Insgesamt erhält man für |h| < h0 :
Dh u(x) − u(α) (x) < 4
Durch mehrfaches Anwenden erhält man dann die Konvergenz für beliebige Ableitungen vom Grad ≤ m und damit limn→∞ ||un − u||C m (Ω) = 0.
4.3.3
Hölder-Räume
Lemma 4.13 Für m ∈ N0 und 0 < λ ≤ 1 ist der Hölder-Raum C m,λ (Ω) in Verbindung mit der Norm || · ||C m,λ (Ω) für beschränkte Gebiete Ω ⊂ Kn ein Banach-Raum.
64
M. Braack - Banach-Räume
Beweis. Jede Cauchy-Folge (un )n∈N in C m,λ (Ω) ist auch Cauchy-Folge in (C m (Ω), ||·
||C m (Ω) ) und besitzt somit einen Grenzwert u in C m (Ω). Es bleibt zu zeigen, dass gilt
limn→∞ ||un − u||C m,λ (Ω) = 0. Dies ist aber eine Konsequenz aus:
|un (x) − un (y) − um (x) + um (y)|
→ 0
|x − y|λ
x,y∈Ω,x6=0
sup
(m, n → ∞)
und dem Grenzübergang m → ∞. Das gleiche gilt entsprechend für die Ableitungen
vom Grad ≤ m.
4.4
Lebesgue integrierbare Funktionen Lp(Ω)
Wenn wir im folgenden von einer messbaren Menge A ⊂ Kn sprechen, so meinen wir
stets Lebesgue-messbar, d.h. für alle E ⊂ Kn gilt:
λ(E) = λ(A ∩ E) + λ(AC ∩ E) .
Hierbei ist λ : P(Kn ) → [0, ∞] das äußere Lebesgue-Maß. Die messbaren Mengen
bilden eine σ−Algebra mit jeweiligem Maß λ(A). Eine Menge A heißt (Lebesgue-)
Nullmenge, wenn sie das Maß λ(A) = 0 besitzt.
Bei Lebesgue integrierbaren Funktionen läßt man als Wertebereich die Menge
K := K ∪ {±∞} zu. Der Begriff “fast überall” (f.ü.) bedeutet bei einer Aussage,
dass die Aussage punktweise gilt mit möglicher Ausnahme von Punkten aus einer
(Lebesgue-) Nullmenge N ⊂ Ω:
u = v f.ü. auf Ω
:⇐⇒ u(x) = v(x) ∀x ∈ Ω \ N .
Ferner betrachten wir bei den Lp (Ω)-Räumen Äquivalenzklassen von Funktionen.
Hierbei sind zwei Funktionen u, v : Ω → K äquivalent, wenn
u = v f.ü. auf Ω .
Entsprechend heißt eine Funktion u : Ω → R messbar, wenn sie Lebesgue-messbar
ist, d.h. die Niveaumengen N>α := {x ∈ Ω : u(x) > α} sind für alle α ∈ R messbar.
Definition 4.14 Sei Ω ⊂ Rn eine messbare Menge. Eine Funktion u : Ω → K heißt
Lebesgue-integrierbar über Ω, wenn eine Folge von Treppenfunktionen ϕk : Ω → K,
k ∈ N, existiert, so dass
lim ||u − ϕk ||L1 (Ω) = 0 ,
k→∞
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
65
wobei
Z
|f | dx
||f ||L1 :=
Ω
definiert ist als Infimum über den Inhalt von Hüllreihen zu f . Die Menge L1 (Ω)
ist die Menge der Äquivalenzklassen (wie oben beschrieben) Lebesgue-integrierbaren
Funktionen. Zu 1 ≤ p < ∞ ist der Raum Lp (Ω) definiert durch:
Lp (Ω) := {u : Ω → K messbar : |u|p ∈ L1 (Ω)} .
Für p = ∞ beinhaltet L∞ (Ω) alle messbaren Funktionen u : Ω → K für die eine
Nullmenge N ⊂ Ω existiert, so dass supx∈Ω\N |f (x)| < ∞. Die Normen auf diesen
Räumen sind definiert als:
Z
1/p
p
||u||Lp (Ω) :=
|u(x)| dx
,
Ω
||u||L∞ (Ω) :=
inf
sup |u(x)| .
µ(N )=0 x∈Ω\N
Satz 4.15 (Höldersche Ungleichung) Sei Ω ⊂ Rn eine messbaren Menge, 1 ≤
p, q ≤ ∞ derart, dass p1 + 1q = 1. Dann gilt für alle u ∈ Lp (Ω), v ∈ Lq (Ω):
Z
|u(x)v(x)| dx ≤ ||u||Lp (Ω) ||v||Lq (Ω) .
Ω
Insbesondere ist dann uv ∈ L1 (Ω).
Beweis. Der Beweis erfolgt ganz analog zum Beweis der Hölderschen Ungleichung
für unendliche Summen (siehe Satz 2.11). Für p = 1 und p = ∞ ist die Behauptung
trivial. Man betrachtet für 1 < p < ∞:
a(x) :=
|u(x)|
,
||u||Lp (Ω)
b(x) :=
|v(x)|
.
||v||Lq (Ω)
Die Young’sche Ungleichung liefert für fast alle x ∈ Ω:
a(x)b(x) ≤
1
1
a(x)p + b(x)q .
p
q
Integration über Ω ergibt:
Z
1 p
1
1 1
a(x)b(x) dx ≤
||a||Lp (Ω) + ||b||qLq (Ω) =
+
= 1.
p
q
p q
Ω
Hieraus folgt die Behauptung.
66
M. Braack - Banach-Räume
Satz 4.16 (Minkowskische Ungleichung) Sei Ω ⊂ Rn einer messbaren Menge,
1 ≤ p ≤ ∞. Dann gilt für alle u, v ∈ Lp (Ω) die Dreiecksungleichung:
||u + v||Lp (Ω) ≤ ||u||Lp (Ω) + ||v||Lp (Ω) .
Insbesondere ist dann u + v ∈ Lp (Ω).
Beweis. Für p = 1 und p = ∞ folgt die Behauptung direkt aus der Dreiecksungleichung in jedem Punkt. Für 1 < p < ∞ hat man zunächst
|u(x) + v(x)|p ≤ (|u(x)| + |v(x)|)p ≤ 2p−1 (|u(x)|p + |v(x)|p ) .
Also folgt zunächst w := u + v ∈ Lp (Ω). Um die Norm nach oben zu beschränken
geht man wie folgt vor: Es gilt punktweise f.ü.
|w(x)|p ≤ |u(x)| · |w(x)|p−1 + |v(x)| · |w(x)|p−1 .
Nun wollen wir dies nutzen, um beide Seiten der Ungleichung zu integrieren:
Z
Z
p
p−1
||w||Lp (Ω) ≤
|u(x)| · |w(x)| dx + |v(x)| · |w(x)|p−1 dx .
Ω
Ω
Hierzu müssen wir uns aber noch vergewissern, dass die rechte Seite endlich ist. Dies
liefert uns aber die zuvor bewiesene Höldersche Ungleichung, denn:
u, v ∈ Lp (Ω) =⇒ |u|, |v| ∈ Lp (Ω)
|w| ∈ Lp (Ω) =⇒ |w|p−1 ∈ Lp/(p−1) (Ω) = Lq (Ω),
1=
1 1
+ .
p q
Die Höldersche Ungleichung zweimal angewendet ergibt also:
||w||pLp (Ω) ≤ ||u||Lp (Ω) |||w|p−1 ||Lq (Ω) + ||v||Lp (Ω) |||w|p−1 ||Lq (Ω)
Da ferner |||w|p−1 ||Lq (Ω) = ||w||p−1
und (p − 1)q = p erhalten wir:
L(p−1)q (Ω)
||u + v||pLp (Ω) ≤ (||u||Lp (Ω) + ||v||Lp (Ω) )||u + v||p−1
Lp (Ω) .
Im Fall ||u + v||Lp (Ω) 6= 0 erhalten wir die Behauptung durch Kürzen. Im anderen
Fall ist die Behauptung eh trivial.
Satz 4.17 (Fischer-Riesz) Für 1 ≤ p ≤ ∞ und messbare Mengen Ω ⊂ Rn sind
die Räume (Lp (Ω), || · ||Lp (Ω) ) Banach-Räume.
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
67
Beweis. Die Minkowskische Ungleichung liefert uns, dass der Raum Lp (Ω) abgeschlossen ist bzgl. der Addition, so dass wir einen linearen Raum erhalten. Ferner
liefert sie uns die Dreiecksungleichung, so dass wir eine Halbnorm bekommen. Für
die Definitheit der Norm müssen wir zeigen:
||u||Lp (Ω) = 0 =⇒ u = 0 f.ü .
Für 1 ≤ p < ∞ ist u ∈ Lp (Ω) äquivalent zu |u|p ∈ L1 (Ω). Daher ergibt sich:
1/p
0 = ||u||Lp (Ω) = |||u|p ||L1 (Ω) .
Da || · ||L1 (Ω) eine Norm in L1 (Ω) ist, folgt |u|p = 0 f. ü., und hieraus die Behauptung.
Für p = ∞ ergibt sich u = 0. Ferner ist die Vollständigkeit zu zeigen. Gegeben sei
eine Cauchyfolge (un )n∈N in Lp (Ω). Wir untersuchen die Fälle p = ∞ und 1 ≤ p < ∞
getrennt.
p = ∞: Wir wissen, dass eine Nullmenge N ⊂ Ω existiert, so dass |un (x)| ≤
||un ||L∞ (Ω) ≤ C für alle x ∈ Ω \ N und alle n ∈ N. Wir definieren
u(x) :=
0
wenn x ∈ N ,
limn→∞ un (x) wenn x ∈ Ω \ N .
Dieses u ist wohldefiniert, da für x 6∈ N die Folge (un (x))n∈N Cauchyfolge ist und
somit konvergiert. Also ist u fast überall Grenzwert von messbaren Funktionen und
daher selbst auch messbar und f.ü. beschränkt, also u ∈ L∞ (Ω). Ferner gilt
|u(x) − un (x)| =
lim |um (x) − un (x)| ≤ lim ||um − un ||L∞ (Ω) → 0 .
m→∞
m→∞
Also folgt limn→∞ ||u − un ||L∞ (Ω) = 0.
1 ≤ p < ∞: In diesem Fall suchen wir nur eine konvergente Teilfolge. Da eine Cauchyfolge maximal einen Häufungspunkt hat, folgt dann auch die Konvergenz. Für k ∈ N wählen wir nk (monoton wachsend), so dass für n, m ≥ nk gilt:
||un − um ||Lp (Ω) ≤ 2−k . Zur Vermeidung von geschachtelten Indizes benennen wir die
Teilfolge (unk ) wieder um in (un ) und erhalten somit eine Folge mit der Eigenschaft
X
||un+1 − un ||Lp (Ω) ≤ 1.
n∈N
Nun setzen wir
hn :=
n
X
k=1
|uk+1 − uk | .
68
M. Braack - Banach-Räume
Offensichtlich gilt stets ||hn ||Lp (Ω) ≤ 1 und damit hn ∈ Lp (Ω) bzw. hpn ∈ L1 (Ω). Ferner
gilt hpn ≥ 0 f.ü. und die Folge hpn ist monoton wachsend. Der Satz von Lebesgue über
die monotone Konvergenz liefert nun, dass die Folge hpn punktweise f.ü. konvergiert
gegen die Funktion g := limn→∞ hpn ∈ L1 (Ω) und
||g||L1 (Ω) =
lim ||hpn ||L1 (Ω) = lim ||hn ||pLp (Ω) .
n→∞
n→∞
Folglich gilt h := g 1/p ∈ Lp (Ω). Nun gilt für m ≥ n ≥ 2 f.ü.
|um (x) − un (x)| ≤ hm−1 (x) − hn (x) ≤ h(x) − hn (x) → 0 (k → ∞) .
Daher bildet (un (x))n∈N f.ü. eine Cauchyfolge, so dass der punktweise Grenzwert
u(x) := limn→∞ un (x) f.ü. existiert. Dieser Grenzwert u ist eine Lp -Funktion, da
|u(x)| ≤ |un (x)| + |u(x) − un (x)|
≤ |un (x)| + |h(x)| .
Letztendlich erhält man die Konvergenz in Lp mittels folgender Überlegungen: Es
gilt
|u(x) − un (x)|p → 0 f.ü. ,
|u(x) − un (x)|p ≤ h(x)p
ist integrierbare Majorante
Also folgt aus dem Satz von Lebesgue über die majorisierte Konvergenz:
1/p
1/p
lim ||u − un ||Lp (Ω) = lim ||(u − un )p ||L1 (Ω) = lim ||(u − un )p ||L1 (Ω)
= 0.
n→∞
n→∞
n→∞
Das folgende Lemma gilt für Gebiete mit beschänktem Maß, also inbesondere für
beschränkte (messbare) Gebiete.
Lemma 4.18 Sei Ω ⊂ Rn eine messbare Menge mit endlichem Maß µ(Ω) < ∞.
Dann gilt für 1 ≤ p < p̃ ≤ ∞, dass Lp̃ (Ω) ⊂ Lp (Ω). Insbesondere gilt für u ∈ Lp̃ (Ω):
1
1
||u||Lp (Ω) ≤ µ(Ω) p − p̃ ||u||Lp̃ (Ω) .
Für p̃ = ∞ sei hierbei
1
p̃
= 0 zu verstehen.
Beweis. Im Fall p̃ = ∞ ergibt sich die Aussage unmittelbar:
Z
p
||u||Lp (Ω) =
|u(x)|p dx ≤ µ(Ω) ||u||pL∞ (Ω) .
Ω
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
69
Für 1 < p̃ < ∞ erhalten wir aus der Hölder-Ungleichung für q := p̃/(p̃ − p) unter
Ausnutzung von 1q + pp̃ = p̃−p
+ pp̃ = 1:
p̃
Z
p
1 · |u(x)|p dx = ||1 · |u|p ||L1 (Ω) ≤ ||1||Lq (Ω) ||up ||Lp̃/p (Ω) .
||u||Lp (Ω) =
Ω
1
Nun folgt wegen ||1||Lq (Ω) = µ(Ω) q und ||up ||Lp̃/p (Ω) = ||u||pLp̃ (Ω) :
1
||u||pLp (Ω) ≤ µ(Ω) q ||u||pLp̃ (Ω) .
Hieraus folgt nun die Behauptung durch Ziehen der p−ten Wurzel und Beachtung
von 1/(qp) = 1/p − 1/p̃.
Satz 4.19 Die Räume Lp (Ω) sind für 1 < p < ∞ reflexiv, d.h. Lp (Ω) = Lp (Ω)00 .
Beweis. Den Beweis wollen wir hier nicht führen. Wir verweisen auf die Literatur,
z.B [2].
Satz 4.20 (Darstellungssatz von Riesz) Sei φ ∈ (Lp (Ω))0 , 1 < p < ∞. Dann
existiert genau ein u ∈ Lq (Ω), 1 = p1 + 1q , so dass
Z
u(x)v(x) dx
∀v ∈ Lp (Ω) .
hφ, vi =
Ω
Ferner gilt hierfür ||u||Lq (Ω) = ||f ||(Lp (Ω))0 .
Beweis. Wir zeigen, dass die Abbildung
T : Lq (Ω) → Lp (Ω)0 ,
Z
hT u, vi =
u(x)v(x) dx
Ω
eine bijektive Isometrie ist. Die Beschränktheit von T erhält man aus der Hölderschen Ungleichung:
|hT u, vi| ≤ ||u||Lq (Ω) ||v||Lq (Ω) .
Also ist T u ∈ Lp (Ω)0 und ||T u||(Lp (Ω))0 ≤ ||u||Lq (Ω) . Für den Nachweis von ||T u||(Lp (Ω))0 ≥
||u||Lq (Ω) wählen wir v ∗ (x) := |u(x)|q−2 u(x) bzw. v ∗ (x) = 0, wenn u(x) = 0. Hiermit
gilt:
Z
∗
hT u, v i =
|u(x)|q dx = ||u||qLq (Ω) .
Ω
70
M. Braack - Banach-Räume
Wegen (q − 1)p = q und q − q/p = 1 folgt
−q/p
q
q
||T u||(Lp (Ω))0 ≥ hT u, v ∗ i||v ∗ ||−1
Lp (Ω) = ||u||Lq (Ω) ||u||Lq (Ω) = ||u||L (Ω) .
Nun ist noch die Surjektivität zu zeigen: Die Menge E := T (Lq (Ω)) ist ein abgeschlossener Unterraum. Wir müssen also nur noch zeigen, dass E dicht ist in Lp (Ω)0 .
Dies geschieht mit dem Trennungssatz von Hahn-Banach. Sei hierzu h ∈ (Lp (Ω)0 )0
eine Linearform, die auf E verschwindet, also für u ∈ Lq (Ω)
Z
0 = hh, T ui =
h(x)u(x) dx
Ω
aufgrund der Reflexivität von Lp (Ω) (Satz 4.19). Nun wählen wir insbesondere
u∗ (x) := |h(x)|p−2 h(x), wodurch wir erhalten
Z
Z
p−2
2
|h(x)| h(x) dx =
|h(x)|p dx = ||h||pLp (Ω) .
0 =
Ω
Ω
Also h = 0 in Lp (Ω). Nach dem Korollar 3.35 folgt die Dichtheit von E. Man
überzeuge sich noch von u∗ ∈ Lq (Ω):
Z
Z
∗ q
p−2
q
||u ||Lq (Ω) =
||h(x)| h(x)| dx =
|h(x)|pq−q dx .
Ω
Ω
Da pq − q = p, folgt die Beschränktheit, also u∗ ∈ Lq (Ω).
Lemma 4.21 Sei Ω ⊂ Rn offen und f ∈ L1 (Ω) habe die Eigenschaft
Z
f u dx = 0
∀u ∈ C0 (Ω) .
(4.1)
Ω
Dann ist notwendigerweise f = 0 f. ü. in Ω.
Beweis. (a) Zunächst gehen wir von der Annahme aus, dass Ω ein endliches
Lebesgue-Maß besitze, λ(Ω) < ∞. Für beliebiges f ∈ C0 (Ω) gilt aufgrund der
Dreiecksungleichung
||f ||L1 (Ω) ≤ ||f − f ||L1 (Ω) + ||f ||L1 (Ω) .
Aufgrund der Dichtheit von C0 (Ω) in L1 (Ω) existiert zu beliebigen > 0 ein f ∈
C0 (Ω), so dass
||f − f ||L1 (Ω) ≤ .
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
71
Wir beschränken jetzt noch ||f ||L1 (Ω) entsprechend. Für beliebiges Kompaktum K ⊂
Ω gilt
||f ||L1 (Ω) = ||f ||L1 (K) + ||f ||L1 (Ω\K) .
Wähle nun K := K1 ∪ K2 mit den kompakten und disjunkten Mengen K1 := {x ∈
Ω : f1 (x) ≥ } und K2 := {x ∈ Ω : f1 (x) ≤ −}. Der Satz von Tietze-Urysohn
liefert uns die Existenz einer Funktion u0 ∈ C0 (Ω), so dass u0 |K1 = 1, u0 |K2 = −1
sowie |u0 (x)| ≤ 1 für alle x ∈ Ω. Es gilt
Z
Z
Z
||f ||L1 (K) =
f u0 dx =
f u0 dx −
f u0 dx .
K
Ω
Ω\K
Da |u0 | ≤ 1 ist, gilt
Z
f u0 dx ≤ ||f ||L1 (Ω\K) ≤ λ(Ω \ K) .
Ω\K
Also folgt zunächst
||f ||L1 (Ω)
Z
≤ + f u0 dx + 2λ(Ω) .
