HDL HOCHSCHULVERBUND DISTANCE LEARNING GESTALTUNGSELEMENTE DES KULTURMARKETING Cordes / Schneider 1. Auflage 2005 Studienbrief 2 – 080 – 0425 Ertragsorientierte Preis-Mengen-Steuerung: Yield-Management Leseprobe Der Berufsbezogene Weiterbildungsstudiengang Kulturmarketing in der Studienform Fernstudium wurde als Projekt des Hochschulverbundes Distance Learning entwickelt und durch die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung gefördert. Verfasser: Prof. Dr. Jens Cordes Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Schwerpunkt Öffentliche Wirtschaft an der Hochschule Harz Stefan Schneider Kaufmännischer Projektleiter einer Kommunalberatungsgesellschaft in Potsdam Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Modul „Gestaltungsinstrumente des Kulturmarketing“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums und des Studienbriefes erfolgte durch den Fachausschuss Kulturmarketing, dem folgende Mitglieder angehören: Prof. Dr. Wolfgang Berg (HS Merseburg), Prof. Dr. Eckehard Binas (HS Zittau/Görlitz), Prof. Dr. Rolf Budde (HS Hanns Eisler Berlin, Rolf-Budde-Musikverlage), Prof. Dr. Jens Cordes (HS Harz), RA Pascal Decker, dtb rechtsanwälte Berlin, Prof. Dr. Hardy Geyer (HS Merseburg), Dipl.-Päd. Maud Krohn (Service-Agentur des HDL), Dipl.-Kfm. (FH) Marco Lipke (HS Harz), Prof. Dr. Uwe Manschwetus (HS Harz), Prof. Dr. Matthias Munkwitz (HS Zittau/Görlitz), RA Florian Timm, dtb rechtsanwälte Berlin, Dipl.-Kfm. Peter Vermeulen (ICG Consulting Group Deutschland AG – Culturplan Unternehmensberatung, Krefeld), Dr. Reinhard Wulfert (ServiceAgentur des HDL). Redaktionsschluss:Februar 2005 1. Auflage 2005 2005 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning mit Sitz an der FH Brandenburg. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des HDL (Hochschulverbund Distance Learning) Leiter: Dr. Reinhard Wulfert c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. Magdeburger Straße 50, 14770 Brandenburg Tel.: 0 33 81 - 35 57 40 Fax: 0 33 81 - 35 57 49 E-Mail: [email protected] http://www.aww-brandenburg.de Yield-Management Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Randsymbole ................................................................................................... 4 Einleitung ................................................................................................................................... 5 Literaturempfehlung.................................................................................................................. 6 1 Ertragsoptimierung bei Kulturangeboten................................................................... 6 1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.3 Kulturangebote als Dienstleistung.................................................................................. 7 Allgemeine Eigenschaften von Dienstleistungen ............................................................ 7 Dienstleistungsattribute von Kulturangeboten ................................................................ 9 Preis und Auslastung als Determinanten des Umsatzes................................................. 10 Kapazitätssteuerung – die klassischen Methoden.......................................................... 11 2 Konzeptionelle Grundlagen des Yield-Managements ............................................... 13 2.1 2.2 2.3 2.4 Prinzip der Preisdifferenzierung................................................................................... 14 Kundenentscheidungen als Kompromiss zwischen Preis / Leistung und Einschränkungen .......................................................................... 15 Regeln der Preisdifferenzierung ................................................................................... 