Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren 18 19 C. F. Dietrich, A.-P. Barreiros, C. Jenssen 20 Historischer Überblick und Klassifikation Der häufigste Pankreastumor ist unbestritten das duktale Adenokarzinom, dessen Häufigkeit mit 95% aller Pankreastumoren angegeben wird. Eine Vielzahl weiterer benigner und maligner solider und zystischer Tumoren wird allerdings heutzutage häufiger als früher beobachtet. Im eigenen Patientengut machen nicht-duktale Adenokarzinome des Pankreas mittlerweile mehr als die Hälfte der beobachteten Tumoren des Pankreas aus. K Klassifikation Für die Tumoren des Pankreas liegt seit 1996 und 2000 eine neue histologische Klassifikation der WHO vor, die von einer internationalen Gruppe renommierter Pathologen erarbeitet wurde und das Ziel hat, die herkömmliche Nomenklatur zu modernisieren und zu vereinheitlichen. Diese Klassifikation bildet auch die Grundlage der onkologischen ICDs und der Snowmed-Nomenklatur. Grundsätzlich wird dabei in gutartige, borderline und bösartige Läsionen unterschieden. Die in diesem Zusammenhang interessierenden Zystadenome sind in all diesen Sparten repräsentiert, in ihrer serösen, muzinösen und in einer papillären Variante mit intraduktalem Wachstum [1;2] Die aktuelle (WHO-)Klassifikation pankreatischer Tumoren wird in den Tabellen 18.1–18.3 wiedergegeben. Tabelle 18.1 WHO-Klassifikation von Pankreastumoren 22 23 24 25 26 Benigne Tumoren Borderline-Tumoren Maligne Tumoren seröses Zystadenom muzinöser zystischer Tumor mit mittelgradigen Dysplasien hochgradige duktale Dysplasie, Carcinoma in situ muzinöses Zystadenom intraduktaler muzinöser papillärer Tumor mit mittelgradigen Dysplasien duktales Adenokarzinom intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (oder Adenom) solide pseudo-papilläre Tumore seröses Zystadenokarzinom (reifes) Teratom 21 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 18 27 28 muzinöses Zystadenokarzinom intraduktale papilläre muzinöse Karzinome 29 Azinuszellkarzinom solides pseudopapilläres Karzinom Pankreasblastom 30 Riesenzelltumor (osteoblastenähnlich) gemischtes Karzinom 31 Tabelle 18.2 WHO-Klassifikation und ICD-O Code epithelialer zystischer Tumoren des exokrinen Pankreas Benignität Borderline Malignität Malignität seröses Zystadenom (8441/0) Übergangsstadien sind für SZA nicht klassifiziert nicht klassifiziert seröses Zystadenokarzinom (8441/3) muzinöses Zystadenom (8470/0) muzinöser zystischer Tumor mit Dysplasie (8470/1) nicht-invasives muzinöses Zystadenokarzinom (8470/2) invasives muzinöses Zystadenokarzinom (8470/3) intraduktales papilläres muzinöses Adenom (8503/0) intraduktaler papillärer muzinöser Tumor mit Dysplasie (8503/1) nicht-invasives intraduktales papilläres muzinöses Karzinom (8503/2) invasives intraduktales papilläres muzinöses Karzinom (8503/3) 287 32 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Tabelle 18.3 Aktuelle Einteilung zystischer Pankreasläsionen [3] Neoplastisch epithelial Nicht-neoplastisch epithelial benigne kongenitale Zyste (in Fehlbildungssyndromen) intraduktales papilläres muzinöses Adenom lymphoepitheliale Zyste muzinös-zystisches Adenom muzinös nicht-neoplastische Zyste seröses mikrozystisches Adenom enterogene Zyste seröses oligozystisches Adenom Retentionszyste von Hippel-Lindau-assoziiertes zystisches Adenom Duodenalwandzyste benigner neuroendokriner Tumor, zystisch endometriale Zyste Azinuszellzystadenom zystisches Teratom (Dermoidzyste) milzassoziierte Epidermoidzyste III Gastrointestinaltrakt borderline intraduktaler papillärer muzinöser Tumor, borderline muzinös-zystischer Tumor, borderline solid-pseudopapilläre Neoplasie maligne intraduktales papilläres muzinöses Karzinom muzinös-zystisches Karzinom duktales Adenokarzinom, zystisch seröses Zystadenokarzinom Pankreatoblastom, zystisch zystische epitheliale Metastasen neuroendokrines Karzinom, zystisch Neoplastisch nicht-epithelial nicht-neoplastisch nicht-epithelial benigne nicht-epitheliale Tumoren (z. B. Lymphangiom) pankreatitisassoziierte Pseudozyste maligne nicht-epitheliale Tumoren (z. B. Sarkome) parasitäre Zyste Zystische nichtneoplastische Läsionen des Pankreas Zystische Läsionen des Pankreas werden unterteilt in (epitheliale) Retentionszysten, Pseudozysten und zystische Neoplasien, die weiter unten in diesem Kapitel abgehandelt werden. Epithelialisierte Retentionszysten treten insbesondere im Rahmen genetischer Syndrome (polyzystische Multiorgandestruktion) auf. Pseudozysten werden im Rahmen der chronischen Pankreatitis beobachtet. Die zystische Fibrose im Erwachsenenalter geht in 25% der Fälle mit sonographisch nachweisbaren Pankreaszysten einher [4]. Zysten, zystische Neoplasien und neuroendokrine Tumoren werden gehäuft bei der von Hippel-Lindau-Erkrankung beobachtet. werden können) in erster Linie an sekundäre (Pseudo-)Zysten durch akute oder chronische Entzündungen zu denken. Im Unterschied zur Niere und Leber sind zystische Veränderungen des Pankreas somit häufiger Pseudozysten, d. h. sie enthalten kein Epithel. Ebenso muss bei zystischen Veränderungen an die selteneren Neoplasien und hier vor allem an die Zystadenome und Zystadenokarzinome gedacht werden, wobei eine bildgebende Dignitätsbeurteilung schwer möglich ist. Es konnte gezeigt werden, dass etwa 10–15% der primär als Pseudozysten eingeschätzten Läsionen letztendlich zystischen Neoplasien entsprachen. K Häufigkeiten K Epitheliale Zysten Bei der Abklärung zystischer Raumforderungen im Bereich des Pankreas ist neben den seltenen kongenitalen dysontogenetischen Pankreaszysten (z. B. im Rahmen polyzystischer Syndrome, die anamnestisch erfragt Bei echten, einfachen Zysten des Pankreas handelt es sich um kongenitale dünnwandige, flüssigkeitsgefüllte, mit intaktem Epithel ausgekleidete zystische Läsionen. Echte Zysten sind benigne Läsionen und weisen weder 288 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. zystisches Hamartom Zystische nichtneoplastische Läsionen des Pankreas K Pseudozysten Pankreaspseudozysten entwickeln sich aus der typischen Sequenz der akuten Pankreatitis mit ödematöser Entzündung, Exsudation und konsekutiver umschriebener Nekrose mit entsprechender Umgebungsreaktion. Häufig kommunizieren Pseudozysten mit dem Pankreasgangsystem und können so transpapillär drainiert werden. Aufgrund dieser Kommunikation sind die Pankreasenzymwerte in den Pankreaspseudozysten ausgesprochen hoch. Zysten und Pseudozysten können aufgrund ihrer unterschiedlichen Wandung differenziert werden. Pseudozysten enthalten kein Gangepithel oder zentroazinäre Zellen. Ihre Berandung besteht aus Granulations- und Bindegewebe. Die Studienergebnisse von Warshaw et al. zeigen, dass bildgebend initial 37% aller zystischen Läsionen des Pankreas fälschlicherweise als Pseudozysten eingeschätzt werden [10]. Ausgangspunkt einer Studie von Karlsborg et al. ist die Feststellung, dass die Pathogenese von Pseudozysten bei chronischer Pankreatitis bisher nicht ausreichend geklärt ist und ein Teil der Zysten mit dem Pankreasgangsystem kommuniziert, andere hingegen nicht. In einer retrospektiven Analyse von 29 Patienten mit chronischer Pankreatitis und pankreatischen Pseudozysten führten Karlsborg et al. sequenzielle Zystenpunktionen mit Analysen des Inhalts durch und setzten die Ergebnisse mit der Pankreasfunktion sowie dem klinischen Verlauf in Beziehung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Enzymaktivität im Inhalt derselben Zyste schlecht reproduzierbar war; es bestand eine erhebliche intraindividuelle Variation. Es konnte weder für die Bestimmung der Lipase noch der Amylase eine Korrelation mit dem Alter der Pseudozyste nachgewiesen werden, Außerdem ergab die Enzymaktivität in der Zyste keinen Hinweis auf ein bevorstehendes klinisches Rezidiv. Ebenso bestand keine Korrelation zwischen Zysten-Enzymaktivität und der exokrinen Pankreasfunktion, wobei festgestellt wurde, dass der Pseudozysteninhalt nicht aus eigentlichem Pankreassaft bestand. Nach Meinung der Autoren ist die Analyse des Inhalts einer Pankreaspseudozyste daher ohne Wert für die Abschätzung des weiteren Verlaufs [11]. Hammel et al. analysierten bei 43 konsekutiven Patienten mit 50 zystischen Läsionen die diagnostische Aussagekraft einer präoperativen Analyse des mittels Feinnadelaspiration gewonnenen Zysteninhalts und korrelierten die Befunde für Pankreasenzyme und Tumormarker mit dem pathologisch-anatomischen Befund des Operationspräparates. Die Befunde zeigen, dass sich Pankreaspseudozysten, das seröse Zystadenom sowie das muzinöse Zystadenom bzw. Zystadenokarzinom durch typische biochemische Konstellationen der Zystenflüssigkeit charakterisieren lassen. Dabei wiesen Pseudozysten durchweg sehr hohe Enzymaktivitäten (insbesondere der Amylase) auf. Die Tumormarker können ebenfalls erhöht sein, allerdings überschritt der CEA-Wert in den Analysen praktisch nie 400 ng/ml. Seröse Zystadenome waren durch relativ niedrige Enzymaktivitäten und insbesondere durch einen sehr niedrigen CEA-Wert (< 5 ng/ml) charakterisiert. Demgegenüber lagen beim muzinösen Zystadenom/Zystadenokarzinom die CEA-Konzentrationen im Aspirat immer über 5 ng/ml. Darüber hinaus fanden sich fast ausnahmslos exzessiv erhöhte CA 19–9-Werte (meist > 50 000 U/ml), während die Konzentration der Pankreasenzyme wenig aussagekräftig war. In der Zusammenschau legen diese Ergebnisse nahe, dass in Ergänzung zu klinischen Daten und bildgebenden Befunden die biochemische Analyse der Zystenflüssigkeit bei zystischen Läsionen des Pankreas relevant ist, sofern diese nicht zweifelsfrei Folge einer Pankreatitis sind [12;13]. Die endoskopisch-retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) kann Hinweise auf das Vorliegen von Pseudozysten liefern, da diese in 70% der Fälle mit dem Gangsystem kommunizieren. Dies ist jedoch auch bei 10% der zystischen Pankreasneoplasien der Fall. Bei muzinösen Zystadenokarzinomen mit deutlicher Schleimbildung und vor allem bei den intraduktal zystischen Neoplasien liefert die endoskopisch-retrograde Cholangiopankreatikographie pathognomonische Befunde an Papille und im Pankreatikogramm. Die Pankreatoskopie erlaubt sogar die Früherkennung duktaler Tumoren. Die Behandlung der Pseudozysten des Pankreas ist in den letzten Jahren sehr zurückhaltend geworden, nachdem mehrere Studien gezeigt hatten, dass das spontane Komplikationsrisiko meist geringer ist als das von nicht-chirurgischen oder chirurgischen Interventionen [14–18]. In einer von Gouyon et al. über eine 10-Jahres-Periode durchgeführten retrospektiven Analyse von 90 Pseudozysten bei 85 Patienten bestätigte sich, dass besonders eine intrapankreatische Lokalisation im 289 18 19 20 21 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. solide Anteile, interne Septen noch papilläre Proliferationen auf. Die Pathogenese der Zysten beruht vermutlich auf einer abnormalen Segmentierung primitiver Pankreasgänge, die zu einer Sequestierung von duktalen Zellen führt. Diese in das Pankreasparenchym „versprengten“ duktalen Zellen bilden die innere Auskleidung der Zysten und sezernieren eine klare Flüssigkeit. Die dadurch bedingte Zunahme des Volumens der Zystenflüssigkeit kann zur Größenzunahme und einem wachstumsähnlichen Verhalten der Läsion führen. Bei echten Pankreaszysten findet sich keine Verbindung zum Pankreasgangsystem [5]. Echte Zysten des Pankreas treten bei beiden Geschlechtern gleich häufig auf, wobei sich keine bevorzugte Lokalisation innerhalb des Pankreas findet. Aufgrund der kongenitalen Genese treten echte Pankreaszysten insbesondere bei Kindern oder Jugendlichen auf [6]. In der Mehrzahl der in der Literatur beschriebenen Fälle bleiben echte Zysten klinisch asymptomatisch. In wenigen Fällen wurde von großen, symptomatischen Zysten berichtet, die durch Obstruktion der Gallengänge zu abdominellen Beschwerden, Gewichtsverlust und Ikterus führten. Echte Zysten des Pankreas können im Rahmen einer polyzystischen Erkrankung [7], der von Hippel-LindauErkrankung und in bis zu 25% der Fälle bei zystischer Fibrose [8;9] auftreten. 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Kopf sowie eine Größe von < 4 cm mit einer günstigen Spontanprognose einhergehen [19]. Hastier et al. berichten, dass größere, extrapankreatische bzw. im Pankreasschwanz lokalisierte Pseudozysten eine schlechtere spontane Rückbildungstendenz zeigen und eher zu Komplikationen neigen, sodass eine strenge Indikationsstellung vor allem für nicht-chirurgische Interventionen grundsätzlich begründet ist. Bei einer chronischen kalzifizierenden Pankreatitis kann sich als seltene, aber gefürchtete und schwere Komplikation nach Anlage einer endoskopischen Zystogastrostomie eine pankreatikoportale Fistel entwickeln [20]. Die endoskopische Therapie und Drainage symptomatischer Pseudozysten wird in einem zeitlichen Fenster von bis zu einem Jahr nach Diagnosestellung empfohlen. Die endoskopische Drainage erfolgt durch die Magenwand, ist aber auch durch die Duodenalwand möglich. Pseudozysten können auch chirurgisch mit dem Magen, Duodenum oder Jejunum verbunden werden (Verbindung der Pseudozystenwand mit dem Darm). Therapierefraktäre Pseudozysten in der Cauda pancreatis werden durch Resektion behandelt. Das Vorgehen sollte von der lokalen Expertise bezüglich ERCP, Endosonographie und chirurgischer Intervention abhängig gemacht werden [21]. K Verkalkungen Isolierte Verkalkungen des Pankreas sind selten, wogegen häufig klinisch irrelevante Gefäßverkalkungen beobachtet werden. Auf umschriebene Gefäßerweiterungen insbesondere der Milzarterie muss geachtet werden. Anderweitige Zeichen einer chronischen Pankreatitis müssen gezielt gesucht bzw. ausgeschlossen werden (Kap. 16). Zystische Neoplasien, Allgemeines K Geschichtlicher Überblick Zystische Veränderungen im Pankreas werden seit 1816 in der medizinischen Literatur beschrieben. Becourt stellte 1824 erstmals einen zystischen Pankreastumor vor. In der Folgezeit entstanden zahlreiche unterschiedliche, deskriptive Umschreibungen zystischer Pankreastumoren, wie z. B. Adenocystoma papilliferum, zystisches Adenom oder multilokuläres Kystom. Marziani schlug 1924 eine Einteilung in mikrozystische Läsionen, die mit kuboidalen Epithel ausgekleidet sind, und makrozystische Läsionen mit hochzylindrischem Epithel vor. Lichtenstein entdeckte 1934 das Potenzial zur malignen Entartung dieser Läsionen. Bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts hielt sich die Einteilung in Zystadenome und Zystadenokarzinome aufgrund ihres biologischen Verhaltens und des klinischen Verlaufes. Campagno und Oertel arbeiteten anhand morphologischer und histologischer Kriterien 1978 erneut Unterschiede zystischer Tumoren heraus. Sie stellen den mikrozystischen, dem Zysteninhalt nach serösen Tumoren, die sie als benigne einschätzen, die makrozystischen, muzinösen, potenziell malignen Tumoren gegenüber. Eine weitere Klassifikation der verschiedenen zystischen Tumoren wurde 1987 von Howard et al. erarbeitet [22]. K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese In der bestehenden Literatur finden sich keine genauen Angaben zur Inzidenz und Prävalenz zystischer Tumoren des Pankreas. Man findet lediglich geschätzte Zahlen, die je nach Zentrum erheblich divergieren. Zystische Tumoren des Pankreas sind selten, sie machen nach den aktuellen Literaturangaben etwa 1% aller 290 Tumoren des Pankreas und etwa 10–15% aller zystischen Veränderungen innerhalb des Pankreas aus. Innerhalb der Gruppe der zystischen Neoplasien stellen die serösen und muzinösen Zystadenome die am häufigsten vorkommenden Läsionen dar [22]. Muzinöse Zystadenome sind wahrscheinlich am häufigsten, gefolgt von den serösen zystischen Pankreasneoplasien, die makroskopisch häufiger solide imponieren und deswegen aufgrund der Ähnlichkeit zum umgebenden Pankreasgewebe seltener diagnostiziert werden. Papilläre und pseudopapilläre zystische Neoplasien sind deutlich seltener [23;24]. Maligne Formen der zystischen Pankreastumoren machen etwa 0,5–1% aller Pankreaskarzinome aus. Weltweit waren Ende der 1990er-Jahre etwa 500 Fälle publiziert, die Dunkelziffer wurde jedoch schon damals als hoch angenommen [25;26]. Zumindest vier verschiedene Typen zystischer Neoplasien werden in der Literatur beschrieben und sind in der WHO-Klassifikation enthalten (Tab. 18.1– 18.4): E seröses Zystadenom E muzinöses Zystadenom/muzinöses Zystadenokarzinom E intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie E papillär zystische Neoplasie K Diagnostik Die Endosonographie ist die Methode der Wahl, um eventuelle Neoplasieanteile in einer unklaren zystischen Formation zu erkennen. Die Einordnung der Dignität ist allerdings auch endosonographisch nur eingeschränkt möglich, sodass Punktionstechniken mit histologischer