Spielplatz für Gebäudetechniker

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industriebau
Über eine Passerelle ist der Neubau mit dem alten Bürogebäude verbunden. Dieses wird jetzt komplett saniert.
Spielplatz für Gebäudetechniker
Ortstermin an der Lukasstrasse 30 in St.
Gallen, seit bald 100 Jahren Hauptsitz des
Gebäudetechnik-Unternehmens Hälg Building Services Group. Die Gruppe hat sich
in den vergangenen Jahren mit mehreren
Referenzobjekten hervorgetan, allen voran
das bekannte Verwaltungszentrum Burgdorf, das als PPP-Projekt realisiert und nun
von Hälg mindestens ein Vierteljahrhundert
betrieben wird. Die Frage interessiert: Was
baut ein Spezialist für Gebäudetechnik und
Facility Management, wenn er für sich
selbst baut? Die Antwort steht an ebendieser Lukasstrasse 30 in St. Gallen.
Das moderne Industriegebäude fällt inmitten betagter Bauten sofort auf. Die Fenster
der oberen Bürogeschosse glänzen mit der
gewebeartig strukturierten Fassade aus
Streckmetall um die Wette. Gegen Westen
hin führt eine Treppe vom ersten Büroge-
schoss hinunter in einen kleinen Park mit
Kieswegen und einem Teich. Um dem neuen Hauptsitz Platz zu schaffen, mussten
mehrere ältere Gebäude, zum Teil noch aus
den Jahren um 1900 stammend, weichen.
Wärme aus Abwasser
Mit Marc Dürr, Teamleiter Gebäudeautomation, geht es runter in die Energie- und in
die Lüftungszentrale. Er hat in der Planungsphase des Gebäudes intensiv mitgearbeitet. «Wir wollten hier kein verrückte
High-Tech-Lösung, sondern etwas Solides
erstellen. Wir setzen auf Technologie, die
wir für zukunftsträchtig halten, die ein gutes
Preis-Leistungsverhältnis erzielt und die wir
deshalb auch interessierten Kunden zeigen
können», erklärt Dürr.
Als sich die Lifttüre im UG öffnet, geht umgehend das Licht an. An der Decke werden
Rohre und Leitungen offen sichtbar geführt.
Dürr öffnet die Türe zur Energiezentrale und
es beginnt zu müffeln wie in einer Kläranlage. «St.Galler Abwasser», erklärt er. In der
Energiezentrale steht ein Abwasserwärmetauscher, der die gesamte Heiz- und Kühlenergie für den Hauptsitz liefert. Erst vier
solcher Anlagen seien in der Schweiz in
Betrieb, sagt Dürr. Für Hälg war es die erste Erfahrung mit einem solchen Aggregat.
Vom Wärmetauscher, von den Wärmeund Umwälzpumpen - allesamt vollautomatisch gesteuert - werden via Busanbindung
grosse Mengen an Daten gewonnen. «Wir
erheben sehr viel mehr Daten, als für den
Betrieb notwendig wäre. Das ermöglicht
uns zu überprüfen, ob die Technik wirklich
einhält, was wir uns davon versprechen»,
sagt Dürr. Daneben sei es sowohl zu Vorführzwecken als auch für die hauseigenen
intelligent bauen_September/14
Das Gebäudetechnik-Unternehmen Hälg hat sich in St. Gallen einen neuen Firmenhauptsitz gebaut. Im August wurde das Gebäude etappenweise bezogen. Rundgang
auf dem Gebäudetechnik-Spielplatz. Texte: Beat Matter // Fotos: Hälg AG & Co.
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Lernenden interessant, mit den zahlreichen Daten arbeiten
und Berechnungen anstellen zu können.
Die Lüftungszentrale bekräftigt diesen Ansatz. An mehreren
Stellen der Lüftungsanlagen sind Sichtfensterchen eingesetzt. Kunden und Lernenden bieten sie Einblicke in sonst
verschlossene Monoblöcke. Auch hier werden massenhaft
Daten gewonnen. Sie werden auf einen zentralen Server gespielt, auf den die Experten über jeden PC im hauseigenen
Hälg-Netz zugreifen können. Im ganzen Gebäude sind zudem
zahlreiche Displays installiert, auf welchen laufend die Gebäudedaten eingespielt werden können.
