+ energy Home 2011 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings „BAUEN IM BESTAND“ - PLUSENERGIEHAUS OHNE CO2-EMISSIONEN Einleitung Mehr als die Hälfte aller Wohneinheiten in Deutschland (20,1 Millionen) sind im Zeitraum von 1949 bis 1978 entstanden1. Ein Großteil der klimaschädlichen Emissionen fällt heute bei der Konditionierung dieses riesigen Gebäudebestandes an. Deren Ertüchtigung ist ein zwingend notwendiger Beitrag zur Reduktion des globalen CO2-Ausstoßes. Das „energy + Home 201 1 “ entsteht als Beispiel für die wirtschaftliche und zukunftsorientierte Umwandlung eines Bestandsgebäudes aus dem Jahr 1970 zu einem CO2-emissionsfreien Wohnhaus. Um das Potential einer energetischen Sanierung auch architektonisch und räumlich auszuschöpfen, werden äußere Erscheinung der Fassade, die interne Flächenoptimierung, Gebäudeflexibilität, Nutzungsneutralität und Tageslichtnutzung deutlich verbessert. Dieses Projekt folgt dem Konzept des parallel entwickelten „Lichtaktiv-Haus“ in Hamburg-Wilhemsburg im Rahmen der IBA Hamburg, welches am Fachgebiet „Entwerfen & Energieeffizientes Bauen“ an der TU Darmstadt entwickelt wurde. Das Projekt In Anlehnung an die vorbildlichen „Model Home 2020“ Projekte - eine Initiative der dänischen Firma Velux, die anhand von sechs „Eins zu Eins“-Experimenten in fünf europäischen Ländern aktiv bei der Entwicklung nachhaltiger Gebäude mitwirkt - entsteht 2011 eine Sanierung eines Musterhauses aus dem Jahr 1970. Gegenstand des „energy + Hom e 20 11 “ als Best-Practice Haus 2011/Rhein-Main im Landkreis Darmstadt-Dieburg und der begleitenden Untersuchungen ist dabei die beispielhafte Weiterentwicklung eines typisierten Bestandsgebäudes hin zu einem absolut emissionsfreien Gebäudes. Gleichzeitig geht dies mit einer architektonisch-zeitlosen Aufwertung und Verbesserung der Tageslichtqualität einher. Das Projekt soll als vorbildliches, ökonomisch und ökologisch überprüftes Best-Practice-Beispiel mit den in 2011 verfügbaren Bauprodukten und Systemen für zukünftige Sanierungsmaßnahmen von Bestandsobjekten dienen. Ausgangsituation Es handelt sich bei dem „energy + Hom e 20 11 “ um ein typisiertes Einfamilienhaus einer charakteristischen Wohnsiedlung im zentralen Rhein-Main-Gebiet im Landkreis DarmstadtDieburg. Die als Hangbebauung errichteten Wohnhäuser der Wohnanlage wurden für einen 4bis 5-Personen-Haushalt angelegt und weisen im Bestand einen mittleren Primärenergieverbrauch von 380 kWh/m²/a auf. 1 - Statistisches Bundesamt (2008)/www.destatis.de - Bauen im Wandel, Warum die Bauwirtschaft vom Klimawandel profitiert, dbresearch, Ausgabe 433, 10/2008 e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 2/11 Da der Standort, wie viele in Deutschland, nicht an die öffentliche Gasversorgung angeschlossen ist, wird die gesamte Wohnsiedlung seit den 70er Jahren mit Erdöl beheizt. Für die letzten 10 Jahre ist für das ausgewählte Referenzgebäude ein mittlerer Brennstoffverbrauch für Heizung und Warmwasser von im Mittel 5.650 Litern Heizöl pro Jahr dokumentiert. Dies entspricht einem CO2Äquivalent von etwa 18.000 kg/Jahr und bisherigen Emissionen von mehr als 720 Tonnen CO2. Der Einsatz von Heizöl als Energieträger, bedingt die Notwendigkeit von Aufstellflächen für Öltanks in einer Größe von ca. 12 m², die den Bewohnern demzufolge bisher nicht als Wohn- oder Nutzfläche zur Verfügung stehen und gleichzeitig eine toxische Gefährdung für die Bewohner darstellen. Abbildung 1: Expose des Siedlungsentwurfs aus dem Jahr 1969 der Bebauung in Trautheim Ziele und Umsetzung Ziel des Projektes ist es, neue Wege zu beschreiten und das Setzten neuer Impulse, wie für Bestandsgebäude mit Erdölversorgung eine CO2-neutrale Energieversorgung wirtschaftlich umsetzbar und mit höchster Komfort- und Wohnqualität verbinden ist. Dies erfolgt in vier Schwerpunkten: 1. Zeitlose architektonische Aufwertung der äußeren Erscheinung und der inneren Struktur. 