Fengshui im Nomadenland Der junge tibetische Architekt Sonam Topgyal setzt in der Hochlandsteppe der osttibetischen Yushu-Nomaden das Bauprojekt einer modernen buddhistischen Akademie im traditionellen tibetischen Stil um. Dabei hat er das Fengshui eines einzigartigen Ortes erfasst und fÄr uns erlÅutert Von Andreas Gruschke Bei uns im Westen ist Tibet ein Thema, das entweder rein politisch oder religi€s besetzt ist. Die vorherrschenden Bilder davon sind die einer politischen •Vorh€lle‚, in der Tibeter unter der Bƒrde chinesischer Besatzer schmoren, oder aber eher folkloristischer Natur, womit in der Reisebranche das •verlorene Paradies‚ des alten Tibet doch noch irgendwie Bestand zu haben scheint „ als ein touristisches Disneyland, in dem rezitierende M€nche, inbrƒnstig betende Pilger, eine einzigartige Architektur, farbenpr…chtige Malereien und Nomaden, die gef…lligst noch ihre Zelten bewohnen, eine vermarktungsf…hige Fotografierkulisse abgeben. Das Erstaunlichste bei alledem ist, dass in wundervollen Bildb…nden ebenso wie in zahllosen Diavortr…gen von landesweit durch die Republik gondelnden •Tibetkennern‚ einerseits der Untergang der tibetischen Kultur beklagt und andererseits das Lamento mit eigentlich das Gegenteil bezeugenden Fotomotiven unterlegt wird: Tibet ist tot, doch sein Image lebendig. Tibet € Tradition und Moderne Hier also herrscht das verbale Image vom zerst€rten Schneeland, dort das opulente optische Gem…lde eines buddhistischen •K€nigreiches‚, dessen Ambiente „ unbestritten sch€ne Naturlandschaften, herzliche Menschen, singende M€nche in gro†artigen Klosteranlagen „ die Harmonie widerspiegelt, die uns verloren gegangen ist und der wir daher andernorts nachspƒren. Nichts von alledem ist v€llig falsch oder ganz richtig. Wenngleich hier weder Ort noch Raum ist, dies genauer zu erl…utern, l…sst sich doch mit Gewissheit sagen, dass die g…ngigen westlichen Klischees der negativen wie positiven Art in vieler Hinsicht an der harten und oft ƒberaus faszinierenden Realit…t Tibets vorbeigehen. Am …rgerlichsten bei alledem ist, dass sich der Begriff der Kultur in solchen Betrachtungen fast ausschlie†lich auf die Vorstellung eines alten, durch und durch buddhistisch gepr…gten Landes und seiner Gesellschaft stƒtzt, in der die Menschen •zwar arm, aber glƒcklich‚ gewesen seien. Damals, in der guten alten Zeit, wurden sie von ihren Lamas zur Glƒckseligkeit gefƒhrt, heute aber von •den‚ Chinesen ins Verderben. Kaum jemandem scheint dabei aufzufallen, dass den Tibetern in solcherart Kulturverst…ndnis immer nur eine passive Rolle zugedacht wird. Tibeter sind keineswegs passiv, sie waren es nie. Wer sich mit der Geschichte des Schneelandes und allen Aspekten der Kultur dieses einig wirkenden, in vieler Hinsicht zerrissenen und gerade dadurch spannenden Landes besch…ftigt, der spƒrt schnell, wie seine Men- schen vor Tatendrang und Lebenslust, vor Leidenschaft und Heiterkeit strotzen. Und es ist doch wohl die Neugier, der Drang nach Aktivit…t und Gestaltungswille, die den Kern kulturellen Lebens ausmachen, und nicht dessen statische Auspr…gung in Form von noch so pr…chtigen Malereien, Tempeln, Palastburgen und Kunstgegenst…nden. W…hrend der Westen in der Betrachtung seiner eigenen kulturellen Leistungen den Fortschritt in den Mittelpunkt stellt, so wird die tibetische Zivilisation gleichsam am Bestand seines •buddhistischen Inventars‚ gemessen. Demzufolge wird selbst nach zweieinhalb Jahrzehnten, in denen Kl€ster und Tempel zu Tausenden wieder aufgebaut, M€nche in sie zurƒckgekehrt sind und von Neuem Gebetsfahnen auf Bauernh…usern wie Nomadenzelten flattern, ƒber seine Kultur immer noch gern in der Vergangenheitsform gesprochen; und ƒber die zeitgen€ssische tibetische Kultur fast immer im Tenor der erfolgten Ausl€schung. Eines ist gewiss: das neue Tibet ist dem alten in vieler Hinsicht nicht mehr gleich. Und doch tr…gt es oft mehr Zƒge davon als die meisten Tibeter im Exil davon •rekonstruiert‚ haben. Vor allem aber gibt es einen gro†en Unterschied: Die Rekonstruktion dessen, was in der alten Zeit gesch…tzt wurde, ist im Exil wie in Tibet selbst abgeschlossen. Sie lief nicht ohne Aufregung und Spannungen ab. Manches wurde unbewusst ausgespart und hat erst in jƒngster Zeit, v€llig unerwartet, doch noch Wiederauferstehung gefeiert. Ein sch€nes, fast schon extravagantes Beispiel ist der Dzong, die Burg, von Shigatse, Tibets zweitgr€†ter Stadt. Als in den 1980er Jahren die Kl€ster nach und nach wieder errichtet und mit Leben erfƒllt wurden, blieben Burgen und Landgƒter der Adligen in ihren Ruinen versunken. Den einfachen Menschen, die nach Jahrzehnten der unseligen politischen Unruhen wieder Trost und Mu†e in den Ritualen ihrer Religion finden konnten, w…re es nicht im Traum eingefallen, die alten Herrschaftssitze von sich aus aufzubauen. Noch um die Jahrtausendwende, als nicht nur die meisten Tempel und Kl€ster schon wieder aktiv waren, Kl€ster mancherorts sogar frƒhere Dimensionen sprengten, ragten zwischen den Flachd…chern der Altstadth…user von Shigatse und den golden gl…nzenden Tempeln des Klosters Tashilhunpo die stumpfen, grauen Ruinen der im 17. Jahrhundert dem Bau des Potala-Palastes in Lhasa zum Vorbild dienenden Festung auf. Welche ‡berraschung, als genau diese Festung 2005-2007 rekonstruiert wurde „ mit Spendengeldern aus Shanghai und mit Zement bzw. Beton als Baumaterial. Letzteres ist es, was im Westen das Klagelied ƒber den Untergang der tibetischen Kultur anstimmen l…sst. Unbenommen des Umstandes, dass auch der Autor dieses Beitrags traditionelle Baumaterialien mehr sch…tzt, verwundert es doch, dass im Westen niemand den Untergang unserer Zivilisation als gegeben hinnimmt „ sind hierzulande Zement und Beton doch die g…ngigsten Baumaterialien. Freilich haben wir begonnen, bei uns Synthesen zu schaffen, Verbindungen aus modernen Baumaterialien mit ganzheitlichem Denken: Wir gestalten neu und holen uns Anregungen aus anderen Kulturen. Nichts anderes ge- Shigatse Dzong schieht unter modernen Tibetern. Da sie jedoch keineStimme bei uns haben, ist darƒber nichts bekannt „ weshalb alles vom tibetischen Imago Abweichende als sinisiert bezeichnet wird. Damit wird Tibetern allerdings ihre F…higkeit zu kulturellem Wandel aus eigener Kraft und eine eigenst…ndige Motivation abgesprochen; dabei ist Tibet voller Beispiele solcher von ihnen selbst geschaffenen, zeitgen€ssichtraditionellen Fusionen. Dies beginnt in modern eingerichteten Stadthaushalten und setzt sich ƒber von Exillamas finanzierte Tempelhallen aus Zement und Beton fort, bemalt mit Acrylfarben und ausgestattet mit sanit…ren Anlagen. Solche Dinge spielen sich in den „ nur aus unserer Sicht „ abgelegensten Ecken des tibetischen Hochlandes ab, und die Akteure stammen von dort. Aus diesem Grund soll hier einer dieser bemerkenswerten Tibeter samt einem seiner zentralen, zur Zeit im Entstehen begriffenen Projekte vorgestellt werden. Matsa Sonam Tobgyal und seine Heimat im Nomadenland Die Ver…nderungen durch die Modernisierung und ˆffnung Chinas haben nicht einfach nur eine Verwestlichung in Gang gesetzt, sondern teilweise eine Rƒckbesinnung auf traditionelle Werte und Kultur. Durch wirtschaftliche Entwicklung ist Kapital vorhanden; durch die gesellschaftlichen Ver…nderungen wurde inzwischen mehr Bildung in unterschiedliche Schichten getragen, so dass man heutzutageauf erstaunliche Leute trifft, die weder mit der Kategorie traditionell noch dem Label modern hinreichend gewƒrdigt werden k€nnten. Mit dem jungen tibetischen Architekten Matsa Sonam Topgyal wollen wir hier eine solche Person und eines seiner Projekte vorstellen, weil er auf einzigartige Weise das nomadische Umfeld, aus dem er stammt, traditionelles (althergebrachtes, ƒberliefertes) mit Modernem verbindet und darƒber hinaus die bereits in alter Zeit als Synthese aus chinesischem und tibetischem Bauen Hervorgegangenes auf seine Weise neu definiert und die klassische tibetische Bauweise auch aus dem Blickwinkel des Fengshui betrachtet. Der junge Architekt Matsa Sonam Topgyal, mit chinesischem Zweitnamen Ma Yonggui, stammt aus einem nomadischen Gebiet im Herzen des tibetischen Hochlandes. Seine Heimat ist das Dorf Baq‰n im Grenzgebiet der Autonomen Region Tibet zur tibetischen Pr…fektur Yushu in Qinghai, wie die chinesische Provinz auf der Nordh…lfte des Hochplateaus hei†t. Ein st…rker l…ndlich gepr…gtes Umfeld ist kaum vorstellbar, und der Gegensatz zu seiner heutigen T…tigkeit ist entsprechend gro†: denn die Arbeit eines Architekten wird in einer weiten Steppenlandschaft, in der Nomaden sommers bis heute in 4000 bis 5000 Metern H€he mit ihren Yak- und Schafherden durchs Grasland ziehen, wenig nachgefragt. Von Gestaltungsprinzipien beim Bau von Geb…uden werden Hirten uns wenig berichten k€nnen „ und doch wird bei genauer Beobachtung schnell augenf…llig, dass sich Nomaden bei der Auswahl ihrer Zeltpl…tze nach bestimmten Vorstellungen in ihrer natƒrlichen Umwelt platzieren. Es sind Regeln, die an wichtige Elemente des Fengshui erinnern: Exposition an Sƒdh…ngen, Flie†gew…sser in der N…he vor dem Zelt, eingerahmt von Bergzƒgen und anderes mehr. Im Zelt selbst ist gleichfalls eine gewisse Ordnung vorgegeben, wie der auf den Ehrenplatz beim Altar gegenƒber dem Eingang platzierte Gast schnell erkennt. Hinter dem in der Mitte aufgebauten Ofen, Sitz des Herdgottes und gesellschaftlicher Mittelpunkt im Zelt, ragt meist eine Stange zur himmelw…rtigen ˆffnung in der Zeltdecke auf, die keine Funktion als tragendes Teil hat, da das Zelt durch au†en ƒber mehrere Stangen und spinnwebartig darƒber gespannte Seile stabilisiert wird. Wie in Zelten anderer Hirtenkulturen aber stellt sie „ sozusagen als Weltenachse „ im praktischen wie im ƒbertragenen Sinn die Verbindung mit der ƒberirdischen Sph…re her und macht den sozialen Mittelpunkt somit auch zu einem rituellen. In gewisser Weise zeigt die umweltorientierte Standortwahl der Nomaden auf, wie Prinzipien des Fengshui einmal entstanden sind, und ihr Aufscheinen in tibetischem Weideland macht deutlich, dass diese trotz des chinesischen Namens und der grƒndlichen Ausarbeitung im Reich der Mitte einen universellen Charakter aufweisen. Feste Siedlungen gab es bis vor wenigen Jahrzehnten im tibetischen Weideland kaum: nur wenige Winterh…user, die sich zu winzigen D€rfern verbanden, und vor allem Kl€ster. Selbst diese zogen in den weitl…ufigsten, dƒnn besiedelten Steppengebieten nicht selten in Form von Zeltkl€stern mit den nomadischen Gruppen mit. D€rfer, Kl€ster und St…dte aber sind es, die einem Architekten Aufgaben und Arbeit liefern. Wie also kam ein Junge aus