16 Lenkung der Nachfrage................................................................................................ 18 3 Yield-Management für kulturelle Dienstleistungen .................................................. 19 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 Relevanz des Ansatzes ................................................................................................. 20 Grundzüge eines Yield-Managements im kulturellen Bereich....................................... 21 Merkmale zur Preisdifferenzierung bei Kulturangeboten .............................................. 21 Lenkung der Nachfrage nach Kulturangeboten ............................................................. 23 Erfolgsfaktoren ............................................................................................................ 24 Lösungshinweise zu den Kontrollfragen ................................................................................. 26 Literaturverzeichnis................................................................................................................. 27 Sachwortverzeichnis................................................................................................................. 28 Yield-Management Einleitung Die Touristik- oder Reiseverkehrsbranche hat die betriebswirtschaftliche Problematik ungleichmäßiger Auslastungen vorhandener Unterkunftsund Transportkapazitäten aufgrund von Nachfrageschwankungen bereits erkannt. Für die Schwankung der Nachfrage, die über der verfügbaren Angebotskapazität oder darunter liegen kann, gibt es natürliche Ursachen, die sich aus den Jahreszeiten, Ferien- und Feiertagsterminen, dem Wetter usw. ergeben. Die Leistungspotenziale werden jedoch unabhängig von der zeitpunktbezogenen Nachfrage bereitgestellt, so dass die Auslastung der vorhandenen Kapazitäten zu einer Herausforderung für die jeweiligen Anbieter wird (siehe auch KÖRFGEN [3], S. 284). Eine wechselhafte Nachfrage, verbunden mit einer ungleichmäßigen Auslastung der Produktionskapazitäten, ist jedoch keineswegs ein spezielles Problem von Hotels und Reiseveranstaltern. Vielmehr tritt dieses Phänomen in nahezu allen Wirtschaftsbereichen auf. Während Nachfragespitzen oder Nachfragerückgänge bei der Produktion von Gütern vergleichsweise einfach durch den Ab- bzw. Aufbau von Lagerbeständen ausgeglichen werden können, gibt es diese Möglichkeit bei Dienstleistungen nicht. Hier sind andere Instrumente einzusetzen, um das bereitgestellte Potenzial zu nutzen. Als Ergänzung zur „klassischen“ Preispolitik stellt das Yield-Management ein Instrumentarium zur Verfügung, welches die ertragsorientierte PreisMengen-Steuerung (Yield = Ertrag) von Dienstleistungen ermöglicht. Auch in anderen Studienbriefen (2-080-0311 [9] und 2-080-0921 [8]) wird darauf hingewiesen, dass Kulturangebote als Dienstleistungen anzusehen sind. Die oben beschriebenen Abweichungen zwischen dem angebotenen Potenzial und der tatsächlichen Nachfrage können hier ebenfalls beobachtet werden. Nicht nur in Zeiten allgemein knapper Kassen, insbesondere auch bei den öffentlichen Trägern von Kultureinrichtungen, sind die Anbieter kultureller Dienstleistungen gehalten, die Erträge aus Eintrittsgeldern zu optimieren. Dass dies selbstverständlich nicht ohne Rücksicht auf mögliche öffentliche Interessen oder übergeordnete nichtkommerzielle Zielsetzungen erfolgen kann, sei an dieser Stelle nur angemerkt. Im vorliegenden Studienbrief wird nicht darauf eingegangen, welche Prinzipien bei der Preisbildung im Kulturbereich grundsätzlich gelten und welche Besonderheiten den Markt für Kulturangebote kennzeichnen. • Das Ziel dieses Studienbriefes ist es, die Dienstleistungseigenschaften von Kulturangeboten und die mit deren Bereitstellung verbundenen Probleme aufzuzeigen. Vor diesem Hintergrund wird die ertragsorientierte Preis-Mengen-Steuerung als wesentlicher Bestandteil des YieldManagements erläutert. S Im Ergebnis werden die Eignung dieses Instrumentariums zur Lösung der beschriebenen Probleme deutlich und eine mögliche Ausgestaltung der wesentlichen Komponenten des Yield-Managements einer Kultureinrichtung umrissen. 