Untersuchung oder die Feinnadelspirationszytologie mit Bestimmung der Tumormarker notwendig sind [27]. Gutartige Pankreastumoren zei- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Zystische Neoplasien, Allgemeines Tabelle 18.4 Literaturübersicht: Zystadenome des Pankreas (SZA: mikrozystisches (seröses) Pankreasadenom; MZA: muzinöses Zystadenom des Pankreas; ZyAdCa: zystisches Adenokarzinom des Pankreas) Jahr gesamt SZA MZA IPMN ZyAdCa andere Algard 1987 6 3 3 0 0 0 Täävitsanen 1987 6 2 4 0 0 0 Kerlin 1987 8 2 0 0 5 0 Chung 1987 8 2 3 0 3 0 Vigrain 1987 9 5 4 0 0 0 Johnson 1988 45 16 17 0 12 0 Itai 1988 14 14 0 0 0 0 Katoh 1989 35 17 9 0 9 0 Le Borgne 1989 25 16 10 0 0 0 Warshaw 1990 67 18 22 0 27 0 Kobayashi 1990 19 0 19 0 0 0 Fugazzola 1991 30 12 18 0 0 0 Chen 1992 7 2 3 0 2 0 Egawa 1994 14 14 0 0 0 0 Bunk 1995 12 1 4 0 7 0 Azar 1996 32 0 0 32 0 0 Cellier 1997 74 0 0 74 1997 21 4 6 0 11 0 Koito 1997 52 5 10 10 7 20 Sugiyama 1998 41 0 0 15 26 0 Ariyama 1998 45 371 371 8 n. a. 0 Siech 1998 51 19 15 0 17 0 Sho 1998 14 2 12 0 Navarro 1999 10 6 4 0 Albert 2000 6 0 3 2 1 0 Nagel 2000 12 12 0 0 0 0 Gress 2000 35 2 14 8 11 Bhoutani 0 84 542 233 2000 6 0 2001 94 2 Sarr 2000 Rickes Brandwein 19 20 21 22 23 24 0 Torresan 25 26 27 28 0 0 0 7 4 0 2 9 22 6 0 29 0 1 SZA u. MZA Zystadenome 3 Borderline Zystadenome, Zystadenom der Gallengänge sind zu beachten n. a.: nicht angegeben 30 2 gen in der Regel ein gleichmäßiges Echomuster mit glatter äußerer Begrenzung. Allerdings können auch kleine Pankreaskarzinome glatt begrenzt sein und ein gleichmäßiges Echomuster aufweisen. Die Tumorcharakterisierung erfolgt insbesondere durch Analyse der Vaskularität. Hier haben sich kontrastverstärkte Techniken etabliert [27a]. Bei soliden Tumoren sind die Endosonographie und alternativ die Computertomographie die Methoden der Wahl. Bei zystischen Tumoren sind es die Endosonographie und Magnetresonanztomographie. Die Vorteile der echosignalverstärkten transabdominellen Sonographie wurden in den letzten 18 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Autor Jahren aufgezeigt, haben sich aber noch nicht allgemein durchgesetzt. Die maligne Transformation zystischer Neoplasien ist insbesondere mit der Tumorgröße der soliden Anteile (> (3–)5 cm) korreliert. Endosonographische Feinnadelpunktion Die Untersuchung zytologischer Präparate, die mittels endosonographischer Feinnadelaspiration erhalten werden, ist nicht sehr sensitiv, sondern lediglich in der Erkennung der Malignität von muzinösen zysti- 291 31 32 33 34 schen Neoplasien von Bedeutung. Die Bestimmung von Amylase, Lipase sowie verschiedener Tumormarker ist klinisch bedeutsam, wobei die Bestimmung des CEA im Vergleich zur Bestimmung des CA 19–9 die größere Trennschärfe aufwies. In einer Studie mit 341 Patienten wurde die Zystenflüssigkeit auf CEA, CA 72–4, CA 125, CA 19–9, and CA 15–3 untersucht. Die definitive histologische Diagnose wurde bei 112 Patienten durch chirurgische Resektion erreicht (davon 68 muzinöse Neoplasien, sieben seröse zystische Neoplasien, 27 entzündliche Pseudotumoren sowie fünf endokrine Tumoren und fünf andere Entitäten). Durch Analyse der Daten konnte ein Grenzwert des CEA von 192 ng/ml ermittelt werden, der mit einer Sensitivität von 73% und einer Spezifität von 84% zumindest die Unterscheidung muzinöser versus nichtmuzinöser zystischer Läsionen erlaubte. Es gab keine Kombinationsparameter, die eine höhere Genauigkeit aufwiesen als die alleinige CEA-Bestimmung. Bioptische Maßnahmen waren aufgrund der Schwierigkeiten, repräsentatives Zellmaterial zystischer Tumoren zu erlangen, von eingeschränkter Wertigkeit [28]. Die in dieser Studie publizierte niedrige Sensitivität lässt kritisch hinterfragen, ob im Einzelfall nicht das chirurgische Vorgehen alleinig die Diagnose stellen kann. Hiermit ist allerdings nicht die explorative Laparotomie gemeint, die eine wesentlich geringere Genauigkeit zur Entnahme von Proben aufweist als etwa die transabdominell sonographisch gezielte Punktion. Histologie (Zytologie) Wenn entsprechende Zellen gewonnen werden können, erlaubt die zytologische Untersuchung von Flüssigkeiten den Nachweis glykogenreicher Anteile (seröses Zystadenom) oder Schleim enthaltender Zystenanteile (muzinöse Läsion). Häufig finden sich allerdings keine repräsentativen Zellen, außerdem können Schleim produzierende normale Zellen auch im Bereich des Pankreasgangsystems zu finden sein. Bei Verdacht auf ein seröses Zystadenom sind somit histologische Probeentnahmen dringend notwendig, um bei diesen Patienten mit keinem bzw. niedrigem malignem Potenzial eine Operation vermeiden zu können. Aufsehen erregend war die Beobachtung von Lewandrowski et al., dass die routinemäßige Gefrierschnittdiagnostik bei zystischen Pankreastumoren in 20% zu Fehldiagnosen führt. Punktionsrisiko Die Feinnadelaspiration zystischer Läsionen ist in der Regel ohne nennenswerte Komplikationen durchführbar. Eine prophylaktische antibiotische Therapie sollte generell erfolgen. Vor einer Punktion sollten entzündlich bedingte Pseudozysten des Pankreas, etwa durch ERCP mit Drainage, weitgehend ausgeschlossen werden. 292 K Differenzialdiagnose Die Differenzialdiagnose von Pseudozysten, serösen und insbesondere muzinösen zystischen Neoplasien ist manchmal schwierig (Tab. 18.3–18.5). Muzinöse Neoplasien enthalten eine hohe Konzentration von Amylase und Lipase, da sie mit dem Pankreasgangsystem kommunizieren. Muzinöse Neoplasien führen nicht selten zu einer entzündlichen Umgebungsreaktion des Pankreas, sodass diese Patienten auch eine mit einer durchgemachten Pankreatitis vereinbare Anamnese berichten. Seröse zystische Pankreasadenome sind in der Regel kleinzystisch. In Einzelfällen können allerdings auch größere Zystenbereiche von bis zu 20 mm nachgewiesen werden. Typischerweise finden sich in den soliden Anteilen relativ große Arterien, von denen ähnlich wie bei einer FNH der Leber ventral weitere Gefäße abzweigen. Von Bedeutung ist, dass sich hypervaskuläre neoplastische Anteile auch bei neuroendokrinen Tumoren finden, die zentral nekrotisch-zystische Tumorbereiche aufweisen können [120], sodass hier die Differenzialdiagnose schwierig ist und bisher nur die histologische Untersuchung die nötige Sicherheit gibt [29]. K Therapie Bei unklaren zystischen Läsionen, die präoperativ nicht mit ausreichender Sicherheit diagnostiziert werden können, ist die Operationsindikation in Abhängigkeit vom Alter und der Komorbidität des Patienten zu stellen. Patienten mit histologisch gesichertem serösem Zystenadenom, deren Diagnose durch ausreichend große histologische Präparate zu sichern ist, werden Verlaufskontrollen empfohlen. Das maligne Potenzial wird als sehr gering eingeschätzt, jedoch haben wir in unserem Kollektiv auch bei benignen Tumoren eine erhebliche Wachstumstendenz beobachtet. Diese Beobachtung deckt sich mit der von Tseng et al. [30], der in einem Kollektiv von 106 Patienten feststellte, dass eine Tumorgröße von > 4 cm mit mehr Symptomatik der Patienten verbunden ist, auch wenn die jährliche Größenzunahme des Tumors nur 6 mm beträgt. Als therapeutisches Vorgehen wird bei kleinen Tumoren eine Verlaufskontrolle empfohlen, während bei großen serösen Zystadenomen auch bei fehlender Symptomatik die Resektion empfohlen wird. Neuroendokrine Tumoren mit oder ohne zystische bzw. nekrotische Anteile sollten nach Möglichkeit organerhaltend operiert werden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit genetischen Syndromen (multiple endokrine Neoplasie, MEN) [31]. Eine Enukleation ist bei einem Abstand zum Pankreashauptgang von > 5 mm möglich und wird von endokrinologisch versierten Operateuren durchgeführt [32]. In einer Serie von 398 Patienten mit Zystadenomen aus 73 Institutionen wurden 372 Patienten operiert. Präoperativ konnte nur bei 20% der Patienten mit serösem Zystadenom, 30% der Patienten mit muzinösen Zystadenom und 29% der Patienten mit einem muzi- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Muzinöses Zystadenom und Zystadenokarzinom Tabelle 18.5 Differenzialdiagnose von zystischen Läsionen des Pankreas Alter (Jahre) Geschlecht (m/w) Lokalisation Malignes Potenzial Kommunikation mit dem Gangsystem einfache Retentionszyste hauptsächlich Pankreaskopf keines selten Pseudozyste variabel keines häufig sehr niedrig selten hauptsächlich Korpus sowie Cauda pancreatis hoch gelegentlich hauptsächlich Kopf moderat bis hoch typisch moderat selten seröses Zystadenom muzinöses Zystadenom 40–60 IPMN 60–70 solide pseudopapilläre Neoplasie 20–40 w>m nösen Zystadenokarzinom eine zutreffende Diagnose gestellt werden [33]. Eine sichere Operationsindikation besteht für alle symptomatischen serösen Zystadenome und alle präoperativ eindeutig diagnostizierten muzinösen zystischen Neoplasien. Für die große Gruppe der präoperativ nicht sicher zu klassifizierenden asymptomatischen zystischen Läsionen sollte die Entscheidung über ein operatives Vorgehen von deren Lokalisation und von der Einschätzung des Operationsrisikos sowie von der präoperativen Wahrscheinlichkeit einer muzinösen zystischen Läsion abhängig gemacht werden. Bei präoperativ nicht sicher zu klassifizierenden zystischen Läsionen im Bereich des Pankreasschwanzes bzw. Corpus pancreatis sollte aufgrund des relativ geringen Risikos einer Pankreaslinksresektion die Operationsindikation schon bei mittelgradig verdächtigen Läsionen eher freizügig gestellt werden. Bei Lokalisation im Pankreaskopf wird eine frühzeitige Operation dagegen nur bei hochgradigem Verdacht auf 18 19 20 21 22 eine muzinöse Neoplasie empfohlen. Vor einer explorativen Laparotomie und Entnahme von Proben sollte dagegen gewarnt werden, da hier die Ausbeute aufgrund der Unübersichtlichkeit des Situs eher schlechter ist als bei einer sonographisch gezielten Biopsie. Vor einer Operationsentscheidung sollte allerdings auf jeden Fall die Endosonographie und – falls für eine sichere Aussage erforderlich – auch die ERCP erfolgen, um Pseudozysten mit Gangassoziationen auszuschließen. Endoskopische lokal ablative Therapieverfahren mit Injektion von Alkohol oder Radiofrequenzthermoablation sind bisher experimentell. In einer Studie an 25 Patienten wurde bei unilokulären und septierten zystischen Läsionen Ethanol appliziert. Bei acht Patienten (35%) konnte ein komplettes Verschwinden der Läsion im follow-up nachgewiesen werden. Bei fünf Patienten mit persistierenden Zystenanteilen wurde eine Resektion durchgeführt. Histologisch fand sich eine epitheliale Ablation [34]. Das muzinöse Zystadenom wurde früher als makrozystisches Adenom bezeichnet. Es repräsentiert 1–2% aller exokrinen Tumoren des Pankreas und bis zu 10% aller zystischen Pankreasprozesse. Es erkranken Patienten im mittleren Lebensalter (40–60 Jahre). Frauen sind wesentlich häufiger betroffen als Männer. Muzinöse Zystadenome sind insbesondere im Korpus- und Kaudabereich des Pankreas lokalisiert. Makroskopisch handelt es sich um graue, weiche, großkammrige Tumoren mit teilweise verkalkter Kapsel. Sie bestehen aus einem oder mehreren makrozystischen Bereichen, die durch Schleim produzierende Zellen begrenzt sind und eine muköse und hochviskose Flüssigkeit enthalten. Diese ist nicht selten hämorrhagisch und kann Nekrosen enthalten. Histologisch zeigt sich ein Mukus-sezernierendes einreihiges Zylinderepithel, z. T. papillär gefaltet. Intrazellulär sind Muzin 23 24 25 26 27 28 Muzinöses Zystadenom (MZA) und Zystadenokarzinom K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Typ und Glykogen nachweisbar, Letzteres jedoch in deutlich geringerer Konzentration als bei den serösen Zystadenomen. Im Vergleich zu den serösen Zystadenomen wird bei den muzinösen Zystadenomen sehr viel häufiger eine maligne Entartung beobachtet. 80% der muzinösen Neoplasien enthalten Atypien und 46% sind Zystadenokarzinome. Insbesondere muzinöse zystische Tumore mit einem Durchmesser von mehr als 3–5 cm sind zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits häufig maligne transformiert. Die maligne Entartung ist dabei histologisch oftmals nur fokal nachweisbar. Dabei liegen karzinomatöse Zellen neben normalem Epithel, das keinen Anhalt für eine Dysplasie aufweist (Abb.18.1, Abb. 18.2). 29 30 31 32 33 34 293 b c d III Gastrointestinaltrakt a Abb. 18.1 Darstellung eines teilweise zystischen und teilweise soliden Pankreastumors, der transabdominell sonographisch als Pseudozyste gedeutet wurde. B-Bild-sonographisch (a) und farbduplexsonographisch (b) konnte eine vermehrte Vaskularisation im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe dargestellt werden, die sich insbesondere nach Applikation des Echosignalverstärkers SonoVue zeigte (c). In der gleichen Sitzung wurde eine Feinnadelaspirationszytologie durchgeführt (d), und es konnte eine muzinöse Neoplasie ohne Zeichen der Malignität nachgewiesen werden. K Klinik typische anderweitige endosonographische Morphologie existiert nicht. Aufgrund der irregulären Anordnung der begrenzenden Schleim produzierenden Zellen und der Möglichkeit der Kontamination des Punktionsmaterials durch gastrointestinales Epithel aus dem Punktionsweg ist eine zytologische beziehungsweise histologische Diagnosesicherung durch Punktion häufig schwierig. Eine muzinöse Neoplasie ist immer dann zu vermuten, wenn ein oder mehrere der makrozystischen Bereiche Schleim enthalten. Benigne und maligne Areale können eng nebeneinander liegen, sodass eine präoperative histologische Sicherung einer malignen Transformation schwierig ist und der Analyse der Zystenflüssigkeit eine besondere Bedeutung zukommt. Zystadenome und Pankreaspseudozysten können durch Analyse der intraläsionalen Flüssigkeit in vielen Fällen differenziert werden. Die Zystenflüssigkeit der Pankreaspseudozysten enthält im Gegensatz zum Zystadenom eine höhere Konzentration von Pankreasenzymen. Die Bestimmung der Tumormarker und hier insbesondere des CEA in der Zystenflüssig- Die gutartigen muzinösen Zystadenome stellen zumeist Zufallsbefunde dar. Liegt eine klinische Symptomatik vor, handelt es sich überwiegend bereits um Zystadenokarzinome. Größenwachstum scheint von einer Entdifferenzierung begleitet zu sein. Es konnte für muzinöse Neoplasien eine Sequenz von duktaler Hyperplasie, papillärer Hyperplasie, villöser Hyperplasie mit Atypie und papillärem Carcinoma in situ gesichert werden. K Diagnostik Endosonographie und EUS-FNA Endosonographisch imponieren muzinöse zystische Neoplasien als großzystische Läsionen, die mit Pankreaspseudozysten verwechselt werden können. Auf vaskularisierte Septen sollte gezielt geachtet werden, da sie eine Neoplasie wahrscheinlicher machen. Eine 294 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Muzinöses Zystadenom und Zystadenokarzinom 18 19 20 21 b 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a 23 24 25 c d Abb. 18.2 Muzinöses Zystadenokarzinom des Pankreas mit Darstellung von zystischen Anteilen (a), durchbluteten Septen (b) und soliden Tumorbereichen (c, d). Das biologische Verhalten von muzinösen Zystadenokarzinomen ist variabel. Entgegen der publizierten Meinung, dass der Krankheitsverlauf und die Prognose ähnlich wie beim duktalen Adenokarzinom verlaufen, haben wir in unserem Patientenkollektiv wenig progrediente Krankheitsverläufe beobachtet, wie hier bei einem Patienten mit Peritonealkarzinose. Zur Symptomlinderung wurden wiederholt Entlastungspunktionen durchgeführt, die durch eine Pfortaderthrombose mit massiven Umgehungskreisläufen erschwert wurden. Die Gefäße sind farbduplexsonographisch dargestellt. keit (ein Grenzwert von 192 ng/ml wurde durch die wegweisende Arbeit von Brugge definiert [28]) und weniger des CA 19–9 ist für die Differenzierung zwischen nichtneoplastischen Zysten und Pseudozysten sowie serösen Zystadenomen einerseits und muzinösen zystischen Neoplasien andererseits hilfreich (Tab. 16.7). nisse der Bestimmung molekularer Marker wie etwa K-ras, P53 und Telomoraseaktivität in Pankreassekreten war bisher letztendlich enttäuschend. Endoskopie und ERCP Die Endoskopie der Papillenregion ist im Unterschied zu den IPMN nicht wegweisend. Die ERCP ermöglicht die Darstellung der Gangassoziation einer (pseudo-) zystischen Raumforderung und ist somit diagnostisch und therapeutisch von Bedeutung. Mittels ERCP können außerdem Gewebeanteile oder zytologische Ausstriche gewonnen werden. Laborchemische Untersuchungen Tumormarker im Serum sind bei weniger als 50% der Patienten erhöht und keine klinische Hilfe. Die Ergeb- K Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch zum muzinösen Zystadenom und Zystadenokarzinom sollte die intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN, früher auch als muzinöse Gangerweiterung bezeichnet) abgegrenzt werden. Die Beziehung der heutzutage häufiger beobachteten IPMN zur muzinösen Neoplasie ist allerdings noch unklar [29]. K Therapie Bei der Diagnosestellung eines muzinösen Zystadenoms sollte, wann immer aufgrund des Alters und der Komorbidität keine Kontraindikationen bestehen, die Resektion erfolgen. Die distale Pankreasteilresek- 295 26 27 28 29 30 31 32 33 34 tion wird bei Tumoren im Bereich des Corpus bzw. der Cauda pancreatis empfohlen. Im Bereich des Pankreaskopfes wird die ggf. pyloruserhaltende kephale Pankreatikoduodenektomie (modifizierte Whipple-Operation) entsprechend den onkologischen Standards angeraten. III Gastrointestinaltrakt K Prognose Nach Compagno und Oertel ist das muzinöse Zystadenokarzinom prognostisch günstiger einzuschätzen als das duktale Pankreaskarzinom, da nach ihren Ergebnissen die Rezidivrate nur 20% und die 7-Jahresmortalität 30% beträgt [24]. Einschränkend ist aber zu sagen, dass die Autoren nur resezierte Patienten untersuchten. Nach neueren Untersuchungen sind jedoch 63% der muzinösen Zystadenokarzinome zum Zeitpunkt der Diagnose nicht mehr kurativ resektabel. Die mittlere Überlebenszeit dieser Patienten liegt bei vier Monaten und ist damit nicht günstiger als die des duktalen Pankreaskarzinoms. Der wichtigste prognostische Faktor beim muzinösen Zystadenokarzinom ist daher die kurative Operabilität. Wird bei einem betroffenen Patienten eine vollständige Resektion durchgeführt, ist von einer 5-Jahresüberlebensrate von 75% auszugehen. Sarr et al. untersuchen in einer retrospektiven Untersuchung von 84 kurativ operierten Patienten mit zystisch-muzinösen Neoplasien des Pankreas die Prognose und Rezidivraten bei nicht-malignen und malignen muzinösen Tumoren. In der Gruppe der Patienten mit muzinösen Zystadenomen und muzinösen Zystadenomen mit Dysplasie zeigte sich bei einem mittleren follow-up von elf bzw. acht Jahren ein rezidivfreies Überleben in allen Fällen. Die Gruppe der Patienten mit muzinösen Zystadenokarzinomen unterschied sich hinsichtlich der Rezidivrate und der 5-Jahresüberlebensrate nicht von Patienten mit duktalen Pankreaskarzinomen. Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN) K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese Die intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie wurde erstmals 1982 von Ohashi et al. in einer kleinen Serie von vier Fällen beschrieben und als „mucin producing pancreatic carcinoma“ bezeichnet [35a]. Bei diesen erstmalig publizierten Patienten fand sich eine günstige Prognose. In den folgenden Jahren setzte eine Flut von Publikationen zu diesem Thema mit zum Teil stark widersprüchlichen Ergebnissen ein. Da die Nomenklatur lange nicht einheitlich war, kam es zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Bezeichnungen und deskriptiven Umschreibungen dieser Pankreastumoren, was häufig zu Fehldiagnosen bzw. Verwechslungen mit muzinösen Zystadenomen und muzinösen Zystadenokarzinomen führte. Als intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien werden heute die in der Vergangenheit als mucin producing tumors, intraductal cystadenoma, mucin producing carcinoma und muzinöse Zystadenome vom duktektatischem Typ beschriebenen Tumoren zusammengefasst. Eine Vielzahl weiterer verwirrender Begriffe wurde zeitweise verwandt, z. B. „muzinöse duktale Ektasie“, „Schleim produzierendes Karzinom“, „intraduktaler Schleim produzierender Tumor“, „intraduktale papilläre Hyperplasie“, „intraduktaler papillärer Tumor“ oder „intraduktale papilläre Neoplasie“. Die Bezeichnung intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie vereint die unterschiedlichen morphologischen Manifestationsformen dieser besonderen Tumorentität und reflektiert die wesentlichen Eigenschaften: intraduktales papilläres Tumorwachstum und Muzinsekretion. Die von einigen Autoren postulierte Differenzierung zweier Subtypen – die intraduktalen papillären Tumoren [35;36] und die intraduktalen muzin-hypersekre- 296 torischen Tumoren [37;38] – lässt sich nach heutigem Wissenstand nicht mehr aufrechterhalten, da die zwei beschriebenen Subtypen histologisch identisch sind [39;40]. Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien entwickeln sich insbesondere im Pankreaskopfbereich und können sich im gesamten Organ sowie im Bereich der erweiterten Gangsegmente ausbreiten. Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien gehen vom duktalen Epithel des Pankreashauptganges oder dessen Seitenästen (1. und 2. Ordnung) aus und breiten sich entlang des Gangsystems aus. Sie unterscheiden sich dadurch von den muzinösen Zystadenomen, die ihren Ausgang von den weiter peripher gelegenen Ästen nehmen [41]. Es werden Neoplasien des Hauptgangsystems (main duct type, MDT-IPMN, 75%) vom Seitengangtyp (branch duct type, BDT-IPMN, 25%), der sich insbesondere im Processus uncinatus findet, differenziert. Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien werden als prämaligne oder maligne Tumoren angesehen [41]. Die meisten Patienten haben zum Zeitpunkt der Diagnose noch keine maligne Transformation. Diese entwickelt sich wahrscheinlich sehr langsam über 10–20 Jahre [42;43]. Das maligne Potenzial ist mit dem der muzinösen Zystadenome vergleichbar. In zwei Studien betrug der Anteil an Adenokarzinomen im Resektionsgut bei den intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien 30% und bei den muzinösen Zystadenomen 20% [39]. Die Seitengangvariante ist vermutlich weniger aggressiv als die Hauptgangvariante. Die IPMN wurde insbesondere bei Männern über 60 Jahre beschrieben, häufiger gepaart mit dem Leitsymptom einer chronischen obstruktiven Pankreatitis mit rezidivierenden Entzündungsschüben. Die entzündlichen Episoden werden durch Gangverstopfungen mit Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie Tabelle 18.6 Laborchemische und histopathologische Befunde bei IPMN Kriterien Cellier/Cremer et al. [121] Patientenzahl 47 mittlere Zeit bis zur Diagnose (Monate) 40 CEA CA 19–9 32 19 43 6% > 16% 5% n. a. 27% 50% 20 Tumorlokalisation E Kaput 49% 67% E diffuse Infiltration 51% 13% invasives Karzinom 43% 38% Dysplasie 57% K-ras 44% 21 63% 22 n. a. Metastasen 22% Lymphknotenmetastasen 35% follow-up (Monate) 37 (1–180) 23 47 (1–168) n.a.: nicht angegeben 24 Tabelle 18.7 Wertigkeit bildgebender Verfahren in der Beurteilung der Invasivität/Malignität bei Patienten mit IMPN Methode Patientenzahl (n) Sensitivität (%) Spezifität (%) Präzision (%) EUS 21 78 75 76 EUS 51 77 78 86 CT 25 69 83 76 Cellier et al. 1998 [121] ERCP 29 55 90 79 Cellier et al. 1998 [121] Schleim ausgelöst. Das Geschlechterverhältnis wird von Kimura et al. mit 2,2 : 1 zugunsten des männlichen Geschlechts angegeben. Die Ätiologie ist unklar. Eine Assoziation mit der familiären adenomatösen Polypose, dem Peutz-Jegher-Syndrom und anderen Tumorentitäten wurde beschrieben. K Klinik Charakteristisch für die intaduktalen papillären muzinösen Neoplasien ist die Verlegung der Pankreasgänge durch Schleimansammlungen infolge massiver muzinöser Sekretion. Nur selten wird diese duktale Obstruktion durch den Tumor selbst verursacht. In mehren Studien konnte gezeigt werden, dass sich IPMN meist durch Schübe einer akuten Pankreatitis manifestieren. Darüberhinaus können sie aber auch klinische Aspekte einer chronischen Pankreatitis imitieren [44]. Im Verlauf kann sich eine chronische obstruktive Pankreatitis mit den Folgen einer Pankreasfibrose, Drüsenkörperatrophie und einer Pankreasinsuffizienz ausbilden. IPMN wachsen in der Regel langsam und können somit über längere Zeit unerkannt bleiben (Tab. 18.8). Rezidivierende Pankreatitiden unklarer Genese sollten PPW NPW Literatur Cellier et al. 1998 [121] 71 92 Kubo et al. 2001 [122] Tabelle 18.8 Klinische Erstmanifestation bei Patienten mit IPMN Literatur Cellier et al. [121] Azar et al. [44] Patientenzahl (n) 47 32 akute Pankreatitis 39% 56% Gewichtsverlust 13% 50% Diarrhoe/Steatorrhoe 13% 13% Diabetes mellitus 6% 38% Abdominelle Schmerzen 6% n.a. Verschlussikterus 6% 6% Zufallsbefund/asymptomatisch 8% 44% n.a. 16% asymptomatisch u. Amy-/ Lip-Erhöhung Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Amylaseerhöhung 18 Azar et al. [44] 25 26 27 28 29 30 31 32 n.a.: nicht angegeben den Verdacht auf eine intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie lenken. Bass et al. beschreiben in ihrer Arbeit, dass maligne Formen der IPMN häufiger mit dem Auftreten eines Diabetes mellitus gepaart sind, hingegen Patienten 297 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren K Diagnostik III Gastrointestinaltrakt Endosonographie und FNAC Klassische Zeichen der IPMN sind eine segmentale (insbesondere im Pankreaskopfbereich auftretende) oder diffuse Dilatation des Pankreashauptganges in der Regel ohne Gangerweiterung des Ductus hepatocholedochus. Typischerweise finden sich im Gangbereich neoplastische Knoten > 10 mm, die allerdings bildgebend schlecht von Schleimpfropfen differenziert werden können. Bei der Seitengangvariante finden sich insbesondere Zysten von 5–20 mm. Gangerweiterungen > 8–10 mm und Zysten > 20 mm werden als Indikatoren einer malignen Transformation gewertet (Tab. 18.3–18.5; Tab. 18.7). Die intraduktale Minisondentechnologie wurde bei Patienten mit der Hauptgangvariante eingesetzt, um neoplastische Anteile von Schleimbereichen abzugrenzen. Die Feinnadelaspirationszytologie kann bei positivem Ergebnis wegweisend sein. Die Feinnadelaspirationszytologie und histologische Untersuchungen unterschätzen eher das maligne neoplastische Potenzial [46]. Endoskopie und ERCP In der Literatur werden der Nachweis einer Fischmaulpapille und der Grad der Pankreasgangerweiterung als Malignitätskriterium unterschiedlich beurteilt. Nach Uehara et al. ist eine Erweiterung des Pankreashauptganges über 8 mm in Kombination mit einer Fischmaulpapille in 81 bzw. 91% spezifisch für intraduktale papilläre muzinöse Karzinome [47]. In zwei weiteren Studien konnte kein Zusammenhang zwischen Gangerweiterung bzw. Fischmaulpapille und dem Malignitätsgrad der Erkrankung hergestellt werden [48]. Die Abgrenzung zur nicht kalzifizierenden chronischen Pankreatitis mittels endoskopisch retrograder Cholangiopankreatikographie kann schwierig sein. In zwei Studien werden die Befunde der Bildgebung gegenübergestellt. Für das Vorliegen einer chronischen Pankreatitis spricht der Nachweis von unregelmäßigen Gangkonturen, Strikturen und korkenzieherartiger Deformierung der Seitenäste [49]. Demgegenüber finden sich bei IPMN eine weit klaffenden Papille und amorphe Gangdefekte, proximale Strikturen des Pankreasganges fehlen dagegen (Abb. 18.3–18.5; Tab. 18.6–18.7). Die im Rahmen einer chronischen Pankreatitis auftretenden Retentionszysten entstehen proximal des obstruierten Gangsegmentes und unterscheiden sich dadurch laut den Untersuchungsergebnissen der Arbeitsgruppen von Bastid et al. und Itai et al. von den traubenförmig-zystischen Erweiterungen der Seitengänge bei den IPMN [6]. 298 Laborchemische Untersuchungen Tumormarker sind bei etwa 25% der Patienten erhöht und letztendlich keine klinische Hilfe. Molekulare Marker wurden in den Pankreassekreten bestimmt, beispielsweise K-ras, p53 und die Telomeraseaktivität. Die Ergebnisse waren bisher letztendlich enttäuschend [50] (s. a. Tabelle 18.6). K Differenzialdiagnose Die Differenzialdiagnose beinhaltet insbesondere die chronische obstruktive Pankreatitis sowie die muzinöse zystische Neoplasie. Eine seltene Differenzialdiagnose ist das duktale Adenokarzinom des Pankreas. K Therapie Bei Diagnose einer IPMN sollte die operative Entfernung angestrebt werden. Die Operationsindikation wird in Abhängigkeit vom Alter und der Komorbidität des Patienten gestellt. Bei älteren Patienten mit Zysten < 20 mm, geringfügig solidem Material und dünnen septierten Wänden ist die Krankheitsprogression gering, sodass ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt werden kann. Endoskopische Ultraschallverlaufsuntersuchungen sind bei diesen Patienten berechtigt [42;51]. Patienten mit wiederholten Pankreatitisschüben durch IPMN sollten korrespondierend zur chronischen obstruktiven Pankreatitis der Pankreaskopfresektion zugeführt werden. Die Operationstechnik (distale Pankreasresektion, kephale Duodenopankreatektomie oder totale Pankreatektomie) ist individuell zu planen. Inoperable Patienten können auch endoskopisch mit entlastenden Stents therapiert werden. K Prognose Die Prognose bei Patienten mit intraduktalen papillären muzinösen Tumoren des Pankreas wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. Einige Autoren gehen von einer guten Prognose nach Resektion des Tumors aus und führen dies auf das langsam fortschreitende Wachstum und die geringe Malignitätsrate der Tumoren zurück. Nach Sho et al. sind Lymphknotenmetastasen äußerst selten und treten erst in sehr weit fortgeschrittenen Krankheitsstadien auf. Andere Arbeitsgruppen kommen allerdings zu anderen Ergebnissen. Azar et al. berichten bei insgesamt 32 Patienten mit intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien von einer 3-Jahresüberlebensrate von 79%, obwohl der Anteil an invasiven Karzinomen in der Gruppe der resezierten Tumoren 37,5% betrug [44]. In einer neueren Studie von Murakami et al. wurden 62 Patienten mit IPMN untersucht, die sich in 29 Adenome, zehn Borderline-Tumoren und elf in situ-Adenokarzinome aufteilten. Es konnte herausgearbeitet werden, dass das Überleben bei Patienten mit nichtinvasiver IPMN Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. mit einer benignen Form einer IPMN häufiger unter Schmerzen leiden [45]. Das endoskopische Leitsymptom der IPMN ist die Fischmaulpapille, worunter man eine aufgeweitete Papille mit Schleimabsonderung versteht. Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie 18 19 20 21 b 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a 23 24 25 c d 26 27 28 29 30 e Abb. 18.3 Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie des Pankreas vom Hauptgang-Typ. Es finden sich ein gewundener Verlauf des erweiterten Pankreashauptganges im Genu pancreatis (a) sowie im Pankreaskorpus gelegene zystische Räume, die sich nicht vollständig echofrei darstellen (b). Das Orifizium des Pankreashauptganges ist aufgeweitet (c). Auch der der Minorpapille vorgelagerte Mündungsbereich des Pankreasganges ist erweitert (d). Die korrespondierenden ERCP-Bilder zeigen die zystischen Erweiterungen des Pankreasganges in Caput und Genu pancreatis sowie die ausgeprägte Erweiterung des Pankreashauptganges in Corpus und Cauda bei Kontrastierung ausgehend von der Hauptpapille (e) bzw. Minorpapille (f). 31 32 33 f 299 34 b c d III Gastrointestinaltrakt a Abb. 18.4 Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN) des Pankreas. Endosonographische Darstellung im Grauwertbild (a, b) und in der endosonographischen farbkodierten Duplexsonographie (c) mit Spektralanalyse des Dopplersignals (d). Korrespondierende endoskopische Abbildung der typischen „Fischmaulpapille“ (e) (mit freundlicher Genehmigung von M. Hocke, Jena). e signifikant besser war als bei invasivem Wachstum (5Jahresüberleben 87,2% versus 49,2%) [52]. In einer Studie von Cellier et al. mit 47 Patienten mit intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien betrug die 3-Jahresüberlebensrate in der Gruppe der resezierten Tumoren für alle Dignitätsstadien 63%. In der Gruppe der Patienten mit invasiven Karzinomen betrug die 3-Jahresüberlebenszeit jedoch nur 21%. Im 300 Resektionsgut fand sich ein hoher Anteil an invasiven Karzinomen (40%) und Carcinomata in situ (21%). Eine geringe bis mittelschwere Dysplasie lag bei 36% der Tumoren vor. Die Sensitivität und Spezifität der durchgeführten bildgebenden Diagnostik (EUS, CT, ERCP) für die Beurteilung der Invasivität und Malignität lag unter 80% ([121]; Tab. 18.6 und 18.7). Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die Gruppe um Loftus et al. [41]. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Solide pseudopapilläre Neoplasie 18 19 20 21 a b Eine retrospektive Studie von Kimura et al. an insgesamt 300 Patienten mit zystischen Raumforderungen des Pankreas hatte das Ziel, das maligne Potenzial zystischer Läsionen des Pankreas histopathologisch zu bestimmen und das therapeutische Management dieser Läsionen zu verbessern. In der Gruppe der serösen Zystadenome fanden sie bei Tumoren mit einem maximalen Durchmesser von > 5 cm eine beträchtliche Reduktion bzw. einen Verlust der Azini im vorderen Pankreasbereich. In allen Fällen wurden solide Anteile gefunden. Eine maligne Transformation wurde bei serösen zystischen Neoplasien ab einer Tumorgröße von 6 cm beschrieben. Die Prognose dieser Tumoren wurde als gleich schlecht wie in der Gruppe der muzinösen Zystadenokarzinome angegeben. In zwei von 42 Fällen mit Pseudozysten des Pankreas fanden sich an die Zyste angrenzende kleine duktale Karzinome. In der Gruppe der „branch duct intraductal papillary neoplasms“ fanden sich ab einer Tumorgröße von 4 cm in 80% der Fälle maligne Tumoren. Auf diesen Untersuchungsergebnissen basierend empfehlen die Autoren die operative Therapie für alle zystischen Läsionen im Pankreaskorpus- oder -kaudabereich bei Frauen mittleren Alters, für „branch duct intraductal papillary neoplasms“ > 3 cm und für Pseudozysten unklarer Genese. Bei älteren Patienten mit kleinen zystischen Läsionen sollte eine gewissenhafte Kontrolle der Befunde stattfinden [123]. Solide pseudopapilläre Neoplasie K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese Die solide pseudopapilläre Neoplasie (Synonyme: papilläre zystische Neoplasie, pseudopapilläre Neoplasie, solider pseudopapillärer Tumor, Frantz-Tumor) wird insbesondere bei jungen Frauen im gebärfähigen Alter diagnostiziert und hat ein niedriges malignes Potenzial. Die Pathogenese ist bis zum heutigen Zeitpunkt ungeklärt. Häufig sind die Tumoren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose schon relativ groß, was auch durch ihre Prädilektion im Pankreaskorpus- und -kaudabereich zu erklären ist. Mao et al. haben in einem Überblick aller bis zum Zeitpunkt der Publikation beschriebenen 292 Fälle einen durchschnittlichen Tumor-Diameter von 10,3 cm in ermittelt. Wenngleich bei 14,7% dieser Fälle bereits eine maligne Entartung vorlag, war die Langzeitprognose insgesamt gut [53]. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 22 Abb. 18.5 Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie mit Darstellung der zystischen Raumforderung im Pankreas (a) und typische Papillenmorphologie mit Schleimproduktion (b). Der Tumor wurde primär als muzinöses Zystadenom gedeutet. 23 24 25 26 27 28 29 K Klinik Die klinische Symptomatik ist uncharakteristisch, führend sind diffuse abdominelle Schmerzen bzw. Missempfindungen. In der Regel handelt es sich aber um Zufallsbefunde. K Diagnostik 30 31 32 Endoskopie und ERCP Der endoskopische Befund ist in der Regel uncharakteristisch. 33 34 301 a b c d e f Abb. 18.6 Solide pseudopapilläre Neoplasie einer 45-jährigen asymptomatischen Frau. Endosonographie (a) und Computertomographie (b) stellen einen zystischen Tumor der Cauda pancreatis mit einzelnen soliden Anteilen dar. Das endosonographisch entnommene Feinnadelaspirationspräparat zeigt die charakteristischen sich verzweigenden papillären Strukturen mit myxoidem und fibroidem Stroma und monomorphen, runden, gering hyperchromatischen Tumorzellen ohne mitotische Aktivität (c zytologischer Ausstrich, Haematoxylin-Eosin, × 100; d, e durch EUS-FNA gewonnenes histologisches Präparat, Haematoxylin-Eosin, × 200 und × 400; mit freundlicher Erlaubnis von Dr. B. Fiedler, Berlin). Die Tumorzellen reagierten mit Antikörpern gegen Vimentin, neuronenspezifische Enolase und den Progesteronrezeptor. Färbungen gegen CA 19–9, CEA, MFN 116, Synaptophysin und Chromogranin A waren negativ und die Proliferationsaktivität (Ki-67) war niedrig (1%). Der Pankreasschwanztumor wurde zusammen mit der Milz vollständig reseziert (f Tumor- und Milzpräparat; mit freundlicher Erlaubnis von Dr. G. Reiche, Strausberg). (Endo-)Sonographie und FNA male, die eine Differenzierung zu anderen Pankreasneoplasien erlauben. Charakterisisch ist ein aufzweigendes papilläres Muster mit myxoidem und fibrovaskulärem Stroma. Die Tumorzellen sind monomorph mit runden eosinophilen Kernen und schaumigem Zytoplasma. Die zystische Komponente zeigt blutgefüllte Areale und manchmal Nekrosebereiche. Die Immunzy- Die (Endo-)Sonographie zeigt einen gemischt solidzystischen Tumor mit scharfer Begrenzung. Manchmal finden sich Verkalkungsechos. Durch Feinnadelaspiration gewonnenes Material zeigt spezifische zyto- und histopathologische Merk- 302 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Seröses Zystadenom des Pankreas K Therapie Patienten mit solider pseudopapillärer Neoplasie des Pankreas haben eine sehr gute Prognose, wenn der Tumor vollständig entfernt werden kann. Ein Rezidiv sowie auch Metastasen wurden allerdings in Einzelfällen beschrieben. Wie bei den anderen zystischen Tumorentitäten ist die präoperative Überprüfung des malignen Potenzials häufig nicht sicher möglich. Die Differenzialdiagnose beinhaltet neben dem serösen mikrozystischen Pankreasadenom den neuroendokrinen Tumor [3]. Die Art der Resektion ist abhängig von der Lage des Tumors. Seröse Zystadenome sind zystisch epitheliale Pankreastumoren, die charakterisiert sind durch die Produktion seröser Flüssigkeit durch duktulär differenzierte Zellen, die vermutlich von azinären Zellen abstammen. Sie sind regelmäßig begrenzte Tumoren, die sich aus multiplen kleinen Zysten wabenförmig zusammensetzen (Tab. 18.9). Histologisch sind die Zystenkammern von einem einschichtigen kuboidalen oder polygonalen Epithel ausgekleidet. Im Zytoplasma lässt sich massig Glykogen anfärben. Aufgrund ihrer morphologischen und zytologischen Charakteristika werden sie auch als mikrozystische bzw. glykogenreiche Zystadenome bezeichnet. Im Zentrum der Läsion finden sich kleinere, nach peripher gelegene größere Zystenkammern. Die Oberfläche ist durchscheinend, der Zysteninhalt ist im Regelfall klar. Die Zystenflüssigkeit kann aber unter Umständen infolge von Hämorrhagien auch eine dunkelbraune Färbung aufweisen. Die Größe der Tumoren kann zwischen 10 mm und 25 cm schwanken. Als charakteristisch für seröse Zystadenome gilt der Nachweis einer zentralen sternförmigen Narbe mit begleitenden Gefäßen, die gelegentlich Verkalkungen aufweisen können („sun-burst pattern“). Der Tumor ist stark vaskularisiert, mit typischerweise zuführender Arterie. Von uns wurde wegen der histologischen und (duplex)sonographischen Parallele zur entsprechenden Läsion der Leber der Begriff fokal noduläre Hyperplasie (FNH) des Pankreas geprägt. In wenigen Einzelfallbeschreibungen wurde von malignen serösen Zystadenokarzinomen berichtet, die Entartung scheint größenabhängig zu sein [56]. Eine Assoziation mit endokrinen Neoplasien wurde beschrieben [57–60]. Sonderformen: oligo- und makrozystisches (multilokuläres) seröses Pankreasadenom Neben den häufigeren, von Compagno und Oertel [23] als mikrozystische seröse Zystadenome bezeichneten Läsionen sind in der Literatur auch makrozystische, multizentrische und oligozystische Varianten beschrieben worden (Tab. 18.9). Die oligozystische Variante wird von Egawa et al. als seröses, oligozystisches, unscharf begrenztes Pankreasadenom (abgekürzt SOIA) 19 20 21 Seröses Zystadenom (SZA) des Pankreas K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese 18 beschrieben. Das SOIA bevorzugt das männliche Geschlecht und ist vorwiegend im Pankreaskopf lokalisiert. Nach Egawa et al. zeigen diese Tumoren ein oligozystisches, unregelmäßiges Muster aus mit seröser Flüssigkeit gefüllten Zysten und einen zwischen 0,5 und 1,5 cm variierenden Zystendurchmesser. Im Unterschied zu den mikrozystischen Formen finden sich keine zentral sternförmigen Narben und die Abgrenzbarkeit zum umgebenden Pankreasparenchym ist aufgrund kleiner peripherer, in das Parenchym „infiltrierender“ Zysten unscharf. Immunhistochemisch besteht kein Unterschied zu der mikrozystischen Form. Lewandrowski et al. berichten von fünf Patienten mit makrozystischen serösen Zystadenomen, die sie als morphologische Variante des serösen Zystadenoms ansehen. Diese unterscheiden sich von der mikrozystischen Form durch das Vorhandensein von nur einer oder wenigen großen Zysten und dem Fehlen einer zentralen, sternförmigen Narbe. Sperti et al. veröffentlichten in einer kleinen Serie von sieben Patienten mit makrozystischen serösen Zystadenomen ihre Analyseergebnisse der Zystenflüssigkeit zur Abgrenzung dieser Tumoren gegenüber den muzinösen Zystadenomen. Dabei spricht nach Meinung der Autoren der Tabelle 18.9 Zusammenfassung: Literaturberichte über makrozystische seröse Zystadenome des Pankreas Autor Patientenzahl (n) Lewandrowski et al. Hum Pathol 1992;13:871–875 5 Huh et al. J Korean Med Sci 1994;9:78–85 1 Egawa et al. Virchows Arch 1994:424:13–17 4 Mori et al. Int J Pancreatol 1995;17:91–93 1 Yin et al. Yonsei Med J 1997;38:63–65 1 Inoue et al. Pancreas 1998;16:102–106 1 Gouhiri et al. Abdom Imag 1999;24:72–74 1 Fujiwara et al. J Hepatobiliary Pancrat Surg 2000;7:92–96 1 Sperti et al. Int J Pancreatol 2000;28:1–7 7 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. tochemie reagiert positiv für Vimentin, Alpha-1-Antitrypsin, neuronenspezifische Enolase sowie Progesteronrezeptor und erlaubt somit die Diagnose dieses seltenen Pankreastumors [54;55] (Abb.18.6). 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 303 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Epidemiologie Häufigkeit Mikrozystische Pankreasadenome kommen weit häufiger vor als früher angenommen. Der Anteil der serösen Zystadenome macht etwa 1–3% aller exokrinen Pankreastumoren aus, entsprechend etwa 10% aller zystischen Neoplasien des Pankreas. Die Häufigkeitsangaben in der Literatur sind verwirrend unterschiedlich, was wahrscheinlich die verschiedenen bildgebenden Techniken reflektiert. Das seröse Zystadenom manifestiert sich meist nach dem 50. Lebensjahr und zeigt einen Gipfel in der 6. und 7. Lebensdekade. Geschlecht In der Literatur ist eine starke Bevorzugung des weiblichen Geschlechts (bis zu 9 : 1) beschrieben worden [61–63]. Neuere Studien legen nahe, dass der Geschlechterunterschied möglicherweise geringer ist. Prädilektion Die serösen mikrozystischen Pankreasadenome sind über das gesamte Pankreas verteilt. Eine bevorzugte Lokalisation des Tumors innerhalb des Pankreas besteht nach Compagno und Oertel jedoch für Pankreaskorpus und -cauda [23]. Assoziationen Bei den serösen Zystadenomen besteht eine Assoziation mit der von Hippel-Lindau-Erkrankung, bei der eine retinale Angiomatose und zerebelläre Hämangioblastome kombiniert mit urogenitalen oder zystischen Pankreastumoren auftreten. Hammel et al. fanden bei 77% der von ihnen untersuchten 158 Patienten mit von Hippel-Lindau-Erkrankung eine Beteiligung des Pankreas. Dabei zeigten sich in 91% der Fälle echte Zysten und in 12% auch seröse Zystadenome. Darüber hinaus bestand bei den Patienten mit Pankreaserkrankungen ein signifikant geringeres Phäochromozytomrisiko. In der Gruppe der Patienten mit neuroendokrinen Tumoren des Pankreas in Verbindung mit der von Hippel-Lindau-Erkrankung zeigte keiner der Patienten Symptome einer Hormonhypersekretion. 304 Eine Assoziation mit einem Diabetes mellitus ist ebenfalls beschrieben worden. K Klinik Klinisch finden sich am häufigsten unspezifische, abdominelle Schmerzen oder Rückenschmerzen, seltener Gewichtsabnahme, Ikterus, rezidivierendes Erbrechen durch Kompression angrenzender Strukturen oder ein Diabetes mellitus. In den meisten Fällen handelt es sich daher um Zufallsbefunde. K Diagnostik Das seröse Zystadenom stellt sich als solide oder kleinzystische Läsion dar, wobei die Größe der Zysten in der Regel jedoch < 2 cm beträgt. In vielen Fällen sind die Zysten so klein und dicht, dass der Tumor als solide imponiert, die makrozystischen Formen hingegen können leicht als Pankreaspseudozysten fehlgedeutet werden. Endosonographie und FNAC Das mikrozystische seröse Pankreasadenom ist in Abhängigkeit von der Zystengröße und dem Glykogengehalt im Vergleich zum umgebenden gesunden Pankreasgewebe jüngerer Patienten isoechogen oder in unterschiedlichem Ausmaß echogen. In einem echoreichen Pankreas imponiert es dagegen deutlich schwächer echogen und kann bei diesen Patienten mit einem duktalen Adenokarzinom des Pankreas verwechselt werden. Als hilfreich hat sich insbesondere die farbduplexsonographische Darstellung erwiesen, da die Tumoren im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe regelhaft mehrvaskularisiert sind (Abb. 18.7, 18.8). Im Unterschied zu den MZA und IPMN sind diese Tumoren fast immer benigne. Die biochemische und zytologische Untersuchung des mittels Feinnadelaspirationsbiopsie gewonnenen Zysteninhalts kann Hinweise auf das Vorliegen eines serösen Zystadenoms liefern. Dabei gilt der Nachweis eines flachen, glykogenreichen, kuboiden Epithels mit klarem Zytoplasma ohne erhöhte Werte für Muzin, Amylase und CA-19–9 in der Zystenflüssigkeit als charakteristisch. In der Regel ist durch transabdominelle oder endosonographische Biopsie eine histologische Sicherung anzustreben, da die Zytologie lediglich die benigne Natur, nicht aber Aussagen über den Gewebeaufbau bieten kann. Histologisch sind SZA typischerweise aus vielen kleinen zystischen Bereichen aufgebaut, die eine glykogenreiche Epithelarchitektur mit gleichmäßig verlaufenden Gefäßen aufweisen. Ein Größenwachstum wurde von uns in manchen Fällen beobachtet, sodass eine maligne Entartung nicht mit Sicherheit auszuschließen ist. Über das Vorkommen von serösen Zystadenokarzinomen ist in Einzelfällen berichtet worden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt negative Nachweis von Tumormarkern (CA 72–4 und MCA- „mucin-like carcinoma-associated antigen“) in der Zystenflüssigkeit für das Vorliegen eines makrozystischen serösen Zystadenoms. Egawa et al. weisen auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der makrozystischen und der oligozystischen (SOIA) Variante hin. Sie vermuten eine einzige Tumorentität. Unterscheidungsmerkmale stellen lediglich die unscharfe Begrenzung und der Zystendurchmesser < 1,5 cm auf Seiten des SOIA dar. Oligozystische (makrozystische) Zystadenome sind noch seltener als das SOIA und zeigen weder eine spezielle Alters- noch Geschlechtsverteilung. Die multizentrische Variante unterscheidet sich von dem mikrozystischen Typ lediglich durch das multilokuläre Vorkommen innerhalb des Pankreas ohne Bevorzugung eines bestimmten Pankreasabschnittes. Seröses Zystadenom des Pankreas 18 19 20 21 b Abb. 18.7 a, b Seröses (mikrozystisches) Pankreasadenom. Aufgrund der sehr kleinen Zystengröße imponiert der Tumor als solide. Das mikrozystische Pankreasadenom ist typischerweise ein sehr gut vaskularisierter Tumor. Bei der Beurteilung von mehrvaskularisierten Pankreastumoren hat sich auch die Applikation des Echosignalverstärkers SonoVue als hilfreich erwiesen, mit dem unter Umständen eine charakteristische, zur FNH der Leber analoge Gefäßarchitektur darzustellen ist. 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a 23 24 25 26 27 a b Abb. 18.8 Seröses oligozystisches Pankreasadenom. Das oligozystische seröse mikrozystische Pankreasadenom imponiert aufgrund der vielfältigen Grenzflächen häufig isoechogen zum übrigen Pankreasgewebe, kann aber schwächer und stärker echogene Anteile mit Honigwabenmuster aufweisen (a). Üblicherweise findet sich ein zentral aufteilendes großes arterielles Gefäß mit davon abgehendem Gefäßbaum (b, Farbduplexsonographie). Die Dopplerspektralanalyse zeigt einen niedrigen Widerstandsindex mit relativ hohem diastolischem Fluss. Kontrastverstärkte bildgebende Techniken zeigen auch zwischen den kleinen zystischen Bereichen vielfältige Gefäße und lassen somit eine in der Regel mindervaskularisierte maligne Tumorentität angrenzen (c) (s.a. Videos 18.1–18.3). 