2. Umwandlung des Hauses in ein energieautarkes, emissionsfreies und CO2-neutrales Wohngebäude. 3. Verzicht auf Erdöl als nicht erneuerbarer Energieträger → Vermeidung durch Heizöltanks verursachter toxischer Raumluftemissionen → Amortisation der höheren Primärinvestitionen durch Vergrößerung der Wohnfläche infolge Umnutzung bisheriger Brennstofflagerflächen im Gebäude zu hochwertigem Wohnraum. 4. Wesentliche Verbesserung der Belichtungsverhältnisse mit Tageslicht zur Steigerung des Wohlbefindens und Minimierung der Energieanteile für Kunstlicht. e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 3/11 1. Architektur Eine wesentliche Bedeutung hat die architektonische „Metamorphose“ des Gebäudebestands im Äußeren und Inneren. Im Äußeren ist es das Ziel, neben den Standards von Putzsystemen die klare und zeitlose Ästhetik von Plattenbekleidungen mit ihren technologischen Möglichkeiten aufzuzeigen. Vertikal dynamische Schiebe- und Klappmechanismen mit Faserzementprodukten werden ein fester Bestandteil der äußeren Formensprache sein. Eine besondere architektonische Herausforderung stellt die enge und gedrungene Struktur des Bestandsgebäudes dar. Aus einem kleinteiligen und unzureichend natürlich belichteten Haus wird ein großzügiger Lebensraum für fünf Personen mit individuellen Privatsphären und einem zentralem Wohn- und Essbereich entwickelt. Im Zuge der Sanierung vergrößert sich die nutzbare Grundfläche des Gebäudes von derzeit 158 m² auf 180 m², verteilt über zwei Etagen. Die Wohnqualität wird in den Dimensionen der Nutzbarkeit, der Behaglichkeit und des Wohlbefindens, der Raumqualität, der Anpassungs- und Raumflexibilität und des individuellen Gestaltungsspielraums wesentlich verbessert. Der energetisch und architektonisch sanierte Altbau schafft durch klare Öffnungen und fließende Übergänge zwischen dem Innen- und Außenraum einen Ort der Muße und des familiären Austauschs. Die hohe bauliche Qualität entsteht durch die verbesserten Tageslichtverhältnisse in den Innenräumen, die nach Ost- und Westseite differenzierte Fassadenausbildungen, das Zusammenspiel zwischen Innen und Außen und durch die neue Flexibilität des Gebäudes. Abbildung 2 links: Ostseite des Gebäudes nach Fertigstellung im Jahr 1970 mit einem Primärenergiebedarf von 380 kWh/m²/a. Abbildung 2 rechts: Visualisierung eines Szenarios nach der Sanierung des CO2-neutralen Hauses 2. Emissionsfreier Betrieb - Wärme- und Energieversorgung Bei der Sanierung wird in erster Priorität auf Basis mineralischer Dämmstoffe ein hoher energetischer Dämmstandard ausgeführt: – gemittelte U-Werte der opaken Außenbauteile <0,18 W/m²K, – transparente Bauteile Uw,BW < 0,80 W/m²K), – dem Bestand angepasste Kombination aus Zwischensparrendämmung und Aufsparrendämmung, – Innendämmung mit Hochleistungsdämmstoffen im Bereich der Grundfläche bei gleichzeitiger Anforderung der Wärmebrückenfreiheit Das Konzept sieht eine individuelle Beheizung der einzelnen Räume mit einer innovativen Niedertemperatur-Flächenheizung vor. Damit wird den üblichen unterschiedlichen Behaglichkeitsanforderungen der generationsübergreifenden Familienmitglieder Rechnung getragen. Nebenbei zeigt dies, dass durchdacht konzipierte CO2-neutrale und energieeffiziente Wohngebäude sehr gut individuell konditionierbar sind – ein wesentlicher „fühlbarer“ Zustimmungsgrund für derartige e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 4/11 Gebäudekonzepte, denen nach wie vor eine ähnliche Unflexibilität unterstellt wird, wie sie oft bei herkömmlichen Passivhäusern vorzufinden ist. Wesentlich bei dem Konzept des energy + Home 201 1 ist die Umstellung auf eine alternative Energieversorgung mittels Wärmepumpe, die ihre Betriebsenergie aus den im Dach integrierten Solarstrommodulen bezieht. Das Gebäudetechnikkonzept sieht eine neuartige Luft/WasserWärmepumpe vor. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt den notwendigen Strom für den Betrieb des Geräts. Solarthermie-Kollektoren sind aufgrund der im Sommer sehr hohen Effizienz der Luftwärmepumpe nicht erforderlich. Auch dies ist ein sinnvoller Beitrag zur Ressourceneinsparung. Abbildung 5: Energiekonzept des Null-CO2 – energy + Hom e 20 11 Die Heiz- und Anlagentechnik sowie die Photovoltaik-Anlage wurden mit dem Ziel der CO2-Neutralität so konzipiert, dass ein Maximum an Naturenergien erwirtschaftet und direkt eingesetzt werden kann. Die Primärenergiemengen für Heizwärme als Flächenheizung, Brauch- und Warmwasser, Gebäudetechnik, Beleuchtung, Haushaltsstrom und anteilig die Elektromobilität werden vollständig mit erneuerbaren Energien gedeckt. Erwirtschaftete Energieüberschüsse aus der Photovoltaikanlage in der Sommerperiode werden in das öffentliche Netz eingespeist, das im Gegenzug den Stromverbrauch über den Netzverbund absichert. Aus ästhetischen Gründen werden die neuartigen Photovoltaikmodule ebenflächig in das Dach integriert und nicht als Fremdkörper additiv aufmontiert – auch dies ein sichtbares Argument für die Akzeptanz energiegewinnender Systeme und die Forcierung dezentraler Energieerzeugung. Weiterhin wird ein Kamin mit Wärmerückgewinnung und Heizregister in das Energiekonzept integriert, der sowohl zur Wärmeeinspeisung in das Fußbodenheizungssystems als auch zur Unterstützung der Warmwassererzeugung für das energy + Home 201 1 eingesetzt werden kann. Durch die thermische Verwertung des heimischen und klimaneutralen Energieträgers Holz kann die Leistung der Wärmepumpe in den Spitzenlasten deutlich reduziert und der selbsterzeugte Strom eingespart werden. Neben der wohligen Kaminwärme, entsteht die Sicherheit, jederzeit das Grundbedürfnis nach Wärme für die Bewohner individuell decken zu können. e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 5/11 1970 CO2-Ausstoß durch Neubau CO2 -Ausstoß durch Neubau 1970 CO2ÄQ (kg/m²a) CO2ÄQ (kg/m²a) Insgesamt demonstriert das energy + Hom e 20 11 damit die zukunftsweisende Sanierung von Bestandsobjekten zu CO2-neutralen Gebäuden mit minimiertem Energiebedarf und selbstversorgender Energieerzeugung mit Naturressourcen durch die Anwendung technisch entwickelter und ästhetisch anspruchsvoller Lösungen. CO2 -Ausstoß des Betriebes in 40 Jahren ca. 640.000 kg CO2 aus der Verbrennung von 206.000 Litern Heizöl CO2 -Ausstoß der Bauwerks-Entstehung 1980 1990 2000 2010 2010 energy + Home CO2 -neutral CO2 -Ausstoß durch Sanierung 2020 2030 2040 2050 2060 Abbildung 4: Qualitative Entwicklung der CO2-Emissionen des Gebäudes seit Entstehung im Jahr 1970 (links) und zum Zeitpunkt 2011 in den Szenarien „ohne energetische Sanierung“, mit „CO2-neutraler Sanierung“ und im Vergleich zum Rückbau und Neubau auf den Standard der EnEV 2009 (rechts). Ressourcenschonendes Bauen Betrachtet man den vorhandenen, sanierungsbedürftigen Gebäudebestand als Ressource, stehen wir bei der Nutzung dieses riesigen „Baustofflagers“ erst am Anfang. Bestehende Baustoffe einzubeziehen spielt dabei ebenso eine Rolle wie der bewusste Neueinsatz nachwachsender und rezyklierbarer Materialien. Im Rahmen von „Best-Practice Haus 2011“ wird die Wahl notwendiger Baustoffe im Hinblick auf Klimaneutralität optimiert, indem deren