Ω
R
Es bleibt, das Integral Ω f u0 dx zu beschränken. Hierzu verwenden wir die Eigenschaft (4.1) sowie die Höldersche Ungleichung:
Z
Z
Z
f u0 dx = f u0 dx + (f − f )u0 dx
Ω
Ω
ZΩ
= (f − f )u0 dx
Ω
≤ ||f − f ||L1 (Ω) ||u0 ||L∞ (Ω) ≤ .
Damit erhalten wir insgesamt
||f ||L1 (Ω) ≤ 2(1 + λ(Ω)) .
Da > 0 beliebig war, folgt ||f ||L1 (Ω) = 0, also f ≡ 0 f.ü. in Ω.
(b) Nun beweisen wir den allgemeinen Fall, indem wir Ω schreiben in der Form
Ω = ∪n∈N Ωn mit offenen und beschränkten Mengen Ωn , z.B.
Ωn := Ω ∩ B1/n (0) .
Die Anwendung von Beweisteil (a) ergibt nun f |Ωn = 0 für alle n ∈ N und damit
f |Ω = 0.
72
M. Braack - Banach-Räume
Definition 4.22 Sei Ω ⊂ Rn eine messbare Menge und 1 ≤ p ≤ ∞. Dann ist
Lploc (Ω) := {f : Ω → K : f 1K ∈ Lp (Ω)
∀K ⊂ Ω kompakt.} ,
wobei 1K die charakteristische Funktion auf der Menge K bezeichnet.
Lemma 4.23 Sei Ω ⊂ Rn offen und f ∈ L1loc (Ω) habe die Eigenschaft
Z
f u dx = 0
∀u ∈ C0 (Ω) .
Ω
Dann ist f = 0 f. ü. in Ω.
Beweis. Folgt sofort aus Lemma 4.21.
Satz 4.24 Für jede offene Menge Ω ⊂ Kn ist der Raum der stetigen Funktionen
mit kompaktem Träger C0 (Ω) ist dicht in Lp (Ω), wenn 1 ≤ p < ∞.
Beweis. p = 1: Man zeigt hierfür zunächst, dass die Menge der Treppenfunktionen
dicht ist in L1 (Ω). Anschließend approximiert man die Treppenfunktionen durch
stetige Funktionen. Letztendlich approximiert man C(Ω) dann durch C0 (Ω) beliebig
genau in der L1 -Norm.
1 < p < ∞: Aufgrund der Darstellungssatzes von Riesz sind die Funktionale auf
Lp (Ω) gegeben durch den Raum Lq (Ω) mit 1 = p1 + 1q . Sei daher h ∈ Lq (Ω) gegeben
derart, dass
Z
h(x)u(x) = 0
∀u ∈ C0 (Ω) .
Ω
Aufgrund der Hölderschen Ungleichung ist h ∈ L1loc (Ω), denn
Z
|h(x)χK (x)| dx ≤ ||h||Lq (Ω) ||χK ||Lp (Ω) = ||h||Lq (Ω) λ(K)1/p < ∞ .
Ω
Mit Lemma 4.23 folgt nun h = 0 in Lq (Ω). Das Korollar 3.35 des Satzes von HahnBanach liefert nun die Dichtheit von C0 (Ω).
Nun widmen wir uns dem Darstellungssatzes von Riesz in der Fassung für p = 1
und q = ∞. Hierzu benötigen wir zunächst ein Lemma:
Lemma 4.25 Für jedes ϕ ∈ L1 (Ω)0 existiert ein uϕ ∈ L∞ (Ω) mit den Eigenschaften:
||uϕ ||L∞ (Ω) ≤ ||ϕ||L1 (Ω)0 ,
Z
hϕ, gi =
uϕ g dx
Ω
(4.2)
∀g ∈ C0 (Ω) .
(4.3)
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
73
Beweis. Zunächst wählen wir ein w ∈ L2 (Ω), so dass
w ≥ K > 0
für jedes Kompaktum K ⊆ Ω .
Das K kann entsprechend klein gewählt werden. Sei nun ϕ ∈ L1 (Ω)0 gegeben. Nun
definieren wir Ψ ∈ L2 (Ω)0 folgendermaßen:
hΨ, f i := hϕ, wf i
∀f ∈ L2 (Ω) .
Aufgrund der Hölder’schen Ungleichung ist dies wohldefiniert. Aufgrund des Darstellungssatzes von Riesz für p = 2 existiert ein v ∈ L2 (Ω), so dass
Z
f v = hΨ, f i = hϕ, wf i
∀f ∈ L2 (Ω) .
Ω
Nun wählen wir uϕ := v/w. Wegen w > 0 ist uϕ wohldefiniert. Nun zeigen wir, dass
tatsächlich uϕ ∈ L∞ (Ω) mit der gewünschten Abschätzung (4.2) gilt. Sei hierzu
C > ||ϕ||L1 (Ω)0
beliebig gewählt und A := {x ∈ Ω : |u(x)| ≥ C}. Wir führen die Aussage, dass
für das Lebesgue-Maß λ(A) > 0 gilt, zum Widerspruch. Es gäbe also eine messbare
Menge B ⊆ A mit ∞ > λ(B) > 0. Wir betrachten die Funktion

 1, falls x ∈ B und uϕ (x) > C,
f (X) :=
−1, falls x ∈ B und uϕ (x) < C,

0, sonst.
Diese Funktion ist aufgrund des endlichen Maßes von B in L2 (Ω). Nun schätzen wir
ab:
Z
Z
Z
Z
C||w||L1 (B) = C
w dx ≤
|uϕ |w dx =
uϕ f w dx =
uϕ f w dx
B
B
B
Ω
Z
f v dx = hϕ, wf i ≤ ||ϕ||L1 (Ω)0 ||wf ||L1 (Ω)
=
Ω
= ||ϕ||L1 (Ω)0 ||w||L1 (B) .
Dies impliziert C ≤ ||ϕ||L1 (Ω)0 , was ein Widerspruch zur ursprünglichen Wahl von C
ist.
Satz 4.26 Es gilt L1 (Ω)0 ' L∞ (Ω), d.h. zu jedem ϕ ∈ L1 (Ω)0 existiert genau ein
uϕ ∈ L∞ (Ω) mit den Eigenschaften:
||uϕ ||L∞ (Ω) = ||ϕ||L1 (Ω)0 ,
Z
hϕ, vi =
uϕ v dx
Ω
∀v ∈ L1 (Ω) .
74
M. Braack - Banach-Räume
Beweis. Wir definieren die Isometrie Φ : L1 (Ω)0 → L∞ (Ω) mit Hilfe des uϕ ∈
L∞ (Ω) aus dem vorherigen Lemma: Φϕ := uϕ . Aufgrund der Dichtheit von C0 (Ω)
in L1 (Ω) gilt nun sogar sogar:
Z
uϕ v dx
∀v ∈ L1 (Ω) .
hϕ, vi =
Ω
Ferner folgt hieraus mit der Hölderschen Ungleichung
||ϕ||L1 (Ω)0 ≤ ||uϕ ||L∞ (Ω) ,
so dass insgesamt die Gleicheit der Normen folgt, also ||Φϕ||L∞ (Ω)0 = ||ϕ||L1 (Ω)0 . Die
Eindeutigkeit folgt aus Lemma 4.23.
Lemma 4.27 Für jede offene Menge Ω ⊂ Kn und für 1 ≤ p < ∞ sind die Räume
Lp (Ω) separabel.
Beweis. Wir betrachten die abzählbare Menge von Quadern mit rationalen Koordinaten:
Q =
n
Y
(ak , bk ) ⊂ Ω ,
ak , bk ∈ Q .
k=1
Ferner sei E der lineare Raum der durch die charakteristischen Funktionen χR gebildet wird. Wir zeigen, dass dieser abzählbare Raum dicht ist in Lp (Ω). Hierzu
verwenden wir, dass der Raum C0 (Ω) dicht ist in Lp (Ω) (Satz 4.24). Sei f ∈ Lp (Ω)
und > 0 gegeben. Zunächst finden wir ein f1 ∈ C0 (Ω) mit ||f − f1 ||Lp (Ω) < und
supp(f ) ⊂ Ω0 mit beschränkter offener Menge Ω0 ⊂ Ω. Also gilt auch f1 ∈ C0 (Ω0 ).
Nun konstruiert man eine Funktion f2 ∈ E, so dass
|f1 (x) − f2 (x)| ≤ |Ω0 |−1/p
f. ü. in Ω .
Dies erreicht man indem man Ω0 überdeckt durch eine endliche Anzahl von Quadern
obiger Gestalt, so dass in jedem Quader die Ozillation von f1 klein genug ist. Nun
folgt hieraus
Z
Z
p
p
p
0 −1
||f1 − f2 ||Lp (Ω) =
(f1 (x) − f2 (x)) dx = |Ω |
dx = p .
Ω
Wir erhalten also insgesamt ||f − f2 ||Lp (Ω) ≤ 2.
Ω
4.5 Satz von Banach-Steinhaus
4.5
75
Satz von Banach-Steinhaus
Die Verallgemeinerung vom Satz der gleichmäßigen Beschränktheit 2.46 lautet:
Satz 4.28 (Banach-Steinhaus) Sei E Banachraum, F ein normierter Raum und
L ⊂ L(E, F ) punktweise beschränkt, also
sup ||T x|| < ∞
∀x ∈ E .
T ∈L
Dann ist L gleichmäßig beschränkt, d.h. supT ∈L ||T ||L(E,F ) < ∞ .
Beweis. Analog zum Beweis von Satz 2.46 betrachtet man die abgeschlossenen
Mengen
Xn := {x ∈ E : ||T x|| ≤ n
∀T ∈ L} .
S
Da E = n∈N Xn liefert der Satz von Baire, dass mindestens ein Xn0 ein nichtleeres
Inneres hat. Seien daher x0 ∈ E, r > 0, n0 ∈ N derart, dass BE (x0 , r) ⊂ Xn0 . Dies
bedeutet aber für alle T ∈ L:
||T (x0 + rz)|| ≤ n0
∀z ∈ E mit ||z|| ≤ 1 .
Hieraus folgt nun für alle T ∈ L:
r||T ||L(E,F ) ≤ n0 + ||T x0 ||F
Aus der punktweisen Beschränktheit von L folgt nun die Behauptung.
Korollar 4.29 Sei E Banachraum, F ein normierter Raum und (Tn )n∈N eine Folge
in L(E, F ), so dass (Tn (x))n∈N für jedes x ∈ E konvergiert. Dann gilt:
(i) Die Folge (Tn )n∈N ist in L(E, F ) beschränkt.
(ii) Für den punktweisen Grenzwert T x := limn→∞ Tn (x) gilt T ∈ L(E, F ).
(iii) Es gilt:
||T ||E;F ≤
lim inf ||Tn ||E,F .
n→∞
Beweis. (i): Aus der Konvergenz der Folge (Tn (x))n∈N folgt die punktweise Beschränktheit. Der Satz von Banach-Steinhaus liefert die Beschränktheit der Folge
(Tn )n∈N in L(E, F ).
76
M. Braack - Banach-Räume
(ii): Die Linearität von T folgt aus der Linearität der Tn . Um die Stetigkeit von T
nachzuweisen, reicht es die Beschränktheit von T in zu zeigen. Dies ist aber gerade
die Aussage von (iii).
(iii): Für x ∈ E mit ||x||E = 1 gilt wegen (a):
||Tn x||F ≤ ||Tn ||E;F ||x||E = ||Tn ||E;F .
Da die Folge (Tn )n∈N in L(E, F ) beschränkt ist, folgt für den Grenzwert:
||T ||E;F =
sup ||T x||F =
||x||E =1
sup lim ||Tn x||F ≤ lim inf ||Tn ||E;F < ∞ .
||x||E =1 n→∞
n→∞
Korollar 4.30 Sei E Banachraum, F ein normierter Raum, T ∈ L(E, F ), sowie
(Tn )n∈N eine Folge in L(E, F ). Dann konvergiert diese Folge punktweise gegen T ,
genau dann wenn sie auf einer dichten Teilmenge von E punktweise gegen T konvergiert und die Tn gleichmäßig beschränkt sind.
Beweis. ⇒: Die Konvergenz auf einer dichten Teilmenge von E ist trivialerweise
erfüllt. Die Beschränktheit folgt direkt aus dem Korollar von Banach-Steinhaus 4.29.
⇐: Sei G ⊂ E die dichte Teilmenge, in der die punktweise Konvergenz bereits
gegeben ist. Für u ∈ E und v ∈ G beliebig gilt:
||T u − Tn u||F ≤ ||T u − T v||F + ||T v − Tn v||F + ||Tn v − Tn u||F
≤ ||T ||E;F ||u − v||E + ||T v − Tn v||F + ||Tn ||E;F ||u − v||E
Zu beliebigem > 0 wählt man nun v ∈ G so, dass für alle n ∈ N gilt (||T ||E;F +
||Tn ||E;F )||u − v||E < /2 und dann n ∈ N so, dass auch ||T v − Tn v||F < /2.
Korollar 4.31 Sei A eine Teilmenge eines Banchraums E mit der Eigenschaft,
dass für jedes f ∈ E 0 die Menge f (A) = {hf, xi : x ∈ A} in R beschränkt ist. Dann
ist A auch in E beschränkt.
Beweis. Wir betrachten die Banachräume E 0 und R, sowie zu jedem x ∈ A die
Abbildung Jx ∈ E 00 gegeben für f ∈ E 0 durch
h Jx, f i := hf, xi .
Da f (A) beschränkt ist, folgt supx∈A |hhJx, f i | < ∞ für jedes f ∈ E 0 . Wir können nun
den Satz von Banach-Steinhaus 4.28 auf diese Menge von Operatoren Jx anwenden.
Dieser liefert uns
sup ||Jx||E 00 < ∞ .
x∈A
4.6 Prinzip der offenen Abbildung
77
Mit anderen Worte: es existiert ein c > 0 mit
|hf, xi| = |hhJx, f i | ≤ c||f ||E 0
∀f ∈ E 0 ∀x ∈ A .
Mit Korollar 3.24 folgt ||x|| = sup||f ||=1 hf, xi ≤ c für alle x ∈ A.
4.6
Prinzip der offenen Abbildung
Satz 4.32 (Prinzip der offenen Abbildung) Seien E, F zwei Banach-Räume.
Dann ist jede surjektive Abbildung T ∈ L(E, F ) offen. Insbesondere existiert ein
> 0, so dass für die offenen Kugel BF (0) in F und B1E (0) in E gilt:
BF (0) ⊂ T (B1E (0)) .
(4.4)
Beweis. Der Beweis gliedert sich in zwei Teile:
(i) Zeige die Existenz eines > 0, so dass
F
B2
(0) ⊂ T (B1E (0)) .
(4.5)
(ii) Wenn (i) gilt, so folgt (4.4).
zu (i): Mit der Bezeichnung Xn := nT (B1E (0)) erhalten wir mit der Surjektivität
von T :
[
Xn .
F =
n∈N
Mit dem Satz von Baire 2.43 erhalten wir die Existenz eines n ∈ N, so dass Xn
ein nicht-leeres Inneres besitzt. Also besitzt nT (B1E (0)) mindestens einen inneren
Punkt. Dann besitzt aber auch BT := T (B1E (0)) einen inneren Punkt y ∈ BT . Wir
finden daher ein > 0, so dass
F
B4
(y) ⊂ BT .
Aufgrund der Symmetrie von B1E (0) und der Linearität von T ist dann auch −y ∈
BT . Damit folgt
F
B4
(0) ⊂ BT + BT .
F
Da BT konvex ist, gilt BT + BT = 2BT . Insgesamt folgt B4
(0) ⊂ 2T (B1E (0)) und
damit die Behauptung (4.5).
78
M. Braack - Banach-Räume
zu (ii): Wir setzen nun (4.5) voraus und wählen ein beliebiges y ∈ F mit ||y||F < .
Gesucht ist ein Urbild x ∈ E mit ||x||E < 1 und T x = y. Dieses x findet man
E
folgendermaßen: Da man (4.5) auch umformulieren kann in BF (0) ⊂ T (B1/2
(0)),
1
finden wir ein z1 ∈ E mit ||z1 ||E < 2 und ||y − T z1 || < 2 .
Nun wählen wir y2 := y − T z1 und erhalten ein z2 ∈ E mit ||z2 ||E < 2−2 und
||y2 − T z2 || < 2−2 . Diesen Prozess iterieren wir. Die Folge der (yn )n∈N bleibt in
F
B2
(0) (geometrische Reihe). Für die Folge (zn )n∈N gilt:
||zn ||E < 2−n und ||y − T (z1 + . . . + zn )|| < 2−n ∀n ∈ N .
P
Die Folge xn = nk=1 zn bildet daher eine Caucy-Folge mit Grenzwert x. Für diesen
Grenzwert x gilt ||x||E < 1 und wegen der Stetigkeit von T , dass T x = y.
Korollar 4.33 Seien E, F zwei Banach-Räume und T ∈ L(E, F ) sei bijektiv. Dann
ist die Umkehrabbildung T −1 : F → E stetig.
Beweis. Aus (4.4) folgt für x ∈ E mit ||T x||F < , dass ||x||E < 1 gilt. Aufgrund
der Linearität folgt ||x||E ≤ −1 ||T x||F . Mit anderen Worten:
||T −1 y||E ≤ −1 ||y||F .
Also ist T −1 stetig.
Korollar 4.34 Sei E versehen mit Normen ||·||1 und ||·||2 jeweils ein Banach-Raum.
Wenn sich eine der Normen durch die andere beschränken läßt, z.B.
||x||1 ≤ c||x||2
∀x ∈ E ,
so sind die Normen äquivalent.
Beweis. Läßt sich || · ||1 durch || · ||2 beschränken, so ist id : (E, || · ||2 ) → (E, || · ||1 )
stetig. Aus dem vorherigen Korollar ergibt sich die Stetigkeit von id : (E, || · ||1 ) →
(E, || · ||2 ). Also lässt sich || · ||2 durch || · ||1 beschränken. Insgesamt erhalten wir die
Äquivalenz der Normen.
Korollar 4.35 Seien G, L ⊂ E zwei abgeschlossene Teilräume des Banachraums
E, und sei G + L ebenfalls abgeschlossen. Dann existiert eine Konstante c ≥ 0, so
dass sich jedes z ∈ G + L darstellen lässt in der Form z = x + y mit x ∈ G, y ∈ L
und
max(||x||, ||y||) ≤ C||z|| .
4.7 Satz vom abgeschlossenen Graphen
79
Beweis. Im Produktraum G × L bildet
||(x, y)||G×L := ||x|| + ||y||
eine Norm. Eie Abbildung T : G×L → G+L, T (x, y) := x+y, ist in L(G×L, G+L)
und surjektiv. Der Satz der offenen Abbildung liefert uns eine Konstante ≥ 0 mit
der Eigenschaft, dass wir zu z ∈ G + L geeignete x ∈ G und y ∈ L finden mit
z = x + y und :
||x + y|| < ⇒ ||x|| + ||y|| < 1 .
Dies liefert uns aufgrund von Homogenität:
||x|| + ||y|| < −1 ||x + y|| .
4.7
Satz vom abgeschlossenen Graphen
Definition 4.36 Sei T : E → F eine lineare Abbildung zwischen zwei normierten
Räumen. Dann heißt die Menge
G(T ) := {(x, T x) : x ∈ E} ⊂ E × F
der Graph von T . Wenn G(T ) in E × F abgeschlossen ist, so heißt T abgeschlossen.
Satz 4.37 (Satz vom abgeschlossenen Graphen) Sei T : E → F eine lineare
Abbildung zwischen zwei Banachräumen E und F . Dann ist T genau dann stetig,
wenn T abgeschlossen ist (also wenn sein Graph abgeschlossen ist).