28 29 30 31 32 c Endoskopie und ERCP Laborchemische Untersuchungen Der endoskopische Befund ist in der Regel uncharakteristisch. Tumormarker sind bei Patienten mit mikrozystischem serösem Pankreasadenom nur selten erhöht; das gilt insbesondere für das CEA [(33)]. Eine Erhöhung des CA 19–9 (über 37 U/ml) findet sich bei etwa 10% der 305 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Patienten (im Einzelfall allerdings mit Werten > 1000 U/L). K Therapie Bei Patienten mit der Diagnose eines serösen mikrozystischen Pankreasadenoms hängt das weitere Vorgehen wie bei den anderen zystischen Neoplasien vom Alter, der Komorbidität, den Beschwerden und letztendlich der Progression ab. Pankreasschwanzlä- sionen lassen sich mit einem geringeren Risiko operieren. Symptomatische seröse mikrozystische Pankreasadenome oder Tumoren mit Wachstumstendenz sollten auch bei jungen Patienten operiert werden. Je nach Lokalisation ist die distale Pankreasresektion sowie bei Pankreaskopftumoren die Enukleation oder kephale Duodenopankreatektomie erforderlich. Kleine asymptomatische Tumoren ohne Wachstumstendenz können (jährlich) kontrolliert werden, da das maligne Potenzial ausgesprochen gering ist. singh et al. haben die bis 2006 in der Fachliteratur beschriebenen Fälle aufgearbeitet [64] (Abb. 18.9). III Gastrointestinaltrakt Das Pankreasteratom ist ein sehr seltener in der WHOKlassifikation erwähnter Tumor des Pankreas. Koomal- a b c Abb. 18.9a–l Reifes Pankreasteratom. Endosonographisch findet sich im Pankreaskorpus eine schwächer echogene, 8 mm große Raumforderung mit zentraler Verkalkung (a). Die ERCP zeigte einen Gangabbruch, der als duktales Adenokarzinom des Pankreas gedeutet wurde (b). Die kontrastverstärkte Sonographie zeigte im Vergleich zum umgebenden Pankreasparenchym eine Hypervaskularität als Hinweis auf eine benigne Natur des Tumors (c, d). Abb. 18.9e–l e 306 d Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Teratom Teratom 18 19 20 21 f 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. e 23 24 25 g h 26 27 28 29 30 i j Abb. 18.9e–l Das durch endosonographische Feinnadelpunktion (e) gewonnene Material erlaubte keine zweifelsfreie Diagnose, die erst am histologischen Präparat möglich war. Die native (f, g) transabdominelle Sonographie wurde primär im Zusammenhang mit dem Befund der endoskopisch retrograden Pankreatikographie im Sinne einer Pankreatitis gedeutet. Die echosignalverstärkte transabdominelle Sonographie in CPS-Technik zeigte dann aber eine Akkumulation des Echosignalverstärkers in der Läsion, sodass die Diagnose einer Neoplasie möglich war (h–l). Abb. 18.9k, l e 31 32 33 34 307 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren k l Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Abb. 18.9k, l Papillär zystische Neoplasien, Azinuszellkarzinom Gegen die duktalen Neoplasien müssen papillär zystische Neoplasien abgegrenzt werden. Die papillär zystische Neoplasie kann als niedrig maligne betrachtet werden, lokal infiltrierendes Wachstum wurde nur bei neun Patienten, hämatogene Metastasierung bei vier Patienten beschrieben. Es wurden lange asymptomatische Verläufe bis zu neun Jahren, auch bei Patienten mit intitialer Inoperabilität und nach Rezidivresektionen, beobachtet. Die Expression von Östrogenrezeptoren ermöglicht den therapeutischen Einsatz von Tamoxifen. Bei der malignen Variante der papillär zystischen Neoplasie handelt es sich um Azinuszellkarzinome (Abb. 18.10), die 0,1–3% aller Pankreaskarzinome ausmachen. Über diese Entität lagen bis 2002 58 Beschreibungen vor. Bis auf zwei Fälle waren Frauen in einem Alter von 11–47 Jahren betroffen. Makroskopisch zeigen diesen Läsionen einerseits solide und andererseits zystische Anteile, häufig mit hämorrhagischer Infizierung und starken Verkalkungen. Sie liegen im Regelfall entweder im Korpus oder in der Kauda des Pankreas. Klinisch werden diese Läsionen zumeist durch abdominelle Schmerzen oder ihrer Tumormasse im Sinn eines palpablen abdominellen Tumors symptomatisch. Abb. 18.10 Azinuszellkarzinom (histologisch gesichert). Die konventionelle B-Bild-Sonographie zeigt eine Pfortaderthrombose (zwischen den Markern) unterschiedlicher Stadien (a). Farbduplexsonographisch bestätigte sich der Befund. In der Nachbarschaft der thrombosierten Pfortader stellt sich die durchblutete Milzarterie dar (b). Abb. 18.10c–f e a b 308 Pankreaslymphom 18 19 20 21 d 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. c 23 24 25 e f Abb. 18.10c–f Die echosignalverstärkte Endosonographie zeigt hypovaskularisierte Tumoranteile (c, d). Der endosonographische Blick auf die Leber stellt zystische Metastasen mit gleicher Morpho- logie wie der pankreatische Primärtumor dar (e). Endoskopisch vermutete Varizen konnten endosonographisch gesichert werden (f). 26 27 28 Pankreaslymphom 29 Isolierte Lymphommanifestationen des Pankreas sind selten, werden aber insbesondere unter dem Bild einer akuten oder chronischen Pankreatitis beobachtet. Die Inzidenz wird mit weniger als 0,5% aller Pankreastumoren beschrieben. Häufiger sind Pankreasmanifestationen im Rahmen systemischer lymphatischer Krankheitsbilder (Abb. 18.11). 30 31 Abb. 18.11 Isoliertes Non-Hodgkin-Lymphom (NHL). Primäre Non-Hodgkin-Lymphome des Pankreas sind sehr selten und werden insbesondere bei Patienten mit AIDS im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. In Abhängigkeit von der Tumorwachstumstendenz werden fast echofreie („zystische“) Lymphome beobachtet. Manchmal lassen sich diese sehr schwach echogenen Lymphominfiltrationen erst durch die Farbdopplersonographie sicher von (thrombosierten) Gefäßen differenzieren. 32 33 34 309 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Fehldiagnosen a b c d Abb. 18.12 Duodenaldivertikel. In allen bildgebenden Verfahren ist eine Fehldeutung großer und atypisch verlaufender Duodenaldivertikel als Pankreastumore möglich. Endosonographisch stellt sich in Projektion auf den Pankreaskopf eine große, gut abgrenzbare, heterogen strukturierte Raumforderung mit einem Honigwabenmuster dar, vereinbar beispielsweise mit der Diagnose eines SCA (a). Innerhalb der Läsion finden sich farbduplexsonographisch keine Flusssignale, jedoch nach Luftinsufflation einige mobile hyperechogene Reflexe, sodass die Diagnose eines mit Detritus gefüllten großen juxtapapillären Duodenaldivertikels gestellt werden kann (Pfeilspitzen; VA: echoarme ventrale Anlage; CBD: Ductus choledochus, b). Zum Vergleich findet sich in einem anderen Fall ein typisches Beispiel für ein Duodenaldivertikel. Zu Beginn der Untersuchung finden sich nach Luftinsufflation zahlreiche peripankreatisch und periduodenal gelegene echogene Reflexe (c). Nach Wasserfüllung grenzt sich das Duodenaldivertikel besser ab (d). Neuroendokrine Tumoren, Allgemeines Ähnlich wie bei den zystischen Pankreastumoren existierte auch für die neuroendokrinen Tumoren und insbesondere für die neuroendokrinen Pankreastumoren lange Zeit keine detaillierte Einteilung und Klassifizierung. Es wurde bis 1972 lediglich zwischen Beta- und Non-beta-Zelltumoren unterschieden [65]. 310 K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese Geschichtlicher Überblick Neuroendokrine Tumoren umfassen ein breites Spektrum von Neoplasien mit heterogenem biologischen Verhalten, die erstmals 1888 von Lubarsch als multiple Tumoren des distalen Ileums beschrieben worden sind. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Eine Vielzahl von Fallstricken (pitfalls) und Fehldiagnosen ist zu beachten. Dazu gehört insbesondere das juxtapapilläre Divertikel (Abb. 18.12). Neuroendokrine Tumoren, Allgemeines Tabelle 18.10 WHO-Klassifikation des biologischen Verhaltens neuroendokriner Tumoren des Magen-Darm-Traktes anhand von Differenzierungsgrad, Tumorgröße, Ki-67-Index, Angioinvasion und Metastasen Differenzierungsgrad Tumorgröße Ki-67Index (%) Angioinvasion Metastasen benigne hoch < 1 cm1 <2 - - benigne oder niedrigmaligne hoch < 2 cm <2 ± - niedrigmaligne hoch > 2 cm >2 + + hochmaligne niedrig beliebig > 30 + + 19 20 21 Ausnahme: maligne duodenale Gastrinome meist < 1 cm, auf die Submukosa beschränkt Obendorfer führte 1907 den Begriff „Karzinoid“ für intestinale Tumoren ein, die sich durch ein indolenteres Verhalten gegenüber Adenokarzinomen auszeichneten. Neuroendokrine Tumoren des Pankreas wurden als Inselzelltumoren bekannt [66]. Nach heutigem Wissen gehen gastroenteropankreatische neuroendokrine Tumoren aus endodermalen Zellen des primitiven embryonalen Darmkanals (Vorder-, Mittel- und Enddarm) hervor, die funktionelle Merkmale des APUDSystems (amine precursor uptake and decarboxylation) zusammen mit der Expression eines neuroendokrinen Phänotyps angenommen haben [67;68]. Epidemiologie Neuroendokrine Tumoren sind seltene Neoplasien mit einer geschätzten Inzidenz von 1–10/105/Jahr, wobei etwa 75% der neuroendokrinen Tumoren im gastroenteropankreatischen System lokalisiert sind [69–71]. Die Inzidenz von malignen neuroendokrinen Karzinomen beträgt 2,1/105/Jahr [72]. Neuroendokrine Tumoren des Pankreas und der peripankreatischen Region (Magenwand, Duodenum) sind nicht so selten wie früher angenommen und haben eine steigende Inzidenz. Literaturangaben zur Prävalenz der neuroendokrinen Tumoren unterliegen starken Schwankungen. Im unselektionierten Sektionsgut finden sich in 0,5–1% der Fälle mit epithelialer Neoplasie neuroendokrine Tumoren. Am häufigsten treten neuroendokrine Tumoren mit Primärlokalisation im Darm (Appendix > Ileum > Jejunum > Duodenum > Kolon) und Pankreas auf. In etwa 0,5% der Appendektomiepräparate kann ein neuroendokriner Tumor nachgewiesen werden und etwa 45% aller neuroendokrinen Tumoren sind an der Appendix lokalisiert [73]. Neuroendokrine Tumoren treten überwiegend sporadisch auf, finden sich aber auch familiär gehäuft im Rahmen des MEN-ISyndroms (Multiple Endokrine Neoplasie) in Adenohypophyse, Nebenniere, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Lunge, Duodenum und Pankreas. Ein gehäuftes Auftreten von neuroendokrinen Tumoren in multiplen Organen ist auch für andere genetisch bedingte Erkrankungen wie z.B das von Hippel-Lindau-Syndrom beschrieben worden [71;74]. 18 K Einteilung und Klassifikation Die aktuelle Einteilung der neuroendokrinen Tumoren bezieht sich auf die Lokalisation des Primärtumors, die Größe, die Funktionalität, den Differenzierungsgrad (Histologie und Immunhistochemie), die Angioinvasion und Metastasierung. Als weiteres Kriterium gilt die Genetik der Tumoren (Ki-67-Index positiv) (Tab. 18.10). Lokalisation Neuroendokrine Tumoren werden unter dem Aspekt der embryonalen Entwicklung des Verdauungstraktes nach ihrem Entstehungsort klassifiziert. Nach dieser Einteilung werden die neuroendokrinen Tumoren des Vorderdarms (Foregut: Respirationstrakt, Thymus, Ösophagus, Magen, Duodenum, Pankreas), des Mitteldarms (Midgut: Duodenum distal der Papilla Vateri, Jejunum, Ileum, Zoekum, Appendix, Colon ascendens bis des Colon transversum) und des Enddarms (Hindgut: letztes Drittel des Colon transversum, Colon descendens, Colon sigmoideum, Rektum) unterschieden [75;76]. Diese Einteilung hat prognostische Bedeutung. Zu den Tumoren mit bevorzugter Lokalisation im Bereich des Vorderdarms zählen Gastrinome, VIPome, Insulinome, Glukagonome, Somatostatinome, GRFome und Karzinoide. Im Bereich des Mitteldarms treten die typischen Karzinoide, sporadisch und sehr selten auch Gastrinome und Enteroglukagonome auf. Im Hinterdarm finden sich häufiger nicht-funktionelle Tumoren, gelegentlich Karzinoide und Enteroglukagonome [2;73]. Die Einteilung nach dem Entstehungsort hat sich in jüngerer Zeit vermehrt durchgesetzt, da einerseits bei mehr als 50% aller metastasierten neuroendokrinen Tumoren keine Hypersekretion besteht (nichtfunktionelle Tumoren) und andererseits funktionelle und nicht-funktionelle Tumoren bei gleicher Primärlokalisation prognostisch ähnlich einzustufen sind. Der Einteilung der Tumoren nach ihrer Primärlokalisation folgend zeigen Tumoren des Mittel- und Enddarms eine deutlich günstigere Prognose als Tumoren des Vorderdarms, insbesondere bei pankreatischer Primärlokalisation [69]. Entsprechend dieser Einteilung ist beispielsweise nur die Bestimmung der Serotoninderivate (5-Hydroxindolessigsäure) bei Karzinoiden des Mitteldarmes sinnvoll. Neuroendokrine Tumoren des 311 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1 Biologisches Verhalten 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Tabelle 18.11 Klassifikation neuroendokriner Tumoren nach ihrer Lokalisation Vorderdarm (Foregut: Ösophagus bis Treitz-Band) Lokalisation Klassifikation NET des Magens Typ I (CAG-assoziiert) Typ II (MEN-1-assoziiert [+ ZES]) Typ III (sporadisch) NET des Duodenums sporadisch oder MEN-assoziiert funktionell (Gastrinom, Somatostatinom) oder nicht funktionell NET des Pankreas sporadisch oder MEN-1-assoziiert funktionell (Gastrinom, Insulinom, VIPom, Glukagonom) oder nicht funktionell NET des Jejunum funktionell (Karzinoidsyndrom) oder nicht funktionell NET des Ileum III Gastrointestinaltrakt NET der Appendix NET des Colon ascendens Hinterdarm (Hindgut: distal der linken Kolonflexur) NET des Colon transversum nicht funktionell NET des Colon descendens NET des Sigma NET des Rektum Fore- und Hindgut wachsen aggressiver und haben mehr Knochenmetastasen als Tumoren im Midgut. Funktionalität Man unterscheidet die funktionellen Tumoren nach den klinischen Symptomen und der Hormonproduktion (Haupthormone). Bei 40–70% der Hormon produzierenden Tumoren werden mehrere Hormone gebildet. In diesem Fall wird der Tumor nach dem Hormon benannt, welches für das klinische Symptom/Syndrom verantwortlich ist. Etwa 50% aller neuroendokrinen Tumoren produzieren und sezernieren Peptidhormone und/oder biogene Amine [76;77]. Aufgrund der Hormonaktivität dieser Tumoren werden sie als funktionelle Tumoren – im Gegensatz zu den nicht Hormon produzierenden (nicht-funktionellen) Tumoren – bezeichnet. Nach der inkretorischen Hormonproduktion werden die Tumoren in Gastrinome, VIPome, Insulinome, Glukagonome, Somatostatinome, Karzinoide, GRFome und ACTHome eingeteilt (Tab. 18.11) [2;73]. Bei der Einteilung nach der Funktionalität des Tumors muss beachtet werden, dass von einem individuellen Tumor verschiedene Hormone (Gastrin, VIP, Glukagon, PP, alpha-HCG, beta-HCG, Kalzitonin, ACTH) sezerniert werden können [78–80]. Histologische (immunhistochemische) Klassifizierung Eine umfassende histologische Klassifikation neuroendokriner Tumoren wurde 1995 von Capella et al. vorgestellt. Danach werden neuroendokrine Tumoren entsprechend des histologischen Differenzierungsgrades, der Tumorgröße, der Infiltration des umliegenden Ge- 312 webes, der Funktionalität und Angioinvasion des Primarius in benigne (I), benigne oder geringgradig maligne (II), geringgradig maligne (III) und hochgradig maligne (IV) Tumoren unterteilt [73]. Nach der aktuellen Konsensusklassifikation der WHO, die histomorphologische und immunhistologische Differenzierungsmerkmale berücksichtigt, werden hoch differenzierte endokrine Tumoren, hoch differenzierte endokrine Karzinome, niedrig differenzierte endokrine (kleinzellige) Karzinome, gemischt exokrin-endokrine Tumoren und tumorähnliche Läsionen unterschieden [81]. Neuroendokrine Tumoren werden immunhistochemisch durch Synaptophysin definiert und sind häufig auch Chromogranin-positiv. Die Neuronenspezifische Enolase (NSE) wird nur bei bestimmten Fragestellungen (und hier insbesondere bei entdifferenzierten Tumoren) angewandt. Genetische Syndrome Etwa 10% der neurendokrinen Tumoren haben einen genetischen Zusammenhang (Tab. 18.12, 18.13). Über die molekulare Pathogenese endokriner Tumoren des Pankreas ist wenig bekannt. Die am häufigsten nachweisbare Abnormalität tritt bei Patienten mit multipler endokriner Neoplasie Typ 1 (MEN-I) in Form eines genetischen Defektes auf Chromosom 11q13 auf. Bei etwa der Hälfte dieser Patienten werden endokrine Tumoren des Pankreas, zumeist Insulinome oder Gastrinome, klinisch manifest. Häufiger jedoch liegen Tumoren ohne klinische Manifestation vor: Bei 80% der Patienten mit MEN-I können mittels anatomischer und biochemischer Untersuchungen Pankreastumoren nachgewiesen werden [82]. In einigen Fällen mit sporadisch auftretenden endokrinen Pankreastumoren Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Mitteldarm (Midgut: Treitz-Band bis linke Kolonflexur) Neuroendokrine Tumoren, Allgemeines Erkrankung Multiple endokrine Neoplasien – Klassifikation und typischer Organbefall [89] Untergruppe MEN 1 MEN 2 2 3 4 Pankreastumoren ca. 50 Hypophysentumoren ca. 30 ca. 10 Nebennierenrindenhyperplasien selten medulläres Schilddrüsenkarzinom oder C-Zell-Hyperplasie fast 100 Phäochromozytom(e) ca. 50 Nebenschilddrüsenadenom(e) ca. 20 FMTC medulläres Schilddrüsenkarzinom 100 MEN 2B wie MEN 2A plus mukokutane Neurome, marfanoider Habitus - MEN 2A 18 19 20 21 22 familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom (familial medullary thyroid carcinoma) Tabelle 18.13 1 Häufigkeit (%) ca. 95 Karzinoide 1 1 Manifestation Nebenschilddrüsentumoren 23 Genetische Syndrome und Inzidenz neuroendokriner Tumoren des Pankreas (PET)1 [90] Syndrom Lokalisation2 Genprodukt Assozierter PET Häufigkeit (%) multiple endokrine Neoplasie Typ I 11q13 Menin (610-AS3-Protein) nicht-funktionelle PET > Gastrinome > Insulinome 80–100 von Hippel-Lindau 3q25 (213-AS3-Protein) fast ausschließlich nichtfunktionelle PET 12–17 von Recklinghausen4 17q11.2 Neurofibromin (2485AS3-Protein) duodenale Somatostatinome n.a. tuberöse Sklerose (TSC 1) 9q34 Harmatin (1164-AS3Protein) nicht-funktionelle und funktionelle PET selten tuberöse Sklerose (TSC 2) 16p13 Tuberin (1807-AS3Protein) nicht-funktionelle und funktionelle PET selten 24 25 26 27 Neuroendokrine Tumoren mit pankreatischer Primärlokalisation können auch in anderen Organen (Darm) auftreten Chromosomale Lokalisation des genetischen Defektes Aminosäure Neurofibromatosis von Recklinghausen (NF-1) liegen somatische Mutationen des MEN-I-Gens vor, häufiger jedoch handelt es sich um den Verlust des Allels 11q13, was bei 30% der Patienten vorkommt [83]. Der Nachweis von Mutationen kann bei der Bestimmung der Dignität eines endokrinen Pankreastumors wichtig sein. In einer Studie von Chung et al. wurde ein Allelverlust auf Chromosom 3 p in 33% von 43 Patienten mit endokrinen Pankreastumoren gefunden und als mutmaßliches endokrines Pankreas- Tumorsuppressorgen identifiziert. Dieses Gen liegt in direkter Nähe des von Hippel-Lindau-Tumorsuppressorgens. Ein Allelverlust wurde häufiger bei Tumoren mit extrapankreatischer Tumorausdehnung gefunden als bei lokalisierten Tumoren [84]. Multiple endokrine Neoplasie Als multiple endokrine Neoplasie (MEN) werden hyperplastische und neoplastische Veränderungen an mehreren endokrinen Organen desselben Patienten bezeichnet. Man unterscheidet zwei Formen, die multiple endokrine Neoplasie Typ I (Wermer’s Syndrom) und die multiple endokrine Neoplasie Typ II (Sipple’s Syndrom), wobei bei Typ II drei Unterformen differen- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Tabelle 18.12 ziert werden (Tab. 18.12). Die beiden Formen der multiplen endokrinen Neoplasie haben jeweils eine Prävalenz von 1:50 000, und für beide Ausprägungen sind autosomal-dominate Erbgänge beschrieben worden. Bei der multiplen neuroendokrinen Neoplasie Typ I liegen ätiologisch Mutationen in einem Tumor-Suppressorgen vor. Der Gendefekt auf Chromosom 11 ist seit 1997 bekannt und wurde von den Erstbeschreibern als „Menin-Gen“ bezeichnet [85]. Bei Typ II führen bestimmte Mutationen im so genannten RET-Protoonkogen auf Chromosom 10 zur jeweiligen phänotypischen Ausprägung der Erkrankung [86–88]. Die zweithäufigste Manifestation bei Patienten mit multipler endokriner Neoplasie Typ I sind neuroendokrine Tumoren des Pankreas, wobei nicht-funktionelle Tumoren, Gastrinome und Insulinome gehäuft auftreten. Neuroendokrine Tumoren im Rahmen des MEN ISyndroms finden sich fast ausschließlich im Foregut (Magen, Duodenum, Pankreas, [Lunge, Thymus]). Die Charakteristika neuroendokriner Tumoren des Magens sind in Tabelle 18.14 aufgelistet und hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt [9]. 