Abstract Fhr BERNHARD Wolfgang Abstract Am Beginn der Diplomarbeit gibt eine kurze Einleitung darüber Auskunft, wie es einerseits zur Motivation der Themenwahl, zum damit in logischem Zusammenhang stehenden Problembereich und andererseits zum Entstehen der Arbeit selbst gekommen ist. Anschließend werden die Hypothesen, welche durch die forschungsleitenden Fragestellungen verifiziert bzw. falsifiziert werden und den logischen Ausgangspunkt des beschreibenden Teils bilden, definiert. Mit einem kurzen Blick auf die verwendete Methode, die Art der Datenerhebung und den Aufbau der Arbeit schließt diese Einleitung. Vergangenheit, Gegenwart und mit ziemlicher Sicherheit auch die Zukunft zeigen uns, dass die Menschheit den Krieg als Mittel zur Durchsetzung der Politik versteht. Dazu Carl von CLAUSEWITZ: „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“1 Die politische Absicht ist der Zweck, der Grund und der Krieg dient diesem Zweck als Mittel, dieser darf daher nie Selbstzweck sein. Der Soldat ist deshalb im Falle eines Krieges ein Mittel zur Durch- und Fortsetzung der Politik des eigenen Staates. Der Soldat, vor allem aber der mit der Führung der Soldaten betraute Offizier, muss sich dieser Verantwortung bewusst sein und sich dementsprechend bilden. Er benötigt die Bildung, um im Sinne der Politik, trotz der vorherrschenden Brutalität des Krieges, handeln zu können. Der Offizier ist Mittel des Staates, daher Träger politischer Verantwortung, und deshalb muss er sich mit den Begriffen Staat, Krieg und Mensch auseinandersetzen. Diese Begriffe darf man nicht als etwas Abstraktes, von einander Getrenntes sehen, sondern als eine Einheit denken und wissen. Weiß man dies nicht, kann man auch nicht im Sinne der Politik handeln und dieses unbewusste Handeln hat die Ungerechtigkeit zur Folge. Der Offizier muss sich fragen, wann denn ein Krieg nun gerecht oder ungerecht sei. Der Krieg kann nur dann gerecht sein, wenn der Staat selbst eine gerechter ist und somit die Absicht, der Zweck das Gerechte will. Die Frage, die man sich nun stellen muss, ist jene nach dem Begriff der Gerechtigkeit. Wer bestimmt 1 VON CLAUSEWITZ, Carl: Vom Kriege. Hinterlassenes Werk. Ungek. Text. Neuausg. von UB 34799. April 1998. Ullstein Buchverlage. Berlin 1998. S. 44. Seite 1 Abstract Fhr BERNHARD Wolfgang wann jemand oder etwas gerecht ist? Bestimmt dies der Staat als politischer Akteur – kann denn eine Meinung irgendeines Staates bestimmend für die Natur, das Wesen der Gerechtigkeit oder der Ungerechtigkeit sein – kann denn etwas Subjektives das Allgemeine bestimmen? Nein, der Begriff kann nie subjektiv, sondern muss allgemein sein, da ansonsten die eine Meinung die andere aufhebt und zur Nullaussage bestimmt. Das Wesen der Gerechtigkeit ist und will das Gute. Jenes der Ungerechtigkeit ist und will das Böse. Trotz des im Kriegszustand vorherrschendem Chaos – im Zustand der anscheinenden Vernunftlosigkeit – muss der Offizier vernünftig und gerecht handeln. Gerechtes Handeln ist aber nur dann möglich, wenn der Mensch selbst gerecht ist und vor allem weiß, was die Gerechtigkeit ist. Ist der Offizier gerecht und dient er einem gerechten Staat, ist er nicht mehr Mittel, sondern Selbstzweck, da er das, was die Vernunft in ihrer Wirklichkeit, in der Form des Staates ist und will, selbst ist und will. Die Vernunft, das Gute gibt sich mit dem Mittel des gerechten Krieges Wirklichkeit und setzt sich somit gegen die Unvernunft, das Böse durch. Was nun ist aber das Gute und was