Beweis. ⇒: Sei (xn , yn ) eine Folge von Punkten in GT mit xn → x ∈ E und
yn = T xn → y ∈ F . Wegen der Stetigkeit von T folgt T xn = yn → T x = y, also
(x, y) ∈ G(T ).
⇐: Da G(T ) abgeschlossener Unterraum von E ×F ist, ist G(T ) selbst Banachraum.
Die Projektion π : G(T ) → E, π(x, y) = x ist bijektiv, linear und stetig. Nach dem
Satz der offenen Abbildung 4.32 ist dann auch π −1 : E → E × F stetig. Ferner ist
Π : E × F → F stetig. Insgesamt folgt, dass T = Π ◦ π −1 : E → F stetig ist.
80
M. Braack - Banach-Räume
Kapitel 5
Schwache Topologien
Sei X eine Menge und Y ein topologischer Raum (z.B. der Körper K). Ferner seien
Abbildungen ϕi : X → Y , i ∈ I, gegeben. Wir wollen jetzt versuchen X mit einer
Topologie σ zu versehen, so dass alle ϕi stetig sind, und zwar so, dass σ so grob
wie möglich ist. σ soll also möglichst wenig offene Menge beinhalten. Wenn man σ
als die diskrete Topologie bildet, also σ = P(X), so sind die Abbildungen ϕi stetig,
aber σ ist zu fein.
Die Topologie σ muss andererseits alle Mengen der Form ϕ−1
i (ω) mit ω ⊂ Y
−1
offen beinhalten. σ muß also durch gerade diese ϕi (ω) erzeugt werden. Sei daher
F := {ϕ−1
i (ω) : i ∈ I, ω ∈ Y offen} = {Uλ : λ ∈ Λ1 } .
Nun bilden wir die Mengen von σ durch die folgenden zwei Schritte: Zunächst betrachten wir die Familie Φ := {Vµ : µ ∈ Λ2 }, die wir erhalten, wenn wir endliche
Schnitte der Form
\
Vµ =
Uλ ,
λ∈Γµ
mit Γµ ⊂ Λ1 endlich, betrachten. Diese Familie Φ = {Vµ : µ ∈ Λ2 } ist nach
Konstruktion stabil bezüglich endlicher Schnitte. Als zweiten Schritt betrachten wir
beliebige Vereinigungen
[
W =
Vµ
µ∈Γ
mit Γ ⊂ Λ2 beliebig. Die so erhaltene Familie bezeichnen wir mit σ. Sie ist nach
Konstruktion stabil bezüglich beliebiger Vereinigungen. Dass sie auch stabil bleibt
bezüglich endlicher Schnitte, ist allerding nicht mehr offensichtlich. Sie ist es aber:
82
M. Braack - Schwache Topologien
Lemma 5.1 Die oben beschriebene Konstruktion offener Mengen σ = {W } erlaubt
endliche Schnitte und beliebige Vereinigungen. Sie stellt somit eine Topologie auf X
dar.
Beweis. Es genügt zu zeigen, dass ein Schnitt von zwei Elementen von σ wieder
in σ ist. Seien W1 , W2 ∈ σ. Diese sind von der Form:
[
Wi =
Vµi ,
i = 1, 2 .
µ∈Γi
mit Teilmengen Γ1 , Γ2 ⊂ Λ1 . Dann gilt:
!
!
W1 ∩ W2 =
[
∩
Vµ1
[
!
=
Vµ2
[
[
Vµ1 ∩
µ1 ∈Γ1
µ2 ∈Γ2
µ1 ∈Γ1
=
[
[
(Vµ1 ∩ Vµ2 ) =
µ1 ∈Γ1 µ2 ∈Γ2
[
Vµ2
µ2 ∈Γ2
Uλ
λ∈Γ1 ×Γ2
mit Uλ = Vµ1 ∩ Vµ2 .
Man beachte, dass die Konstruktion nicht in umgekehrter Reihenfolge, also zuerst
beliebige Vereinigungen und dann endliche Schnitte, erfolgen kann. Das Resultat
wäre i.a. nicht stabil bezüglich beliebiger Vereinigungen.
Lemma 5.2 Seien Y und Z zwei topologische Räume, sowie X der topologische
Raum gemäß obiger Konstruktion. Eine Abbildung ψ : Z → X ist genau dann
stetig, wenn alle ϕi ◦ ψ : Z → Y für i ∈ I stetig sind.
Beweis. Die Richtung [ψ stetig =⇒ ϕi ◦ ψ stetig] ist trivial. Seien nun alle ϕi ◦ ψ
stetig und sei U eine offene Menge in X. Wir zeigen, dass ψ −1 (U ) offen in Z ist. U
ist von der Form
U =
[
\
ϕ−1
i (ωi )
beliebig endlich
mit offenen Mengen ωi ∈ Y . Daher folgt:
ψ −1 (U ) =
[
\
(ϕi ◦ ψ)−1 (ωi )
beliebig endlich
Da ϕi ◦ ψ stetig ist, folgt die Offenheit von (ϕi ◦ ψ)−1 (ωi ) und damit von ψ −1 (U ).
5.1 Schwache Topologien auf normierten Räumen
5.1
83
Schwache Topologien auf normierten Räumen
Wir schauen uns nun etwas genauer die obige Konstruktion an, wenn der Raum X
ein normierter Raum ist und die Menge der Abbildungen gerade von allen linearen
und stetigen Funktionale gebildet wird. Die Norm-Topologie ist im Gegensatz hierzu
die sogenannte starke Topologie.
Definition 5.3 Sei E ein normierter Raum. Dann versteht man unter der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) auf E die Topologie, die im Sinne der obigen Konstruktion
erzeugt wird von der Familie der Funktionale f ∈ E 0 .
Lemma 5.4 Jede offene Menge in der schwachen Topologie ist auch offen in der
Norm-Topologie. Ebenso ist auch jede in σ(E, E 0 ) abgeschlossene Menge auch abgeschlossen in der starken Topologie.
Die Umkehrung gilt - wie wir sehen werden - nur in endlich-dimensionalen normierten Räumen.
Beweis. Zu f ∈ E 0 und ω offen in K ist auch wegen der Stetigkeit von f die
Menge f −1 (ω) offen in der starken Topologie. Hieraus ergibt sich nun sofort, dass
jede offene Menge in der schwachen Topologie auch offen in der starken Topologie
ist.
Lemma 5.5 Die schwache Topologie σ(E, E 0 ) auf einem normierten Raum E ist
hausdorff ’sch.
Beweis. Dies ergibt sich aus den Trennungssätzen von Hahn-Banach: Zu zwei
Punkten x, y ∈ E, x 6= y, gibt es nach Korollar 3.33 ein Funktional f ∈ E 0 , das {x}
und {y} strikt separiert (α ∈ R):
hf, xi < α < hf, yi .
Die beiden in σ(E, E 0 ) offenen und disjunkten Mengen U1 := f −1 (−∞, α) und U2 :=
f −1 (α, ∞) trennen dann diese beiden Punkte.
Bemerkung: Es macht im allgemeinen keinen Sinn zu fragen, ob ein normierter
Raum bzgl. der schwachen Topologie vollständig ist, denn dazu müsste (E, σ(E, E 0 ))
zunächst einmal ein metrischer Raum sein. Schon diese Voraussetzung ist i.a. nicht
gegeben.
Lemma 5.6 Sei E ein Banachraum. Dann ist eine Umgebungsbasis eines Punktes
x0 ∈ E bzgl. der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) gegeben durch die Mengen der Form
V (I, n) := {x ∈ E : |hfi , x − x0 i| < 1/n ∀i ∈ I}
mit n ∈ N, I endlich und fi ∈ E 0 .
84
M. Braack - Schwache Topologien
Beweis. Die Menge V (I, n) läßt sich auch schreiben in der Form
\
1
1
−1
αi − , αi +
V (I, n) =
fi
n
n
i∈I
mit αi := fi (x0 ). Aus dieser Darstellung ist x0 ∈ V (I, n) ∈ σ(E, E 0 ) unmittelbar
ersichtlich. Ist nun andererseits x0 ∈ U ∈ σ(E, E 0 ), so existiert ein W ∈ σ(E, E 0 )
mit W ⊂ U welches von folgender Form ist:
\
W =
fi−1 (ωi ) ,
i∈I
mit einer endlichen Indexmenge I und offenen Mengen ωi ⊂ K, die αi enthalten.
Wir wählen nun n ∈ N so klein, dass (αi − 1/n, αi + 1/n) ⊂ ωi für alle i ∈ I. Für
dieses I und gilt nun x0 ∈ V (I, n) ⊂ W ⊂ U .
Satz 5.7 In endlich dimensionalen normierten Räumen sind die schwache Topologie und die Norm-Topologie äquivalent.
Beweis. Nach Lemma 5.4 ist bereits gezeigt ist, dass jede in der schwachen Topologie offene Menge auch in der starken Topologie offen ist. Sei daher nun x0 ∈ E und
U eine Umgebung von x0 in der starken Topologie. Gesucht ist eine V ∈ σ(E, E 0 )
mit x0 ∈ V ⊂ U . Wir können annehmen B (x0 ) ⊂ U für ein geeignetes > 0. Sei
hierzu {e1 , . . . , en } eine normierte Basis von E. Jedes x läßt sich also in der Form
P
x = ni=1 xi ei eindeutig darstellen. Die Abbildungen fi : E → K, f (x) := xi , sind
in E 0 . Die Menge V bilden wir dann mittels dieser endlich vielen Funktionale:
V
:= {x ∈ E : |hfi , x − x0 i| < /n, 1 ≤ i ≤ n} .
Gemäß Konstruktion und aufgrund des vorherigen Lemmas ist V offen in der schwachen Topologie und enthält x0 . Für x ∈ V folgt nun:
||x − x0 || = ||
n
X
(xi − x0i )ei || ≤
i=1
=
n
X
i=1
|xi −
n
X
|xi − x0i |||ei ||
i=1
x0i |
=
n
X
i=1
n
X
|hfi , x − x0 i| <
= .
n
i=1
Also V ⊂ B (x0 ) ⊂ U .
Lemma 5.8 Sei E ein unendlich-dimensionaler normierter Raum und f1 , . . . , fn ∈
E 0 . Dann existiert ein x ∈ E mit x 6= 0 und hfi , xi = 0 für i = 1, . . . , n.
5.1 Schwache Topologien auf normierten Räumen
85
Beweis. Wir betrachten die lineare Abbildung ϕ : E → Rn , definiert durch
ϕ(x) := (hf1 , xi, . . . , hfn , xi) .
Aufgrund von dim(E) > n kann ϕ nicht injektiv sein. Also ist der Kern
N (ϕ) := {x ∈ E | ϕ(x) 6= 0}
nicht-trivial. Für x ∈ N (ϕ) \ {0} gilt die Behauptung.
Lemma 5.9 Sei E ein unendlich-dimensionaler normierter Raum. Dann gilt:
(a) Die Einheitsphäre S1 := {x ∈ E : ||x|| = 1} ist niemals abgeschlossen in
σ(E, E 0 ). Der Abschluß dieser Menge in der schwachen Topologie ergibt sogar
die komplette abgeschlossene Einheitskugel {x ∈ E : ||x|| ≤ 1}.
(b) Die offene Einheitskugel B1 (0) ist nicht offen in der schwachen Topologie. Das
Innere dieser Menge bzgl. σ(E, E 0 ) ist sogar leer.
Beweis. (a): Sei x0 ∈ B1 (0) und x0 ∈ V ∈ σ(E, E 0 ). Wir zeigen V ∩ S1 6= ∅. Wir
können V annehmen von der Form V = {x ∈ E : hfi , x − x0 i < ∀i = 1, . . . , n}
mit > 0 und fi ∈ E 0 . Nach dem vorherigen Lemma existiert ein y0 ∈ E \ {0} mit
+
hfi , y0 i = 0 für alle i = 1, . . . , n. Wir betrachten die stetige Funktion g : R+
0 → R0
definiert durch
g(t) := ||x0 + ty0 || .
Da g(0) = ||x0 || < 1 und limt→∞ g(t) = ±∞ existiert ein t∗ ∈ R+ mit g(t∗ ) = 1. Dann
gilt für x∗ := x0 + t∗ y0 einerseits x∗ ∈ S1 und wegen hfi , x∗ − x0 i = t∗ hfi , y0 i = 0 für
alle i = 1, . . . , n auch x∗ ∈ V .
(b): Sei x ∈ B1 (0) und V ∈ σ(E, E 0 ) beliebig mit x ∈ V . Gemäß des Beweises von
(a) wissen wir, dass V eine Gerade der Form {x + ty0 : t ∈ R} enthält. Da diese
Gerade aber nicht in B1 (0) liegt, folgt V 6⊆ B1 (0). Also ist B1 (0) keine Umgebung
in der schwachen Topologie und folglich nicht offen in σ(E, E 0 ).
Lemma 5.10 In einem normierten Raum E sind konvexe Mengen C ⊂ E abgeschlossen in der starken Topologie genau dann, wenn sie in der schwachen Topologie
abgeschlossen sind.
Beweis. Es genügt zeigen, dass eine konvexe und abgeschlossene Menge C auch
in der schwachen Topologie abgeschlossen ist. Der Fall C = E ist trivial. Daher
nehmen wir die Existenz eines x0 ∈ E \ C an. Wieder folgt mit dem Trennungssatz
von Hahn-Banach die Existenz eines f ∈ E 0 , das C und {x0 } strikt separiert:
hf, x0 i < α < hf, yi
∀y ∈ C .
Dann ist V := {x ∈ E : hf, xi < α} ∈ σ(E, E 0 ) mit x0 ∈ V und V ∩ C = ∅.
86
M. Braack - Schwache Topologien
5.2
5.2.1
Schwache Konvergenz
Schwache Konvergenz in normierten Räumen
Ist (xn )n∈N eine Folge in einem normierten Raum E so schreiben wir
xn * x ,
wenn diese Folge in der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) gegen x konvergiert. Gelegentlich benutzt man auch die Notation
xn
σ(E,E 0 )
−→
x.
Diese Konvergenz ist abzugrenzen von der starken Konvergenz bezüglich der Norm
|| · ||:
xn → x ,
welche vorliegt, wenn ||xn − x|| → 0. Nach Theorem 5.7 fallen die beiden Begriffe “schwache Konvergenz” und “starke Konvergenz” zusammen, wenn E endlichdimensional ist.
Lemma 5.11 Sei (xn )n∈N eine Folge in einem normierten Raum E und x ∈ E.
Dann gilt:
(a) xn * x genau dann, wenn hf, xn i → hf, xi für alle f ∈ E 0 .
(b) Aus der starken Konvergenz xn → x folgt die schwache Konvergenz xn * x.
Beweis. (a): Da alle f ∈ E 0 stetig sind bzgl. der schwachen Topologie, folgt aus
xn * x sofort hf, xn i → hf, xi. Es gelte nun andersherum hf, xn i → hf, xi für alle
f ∈ E 0 . Sei ferner eine Menge W ∈ σ(E, E 0 ), die x enthält, gegeben. Dann enthält W
T
eine schwach-offene Menge V der Gestalt V = endl fi−1 (ωi ) mit offenen Mengen ωi ,
die hfi , xi enthalten, also insbesondere x ∈ V . Da nun aber hfi , xn i → hfi , xi liegen
nur endlich viele Folgenglieder der Folge (xn ) außerhalb von fi−1 (ωi ) und damit auch
nur endlich viele außerhalb von V . Somit gilt xn * x.
(b): Folgt aus
|hf, xn i − hf, xi| ≤ ||f ||E 0 ||xn − x||E
und Aussage (a)
Lemma 5.12 Sei E ein normierter Raum, G ⊆ E eine abgeschlossene konvexe
Teilmenge und (xn )n∈N eine Folge in G mit xn * x ∈ E. Dann ist auch x ∈ G.
Beweis. Übungsaufgabe.
5.2 Schwache Konvergenz
5.2.2
87
Schwache Konvergenz in Banachräumen
Lemma 5.13 Sei (xn )n∈N eine Folge in einem Banach-Raum E und x ∈ E. Dann
gilt:
(a) Aus der schwachen Konvergenz xn * x folgt die Beschränktheit der Folge
(xn )n∈N und ||x|| ≤ lim inf ||xn ||.
(b) Wenn xn * x und fn → f in E 0 für eine Folge von Funktionalen, so folgt
limn→∞ hfn , xn i = hf, xi.
Beweis. (a): Wir zeigen zunächst, dass für jedes f ∈ E 0 die Menge {hf, xn i :
n ∈ N} in R beschränkt ist: Wäre dies nicht beschränkt, so existiert eine Teilfolge
(xnk ) mit |hf, xnk i| → ∞ für k → ∞. Andererseits gilt aber wegen xn * x auch
hf, xnk i → hf, xi. Dies ist ein Widerspruch. Wegen der Folgerung aus dem Satz von
Banach-Steinhaus (Korollar 4.31) folgt nun die Beschränktheit der Folge. Nun gilt
noch wegen |hf, xn i| ≤ ||f ||E 0 ||xn || im Limes
hf, xi ≤ ||f ||E 0 lim inf ||xn ||
Mit Korollar 3.24 folgt nun:
||x|| ≤
sup
|hf, xi| ≤ lim inf ||xn || .
f ∈E 0 ,||f ||=1
(b): Wir schätzen ab:
|hfn , xn i − hf, xi| ≤ ||hfn − f, xn i||| + |hf, xn − xi|
≤ ||fn − f ||||xn || + |hf, xn − xi|
Die Behauptung folgt nun aus den Voraussetzungen und der Aussage (a).
Lemma 5.14 Seien E, F zwei Banach-Räume und T : E → F linear. Dann ist
T stetig bezüglich der starken Normen in E und F , genau dann wenn T stetig ist
bezüglich der schwachen Normen σ(E, E 0 ) und σ(F, F 0 ).
Beweis. (a) Sei zunächst T stetig bzgl. der starken Topologien, also T ∈ L(E, F ).
Sei nun V ⊂ F offen in σ(F, F 0 ). Wir können V von der Form
[
\
V =
fi−1 (ωi )
unendlich endlich
88
M. Braack - Schwache Topologien
mit fi ∈ F 0 und ωi offen in K annehmen. Dann gilt
[
\
[
T −1 (V ) =
T −1 (fi−1 (ωi )) =
unendlich endlich
\
(fi ◦ T )−1 (ωi ) .
unendlich endlich
Da T ∈ L(E, F ), ist fi ◦ T ∈ E 0 und somit T −1 (V ) ∈ σ(E, E 0 ).
(b) Sei nun T stetig bzgl. der schwachen Topologien. Wir betrachten nun den Graphen G(T ) ⊆ E × F und zeigen die Abgeschlossenheit von G(T ) in den schwachen
Topologien, d.h. in der Produkttopologie von σ(E, E 0 ) × σ(F, F 0 ). Sei ((xn , T xn ))n∈N
eine Folge in G(T ) mit schwacher Konvergenz
xn * x ∗
und T xn * y ∗ .
Sei ϕ ∈ F 0 beliebig. Dann ist ψ : E → K definiert durch hψ, xi := hϕ, T xi ein
lineares und stetiges Funktional auf E, also ψ ∈ E 0 . Nun folgt
hϕ, y ∗ − T x∗ i = hϕ, y ∗ i − hψ, x∗ i
=
=
lim hϕ, T xn i − hψ, x∗ i
n→∞
lim hψ, xn i − hψ, x∗ i
n→∞
= 0.