5 Yield-Management Literaturempfehlung – Sylvain DAUDEL / Georges VIALLE: „Yield-Management – Erträge optimieren durch nachfrageorientierte Angebotssteuerung“ [2]. Die Verfasser geben einen praxisorientierten Überblick über die Prinzipien und Möglichkeiten des Yield-Managements. Die gewählten Beispiele beziehen sich im Wesentlichen auf größere Fluggesellschaften. Die Ansätze lassen sich jedoch dank der verständlichen Erläuterungen problemlos auch auf andere Branchen übertragen. Für einen Einblick in die Umsetzung der Preisdifferenzierung in der kulturellen Praxis sei auf die Praxisstudie von – G. WENDORF / H. JACOBSEN: „Erlösmaximierende Preisdifferenzierung öffentlicher Theater am Beispiel der Deutschen Oper“ [7} verwiesen. 1 Ertragsoptimierung bei Kulturangeboten Yield-Management bzw. die ertragsorientierte Preis-Mengen-Steuerung sind Instrumente des Dienstleistungsmarketing. Die Dienstleistungsproduktion kann angebotsseitig auf Grund dienstleistungsspezifischer Eigenschaften nicht ohne weiteres an wechselnde Anforderungen angepasst werden. Es kann jedoch versucht werden, durch eine Lenkung der Nachfrage die nachgefragte Kapazität der angebotenen Dienstleistung ertragsoptimierend anzupassen. Das konkrete Ziel ist es dabei, ein gewinnmaximierendes Optimum zwischen realisierten Erträgen und Auslastung der Kapazitäten zu erreichen. Bevor dieses Instrumentarium näher betrachtet und in Bezug auf die Anwendbarkeit im Kulturbereich beurteilt werden kann, ist erst einmal festzustellen, inwiefern die beschriebene Optimierungsproblematik auch für Kulturangebote von Bedeutung ist. Mit dem ersten Kapitel des vorliegenden Studienbriefes werden deshalb die folgenden Ziele verfolgt: S • Der Dienstleistungsbegriff soll umrissen werden; die Eigenschaften und Besonderheiten von Dienstleistungen sowie deren Produktion werden dargestellt. • Die Dienstleistungseigenschaften von Kulturangeboten sollen charakterisiert werden. • Die Notwendigkeit ertragsoptimierender Maßnahmen auch bei kulturellen Angeboten wird dargestellt. • Es wird ein Überblick über die klassischen Methoden zur Steuerung der Leistungspotenziale gegeben. 6 Yield-Management 1.1 Kulturangebote als Dienstleistung Dass kulturelle Angebote zu einem großen Teil als Dienstleistungen anzusehen sind, wurde bereits in anderen Studienbriefen des Weiterbildungslehrgangs Kulturmarketing deutlich gemacht. Da jedoch die im vorliegenden Studienbrief diskutierten Problemstellungen gerade aus den besonderen Eigenschaften von Dienstleistungen resultieren und diese im Zusammenhang mit dem Yield-Management die entscheidenden Ansatzpunkte zur Steuerung darstellen, wird der Begriff der Dienstleistung im Folgenden etwas detaillierter betrachtet. Dabei werden zuerst die grundsätzlichen Eigenschaften von Dienstleistungen im Allgemeinen dargestellt, bevor dann eine Konkretisierung der Merkmale bezogen auf den Kulturbereich erfolgt. 