Samstag, 12. Oktober 2013 Samstag, 12. Oktober 2013 Montag, 14

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Samstag, 12. Oktober 2013
21.00 Uhr
Konzert vom 20. März 2013
Samstag, 12. Oktober 2013
22.30 Uhr
Konzert vom 15. Mai 2013
Montag, 14. Oktober 2013
21.00 Uhr
Konzert vom 27. Februar 2013
Mittwoch, 20. März 2013
19.30 Uhr, Grosser Saal
Tonhalle-Orchester Zürich
David Zinman Leitung
Gershwin Piano Quartet
Mischa Cheung, André Desponds, Benjamin Engeli, Stefan Wirth
Rex Lawson Pianola
Evgeniya Sotnikova Sopran | Anna Goryachova Mezzosopran
Aleš Briscein Tenor | Goran Jurić Bass
Zürcher Sing-Akademie | Tim Brown Einstudierung
Igor Strawinsky 1882–1971
Petruschka (rev. Fassung 1947), Burleske in vier Bildern
Erstes Bild
Jahrmarkt in der Fastnachtswoche; Russischer Tanz
Zweites Bild
Petruschka
Drittes Bild
Der Mohr; Walzer (Der Mohr und die Ballerina)
Viertes Bild
Jahrmarkt in der Fastnachtswoche (gegen Abend)
Tanz der Ammen; Ein Bauer und der Bär
Die Zigeunerinnen und ein genusssüchtiger Kaufmann
Tanz der Kutscher; Die Maskierten
Pause
Les Noces (Die Hochzeit)
Teil I
Erstes Bild: Brautkammer
Zweites Bild: Beim Bräutigam
Drittes Bild: Die Verabschiedung der Braut
Teil II
Viertes Bild: Das Hochzeitsmahl
George Antheil 1900–1959
Ballet mécanique
pour instruments mécaniques et percussion
Die Zwanziger waren nicht nur golden, sie waren auch laut.
«Roaring Twenties» hat man sie genannt, die Zwanzigerjahre, und das nicht nur in New
York. Sie tobten auch in «good old Europe», vor allem in Paris und Berlin. In Paris nannte man sie die années folles. Und in den Künsten waren sie besonders verrückt. Geprägt
wurden sie durch eine geradezu manische Sucht nach allem Neuen. Kein kultureller
Stein sollte auf dem anderen bleiben. George Antheil war eine der schillerndsten ­F iguren
in der Musikszene, und dies sowohl in der Neuen Welt wie auch in Paris und Berlin.
Später wurde er zahm, schrieb angenehme Filmmusiken und wollte gelegentlich seine
wilden Jahre vergessen machen. In den Zwanzigerjahren hat George Antheil sich voll
dem Rausch des Neuen, des gänzlich anderen hingegeben. Es war die Zeit der sich überschlagenden technologischen Entwicklungen. Musik wurde technisch reproduzierbar,
worüber Walter Benjamin nachgedacht hat. Musik konnte plötzlich auch ohne dass ein
musizierender Interpret in der Nähe war gemacht und gehört werden. Die aufregendste
Entwicklung war das Selbstspielklavier, das Pianola. Auf Papierrollen stanzte man
­L öcher. Und jedes Loch, im Pianola abgetastet, löste dann, mechanisch übertragen, auf
dem Klavier den von der Rolle vorgegebenen Ton aus. Die grossen Komponisten und
Pianisten haben damals solche Rollen bespielt, Gustav Mahler ebenso wie Rubinstein
und Horowitz. Strawinsky und Antheil waren gleichermassen fasziniert von den Möglichkeiten des Pianolas. Was alle damals begeistert hat, war die Vorstellung, dass man
die ohnehin unglaublich fingerfertigen Klaviervirtuosen der damaligen Zeit austricksen
und übertreffen konnte. Mit den technischen Möglichkeiten des Pianolas liess sich noch
rasanter spielen als mit den normalen zwei Künstlerhänden.