einer Hirtenfamilie zu einer solchen T…tigkeit? Sonam Topgyals Geburtsort Baq‰n ist von St…dten aus betrachtet abgelegener nicht vorstellbar. Um dies zu verdeutlichen, reisen wir von der Provinzhauptstadt Xining, in der er heute sein Bƒro hat, virtuell dorthin. Auf einer heute gut ausgebauten, vor sechzig Jahren inexistenten Stra†e k€nnen die 900 Kilometer bis in die Distriktshauptstadt Gy‰gu inzwischen gerade so innerhalb eines Tages bew…ltigt werden. Noch vor 20 Jahren fuhr ein Bus drei Tage. Von dort fƒhrte eine Piste in die 200 Kilometer entfernte kleine Kreisstadt Zadoi, Hauptort eines Nomadengebietes, das in seinem Geburtsjahr 1974 auf einer Fl…che, die gr€†er ist als Belgien, gerade einmal 20.209 Einwohner hatte. In nur noch etwa fƒnf Tagesritten konnte sein Heimatdorf von dort erreicht werden, wobei den gr€†eren Teil davon ein Jeep heutzutage ƒber eine 2006 ausgebaute Piste bew…ltigen kann. In jƒngsten Jahren noch im Zelt lebend, hat Sonam Topgyal jedoch kaum noch Erinnerung an die damalige Zeit. Da sein Vater Staatangestellter wurde, errichtete sich die Familie am Ortsrand von Gy‰gu ein einfaches Lehmhaus. Seine Gro†mutter wollte, dass er als …ltester Sohn ins Kloster gehe „ wenige Jahre nach seiner Geburt war dies mit dem Ende der Kulturrevolution wieder m€glich geworden. Der Vater schickte ihn jedoch zur Schule. Im frƒhen Schulalltag sah es gleichwohl noch so aus, dass er nach dem Unterricht mit den Yaks auf die Weide zog. In der Distriktshauptstadt wurde er zwar auch in Tibetisch unterrichtet, besuchte die Schule aber gemeinsam mit Han-Chinesen. Seine Chinesischkenntnisse wurden dadurch frƒh ausgepr…gt, so dass ihm der sp…tere Hochschulbesuch in der chinesischen Gro†stadt Xining wenig Probleme bereitete. Als seine Familie in den sp…ten 1980ern ein gr€†eres Haus baute, in dem ihm ein eigenes Zimmer eingerichtet wurde, war er vom Hausbau beeindruckt, und er selbst vermutet, dass damals sein Interesse an Architektur geweckt wurde. Nach Abschluss seines Studiums in XiŠan, inzwischen 20 Jahre alt, erhielt er eine Anstellung im Stadtbauamt von Yushu. Da die T…tigkeit im €ffentlichen Amt ihn nicht ausfƒllte, folgte er 1997 einem Ruf an die Akademie fƒr Architekturdesign in Xining, wo er bis 2005 blieb. In dieser Zeit, um die Jahrtausendewende, begann er mit tiefer gehenden Studien der tibetischen Architektur. Zudem kam er immer h…ufiger mit tibetischen Lamas, gro†en buddhistischen Lehrern, in Kontakt, die sein Gespr…ch suchten, weil sie Tempelanlagen vergr€†ern oder neu errichten wollten. Die Geldmittel dafƒr erhalten diese von chinesischen Anh…ngern aus chinesischen Provinzen, aus Taiwan und Sƒdostasien. Durch die intensiven Kontakte mit den Lamas wurde sein allgemeines Interesse fƒr den Buddhismus, dem er als Tibeter ohnehin nahe steht, ƒber die Ma†en gesteigert, und er begann, kanonische Schriften und klassische Lehrbƒcher zu lesen und zu studieren. So entwickelte er ein Verst…ndnis von Architektur, das die buddhistische Vorstellungswelt eng in seine Arbeiten mit einbezog. Je mehr Auf- tr…ge er ƒbernahm, um so mehr wurde ihm bewusst, dass es nicht genƒgte, klassische Vorbilder einfach nur zu kopieren. Er musste die zugrunde liegende Gedankenwelt, die deren Essenz ausmachte, verstehen und entwickelte daher eine moderne Architektur, die traditionelle Wertvorstellungen mit moderner Gestaltung vereinte. Als er in den Jahren 2004/2005 immer mehr Projekte angetragen bekam, konnte er den Mehraufwand fƒr die Lehrt…tigkeit an der Akademie nicht mehr bew…ltigen. Statt dessen grƒndete er 2005 sein eigenes Architekturbƒro, die Tibetan Culture Construction Development Company. in der alpinen Steppe westlich von Gy‰gu „ in einer gro†artigen Landschaft und angeregt von dem bedeutenden Lama Khamchog Rinpoche. Letzterer ist die 14. Reinkarnation des Grƒnders von Kloster Ranyag in einer Seitenschlucht des Jangtse-Oberlaufs in Yushu. Im Bewusstsein, dass sowohl das geistige als auch leibliche Wohl der Menschen in der schwierigen Lebensumwelt seiner ƒberwiegend nomadischen Heimat in Nord-Kham ganz wesentlich von Bildung abh…ngt, hat er den Plan gefasst, mitten in dieser Steppenlandschaft eine au†ergew€hnliche Bildungseinrichtung zu schaffen, die schulische Ausbildung und die M€glichkeit zum weiteren Studium von Geisteswissenschaften, insbesondere des Buddhismus, erm€glichen soll. Schulbildung ist in Nomadengebieten ein besonders gro†es Problem. Vielerorts in Tibet konnte der chinesische Staat bei diesbezƒglichen Bemƒhungen zwar manches leisten, weist jedoch wegen sprachlicher und infrastruktureller Probleme bislang nur m…†ige Erfolge vor. Da es bis vor wenigen Jahren zudem noch das Problem von Schulgeld gab, das sich Nomaden fƒr die oft schlecht qualifizierten Lehrer nicht leisten wollten oder konnten, entwickelte Khamchog Rinpoche die Idee eines monastischen Bildungszentrums in der Umgebung seines Klosters. Buddhismus-Museum des Klosters SerxÄ (Sichuan) Bauprojekte in ganz Osttibet Es spricht vieles dafƒr, dass der Ansatz des erst 34 Jahre jungen Architekten nicht nur viel versprechend ist, sondern auch sehr ƒberzeugend, wenn man sich die Liste der Interessenten und Orte ansieht, die sich von ihm haben Pl…ne entwerfen lassen. Entsprechend der Herkunft Sonam Topgyals aus Yushu tragen alle modernen Hotelneubauten