IP/02/1170 Brüssel, den 29. Juli 2002 Strukturfonds: Auswirkungen der Ziel-1-Förderung zwischen 2000 und 2006 Die Ergebnisse einer neuen Studie über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Regionalpolitik auf die Hauptnutznießer, die sogenannten Ziel-1Regionen1, wurden von Michel Barnier, dem für die Regionalpolitik zuständigen Kommissar, erläutert. Die Studie handelt von Regionen in Spanien, Portugal, Irland und Griechenland sowie vom italienischen Mezzogiorno und den ostdeutschen Ländern. Die EU will diese Regionen in den sieben Jahren 2000-2006 mit 135 Mrd. € fördern; hinzu kommen im Wege der Kofinanzierung zusätzliche Beiträge aus nationalen und regionalen Quellen. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen, wie die Studie zeigt, eine Steigerung des Gesamteinkommens (BIP) um 3,5% in Portugal und um 2,4% in Griechenland sowie die Sicherstellung von bis zu 700 000 Arbeitsplätzen. Michel Barnier: "Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen den zusätzlichen Nutzen, den die Strukturfonds durch die Einkommensverbesserung und die Förderung von Arbeitsplätzen in den am meisten benachteiligten Regionen der EU schaffen. Die Studie legt den Schluss nahe, dass es der Union mit Hilfe der Strukturfonds gelingt, eines ihrer wesentliche Ziele zu erreichen, die Verringerung der Kluft zwischen reich und arm." Barnier weiter: "die Studie zeigt weiter, dass die europäische Wirtschaft in hohem Maße integriert ist und die Mittel, die im Rahmen von Förderprogrammen in ärmere Regionen fließen, Exportmöglichkeiten für ein weites Spektrum von Unternehmen in den wohlhabenderen Gebieten der Union eröffnen." Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lauten wie folgt: - Die Ziel-1-Programme haben erhebliche Auswirkungen auf BIP, Anlageinvestitionen und Beschäftigung. Dies gilt insbesondere für Portugal und Griechenland, die Zielländer des im Verhältnis zum nationalen Einkommen höchsten Kapitaltransfers, die Schätzungen zufolge zwischen 2000 und 2006 mit einer Steigerung ihres BIP-Gesamtvolumens um 3,5% bzw. 2,4% rechnen dürfen, was ohne die Förderung durch die Gemeinschaft nicht möglich wäre. Die Steigerung wird auch im Mezzogiorno (1,7%), den ostdeutschen Ländern (1,6%) und Spanien (1,1%) deutlich ausfallen. In Irland wird mit einem geringeren Zuwachs gerechnet (0,4%), was im wesentlichen auf den Rückgang der BIP-bezogenen Transfers der EU aufgrund des spektakulären Aufschwungs im letzten Jahrzehnt zurückzuführen ist. "Ziel 1" der Strukturfonds nimmt den Spitzenplatz unter den Prioritäten der Kohäsionspolitik der Europäischen Union ein und bezweckt die "Entwicklung und strukturelle Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand”, d.h. Regionen mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von weniger als 75% des Gemeinschaftsdurchschnitts. 1 - Die jährlichen Wachstumsraten des BIP werden dank den Gemeinschaftsmitteln im Falle von Portugal voraussichtlich um gute 0,4% in Portugal und knapp unter 0,4% in Griechenland liegen. Im Mezzogiorno wird der Zuwachs fast 0,3%, in den ostdeutschen Ländern um 0,2%, in Spanien knapp über 0,1% und in Irland weniger als 0,1% betragen. - Ein erheblicher Teil der Transfers im Rahmen von Ziel 1 fließt in Form von Folgezahlungen für Einfuhren von Ausrüstungen, Waren und Dienstleistungen aus den Empfängerregionen in andere Regionen der EU weiter. So steigen die Ausgaben für Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten um durchschnittlich einen € je vier €, die im Rahmen von Ziel-1-Programme ausgegeben wurden. Verglichen damit ist der durchschnittliche Prozentsatz an Mitteln, die in Drittländer weiterfließen, mit rund 9% gering. - Die Ziel-1-Programme tragen zur