das Böse, das Gerechte und das Ungerechte, das Falsche und das Richtige? Fragen über Fragen, von denen man als Offizier die Antworten kennen, wissen und begründen können müsste. Das Problem der Thematik besteht nun in der richtigen Bestimmung des Begriffes der Gerechtigkeit. Dies ist auch der Grund dafür, wieso in dieser Arbeit mit dem Thema der Ungerechtigkeit zuerst die Gerechtigkeit selbst und dann die Formen, die Momente ihrer Verwirklichung, der gerechte Mensch, der gerechte Staat definiert, operationalisiert werden. (Erst wenn man die Wahrheit kennt, kann man lügen.) Will man diese Begriffe bestimmen, also eine Antwort auf diese Fragen erhalten, muss man sich der Philosophie bedienen, da nur sie eine Begriffsbestimmung durchführt – oder eigentlich selbst Begriffsbestimmung ist. All diese eingangs gestellten Fragen hat Platon bereits vor rund 2400 Jahren mit seinem Werk „DER STAAT (POLITEIA)“ beantwortet. Aufgrund dessen wird anhand dieses Platonischen Werkes vorgegangen. Das Thema der Arbeit lautet daher: „DER UN-GERECHTE STAAT IN PLATONS POLITEIA“ und bereits das Thema beweist das oben Festgestellte. Seite 2 Abstract Fhr BERNHARD Wolfgang Der Grund der Themenwahl besteht nun darin, dass, da der Offizier Mittel des Staates und Selbstzweck als Mensch ist, der Offizier verpflichtet ist, die anfangs gestellten Fragen beantwo rten zu können. Da diese Fragen nur mit Hilfe der Philosophie beantwortet werden können, ist der Grund für ein philosophisches Thema. Weil das Wissen der Ungerechtigkeit einerseits sämtliche Begriffe und Momente der Gerechtigkeit voraussetzt und andererseits eine objektive, allgemeingültige Beweisführung für die Gerechtigkeit, die Grundlage des täglichen guten Handelns zulässt, ist der Entschluss gefasst worden, über die Ungerechtigkeit zu schreiben. Dies alles ist die Voraussetzung für einen tüchtigen und rechtschaffenden Mann, dem Offizier. Viele Menschen sind der Meinung, dass die Gerechtigkeit zwar erstrebenswert ist, aber heutzutage in der Realität keinen lukrativen Wert mehr bildet. Dies geschieht deshalb nicht mehr, weil sie nicht glücklich, reich mac ht. Jenen Menschen sei gesagt, dass Glück und Zufriedenheit nicht durch den Reichtum materiellen Besitzes hervorgerufen wird. Glück und Zufriedenheit sind einzig und allein das Resultat der vorherrschenden Gerechtigkeit und da sie selbst und logischerweise ihre Folgen immateriell sind, kann dies nicht mit etwas materiellem wie Geld und Besitz erreicht werden. Die Hypothesen sind daher: à Die Verwirklichung, das Wissen und Leben der Gerechtigkeit hat das höchste Glück und deshalb die größtmögliche Zufriedenheit als logische Konsequenz. Daraus folgt: à Die Verwirklichung der Ungerechtigkeit, das nicht Wissen und nicht Leben der Gerechtigkeit hat das Unglück und daher die Unzufriedenheit in ihrer extremsten Ausprägung als Resultat. Die forschungsleitenden Fragestellungen dieser Arbeit dienen der Verifikation / Falsifikation der Hypothesen und sind denknotwendig diese: - Was ist der Begriff des Menschen? - Was ist der Begriff des Staates? - Was ist der Begriff der Gerechtigkeit? - Was ist der Begriff der Idee? - Was ist der Begriff der Ungerechtigkeit? - Inwieweit bewirkt die Gerechtigkeit Glück? Seite 3 Abstract Fhr BERNHARD Wolfgang - Inwieweit bewirkt die Ungerechtigkeit Unglück? Zur hinreichenden Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellungen wird in dieser Arbeit auf die geisteswissenschaftliche Methode, die Hermeneutik zurückgegriffen und eine