Also folgt nach Korollar 3.24, dass T x∗ = y ∗ , was die Abgeschlossenheit von G(T ) in
E ×F bzgl. der schwachen Produkt-Topologien impliziert. Nach Lemma 5.4 ist G(T )
aber auch abgeschlossen in der starken Topologie von E × F . Satz 4.37 angewendet
liefert uns nun die Stetigkeit von T in den starken Topologien.
Beispiele schwacher Konvergenz:
• Im normierten Raum lp , 1 < p < ∞, gilt für die Folge (en )n∈N der Einheitsvektoren en * 0 aber en 6→ 0, denn ||en ||lp = 1 und für beliebiges f ∈ (lp )0 = lq
mit 1 = 1/p + 1/q:
X
hf, en i =
fi · (en )i = fn → 0
(n → ∞) .
i∈N
• Für (un )n∈N ⊆ C[0, 1] und u ∈ C[0, 1] gilt un * u genau dann, wenn: (Übungsaufgabe)
sup ||un ||∞ < ∞ und un (x) → u(x) punktweise für alle x ∈ [0, 1] .
n∈N
5.2 Schwache Konvergenz
5.2.3
89
Schwache Konvergenz in reflexiven Räumen
Satz 5.15 In reflexiven Räumen besitzt jede beschränkte Folge eine schwach-konvergente
Teilfolge.
Beweis. Sei (xn )n∈N eine beschränkte Folge im reflexiven Raum E. Wir wollen
eine Teilfolge (xnk )k∈N und ein x ∈ E finden, so dass hf, xnk i → hf, xi für alle f ∈ E 0 .
(a) Sei zunächst E separabel. Dann ist aufgrund der Reflexivität auch E 00 separabel
und dann nach Satz 3.36 auch E 0 separabel. Sei also E 0 = {fn : n ∈ N}. Mit Hilfe
des Diagonalfolgentricks (siehe Beweis von Arzela-Ascoli) findet man eine Teilfolge
(xnk ), so dass (hfi , xnk i)k∈N für alle i ∈ N konvergiert. Nun ist (hf, xnk i)k∈N eine
Cauchy-Folge, denn
|hf, xnk i − hf, xnl i|
≤ |hf, xnk i − hfi , xnk i| + |hfi , xnk i − hfi , xnl i| + |hfi , xnl i − hf, xnl i|
≤ 2M ||f − fi ||E 0 + |hfi , xnk i − hfi , xnl i| ≤ ,
für k, l hinreichend groß, da i beliebig ist. Folglich konvergiert (hf, xnk i)k∈N . Dies
erlaubt es nun die Abbildung φ ∈ E 00 zu definieren:
h φ, f i := lim hf, xnk i .
k→N
Hierbei folgt die Stetigkeit von φ aus der Beschränktheit der Folge:
|hhφ, f i | = | lim hf, xnk i| = lim |hf, xnk i| ≤ ||f ||E 0 M .
k→N
k→N
Wegen der Reflexivität von E existiert ein x ∈ E mit Jx = φ. Gemäß Konstruktion
gilt xnk * x.
(b) Wenn E nicht separabel ist, so ist aber Y := span{xn : n ∈ N} separabel, da
die Menge der Linearkombinationen mit rationalen Koeffizienten in Y dicht ist.
Aufgrund der Abgeschlossenheit ist Y ebenfalls reflexiv (siehe Lemma 3.44). Nach
(a) existiert ein x ∈ Y mit
xnk
σ(Y,Y 0 )
*
x.
Nun ist E 0 ⊂ Y 0 und somit σ(E, E 0 ) ⊆ σ(Y, Y 0 ). Folglich ist die Konvergenz in
σ(E, E 0 ) schwächer als in σ(Y, Y 0 ), also xnk * x in σ(E, E 0 ).
90
5.2.4
M. Braack - Schwache Topologien
Anwendung auf Operatorgleichungen
Zur Untersuchung einer linearen Operatorgleichung der Form
Au = f ,
in einem reflexiven Raum E und einem Operator A : E → F . Nun kann man
folgendermaßen vorgehen: Wir wählen endlich-dimensionale Unterräume En ⊆ E
und suchen Lösungen un ∈ En von
An un = fn ,
mit Operatoren An : En → Fn und einer Approximation fn von f . Wenn man weiß,
dass diese endlich-dimensionalen Probleme jeweils eine Lösung un ∈ En besitzen, so
zeigt man im Anschluß die gleichmäßige Beschränktheit
||un || ≤ C
∀n ∈ N .
Nach Satz 5.15 folgern wir nun die schwache Konvergenz einer Teilfolge unk * u ∈
E. Nun zeigt man noch, dass dieses u die ursprüngliche Operatorgleichung erfüllt
und erhält somit die Existenz einer Lösung. Die Eindeutigkeit kann aber so nicht
nachgewiesen werden.
5.3
Die schwach-*-Topologie auf dem Dualraum
Um auf dem Dualraum E 0 eine grobe Topologie zu erzeugen, betrachtet man die
Familie der Funktionale ϕx : E 0 → R, definiert für x ∈ E und f ∈ E 0 mittels
ϕx (f ) := hf, xi.
Definition 5.16 Sei E ein normierter Raum. Dann versteht man unter der schwach*-Topologie σ(E 0 , E) auf E 0 die Topologie, die im Sinne der obigen Konstruktion
erzeugt wird von der Familie der Funktionale {ϕx : x ∈ E}.
Lemma 5.17 Für die schwachen Topologien σ(E 0 , E) und σ(E 0 , E 00 ) sowie der starken Topologie τ 0 auf dem Dualraum E 0 eines normierten Raums E gilt folgende
Inklusion: Es gilt
σ(E 0 , E) ⊆ σ(E 0 , E 00 ) ⊆ τ 0 .
Im Fall, dass E reflexiv ist gilt σ(E 0 , E) = σ(E 0 , E 00 ).
5.3 Die schwach-*-Topologie auf dem Dualraum
91
Beweis. Die zweite Inklusion ist offensichtlich. Die erste ergibt sich aus der Tatsache, dass J(E) ⊆ E 00 .
Lemma 5.18 Die schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) auf dem Dualraum einem normierten Raum E ist hausdorff ’sch.
Beweis. Der Beweis erfolgt analog zum Beweis von Lemma 5.5 über HahnBanach.
Ferner ergibt sich als Umgebungsbasis von f0 ∈ E 0 für σ(E 0 , E):
W (I, n) := {f ∈ E 0 : |hf − f0 , xi| < 1/n ∀x ∈ I}
für I ⊂ E endlich und n ∈ N.
Konvergiert eine Folge (fn )n∈N in E 0 in der schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) gegen
ein f ∈ E 0 , so schreiben wir
∗
fn * f
Konvergenz in σ(E 0 , E) .
Diese Konvergenz ist zu unterscheiden von
fn * f
Konvergenz in σ(E 0 , E 00 ) ,
fn → f
Konvergenz in || · ||E 0 .
Lemma 5.19 Sei E ein normierter Raum, (fn )n∈N eine Folge in E 0 sowie f ∈ E 0 .
Dann gelten:
∗
(a) fn * f genau dann, wenn hfn , xi → hf, xi für alle x ∈ E.
∗
(b) fn → f ⇒ fn * f und fn * f ⇒ fn * f .
Beweis. Der Beweis erfolgt analog zum Beweis von Lemma 5.11.
Lemma 5.20 Sei E ein Banach-Raum, (fn )n∈N eine Folge in E 0 sowie f ∈ E 0 .
Dann gelten:
∗
(c) fn * f ⇒ ||fn ||E 0 ist beschränkt und ||f ||E 0 ≤ lim inf ||fn ||E 0 .
∗
(d) fn * f und xn → x (in der Normtopologie von E) ⇒ hfn , xn i → hf, xi.
Beweis. Der Beweis erfolgt analog zum Beweis von Lemma 5.13.
Lemma 5.21 Der Dualraum L∞ (0, 1)0 ist nicht reflexiv.
92
M. Braack - Schwache Topologien
Beweis. Wir setzen E := L∞ (0, 1) und betrachten für 0 < < 1 die Funktionale
T ∈ E 0 definiert mittels
Z
1 T f :=
f (x) dx .
0
Diese Funktionale sind beschränkt, denn ||T ||E 0 = 1. Wäre E 0 reflexiv, so müsste nach
Satz 5.15 eine konvergente Teilfolge existieren. Dies wollen wir zum Widerspruch
führen. Da die schwach-*-Topologie gröber ist als die Normtopologie auf E 0 müsste
eine solche Folge auch schwach-*-konvergent sein. Angenommen es existiere eine
Nullfolge n → 0 so dass
∗
Tn * T ∈ E 0 .
Dann können wir oBdA annehmen, dass n+1 /n < 1 und limn→∞ n+1 /n = 0. Wir
wählen nun die Funktion f ∈ E definiert durch
f (x) = (−1)k
für k+1 < x < k , k ∈ N .
Die Wirkung von Tn auf dieses spezielle f ergibt sich zu:
Z n+1
1
n
Tn f =
f (x) dx + (−1) (n − n+1 )
n
0
Z
n+1
1 n+1
n
= (−1) 1 −
f (x) dx
+
n
n 0
Nun folgt:
|Tn f − (−1)n | ≤ 2
n+1
→ 0 (n → ∞) .
n
Also besitzt die reelle Folge (Tn f )n∈N die beiden Häufungspunkte 1 und −1 und
kann demzufolge nicht konvergent sein. Damit ist auch (Tn )n∈N nicht schwach-*konvergent. Also ist E 0 nicht reflexiv.
5.4
Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
Aus dem Satz von Riesz haben wir gefolgert, dass die abgeschlossene Einheitskugel
eines normierten Raums genau dann kompakt ist in der Norm-Topologie, wenn die
Dimension endlich ist (siehe Korollar 3.39). Im Fall dim E = ∞ ist auch dim E 0 = ∞.
Daher ist in unendlich-dimensionalen normierten Räumen auch die Einheitskugel
BE 0 := {f ∈ E 0 : ||f ||E 0 ≤ 1}
5.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
93
niemals kompakt in der starken Topologie (also der von der Norm || · ||E 0 erzeugten).
Der folgende Satz liefert uns jedoch die Kompaktheit in der schwach-*-Topologie in
Banachräumen. Man beachte an dieser Stelle nochmals, dass zur Konstruktion des
Abschlusses die Norm von E 0 verwendet wird, die Kompaktheit aber nicht in der
Normtopologie, sondern in der schwach-*-Topologie gilt.
Sei E ein reeller Banachraum und Y := RE . Die Elemente von Y bezeichnen wir
mit ω = (ωx )x∈E und ωx ∈ R. Unter der Produkttopologie auf Y versteht man nun
die schwache Topologie, die die Abbildungen ω 7→ ωx für alle x ∈ E stetig macht.
Lemma 5.22 Sei E ein reeller Banachraum und Y := RE versehen mit der oben
beschriebenen (schwachen) Produkt-Topologie. Die Abbildung
φ : (E 0 , σ(E 0 , E)) → φ(E 0 ) ⊆ Y ,
f 7→ (hf, xi)x∈E
ist dann ein Homöomorphismus.
Beweis. Für jedes x ∈ E ist f 7→ φ(f )x = hf, xi stetig. Hieraus folgt nach
Lemma 5.2 die Stetigkeit von φ. Ferner ist φ offensichtlich injektiv. Also existiert
φ−1 : φ(E 0 ) → E 0 . Es bleibt zu zeigen, dass φ−1 ebenfalls stetig ist. Dies folgt aber
ebenfalls aus Lemma 5.2 und der Tatsache, dass für jedes feste x ∈ E, die Abbildung
ω 7→ hφ−1 (ω), xi = ωx über φ(E 0 ) stetig ist.
Satz 5.23 (Banach-Alaoglu-Bourbaki) Die abgeschlossene Einheitskugel BE 0 in
einem Banachraum E ist in der schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) stets kompakt.
Beweis. Nach obigem Lemma ist φ : E 0 → φ(E 0 ) ein Homöomorphismus ist. Nun
zeigen wir, dass φ(BE 0 ) in Y kompakt ist.
(b): Es gilt φ(BE 0 ) = K := K1 ∩ K2 mit
Y
K1 := {ω ∈ Y : |ωx | ≤ ||x||} =
[−||x||, ||x||]
x∈E
K2 := {ω ∈ Y : ωx+y = ωx + ωy , ωλx = λωx
∀x, y ∈ E,
∀λ ∈ R}
K1 ist als Produkt kompakter Menge auch kompakt. K2 ist abgeschlossen, denn K2
läßt sich darstellen in der Gestalt
!
!
\
\
K2 =
Ax,y ∩
Bx,λ
x,y∈E
x∈E,λ∈R
94
M. Braack - Schwache Topologien
mit den abgeschlossenen Mengen
Ax,y := {ω ∈ Y : ωx+y = ωx + ωy }
Bx,λ := {ω ∈ Y : ωλx = λωx }
für x, y ∈ E und λ ∈ R. Die Abgeschlossenheit ist hier eine einfache Konsequenz
aus der Stetigkeit der Abbildungen ω 7→ ωx+y − ωx − ωy und ω 7→ ωλx − λωx .
Kompakte Mengen sind in der (Funktional-)Analysis immer von großer Bedeutung. Da sie in unendlichdimensionalen normierten Räumen nach Korollar 3.39 eher
rar sind und der Wechsel zu der schwächeren Topologie aber in vielen Situationen
keine große Einschränkung bedeutet bzw. diese Topologie auf natürlichem Wege ins
Spiel kommt, gibt einem dieser Satz eine Fülle “neuer” kompakter Mengen an die
Hand.
Aus dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki folgt i.a. noch nicht, dass BE 0
schwach-*-folgenkompakt ist, denn i.a. erfüllt E 0 nicht das 1. Abzählbarkeitsaxiom.
Im Fall, dass E separabel ist gilt dies aber sehr wohl:
Korollar 5.24 Sei E ein separabler Banachraum. Dann ist die abgeschlossene Einheitskugel BE 0 von E 0 schwach-*-folgenkompakt.
Beweis. Nach dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki (Satz 5.23) wissen wir,
dass BE 0 schwach-*-kompakt ist. Um hieraus die schwach-*-Folgenkompaktheit zu
schließen reicht es nach Lemma 1.24 nachzuweisen, dass E 0 dem 1. Abzählbarkeitsaxiom genügt. Wir benötigen also zu jedem f0 ∈ E 0 eine abzählbare Umgebungsbasis von σ(E 0 , E). Diese ergibt sich aber aus der Separabilität von E wie
folgt: Sei {xn : n ∈ N} eine abzählbar dichte Menge in E. Dann ist die abzählbare
Umgebungsbasis gegeben durch die offenen Mengen
W (I, n) := {f ∈ E 0 : |hf − f0 , xi i < 1/n ∀i ∈ I}
mit n ∈ N und I ⊂ N endlich. Von diesen W (I, n) gibt es nur abzählbar viele.
Lemma 5.25 (Goldstine) Wir betrachten in einem Banachraum E die abgeschlossene Einheitskugel
BE := {x ∈ E : ||x|| ≤ 1}
und die kanonische Einbettung J(BE ). Dann ist J(BE ) dicht in BE 00 bzgl. der schwach*-Topologie σ(E 00 , E 0 ).
5.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
95
Beweis. Für ξ ∈ BE 00 und einem V ∈ σ(E 00 , E 0 ) mit ξ ∈ V muß man zeigen, dass
V ∩ J(BE ) 6= ∅. Hierbei kann V von der Form
V
= {φ ∈ E 00 : |hhφ − ξ, fi i | < ,
∀i = 1, 2, . . . , n}
mit endlich vielen fi ∈ E 0 angenommen werden. Wir setzen αi := h ξ, fi i . Dann gilt
für beliebiges β ∈ Rn wegen ||ξ||E 00 ≤ 1:
n
X
βi αi = h ξ,
i=1
n
X
βi fi i ≤ ||
n
X
i=1
βi fi ||E 0 .
(5.1)
i=1
Nun betrachten wir die Abbildung ϕ : E → Rn , ϕ(x)i := (hfi , xi). Dann ist
A := ϕ(BE ) eine abgeschlossene und konvexe Menge. Wir zeigen nun α ∈ A per
Widerspruch. Angenommen es gelte α 6∈ A. Dann existiert nach dem Trennungssatz
von Hahn-Banach ein Funktional b ∈ (Rn )0 = R und ein γ ∈ R mit:
hb, yi < γ < hb, αi
∀y ∈ A .
Dies bedeutet anders ausgedrückt:
n
n
n
X
X
X
h
bi fi , xi =
bi ϕi (x) < γ <
bi αi
i=1
i=1
∀x ∈ BE .
i=1
und hiermit
||
n
X
i=1
bi fi ||E 0 ≤ γ <
n
X
bi α i .
i=1
Da dies ein Widerspruch ist zu (5.1), folgt α ∈ A. Hieraus folgt für beliebiges > 0
die Existenz eines x ∈ BE mit
|hfi , xi − αi | = |ϕ(x)i − αi | < .
Damit gilt J(x) ∈ V .
Satz 5.26 Ein Banachraum E ist genau dann reflexiv, wenn die abgeschlossene
Einheitskugel BE in der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) kompakt ist.
Beweis. (a) Sei zunächst E reflexiv. Da auch E 0 ein Banachraum ist, können wir
den Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki auf die Einheitskugel BE 00 anwenden. Wir
wissen damit, dass BE 00 in der Topologie σ(E 00 , E 0 ) kompakt ist. Wenn nun E reflexiv
96
M. Braack - Schwache Topologien
ist, so gilt J(E) = E 00 und damit auch BE 00 = J(BE ). Wir müssen nach Lemma 1.23
nur noch zeigen, dass
J −1 : (E 00 , σ(E 00 , E 0 )) → (E, σ(E, E 0 ))
stetig ist. Dies ist nach Lemma 5.2 genau dann gegeben, wenn f ◦ J −1 : E 00 → R
für jedes f ∈ E 0 stetig ist. Da aber f ◦ J −1 (ξ) = hξ, f i und ξ → hξ, f i stetig ist in
σ(E 00 , E 0 ), folgt die Stetigkeit von J −1 bzgl. der obigen Topologien.
(b) Sei nun BE kompakt in σ(E, E 0 ). Da J : E → E 00 stetig bzgl. der starken Topologien ist, so ist J gemäß Lemma 5.14 auch stetig bzgl. der schwachen Topologien
σ(E, E 0 ) und σ(E 00 , E 000 ). Da σ(E 00 , E 0 ) gröber ist als σ(E 00 , E 000 ) ist auch
J : (E, σ(E, E 0 )) → (E 00 , σ(E 00 , E 0 ))
stetig. Folglich ist J(BE ) als Teilmenge von BE 00 kompakt in σ(E 00 , E 0 ). Da diese
Menge nach dem Lemma von Goldstine dicht ist, folgt J(BE ) = BE 00 . Hieraus folgt
nun J(E) = E 00 , also die Reflexivität von E.
Korollar 5.27 Ein Banachraum E ist genau dann reflexiv, wenn E 0 reflexiv ist.
Beweis. (a): Sei E reflexiv. Nach dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki ist BE 0
schwach-*-kompakt. Ferner ist wegen der Reflexivität σ(E 0 , E) = σ(E 0 , E 00 ). Also ist
BE 0 auch schwach kompakt. Dies impliziert nach Satz 5.26, dass E 0 reflexiv ist.
(b) Sei nun E 0 reflexiv. Dann folgt nach (a), dass auch E 00 reflexiv ist. Dann ist aber
auch der abgeschlossene Teilraum J(E) reflexiv. Da J : E → J(E) eine bijektive
Isometrie ist, sind E und J(E) isometrisch. Es folgt die Reflexivität von E.
Korollar 5.28 Die Banachräume l∞ , L1 (0, 1), L∞ (0, 1) und C[0, 1] sind nicht reflexiv.