313 28 29 30 31 32 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Tabelle 18.14 Charakteristika neuroendokriner Tumoren des Magens Klinische Klassifikation NET des Magens Typ I Typ II Typ III Vorkommen 70–80% 5–6% 14–25% Geschlechterverteilung F > M, > 70 Jahre F=M F = M, 50 Jahre Auftreten einzeln/multipel, klein, 1(-2) cm multipel, klein, < 2 cm einzeln, > 2 cm Assoziation CAG (Bx ACF) MEN-1 keine Magen-pH/Gastrin erhöht/erhöht niedrig/erhöht normal Differenzierung hoch differenziert hoch differenziert hoch differenziert (HD) Proliferationsrate KI67 < 2% gering hoch Metastasen 2–5% (< 2%) 10–30% 50–100% III Gastrointestinaltrakt Mortalität 0% < 10%, MEN-determiniert HD 25–30% ND 75–87% OP: onkol. Prinzipien Pathologische Klassifikation NET des Magens gut differenzierter Tumor gut differenzierte Karzinom gering differenziertes Karzinom KI67 < 2% > 2% > 15% Tumorgröße 1–2 cm > 2 cm K Tipps für die Praxis E E E E Die Hormonbestimmung bei Midgut-Tumoren sollte lediglich 5-HIES (und evtl. Serotonin) umfassen, andere Hormonbestimmungen sind nicht notwendig. Der „Tumormarker“ Chromogranin A spiegelt lediglich die Sekretion von CGA wider und nicht das Tumoransprechen. Im Rahmen der Multiplen Endokrinen Neoplasie tritt zuerst der Hyperparathyreoidismus (HPT) in Erscheinung und später das Hypophyenvorderlappenadenom. Der Pankreastumor wird regelhaft erst nach dem Hyperparathyreoidismus diagnostiziert. Das Chromogranin-Färbeverhalten von Fore- and Hindgut-Tumoren ist weniger gleichmäßig als bei Midgut-Tumoren. E Das Gastrinom wird im Zeitalter der Protonenpumpeninhibitoren (PPI) seltener diagnostiziert. Rezidivierende und therapierefraktäre Ulcera (duodeni) ohne Helicobacter pylori-Nachweis (Hp) oder nach Hp-Eradikation sind ein Grund, die Gastrinaktivität im Serum zu bestimmen. Vor der Gastrinbestimmung sollten PPI für eine Woche abgesetzt werden. Das Gastrinom liegt nicht selten im Bulbus duodeni in Nachbarschaft eines Geschwürs (hier eventuell gezielte Probeentnahme). Die häufigeren duodenalen Gastrinome metastasieren regelmäßig in Lymphknoten, die selteneren pankreatischen Gastrinome typischerweise in die Leber. Neuroendokrine Tumoren des Pankreas K Definitionen, Epidemiologie und Ätiopathogenese Neuroendokrine Tumoren mit Primärlokalisation im Pankreas werden entsprechend der embryonalen Abstammung des Pankreas den neuroendokrinen Tumoren des Vorderdarms zugeordnet [7]. Der häufig synonym verwendete historische Begriff „Inselzelltumor“ für neuroendokrine Tumoren des Pankreas ist irreführend, da einige der im Pankreas lokalisierten Tumoren (Gastrinom, Somatostatinom) auch außerhalb des Pankreas auftreten können (Tab. 18.15) [9]. 314 Die Inzidenz von neuroendokrinen Tumoren mit Primärlokalisation im Pankreas beträgt nach Mullan et al. 5/106/Jahr [92]. Innerhalb dieser Gruppe finden sich in 85% der Fälle funktionelle Tumoren und in 15% nicht-funktionelle Tumoren [93]. Insulinome (60% der Fälle) und Gastrinome (20% der Fälle) sind die am häufigsten auftretenden neuroendokrinen Tumoren des Pankreas. Glukagonome, Somatostatinome, VIPome, Karzinoide, GRFome, ACTHome, PPome sind sehr seltene neuroendokrine Tumoren des Pankreas (Tab. 18.15) [94]. Die Tumoren können sporadisch oder hereditär, z.B im Rahmen einer multiplen neuroendokrinen Neoplasie (MEN I) auftreten, wobei multi- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. niedrig differenziert (ND) Hormon Neuerkrankungen pro 106 pro Jahr Multiple endokrine Neoplasie Typ I 1 2 PPom/nicht-funktionelle NET 1–2 pankreatisches Polypeptid 22 24 27 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. > 60 > 80 Pankreas (keine Angabe) selten Kalzitonin 3. Tumoren mit nicht-funktionellen Syndromen Kalzitonin sezernierender NET 2. Tumoren mit nicht gesichert spezifisch-funktionellen Syndromen Pankreas (100) 84 selten Pankreas (keine Angabe) unbekannt 60–88 Pankreas (< 1% aller Karzinoide) Hyperkalzieämie auslösender NET > 95 Pankreas (100) adrenokortikotropes Hormon Serotonin Karzinoid-Syndrom auslösender NET unbekannt 60 Pankreas (30), Lunge (54), Jejunum (7), andere (13) selten (43 Fälle) 70 Pankreas (55), Duodenum / Jejunum (45) unbekannt 40–70 growth hormone releasing hormone 50–80 Pankreas (100) 60–90 Pankreas (90), andere: neural, adrenal, duodenal (10) < 10 Pankreas (> 99) Malignität (%) Pankreas (25), Duodenum (70), andere (5) Lokalisation (%) unbekannt 0,05–0,2 0,01–0,1 0,5–1,5 1–2 Inzidenz1 Somatostatin vasoaktives intestinales Polypeptid Glukagon Gastrin Insulin ACTHom GHRHom Somatostatinom VIPom Glukagonom Gastrinom Insulinom 1. Tumoren mit gesichert spezifisch-funktionellen Syndromen Tumor Tabelle 18.15 Charakteristika neuroendokriner Tumoren (NET) des Pankreas [90;92] 18–44 16 selten selten selten 16 45 6 1–20 20–25 4–5 MEN I2-Assoziation (%) 80–100 unbekannt selten selten selten unbekannt unbekannt 17 3 54 21 NET bei MEN I (%) Neuroendokrine Tumoren des Pankreas 18 19 20 21 23 25 26 28 29 30 31 32 33 34 315 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren 1 2 Hypersekretionssyndrome neuroendokriner Tumoren und adäquate Labordiagnostik Tumor/Syndrom Klinik Labortest Gastrinom / Zollinger-EllisonSyndrom rezidivierende peptische Ulzera, sekretorische Diarrhoe, Maldigestion Gastrin1, Sekretin-Test Insulinom hyperinsulinämische Nüchternhypoglykämien, Neuroglykopenie Glukose1, Insulin1, Proinsulin1, C-Peptid1, 72 h-Fasten-Test Glukagonom Diabetes mellitus, nekrolytisches migratorisches Erythem, Anämie G Glukose1, Glukagon1 VIPom / Verner-MorrisonSyndrom wässrige Diarrhoe, Hypokaliämie, Achlorhydrie (WDHA) vasoaktives intestinales Polypeptid1 (VIP) Somatostatinom Steatorrhoe, Diarrhoe, Cholelithiasis, Diabetes mellitus Somatostatin1 GRHom Akromegalie, gestörte Glucosetoleranz Growth Hormone Releasing Hormone (GRH), Plasma Insulin like Growth Factor 1 (IGF-1) ACTHom2 Cushing-Syndrom Adrenokortikotropes Hormon (ACTH), Kortisol im 24 h-Sammelurin, Dexamethason-Hemmtest Karzinoidsyndrom Flush, sekretorische Diarrhoe, Endokardfibrose des rechten Vorhofs und Ventrikels, Bronchokonstriktion 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) im 24 h-Sammelurin, Serotonin1 (kein Standard) im Serum funktionelle NET des Bronchialtrakts präsentieren sich häufig als ACTHome ple, funktionelle Gastrinome und Insulinome überwiegen [95]. Bezüglich der Prognose neuroendokriner Pankreastumoren gilt als Regel, dass sich Insulin produzierende Tumore oft gutartig verhalten, andere Hormon produzierende oder nicht-funktionelle Tumoren hingegen oft Metastasen entwickeln [73;81;96]. K Klinik Die häufigsten Erstmanifestationen neuroendokriner funktioneller Tumoren sind durch die Symptome der exzessiven Hormonausschüttung des entsprechenden Hormons bestimmt (Tab. 18.16). Bei Gastrinomen führt die hormonelle Hypersekretion zum Zollinger-EllisonSyndrom mit rezidivierenden Ulcera duodeni und/oder ventriculi sowie sekretorischer Diarrhoe. VIPome werden durch wässrige Diarrhoe, Hypokaliämie und Hypobzw. Achlorhydrie des Magens symptomatisch. Dieser Symptomenkomplex wird als Verner-Morisson-Syndrom oder WDHA-Syndrom (watery diarrhea, hypokalemia, achlorhydria) bezeichnet. Insulinome können zu rezidivierenden Hypoglykämien mit Schwindel, Bewusstseinseinschränkung und Sehstörungen führen. Glukagon bildende Tumoren können zum seltenen Glukagonom-Syndrom führen, das durch ein nekrolytisch-migratorisches Erythem, Cheilosis, Diabetes mellitus, Anämie, venöse Thrombosen, Gewichtsverlust und neuropsychiatrische Symptome charakterisiert ist. Die Symptomatik bei Somatostatinomen ist durch das Auftreten eines Diabetes mellitus, Cholezystolithiasis, Steatorrhoe und Diarrhoe gekennzeichnet. GFRome können zur Akromegalie führen. Karzinoide 316 werden durch rezidivierende „Flush“-Symptomatik, sekretorische Diarrhoe, Bronchospasmus und abdominelle Schmerzen klinisch symptomatisch (KarzinoidSyndrom) [97–99]. Nicht-funktionelle Tumoren werden aufgrund des langsamen Tumorwachstums häufig erst in fortgeschrittenen Stadien, z. B. durch die Entwicklung einer intestinalen Obstruktion, eines palpablen abdominellen Tumors oder durch die Manifestation einer unspezifischen Symptomatik im Sinne einer metastasierenden Erkrankung klinisch auffällig. Durch die relativ langen asymptomatischen Verläufe wird der Tumor nicht selten zufällig entdeckt. Die akute Pankreatitis zählt zu den klinischen Symptomen, unter denen sich das duktale Pankreaskarzinom manifestieren kann. Nach Howard et al. kann die akute Pankreatitis auch Erstmanifestation oder Komplikation neuroendokriner Pankreastumoren sein [53]. K Laborchemische Diagnostik In einer internationalen Konsensus-Konferenz wurden folgende diagnostische Standards für neuroendokrine gastroenteropankreatische Tumoren vorgeschlagen [100] (Tab. 18.16): Generell kann unabhängig von der Funktionalität des Tumors die Bestimmung von Chromogranin A als Serummarker empfohlen werden [101]. Bei funktionellen Tumoren des Vorderdarms sollte sich die Bestimmung von biochemischen Parametern nach den klinischen Symptomen richten. Bei nicht-funktionellen Tumoren kann ein breit angelegtes Screening nach erhöhten Hormonwerten nicht empfohlen wer- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Tabelle 18.16 Neuroendokrine Tumoren des Pankreas K Krankheitsverlauf und Metastasierung Neuroendokrine Tumoren zeigen im Vergleich zu anderen gastrointestinalen Neoplasien ein deutlich langsameres Wachstum und einen protrahierten Erkrankungsverlauf [69]. Lokal begrenzte neuroendokrine Tumoren haben eine deutlich günstigere Prognose als metastasierte Tumoren [69;79]. Vorhersagen zu Krankheitsverlauf, Metastasierungsrate und Prognose bei Patienten mit neuroendokrinen gastroenteropankreatischen Tumoren werden in der Literatur nicht einheitlich angegeben. Die hepatische Metastasierungsrate bei neuroendokrinen gastroenteropankreatischen Tumoren zum Zeitpunkt der Diagnosestellung variiert in der Literatur zwischen 10% und 74% [97;104–107]. In einer Analyse von mehr als 8000 Patienten mit neuroendokrinen Tumoren, die von Modlin und Sandor 1997 vorgelegt wurde, zeigte sich eine 5-Jahresüberlebenszeit für lokal begrenzte gastroenteropankreatische neuroendokrine Tumoren des Vorderdarms von etwa 74%, des Mitteldarms von etwa 79% und des Hinterdarms von etwa 76%. Bei Fernmetastasierung stellten sich die 5-Jahresüberlebenszeiten für die entsprechenden Primärlokalisationen deutlich ungünstiger dar: 18,1% für Vorderdarmtumoren, 34,8% für Mitteldarmtumoren und 19,4% für Hinterdarmtumoren [69]. Bei neuroendokrinen Tumoren mit pankreatischer Primärlokalisation zeigen etwa 90% der nicht-funk- tionellen und 50–60% der Gastrinome und nur 10% der Insulinome ein malignes Verhalten (Tab. 18.15). Am häufigsten erfolgt die Metastasierung neuroendokriner Pankreastumoren in die regionalen Lymphknoten (50%), die Leber (30%) und den Knochen (7%). In seltenen Fällen finden sich Metastasen der Lunge, des Mediastinums, des Peritoneums und des zentralen Nervensystems [108–110]. Die 5-Jahresüberlebensrate bei Patienten mit hepatisch metastasierten neuroendokrinen Pankreastumoren wird in der Literatur zwischen 30% und 50% angegeben. Dagegen überleben Patienten mit hepatisch metastasiertem Adenokarzinomen des Pankreas selten ein Jahr nach Diagnosestellung [72;73]. In neueren Arbeiten wird die Kombination folgender Parameter als Kriterien zur Erfassung der Prognose zum Zeitpunkt der Erstdiagnose vorgeschlagen: Primärtumorlokalisation, funktionelle Aktivität, Tumorgröße, lokale Ausdehnung, histologische Differenzierung, Größe, Angioinvasion, Metastasenstatus und mitotischer Index/Proliferationsaktivität [111–113]. 18 K Befunde bildgebender Verfahren bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren des Pankreas 24 Bei der Lokalisation von neuroendokrinen Tumoren im Bereich des Pankreas bzw. peripankreatischen Gewebes sowie in der Magen- und Duodenalwand ist die Endosonographie den anderen bildgebenden Methoden überlegen. Sie ist daher die Methode der Wahl und wird sinnvoll durch die Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie ergänzt. Im Unterschied zu der sehr niedrig publizierten Sensitivität der transabdominellen Sonographie zur Erkennung von kleinen Pankreastumoren erinnern wir uns nur an Einzelfälle (mit diffuser Hyperplasie), bei denen die präoperative transabdominelle Lokalisierung nicht gelang; gelegentlich war sie allerdings erst nach Kenntnis des endosonographischen Befundes möglich (Abb. 18.13) Die präoperative Lokalisationsdiagnostik neuroendokriner Tumoren des Pankreas ist aufgrund ihrer oft nur geringen Größe, insbesondere bei Insulinomen und Gastrinomen, oft schwierig, jedoch von großer klinischer Bedeutung für die Prognose und Therapie des Patienten. Die in der Literatur angegebene Größe (maximaler Tumordurchmesser) der Tumoren variiert von 0,5–5 cm. Nach Literaturangaben scheitert die genaue, präoperative Lokalisation in etwa 40–60% der Fälle, wenn herkömmliche bildgebende Verfahren wie Computertomographie, transabdominelle Sonographie und Magnetresonanztomographie eingesetzt werden [114;115]. Die diagnostische Sensitivität der oben genannten bildgebenden Verfahren wird in der Literatur mit 0–85% sehr unterschiedlich angegeben. In den letzten Jahren gelangen vor allem durch den Einsatz der Endosonographie und der Somatostatinrezeptor-Szintigraphie Verbesserungen in der präoperativen Lokalisationsdiagnostik von gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumoren (Tab.18.17) [116;117]. 317 19 20 21 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. den. Vasointestinales Polypeptid sollte nur im Falle von gravierender Diarrhoe (Stuhlvolumen > 1 l/Tag) bestimmt werden. Da normale basale Hormonspiegel funktionelle Tumoren nicht ausschließen, ist der Einsatz von Provokationstests, wie z.B der „Sekretin-Test“ zum Nachweis von Gastrinomen oder überwachtes Fasten (Bestimmung von Glucose, Insulin und C-Peptid) zum Nachweis von Insulinomen, sinnvoll. Invasivere Verfahren wie der Calcium-Stimulations-Test zum Nachweis von Gastrinomen oder Insulinomen sind nur selten erforderlich. Die Bestimmung der 5-Hydroxyindolessigsäure sollte nur bei einem klinisch apparenten Karzinoid-Syndrom erfolgen. Bei neuroendokrinen Tumoren/Karzinoiden des Mitteldarms hingegen sollte die Bestimmung der 5-Hydroxyindolessigsäure im 24 h-Sammelurin unabhängig von der mutmaßlichen Funktionalität des Tumors erfolgen. Bei Tumoren im Bereich des Enddarms werden selten erhöhte Hormonwerte gefunden, da dort überwiegend nicht-funktionelle Tumoren vorkommen. Eine besondere Bedeutung in der Früherkennung kommt den funktionellen pankreatischen neuroendokrinen Tumoren zu, die durch eine Mutation des sog. MEN-I/Menin-Gens bedingt im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ I (MEN-I) auftreten können. Ob bei Patienten mit primären Hyperparathyreodismus, endokrinen Pankreastumoren und Nebennierenrindentumoren ohne familiäre Vorgeschichte ein genetisches Screening für MEN-I die Prognose und Lebensqualität verbessert, ist nicht erwiesen [100;102;103]. 