wirtschaftlichen Umstrukturierung bei. Es ist zu erwarten, dass die Industrieproduktion in absoluten Zahlen wächst, der relative Anteil von Gewerbe und Landwirtschaft am BIP aber aufgrund des steigenden Anteils des Dienstleistungssektors sinken wird. Diese Entwicklung entspricht dem üblichen in anderen, entwickelteren Regionen üblichen Muster und ist eine Folge der wirtschaftlichen Umstrukturierung und des Aufholens der sechs Ziel-1-Gebiete, die in der Studie untersucht werden. Ein Vermerk mit den Hauptergebnissen der Studie ist dieser Pressemitteilung als Anhang beigefügt. Hintergrund Die "Entwicklung und strukturelle Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand" (Ziel 1) nimmt den Spitzenplatz unter den Prioritäten der Kohäsionspolitik und der Strukturfonds der Europäischen Union ein. Im Zeitraum Zwischen 2000 und 2006 stehen mehr als zwei Drittel der Strukturfondsmittel bzw. 135 Mrd. € für die Förderung von Regionen mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von weniger als 75% des Gemeinschaftsdurchschnitts bereit. Die betreffenden Gebiete leiden in der Regel an einer verhältnismäßig geringe Kapitalausstattung, Unzulänglichkeiten bei den grundlegenden Infrastrukturen, einer überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit sowie einem Mangel an Dienstleistungen für Unternehmen und Einzelpersonen. Es handelt sich fünfzig Regionen, in denen 22% der europäischen Bevölkerung leben. Mit den Strukturfondsmitteln werden hauptsächlich Investitionen in grundlegende Infrastrukturen, Arbeitskräfte und die Unternehmensentwicklung gefördert. Die Programme verfolgen strategische Ziele und werden über Partnerschaften lokaler, regionaler und gemeinschaftlicher Akteure entwickelt und durchgeführt. Neben den Ziel-1-Gebieten werden mit den Strukturfondsmitteln auch "Gebiete mit Strukturproblemen" (Ziel 2), die "Modernisierung der Bildungs- und Ausbildungssysteme und Beschäftigungsförderung" (Ziel 3) sowie vier Gemeinschaftsinitiativen, die vor allem auf eine europaweite Zusammenarbeit abzielen, gefördert. Das Gesamtvolumen aller strukturpolitischen Instrumente einschließlich des Kohäsionsfonds beträgt im Zeitraum zwischen 2000 und 2006 213 Mrd. €. 2 Zusätzliche Angaben Weitere Angaben zu den Strukturfonds sind unter der folgenden Internetadresse zugänglich: http://europa.eu.int/comm/regional_policy/index_de.htm/ Eine kurze Darstellung finden Sie in der Nachrichtenrubrik des REGIO-Netzplatzes: http://europa.eu.int/comm/regional_policy/newsroom/index_de.htm Die Studie selbst ist unter der Rubrik "Studien" des Netzplatzes zugänglich: http://europa.eu.int/comm/regional_policy/sources/docgener/studies/study_de.htm 3 Anhang Zusammenfassung Vorläufige Endergebnisse der Studie zur Voraussage der makroökonomischen Auswirkungen der Ziel-1-Maßnahmen für den Zeitraum 2000 bis 2006 in Spanien, Portugal, Griechenland, Irland, in den neuen Bundesländern und im Mezzogiorno Die Studie wurde von der Fachhochschule Konstanz unter Verwendung eines dynamischen Input-Output-Modellsmodell. Sie beruht auf - den harmonisierten Input-Output-Tabellen des Statistischen Amtes der EU Eurostat; - der kurzfristigen offiziellen Vorausschätzung der Kommission für 2002-2003 von Herbst 2001; - der mittelfristigen Vorausschätzung der Kommission von Herbst 2001; - der von Cambridge Econometrics im Herbst 2001 für die Kommission erstellten sektorenbezogenen mittelfristigen Vorausschätzung; - der sich auf die Finanztabellen der Programme stützenden Aufschlüsselung der Ausgaben für die Ziel-1-Maßnahmen nach Kategorien und Jahren. In der Studie wird auf der Grundlage der kurz- und mittelfristigen Vorausschätzungen der Kommission (Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen) von Herbst 2001 eine Vorausschau auf die Wirtschaftsentwicklung zwischen 2000 und 2006 erstellt. Anschließend werden mit Hilfe einer Input-Output-Analyse die Auswirkungen der Struturfonds als Differenz zu den angenommenen Ergebnissen ohne die Strukturfonds geschätzt. Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum Die höchste Zunahme des Wachstumsrate dank der Gemeinschaftsförderung wird in der Studie für Portugal und Griechenland mit knapp über 0,4% zusätzlichen jährlichen Wachstums des BIP angenommen. Für den Mezzogiorno liegt der entsprechende Wert knapp unter 0,3%, für die neuen Bundesländer um 0,2%, für Spanien knapp über 0,1% und für Irland unter 0,1%. Auswirkungen auf BIP, Anlageinvestitionen und Beschäftigung Die unten abgedruckte Tabelle enthält die Schätzwerte der Studie für die Auswirkungen der Gemeinschaftsförderung auf BIP, Bruttoanlageinvestitionen (BAI) und Beschäftigung. Die Auswirkungen der einzelstaatlichen öffentlichen und privaten Kofinanzierung sind dabei nicht berücksichtigt. Bei ihrer Berücksichtigung verdoppeln sich die Gesamtwerte für die Auswirkungen der Strukturfonds auf BIP, BAI und Beschäftigung. BIP. Entsprechend den oben aufgeführten Ergebnissen für den BIP-Zuwachs lässt sich aus der Tabelle ersehen, dass die größten Auswirkungen der Ziel-1Maßnahmen der Gemeinschaft auf das BIP für Portugal und Griechenland erwartet werden, wo für 2000-2006 ein durchschnittlicher Jahreswert des BIP erwartet wird, der um 3,5% bzw. 2,4% höher ist als der angenommene Wert ohne Gemeinschaftsförderung. Die Auswirkungen in den neuen Bundesländern (1,6%), im Mezzogiorno (1,7%) und in Spanien (1,1%) fallen zwar geringer aus, sind aber immer noch beträchtlich. Für Irland wird lediglich ein Wert von 0,4% berechnet. 4 Die verhältnismäßig geringen Auswirkungen auf das BIP in Irland sind auf den relativ bescheidenen Umfang der Strukturfondsmaßnahmen in diesem Lande zum gegenwärtigen Zeitpunkt zurückzuführen. BAI. Es ist anzunehmen, dass sich die Ziel-1-Maßnahmen in erheblichem Maße auf die BAI auswirken. Diese Annahme wird durch die Studie bestätigt. In Portugal und Griechenland liegt der jährliche BAI-Durchschnitt im ganzen Zeitraum um 8,9% bzw. 8,1% höher als der angenommene Wert ohne Förderung. Auch die entsprechenden Werte für die neuen Bundesländer (4,2%), den Mezzogiorno (6,6%) und Spanien (3,2%) sind erheblich. In Irland ergibt sich wegen des geringeren Umfangs der Förderung ein kleinerer Wert (1,2%). Der Zuwachs der BAI wird zu einer besseren Wettbewerbsfähigkeit aller sechs Gebiete beitragen. Auswirkungen auf die Beschäftigung. Die Studie zeigt, dass im Zeitraum 20002006 durch die Ziel-1-Maßnahmen 187 000 Arbeitsplätze bzw. 3,7% der Beschäftigten in Portugal und 100 000 Arbeitsplätze bzw. 2,5% der Beschäftigten in Griechenland gefördert wurden. Auch für die neuen Bundesländer (101 000 bzw. 1,6%), den Mezzogiorno (101 000 bzw. 1,7%) und Spanien (209 000 bzw. 1,3%) werden beträchtliche Auswirkungen vorhergesagt, während die Zahlen für Irland (8 000 bzw. 0,5%) wegen des verhältnismäßig geringen Volumens der EUMaßnahmen kleiner sind. Insgesamt werden durch die Gemeinschaftsmaßnahmen schätzungsweise bis zu 700 000 Arbeitsplätze in den sechs in der Studie untersuchten Länder bzw. Regionen gefördert. Abweichung vom angenommenen Gemeinschaftsförderung (Jahresdurchschnitt) Basiswert ohne BIP (prozentualer Zuwachs gegenüber Basiswert) BAI (prozentualer Zuwachs gegenüber Basiswert) Beschäftigung (% der Beschäftigten) Beschäftigung Portugal 3,5 8,9 3,7 187 Griechenland 2,4 8,1 2,5 100 Spanien 1,1 3,2 1,3 209 Irland 0,4 1,2 0,5 8 Neue Bundesländer 1,6 4,2 1,6 101 Mezzogiorno 1,7 6,6 1,7 101 (in Tsd. Personen) Ausstrahlung auf andere