in deren Hauptort Gy‰gu seine Handschrift „ angefangen mit dem siebengeschossige Yushu Hotel, das mit dem ersten Fahrstuhl in tibetischen Nomadengebieten als •mond…nstes‚ Geb…ude dort gilt und zur Sehenswƒrdigkeit fƒr wohlhabendere Nomaden der Region geworden ist. Fƒr etliche der €ffentliche Bauten im Kern der Neustadt wurde ihm der Auftrag fƒr deren Design gegeben. Seine Arbeit stellt freilich h…ufig eine Gratwanderung zwischen idealistischem Entwurf und bezahlbaren L€sungen dar; auch Kompromisse zwischen seinen eigenen Vorstellungen und dem beh€rdlichen Anspruch, in der Architektur sowohl progressive Elemente als auch den kulturellen Hintergrund des tibetischen Umlandes zu entdecken. Fƒr andere Landkreise Yushus hat Sonam Topgyal ebenfalls Pl…ne fƒr €ffentliche und Bauten entworfen monastische (wie Dzogchen Gompa in seinem Heimatkreis Zadoi). In der seiner Heimatprovinz benachbarten Provinz Sichuan hat er nicht nur wesentlichen Anteil an der Planung kl€sterlicher Bauten - wie dem Museum des Buddhismus in Serxu - sondern auch an der Gestaltung weiterer Beh€rdengeb…ude in Kangding, dem politischen Zentrum des Distrikts Garz‰. Sein augenblicklich ƒberragendstes Projekt jedoch ist die Umsetzung eines architektonischen Gro†projektes Yushu Hotel in GyÅgu Die Wahl des Ortes fƒr die au†ergew€hnliche Bildungseinrichtung fiel bewusst auf die Gro†region Yushu, die beider Heimat ist. Es ist fƒr die Menschen vor Ort gedacht, zielt jedoch auch ƒber die Region hinaus. Immerhin haben ƒberregionale Kontakte buddhistischer Lehrer aus Yushu eine gewisse Tradition. Das Au†ergew€hnliche des Projektes ist jedoch nicht allein dessen Ausfƒhrung und Gr€†e, sondern besteht darin, dass ein ehedem als sehr peripher empfundenes Gebiet hier mit Deutlichkeit auf sich aufmerksam macht, weil beide Akteure ƒber den Raum hinaus wirken und ihre Heimat mit dem Rest der Welt in Verbindung bringen bzw. bringen wollen. Die Geisteswissenschaftliche Akademie des Ranyag-Klosters Das Kloster Ranyag selbst liegt in einer Schlucht, wo es an der Wende des 12. zum 13. Jahrhundert im Grenzgebiet von Ackerbau- zu Nomadengebieten in etwa 3800 m H€he gegrƒndet wurde. Nach einer langen Geschichte, die die ‡bernahme des ursprƒngli- chen Drigung-Klosters durch die Gelugpa, der Schulrichtung der Dalai Lamas, erlebte, fƒhrten im Zuge der chinesischen sozialistischen Reformen 1958 Unruhen in Osttibet zur Zerst€rung der einstmals ausgedehnten Klosteranlage. Bis anhin hatten etwa 450 M€nche dort gelebt, nach dem Wiederaufbau in den 1980er Jahren wuchs das Kloster nur langsam. Damals wurde Khamchog Rinpoche als Reinkarnation aufgefunden, und sein Bekanntheitsgrad und Einfluss nahmen erst nach der Jahrtausendwende zu, als er von einem mehrj…hrigen Studium im sƒdindischen Exilkloster Drepung zurƒckkehrte. Inzwischen erfreute sich der tibetische Buddhismus nicht nur im westlichen Ausland, sondern auch unter Chinesen im Osten des Landes sowie in Taiwan, Hongkong und Sƒdostasien gro†er Beliebtheit. Die ihm dadurch zuflie†enden Spenden machten somit schlie†lich m€glich, den Plan zum Bau der Akademie umzusetzen. Wandmalerei des alten Klosters Ranyag Gompa Eine Tradition, die lebt, setzt sich mit Neuem auseinander. So richtet der junge tibetische Architekt Sonam Tobgyal seinen Blick nicht nur auf die Vergangenheit der tibetischen Bautradition, sondern auch auf die Gegenwart moderner Baumaterialien und Gestaltungsprinzipien sowie die projektierte Zukunft der Geb…ude, die zu entwerfen ihm angetragen ist. Damit finden Stahltr…ger und Zement, Acrylfarben und Beton Eingang in Kl€ster und Tempel, was im Westen gerne als Anzeichen von •Sinisierung‚ gedeutet wird. Merkwƒrdigerweise nimmt im selben Westen niemand daran Ansto†, dass die Tibeter im indischen oder nepalesischen Exil keines der dort gegrƒndeten Kl€ster v€llig •traditionell‚ errichtet haben, sondern in eben dieser •sinisierten‚ Bauweise , d.h. eigentlich mit typisch westlichen Baumaterialien. Tibeter selbst finden ohnehin nichts dabei, ist es fƒr sie doch etwas v€llig Normales, an verschiedenen Orten die unterschiedlichen zur Verfƒgung stehenden Materialien zu nutzen: Lehm in Flussniederungen, Bruchstein in felsigen Berggebieten, Schindeln in Schieferregionen, Holz, wo es Wald gibt, Backsteine, wo man die Fertigkeiten des Ziegelbrandes gelernt hat und heute eben Zement und Beton. Wichtiger als der Blick auf die Baumaterialien sind fƒr sie Bedeutung und Inhalt. Hier wiederum hat Sonam Topgyal Projekte vorzuweisen, deren Bedeutung schnell offenbar wird. Dass dabei die gegenseitige Beeinflussung von tibetischen und chinesischen Kulturelementen deutlich wird, empfindet er als Befruchtung und nicht wie viele im Westen be…ngstigend. Er h…lt so etwas fƒr selbstverst…ndlich, wenn Kulturen eng benachbart sind, zumal wenn bei beiden …hnliche weltanschauliche Grundlagen herrschten. ‹Im Falle des Fengshui haben sowohl die tibetische als auch die chinesische Auffassung des Fengshui ihre BerechtigungŒ, sagt unser junger tibetischer Architekt. Fengshui in Tibet? Fengshui wird nicht zu Unrecht in erster Linie mit der chinesischen Kultur verbunden. Aber da sich sein System, Bauvorhaben und Wohnr…ume zu harmonisieren, inzwischen auch im Westen weit verbreiten konnte, ist es naheliegend davon auszugehen, dass es in Nachbarkulturen der