23 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Tabelle 18.17 Sensitivität, Spezifität, positiver (PPV) und negativer (NPV) Vorhersagewert bildgebender Verfahren zur Detektion von neuroendokrinen Pankreastumoren (Goldstandard Operation/Histologie) Bildgebung Anzahl der Studien US 9 EUS 7 Sensitivität (%) Spezifität (%) PPV (%) NPV (%) 0– 56 n.a. n.a. n.a. 79–100 95 n.a. n.a. CT 8 0– 73 n.a. n.a. n.a. Angiographie 3 27– 66 n.a. n.a. n.a. MRT 7 25– 85 100 100 73 SSRS 3 14– 86 n.a. n.a. n.a. a b Abb. 18.13 Neuroendokriner Tumor, operativ bestätigtes Insulinom (ältere Aufnahmen). Endosonographisch fand sich in direkter Nachbarschaft einer kleinen Zyste ein echoarmer Tumor im KorpusKauda-Übergang (B-Bild, a). Farbduplexsonographisch erwies sich der Tumor als deutlich hypervaskularisiert (b). Auch transabdominell sonographisch war der Befund reproduzierbar (c). AL: A. lienalis; Ma: Magen. c Transabdomineller Ultraschall Neuroendokrine Tumoren des Pankreas verhalten sich (endo-)sonographisch größenabhängig sehr unterschiedlich (Abb. 18.13–18.18). In der Regel sind neuroendokrine Tumoren schwächer echogen und glatt begrenzt; ein stärker echogenes Echomuster kommt in 318 Abhängigkeit von der Transducerfrequenz jedoch vor. Typisch sind die (randbetonte) Mehrvaskularisation im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe sowie bei großen Tumoren zystisch-nekrotische (nicht-vaskularisierte) Areale. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt US: Ultraschall; EUS: endoskopischer Ultraschall; CT: Computertomographie; MRT: Magnetresonanztomographie; SSRS: Somatostatin-Rezeptorszintigraphie; n.a.: nicht angegeben Neuroendokrine Tumoren des Pankreas Abb. 18.14 Insulinom im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (Abb. Olympus UM3, 1995). 18 19 20 21 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 22 23 24 25 26 a b 27 28 29 30 31 c d Abb. 18.15 Neuroendokriner Tumor, Insulinom. Das Insulinom ist endosonographisch mittels konventioneller B-Bild-Sonographie (a), Farbduplexsonographie (b), Spektraldoppler-Untersuchung (c) und kontrastverstärkter Dopplertechnik dargestellt (d). 32 33 34 319 b c d III Gastrointestinaltrakt a Abb. 18.16 Neuroendokrines Karzinom des Pankreas. 36-jähriger Patient mit scharf begrenzter oval-polyzyklischer Pankreasraumforderung (a) mit kleinzystischen Anteilen (b). Nach Applikation eines Echosignalverstärkers Darstellung der typischen Mehrvaskularisation im Vergleich zum umgebendem Pankreasgewebe (c, d). Aufgrund der Größe des Tumors und somit vermuteter Maliginität erfolgte die EUS-FNA (e), die einen Grenzbefund aufzeigte. Die histologische Untersuchung des Operationspräparates ergab die Diagnose eines neuroendokrinen Karzinoms. e 320 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Neuroendokrine Tumoren des Pankreas 18 19 20 21 b 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a 23 24 25 c d 26 27 28 29 30 e f Abb. 18.17a–j Neuroendokriner Tumor des Pankreas. Großer (a) nicht Hormon produzierender mehrvaskularisierter (b) neuroendokriner Tumor des distalen Pankreas mit Milzvenen- und Pfortaderinfiltration (c–f) bei einer 68-jährigen Patientin. Der Nachweis von Gefäßsignalen innerhalb des sich bis in den Bereich der Leberpforte erstreckenden Thrombus ließ die Diagnose eines Tumorthrombus zu (e, f). Abb. 18.17g–j e 31 32 33 34 321 h i j III Gastrointestinaltrakt g Abb. 18.17g–j Die EUS-gezielte Feinnadelaspiration (22 G) war trotz erheblicher Kollateralenbildung durch gefäßfreie Areale der Magenwand möglich (g, h). Die Zytologie und kleine histologische Gewebeanteile zeigten große ovoide Zellen mit hellem Zytoplasma. Die unterschiedlich großen und teilweise hyperchromatischen Zellkerne lagen exzentrisch, bei einigen waren Nukleoli und Doppelkerne nachweisbar (Papanicolaou × 200, × 400; i, j). a b Abb. 18.18 Chronische Pankreatitis als Pankreastumor imponierend. Computertomographisch bei einem Patienten mit progredientem Gewichtsverlust Verdacht auf duktales Adenokarzinom des Pankreas. Auch endosonographisch (a) Verdacht auf duktales Adenokarzinom in Nachbarschaft zur Milzarterie. Das umgebende Pankreasgewebe zeigt nur geringfügige Veränderungen, aber keine 322 typischen Zeichen der chronischen Pankreatitis [118]. Die kontrastverstärkte Sonographie ermöglichte die richtige Einordnung als partiell mehrvaskularisierte Läsion (b–e). Operativ-histologisch bestätigte sich die entzündliche Genese (Diagnose: chronische Pankreatitis). Abb. 18.18c–e e Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Seltene Pankreastumoren 18 19 20 21 d Abb. 18.18c–e 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. c 23 24 25 26 e 27 Pankreasmetastasen Die selten klinisch relevanten Pankreasmetastasen kommen vor allem beim Bronchial-, Mamma- sowie beim Nierenzellkarzinom vor. Sie können aber auch bei einer Vielzahl anderer Tumoren inklusive Melanom und Sarkom beobachtet werden. Häufig erscheinen sie schärfer begrenzt als duktale Adenokarzinome und imponieren je nach Größe rundlich oder oval und bei Größenprogredienz polyzyklisch. In Abhängig- keit vom zugrunde liegenden Primärtumor sind sie im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe teils mehr-, teils mindervaskularisiert. Isolierte und prognostisch bedeutsame Pankreasmetastasen wurden bei Nierenzellkarzinomen beobachtet. Diese können simultan mit Diagnosestellung des Nierenzellkarzinoms auftreten, aber auch noch Jahre nach Erstdiagnose des Primärtumors. Seltene Pankreastumoren Eine Vielzahl anderer Tumoren können im Pankreas beobachtet werden, sind aber selten. Von den gutartigen Tumoren sind Hämangiome, Lipome und Hamartome zu nennen, die eher echoreich oder variabel echogen imponieren. Lipome können auch in Abhängigkeit von der Beschaffenheit der Fettzellen vorwiegend echoarm sein. Differenzialdiagnostisch werden Areale der Minderverfettung, ähnlich wie bei der Leber, beobachtet. Maligne Varianten der genannten mesenchymalen Tumoren wurden ebenfalls beobachtet. Der Processus papilliformis (piriformis) lobi caudati, der bis in das Pankresgewebe reichen kann, sowie Echogenitätsunterschiede im Processus uncinatus können einen Tumor vortäuschen. Die Flexura duodenojejunalis kann ebenfalls eine schwächer echogene Raumforderung im Pankreaskorpus imitieren. Lageänderungen, ausgiebiges Trinken von Flüssigkeit sowie die Druckapplikation zum Auslösen einer Peristaltik helfen bei der Differenzialdiagnose zumindest bei der transabdominellen Untersuchungstechnik. 323 28 29 30 31 32 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Die aktuellen Empfehlungen der DGVS zur Abklärung zystischer Prozesse des Pankreas beinhalten, dass zur Differenzialdiagnostik zystischer Prozesse prinzipiell die Oberbauchsonographie, die Multidetektor-CT-Untersuchung, die MRT mit MRCP sowie die Endosonographie und die ERCP angewandt werden (Empfehlungsgrad: D, Evidenzstärke 3, Konsens). Erklärung: Keine der aufgeführten Methoden erlaubt alleinig eine eindeutige Diagnose. Allenfalls in Kombination mit den unten genannten Verfahren lässt sich in Verbindung mit der jeweiligen klinischen Konstellation eine belastbare Aussage machen. Die echosignalverstärkten (endo-)sonographischen Techniken sind in diesen Empfehlungen bisher nicht enthalten. Wenn eine Zyste als abklärungsbedürftig angesehen wird, sollte eine endosonographisch gesteuerte Punktion erfolgen (Empfehlungsgrad: B, Evidenzstärke 3, Konsens). Aus dem Aspirat können die Tumormarker CA 19–9 und CEA gemessen sowie die Zytologie durchgeführt werden (Empfehlungsgrad: D, Evidenzstärke 2a, Konsens). Die angegebenen Untersuchungen beziehen sich jeweils nur auf eine Originalarbeit und machen weitere prospektive multizentrische Untersuchungen notwendig, um die o. g. Empfehlung zu validieren. Alle potenziell malignen Tumorentitäten werden primär in gleicher Zielsetzung und bezüglich des Pankreas mit gleichem Resektionsausmaß operiert wie das duktale Pankreaskarzinom (Empfehlungsgrad: B, Evidenzstärke 3, Konsens). Zystische Tumoren des Pankreas umfassen ein breites Spektrum mit unterschiedlichen histologischen Charakteristika, inklusive entzündlichen (Pseudozyste), benignen (serös) sowie Zysten unklarer oder maligner Genese (IPMT, muzinös). Eine eindeutige Differenzierung von gut- und bösartigen Zysten ist auch mittels moderner CT- oder MRT-Untersuchungen nicht möglich. Die Endosonographie und die Zytologie des Zysteninhaltes sind bei der Differenzierung von benignen und malignen Zysten dem CEA-Wert des Zysteninhaltes unterlegen und letztlich nicht eindeutig. Aufgrund der präoperativ nicht möglichen Differenzierung zwischen benignen und malignen zystischen Läsionen wird bei vertretbarem operativem Risiko die Resektion empfohlen. Bei Hochrisikopatienten und Patienten mit kleinen serösen Tumoren ohne Symptome kann dagegen primär auf eine Resektion verzichtet werden und eine engmaschige Kontrolle des Pankreas sinnvoll sein. Außerdem ist eine limitierte Resektion (Segmentresektion, Enukleation) bei serösen Zystadenomen und den frühen Stadien von IPMT der Seitengänge ausreichend. Andererseits ist die Prognose der fortgeschrittenen IPMT sowie der muzinösen Zystadenokarzinome identisch zu der des duktalen Adenokarzinoms, sodass alle potenziell malignen zystischen Tumorentitäten primär in gleicher Zielsetzung wie das duktale Pankreaskarzinom und mit gleichem Resektionsausmaß operiert werden sollten. Eine weitere Differenzialdiagnose auch seltenerer Tumorentitäten ist in der Empfehlung nicht beschrieben. Differenzialdiagnose von Pankreastumoren mittels echosignalverstärkter Endosonographie Eine im Vergleich zu den DGVS-Empfehlungen differenziertere Betrachtung und Diagnostik von Pankreastumoren mittels echosignalverstärkter Endosonographie erscheint möglich und sinnvoll. In der Folge werden klinische und bildgebende Kriterien diskutiert. E K Patientenselektion In einem Zeitraum von sieben Jahren wurden mehr als 300 Patienten prospektiv mit echosignalverstärkter transabdomineller Technik und Endosonographie untersucht (Tab. 18.18 [27a und modifiziert nach Dietrich et al., bisher nur als Abstract veröffentlicht]). Als Einschlusskriterien in die Studie galten: E solitäre, überwiegend solide Raumforderungen des Pankreas < 40 mm. Ausschlusskriterien aus der Studie waren: bekannte Metastasen eines Pankreastumors in andere Organe, z. B. Leber, Lunge etc., da hierbei die Durchführung einer Endosonographie für den weite- E 324 E ren klinischen Verlauf keine entscheidende Bedeutung hat (Sicherung z. B. durch Leberbiopsie). Tumorgröße über 40 mm: Die Eindringtiefe einer optimalen Bildgebung der Endosonographie beträgt nur ca. 50 mm, auch wenn in vielen Fällen eine weitergehende Eindringtiefe erreicht werden kann. Um nach Applikation des Echosignalverstärkers einen Vergleich des Tumors mit dem umgebenden Gewebe zu ermöglichen, benötigt man wenigstens 10 mm sichtbare Umgebung um den Tumor. Die Durchführung der Tumorgrößenbestimmung erfolgte im Rahmen der initialen bildgebenden Diagnostik (in der Regel Computertomographie). multiple Pankreasläsionen: Bei Patienten mit multiplen Pankreasläsionen sind diese meist sekundärer Genese (z. B. Metastasen, Lymphombefall) oder durch multilokuläre Hormon produzierende neuroendokrine Tumoren bedingt. Dementsprechend verursachen sie durch die klinische hormonbedingte Symptomatik und in der Gesamtschau der Befunde (Primärtumor anderer Lokalisation) keine differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Empfehlungen der DGVS zur Abklärung zystischer Prozesse des Pankreas Differenzialdiagnose von Pankreastumoren mittels echosignalverstärkter Endosonographie Tabelle 18.18 Zusammenfassung der Ein- und Ausschlusskriterien. Auflistung der in die Studie eingeschlossenen Patienten mit duktalen Adenokarzinom, neuroendokrinen Tumor und serösem mikrozystischem Pankreasadenom. Einschlusskriterien: solide solitäre Läsion, Tumorgröße ≤ 40 mm. Ausschlusskriterien: Tumorgröße > 40 mm, multiple Läsionen, hormonabhängige klinische Symptomatik, Metastasen [modifiziert nach Dietrich et al.] Anzahl der Patienten, die die Einschlusskriterien erfüllen 212 62 19 20 98 (Lebermetastasen mit oder ohne gleichzeitig vorliegende chronische Pankreatitis) 52 (Größe > 40 mm mit oder ohne gleichzeitig vorliegende chronische Pankreatitis) Neuroendokriner Tumor 76 21 20 26 (Lebermetastasen) 25 (Hormonaktives Syndrom) 22 5 (Größe > 40 mm) Seröses Zystadenom 12 10 23 2 (Größe > 40 mm) Teratom E E E E E 1 makrozystische Läsionen: Als solide Läsionen wurden Läsionen mit einem zystischen Anteil < 20 mm und weniger als 50% des totalen Tumorvolumens definiert. Erklärung: Duktale Adenokarzinome sind selten zystisch. chronische Pankreatitis und autoimmune Pankreatitis: Patienten mit bekannter chronischer und autoimmuner Pankreatitis wurden aus der Studie ausgeschlossen, da das Kontrastmittelverhalten mit dem umgebenden Gewebe verglichen wurde, und dies im Falle einer chronischen Pankreatitis zu keinen verwertbaren Ergebnissen führen würde. hormonaktive neuroendokrine Tumoren des Pankreas: Hormonaktive neuroendokrine Tumoren sind durch die klinischen Zeichen der Hormonaktivität gut definiert und bedürfen aus diesem Grunde keiner bildgebenden Differenzialdiagnose. Pankreasmetastasen anderer Tumoren: Pankreasmetastasen anderer Tumoren sind durch die führende Diagnostik des Primärtumors ebenfalls keine differenzialdiagnostische Herausforderung. Hierunter fielen auch Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom des Pankreas, die jedoch auch aufgrund der multiplen Läsionen im Pankreas ausgeschlossen werden konnten. fehlendes Einverständnis der Patienten sowie eine vorher nicht bekannte Stenose des Magen-DarmTraktes mit Behinderung der endosonographischen Untersuchung. Letztlich konnten 62 Patienten mit histologisch gesichertem Pankreaskarzinom sowie 42 Patienten mit histologisch bestätigten anderweitigen neoplastischen Läsionen des Pankreas in die Auswertung einbezogen werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Duktales Adenokarzinom Untersuchte Patienten mit Aufschlüsselung der ausgeschlossenen Patienten 18 1 24 K Patienten und Methoden Die endosonographischen Untersuchungen wurden mit einem elektronischen Linearscanner (Pentax FG 34 oder FG 38 UX; Hitachi EUB 525, Hitachi 6500 oder Hitachi 8500) durchgeführt. Die Untersuchung des Pankreas erfolgte in allen Fällen mit Beginn im absteigenden Duodenum und Rückzug in den Magen in verschiedenen Standardschnittebenen, sodass eine komplette Untersuchung des Organs gewährleistet war. Als Echsosignalverstärker wurde Levovist (Schering, Berlin, Deutschland) bei allen Patienten in einer Dosierung von 4 g (Bolus-Gabe, 400 mg/dl) über eine Armvene und eine Injektionskanüle mit einem minimalen Durchmesser von 1,2 mm eingesetzt. Levovist besteht aus Luft mit einer GalaktosepalminsäureHülle. Die Sedierung erfolgte mit Hilfe von Midazolam bzw. Disoprivan. Während der Untersuchung erfolgte eine engmaschige pulsoximetrische und Kreislaufüberwachung aller Patienten. Alle Untersuchungen wurden durch einen Untersucher durchgeführt, der das histologische Ergebnis nicht kannte. Eine Reevaluierung der Untersuchungsergebnisse erfolgte durch zwei oder mehrere andere Untersucher. Bei Diskrepanz der Befundung wurde eine Re-Injektion von Levovist vorgenommen. Nach endosonographischer Detektion und Lokalisation (Kaput, Korpus, Kauda) der Zielläsion im Pankreas erfolgte eine Bestimmung der Tumorgröße, der Echogenität, Beschreibung der bildgebenden Morphologie und der Tumorgrenzen. Der Ultraschallfokus wurde auf die Bildlokalisation des Tumors angepasst und war in allen Fällen ≤ 50 mm. Die Einstellung der Pulsrepetitionsfrequenz und des Wandfilters erfolgte individuell so, dass eine maximale Dopplersignalausbeute nach Kontrastmittelgabe bei minimierten Artefakten (z. B. „Blooming“) erreicht werden konnte (in der Regel 325 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 4–5 cm/s). Die Verstärkung wurde so niedrig eingestellt, um Artefakte zu vermeiden und ein optimales Signalverhalten zu erreichen. Das Vaskularisationsverhalten wurde im Farbdopplermodus im Vergleich zum umgebenden gesunden Pankreasgewebe nach Applikation des Echosignalverstärkers als hypo-, iso- oder hypervaskularisiert eingeschätzt. Im Gegensatz zu den Echosignalverstärkern der ersten Generation (wie das hier eingesetzte Levovist), sind die Kontrastmittel der zweiten Generation (z. B. SonoVue) erst seit relativ kurzer Zeit im Einsatz. Letztere profitieren im perkutanen Ultraschall von der Möglichkeit, mit niedrig mechanischem Index der Ultraschalleinheit kontinuierlich sichtbar gemacht werden zu können (Phasen- oder Pulsinversionsphasentechnik; andere Bezeichnungen: wide band harmonic imaging). Die Applikation des „wide band harmonic imaging“ in endosonographischen Sonden ist prinzipiell möglich [119], allerdings noch nicht kommerziell verfügbar. In einer vergleichenden Untersuchung der Echosignalverstärker SonoVue und Levovist an zehn konsekutiven Patienten mittels oben beschriebener kontrastverstärkter farbduplexsonographischer Endosonographie konnten vergleichbare Ergebnisse unter oben genannter Zielstellung zwischen beiden Produkten in der Standarddosierung erzielt werden, sodass die Ergebnisse übertragbar erscheinen. Die Enddiagnose erfolgte in 93 Tumoren histologisch, wobei 83 Patienten operiert sowie 35 Patienten perkutan stanzbioptiert wurden. In 22 Patienten mit maligner Diagnose erfolgte die Sicherung durch endosonographische Feinnadelpunktion (EUS-FNA). Die EUS-FNA wurde nur bei maligner Enddiagnose gewertet, da eine sichere Tumordifferenzierung benigner Läsionen durch Feinnadelaspirationszytologie nicht möglich ist. In der aufgezählten Sicherung waren Überschneidungen der Methoden mit konkordantem Ergebnis möglich. Die Datenangabe erfolgte als Mittelwert mit Standardabweichung und Minimum-Maximum-Werten. Zusätzlich wurden die Sensitivität, Spezifität sowie der positive und negative Vorhersagewert berechnet und das 95% Konfidenzintervall angegeben. K Duktales Adenokarzinom des Pankreas Während der Studienperiode wurden 212 Patienten mit histologisch gesichertem Pankreaskarzinom gescreent. 