Schon die Besetzungsliste des wohl einflussreichsten Stücks der damals entstandenen Maschinenmusiken, Antheils Ballet mécanique, lässt ahnen, was auf den Zuhörer
– damals wie heute – zukommt: Selbstspielklavier, 4 normale Klaviere, 6 Xylophone,
zwei elektrische Klingeln, zwei Fluzeugpropeller, Tamtam, vier grosse Trommeln und
schliesslich noch Sirenen. Alles weit entfernt von musikalischer Liebeslyrik. Um Liebe,
um musikalische Geborgenheit ging es Antheil, weiss Gott, nicht. Er wollte aufschrecken
und erschrecken. Er wollte als Musiker revolutionär sein wie keiner vor ihm, und in der
Tat hat er mit dem lauten, dreisten, perkussiven Ton, der er angeschlagen hat, das
­P ublikum grösstenteils verstört, aber doch die Klangentfaltung zu Beginn des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt und bereichert.
Elmar Weingarten
Mittwoch, 15. Mai 2013 19.30 Uhr
19.30 Uhr, Grosser Saal
Tonhalle-Orchester Zürich
Sir Roger Norrington Leitung
Isabelle Faust Violine
Felix Mendelssohn 1809–1847
Ouvertüre zu «Ruy Blas» c-Moll op. 95
Lento – Allegro molto
Benjamin Britten 1913–1976
Konzert d-Moll op. 15 für Violine und Orchester
Moderato con moto
Vivace
Passacaglia: Andante lento
Pause
Felix Mendelssohn 1809–1847
Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 «Schottische»
Andante con moto – Allegro poco agitato
Vivace non troppo
Adagio
Allegro vivacissimo – Allegro maestoso assai
Benjamin Brittens verzweifeltes Violinkonzert
Zugegeben, besonders einfallsreich sind Jahrestage als Impulse für die Konzeption von
Konzertprogrammen nicht. Doch wenn man derartige Impulse zulässt, fördern sie immer wieder bewegende Konzerterlebnisse und überraschende Entdeckungen zutage.
Der 200. Geburtstag Richard Wagners wird heftig gefeiert und offenbart auch die Mühen, die einem mit diesem Genie immer wieder zu schaffen machen. In England, aber
auch auf dem Kontinent, versichert man sich anlässlich seines 100. Geburtstages der
Bedeutung Benjamin Brittens. Er gilt mittlerweile als der grösste englische Komponist
des 20. Jahrhunderts. Schon zu Lebzeiten ahnte man seine Bedeutung. Im Vereinigten
Königreich wird solche Einschätzung durch die Erhebung in den Adelsstand sinnfällig
zum Ausdruck gebracht. Benjamin Britten starb allzu früh, erst 63 Jahre alt, als Lord
Britten von Aldeburgh. Vor wenigen Wochen haben wir Brittens War Requiem in einer
bewegenden Aufführung des Tonhalle-Orchesters Zürich unter der Leitung von Charles
Dutoit erleben dürfen. Es ist eine emphatische Stellungnahme des Pazifisten Benjamin
Britten für Frieden unter den Völkern, die bis heute an Gültigkeit und Überzeugungskraft nicht verloren hat. Sein Pazifismus veranlasste ihn und einige Freunde Ende der
dreissiger Jahre zur Emigration in die Neue Welt, und dort entstanden seine wichtigsten
Orchesterwerke, darunter auch das heute zu hörende Violinkonzert. Recht selten wird
es gespielt, was sicher auch daran liegt, dass ein Könner wie Heifetz es für unspielbar
erklärte. Es ist ein melancholisches Werk, welches in der Tat die verzweifelte Stimmung
zu Beginn des 2. Weltkrieges zum Ausdruck bringt. Die Ecksätze, ungewöhnlich genug,
schlagen ein langsames Tempo an und können als trostlose Klagegesänge verstanden
werden. Brittens Musiksprache ist zeitlebens tonal geblieben, wie sich alle Komponisten
auf der Insel auch nach dem Krieg ferngehalten haben von Zwölfton- und seriellen Kompositionstechniken. Die Eigenständigkeit der angelsächsischen Musiksprache, die sich
nie den Postulaten der europäischen Avantgarde unterworfen hat, führte auf dem Kontinent zu herzloser Polemik und macht es englischer Musik bis heute schwer, hier Fuss
zu fassen. Und das ist eigentlich verblüffend, denn die Klanglichkeit und Fasslichkeit
englischer Musik ist so viel näher bei den tonalen Sehnsüchten eines breiteren Publikums als die filigranen, unsinnlichen musikalischen Konstruktionen der Heroen der
europäischen Avantgarde.