Chinesen und Tibeter entsprechend frƒher gegenseitige Beeinflussung gab. ‹Was einst dem Fengshui zugeschrieben wurdeŒ, meint Sonam Topgyal, ‹wird heute von vielen als Verschmelzung der Architektur mit der sie umgebenden Landschaft angesehen. Solche Vorstellungen sind verbreitet, auch in Tibet, selbst wenn sie in andere Denksysteme eingebettet sind. Dass man sich in Tibet mit Fragen des Fengshui auseinandersetzte, geht auf die Zeit nach K€nig Songtsen Gampo (7. Jahrhundert) zurƒck, der das erste tibetische Schriftsystem einfƒhrte und damit die Verbreitung gelehrter Traktate erm€glichte. Durch seine Heirat mit der chinesischen Prinzessin Wencheng fanden mit einer Vielzahl von Handwerkern und Kƒnstlern aus dem Reich der Mitte von dort auch theoretische Erw…gungen zu Architektur ihren Weg aufs Dach der Welt „ und damit das Fengshui. Da die Weltanschauungen dort jedoch ganz wesentlich durch den Buddhismus gepr…gt sind, entwickelte sich daraus ein neues, ebenfalls ganzheitliches System, in welchem Fragen der Harmonie mit der Umwelt ihren festen, wenn auch nicht mit Fengshui benannten Platz hatten.Œ Der Gedanke, die Geister der Luft und des Wassers [nach M€glichkeit andere vorhandene ƒberirdische Wesenheiten] einem Ort geneigt zu machen, war schon im vorbuddhistischen Tibet ein wichtiges Prinzip und drƒckt sich im alten chinesischen Begriff fƒr Feng Shui, Kan Yu, ebenfalls aus. Als Kurzformel besagt es, man mƒsse •den Himmel und die Erde beobachten‚. Genau dies tat Khamchog Rinpoche, als er den Ort fƒr seine Akademie ausw…hlte „ allerdings intuitiv. Der Architekt Sonam Tobgyal dagegen kann uns die aus dem Fengshui abgeleiteten dahinter stehenden Prinzipien erl…utern: ‹Die enge Beziehung zur natƒrlichen Umwelt spielt in den oft menschenleeren Gebieten des tibetischen Hochlandes eine sehr viel gr€†ere Rolle als dies in den dichten Siedlungsgebieten Chinas der Fall war. Dort hatte sich schon frƒh eine st…dtische Tradition herausgebildet, und das Siedeln in oft weitl…ufigen Tiefl…ndern und Flussebenen hat an Fengshui- andere Anforderungen gestellt als bei einer Klosteranlage im Bergland. Wer Geb…ude in einer Stadt errichten will, kann nur sehr begrenzt auf die umgebende Landschaft Rƒcksicht nehmen „ sofern eine solche ƒberhaupt vorhanden, will hei†en wahrnehmbar ist. Auf die Einbettung in die Landschaft kann in der Stadt nicht mehr geachtet werden, man hat sich mit der noch freien, bebaubaren Fl…che als entscheidendem Kriterium abzufinden. Aus diesem Grund hat sich die Fengshui-Lehre in den St…dten im Laufe der Zeit auf das Layout der Hallen und die Ausstattung der Innenr…ume konzentriert. Bei einem in der freien Natur gelegenen Kloster wie Ranyag Gompa verh…lt sich dies jedoch grunds…tzlich anders. Hier steht dessen Lagebeziehung zur Umgebung im Vordergrund, sie ist die Hauptsache. Lassen wir uns daher einmal die Fengshui-Qualit…ten des von seinem bedeutendsten Lama intuitiv ausgew…hlten Ortes von Sonam Topgyal erl…utern. Die Lagebeziehungen der RanyagKlosterakademie in der Landschaft Um das architektonisch zur Zeit noch im Bau befindliche Ensemble zu erreichen, verl…sst man Gy‰gu westw…rts und gelangt nach rund 50 km ƒber einen Pass in ein weites Hochtal, in dessen Westen sich die Wasserfl…che des Rongpo-Sees (Chin. Longbao Hu, •See das Drachenschatzes‚) abzeichnet. Auf halbem Weg zwischen Pass und See erstreckt sich n€rdlich der Stra†e, auf einem wenig ansteigenden Hang, das Gel…nde der zukƒnftigen Klosterakademie. Um die Fengshui-Qualit…ten dieses Ortes abzusch…tzen, mƒssen wir die Streichrichtung und die Form der Berge, das Aussehen des Wasserk€rpers, dessen Flie†richtung sowie die Vegetation betrachten „ im Fall eines W…ldchens auch dessen Lage. All dies sind …u†erst wichtige Elemente. Die Gegend um das Ranyag-Kloster ist verkarstet, doch sind die Hangoberfl…chen sanft und von Weiden ƒberzogen, eine andere Vegetation gibt es nicht. Die Energie eines Ortes gilt als gr€†er, wenn sich mindestens ein oder zwei der vier mythischen Fabeltiere, die wir am Firmament als Symbole der chinesischen Sternenkonstellationen kennen, in den umliegenden Bergen wiederfinden. Es sind dies der Blaue Drache (qinglong €•), der Wei†e Tiger (baihu ‚ƒ), der Rote Pfauenvogel (zhuque „…) und der Schwarze Krieger des Nordens (xuanwu †‡). Als m…chtige W…chterfiguren wurden sie bereits vor zweieinhalbtausend Jahren in herrschaftlichen Grabanlagen auf die W…nde gemalt, um den darin bestatteten Herrschern ihre Kraft zu bewahren, indem sie in jeder Himmelsrichtung alle ‡bel abwehren. Im Falle von Ranyag Gompa sind entsprechende Berge identifiziert. Darƒber hinaus werden die Zuordnung zu den fƒnf Elementen Metall, Holz, Wasser, Feuer und Erde ˆ‰Š‹Œ betrachtet, die Acht Trigramme •Ž und manches mehr. Insgesamt kommt Sonam Topgyal fƒr den Ort der Entstehung der Klosterakademie zu folgendem Ergebnis: ‹Der Bergkamm im Osten windet sich in der Tat ein wenig wie eine Schlange „ er steht fƒr den Blauen Drachen. Zwar nicht sehr hoch, so ist er doch sehr windungsreich, das ist ausgezeichnet. Im Westen mƒssen wir nach einem Berg schauen, der die Kraft des Tigers repr…sentieren kann. In der chinesischen Kultur stellt man sich den Tiger wƒrdevoll und Ehrfurcht einfl€†end vor, daher sollten die Berge auf der Westseite etwas schroffer wirken. Und in der