Beweis. Wir hatten bereits in Satz 5.21 gezeigt, dass L∞ (0, 1)0 nicht reflexiv
ist. Mit Satz 5.27 folgt nun, dass L∞ (0, 1) nicht reflexiv ist. Da ferner nach dem
Darstellungssatz von Riesz (Satz 4.26) L1 (0, 1)0 ' L∞ (0, 1), folgt letztendlich, dass
L1 (0, 1) nicht reflexiv ist.
Korollar 5.29 Sei E ein Banachraum. Dann sind äquivalent:
(a) E ist reflexiv und separabel, und
(b) E 0 ist reflexiv und separabel.
5.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
97
Abbildung 5.1: Darstellung eines Graphen einer unterhalbstetigen Funktion.
Beweis. (b)⇒(a): Wenn E 0 reflexiv ist, so ist es nach Korollar 5.27 auch E. Ferner
wissen wir durch Korollar 3.36, dass aus E 0 separabel folgt, dass auch E separabel
ist.
(a)⇒(b): Es genügt zu zeigen, dass E separabel ist. Dies folgt aber unmittelbar, da
wegen der Reflexivität und Separabilität von E auch J(E) ' E 00 separabel ist und
wegen Korollar 3.36 dann auch E 0 .
Korollar 5.30 Seien E, F reflexive Räume. Dann ist auch der Produktraum E × F
(in der Produkttopologie) reflexiv.
Beweis. Übungsaufgabe.
Korollar 5.31 In jedem reflexiven Banachraum E sind konvexe, abgeschlossene,
beschränkte Teilmengen C ⊂ E schwach kompakt (also in der Topologie σ(E, E 0 )).
Beweis. Nach Lemma 5.10 ist C auch abgeschlossen in σ(E, E 0 ). Aufgrund der
Beschränktheit von C existiert ein m > 0 mit C ⊂ mBE . Nach Satz 5.26 ist BE
schwach kompakt und damit auch die abgeschlossene Teilmenge C.
Definition 5.32 Eine Funktion ϕ : X → (−∞, +∞] über einem topologischen
Raum X heißt unterhalbstetig, wenn gilt:
ϕ(x) ≤ lim inf ϕ(y)
y→x
∀x ∈ X .
Sie heißt schwach unterhalbstetig, wenn gilt:
ϕ(x) ≤ lim inf ϕ(y)
y*x
∀x ∈ X .
Selbstverständlich sind stetige Funktionen auch unterhalbstetig. Diese Eigenschaft
ist in Abb. 5.1 schematisch dargestellt.
98
M. Braack - Schwache Topologien
Definition 5.33 Eine Funktion ϕ : X → (−∞, +∞] über einem linearen Raum E
heißt konvex, wenn gilt:
ϕ(λx + (1 − λ)y) ≤ λϕ(x) + (1 − λ)ϕ(y)
∀x, y ∈ E ∀λ ∈ (0, 1) .
Für konvexe Funktionen gilt, dass die Mengen der Form
A := {x ∈ E | ϕ(x) ≤ λ}
(5.2)
konvex sind. Die Eigenschaft ’unterhalbstetig’ ist äquivalent zur Abgeschlossenheit
dieser Mengen. Die schwache Unterhalbstetigkeit ist entsprechend äquivalent dazu,
dass diese Mengen abgeschlossen sind in σ(E, E 0 )
Lemma 5.34 Sei E ein Banachraum und ϕ : E → (−∞, +∞] eine konvexe und
unterhalbstetige Funktion. Dann ist ϕ auch schwach unterhalbstetig.
Beweis. Wir betrachten zunächst zu λ ∈ R die konvexen Mengen A der Form
(5.2). Aufgrund der Unterhalbstetigkeit von ϕ sind diese Mengen abgeschlossen.
Nach Lemma 5.10 sind diese dann auch abgeschlossen in der schwachen Topologie.
Hieraus folgt die Behauptung.
Lemma 5.35 Sei E reflexiv und A ⊆ E eine nichtleere und schwach-kompakte
Menge. Dann nimmt jede (bzgl. der Normtopologie) konvexe und stetige Funktion
ϕ : E → R auf A ihr Minimum an.
Beweis. Sei λ := inf{ϕ(x) : x ∈ A}. Es gilt λ ∈ R. Sei nun (xn ) ⊆ A eine Folge
mit ϕ(xn ) → λ. Diese besitzt nach Satz 5.15 eine schwach-konvergente Teilfolge
(xnk ), also xnk * x ∈ A. Nach Lemma 5.34 folgt aus der Stetigkeit von ϕ, dass ϕ
bzgl. der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) zumindest unterhalbstetig ist, d.h.:
ϕ(x) ≤ lim inf ϕ(xnk ) = λ .
Da andererseits λ ≤ ϕ(x) aufgrund der Definition von λ, folgt ϕ(x) = λ. Also ist x
der gesuchte Punkt.
Bemerkung: Das Lemma 5.14 ließ sich hier nicht anwenden, da ϕ nicht als linear
vorausgesetzt wurde.
Korollar 5.36 Sei E ein reflexiver Raum und ϕ : A → R eine konvexe und stetige
Funktion. Ferner sei A ⊂ E eine konvexe, abgeschlossene und nichtleere Teilmenge.
Im Fall, dass A unbeschränkt ist, gelte ferner:
lim
x∈A,||x||→∞
ϕ(x) = +∞ .
(5.3)
5.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
99
Dann wird das Minimum von ϕ in A in A angenommen, d.h.
arg min{ϕ(x) | x ∈ A} ∈ A .
Beweis. Für jedes λ ∈ R ist die Menge
Aλ := {x ∈ A : ϕ(x) ≤ λ}
konvex und abgeschlossen. Wir wählen das λ, so dass Aλ nicht leer ist. Aufgrund
der Eigenschaft (5.3) ist sie außerdem beschränkt und folglich nach Korollar 5.31
auch schwach-kompakt. Daher nimmt ϕ auf Aλ nach Lemma 5.35 sein Minimum in
einem Punkt x0 ∈ Aλ an. Für y ∈ A \ Aλ gilt λ < ϕ(y), so dass man insgesamt
erhält:
ϕ(x0 ) ≤ ϕ(x) ≤ λ < ϕ(y)
x0 ist also das gesuchte Minimum.
∀x ∈ Aλ ∀y ∈ A .
100
M. Braack - Schwache Topologien
Kapitel 6
Hilbert-Räume
6.1
Gleichmäßig konvexe Räume
Gleichmäßig konvexe Räume sind eine in der Mathematik betrachtete spezielle Klasse normierter Räume. Diese Räume wurden 1936 von James A. Clarkson mittels
einer geometrischen Eigenschaft der Einheitskugel eingeführt. Die gleichmäßig konvexen Banachräume sind reflexiv und haben eine für die Approximationstheorie
wichtige Eigenschaft.
Definition 6.1 Ein normierter Raum E heißt gleichmäßig konvex, wenn für alle
> 0 ein δ > 0 existiert, so dass gilt:
1
x, y ∈ BE und ||x − y|| > =⇒ (x + y) < 1 − δ .
2
Der folgende Satz stellt nun einen verblüffende Zusammenhang her zwischen einer
geometrischen Eigenschaft der Einheitskugel und einer topologische Eigenschaft.
Satz 6.2 Jeder gleichmäßig konvexe Banachraum ist reflexiv.
Beweis. Wir müssen zeigen, dass BE 00 ⊂ J(BE ). Da J(BE ) stark abgeschlossen
in E 00 ist, genügt es zu zeigen, dass zu jedem ξ ∈ BE 00 und jedem > 0 ein x ∈ BE
existiert, so dass ||ξ − J(x)|| < .
Wir können oBdA annehmen, dass ||ξ||E 00 = 1 (da 0 ∈ J(BE ) und durch Übergang von ξ zu ξ/||ξ||E 00 ). Zu diesem wählen wir δ > 0 gemäß der Eigenschaft der
gleichmäßigen Konvexität. Ferner existiert ein f ∈ BE 0 , so dass
h ξ, f i > 1 −
δ
.
2
(6.1)
102
M. Braack - Hilbert-Räume
Wir wählen folgende schwach-*-Umgebung von ξ:
V
:= {φ ∈ E 00 : |hhφ − ξ, f i | < δ/2} .
Nach dem Lemma von Goldstine ist V ∩ J(BE ) 6= ∅. Daher existiert ein x ∈ BE mit
J(x) ∈ V . Wir müssen nun noch zeigen
||ξ − J(x)||E 00 < .
Angenommen ξ ∈ W := E 00 \ (J(x) + BE 00 ). Wir werden dies nun zum Widerspruch
führen. Da nach dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki BE 00 in σ(E 00 , E 0 ) abgeschlossen ist, gilt W ∈ σ(E 00 , E 0 ). Somit gilt auch V ∩ W ∈ σ(E 00 , E 0 ). Da ξ ∈ V ∩ W
und ξ ∈ BE 00 gilt nach dem Lemma von Goldstine V ∩ W ∩ J(BE ) 6= ∅. Sei also
x
b ∈ BE , so dass J(b
x) ∈ V ∩ W . Ferner gilt:
J(x) ∈ V
⇒ |hhJ(x) − ξ, f i | = |hf, xi − h ξ, f i | < δ/2
J(b
x) ∈ V
⇒ |hhJ(b
x) − ξ, f i | = |hf, x
bi − h ξ, f i | < δ/2
Hieraus folgt:
2hhξ, f i ≤ hf, x + x
bi + δ ≤ ||f ||E 0 ||x + x
b||E + δ .
Wegen ||f ||E 0 ≤ 1 und (6.1) erhalten wir
1−
δ
1
< h ξ, f i ≤ ||(x + x
b)/2||E + δ
2
2
Und somit ||(x+b
x)/2||E > 1−δ. Dies impliziert wiederum aufgrund der gleichmäßigen
Konvexität
||J(x) − J(b
x)||E 00 = ||x − x
b||E < .
Dies ist aber ein Widerspruch zu J(b
x) ∈ W .
Lemma 6.3 Sei E ein gleichmäßig konvexer Raum, (xn )n∈N eine Folge in E und
x ∈ E. Dann folgt aus ||xn + x|| → 2||x|| bereits xn → x.
Beweis. 1. Fall: ||x|| = 0. Dann gilt
0 ≤ ||xn || ≤ ||xn + x|| + ||x|| = ||xn + x|| → 0 .
2. Fall: ||x||E > 0. Wir betrachten yn := (xn + x)/(2||x||). Nach Voraussetzung gilt
||yn || = ||xn + x||/(2||x||) → 1 .
6.2 Skalarprodukte
103
bzw.
1 x
x n
+
→ 1 .
2 ||x|| ||x||
Aufgrund der gleichmäßigen Konvexheit folgt
x
x n
−
→ 0 .
||x|| ||x||
Dies impliziert die Behauptung ||xn − x|| → 0.
Lemma 6.4 Sei E ein gleichmäßig konvexer Banachraum, (xn )n∈N eine in E schwachkonvergente Folge, xn * x ∈ E, sowie
lim sup ||xn ||E ≤ ||x||E .
Dann gilt bereits xn → x.
Beweis. Wir unterscheiden zwei Fälle.
1. Fall: x = 0. Dann gilt aber lim sup ||xn || = 0. Also ist (xn )n∈N eine Nullfolge.
2. Fall: x 6= 0. Wir setzen für n ∈ N
λn = max{||xn ||E , ||x||E }
Aufgrund der Voraussetzung folgt λn → ||x||E . Wir gehen nun über zur Folge
yn := xn /λn
ab n ≥ n0 hinreichend groß.
Es gilt für y := x/||x||E und beliebiges f ∈ E 0 :
−1
hf, yn − yi = λ−1
n hf, xn i − ||x||E hf, xi → 0 .
Also gilt zunächst yn * y. Mit Lemma 5.13 folgern wir
2 = 2||y||E = ||y + y||E ≤ lim inf ||yn + y||E .
Da aber ||yn ||E ≤ 1 folgt ||yn + y||E → 2. Gemäß des vorherigen Lemmas muss dann
aber auch yn → y gelten.
6.2
Skalarprodukte
Definition 6.5 Auf einem linearen Vektorraum E über dem Körper K = R, C heißt
eine Bilinearform (im Fall K = R), bzw. Hermitesche Form im Fall (K = C)
(·, ·) : E × E → K Skalarprodukt, wenn
(a) sie positiv definit ist, d.h. (u, u) ≥ 0 für alle u ∈ E und (u, u) = 0 genau dann,
wenn u = 0, und
(b) sie symmetrisch ist, d.h. (u, v) = (v, u) für alle u, v ∈ E.
104
M. Braack - Hilbert-Räume
6.3
Prä-Hilberträume
Satz 6.6 Ein linearen Vektorraum E über dem Körper K mit einem Skalarprodukt
(·, ·) : E × E → K wird mittels
||u|| := (u, u)1/2
∀u ∈ E
zu einem normierten Raum.
Beweis. Die Behauptung ergibt sich durch einfaches Nachrechnen der Normeigenschaften.
Definition 6.7 Normierte Räume, dessen Normen aus einem Skalarprodukt gebildet werden können, heißen Prä-Hilberträume.
Lemma 6.8 In jedem normierten Raum H über K ist das Skalarprodukt (·, ·) :
H × H → K stetig.
Beweis. Die Behauptung folgt unmittelbar aus:
|(x1 , y1 ) − (x2 , y2 )| = |(x1 − x2 , y1 ) + (x2 , y1 − y2 )|
≤ ||x1 − x2 || ||y1 || + ||x2 || ||y1 − y2 || .
Satz 6.9 Ein normierter Raum H über dem Körper K ist genau dann Prä-Hilbertraum, wenn die Parallelogrammgleichung
1
||u + v||2 + ||u − v||2 = ||u||2 + ||v||2
∀u, v ∈ H
(6.2)
2
erfüllt ist.
Beweis. (a) Ist H ein Hilbertraum, so ergibt sich die Parallelogrammgleichung
einfach durch Ersetzen der Normen durch entsprechende Skalarprodukte und der
Linearität des Skalarproduktes.
(b) Ist H hingegen ein normierter Raum, dessen Norm (6.2) erfüllt, so erhält man
das zugehörige Skalarprodukt aus:
K=R:
K=C:
1
(||u + v||2 − ||u − v||2 ) ,
4
1
(u, v) :=
(||u + v||2 − ||u − v||2 + i ||u + iv||2 − i ||u − iv||2 ) .
4
(u, v) :=
Man verifiziere nun ||u||2 = (u, u), sowie die notwendigen Eigenschaften des Skalarproduktes (Übungsaufgabe).
6.3 Prä-Hilberträume
105
Satz 6.10 Jeder Prä-Hilbertraum H ist gleichmäßig konvex.
Beweis. Die Parallelogrammgleichung (6.2) liefert für u, v ∈ H mit ||u|| = ||v|| = 1:
1
(||u||2 + ||v||2 ) − || 21 (u − v)||2
2
1
= 1 − ||u − v||2 .
4
|| 21 (u + v)||2 =
Aus 0 < < ||u − v|| folgt dann
|| 12 (u + v)||2 ≤ 1 −
2
.
4
Nun setzen wir für hinreichend kleines (nämlich <
Es folgt ||(u + v)/2|| ≤ 1 − δ.
√
2), δ := 1 −
p
1 − 2 /4 > 0.
Lemma 6.11 Sei H ein Prä-Hilbertraum, U ⊆ H ein dichter Unterraum, sowie
h ∈ H. Dann gilt die Äquivalenz:
(h, u) = 0 ∀u ∈ U ⇐⇒ h = 0 .
Beweis. Da eine Richtung trivial ist, genügt es zu zeigen, dass “=⇒” gilt. Die
Menge
Y
:= {v ∈ X : (h, v) = 0}
ist wegen der Stetigkeit des Skalarproduktes abgeschlossen. Nach Voraussetzung gilt
außerdem U ⊂ Y . Wegen der Dichtheit von U folgt nun Y = H, also insbesondere
h ∈ Y . Dies impliziert ||h||2 = (h, h) = 0, also h = 0.
Definition 6.12 In einem Prä-Hilbertraum H heißt eine Folge (en )n∈N ⊂ H Orthogonalsystem, wenn (ei , ej ) = 0 für alle i, j ∈ N, i 6= j. Ein solches Orthogonalsystem
heißt Orthonormalsystem, wenn zudem (ei , ej ) = 1 für alle i ∈ N. Ein Orthonormalsystem heißt Orthonormalbasis, wenn diese Folge zudem dicht liegt in H.
Mit Hilfe einer Orthonormalbasis läßt sich also nicht notwendigerweise jedes Element als (endliche) Linearkombination darstellen; sehr wohl aber beliebig genau
approximieren.
Satz 6.13 (Cauchy-Schwarz’sche Ungleichung) In Prä-Hilberträumen H gilt
die Ungleichung
Re(u, v) ≤ ||u|| ||v||
∀u, v ∈ H .
106
M. Braack - Hilbert-Räume
Beweis. Zunächst gilf für beliebiges λ ∈ K:
0 ≥ ||u − λv||2 = (u − λv, u − λv) = ||u||2 − λ(v, u) − λ(u, v) + λ2 ||v||2
= ||u||2 − 2Re(λ(u, v)) + λ2 ||v||2
Wir können ohne weiteres v 6= 0 annehmen, so dass für λ := Re(u, v)||v||−2 sich
insbesondere ergibt:
0 ≥ ||u||2 −
Re(u, v)
.
||v||2
Dies liefert die Behauptung.
6.4
Hilbert-Räume
Definition 6.14 Vollständige Prä-Hilberträume heißen Hilberträume.
Satz 6.15 Jeder Hilbertraum ist reflexiv.
Beweis. Nach Satz 6.10 ist jeder Hilbertraum gleichmäßig konvex und zudem
vollständig. Also ist er nach Satz 6.2 reflexiv.
Satz 6.16 (Best-Approximation) Sei H ein Hilbertraum und V ⊆ H eine nichtleere, abgeschlossene und konvexe Menge. Dann existiert eine Projektion PV : H →
V , so dass für alle u ∈ H die Eigenschaft der Best-Approximation gilt:
||u − PV u|| = inf ||u − v|| .
v∈V
Ferner ist PV u charakterisiert durch:
(u − PV u, v − PV u) ≤ 0
∀v ∈ V .
(6.3)
Beweis. (a) Existenz von PV u: Die Funktion
ϕ(v) := ||u − v||
ist konvex, stetig und lim||v||→∞ ϕ(v) = +∞. Sie erfüllt somit die Voraussetzungen
vom Korollar 5.36. Sie nimmt also ihr Minimum an. Die Eindeutigkeit klären wir
unter (c).
6.4 Hilbert-Räume
107
(b) Äquivalenz mit (6.3): Zu v ∈ V und t ∈ (0, 1] betrachten wir die Konvexkombination
w := (1 − t)PV u + tv ∈ V .
Es gilt dann:
||u − PV u||2 ≤ ||u − w||2 = ||u − PV u − t(v − PV u)||2
= ||u − PV u||2 − 2t(u − PV u, v − PV u) + t2 ||v − PV u||2 .
Die ist äquivalent mit
2(u − PV u, v − PV u) ≤ t||v − PV u||2 .
Der Grenzübergang t → 0 liefert (6.3). Andersherum gilt mit (6.3)
||u − PV u||2 = (u − v + v − PV u, u − v + v − PV u)
= ||u − v||2 + (u − PV u, v − PV u) + (v − PV u, u − v)
≤ ||u − v||2 + (v − PV u, u − v)
= ||u − v||2 + (v − PV u, u − PV u + PV u − v)
= ||u − v||2 + (v − PV u, u − PV u) − ||PV u − v||2
≤ ||u − v||2 .