Form der Inhalts- bzw. Quellenanalyse verwendet. Es werden die Hypothesen und die Theorien auf ihren ersten wahren Grund hinterfragt und dadurch der wahre Ausgangspunkt der Thematik erreicht. Damit wird das notwendige Verständnis der Thematik erreicht und mit dem Theorietyp, der am ehesten ontologisch-normativ bis dialektisch-kritisch ist, versucht, die Fragestellungen zu beantworten und die Hypothesen zu beweisen. Am Beginn der eigentlichen Arbeit wird die Einführung in die Thematik mit der Erklärung und Erläuterung der Platonischen Philosophie erreicht. Eine kurze Biographie und das Lebensziel Platons sollen dem Gesamtverständnis dienen, welches Grundvoraussetzung für das Verstehen der Platonischen Philosophie ist. Will man diese Philosophie in ihrer wahren Gesamtheit erkennen, muss man wissen, dass für ihn nicht die „Realität“, sondern „die Idee des Guten“ Ausgangspunkt seines bzw. des Denkens ist. Zum Verständnis der Platonischen Philosophie ist eine logische Abfolge der unbedingt notwendigen Begriffe, jener des Menschen, des Staates, der Gerechtigkeit und der Idee notwendig, welche wiederum die Voraussetzung für den Begriff der Ungerechtigkeit bilden. Bevor nun die Ungerechtigkeit definiert wird, erfolgt eine Zusammenfassung der bisherigen Begriffe – des Begriffes der Platonischen Philosophie. Nachdem der Begriff der Ungerechtigkeit definiert ist, wird versucht, die schlechthin beste Staatsform, welche gleichzeitig Ausgangspunkt für den Verfall der Staatsformen sein wird, bestimmt. Das Resultat dieses Vorgehens ist die Bestimmung der ungerechtesten Staatsform und lässt ein weiteres Vorgehen zu. Sie dient als Grundlage der endgültigen Beweisführung, nämlich dass der ungerechteste Mensch der unglücklichste ist, weil die Verwirklichung der Ungerechtigkeit für das absolute Extrem des Unglücks und der daraus resultierenden Unzufriedenheit verantwortlich ist. Mit der versuchten Verifizierung der Hypothesen endet der beschreibende Teil. Die darauf folgende Conclusio fasst die Arbeit zusammen und beantwortet die gestellten forschungsleitenden Fragestellungen. Seite 4 Abstract Fhr BERNHARD Wolfgang Die Conclusio fasst den beschreibenden Teil der Arbeit zusammen und bestätigt über die Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellungen die aufgestellten Hypothesen. Diese Beantwortung erfolgt jedoch nicht in der Form einer taxativen Auflistung, sondern durch den nachfolgenden, zusammenhängenden Text. Mit dem ersten Teil der Arbeit, der Einführung der Thematik – der Erklärung und Erläuterung der Platonischen Philosophie – erfolgt einerseits die Beantwortung der ersten forschungsleitenden Fragestellungen und andererseits wird dadurch der Begriff der Platonischen Philosophie bestimmt. Diese Begriffsbestimmung ist Voraussetzung für den zweiten Teil der Arbeit und bildet so den Ausgangspunkt, die Basis für die Beantwortung der weiteren Fragestellungen. Das Ergebnis dieses Vorgehens ist die Bestätigung von den in der Einleitung operationalisierten Hypothesen. Will man den Begriff der Gerechtigkeit verstehen und bestimmen, muss man sich als erstes mit dem Begriff des Menschen befassen. Der Mensch ist Denken und hat jenes, welches ihn von allem anderen unterscheidet, in sich als unselbstständige Momente enthalten. Er hat das Unbeseelte und das Beseelte in sich als Ganzes vereint und ist daher „denkendes Lebe-wesen“, Denken, Freiheit. Im Begriff der Freiheit ist aber die Verwirklichung dieser, des Allgemeinen, die Objektivierung enthalten und