Ein Abend für die Jugend

Werbung
Ein Abend für die Jugend
Drei junge Kammermusiker spielen Jugendwerke berühmter Komponisten und reife Werke
von jung gestorbenen Meistern: Das Konzert des aus Studierenden des Mozarteums
bestehenden ACCio piano trio steht ganz im Zeichen der Jugend.
Den Auftakt bildet Franz Schuberts erfrischend-heiterer „Sonatensatz“ – im Alter von erst 15
Jahren geschrieben! –, in dem Anklänge an Mozarts „Zauberflöte“ kaum zu überhören sind.
Johannes Brahms, Mitherausgeber der ersten Schubert-Gesamtausgabe, schrieb über
dieses Allegro: „Ich meine, derartige Arbeiten oder Vorarbeiten sollten nicht veröffentlicht
werden, sondern nur mit Pietät bewahrt und vielleicht durch Abschriften mehreren zugänglich
gemacht werden. Eine eigentliche und schönste Freude daran hat doch nur der Künstler, der
sie in ihrer Verborgenheit sieht und - mit welcher Lust - studiert!" Wir als Interpreten erfreuen
uns jedoch nicht nur persönlich daran, den jugendlichen Schubert auf seinem Weg zur
Meisterschaft begleiten zu dürfen, sondern möchten diese Freude auch mit unserem Publikum
teilen.
Drei Jahre vor seinem frühen Tod komponierte W. A. Mozart im Sommer 1788 – zwischen
den späten, gefeierten Sinfonien in Es-Dur und g-Moll – ein Klaviertrio in C-Dur. Das
fanfarenhafte Kopfmotiv des ersten Satzes (Allegro) erinnert an die beliebte Figaro-Arie "Non
più andrai" und lässt bereits den Geist der unmittelbar bevorstehenden französischen
Revolution erahnen. Auch die darauffolgende Piano-Figur mit ihrer zögerlichen, fast
unschlüssigen Tonwiederholung unterstreicht den für Mozart so typischen Operncharakter des
Stückes. Gleiches gilt für das in der Durchführung durch alle Stimmen wandernde
Seufzermotiv, das kurz vor Schluss noch einmal das Geschehen unterbricht.
Der langsame Mittelsatz (Andante cantabile, F-Dur) steht in mehrerlei Hinsicht im Zentrum
des Werks: Einerseits nimmt er zeitlich den größten Raum ein, andererseits gewinnt hier das
Violoncello entscheidend an Bedeutung, indem es - erstmals in Mozarts Trioschaffen eigenständige Solo-Kantilenen erhält. Außerdem fällt der überaus ernste Charakter der
Durchführung auf, die durch merkwürdige harmonische Wendungen, aber auch durch
gespenstisch anmutende, aus dem Hauptthema entwickelte 32-tel-Läufe in den Streichern
überrascht. Am Schluss scheinen Geige und Klavier nach einer unerwarteten Generalpause
um die Wette zu seufzen - wieder ist das dramatische Element unüberhörbar.
Das abschließende Rondo (Allegro) im Sechsachteltakt lebt von einem kecken, ja
lausbübischen Übermut, den auch das von erneuten Seufzern geprägte Minore-Couplet nicht
zu trüben vermag.
Dmitri Schostakowitsch verfasste das erste Klaviertrio in c-Moll noch während seiner
Studienzeit am Moskauer Konservatorium. Man könnte das einsätzige Werk als ein
Wechselbad intensiver jugendlicher Gefühle und Fantasien bezeichnen – gleichzeitig stellt der
erst 17-Jährige bereits eine erstaunliche kompositorische Reife unter Beweis.
Während die verschiedenen Stimmungen, Leidenschaften und Klangfarben einander
gleichsam kaleidoskopisch abwechseln, behält Schostakowitsch das chromatische Hauptmotiv
fast unbemerkt bei, indem er Tempo, Artikulation und Charakter jedes Mal ändert. Einen
starken Kontrast dazu bildet das lyrische zweite Thema - vorgetragen zunächst nur vom Cello,
das sich auf einer sphärischen Klangwolke aus parallel verschobenen Klavier-Dreiklängen
ausbreiten darf. Dazwischen tragen bissige Pianissimo-Staccati, impressionistisch
wirkende Harmonien und eine schier unbändig jammernde Sechzehntel-Chromatik zum
Farbenreichtum und zur wiederum opernhaften Charaktervielfalt des Stückes bei. Wen
wundert es also, dass uns jungen Musikern der Harry-Potter-Generation beim Studieren des
Werkes Bilder von hinkenden Kobolden, flatternden Hausgeistern und wilden Hexenjagden
kamen?
In einer fulminanten Coda präsentiert Schostakowitsch schließlich alle wesentlichen Themen
nochmals in einem anderen Licht und steigert sie zu einem triumphalen Höhepunkt, an dem
das vorhin so verträumte zweite Thema als majestätische Hymne erscheint. In den letzten
Takten lösen sich sogar die unaufhörlich jammernden, chromatischen Sechzehntelfiguren
endlich in strahlendes C-Dur auf.
„Es ist das Meistertrio der Gegenwart wie es ihrerzeit die von Beethoven in B und D, das von
Franz Schubert in Es waren; eine gar schöne Komposition, die nach Jahren noch Enkel und
Urenkel erfreuen wird.” So rezensierte Robert Schumann in der Neuen Zeitschrift für
Musik das erste Klaviertrio (d-Moll) seines Freundes Felix Mendelssohn Bartholdy nach
dessen Erscheinen 1839. Und er sollte Recht behalten: Mit diesem heute zu den
beliebtesten Klaviertrios zählenden Werk hob Mendelssohn die Gattung auf eine ganz neue
Ebene.
Der erste Satz (Molto allegro ed agitato) ist eine nahezu unendliche Melodie im
Dreivierteltakt, die vom Cello mit dem berühmten, 39 Takte langen Hauptthema eingeleitet
wird. Was folgt, ist ein oft kontrapunktischer Dialog zwischen Violine und Cello, dem die
virtuose Klavierbegleitung das stets leidenschaftlich-erregte Element verleiht. Der Satz endet
nach zahlreichen Höhepunkten und Tiefschlägen in D-Dur und hat somit die lyrisch,
atmosphärische Stimmung des Anfangs überwunden.
ACCio piano trio
Programm
Franz Schubert (1797-1828): Sonatensatz in B-Dur, D 28 (1812)
Allegro
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791): Klaviertrio in C-Dur, KV 548 (1788)
1. Satz: Allegro
2. Satz: Andante cantabile
3. Satz: Allegro
Dmitri Schostakowitsch (1906 – 1975): Klaviertrio Nr. 1 in c-Moll, op. 8 (1923)
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 – 1847): Klaviertrio in d-Moll, op.49 (1839)
1. Satz: Molto allegro ed agitato
ACCio piano trio
Anne Sophie Keckeis, Violoncello
Christina Scheicher, Klavier
Clemens Böck, Violine
Herunterladen