Regionen Die Studie enthält auch Schätzungen darüber, in welchem Maße die Förderung durch Einfuhren von Waren, Ausrüstungsmaterial und Dienstleistungen auf die Wirtschaft in anderen Mitgliedsländern und Drittländern ausstrahlt. Die Zahlen sind in der Tabelle unten aufgeführt. Erwartungsgemäß gehen von verhältnismäßig kleinen und offenen Volkswirtschaften wie der griechischen, portugiesischen und irischen größere Ausstrahlungseffekte aus, aber sie sind bei allen der untersuchten Länder bzw. Regionen beträchtlich. Durchschnittlich lagen die Ausstrahlungseffekte auf die EU für die Kohäsionsländer, den Mezzogiorno und die neuen Bundesländer bei rund 24% der Ziel-1Maßnahmen. Für die vier Kohäsionsländer beträgt der Durchschnittswert rund 28%. Dagegen fallen die Ausstrahlungen auf Drittländer viel geringer (nur 9%). 5 Die Fördermaßnahmen strahlen also hauptsächlich auf die anderen Mitgliedstaaten aus, und es ist zu erwarten, dass die entwickelteren Industrieregionen Europas am meisten davon profitieren, weil sie mehr Dienstleistungen, Waren, Maschinen und Ausrüstungsmaterial ausführen können. Ausstrahlung Einfuhren der Ziel-1-Fördermaßnahmen 2000-2006 auf die Ausstrahlungen auf EU-Länder (in % der Ziel-1-Maßnahmen) Ausstrahlungen auf Drittländer (in % der Ziel-1-Maßnahmen) Portugal 35,2 6,7 Griechenland 42,6 3,8 Spanien 14,7 13,2 Irland 26,7 11,1 Neue Bundesländer 18,9 9,4 Mezzogiorno 17,4 8,6 Insgesamt 24,3 9,1 Durch die Fördermaßnahmen bewirkte strukturelle Änderungen Die Studie zeigt, dass die Gemeinschaftsmaßnahmen in erheblichem Umfang zu strukturellen Änderungen in den regionalen Wirtschaften beitragen. Sie führen allgemein zu einer höheren Industrieproduktion. Eine Aufschlüsselung nach Sektoren ergibt jedoch, dass für den Anteil von Landwirtschaft und Gewerbe am BIP ein geringer Rückgang erwartet wird, während der Anteil privater Dienstleistungen erheblich wachsen wird. Diese Entwicklung hin zu einem höheren Anteil der Dienstleistungen entspricht der Tendenz in anderen entwickelteren Gebieten und ist eine Folge der wirtschaftlichen Umstrukturierung und des Aufholens. Bemerkungen Bemerkung 1: Die Ergebnisse für Spanien geben die Auswirkungen der Ziel-1Maßnahmen in den Ziel-1-Regionen nicht vollständig wieder, da aus datentechnischen Gründen nur eine Bewertung von ganz Spanien, aber keine gesonderte Untersuchung der Ziel-1-Regionen möglich war. Bemerkung 2: Die Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung sind im Falle Portugals erheblich höher als im Falle Griechenlands, obwohl es sich in beiden Fällen um kleine und offene Volkswirtschaften handelt. Es gibt jedoch beträchtliche Unterschiede, die diese Abweichung erklären. Beim BIP zeigt sich, dass in Griechenland die Ausstrahlung auf andere Länder größer ist. Einer der Gründe ist die schmalere industrielle Basis in Griechenland, die anteilsmäßig mehr Einfuhren und damit geringere Auswirkungen auf den BIP-Zuwachs bedingt. Was den Arbeitsmarkt angeht, wird für Griechenland ein höherer Zuwachs an Arbeits- und Kapitalproduktivität erwartet als für Portugal. Das Wachstum in Portugal dürfte also arbeitsintensiver sein, was auch die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Beschäftigung erklärte. In diesem Zusammenhang sollte auch erwähnt werden, dass bei den Arten von Investitionen, die mit Strukturfondsmitteln gefördert werden, beträchtliche Unterschiede zwischen Portugal und Griechenland bestehen. 6 So investiert Griechenland gegenwärtig verhältnismäßig mehr in grundlegende Infrastrukturen und weniger in die Produktion als Portugal. Aus der Studie lässt sich jedoch nicht schließen, dass Portugal eine wirksamere langfristige Strategie verfolgte als Griechenland (oder umgekehrt). 7