deshalb muss der Mensch um Freiheit zu sein, auch Mitglied eines Staates sein. Der Staat ist der „Mensch“ im Großen, der Mensch „Staat“ im Kleinen und das bedeutet, dass der Staat eine Art Spiegelbild der Charaktere seiner Bürger ist. Der Mensch – das Denken – bringt durch seinen freien Willen die Welt der Freiheit, den Staat als seine zweite Natur hervor und hat so die Grundlage für sein gerechtes Handeln. Der Staat ist daher die sittlich verwirklichte wie sich immer verwirklichende Freiheit. Der Mensch und der Staat sind dann Freiheit, wenn sie die Verwirklichung der Freiheit, Vernunft, Gerechtigkeit selbst sind. Der Mensch ist dann gerecht, wenn die Harmonie der Seelenteile gegeben und der Staat, wenn die Harmonie der Stände mit den Kardinaltugenden vorhanden ist. Jeweils der kleinste Teil – der vernünftige Seelenteil und die Tugend der Weisheit – der jeweiligen Einheit – Mensch und Staat – muss die Führung über die anderen Teile – mutigen, besonnenen Seelenteil und Tapferkeit, Besonnenheit – übernehmen. Die Gerechtigkeit ist die Seite 5 Abstract Fhr BERNHARD Wolfgang Herrschaft der Vernunft und diese kann nur dann existieren, wenn jedes ihrer Momente – Mensch und Staat – das Seine tut und erhält. Der gerechte Mensch verwirklicht durch sein gerechtes Handeln den gerechten Staat und dieser ist die Verwirklichung der Gerechtigkeit, der Vernunft. Die Idee ist das wahre Sein, das Wesensallgemeine und die Wirklichkeit der Wahrheit. Diese Substanz, das Denken – Gott, Vater – verwirklicht sich als Seele, als Gedanke– als die beseelte Welt, Sohn – und wird sich bewusst, dass sein Gedanke an sich Seiendes ist und wird so zum Subjekt, zur Vernunft. Die Idee des Guten ist Ausgangspunkt und Grundlage der Begriffe Mensch, Staat, Gerechtigkeit und verwirklicht sich in der Vernunft. Daraus folgt die denknotwendige Begriffsbestimmung der Ungerechtigkeit. Die Ungerechtigkeit ist die Herrschaft der Unvernunft und diese kommt dann zu ihrer Verwirklichung, wenn jedes ihrer Momente – Mensch und Staat – weder das Seine tut, noch erhält. Der ungerechte Mensch verwirklicht mit seinem ungerechten Handeln den ungerechten Staat, und dieser ist die Verwirklichung der Ungerechtigkeit, der Unvernunft. Der Mensch, welcher seinem Begriff am Nähesten kommt ist glücklich und zufrieden, da er das was er ist – Freiheit – durch sein Handeln – den freien Staat, die Gerechtigkeit – verwirklichen kann und verwirklicht hat. Die richtige Ordnung der Seelenteile ist sein höchstes Ziel und deshalb kann er sein Wesen, die Freiheit am Besten verwirklichen. Dieser Mensch ist der wahre Aristokrat und er verwirklicht daher die Freiheit schlechthin am Besten und sein Staat, die Aristokratie, ist die bestmögliche Verwirklichung der Gerechtigkeit, der Vernunft (Verifizierung der ersten Hypothese). Daraus folgt, dass der Mensch, welcher seinem Begriff am wenigsten entspricht, der Tyrann, sein Wesen am wenigsten verwirklichen kann. Sein ungerechtes Handeln verwirklicht sich in der Staatsform der Tyrannei und diese ist die extremste Verwirklichung der Ungerechtigkeit, der Unvernunft. Dieser ungerechte Mensch ist in seinem ungerechten Staat unglücklich und unzufrieden, da ihn nicht die Vernunft, sondern die Unvernunft leitet, bestimmt (Verifizierung der zweiten Hypothese). Ist der Mensch ungerecht, da die Ordnung der Seelenteile nicht vorhanden ist, handelt er auch ungerecht, und bewusstes oder unbewusstes Unrechttun bringt weder Vorteil noch Glück, selbst wenn es unbemerkt bleibt. Seite 6