1.1.1 Allgemeine Eigenschaften von Dienstleistungen Der Dienstleistungsbegriff ist sehr vielschichtig und hat eine Vielzahl von Definitionen in der wissenschaftlichen Literatur hervorgebracht. (Einen Überblick geben MEFFERT / BRUHN [4], S. 27 ff. sowie CORSTEN [4], S. 21 ff.). Der Begriff der Dienstleistung lässt sich definitorisch aus drei verschiedenen Perspektiven beleuchten und mit einer phasenorientierten Betrachtung der Dienstleistungserstellung zu einer umfassenden Definition verschmelzen (vgl. MEFFERT / BRUHN [4] sowie im Folgenden KÖRFGEN [3], S. 56 ff.): Die potenzialorientierte Definition fokussiert dabei auf die Fähigkeit und Bereitschaft zur Erbringung bestimmter Leistungen. Der Dienstleistungsanbieter hält ein Leistungspotenzial bestehend aus personellen und materiellen Ressourcen bereit. Die prozessorientierte Perspektive fasst eine Dienstleistung als Tätigkeit auf. Dabei wird das Leistungspotenzial unter Einbeziehung eines externen Faktors in eine Leistung umgesetzt. Die ergebnisorientierte Sichtweise stellt die Ergebnisse von Tätigkeiten in den Mittelpunkt und definiert die Dienstleistung als immaterielles Gut, das durch die Wirkung auf den externen Faktor konkretisiert wird. Auf dieser Grundlage lassen sich Dienstleistungen wie folgt definieren: Dienstleistungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung (z. B. Versicherungsleistungen) und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten (z. B. Friseurleistungen) verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne (z. B. Geschäftsräume, Personal, Ausstattung) und externe Faktoren (die nicht im Einflussbereich des Dienstleisters liegen) werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren – an Menschen (z. B. Kunden) und deren Objekten (z. B. Auto des Kunden) – nutzenstiftende Wirkungen (z. B. Inspektion eines Autos) zu erzielen (Ergebnisorientierung) (ebenda, S. 30). D 7 Yield-Management Es lassen sich auf dieser Grundlage Merkmale von Dienstleistungen abgrenzen, die für die mit dem Yield-Management vorzunehmenden Betrachtungen relevant sind. M Dabei sind im Wesentlichen die folgenden guts- bzw. produktionstheoretischen Merkmale von Dienstleistungen hervorzuheben (vgl. SCHARITZER [6], S. 173): – physische Immaterialität bzw. Verrichtungscharakter der Leistung, – Simultanität der Leistungserstellung und -abgabe. – beschränkte Speicherbarkeit und Lagerfähigkeit, – Einbeziehung des „externen Faktors“ in die Leistungserstellung sowie – Präsenzkriterium bzw. der Direktkontakt im Zuge der Leistungserstellung. Die gewählte begriffliche Eingrenzung von Dienstleitungen macht deutlich, dass sich gegenüber Sachleistungen Besonderheiten ergeben, die bei der Vermarktung von Dienstleistungen zu beachten sind. Diese Besonderheiten werden durch die konkreten Eigenschaften der Dienstleistungen bestimmt bzw. beeinflusst. So ist es für die Ausgestaltung von Marketinginstrumenten und -maßnahmen entscheidend, welcher Art die anzubietenden Leistungen sind und ob diese an Personen oder Objekten ausgeführt werden. Ganz wesentlich ist dabei auch, ob es sich um sehr individuelle Leistungen handelt oder ob ein gewisses Maß an Standardisierung möglich ist. Wie anhand der eingangs formulierten Definition ersichtlich, können bei Dienstleistungen entweder das angestrebte Ergebnis oder aber der Prozess der Leistungserstellung als solcher im Vordergrund stehen. Je nach dem, wie die Leistung durch den Konsumenten wahrgenommen wird, muss die jeweilige Perspektive auch handlungsleitend im Rahmen des Marketing sein. Es ist jedoch festzustellen, dass sowohl die Komplexität des Leistungsprozesses, als auch die Ausgestaltung der Produktdimensionen einer klaren Abgrenzung der jeweiligen Perspektive entgegenstehen und so verschiedene Ansatzpunkte berücksichtigt werden müssen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Beurteilung bzw. Bewertung der Dienstleistungsqualität. Häufig können das eingesetzte Leistungspotenzial und der zu Grunde liegende Leistungserstellungsprozess zwar stimmig sein, das gewünschte Ergebnis wird jedoch nicht erreicht. Eine einseitige Orientierung der Qualitätsbeurteilung am Ergebnis der Leistung würde hier zu kurz greifen. Einen wesentlichen Einfluss auf die Erstellung von Dienstleistungen hat der externe Faktor. Prozess- und Ergebnisqualität hängen in hohem Maße von diesem Faktor ab, obwohl dieser nur schwer in die Planung der Leistungserstellung einbezogen werden kann. Dies gilt insbesondere bei individuellen, unter Beteiligung des Konsumenten ausgeführten Dienstleistungen. Der externe Faktor ist deshalb auch bedeutsam für die Vermarktung von Dienstleistungen. 