Elmar Weingarten
Mittwoch, 27. Februar 2013
19.30 Uhr, Grosser Saal
Tonhalle-Orchester Zürich
Michael Sanderling Leitung
Rafał Blechacz Klavier
Hector Berlioz 1803–1869
Le Corsaire op. 21
Allegro assai – Adagio sostenuto – Allegro assai
Ludwig van Beethoven 1770–1827
Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 19
Allegro con brio
Adagio
Rondo: Molto allegro
Pause
Peter Tschaikowsky 1840–1893
Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Andante sostenuto – Moderato con anima, in movimento di valse
Andantino in modo di Canzona
Scherzo: Allegro
Allegro con fuoco
Musikalische Heisssporne – Berlioz, Beethoven, Tschaikowsky
Aus heutiger Sicht ist es schon verblüffend, wie nonchalant und nachsichtig man im­
19. Jahrhundert mit dem Berufsstand der Piraten umging. Die Bewunderung, die den
Korsaren, welche auf dem Mittelmeer ihr Unwesen trieben, entgegengebracht wurde,
war alles andere als heimlich. Sie sahen sich als die Robin Hoods der Meere. Kühne
Männer waren dies, oft aus adeligem Geschlecht, denen ein gesellschaftskonformes
Leben schon im frühen Erwachsenenalter mehr oder weniger misslungen war und die
ein aufregendes Seeräuberleben jeder sittsamen Etikette vorzogen. Berlioz liebte die
damals zuhauf kursierenden Piratengeschichten, und die hier einschlägigen Werke von
Lord Byron und James F. Cooper hatten es ihm besonders angetan: «Ich verehrte auf das
tiefste diesen zugleich unerbittlichen und zärtlichen und mitleidlosen und edelmütigen
Charakter (der Korsaren), in dem sich in wundersamer Weise zwei scheinbar entgegengesetzte Gefühle zusammenfinden: der Hass gegen die Gattung Mensch und die Liebe zu
einer Frau.» All das hört man in dieser leidenschaftlichen Musik. Schon der Beginn, bei
dem den hohen Streichern gleich eine haarsträubend schwere und brillante Kaskade von
Läufen zugemutet wird, lässt ahnen, welche Eindrücke er beim Hörer erzielen will. Man
erkannte in Berlioz, und er sah sich wohl selbst auch so, den Lord Byron der Musik. Nach
nur wenigen furiosen Takten ertönt ein zauberhaftes Liebesmotiv, und so wogt diese
Musik zwischen diesen emotionalen Polen – Liebesromantik und Seeräuberschlachtengemälden – hin und her.
Ähnlich leidenschaftlich geht es auch bei Tschaikowskys 4. Sinfonie zu. Allerdings handelt es sich hier nicht um das Abbild fremder Schicksale. Das eigene ist sein Thema. Es
ist seine Schicksals-Sinfonie, die Tschaikowsky ganz bewusst in die Nähe des grossen
Vorbilds Beethoven stellt. Eindrücklich hat er dies selbst mitgeteilt.
Und so macht es nur Sinn, das Zweite Klavierkonzert des sinfonischen Titanen ins
­Zentrum des Programms zu stellen. Es ist eigentlich Beethovens Erstes mit dem er sich
kraftvoll in Wien als Klaviervirtuose und Sinfoniker in Szene setzte.
Elmar Weingarten
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