Tat: Auf der Westseite des Ranyag-Klosters ragen steile Berge auf, wie majest…tische H…upter. Auf der Rƒckseite aber muss sich ein anshan •• (•Ruheberg‚) erheben, einer, der Ruhe und Sicherheit ausstrahlt. Was nun ist ein anshan? Es ist, wie wenn ich auf einem Hocker sitzt und mich gerne an jemanden anlehnen wƒrde, wie an einen Beschƒtzer. Daher ist es …u†erst wichtig, sich diesen Berg genau anzusehen. Er darf auf keinen Fall geologisch instabil sein. So darf sich hier zum Beispiel kein Schluchtausgang befinden, denn sonst bestƒnde die Gefahr von ‡berflutungen. Das ist ein grunds…tzliches Gebot der •Bau€kologie‚ wie des Fengshui, das verlangt, das nichts auf diesem Berg liege, das den Eindruck erweckt, es k€nne herabstƒrzen. Bauplatz der Klosterakademie Ein gro†er, massiger Berg ist als anshan bestens geeignet, so wie dieser, der sich hinter der zukƒnftigen Klosterakademie ausbreitet. Zu beiden Seiten sind zwei Taleinschnitte, die im Fall von Starkregen das Wasser an der Anlage vorbeifƒhren wƒrden „ im Sinne der Bau€kologie ist die Lage des Klosters also …u†erst sicher, im Sinne des Fengshui hat es einen zuverl…ssigen anshan. Gegenƒber, auf der Sƒdseite, liegt der zhaoshan ‘• oder •Spiegelberg‚, dem es obliegt, das Qi zu reflektieren, damit es sich nicht im Raum verliert. Der zhaoshan soll keinen Eindruck von Schroffheit erwecken, er soll vielmehr sanft sein und als Gegenƒber des anshan einen optimalen visuellen Eindruck vermitteln: Eine sch€ne Landschaft betrachten zu k€nnen weckt das Wohlbefinden.Œ Nun gilt es eine mingtang ’“ zu identifizieren, in Anlehnung an die kaiserlichen Audienzhallen auf Deutsch als •Klarer Palast‚ wiedergegeben. Sie ist eine eher weite, offene Landschaft und wird als energetisches Zentrum, als Quelle der Lebenskraft (shengqi ”•) angesehen, das auf die zu errichtenden Geb…ude ƒberflie†en und es erfƒllen soll. Die mingtang wird bei gro†en architektonischen Komplexen, so wie es die geplante Akademie ist, als eine Art in die Landschaft integrierter Vorhof aufgefasst. das Verh…ltnis zwischen Lamas und Beh€rden ein gutes, weshalb Letztere nicht nur die Genehmigung erteilten, sondern mehrere Baupl…tze zur Auswahl stellten. Diese begutachteten der Lama und der Architekt gemeinsam, und Khamchog Rinpoche w…hlte zielsicher den oben beschriebenen Ort aus, die •Drachenh€hle‚, die als St…tte mit der vielleicht h€chsten Konzentration von Drachenenergie in ganz Yushu gelten kann. Insgesamt erscheint uns der Ort der Klosterakademie von Ranyag Gompa hinsichtlich des Fengshui optimal ausgestattet. Allein im Sƒdwesten gibt es einen kleinen Makel, denn hinter dem zhaoshan ragt eine felsige Spitze wie ein Zahn hervor, was etwas schlechtes Qi (shaqi €•) verursacht. Dies muss beim Bau der Gesamtanlage berƒcksichtigt werden. Doch auch einen anderen Aspekt gilt es nicht aus dem Auge zu verlieren: die beiden oben genannten Taleinschnitte, die links und rechts der Anlage aus dem dem anshan zugewandten Berghang austreten. Sie werden als Drachenadern •– angesehen; ihnen entstr€mt nach traditioneller Auffassung der Atem des Drachen, die Kraft der sich durch das Land bewegenden Energiestr€me. Somit sind sie Bahnen konzentrierter ErdEnergie, die es nicht zu unterbrechen gilt. Im Fall des Ranyag-Klosters haben wir das gro†e Glƒck, dass diese Adern sanft bei ihm enden, und da es hei†t, je mehr Adern allm…hlich in einen Ort mƒnden, um so mehr Energie werde dieser sich die Leben spendende Energie des Drachen einverleiben. Wir haben hier einen weiteren ƒberaus positiven Aspekt des Ortes, an dem wir unsere Akademie errichten „ in der Drachenh€hle (longxue •—). Planung und Umsetzung der Klosterarchitektur Mit solchen Dingen hat sich Khamchog Rinpoche als buddhistischer Lehrer nicht bewusst auseinandergesetzt. Er und Sonam Topgyal haben das Projekt des buddhistischen und geisteswissenschaftlichen Lehrzentrums von Ranyag Gompa zun…chst diskutiert, Pl…ne besprochen und die formellen Voraussetzungen geschaffen. Wie andernorts auf der Welt galt es die Finanzierung eines architektonischen Komplexes, der sich immerhin ƒber einen Quadratkilometer Fl…che erstrecken soll, und die beh€rdlichen Genehmigungen sicherzustellen. Dass die Finanzfrage l€sbar sein wƒrde, war im Vorfeld bereits deutlich, da der Lama aus dem Ranyag-Kloster eine spendenwillige chinesische Anh…ngerschaft im Mittelstand chinesischer Gro†st…dte, aber auch in Taiwan und Hongkong hat. Anders als in Teilen Zentraltibets ist in Yushu zudem War bisher von der Einordnung des Bauprojektes in die Landschaft die Rede, so sind die natƒrlichen Gegebenheiten selbstverst…ndlich auch im Design der Gesamtanlage und in der Gestaltung der architektonischen Elemente zu berƒcksichtigen. Eine wesentliche Grundlage des Fengshui „ wie auch tibetisch-buddhistischer Traditionen „ ist die Fƒnf-Elemente-Lehre (wuxing ˜ ™ ), die entsprechend der Funktion der Bauten Einfluss auf deren Lage und Anordnung nimmt. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Gesamtanlage, d.h. die mit dem Grund verbundene architektonische St…tte, fƒr das Element Erde steht. Innerhalb des Geb…udekomplexes jedoch scheinen andere Elemente auf, wie z.B. im Falle des Generatorraums das Feuer, den man aus diesen Grƒnden nicht in die N…he des Wassers bauen darf. Das Geb…ude fƒr die Wasserversorgung wiederum kann nicht neben Feuer platziert werden. ‡ber die Anordnung muss der Erbauer von dem der Gesamtanlage eigenen Element ausgehend her entscheiden. Ein dritter wichtiger Punkt ist die Oberfl…chengestalt des Bauplatzes. So sollte er beispielsweise m€glichst nicht ausgehoben oder aufgeschƒttet werden; dann w…re der Platz nur wie eine Beule oder Blase aufgew€lbt. Doch hier am Ort der Klosterakademie ist der Bauplatz natƒrlich zwischen zwei Bachl…ufen aufgew€lbt und damit voll und rund. In China sagt man: ‹Deine Stirnmitte sei voll und rund, und so sei es in Deiner natƒrlichen Umgebung. Eine gew€lbte Stirnmitte bedeutet ein glƒckliches Schicksal, und solches erwartet man in der Tat auch vom irdischen Grund.Œ Betrachten wir als n…chstes das Wasser. Zu beiden Seiten des Bauplatzes flie†t ein Bach, beide vereinigen sich zu einem Fluss, der schon bald in den Rongpo-See, den Longbao Hu, mƒndet. Dieser von der leichten Anh€he des Klosters sichtbare, den Grund des weiten Hochtals ausfƒllende See stallt die mingtang der Gesamtanlage dar, jenen •Palast der Klarheit‚, der das shengqi, d.h. die Lebenskraft, aufnimmt und bewahrt, die durch den im Sƒden sich erhebenden zhaoshan reflektiert und in den Brennpunkt dieser heiligen Landschaft gelenkt wird. Als Besonderheit sollte erw…hnt werden, dass der Rongpo-See ein Ort ist, an dem sich Schwarzhalskraniche bevorzugt aufhalten. Der Staat hat dort ein Schutzgebiet fƒr diese seltene, noch einen gesch…tzten Bestand von etwa 5600 bis 6000 Tiere umfassende Vogelart eingerichtet. treiben sollen. In Tibet ist es seit Einfƒhrung des Buddhismus Tradition, ‡bel durch den Bau von Stupas zu unterdrƒcken, wie ja schon in der frƒhen Geschichte Tibets davon berichtet wird, dass das Land dadurch befriedet wurde, dass eine Menschen fressende D…monin quasi durch den Bau von 108 Tempeln an die Erde •genagelt‚ und somit ihrer ƒblen Kr…fte beraubt wurde. ‹In der Vorstellungswelt des tibetischen Buddhismus sind diese V€gel geheiligtŒ, erz…hlt Sonam Topgyal, ‹auch sind sie von einer ziemlichen Intelligenz. Eine wirkungsvollere mingtang als dieser See ist fƒr eine als Bildungszentrum wie die Ranyag-Klosterakademie geplante Anlage daher kaum vorstellbar. Au†erdem ist die Flie†richtung des Wassers von Osten nach Westen, und da der Osten nach traditioneller chinesischer Vorstellung die soziale Moral, das gesellschaftliche Empfinden fƒr das, was recht und billig ist, hervorbringt, ist dies ein sehr gutes Vorzeichen insbesondere fƒr eine Bildungsst…tte im kl€sterlichen Rahmen.Œ In seinem architektonischen Entwurf der buddhistischen Ranyag-Klosterakademie verbindet Sonam Topgyal Tradition und Moderne und legt dabei dar, wie sich tibetische Kosmologie und die Prinzipien des chinesischen Fengshui erg…nzen. Der sƒdliche Scheitelpunkt des Kreises, der die Gesamtanlage umfasst, liegt nahe der von Gy‰gu nach Westen zum RongpoSee und weiter tief ins Nomadenland fƒhrenden Stra†e. Von hier fƒhrt ein Fu†weg in den sakralen Klosterbereich, dessen Aufbau nicht nur an das Rad der Lehre, sondern auch an ein Mandala erinnert. In Anlehnung an das Mandala und mit Blick auf die auf Bildung und Erziehung ausgerichtete Funktion der Anlage trifft die Bezeichnung •Kreis des Weisheitswissens‚, das zu erlangen ein Betreten des Klosterbereichs ja bezweckt. Dort, wo der Sakralbereich durchbrochen wird, erhebt sich eine von einem Fu†walmdach bekr€nte Torhalle, die in chinesisch-buddhistischen Tempeln unweigerlich den vier so genannten Himmelsk€nigen, den Lokapalas, geweiht ist. Obschon die Gesamtanlage im Aufbau eine gewisse Symmetrie verr…t, mag hier durchaus der Ort sein, an welchem zukƒnftige Studenten und Pilger einem Maitreya, dem Buddha der Zukunft, oder einer m…chtigen tibetischen Schutzgottheit ihre Reverenz erweisen werden. In der architektonischen Gliederung sind lamaistische Kl€ster sehr viel freier gestaltet als chinesische Tempel, wenngleich frƒhe Einflƒsse aus dem alten Reich der Mitte in Osttibet deren strenge Symmetrie und Abfolge der Hallen durchaus zuweilen aufgegriffen haben. Dem Prinzip, dass das wichtigste Geb…ude auf der Hauptachse liegt, folgt die RanyagKlosterakademie. Rongpo-See, die mingtang des Klosters Es versteht sich von selbst, dass der Architekt mit Blick auf die ƒberragenden Fengshui-Eigenschaften des Ortes sich in seiner Planung ganz an die €rtlichen Gegebenheiten anpasste. Der Platz der Drachenh€hle mit seiner Energiekonzentration wird die Haupthalle der gesamten Klosterakademie tragen. Ihr Gel…nde wird kreisf€rmig angelegt „ entsprechend dem wirkm…chtigen buddhistischen Symbol des achtspeichigen Rades der Lehre. Auf jedem wichtigen Verknƒpfungspunkt wird ein Geb…ude stehen, womit jeder Gesichtspunkt der Landschaft in der Anlage seine Entsprechung findet. Wenn man von der Hauptblickrichtung der Hauptgeb…ude ein wenig nach Westen abweicht ger…t da jener spitze, felsige Gipfel ins Blickfeld, der die positiven Eigenschaften der Landschaft ein wenig beeintr…chtigt. Seine schlechten Einflƒsse jedoch werden gebannt durch eine Gruppe von acht Stupas (tibet. ChÇrten, chines. •Pagoden‚). Die HanChinesen im chinesischen Kernland wƒrden hierfƒr Steine bzw. Felsen, die vom heiligen Berg Tai Shan geholt wurden, einsetzen, da diese b€se Geister ver- Architektonischer Aufbau der Klosterakademie Von der Torhalle