8 Yield-Management Der Beitrag des Leistungsempfängers kann in Abhängigkeit von der konkreten Situation aus – der Anwesenheit der Person oder des Objekts, an dem die Verrichtung erfolgt und/oder – der Bereitschaft und Fähigkeit zur Mitwirkung an der Leistungserstellung und/oder – der Erbringung einer Eigenleistung oder der Duldung von Handlungen bestehen (vgl. SCHARITZER [6], S. 174 f.). 1.1.2 Dienstleistungsattribute von Kulturangeboten Die ertragsorientierte Preis-Mengen-Steuerung bzw. das YieldManagement sind Instrumente des Dienstleistungsmarketing. Sollen diese Instrumente auf Kulturangebote anwendbar sein, setzt dies voraus, dass es sich um Dienstleistungen handelt. Es wurde von der Annahme ausgegangen, dass zumindest Teile des Kulturangebotes als Dienstleistung aufzufassen sind, ohne dass dieser Zusammenhang dabei näher untersucht wurde. Da die Dienstleistungseigenschaften von Kulturangeboten jedoch die entscheidenden Ansatzpunkte für die hier betrachteten Management- bzw. Marketinginstrumente liefern, ist eine differenziertere Betrachtung erforderlich. Die weiter oben genannten Merkmale von Dienstleistungen können auch auf kulturelle Angebote zutreffen. Im Folgenden wird dies anhand von Beispielen deutlich gemacht. So ist die physische Immaterialität bzw. der Verrichtungscharakter der Leistung bei den aufführenden Künsten unbestreitbar. Bei einem Konzert steht dabei der Prozess der Leistungserstellung (das Musizieren des Orchesters) im Vordergrund. Bei einer Theatervorstellung existiert neben der Prozessperspektive häufig noch eine ergebnisorientierte Wirkung, nämlich dann, wenn aus der Vorstellung bleibende Eindrücke mitgenommen werden. Das Merkmal der beschränkten Speicherbarkeit und Lagerfähigkeit muss in Zusammenhang mit kulturellen Angeboten und Inhalten differenziert betrachtet werden. Kultur zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass sie aus den von der Gesellschaft geteilten Erfahrungen, aus Überlieferungen und Traditionen anderer Generationen und aus langfristigen Entwicklungen innerhalb des Zusammenlebens resultiert. Dies wäre nicht denkbar, wenn es nicht Möglichkeiten gäbe, die kulturellen Inhalte zu speichern und über lange Zeiträume und räumliche Entfernungen zu transportieren. Die wichtigste Grundlage bildeten dabei lange Zeit bildliche Darstellungen, die später durch schriftliche Aufzeichnungen ergänzt wurden. Heute gibt es weitere Möglichkeiten bzw. Technologien, Kunst und Kultur zu „konservieren“. Ihre eigentliche Wirkung entfalten kulturelle Angebote jedoch erst durch die Interaktion mit dem Konsumenten. Auf die Rezeption, d. h. die 9 Yield-Management Wahrnehmung durch den Konsumenten, trifft das Merkmal der beschränkten Speicherbarkeit sehr wohl zu. Hier werden auch weitere Dienstleistungsmerkmale deutlich, die in Zusammenhang mit Kulturangeboten relevant sind. So kann der Kunstliebhaber in einer Gemäldeausstellung als externer Faktor betrachtet werden. Ausschlaggebend ist, dass er eine Möglichkeit hat, die ausgestellten Objekte wahrzunehmen; er muss also körperlich anwesend sein oder in anderer Weise direkten Kontakt zur Leistungserstellung (z. B. in Form von Fernsehübertragungen) haben. M Viele Kulturangebote können als Dienstleistungen angesehen werden. Die Merkmale von Dienstleistungen treffen jedoch nicht vollständig auf alle kulturellen Leistungen zu. Das Merkmal der Immaterialität ist dabei von besonderer Bedeutung. So liegen Schöpfungen im künstlerischen Bereich häufig in materieller Form vor, z. B. Gemälde, Skulpturen. Eine trennscharfe Differenzierung zwischen Dienst- und Sachleistungen ist kaum möglich; die Grenzen sind fließend. Durch die besondere Form der Wahrnehmung durch den Konsumenten werden jedoch Dienstleistungsmerkmale deutlich. 