Position der gesetzlichen Unfallversicherung zu „Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“ Präambel Die gesetzliche Unfallversicherung erbringt im Sinne der ganzheitlichen Rehabilitation neben der medizinischen Rehabilitation, den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (LTG § 39 SGB VII). Sie orientiert sich eng an der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK). Dabei steht immer der betroffene Mensch im Mittelpunkt, mit dem Ziel, seine Selbstbestimmung zu fördern. Vor diesem Hintergrund erlangen die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft besondere Bedeutung. Im Sinne der Inklusion werden Menschen mit Behinderung dabei unterstützt, ihren Alltag möglichst selbstbestimmt und unabhängig zu leben. Mit dem Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK leistet die gesetzliche Unfallversicherung einen eigenständigen und nachhaltigen Beitrag zur inklusiven Gesellschaft, stärkt die Partizipation und Selbstständigkeit der Betroffenen und macht konkrete Vorschläge zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Ziel: Selbstbestimmte Teilhabe verwirklichen Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist es, mit allen geeigneten Mitteln und frühzeitig die selbstbestimmte Teilhabe der Versicherten zu fördern, damit sie ein möglichst unabhängiges, eigenständiges und eigenverantwortliches soziales Leben führen können. Hierunter fallen vor allem die Bereiche Familie, Freizeit, Kultur, Sport und Erholung, Kommunikation, Wohnen und Mobilität. Im Rahmen der sozialen Rehabilitation werden von den UV-Trägern gemäß §§ 26 Abs.1, Abs. 2 Nr.3 und 39 SGB VII Hilfen und Unterstützungen für den Alltag bereitgestellt bzw. gefördert, die den Betroffenen ein möglichst selbständiges Leben in der Gemeinschaft ermöglichen. Dabei kann das persönliche Budget – ein Betrag, mit dem sich die Betroffenen selbstbestimmt angemessene Sachleistungen beschaffen können - als besondere Leistungsart das Ziel der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung zusätzlich fördern. Rechtliche Rahmenbedingungen Die soziale Rehabilitation ist eine eigenständige Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind ohne besonderen Antrag von den UVTrägern zu erbringen. Sie orientieren sich an den individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten und der Motivation der Betroffenen. Deshalb kommt dem Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten (§ 9 SGB IX) hier eine besondere Bedeutung zu. Sind Rechtsanspruch und Bedarf festgestellt, können Betroffene im Rahmen der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geeignete und erforderliche Maßnahmen auswählen, die ihren Wünschen entsprechen. Ziel ist die selbstständige Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Position der gesetzlichen Unfallversicherung zu „Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“ Beratung als Kernaufgabe der Unfallversicherung Durch gezielte Beratung können die spezifischen Bedürfnisse frühzeitig erkannt werden. Die Betroffenen werden, falls erforderlich, dabei unterstützt, eigene Ressourcen optimal zu nutzen, damit das Ziel einer möglichst selbständigen Lebensführung erreicht wird. Dabei ist das persönliche Gespräch mit Versicherten und Angehörigen in deren privatem Umfeld besonders wichtig, um individuelle Bedarfe rechtzeitig und umfassend erkennen und richtig einschätzen zu können. Diese systemische Beratung ist ein wichtiger Baustein im Teilhabeprozess auf dem Weg zu Partizipation und Inklusion. Ganz besondere Bedeutung hat dieser Beratungsansatz dort, wo – wie z.B. bei Kindern und Jugendlichen – die Versicherten kein oder nur ein eingeschränktes Selbstbestimmungsvermögen haben und deshalb praktisch wie rechtlich auf die Unterstützung Angehöriger oder sonstiger Betreuer angewiesen sind. Ziele, Möglichkeiten und Machbarkeit sind hier mit den Sorgeberechtigten und Betreuern gemeinsam abzustimmen. Die Unfallversicherung begrüßt und fördert ausdrücklich die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen durch Menschen mit Behinderung (Peers). Die Beratung soll u.a. das Selbstwertgefühl der Betroffenen stärken und sie dabei unterstützen, eigene Problemlösungen zu entwickeln. Da Peers selbst betroffen sind und über ähnliche persönliche Erfahrungen im Umgang mit einer dauernden schweren Behinderung verfügen, kann sich eine besondere Vertrauensbasis entwickeln, bei der die Peers im Sinne einer Vorbildfunktion ein gutes Beispiel und Orientierung geben können. Bedeutung der sozialen Teilhabe für den gesamten Rehabilitationsprozess Medizinische, berufliche und soziale Teilhabe sind in der Unfallversicherung nach dem Grundsatz „Alles aus einer Hand“ untrennbar miteinander verknüpft. Sie beeinflussen sich gegenseitig und stellen einen ganzheitlichen Rehabilitationsprozess dar, der im Reha-Management gesteuert wird. Selbstbestimmte und eigenverantwortliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben führt zu mehr Zufriedenheit und wirkt sich damit positiv auch auf andere Rehabilitationsbereiche aus. Nur die ganzheitliche Betrachtung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne des bio-psycho-sozialen Ansatzes der Internationalen Klassifikationen der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) ermöglicht es, die individuelle Situation der Betroffenen richtig einzuschätzen und passgenaue Lösungen für die jeweiligen Teilhabebeeinträchtigungen zu finden. Sobald erkennbar wird, dass Menschen aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit wichtige Bereiche des Alltags nicht mehr selbst erledigen können, besprechen die Mitarbeiter der gesetzlichen Unfallversicherung gemeinsam mit den Versicherten mögliche und notwendige soziale Teilhabeleistungen einschließlich psychosozialer Hilfen und deren konkrete Umsetzung. Die Ergebnisse dieser Analyse fließen in die gesamte Reha-Planung ein. Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung Das dauerhafte Ziel eines möglichst selbstbestimmten Lebens wird auch in der sozialen Rehabilitation durch nachgehende Betreuung und Beratung sichergestellt. Durch Veränderungen in den Lebensverhältnissen können sich jederzeit neue Bedarfe ergeben, die weitere Hilfen im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erforderlich machen. Auch bei den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind Qualität und Wirtschaftlichkeit sicher zu stellen. Hierfür müssen Qualitätskriterien definiert und Instrumente zur Messung der Prozess- und Ergebnisqualität entwickelt werden, die regelhaft und mit vertretbarem Aufwand zum Einsatz kommen. Anders als im Bereich der medizinischen Rehabilitation und den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben lassen sich hier aber keine allgemeingültigen Ziele bzw. Rangfolgen festlegen, da das Ziel einer möglichst selbstbestimmten Teilhabe am Alltagsleben, stark von den individuellen Bedürfnissen und der Motivationslage der Betroffenen mitbestimmt wird. Die persönliche Zufriedenheit ist deshalb ein Kernelement jeder Evaluation. Seite 2