98 Patienten wurden aufgrund des Vorliegens von Leber- und/oder Lungenmetastasen bzw. Metastasen in anderen Organen aus der Studie ausgeschlossen. Insgesamt 114 Patienten mit nicht zuordenbaren Pankreasläsionen wurden endosonographisch untersucht, alle Patienten mit solitären Raumforderungen des Pankreas. Bei 52 Patienten waren die untersuchten Raumforderungen > 40 mm und es bestand bei einigen dieser Patienten gleichzeitig eine chronische Pankreatitis, sodass diese aus der Studie ebenfalls ausgeschlossen wurden. Somit verblieben zur Analyse 62 Patienten (mittleres Alter 65 ± 12 (38–90) Jahre, 37 männlich, 28 weiblich). 326 Fünf von 62 eingeschlossenen Patienten (8%) mit duktalen Adenokarzinom des Pankreas zeigten eine iso- oder hypervaskuläre Anreicherung des Echosignalverstärkers in der Raumforderung im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe (davon drei Patienten mit entdifferenziertem duktalem Adenokarzinom und partieller neuroendokriner Differenzierung sowie zwei undifferenzierte Karzinome). 57 von 62 Patienten (92%) zeigten nach Applikation des Echosignalverstärkers ein hypovaskuläres Verhalten (Tab. 18.19). Die Tumorgröße betrug bei allen Patienten jeweils 10–40 mm. 48 Tumoren lagen im Bereich des Pankreaskopfes, acht im Bereich des Pankreaskorpus und sechs im Bereich des Pankreasschwanzes. Es sollte bemerkt werden, dass bei nahezu allen Patienten, die aufgrund der Tumorgröße > 40 mm aus der Studienanalyse ausgeschlossen worden sind, ebenfalls eine Hypovaskularisation nach Apoplikation des Echosignalverstärkers vorgelegen hat (49/52 Patienten; 94%). K Neuroendokrine Tumoren des Pankreas Von den insgesamt 76 untersuchten Patienten mit neuroendokrinen Tumoren des Pankreas wurden 26 Patienten mit Lebermetastasen von der Untersuchung ausgeschlossen. Die verbleibenden 50 Patienten wurden endosonographisch mit Kontrastmittel untersucht, wobei 25 Patienten mit aktiver Hormonproduktion und 5 Patienten mit Läsionen > 40 mm ausgeschlossen werden mussten (darunter auch zehn Patienten mit multiplen Tumorläsionen des Pankreas). Die verbleibenden 20 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien und wurden zur Analyse herangezogen (Alter 58 ± 13 (23–79) Jahre, acht männlich, zwölf weiblich). Die Tumorgröße reichte bei den eingeschlossenen Patienten von 8 bis 40 mm. 13 Tumoren waren im Bereich des Pankreaskopfes, fünf im Bereich des Pankreaskorpus und zwei im Bereich des Pankreasschwanzes gelegen. Alle eingeschlossenen Patienten (n = 20), aber auch die untersuchten Patienten, die die Ausschlusskriterien erfüllten, zeigten ein hypervaskuläres Verhalten im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe (Tab. 18.19). Es muss jedoch bemerkt werden, dass einige neuroendokrine Tumoren, insbesondere die größeren, Areale mit fehlender Kontrastmittelanreicherung besaßen. Diese waren in der Regel auf Tumornekrosen zurückzuführen. Eine ähnliche Morphologie wurde bei Lebermetastasen neuroendokriner Tumoren beobachtet [120]. K Mikrozystisches seröses Zystadenom In der Studienperiode untersuchten wir insgesamt zwölf Patienten mit mikrozystischen serösen Zystadenomen. Zwei Patienten mussten aufgrund der Größe > 40 mm von der Analyse ausgeschlossen werden. Die verbleibenden zehn Patienten konnten in die Studie aufgenommen werden (Alter: 61 ± 11 (42–78) Jahre, einer männlich, neun weiblich). Die Größe der Läsionen bewegte sich zwischen 15 und 40 mm. Acht Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. III Gastrointestinaltrakt Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Differenzialdiagnose von Pankreastumoren mittels echosignalverstärkter Endosonographie Tabelle 18.19 Vaskularisation von solitären Pankreasraumforderungen der 93 Patienten, die die Einschlusskriterien in die Studie erfüllt haben, bei Untersuchung nach Applikation eines Echosignalverstärkers Anzahl Hypovaskularisation Duktales Pankreaskarzinom 62 57 (92%) Neuroendokriner Tumor 20 0 (0%) 20 (100%) Mikrozystisches seröses Zystadenom 10 0 (0%) 10 (100%) 1 0 (0%) 1 (100%) Teratom Tumoren waren im Bereich des Pankreaskorpus, zwei im Bereich des Pankreasschwanzes lokalisiert. In allen untersuchten Patienten zeigte sich eine Hypervaskularisation des Tumors im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe. Interessant ist, dass bei 70% der Patienten durch die Echosignalverstärkung ein typisches Vaskularisationsmuster mit zentraler Arterie und davon ausgehendem Radspeichenmuster beobachtet wurde („FNH des Pankreas“) (Tab. 18.19). K Andere Pankreastumoren Lymphome Keiner der untersuchten Patienten mit Lymphombefall des Pankreas erfüllte die Einschlusskriterien. Im Beobachtungszeitraum wurden vier Patienten mit einem Lymphom des Pankreas gesehen, davon lag jedoch nur bei einem Patienten ein primäres Pankreaslymphom bei gleichzeitiger HIV-Infektion im Stadium und AIDS vor, welcher aufgrund einer Tumorgröße > 40 mm nicht in die Studie eingeschlossen werden konnte. Azinuszellkarzinom Im Beobachtungszeitraum wurden drei Patienten mit Azinuszellkarzinomen untersucht. Alle drei Patienten hatten einen fortgeschrittenen Tumor mit einer Größe > 40 mm sowie zystischen Anteilen > 30 mm. Aus diesen Gründen wurden die Patienten ebenfalls nicht in die Studie aufgenommen. Zystische Pankreastumoren Im Beobachtungszeitraum wurden 19 Patienten mit muzinösem Zystadenom untersucht. Alle Patienten mit muzinösem Zystadenom wiesen eine Tumorgröße > 40 mm sowie eine Zystengröße > 20 mm auf und konnten daher nicht in die Auswertung eingeschlossen werden. Ebenfalls ausgeschlossen aufgrund der Tumorgröße wurden zehn Patienten mit intraduktalem papillärem muzinösem Tumor und zwei Patienten mit pseudopapillärer Neoplasie. Autoimmune Pankreatitis Im Beobachtungszeitraum wurden fünf Patienten mit autoimmuner Pankreatitis untersucht. Bei allen Patienten war die Läsion > 50 mm (und betraf regelhaft das gesamte Organ), sodass sie nicht in die Analyse aufge- Iso- oder Hypervaskularisation 5 (8%) 18 19 20 nommen werden konnten. Es ist von Interesse, dass die Sono-Elastographie bei Patienten mit autoimmuner Pankreatitis gleichmäßig „hart“ im Vergleich zum umgebenden Gewebe imponiert. Typisch für die autoimmune Pankreatitis ist weiterhin die leicht lobulierte Organkonturierung. Andere Läsionen Während des Beobachtungszeitraumes wurde ein Patient mit einem Teratom (Größe 10 mm), ein Patient mit einem Ganglioneurinom (Größe 45 mm) und ein Patient mit einem partiell nekrotischen Leiomyom (Größe 50 mm) untersucht. Aufgrund der Ausschlusskriterien konnte nur der Patient mit dem Teratom in die Studie eingeschlossen werden. In der echosignalverstärkten Endosonographie konnte eine deutliche Hypervaskularisation im Vergleich zum umgebenden Pankreasgewebe dargestellt werden. K Duktale Adenokarzinome versus solide Pankreastumoren anderer Genese Die diagnostische Sicherheit für den Nachweis einer Hypovaskularisation als Zeichen für das Vorliegen eines duktalen Adenokarzinoms und einer Hypervaskularisation als Zeichen für das Vorliegen eines Tumors anderer Genese ist in Tabelle 18.20 wiedergegeben. 21 22 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Tumorart 23 24 25 26 27 28 29 K Diskussion der Studie Im Gegensatz zu früheren Berichten, in denen postuliert wurde, dass über 90% aller Pankreasraumforderungen duktalen Adenokarzinomen entsprechen, konnten wir zeigen, dass Pankreastumoren anderer Genese häufiger sind als bisher angenommen. Dies kann durchaus Folge der in den letzten Jahren deutlich verbesserten bildgebenden Verfahren sein. Aufgrund der unterschiedlichen Therapie und Prognose der unterschiedlichen Entitäten von Pankreastumoren ist eine initiale sichere Differenzialdiagnose essenziell. Die Resultate der bisher eingesetzten Diagnoseverfahren wie der konventionellen Endosonographie oder moderner CT- und MRT-Verfahren sind enttäuschend. Aus diesem Grunde ist ein neuer Diagnoseansatz mit Verbesserung der Sensitivität und Spezifität der Differenzialdiagnose von Pankreastumoren dringend notwendig. 327 30 31 32 33 34 Zystische, neuroendokrine und andere seltene Pankreastumoren Tabelle 18.20 Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer Vorhersagewert sowie diagnostische Sicherheit in der Charakterisierung von Pankreastumoren anhand des Vaskularisationsverhaltens durch echosignalverstärkte Endosonographie III Gastrointestinaltrakt Hypervaskularisation als Zeichen einer Läsion anderer Genese Spezifität (%) Positiver Vorhersagewert (%) 92 (82–97) 100 (89–100) 100 (94–100) 86 (71–95) 95 (88–98) 100 (89–100) 92 (82–97) 86 (71–95) 100 (94–100) 95 (88–98) Wichtig ist bei der Beurteilung aller Studien zur Differenzialdiagnose von Pankreastumoren, dem klinischen „workflow“ mehr Bedeutung zuzumessen. So stellen metastasierte Pankreaskarzinome den Kliniker selten vor differenzialdiagnostische Probleme. Daher sollten diese Patienten nicht in Studienbetrachtungen aufgenommen werden. Ebenfalls sollten Metastasen innerhalb des Pankreas nicht in gleichartige Studien einbezogen werden, da auch diese den Kliniker selten vor diagnostische Probleme stellen. Auf der anderen Seite sind duktale Adenokarzinome des Pankreas nicht oder nur äußert selten makrozystisch, sodass bei Vorliegen einer makrozystischen Läsion Adenokarzinome praktisch immer ausgeschlossen werden können. Hierbei ist besonders erwähnenswert, dass die Endosonographie aufgrund der Nähe zur Läsion und der hohen lokalen Auflösung in der Unterscheidung von zystischen zu soliden Prozessen allen anderen Verfahren gegenüber im Vorteil ist. In dieser Studie verglich unsere Arbeitsgruppe das Vaskularisationsverhalten von soliden Raumforderungen des Pankreas mit dem umgebenden Pankreasgewebe mit einer verblüffenden Trennschärfe, die allerdings den erheblichen Unterschieden der histologischen Charakteristika dieser Tumoren entspricht. Die echosignalverstärkte Farbduplex-Endosonographie ist in der Lage, Aussagen über mehr- bzw. mindervaskularisierte Raumforderungen des Pankreas zu machen. Das (auch histologisch) hypovaskularisierte duktale Adenokarzinom konnte mit einer hohen Sicherheit von anderweitigen Neoplasien (vor allem mikrozystische, seröse Zystadenome und neuroendokrine Tumoren) differenziert werden. Diese Differenzialdiagnose ist von besonderer Bedeutung, da seröse Zystadenome aufgrund der geringen malignen Potenz heute in ein „follow-up“-Programm übernommen werden können, ohne jeden Patienten gleich einer Operation zu unterziehen. Kontrollen sind notwendig, da auch diese Tumoren wachsen können. Eine Assoziation mit anderen mesenchymalen Tumoren, beispielsweise der Leber, wurde beobachtet. Das operative Vorgehen bei neuroendokrinen Tumoren ist aufgrund des langsamen Wachstums und der Möglichkeit eines weniger aggressiven chirurgischen Ansatzes ebenfalls different zu dem chirurgischen Vorgehen bei duktalem Adenokarzinom und eine akkurate präoperative Diagnostik deshalb von Vorteil. Es sollte generell betont werden, dass im Falle des Nachweises neuroendokriner Tumoren eine multiple endokrine Neoplasie (z. B. von Hippel- 328 Negativer Vorhersagewert (%) Diagnostische Sicherheit (%) Lindau-Syndrom) in die diagnostischen Überlegungen einbezogen werden sollte. Hilfreich erscheint dabei, dass z. B. das selten vorkommende Teratom des Pankreas im Rahmen unserer Studienergebnisse ebenfalls ein hypervaskularisiertes Verhalten gezeigt hat. Das Vaskularisationsverhalten von Tumoren nach Applikation von Echosignalverstärkern ist organunabhängig, aber größenabhängig. Wir konnten bei den aus unserer Studie ausgeschlossenen Patienten mit einer Tumorgröße > 40 mm nach Applikation eines Echosignalverstärkers ein heterogenes Vaskularisationsverhalten erkennen, welches sich überwiegend auf regressive Veränderungen der großen Tumoren zurückführen ließ. Wiederum erwähnenswert ist, dass Tumoren > 40 mm selten für den Kliniker eine diagnostische Herausforderung darstellen, da diese malignen Tumoren in der Regel einen Gefäßeinbruch mit entsprechender Metastasierungsrate aufweisen. Die Computertomographie und nach unserer Erfahrung insbesondere die transabdominelle Sonographie sind in diesen Fällen der Endosonographie häufig überlegen. Für die Einschätzung von Pankreastumoren ist die endosonographisch gut erkennbare typische Morphologie von Bedeutung. So sind neuroendokrine Tumoren ohne Hormonaktivität in aller Regel < 40 mm und zeigen eine gute Demarkierung zum übrigen Pankreasgewebe. Die gute Demarkierung gilt im Übrigen auch für die serösen Zystadenome, die zusätzlich durch fibröse Septen und die typische Gefäßarchitektur erkannt werden können („FNH des Pankreas“). Es muss erwähnt werden, dass in unserer Studie die Gruppe der Patienten mit gleichzeitigem Vorliegen von chronisch-entzündlichen Veränderungen des Pankreas aus der Auswertung ausgeschlossen worden ist. Dies beruht auf der schlechteren Vergleichbarkeit des Vaskularisationsverhaltens mit dem umgebenden Gewebe. In diesen Fällen sinkt die diagnostische Genauigkeit bei allen bildgebenden Verfahren. Hier sollten auch bei der echosignalverstärkten Endosonographie andere Wege zur Verbesserung der Diagnostik gesucht werden. Die Einführung neuer endosonographischer Ultraschallsysteme mit Phaseninversionsverfahren oder ähnlichen Techniken verspricht eine weitere Verbesserung. Bisher sind diese Systeme allerdings nicht kommerziell erhältlich und es bestehen nur eine limitierte Erfahrungen mit Prototypen [119]. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Hypovaskularisation als Zeichen des duktalen Adenokarzinoms Sensitivität (%) Differenzialdiagnose von Pankreastumoren mittels echosignalverstärkter Endosonographie Aufgrund der vorliegenden Daten lässt sich folgendes diagnostische und therapeutische Vorgehen nach oben erläuterten differenzialdiagnostischen Überlegungen bezüglich begleitender Symptomatik und bildgebender Befunde diskutieren. 1. Hypervaskularisierte Tumoren sollten transabdominell bioptisch-histologisch untersucht werden, um das weitere therapeutische Vorgehen adäquat steuern zu können. Mikrozystische seröse Pankreasneoplasien werden im Verlauf beobachtet, wohingegen neuroendokrine Tumoren wenn möglich einer Enukleation bzw. einer weniger radikalen Operationstechnik zugeführt werden sollten. Die Feinnadelaspirationszytologie hat bei der sicheren Zuordnung mikrozystischer Pankreasneoplasien eine geringe Bedeutung, da die Zellausbeute zu gering ist, um neuroendokrine Tumoren adäquat ausschließen zu können. Insbesondere sind „high power fields“ (HPF) nur für die Histologie evaluiert. Stichkanalmetastasen wurden bei differenzierten neuroendokrinen Tumoren und mikrozystischen serösen Pankreasneoplasien bisher nicht beobachtet. 2. Solitäre hypovaskularisierte Tumoren ohne Kontraindikation zur Operation (wie z. B. Lebermetastasen, Peritonealkarzinose) sollten hingegen primär operiert werden, um das geringe Restrisiko der Zellstreuung durch die durchgeführte Feinnadelpunktion zu minimieren. Im Falle der Inoperabilität empfiehlt sich jedoch auch hier eine histologische bzw. zytologische Sicherung. Die Feinnadelaspirationszytologie ist in dieser Konstellation für die Bestimmung der Dignität, nicht aber für die Gewebedifferenzierung von Bedeutung. Literatur 1. 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