beginnt der leichte Anstieg ƒber einen Reihe von Treppenstufen in einen inneren, von einer quadratischen Mauer umgrenzten Bereich, der im Mandala als •himmlischer Palast‚ bezeichnet wƒrde. Die Ausgestaltung des Raums im Innern jedoch verwirft den Gedanken an ein Mandala eher wieder, selbst wenn die St…tte hier wie dort als Sinnbild fƒr das Geb…ude des Bewusstseins und der Weisheit steht „ und damit fƒr den im engeren Sinne buddhistischen Tantriker, im weiteren Sinne fƒr den Wissensdurstigen, die beide beim Vordingen ins Innerste dieser St…tte Verwirklichung suchen. Im ‡berblick erscheinen die geometrischen Grundrisse mehr als nur zuf…llig auch als Sinnbilder fƒr die irdische und ƒberirdische Welt, die in der alten chinesischen Kosmogonie quadratisch (Erde) und kreisf€rmig (Himmel) vorgestellt wurden. Ein Tor mit doppeltem Fu†walmdach fƒhrt vom gestuften Weg auf einen gro†en Platz, zu dessen beiden Seiten zwei in Form eines Winkels gebaute Nebengeb…ude stehen. Der Blick ƒber den Platz offenbart, dass dieser innerste Bereich der Klosterakademie dreigestuft ist. Treppen trennen und verbinden drei Ebenen, deren Funktion und Sakralit…t verschiedener Natur sind. Die erste Treppe trennt den Bereich der Laien von jenem der M€nche, d.h. die unterste Plattform, die man durch das Tor betritt, dient den Laien als Wohnbereich und fƒr die Administration der Klosterakademie. Die beiden Geb…ude links und rechst sind entsprechend als Hotel und Verwaltungsgeb…ude vorgesehen. Die anschlie†enden Stufen fƒhren auf eine Plattform, die als offener Platz gestaltet ist und zur Durchfƒhrung buddhistischer Zeremonien dienen soll „ wie Klosterfeste, Maskent…nze und gelehrte Disputationen der M€nche. Am oberen, n€rdlichen Ende erhebt sich auf der abermals ƒber Treppen zu erreichenden dritten Ebene die Hauptversammlungshalle, dukhang, das spirituelle, zeremonielle und architektonische Zentrum des Ranyag-Klosters. Sie setzt sich aus der dreigeschossigen eigentlichen Versammlungshalle der M€nche und einem ƒber sechs Stockwerke aufragenden Lamaresidenz- und Tempelbereich zusammen. Mit einer Grundfl…che von ƒber 8000 Quadratmetern ist sie nicht nur zehnmal gr€†er als der dukhang des alten Klosters, sondern ist wom€glich die monumentalste Halle, die in tibetischen Nomadengebieten zu finden ist. Ihre Komposition tr…gt deutliche Zƒge des tibetischen Exilklosters Sera im sƒdindischen Bylakuppe, in dessen Umgebung Khamchog Rinpoche sich mehrere Jahre aufhielt. Allerdings ƒberragt die Halle von Ranyag das Exilgeb…ude um zwei Stockwerke. Die Dachaufbauten sind mehrteilig „ mit einem breiteren Fu†walmdach in der Mitte und zwei kleineren, pavillonartigen Dachaufbauten zu beiden Seiten. Sie stehen symbolisch fƒr den Buddha und seine beiden Lieblingsschƒler und versinnbildlichen somit noch einmal plastisch die Aufgabe der Akademie: die Lehre und ihre Verbreitung. Haupthalle im sÄdindischen Sera Che (oben) und in der geplanten Klosterakademie in Yushu (unten) Tempelhalle auf einander gegenƒber liegenden Seiten je ein offenes, dreieckiges Fenster in die Wand eingelassen. Damit wird ihr die Bereitschaft der Menschen gezeigt, ihren Wƒnschen jederzeit zu entsprechen. So erhofft man sich zu den positiven Kr…ften, die Sonam Topgyal im Kontext der Fengshui-Lehre fƒr den Ort erschlossen hat, noch den Beistand der g€ttlichen Schutzmacht. Res•mee Die SchutzgÇttertempel der Akademie Vor dem Haupteingang des dukhang fƒhrt eine Querachse von Ost nach West durch den gesamten Klosterbereich, auf der sich spiegelbildlich weitere Tempelhallen und, n€rdlich versetzt, die Unterkƒnfte der M€nche und Novizen finden. Links und rechts des Nordausganges des inneren Sakralbereichs werden eine Bibliothek sowie ein Unterrichtsgeb…ude errichtet. Im Gesamtplan noch nicht aufscheinend, aber in der Anlage vorgesehen sind vier unterschiedlich gestaltete Schutzg€ttertempel. Sie schirmen den Sƒdwesten ab „ und damit jeglichen schlechten Einfluss, der von der jenseits des •Spiegelberges‚ aufragenden Felsspitze ausgehen k€nnte. Eine der Schutzgottheiten ist eine alte, auf die vorbuddhistische Zeit zurƒckgehende Gottheit namens Gyilang, der insbesondere abends niemals der Weg verstellt werden sollte. Aus diesem Grund ist im Oberstock der ihr geweihten Ohne Frage ist Matsa Sonam Tobgyal heutzutage einer der, wenn nicht der einflussreichste tibetische Architekt in Osttibet. Auf geradezu einzigartige Weise gelingt es ihm, traditionelle Architektur, Fengshui und moderne Baumaterialien ins Einvernehmen zu bringen. Seine Arbeiten deshalb als chinesisch anzusehen, w…re in jeder Hinsicht eine Fehleinsch…tzung. Anders als viele westliche Betrachter, die aus Tibet gerne ein unver…nderbares, gewaltiges Museum machen wƒrden, vertritt Sonam Topgyal die Auffassung von Kultur als etwas Lebendigem, sich Wandelndem, und dass diese Kultur um so lebendiger ist, je mehr ihre Angeh€rigen andere Einflƒsse auf eigene Weise in sie einbeziehen. Nur mƒssen sie diesen Wandel selbst gestalten. Damit dies in Harmonie geschieht, hat er Fengshui in sein Denken mit einbezogen. Damit ist ihm, so sollte deutlich geworden sein, etwas sehr Beeindruckendes, Modernes und gleichwohl typisch Tibetisches gelungen. Nicht umsonst z…hlen seine architektonischen Entwƒrfe schon heute zu den einflussreichsten in ganz Osttibet.