1.2 Preis und Auslastung als Determinanten des Umsatzes In Deutschland ist der Staat nach wie vor die vorherrschende Finanzierungsquelle für Kultureinrichtungen. Die angespannte Lage öffentlicher Haushalte macht es jedoch erforderlich, eigene Einnahmen zu generieren oder vorhandene Möglichkeiten effektiv zu nutzen. Auch wenn schnell eine Kommerzialisierung der Kunst befürchtet wird, ist das häufig der einzige Weg, bestimmte Angebote überhaupt aufrechterhalten zu können. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Debatte über die Kulturangebote als meritorisches Gut verwiesen (s. auch Studienbrief [10]). Das hier vorgestellte Instrumentarium dient dem Ziel, die Erträge im kulturellen Bereich zu optimieren und damit die finanzielle Gesamtsituation der Anbieter zu verbessern. Dabei stehen die Umsätze z. B. in Form von Eintrittsgeldern oder Benutzungsgebühren im Vordergrund. Die öffentliche Förderung oder andere Einnahmequellen (z. B. der Verkauf oder die Vermietung ungenutzter Immobilien) werden hier nicht betrachtet. Der Umsatz eines Unternehmens oder einer kulturellen Einrichtung hängt im Wesentlichen von zwei Einflussgrößen ab. Dies sind der Preis der Leistung und der Auslastungsgrad. D 10 Der Auslastungsgrad gibt an, in welchem Umfang das vorhandene Leistungspotenzial tatsächlich in Anspruch genommen wird. Yield-Management Der Preis der Leistung ergibt sich aus der Angebotsfunktion des Kulturanbieters entsprechend den im Studienbrief „Preisbildung und Marktstruktur“ (2-080-0421 [11]) dargestellten Prinzipien. Die Angebotsfunktion ihrerseits hängt eng mit der Kostenstruktur der Kultureinrichtung zusammen. Diese ist grundsätzlich von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich. Die für das Yield-Management relevanten Aspekte sollen anhand eines Beispiels dargestellt werden: B 1.1 Die Kosten eines großen Konzerthauses mit einem symphonischen Orchester setzen sich zusammen aus den Betriebskosten für das Gebäude, den Personalkosten für das Orchester und die übrigen Angestellten, den Kosten für die Aufführungstechnik usw. Dies sind überwiegend Kosten, die unabhängig von der Zahl der Konzertbesucher anfallen und somit im betriebswirtschaftlichen Sinne Fixkosten darstellen. Hinzu kommen die variablen, also von der Besucherzahl abhängigen Kosten, z. B. Druckund Materialkosten für Eintrittskarten und Programmhefte, Kosten für die Reinigung des Gebäudes und der sanitären Anlagen und Ähnliches. Je nach dem, wie viele Besucher zu den Konzerten kommen, ist der Fixkostenanteil je Besucher höher oder niedriger. Das bedeutet: je höher der Auslastungsgrad der Einrichtung, desto niedriger werden die Kosten je Besucher und damit der mindestens zu erzielende Preis. Anders herum hat aber auch der Preis einer Eintrittskarte Einfluss auf die Auslastung des Konzerthauses. Die potenziellen Besucher werden (entsprechend ihrer Nachfragefunktion) bei einem bestimmten Preis nur die jeweils korrespondierende Menge an Eintrittskarten nachfragen. B Dieser Zusammenhang ist die Grundlage für die Ansätze des YieldManagements. Werden die entsprechenden Grundsätze berücksichtigt, kann der Preis als Instrument zur Verbesserung der Auslastung mit dem Ziel maximierter Umsätze eingesetzt werden. Bevor jedoch in Kapitel 2 die Grundlagen des Yield-Managements behandelt werden, werden im Folgenden zunächst die klassischen Methoden zur Kapazitätssteuerung dargestellt. 