Gradlinig und transparent
Im Erdgeschoss bilden die einzelnen Werkstätten und Lagerräume mit Garagentoren jeweils einzelne Klimazonen. Hier ist
der Technologie-Einsatz dem Nutzungszweck gemäss spartanisch. Es kommen Deckenelemente zum Einsatz.
Die beiden Bürogeschosse sind gradlinig, modern und transparent gestaltet. In der Mitte der rechteckigen Grundfläche
liegen gemeinsam genutzte Räume, Sitzungszimmer, Pausenzonen mit schicken Filztapeten im Firmenrot. Die Büros
sind zu den Aussenseiten hin angelegt, von den Gängen abgetrennt durch geschosshohe Glaselemente.
Das Klima in den Büros wird automatisch reguliert. Es wurden Kühldecken und Bodenheizung eingebaut. Die Storen
bewegen sich abhängig vom Sonnenstand. Das Licht gehorcht einer tageslichtabhängigen und zum Teil bewegungsabhängigen Steuerung. Obwohl das Klima automatisch gesteuert wird, stehen in den Büros Taster und in den
Sitzungszimmer Touchpanels für individuelle Einstellungen
zur Verfügung. Doch zumindest in der ersten Phase wird das
Klima in den Bürogeschossen grundsätzlich einheitlich geregelt. «Wir beobachten die Daten intensiv und werden nach
einer gewissen Zeit sehen, ob in gewissen Zonen eine Anpassung sinnvoll ist», erklärt Dürr.
Und wie war es nun, als Gebäudeautomations-Experte die
«eigene Spielwiese» mit zu gestalten? Toll sei es gewesen,
sagt er, strahlt übers ganze Gesicht und geht zurück an die
Arbeit. n
Hälg-Familienunternehmer: Roger (links) und Marcel Baumer.
Auf dem Stand der Technik
Auch Marcel Baumer, Mitinhaber und Leiter des Bereichs Consulting & Engineering und Facility Management, hat im August sein Büro in den HälgNeubau gezügelt. Auf ein Wort.
«intelligent bauen»: Ihr neues Büro ist eingerichtet. Wie gefällt
es Ihnen hier?
Sehr gut. Allerdings ist auch noch vieles ungewohnt. Ein Umzug
von sehr alten in ganz neue Büros erfordert ganz neue Abläufe.
Wir haben frühzeitig entsprechende Konzepte erarbeitet. Trotzdem brauchen wir alle noch Zeit, richtig anzukommen.
In dem Gebäude steckt das gesamte Hälg-Know-how. Wenn
Tech-Freaks ihr eigenes Haus bauen, besteht dann die Gefahr, zu übertreiben?
Sicher. Deshalb haben wir in diesem Projekt etwas gemacht, das
wir bei Kundenprojekten in der Regel nicht machen können: Wir
haben x verschiedene Varianten gegenüber gestellt, explizit auch
verrückte Ideen. Dann beurteilten wir die Varianten bewusst danach, was sinnvoll ist. Bei der Energieerzeugung wollten wir etwa
nichts Experimentelles, aber auch nichts Dogmatisches. So entschieden wir uns schliesslich für die Lösung mit dem Abwasserwärmetauscher. Die dahinter liegende Technologie ist schon
lange bekannt, die Ausführung mit Abwasser ist noch relativ neu.
intelligent bauen_September/14
Und bei der Automation?
Hier wollten wir wirklich an die Grenze dessen gehen, was heute
möglich ist. Durch die intelligente Vernetzung entstand so die
bestmögliche Lösung, die wir mit gutem Gewissen zeigen können.
Investition in die
Berufsbildung:
Lernende erhalten
dank Gucklöchern
Einblick ins Innenleben der Lüftungsanlagen.
Ein Showroom?
In gewisser Weise. Aber es gibt noch einen zweiten Aspekt: Es
ist eine Ausbildungsstätte für unsere Lernenden. Wir haben zusätzlich in die Anlagen investiert, um unseren Lernenden etwas
bieten zu können, das sie sonst in einer Zentrale nicht sehen würden. Deshalb beispielsweise die «Gucklöcher» im Monoblock
oder die erhöhte Anzahl Messstellen.
Entspricht das Resultat dem optimalen Kompromiss aus allen Faktoren?
Das Gebäude entspricht zweifellos dem neusten Stand der Technik. Viel weiter können wir heute nicht gehen. n
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