Das ist die Eigenschaft der Best-Approximation.
(c) Eindeutigkeit: Sei ũ ∈ V ein Element, dass (6.3) erfülle, also
(u − ũ, v − ũ) ≤ 0
∀v ∈ V .
Wir setzen hier nun v := PV u und v := ũ in (6.3) und erhalten:
0 ≥ (u − ũ, PV u − ũ) + (u − PV u, ũ − PV u)
= (PV u − ũ, PV u − ũ) = ||PV u − ũ||2 .
Also folgt die Eindeutigkeit ũ = PV u.
Korollar 6.17 Im Fall, dass V ⊂ H ein abgeschlosser Teilraum eines Hilbertraums
H ist, so ist die obige Projektion PV linear und sie ist für u ∈ H charakterisiert
durch:
(u − PV u, v) = 0
∀v ∈ V .
(6.4)
108
M. Braack - Hilbert-Räume
Beweis. Da mit v ∈ V auch tv ∈ V für jedes t ∈ R, gilt wegen (6.3):
(u − PV u, tv) ≤ (u − PV u, PV u)
∀t ∈ R .
Hieraus folgt unmittelbar (6.4). Aus diesem Orthogonalitätskriterium folgt die Linearität von PV . Gilt nun andersherum (6.4), so folgt dann wegen v − PV u ∈ V :
(u − PV u, v − PV u) = 0
∀v ∈ V .
Also gilt insbesondere (6.3).
6.5
Dualräume von Hilbert-Räumen
Satz 6.18 (Darstellungssatz von Riesz-Frechet) Für jedes Funktional f ∈ H 0
eines Hilbertraums H existiert genau ein vf ∈ H, so dass
hf, ui = (vf , u)
∀u ∈ H .
Ferner gilt ||f ||E 0 = ||vf ||.
Beweis. Man kann den Beweis analog aufziehen wie der Satz 4.20. Wir wollen
hier einen anderen Beweis vorstellen.
(a) Wir betrachten den abgeschlossenen Teilraum M := f −1 (0) von H. Im Fall
M = H gilt f = 0, so dass wir vf = 0 wählen können. Sei daher g0 ∈ H \ M . Zu
diesem g0 betrachten wir die Projektion g1 := PM g0 und
g :=
g0 − g1
.
||g0 − g1 ||
Es gilt ||g|| = 1 und gemäß (6.4) (g, w) = 0 für alle w ∈ M . Wir wählen jetzt
vf := hf, gig. Jedes u ∈ H läßt sich nun darstellen in der Form
u = λg + w
mit w ∈ M und λ ∈ R, indem man wählt λ := hf, ui/hf, gi, denn dann ist hf, wi =
hf, ui − λhf, gi = 0. Es folgt:
(vf , u) = hf, gi(g, λg + w) = hf, gi(λ||g||2 + (g, w)) = hf, giλ
= hf, ui .
(b) Nun müssen wir noch die Eindeutigkeit von vf zeigen. Angenommen es gäbe
zwei Repräsentanten vf und vf0 . Dann gilt für deren Differenz δf = vf − vf0 :
(δf , u) = 0
∀u ∈ H .
6.5 Dualräume von Hilbert-Räumen
109
Also gilt mittels der Wahl u = δf insbesondere ||δf ||2 = 0, bzw. δf = 0.
(c) Die Gleichheit der Normen erhält man wie folgt:
||vf || = |hf, gi|||g|| = |hf, gi| ≤ ||f ||H 0 ||g|| = ||f ||H 0 .
Ferner existiert für beliebiges > 0 ein u ∈ H mit
||f ||H 0 ≤
hf, ui
(vf , u)
+ =
+ ≤ ||vf || + .
||u||
||u||
Insgesamt folgt ||f ||H 0 = ||vf ||.
Aufgrund dieser Isomorphie von H und H 0 identifiziert man diese Räume häufig
miteinander.
Wir wiederholen hier kurz die Definition 3.53 von Orthogonalräumen eines Teilraums M ⊂ H eines Hilbertraums H:
M ⊥ := {ϕ ∈ H 0 : ϕ|M = 0} ⊆ H 0 .
Lemma 6.19 Sei M ⊂ H ein Teilraum eines Hilbertraums H. Wenn wir H 0 mit
H identifizieren, so gilt
M ⊥ = {u ∈ H : (u, v) = 0 ∀v ∈ M } ,
sowie M ∩ M ⊥ = {0}. Ist M außerdem abgeschlossen, so gilt
M ⊕ M⊥ = H .
Beweis. (a): Laut Definition von M ⊥ gilt:
M ⊥ = {f ∈ H 0 : hf, vi = 0 ∀v ∈ M } .
Sei nun zu diesen f ∈ H 0 das Element vf ∈ H gemäß des Darstellungssatzes von
Riesz-Frechet. Wir erhalten
M ⊥ = {vf ∈ H : (vf , v) = 0 ∀v ∈ M } .
(b) Für u ∈ M ∩ M ⊥ gilt insbesondere ||u||2 = (u, u) = 0, also u = 0.
(c) Sei u ∈ H und u1 := PM u ∈ M die Projektion auf M . Dann gilt für u2 := u−PM u
mit (6.4):
(u2 , v) = (u − PM u, v) = 0
Also u2 ∈ M ⊥ .
∀v ∈ M .
110
6.6
M. Braack - Hilbert-Räume
Satz von Lax-Milgram
Definition 6.20 Ein Operator A ∈ L(H, H) über einem Hilbertraum H heißt koerziv, wenn eine Konstante α > 0 existiert, so dass
(Au, u) ≥ α||u||2
∀u ∈ H .
A heißt symmetrisch, wenn
∀u, v ∈ H .
(Au, v) = (v, Au)
Im folgende geht es mit A ∈ L(H, H) um die Lösbarkeit von Gleichung in Operatorform:
Au = f .
Lemma 6.21 Sei E ein Banachraum, F ein normierter Raum, T ∈ L(E, F ) und
C > 0 mit der Eigenschaft
||u|| ≤ C||T u||
∀u ∈ E .
Dann ist das Bild R(T ) abgeschlossen.
Beweis. Aus den Voraussetzungen folgt die Injektivität von T sowie die Stetigkeit
von T −1 : R(T ) → E. Sei nun (vn ) ⊂ F , vn := T un , eine konvergente Folge mit
vn → v ∈ F . Wir müssen zeigen, dass v ∈ R(T ) gilt. Da (vn ) eine Cauchyfolge und
T −1 stetig ist, ist auch (un ) eine Cauchyfolge in E. Aus der Vollständigkeit von E
folgt die Existenz des Grenzwertes un → u ∈ E. Nun folgert man schnell v = T u,
also v ∈ R(T ).
Satz 6.22 (Lax-Milgram) Sei H ein Hilbertraum und A ∈ L(H, H) koerziv. Dann
existiert der inverse Operator A−1 ∈ L(H, H). Ist A außerdem symmetrisch, so ist
u := A−1 f für f ∈ H charakterisiert durch:
u = arg min L(v) ,
v∈H
mit
L(v) :=
1
(Av, v) − hf, vi .
2
6.6 Satz von Lax-Milgram
111
Beweis. Zum einen ist R(A) dicht, denn ein v ∈ H aufgefasst als ein Element
von H 0 , welches auf R(A) verschwindet, d.h. (Au, v) = 0 für alle u ∈ H, impliziert
wegen der Koerzivität v = 0. Die Dichtheit folgt dann aus Korollar 3.35.
Die Injektivität von A folgt unmittelbar aus der Koerzivität. Nun gilt darüberhinaus:
α||v||2 ≤ (Av, v) ≤ ||Av|| ||v|| ⇒ ||v|| ≤ α−1 ||Av|| ∀v ∈ H .
Demnach ist nach Lemma 6.21 R(A) abgeschlossen. Also folgt auch die Surjektivität
von A.
(b) Sei nun A zusätzlich symmetrisch. Dann ist ein anderes Skalarprodukt gegeben
durch
(u, v)A := (Au, v)
p
mit zugehöriger Norm ||u||A := (Au, u). Diese Norm ist äquivalent zur ursprünglichen ||u|| aufgrund der Koerzivität. Nach dem Darstellungssatz von Riesz-Frechet
existiert ein g ∈ H, so dass
hf, vi = (g, v)A = (Ag, v)
∀v ∈ H .
(6.5)
Somit ist die Gleichung
(Au, v) = hf, vi
∀v ∈ H
(6.6)
äquivalent zu
(u − g, v)A = (A(u − g), v) = 0
∀v ∈ H
Also ist u die Projektion von g auf H im Sinne des Skalarproduktes (A·, ·): u =
PH g = g. Dies impliziert, dass u folgende Minimierungsaufgabe löst:
||u − g||A = (A(u − g), u − g)1/2 = min ||v − g||A = min(A(v − g), v − g)1/2
v∈H
v∈H
Dieses Minimum kann auch ausgedrückt werden als Minimierung von minv∈H ||v−g||2A
bzw. von
min(A(v − g), v − g) = min{(Av, v) − 2(Av, g)} + (g, g)
v∈H
v∈H
Es folgt:
1
(Au, u) − (Au, g) = min
v∈H
2
1
(Av, v) − (Av, g)
2
112
M. Braack - Hilbert-Räume
Zusammen mit (6.5) und (6.6) folgt die Behauptung.
Dieser Satz wird häufig angewendet auf Lösungen von Gleichungen, die mittels
Bilinearformen gegeben sind. Gesucht ist u ∈ E so dass
a(u, v) = (f, v)
∀v ∈ E .
Der Zusammenhang zwischen dieser Bilinearformen a(·, ·) und dem linearen Operator A besteht mittels a(u, v) = (Au, v). Die Eigenschaften stetig, koerziv und
symmetrisch lauten nun:
• stetig: |a(u, v)| ≤ C||u|| ||v||
• koerziv: a(v, v) ≥ α||v||2
∀u, v ∈ E ,
∀v ∈ E ,
• symmetrisch: a(u, v) = a(v, u)
6.7
∀u, v ∈ E .
Beispiele von Hilberträumen
Wir gehen hier nur kurz auf den Folgenraum l2 und den Funktionenraum L2 (Ω) ein.
Im folgenden Kapitel behandeln wir dann ausführlicher die Sobolev-Räume, die u.a.
wichtige Räume zur Lösung von Partiellen Differentialgleichungen sind.
6.7.1
Der Folgenraum l2
Für l2 -Folgen x = (xn )n∈N , y = (yn )n∈N , ist ein Skalarprodukt gegeben durch
(x, y)l2 :=
∞
X
xn yn .
n=1
Dieses erzeugt gerade die l2 -Norm
||x||2l2
= (x, x)l2 =
∞
X
|xn |2 .
n=1
p
Für p 6= 2 ist l hingegen kein Hilbertraum.
6.7.2
Der Funktionenraum L2 (Ω)
Für meßbares Ω ⊂ Rn und L2 (Ω)-Funktionen f, g, ist ein Skalarprodukt gegeben
durch
Z
(f, g)L2 (Ω) :=
f (x)g(x) dx .
Ω
6.7 Beispiele von Hilberträumen
113
Dieses erzeugt gerade die L2 -Norm
||f ||2L2 (Ω)
Z
= (f, f )L2 (Ω) =
Ω
Für p 6= 2 ist Lp Ω) hingegen kein Hilbertraum.
|f (x)|2 dx .
114
M. Braack - Hilbert-Räume
Kapitel 7
Sobolev-Räume
7.1
Motivation
Wir betrachten zum Intervall I = [a, b] die Lösungen u : I → R der Gleichung:
−u00 + u
=
f
in I
(7.1)
u(a) = u(b) = 0
(7.2)
Eine klassische Lösung, oder auch starke Lösung, dieser gewöhnlichen Differentialgleichung ist eine Funktion u ∈ C 2 (I), die diese Gleichung in jedem Punkt x ∈ I
erfüllt.
Wenn diese Gleichung nun mit einer weiteren Funktion ϕ ∈ C 1 (I) multiplizieren
und integrieren erhalten wir:
Z
Z
Z
00
fϕ
− u ϕ + uϕ =
I
I
I
Setzen wir ferner voraus, dass ϕ(a) = ϕ(b) = 0, so ergibt eine partielle Integration
des ersten Integrals:
Z
Z
Z
00
0 0
0 b
− u ϕ =
u ϕ − u ϕ|a =
u0 ϕ0
I
I
I
Somit erfüllt jede starke Lösung u ∈ C 2 (I) der Gleichung (7.1) auch die Gleichung:
Z
Z
Z
0 0
u ϕ + uϕ =
fϕ
∀ϕ ∈ V (I)
(7.3)
I
I
I
mit
V (I) := {ϕ ∈ C 1 (I) : ϕ(a) = ϕ(b) = 0} .
116
M. Braack - Sobolev-Räume
Die Lösungen von (7.3) müssen nun allerdings nur noch u ∈ C 1 (I) erfüllen. Man
sagt, dass die Gleichung (7.3) weniger Regularität an die Lösung fordert. Wir werden sehen, dass wir noch sehr viel weniger Regularität fordern können, ohne den
Begriff einer sinnvoller Lösungen zu verletzen. Dies führt auf die Sobolev-Räume.
In diesen Räumen werden wir dann mit Hilfe des Satzes von Lax-Milgram Existenz
und Eindeutigkeit von Lösungen beweisen können.
7.2
Schwache Ableitungen
Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet. Unter dem Träger supp ϕ einer Funktion ϕ : Ω → R
verstehen wir die abgeschlossene Menge
supp ϕ := {x ∈ Ω : ϕ(x) 6= 0} .
Die Menge der C ∞ -Funktionen mit kompaktem Träger bezeichnen wir im folgenden
mit
D(Ω) := {ϕ ∈ C ∞ (Ω) : supp ϕ kompakt}
Die Ableitungen solcher Funktionen bezeichen wir gemäß Abschnitt 4.3.3 mit ∂ α ϕ.
Definition 7.1 Sei α ∈ Nd0 ein Multiindex und u ∈ L1loc (Ω). Eine Funktion wα ∈
L1loc (Ω) heißt verallgemeinerte Ableitung vom Grad α von u, wenn
Z
Z
|α|
u∂ α ϕ
∀ϕ ∈ D(Ω).
wα ϕ = (−1)
Ω
Ω
Eine solche Funktion wα bezeichnen wir dann mit Dα u.
Lemma 7.2 Für u ∈ C m (Ω), m ∈ N, gilt Dα u = ∂ α u für |α| ≤ m.
Beweis. Ergibt sich unmittelbar aus partieller Integration.
Diese schwachen Ableitungen können aber auch dann eingesetzt werden, wenn
eine Funktion nur stückweise differenzierbar ist: Sei hierzu der Einfachheit halber Ω
aufgeteilt in zwei C 1 -Polyeder, deren Ränder messbare Hyperflächen seien:
Ω := Ω1 ∪ Ω2 .
Nun sei u ∈ C(Ω) eingeschränkt auf Ω1 oder auf Ω2 jeweils C 1 , d.h
u|Ωi ∈ C 1 (Ωi ) ,
i = 1, 2 .
7.3 Definition der Sobolev-Räume
117
Ferner seien die Ableitungen noch bis zum Rand stetig fortsetzbar:
∂ α u|Ωi stetig fortsetzbar auf Ωi ,
i = 1, 2.
Dann gilt für beliebige Testfunktionen ϕ ∈ D(Ω) durch Anwendung der Green’schen
Formel:
Z
Z
2 Z
2 Z
X
X
∂ϕ
∂ϕ
∂u
u
u
dx =
dx =
ϕ dx .
uϕnij ds −
∂xj
Ω ∂xj
∂Ωi
Ωi ∂xj
i=1 Ωi
i=1
Hierbei bezeichnet ni = (ni1 , . . . , nin ) den äußeren Normalen-Einheitsvektor an ∂Ωi .
Nun gilt ferner für die Summe der Randintegrale
Z
Z
2 Z
X
uϕnij ds =
uϕn1j ds +
uϕn2j ds
i=1
∂Ωi
∂Ω1 \∂Ω2
∂Ω2 \∂Ω1
Z
+
u(ϕn1j + ϕn2j ) ds
∂Ω1 ∩∂Ω2
Da ∂Ω1 \ ∂Ω2 ⊂ ∂Ω und ϕ seinen Träger in Ω besitzt, verschwindet das erste
Randintegral auf der rechten Seite. Mit dem gleichen Argument verschwindet auch
das zweite Randintegral. Das verbleibende dritte Randintegral verschwindet wegen
n1j = −n2j auf ∂Ω1 ∩ ∂Ω2 . Wir erhalten also:
Z
Z
2 Z
X
∂u
∂ϕ
∂u
dx = −
ϕ dx = −
ϕ dx .
u
∂x
∂x
j
j
Ω
Ω
Ω ∂xj
i
i=1
Da dies für jede Komponente j gilt, ist demzufolge
also Dα u|Ωi = ∂ α u|Ωi für i = 1, 2.
7.3
∂u
∂x
schwache Ableitung von u,
Definition der Sobolev-Räume
Auch in diesem Abschnitt sein Ω stets eine offene Menge im Rn .
Definition 7.3 Unter dem Sobolev-Raum der Ordnung m ∈ N0 in einer offenen
Menge Ω ⊂ Rn und der Potenz p, 1 ≤ p ≤ ∞, versteht man
W m,p (Ω) := {u ∈ Lp (Ω) : ∃Dα u ∈ Lp (Ω) ∀|α| ≤ m}.
Auf diesen Räumen definieren wir für 1 ≤ p < ∞ die Halbnormen:

1/p
X
|u|W m,p (Ω) := 
||Dα u||pLp (Ω) 
|α|=m
118
M. Braack - Sobolev-Räume
und für p = ∞:
X
|u|W m,∞ (Ω) :=
||Dα u||L∞ (Ω)
|α|=m
sowie die Normen für 1 ≤ p < ∞
||u||W m,p (Ω) :=
m
X
|u|pW m,p (Ω)
1/p

!1/p
= 
i=0
X Z
|α|≤m
|Dα u|p dx
,
Ω
und für p = ∞:
||u||W m,∞ (Ω) :=
m
X
|u|W m,∞ (Ω) =
i=0
X
sup |Dα u(x)| .
|α|≤m
x∈Ω
Alternativ werden auch gelegentlich die folgenden äquivalenten Normen benutzt:
X
||u||0W m,p (Ω) :=
||Dα u||Lp (Ω) .
|α|≤m
Satz 7.4 Für Ω ⊂ R offen sind die Räume W m,p (Ω) für 1 ≤ p ≤ ∞ Banachräume.
Beweis. (a) Zunächst ist zu überprüfen, ob die Normeigenschaften erfüllt sind.
Während die Definitheit und die Homogenität offensichtlich sind, ist die Dreiecksungleichung jedoch gesondert zu überprüfen. Wir nummerieren alle möglichen Multiindizes mit |α| ≤ m: α(0), . . . , α(l). Zu u, v ∈ W m,p (Ω) bezeichnen wir deren
Ableitungen mit
ξi := ||Dα(i) u||Lp (Ω)
und ηi := ||Dα(i) v||Lp (Ω) ,
i = 0, . . . , l .
Für 1 ≤ p < ∞ liefern die Minkowskischen Ungleichungen in lp (Satz 2.12) und die
Dreiecksungleichungen in Lp (Ω):
||u + v||W m,p (Ω) =
l
X
!1/p
||Dα(i) (u + v)||pLp (Ω)
i=0
≤
l
X
!1/p
|ξi + ηi |p
i=0
≤
l
X
i=0
!1/p
|ξi |p
+
l
X
!1/p
|ηi |p
i=0
= ||u||W m,p (Ω) + ||v||W m,p (Ω)
7.3 Definition der Sobolev-Räume
119
(b) Vollständigkeit: Wenn (un )n∈N eine Cauchy-Folge in W m,p (Ω) ist, so ist für
|α| ≤ m die Folge (Dα un )n∈N auch eine Cauchy-Folge in Lp (Ω). Aufgrund der
Vollständigkeit von Lp (Ω) existieren Grenzwerte wα ∈ Lp (Ω):
lim Dα un = wα
n→∞
Konvergenz in in Lp (Ω) .