1.3 Kapazitätssteuerung – die klassischen Methoden Die mit den spezifischen Eigenschaften von Dienstleistungen und von kulturellen Angeboten einhergehenden Probleme machen es erforderlich, dass jedes Dienstleistungsunternehmen seine Kapazitäten steuert. Der Auslastungsgrad ist ein grundlegender Indikator für den Erfolg bzw. die Qualität der Kapazitätssteuerung. Für den Ausgleich der zeitlichen Ungleichverteilung von Angebot und Nachfrage können vier klassische Methoden differenziert werden (DAUDEL / VIALLE [2], S. 24 f.). – Eine erste Möglichkeit besteht darin, den Zugang zur jeweiligen Dienstleistung auf die Zahl der Kunden zu beschränken, die tatsächlich bedient werden kann. In der Praxis wird die Methode bei der Bahn, in Hotels oder Restaurants angewendet. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass eine gleichbleibend hohe Dienstleistungsqualität gewährleistet werden kann. Problematisch ist jedoch, dass 11 Yield-Management Wachstumschancen kaum genutzt werden und insbesondere Nachfragespitzen nicht zu höherem Umsatz führen. Darüber hinaus kann die Möglichkeit der Vorausbuchung missbraucht werden. Als so genannte „No-Shows“ werden Vorausbuchungen bezeichnet, die nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme aufrechterhalten sollten, jedoch letztlich nicht wahrgenommen werden. – Eine zweite klassische Methode besteht in der „Lagerung“ der Kunden. (So setzt ein Fährmann zum Beispiel erst über einen Fluss, wenn sich genügend Fahrgäste gefunden haben.) Die „Lagerung“ steht in diesem Fall am Anfang des Leistungserstellungsprozesses. Des Weiteren kann die „Lagerung“ auch in der Mitte, z. B. im Restaurant zwischen zwei Gängen eines Menus, oder am Ende der Dienstleistung wie im Supermarkt an der Kasse erfolgen. Die Methode der „Lagerung“ hat den Nachteil, dass sie ihrerseits Kapazitäten (z. B. Plätze im Restaurant) in Anspruch nimmt und dies nur begrenzt möglich ist. Außerdem kann eine zu lange Wartephase negative Auswirkungen auf die Beurteilung der Dienstleistungsqualität durch die Kunden haben. – Die dritte Methode sieht die Verringerung der Dienstleistungsqualität in Spitzenzeiten vor. Auf diese Weise können in der gleichen Zeit mehr Nachfrager befriedigt werden. (Beispiele dafür sind Stehplätze in Verkehrsmitteln, Zusatzbetten in Krankenzimmern oder weniger ausführliche Beratungsgespräche beim Arzt.) Problematisch ist diese Methode, wenn die verringerte Qualität durch den Konsumenten negativ wahrgenommen wird und er dadurch ein verzerrtes Bild von der Leistungsfähigkeit der Einrichtung erhält. Dies hat wiederum Auswirkungen auf das Image des Unternehmens und damit auf seine Chancen im Wettbewerb zu bestehen. – Die vierte Methode hat zum Ziel, die potenziellen Konsumenten durch bessere Information zu bewegen, ihre Nachfrage an die vorhandene Kapazität anzupassen. Ein Beispiel dafür sind Staumeldungen, die die Autofahrer zum Ausweichen auf andere Strecken oder auf andere Reisezeiten bewegen sollen. Diese Methode eignet sich jedoch nur für Dienstleistungen, die von vielen Konsumenten in gleicher Weise und in einem vergleichbaren Zeitraum nachgefragt werden. Entscheidend ist dabei, dass die Information den jeweiligen Empfänger rechtzeitig erreicht und dieser sie für glaubwürdig hält, so dass er danach handelt. Z 12 Die beschriebenen Methoden sind geeignet, in bestimmten Bereichen einen Teil der zeitlichen Ungleichverteilungen zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen. Sie können jedoch nicht alle mit den Besonderheiten von Dienstleistungen verbundenen Probleme lösen. Die Ansätze sind vielmehr weiter zu entwickeln und durch preispolitische Maßnahmen zu ergänzen. Auf diesem Anspruch basieren die im Kapitel 2 erläuterten konzeptionellen Grundlagen des Yield-Managements.