Für 1 < p gilt nach Lemma 4.18 für kompakte Teilmengen ω ⊂ Ω (und folglich mit
endlichem Maß µ(ω) < ∞): Dα un , wα ∈ L1 (ω), sowie
Dα un → wα
Konvergenz in L1 (ω) .
Für p = 1 gilt dies trivialerweise auch. Für ϕ ∈ D(Ω) folgt aus
Z
Z
α
|α|
D un ϕ dx = (−1)
un ∂ α ϕ ,
Ω
Ω
durch Grenzwertbetrachtung n → ∞ auf beiden Seiten der Gleichung:
Z
Z
|α|
wα ϕ dx = (−1)
u∂ α ϕ ,
Ω
Ω
Also ist wα verallgemeinerte Ableitung von u vom Grad α. Hieraus folgt u ∈
W m,p (Ω).
Satz 7.5 Sei m ∈ N0 . Dann ist der Sobolev-Raum W m,p (Ω)
(a) reflexiv, wenn 1 < p < ∞,
(b) separabel, wenn 1 ≤ p < ∞.
Beweis. Wir nehmen zunächst n = m = 1 an und setzen zur vereinfachten
Notation E := W m,p (Ω).
(a) Da Lp (Ω) reflexiv ist, ist es auch der Produktraum F := Lp (Ω) × Lp (Ω). Diese
Tatsache ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, dass die Reflexivität äquivalent
ist mit der schwachen Kompaktheit der Einheitskugel (Satz 5.26). Die Abbildung
T ∈ L(E, F ), u 7→ (u, u0 ) ist eine Isometrie. Daher ist T (E) ein abgeschlossener
Unterraum in F . Da nach Lemma 3.44 abgeschlossene Unterräume von reflexiven
Räumen auch reflexiv sind, folgt die Reflexivität von T (E). Da T eine Isometrie ist,
folgt die Reflexivität von E.
(b): Die Separabilität folgt durch die gleichen Argumente wie in (a) und der trivialen
Aussage, dass Teilmengen separabler Mengen wieder separabel sind.
Satz 7.6 (Meyers & Serrin) Für 1 ≤ p < ∞ ist C ∞ (Ω) ∩ W 1,p (Ω) dicht in
W 1,p (Ω).
Beweis. Der Beweis erfolgt beispielsweise über Faltung und anschließende Beschränkung auf kompakte Träger. Dies wollen wir hier aber nicht explizit ausführen.
120
M. Braack - Sobolev-Räume
7.4
Die Räume H m(Ω)
Für partielle Differentialgleichungen spielen die Sobolev-Räume zur Potenz p = 2
eine wichtige Rolle. Für diese Räume führen wir eine gesonderte Bezeichnug ein:
Definition 7.7 Im Fall p = 2 schreibt man auch H m (Ω) = W m,2 (Ω).
Satz 7.8 Die Räume H m (Ω) sind Hilberträume mittels des Skalarproduktes
X
(u, v)H m (Ω) :=
(Dα u, Dα v)L2 (Ω)
|α|≤m
Die hieraus induzierte Norm ist gleich der W m,2 (Ω)-Norm.
Beweis. Die Eigenschaften des Skalarproduktes sind einfach nachzuprüfen.
X
||Dα u||2L2 (Ω) = ||u||2W m,2 (Ω)
||u||2H m (Ω) = (u, u)H m (Ω) =
|α|≤m
7.5
7.5.1
Einbettungssätze von Sobolev
Eindimensionaler Fall
Satz 7.9 Sei I = (a, b) ⊆ R ein beschränktes offenes Intervall. Dann gilt für 1 <
p ≤ ∞:
W 1,p (I) ⊆ C(I) ,
und die Einbettung W 1,p (I) ist stetig bzgl. der L∞ -Norm:
||u||L∞ (I) ≤ C||u||W 1,p (I)
∀u ∈ W 1,p (I) ,
mit einer Konstanten C, die nur von |I| abhängt.
Im Fall einer Raumdimension, kann man also insbesondere H 1 (I) in C(I) einbetten,
d.h. für offene und beschränkte Intervalle I ⊆ R gilt H 1 (I) ⊆ C(I) . Für Raumdimension d ≥ 2 gilt dies allerdings nicht mehr.
Beispiel. Im Fall d ≥ 3 sind die Funktionen
u(x) = ||x||−α
2
für 0 < α < d/2 − 1 zwar H 1 -Funktionen, aber im Nullpunkt nicht mehr stetig,
sondern singulär lim||x||→0 u(x) = +∞. Es handelt sich also um unbeschränkte H 1 Funktionen.
7.5 Einbettungssätze von Sobolev
7.5.2
121
Mehrdimensionaler Fall
Es gibt eine viele Varianten von Sobolev’schen Einbettungssätzen. An dieser Stelle
sei nur einer erwähnt. Auch wollen wir den Beweis hier nicht führen.
Satz 7.10 Sei Ω ⊂ Rn eine offene Menge mit beschränktem C 1 -Rand oder Ω = Rn .
Dann gilt
W 1,p (Ω) ⊂ Lq (Ω) ,
mit folgenden Möglichkeiten für q:
(a) wenn 1 ≤ p < n, dann
1
q
=
1
p
−
1
n
,
(b) wenn p = n, dann p ≤ q < ∞ ,
(b) wenn p > n, dann q = ∞ .
Diese Einbettungen sind stetig, also
∀u ∈ W 1,p (Ω) .
||u||Lq (Ω) ≤ C||u||W 1,p (Ω)
Im Fall Ω = Rn und 1 ≤ p < n gilt sogar:
||u||Lq ≤ C||∇u||Lp
∀u ∈ W 1,p (Rn ) .
Korollar 7.11 Sei Ω ⊂ Rn eine offene Menge mit beschränktem C 1 -Rand oder
Ω = Rn . Dann gilt die stetige Einbettung
H 1 (Ω) ⊂ Lq (Ω) ,
mit
(a) wenn n = 1, dann q = ∞ ,
(b) wenn n = 2, dann 2 ≤ q < ∞ ,
(c) wenn n = 3, dann q = 6 .
122
7.6
M. Braack - Sobolev-Räume
Spursatz
Im Fall gewisser Regularität des Randes ∂Ω sind die Einschränkungen auf den Rand
jedoch zumindest L2 -Funktionen. Wir werden in diesem Abschnitt Gebiete Ω ⊂
Rd betrachten, die einen stückweise glatten Rand ∂Ω besitzen und außerdem einer
sogenannten Kegelbedingung genügen, d.h.
Definition 7.12 Ein Gebiet Ω ⊂ Rd , d ≥ 2 besitzt einen stückweise glatten Rand
∂Ω, wenn eine endliche Zerlegung γ1 ∪. . .∪γm = ∂Ω existiert, so dass jedes Teilstück
γi eine C 1 -Kurve darstellt.
Definition 7.13 Ein Gebiet Ω ⊂ Rd , d ≥ 2 genügt einer inneren Kegelbedingung,
wenn zu jedem Punkt x ∈ ∂Ω ein (nicht-trivialer) Kegel
Kx =
x + y : ||y|| ≤ r, y T ξ(x) ≥ ||y|| cos α
mit Kx ⊂ Ω und einem normierten Vektor ξ(x) existiert. Hierbei dürfen 0 < α < π/2
und r > 0 nicht von x abhängen. Das Gebiet erfüllt eine äußere Kegelbedingung,
wenn jeweils nicht-triviale Kegel Kx existieren, so dass Ω ∩ Kx = ∅ für alle x ∈ ∂Ω.
Die innere Kegelbedingung bedeutet also, dass die Innenwinkel an den nicht-differenzierbaren Punkten positiv sind. Das Gebiet
Ω1 = {(x, y) ∈ R2 : 0 < y < x5 < 1}
erfüllt diese innere Kegelbedingung nicht. Die Funktion u(x, y) = x−1 ist in H 1 (Ω1 ),
aber ihre Spur γ(u) ist nicht L2 -quadrierbar über ∂Ω. Ein weiteres (Gegen-) Beispiel
ist die gelochte Kreisscheibe, die keine äußere Kegelbedingung erfüllt:
Ω2 = {(x1 , x2 ) ∈ R2 : 0 < ||x||2 < 1} .
Wenn wir auf diesem Gebiet ein Poisson-Problem lösen möchten mit den Randbedingungen
u(0) = 1
(7.4)
u(x) = 0 für ||x||2 = 1 ,
(7.5)
so werden wir sehen, dass dies zu Problemen führt. Sei hierzu
w0 (r) := log log(e/r)
7.7 Die Räume W0m,p (Ω) und H0m (Ω)
123
und wn eine Regularisierung hiervon:
w0 (r)
für r ≥ 1/n
wn (r) :=
log log(en) für r < 1/n
Dann erfüllt
un (x) :=
wn (||x||2 )
wn (0)
die Randbedingungen (7.4). Ferner kann man zeigen, dass un ∈ H 1 (Ω) und für
n → ∞ konvergiert un → 0 fast überall in Ω. Insbesondere gilt limn→∞ J(un ) = 0,
so dass wir eine Minimalfolge in H 1 (Ω) erhalten, dessen Limes Lösung des Poisson
Problems ist. Dieser Grenzwert ist aber ≡ 0, so dass der Randwert u(0) = 1 nicht
(wirklich) erfüllt ist. Wir haben also eine Folge konstruiert, die in H 1 (Ω) konvergiert
und dessen Grenzwert die Differentialgleichung erfüllt, aber die Randbedingung im
Nullpunkt verletzt.
Satz 7.14 Sei Ω ⊂ Rd ein beschränktes Gebiet dessen Rand Γ := ∂Ω stückweise
glatt ist und einer inneren Kegelbedingung genügt. Dann ist C 1 (Ω) dicht in H 1 (Ω).
Beispiele solcher Gebiete sind polygonal berandete Gebiete mit Innenwinkeln an den
Eckpunkten 0 < ω < 2π.
Satz 7.15 (Spursatz) Sei Ω ⊂ Rd ein beschränktes Gebiet dessen Rand ∂Ω stückweise glatt ist und einer inneren Kegelbedingung genügt. Dann existiert eine stetige
lineare Abbildung
γ : H 1 (Ω) → L2 (Γ)
mit
γv = v|Γ
7.7
∀v ∈ C(Ω) .
Die Räume W0m,p(Ω) und H0m(Ω)
Definition 7.16 Für m ∈ N und 1 ≤ p < ∞ ist W0m,p (Ω) der Abschluss der Menge
C0m (Ω) in W m,p (Ω). Ferner ist H0m (Ω) = W0m,2 (Ω).
Anstelle von C0m (Ω) kann man auch D(Ω) wählen und man erhält die gleichen
Räume, denn man kann zeigen, dass D(Ω) dicht ist in W0m,p (Ω). Während im allgemeinen W0m,p (Ω) 6= W m,p (Ω) erhalten wir im Fall Ω = Rn allerdings keine neuen
Räume:
124
M. Braack - Sobolev-Räume
Lemma 7.17 Für 1 ≤ p < ∞ ist W01,p (Rn ) = W 1,p (Rn ).
Beweis. Wir setzen
E1 := W 1,p (Rn ) ,
E2 := C 1 (Rn ) und E3 := C01 (Rn ) .
Es ist Tatsache, dass E3 ∩ E1 dicht ist in E2 ∩ E1 bezüglich der E1 -Norm. Da nach
dem Satz 7.6 von Meyers/Serrin E2 ∩ E1 dicht ist in E1 , ist folglich auch E3 ∩ E1
dicht in E1 . Es folgt insgesamt:
W01,p (Rn ) = E3 ∩ E1 = E1 = W 1,p (Rn ) .
Lemma 7.18 Für 1 ≤ p < ∞ ist W01,p (Ω) ein separabler Banachraum. Im Fall 1 <
p < ∞ ist dieser sogar reflexiv. H01 (Ω) ist zusammen mit dem H 1 (Ω)-Skalarprodukt
ein Hilbertraum.
Beweis. Analog zu den Beweisen für W 1,p (Ω).
Anschaulich beschreibt W01,p (Ω) den Raum der Sobolev-Funktionen aus W 1,p (Ω),
die am Rand “verschwinden”. Dieses ist aber wirklich nur in grober Näherung richtig, da diese Sobolev-Funktionen i.a. ja nicht mal stetig sind, bzw. keinen stetigen
Repräsentanten besitzen. u ∈ W01,p (Ω) ist nur f.ü. definiert und ∂Ω besitzt als Teilmenge des Rn das Lebesgue-Maß Null.
Lemma 7.19 Sei u ∈ W 1,p (Ω) mit kompaktem supp u ⊂ Ω. Dann gilt u ∈ W01,p (Ω).
Beweis. Sei ω := supp u und Ω0 kompakt, so dass ω ⊂ Ω0 ⊂⊂ Ω. Nun existiert
nach dem Satz von Friedrichs eine Folge (un )n∈N aus D(Ω), so dass
un → u in Lp (Ω)
∇un → ∇u in Lp (Ω0 )n .
Man beachte, dass i.a. ∇un → ∇u in Lp (Ω) nicht erreicht werden kann. Sei ferner
α ∈ C01 (Ω0 ) mit α|ω ≡ 1. Per Konstruktion gilt αu = u. Es gilt außerdem
αun → αu in W 1,p (Ω) .
Folglich ist αu = u ∈ W01,p (Ω).
Für die Definition von Gebieten mit glatten Rändern benutzen wir folgende Notation:
Q = {x = (x0 , xn ) ∈ Rn : ||x0 || < 1 , |xn | < 1} ,
Q+ = Q ∩ Rn+ , ,
Q0 = Q ∩ (Rn−1 × {0}) .
7.7 Die Räume W0m,p (Ω) und H0m (Ω)
125
Definition 7.20 Ein Gebiet Ω ⊂ Rn heißt C 1 -Gebiet, wenn für jeden Punkt x ∈ ∂Ω
eine Umgebung U von x sowie eine bijektive Abbildung ϕ : Q → U existiert, so dass
ϕ ∈ C 1 (Q) ,
ϕ(Q+ ) = U ∩ Ω ,
ϕ−1 ∈ C 1 (U )
ϕ(Q0 ) = U ∩ ∂Ω .
Satz 7.21 Sei Ω ein C 1 -Gebiet, 1 ≤ p < ∞ und
u ∈ W 1,p (Ω) ∩ C(Ω) .
Dann ist u ∈ W01,p (Ω) genau dann, wenn u|∂Ω = 0.
Beweis. (a) Sei u|∂Ω = 0 und supp u zunächst kompakt. Wir wählen eine Funktion
g ∈ C 1 (R) derart, dass
g(t) = 0 |t| ≤ 1 ,
|g(t)| ≤ |t| 1 ≤ |t| ≤ 2 ,
g(t) = t 2 ≤ |t| .
Dann ist un := g(nu)/n ∈ W 1,p (Ω) und für den Träger gilt
supp un ⊂ {x ∈ Ω : |u(x)| ≥ 1/n} .
Nach dem vorherigen Lemma ist also un ∈ W01,p (Ω). Ferner zeigt man nun
un → u
in W 1,p (Ω) ,
woraus dann sofort die Behauptung folgt.
(b) Im Fall, dass u|∂Ω = 0 aber supp u unbeschränkt ist, kompaktifiziert man den
Träger indem man zu einer Funktion der Form αn u übergeht. Hierbei ist αn ∈ D
eine Glättungsfunktion, mit αn ≡ 1 in der Kugel vom Radius n. Wir erhalten mit
dem Beweisteil (a) jetzt αn u ∈ W01,p (Ω). Da aber
αn u → u
in W 1,p (Ω) ,
folgt u ∈ W01,p (Ω).
(c) Nun gelte u ∈ W01,p (Ω). Hier benötigen wir im Gegensatz zum vorherigen Beweisteil die C 1 -Regularität des Gebietes. Der Beweis kann zurückgeführt werden mittels
lokaler Karten auf folgende Implikation:
u ∈ W01,p (Q+ ) ∩ C(Q+ ) =⇒ u|Q0 = 0 .
126
M. Braack - Sobolev-Räume
Sei (um )m∈N eine Folge in C01 (Q+ ) mit um → u in W 1,p (Q+ ). Es gilt:
Z xn ∂um 0 0
|um (x , xn )| ≤
∂t (x , t) dt
0
Und daher für 0 < xn < :
Z
Z
Z xn ∂um 0 0
0
0
|um (x , xn )|dx ≤
∂t (x , t) dtdx
0
0
||x ||<1
||x ||<1 0
Z Z
∂um 0 ≤
(x , t) dtdx0
∂t
||x0 ||<1 0
1
Z Z
0
0
|um (x , xn )|dx dxn ≤
0
||x0 ||<1
Z ∂um 0 (x , t) dtdx0
∂t
||x0 ||<1 0
Z
Durch Grenzübergang m → ∞ erhalten wir bei festem > 0:
Z
Z Z Z
∂u 0 1 0
0
(x , t) dtdx0
|u(x , xn )|dx dxn ≤
∂t
0 ||x0 ||<1
||x0 ||<1 0
Nun lassen wir noch → 0 laufen und erhalten wegen u ∈ C(Q+ ) und aufgrund von
∂u
(·, t) ∈ L1 (Q+ ):
∂t
Z
Z Z
∂u 0 0
0
(x , t) dtdx0 = 0 .
|u(x , 0)|dx dxn ≤ lim
∂t
→0
||x0 ||<1 0
||x0 ||<1
Es folgt schließlich u|Q0 = 0.
7.8
Ungleichung von Poincaré
Korollar 7.22 (Ungleichung von Poincaré) Sei Ω ⊂ Rn ein beschränktes C 1 Gebiet und 1 ≤ p < ∞. Dann existiert eine Konstante C = C(Ω, p, n), so dass
||u||Lp (Ω) ≤ C||∇u||Lp (Ω)
∀u ∈ W01,p (Ω) .
Beweis. Da Ω als beschränkt angenommen wurde gilt zunächst für p0 > p beliebig:
||u||Lp (Ω) ≤ µ(Ω)1/n ||u||Lp0 (Ω) = µ(Ω)1/n ||ũ||Lp0 (Rn ) ,
0
0
wobei wir u ∈ W01,p (Ω) zu einer Funktion in ũ ∈ W 1,p (Rn ) fortgesetzt haben, indem
wir ũ = 0 außerhalb von supp u setzen. Die Ungleichung von Sobolev liefert uns nun
im Fall 1 ≤ p < n
||u||Lp0 (Rn ) ≤ C||∇u||Lp (Rn ) = C||∇u||Lp (Ω) ,
7.9 Anwendung auf elliptische partielle Differentialgleichungen
127
für p0 = 1/(1/p − 1/n) > p mit einer Konstanten C = C(n, p). Im Fall p ≥ n folgt
dies ebenfalls durch andere Versionen der Ungleichung von Sobolev. Hierbei wird
teilweise benutzt, dass Ω beschränkt ist.
Wir erhalten die Behauptung mit einer Konstanten, die abhängig ist von p, n
und Ω.
Korollar 7.23 Sei Ω ⊂ Rn eine beschränkte offene Menge, 1 ≤ p < ∞. Dann ist
die Halbnorm | · |W 1,p (Ω) eine Norm auf W01,p (Ω), die äquivalent ist zu || · ||W 1,p (Ω) .
Für p = 2 ist
Z
(u, v)H01 (Ω) :=
∇u∇v dx
Ω
ein Skalarprodukt auf H01 (Ω), dass die Norm | · |W 1,p (Ω) induziert.
Beweis. Folgt unmittelbar aus Korollar 7.22.
7.9
Anwendung auf elliptische partielle Differentialgleichungen
Wir betrachten wieder die Poisson-Gleichung in einem beschränktem Gebiet Ω ⊂ Rn :
−∆u := −
n
X
∂ 2u
i=1
∂x2i
= f
in Ω ,
und homogenen Dirichlet-Randbedingungen:
u|∂Ω = 0
Dieses Problem formulieren wir jetzt wieder als ein variationelles Problem. Finde
u ∈ H01 (Ω), so dass
Z
Z
∇u∇ϕ dx =
f ϕ dx ∀ϕ ∈ H01 (Ω) .
Ω
Ω
Oder kürzer, wenn wir f als Funktional auf H01 (Ω) auffassen,
f ∈ H −1 (Ω) := (H01 (Ω))0 ,
und mit der Notation H := H01 (Ω),
u∈H:
(u, ϕ)H = hf, ϕi ∀ϕ ∈ H .
Da die Bilinearform auf der linken Seite koerziv ist, folgt mit dem Satz von LaxMilgram unmittelbar die Lösbarkeit in H.
128
M. Braack - Sobolev-Räume
7.9.1
Beispiel einspringende Ecken
Wir betrachten das Kreissegment Ω ⊂ R2 vom Radius R > 0 und dem Öffnungswinkel 0 < θ0 < 2π. In diesem Gebiet betrachten wir die Laplace-Gleichung:
2
∂ u ∂ 2u
−∆u := −
= 0
in Ω ,
+
∂x2 ∂y 2
und den Randbedingungen
u(r, θ) = rβ sin(βθ)
auf ∂Ω ,
wobei u(r, θ) die Polarkoordinatendarstellung von u(x, y) ist und β = π/θ0 . Man
vergewissere sich, dass
u(r, θ) = rβ sin(βθ)
eine Lösung dieser Randwertaufgabe ist. Nun gilt:
• Da ||u||L∞ (Ω) ≤ Rβ und Ω beschränkt ist, gilt u ∈ L∞ (Ω) ⊂ Lp (Ω) für 1 ≤ p ≤
∞.
• Die Ableitungen ergeben sich zu (Übungsaufgabe)
∂u
(r, θ) = βrβ−1 sin((β − 1)θ)
∂x
Dieser Ausdruck ist über Ω in der p-ten Potenz integrierbar, wenn dies der
Ausdruck rβ−1 ist, welcher bei r = 0 singulär wird. Es gilt also die Äquivalenz
∂u
∈ Lp (Ω) ⇐⇒ (β − 1)p + 2 > 0 .
∂x
• Für 1 ≤ p ≤ 2 gilt (β − 1)p + 2 ≥ (β − 1)2 + 2 = 2β > 0, also ∂x u ∈ Lp (Ω) für
beliebige Öffnungswinkel 0 < θ0 ≤ 2π.
Für p > 2 ergibt sich hingegen ∂x u ∈ Lp (Ω), sofern 0 < θ0 ≤ πp/(p − 2).
• Für ∂y u gilt analoges.
• Wir erhalten insgesamt:
1 ≤ p < 4 : u ∈ W 1,p (Ω) für 0 < θ0 < 2π ,
p ≥ 4 : u ∈ W 1,p (Ω) für 0 < θ0 < πp/(p − 2) .
Kapitel 8
Kompakte Operatoren
8.1
Kompakte lineare Operatoren
Definition 8.1 Eine stetige lineare Abbildung T ∈ L(E, F ) zwischen zwei Banachräumen E, F heißt kompakt (bzw. kompakter linearer Operator), wenn das
Bild der abgeschlossenen Einheitskugel BE ⊂ E in F relativ kompakt ist, d.h. es gilt
T (BE ) kompakt (in der Norm-Topologie).
Der Raum dieser kompakten Operatoren wird mit K(E, F ) bezeichnet. Im Fall E = F
schreibt man kurz K(E) := K(E, E).
Lemma 8.2 Ein Operator T ∈ L(E, F ) ist genau dann kompakt, wenn T (BE )
präkompakt ist, d.h. für jedes > 0 existiert eine endliche Überdeckung der Form
T (BE ) ⊆
[
B (yi )
i∈I
mit yi ∈ F für alle i aus einer endlichen Indexmenge I.
Beweis. Zum einen folgt aus der Kompaktheit von T , die Kompaktheit von T (BE )
und mit Lemma 2.28 daraus die erwähnte Prä-Kompaktheit. Andererseits folgt aus
der Prä-Kompaktheit und Abgeschlossenheit von T (BE ) und der Vollständigkeit von
F nach Lemma 2.29 die Kompaktheit von T .
Lemma 8.3 Seien E, F zwei Banachräume und T ∈ K(E, F ). Dann sind die Bilder
T (M ) beschränkter Mengen M ⊆ E in F relativ kompakt.
130
M. Braack - Kompakte Operatoren
Beweis. Da M beschränkt ist, gilt M ⊆ mBE mit hinreichend großem m > 0.
Es folgt T (M ) ⊆ mT (BE ). Die Prä-Kompaktheit von T (BE ) überträgt sich somit
auf die Prä-Kompaktheit von T (M ). Da T (M ) per Konstruktion abgeschlossen ist,
folgt die Kompaktheit von T (M ) und hieraus die Relativ-Kompaktheit von T (M ).
Lemma 8.4 Der Raum K(E, F ) bildet einen abgeschlossenen Teilraum von L(E, F ).
Beweis. Es ist leicht zu überprüfen, dass die Summe zweier kompakter Operatoren, sowie ein skalares Vielfaches eines kompakten Operators wieder kompakt sind.
Um zu zeigen, dass der Raum abgeschlossen ist, müssen wir die Folgenabgeschlossenheit zeigen. Es gelte (Tn )n∈N ⊆ K(E, F ), T ∈ L(E, F ) und ||Tn − T ||E;F → 0. Wir
zeigen, dass sich für beliebieges > 0 das Bild T (BE ) durch endlich viele Kugeln
der Gestalt B (xi ) mit yi ∈ F überdecken läßt. Hierzu wählen wir n ∈ N so groß,
dass ||Tn − T ||E;F ≤ /2. Da Tn kompakt ist, existiert eine endliche Überdeckung
[
Tn (BE ) ⊆
B/2 (yi ) ⊆ F .
i∈I
mit einer endlichen Indexmenge I. Für y ∈ T (BE ), y = T x gilt nun für ein i ∈ I:
y = Tn x + (T − Tn )x ∈ B/2 (yi ) + B/2 (0) = B (yi ) .
Hieraus folgt:
T (BE ) ⊆
[
B (yi ) .
i∈I
Lemma 8.5 Seien E, F Banachräume und T ∈ L(E, F ) mit endlich-dimensionalem
Bild, also dim R(T ) < ∞. Dann ist T kompakt.
Beweis. Da R(T ) endlich-dimensional ist, ist dessen Einheitskugel
BR(T ) := {x ∈ R(T ) : ||x|| ≤ 1}
kompakt. Da T stetig ist, folgt T (BE ) ⊂ mBR(T ) mit hinreichend großem m > 0.
Somit ist T (BE ) relativ kompakt.
Die Umkehrung gilt i.a. nicht. Es gibt kompakte Operatoren, dessen Bilder nicht
endlich-dimensional sind. Eine wichtige Eigenschaft kompakter Operatoren ist jedoch dass die Bilder beschränkter Folgen zumindest konvergente Teilfolgen besitzen:
8.1 Kompakte lineare Operatoren
131
Lemma 8.6 Seien E, F zwei Banachräume, T ∈ K(E, F ) und (un )n∈N eine beschränkte Folge in T . Dann existiert eine Teilfolge (unk )k∈N , so dass die Folge der
Bilder (T unk )k∈N in F konvergiert.
Beweis. Die Folge (T un )n∈N ist in F relativ kompakt. Nach Lemma 2.9 folgt die
Existenz der konvergenten Teilfolge.
Satz 8.7 Seien E, F zwei Banachräume und T ∈ K(E, F ). Für schwach konvergente Folgen (xn )n∈N ⊆ E, xn * x, konvergiert die Bildfolge stark: T xn → y.
Beweis. Da schwach konvergente Folgen beschränkt sind, existiert eine Teilfolge
T xnk → y ∈ F . Für ϕ ∈ F 0 ist die Abbildung φ : E → K, definiert durch
hφ, xi := hϕ, T xi ,
aus E 0 . Daher gilt
hϕ, T xn i = hφ, xn i → hφ, xi = hϕ, T xi.
Also gilt T xn * T x. Da aus der starken Konvergenz der Teilfolge auch die schwache
Konvergenz der Teilfolge folgt, also T xnk * y, und auch die schwachen Grenzwerte
eindeutig sind, folgt T x = y. Die gesamte Argumentation gilt aber auch, wenn wir
mit einer beliebige Teilfolgen der Ursprungsfolge (xn )n∈N starten. Somit ist y der
einzige Häufungspunkt der Folge (T xn )n∈N . Es folgt T xn → y.
Satz 8.8 (Schauder) Es gelte T ∈ (E, F ) mit zwei Banachräumen E, F . Dann
gilt die Äquivalenz:
T ∈ K(E, F ) ⇐⇒ T ∗ ∈ K(F 0 , E 0 ) .
Beweis. wird ergänzt.
8.1.1
Fredholm’sche Alternative
Der folgende Satz macht eine Aussage über die Lösbarkeit von Gleichungen in Banachräumen E der Form
u − Tu = f
zu gegebenem f ∈ E und einem kompakten Operator T ∈ K(E). Es gilt nämlich
(i) entweder existiert für alle f ∈ E stets eine eindeutige Lösung u ∈ E,
132
M. Braack - Kompakte Operatoren
(ii) oder die homogene Gleichung u − T u = 0 besitzt n ≥ 2 (endlich viele) linear
unabhängige Lösungen.
Im Fall (ii) besitzt die inhomogene Gleichung genau dann Lösungen, wenn f ∈
N (I − T ∗ )⊥ .
Satz 8.9 Sei E ein Banachraum und T ∈ K(E). Dann gilt
(a) Die Fixpunktmenge N (I − T ) ist endlich-dimensional.
(b) R(I − T ) ist abgeschlossen.
(c) R(I − T ) = N (I − T ∗ )⊥ .
(d) Es gilt die Äquivalenz: N (I − T ) = {0} ⇔ R(I − T ) = E.
(e) dim N (I − T ) = dim N (I − T ∗ ).
Die Eigenschaft (d) ist aus dem endlich-dimensionalen bekannt (dim E < ∞): Ein
Homomorphismus ist genau dann surjektiv, wenn er injektiv ist. Für unendlich dimensionale normierte Räume (und wenn der Operator nicht kompakt ist) muss dies
nicht gelten. Es gibt injektive und nicht surjektive Homomorphismen und umgekehrt.
Beweis. (a) Um zu zeigen, dass E0 := N (I − T ) endlich dimensional ist, genügt
es nach Riesz (Corollar 3.39) zu zeigen, dass die abgeschlossene Einheitskugel B E0
kompakt ist. Dies erreicht man wie folgt: Für u ∈ B E0 gilt (I − T )u = 0, also
||T u|| = ||u|| ≤ 1. Also u ∈ T (B E ), bzw.
B E0 ⊂ T (B E ) .
Da T kompakt ist, ist T (B E ) relativ kompakt. Also ist die abgeschlossene Menge B E0
eine Teilmenge der kompakten Menge T (B E ) und damit selbst kompakt (Lemma
1.22).
(b) Sei fn = un − T un eine Folge in R(I − T ) mit Grenzwert f := lim fn in E. Wir
müssen zeigen, dass f ∈ R(I − T ) gilt. Hierzu setzen wir dn = dist(un , N (I − T )). Es
existieren somit vn ∈ N (I −T ), so dass ||un −vn || ≤ 2dn . Zudem gilt für wn := un −vn
fn = w n − T w n .
Wie wir anschließend zeigen ist die Folge (wn ) beschränkt. Da T kompakt ist, besitzt
die Folge T wn dann eine konvergente Teilfolge:
lim T wnk =: h .
k→∞
8.1 Kompakte lineare Operatoren
133
Es folgt wnk = T wnk + (I − T )wnk → h + f =: u , und somit aufgrund der Stetigkeit
von T :
(I − T )u = u − T ( lim wnk ) = u − lim T wnk = u − h = f .
k→∞
k→∞
Dies besagt f ∈ R(I − T ). Wir haben nun noch zu zeigen, dass die Folge (wn ) beschränkt ist. Dies geschieht durch Widerspruch. Angenommen es gäbe eine Teilfolge
mit ||wnk || → ∞. Für die normierte Folge ynk := wnk /||wnk || gilt dann
ynk − T ynk = ||wnk ||−1 fnk → 0 .
Die Folge (ynk ) ist beschränkt, so dass aufgrund der Kompaktheit von T , eine weitere
Teil-Teilfolge existiert, die wir wieder der Einfachheit halber mit ynk bezeichnen,
deren Bilder konvergieren. Dieser Grenzwert sei mit z bezeichnet: T ynk → z. Dann
gilt aber auch ynk → z und folglich z = T z, also:
z ∈ N (I − T ) .
(8.1)
Zum anderen gilt:
dist(un − vn , N (I − T ))
||un − vn ||
dn
1
dist(un , N (I − T ))
=
= .
≥
2dn
2dn
2
dist(yn , N (I − T )) =
Dies impliziert wegen z = limk→∞ ynk und (8.1) den Widerspruch
0 = dist(z, N (I − T )) =
lim dist(ynk , N (I − T )) ≥
k→∞
1
.
2
(c): Diese Aussage folgt nun direkt aus (b) und Satz 3.54 und der Tatsache, dass
I = I ∗ im Sinne der Identität I : E 0 → E 0 .
(d): ”=⇒”: Wir wählen die Notation E1 := R(I −T ) und führen einen Widerspruchsbeweis indem wir annehmen, dass E1 6= E.
Für x ∈ E1 existiert y ∈ E mit x = y − T y. Also gilt T x = T (y − T y) = (I − T )T y
und damit T (E1 ) ⊆ R(I − T ) = E1 . Damit gilt T |E1 ∈ K(E1 ). Nach (b) ist
E2 := (I − T )(E1 ) ein abgeschlossener Unterraum von E1 . Wiederholen wir diese Prozedur, so erhalten wir eine Folge abgeschlossener Unterräume:
. . . ⊆ Ei+1 ⊆ Ei ⊆ . . . ⊆ E2 ⊆ E1 ⊆ E .
Nun gibt es zwei Möglichkeiten:
Fall 1: Diese Folge ist ab einem j eine Folge identischer Räume, also Ej+1 = Ej .
134
M. Braack - Kompakte Operatoren
Dann gilt für y ∈ E beliebig, dass (I − T )j y ∈ Ej = Ej+1 . Somit existiert ein x ∈ E
mit (I − T )j y = (I − T )j+1 x. Es folgt
0 = (I − T )j (y − (I − T )x) .
Wegen der Voraussetzung N (I − T ) = {0} folgt y = (I − T )x. Also y ∈ R(I − T )
und folglich E = R(I − T ), was gerade die Behauptung ist.
Fall 2: Die Folge bildet eine unendliche Folge echter abgeschlossener Teilräume. Wir
führen dies zum Widerspruch, dass T kompakt ist: Nach dem Lemma von Riesz
(Lemma 3.38) existiert für jedes j ∈ N ein yj ∈ Ej mit ||yj || = 1 und dist(yj , Ej+1 ) ≥
1/2. Es folgt für j > k:
T yk − T yj = yk + T yk − yk − T yj
= yk + (−yj − (T − I)yj + (T − I)yk )
= yk − z ,
mit z := yj +(T −I)yj −(T −I)yk . Es gilt (T −I)yk ∈ Ek+1 , (T −I)yj ∈ Ej+1 ⊆ Ek+1
und yj ∈ Ej ⊆ Ek+1 . Also ist z ∈ Ek+1 und folglich
||T yk − T yj || = ||yk − z|| ≥ 1/2
∀j, k ∈ N, j > k .
Somit bildet (yn )n∈N eine beschränkte Folge, deren Bilder (T yn )n∈N keine konvergente Teilfolge bilden können. Nach Lemma 8.6 kann dann aber T nicht kompakt
sein, so dass wir einen Widerspruch zur Annahme erhalten. Mithin kann nur Fall 1
eintreffen.
”=⇒”: Die Rückrichtung zeigt man mithilfe der ”hin”-Richtung. Es gelte R(I −T ) =
E. Es folgt mit Lemma 3.54:
{0} = R(I − T )⊥ = N (I − T ∗ ) .
Mithilfe der ”hin”-Richtung dieses Beweises für T ∗ ∈ K(E 0 ) (Schauder) folgt:
E 0 = R(I − T ∗ ) .
Nochmalige Anwendung von Lemma 3.54 ergibt:
{0} = (E 0 )⊥ = R(I − T ∗ )⊥ = N (I − T ) .
8.2 Spektrum und Resolventenmenge
8.2
135
Spektrum und Resolventenmenge
In diesem Abschnitt betrachten wir stets Räume über dem Körper der komplexen
Zahlen, also K = C.
Definition 8.10 Sei E ein normierter Raum und T ∈ L(E). Dann heißt die Menge
ρ(T ) := {µ ∈ K | T − µI ist invertierbar}
Resolventenmenge von T . Das Komplement
σ(T ) := K \ ρ(T )
heißt Spektrum von T . Die Elemente des Spektrums heißen Eigenwerte von T .
Satz 8.11 Das Spektrum σ(T ) eines linearen stetigen Operators T ∈ L(E) ist stets
kompakt.
Beweis. Wir zeigen, dass ρ(T ) stets offen ist und dass für alle Eigenwerte λ ∈ σ(T )
gilt |λ| ≤ ||T ||E;E .
(a) Sei µ0 ∈ ρ(T ). Also existiert S := (T − µ0 I)−1 . Sei nun µ ∈ C mit
|µ − µ0 | < := ||S||−1
E;E .
Dann ist auch µ ∈ ρ(T ): Wir stellen dazu T − µI folgendermaßen dar:
T − µI = T − µ0 I + (µ0 − µ)I
= (T − µ0 I)(I + S(µ0 − µ)I)
= S(I − B) ,
mit B := S(µ − µ0 )I. Die beiden Faktoren sind invertierbar, denn es gilt
||B||E;E ≤ ||S||E;E |µ − µ0 | < 1 ,
so dass sich (I −B)−1 durch die Neumann’schen Reihe darstellen läßt. Also ist T −µI
invertierbar.
(b) Es gelte |λ| > ||T ||E;E . Dann existiert die Inverse
(T − λI)−1 = λ−1 I(λ−1 T − I)−1 ,
da wieder mit der Argument der Neumann’schen Reihe ||λ−1 T ||E;E < 1 gilt. Also
folgt λ 6∈ σ(T ).
8.2.1
Spektralsatz für kompakte Operatoren
Skript wird fortgesetzt.
136
M. Braack - Kompakte Operatoren
Literaturverzeichnis
[1] H. W. Alt. Lineare Funktionalanalysis. Berlin: Springer. v, 431 p., 2006.
[2] H. Brézis. Análysis Functional. Alianza Editorial. 233 p., 1984.
[3] M. Dobrowolski. Angewandte Funktionalanalysis. Berlin: Springer. xii, 266 p.,
2006.
[4] G. Lube. Lineare Funktionalanalysis und Anwendungen auf Partielle Differentialgleichungen. Technical report, Georg-August-Universität Göttingen,
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