Ökobilanzen wesentlich in die Entscheidungen der Maßnahmen und Materialwahl einfließen. Das energy + Home 201 1 wird nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in ein CO2-neutrales Gebäude weiterentwickelt. Dabei wird im Rahmen der ökologischen Bilanzierung der verwendeten Baustoffe und Bauprozesse der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes unter den Aspekten der potentiellen Umweltwirkung betrachtet: Von der Sanierung und dem Umbau über den Betrieb und die verschiedenen Instandhaltungsmaßnahmen bis hin zum Abriss und der Entsorgung der nicht rezyklierbaren Baumaterialien. Daraus entsteht ein Entwurf für einen „Rohstoffpass“ für das Bauwerk, der auch nachfolgenden Generationen Aufschluss darüber gibt, welche Baustoffe und in welchen Mengen dies für das Gebäude und dessen Sanierung verwendet wurden, ob schadstoffhaltige Materialien verbaut wurden und ob und wie diese recycelt werden können2. Mit einem solchen Dokument, basierend auf allgemein gültigen Standards, lässt sich ein Bewusstsein für die Wertigkeit von Ressourcen schaffen und die ökologischen wie auch ökonomischen Chancen dieser Ressourcen nutzen – dies betrifft Bauherrn, Mieter und Käufern ebenso wie Architekten und planende Fachingenieure. 2 Urban-Mining, Gesellschaft für Zukunftsgestaltung, www.urban-mining.com e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 6/11 Des Weiteren bedient die Idee das zunehmende gesellschaftliche Bedürfnis nach Transparenz und Nachhaltigkeit. Zu keinem anderen Zeitpunkt wurde öffentlich mehr über aufgeklärten Verbrauch und alternative Energien gesprochen. Dass dies vom täglichen Konsum auf das direkte Wohnverhalten übergeht, ist nur logisch und konsequent. Rohstoffpässe für Gebäude sind demnach auch ein Wettbewerbsvorteil. Hier besetzt das Projekt als Best-Practice-Beispiel eine Vorreiterrolle. 3. Verzicht auf Heizöl als nicht regenerierbarer Energieträger Die derzeitige Wärmeerzeugung erfolgt wie beschrieben mit Heizöl als Energieträger. Die Abkopplung von Heizöl und die Umstellung auf eine emissionsfreie und regenerative Energiequelle sollen vorbildlich folgende Aspekte vor Augen führen: Gesundheitsschädigung bei Tanklagerung Ölbeheizungen erfordern Tanklagerungen, die im Falle einer Innenaufstellung mit Belastungen für die Raumluft in dem Gebäude einhergehen. Gleichzeitig besteht durch austretende Stoffe, nicht nur bei der Tankbefüllung und -reinigung, ein direktes Risiko für Bewohner und Umwelt. Heizöl ist ein Gemisch aus paraffinischen, naphthenischen, aromatischen und olefinischen Kohlenwasserstoffen und gehört technisch zu den flüchtigen VOC's (Volatile Organic Compounds). Vor allem Kohlenwasserstoffe im Bereich C9 bis C20 haben eine nachgewiesene krebserzeugende Wirkung. Das Einatmen kann zu gravierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, Benzol kann sogar Blutkrebs auslösen. Betroffen sind die Bewohner des Hauses sowie alle Personen, die mit der Gewinnung, Transport und Verarbeitung von Erdöl zu tun haben. Umweltrisiken durch Erdölgewinnung Erdöl ist eine nicht regenerierbare, hochemissive und ökotoxische Ressource, die bereits während der Förderung und des Transports weitreichende Risiken für Menschen und Umwelt in sich trägt. Beispiele sind täglich präsent und allein die Bilanz des Frühjahres 2010 ist bezeichnend: Im April läuft der chinesischer Kohlefrachter „Shen Neng 1“ auf einen systemökologisch bedeutsames Gebiet des australischen Great Barrier-Reefs auf und verliert dabei ca. 950 Tonnen Treibstoff. Im April sinkt die Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko. Die ausgetretene Ölmenge wird auf 500.000 bis 1 Million Tonnen geschätzt. Die Tragweite der Umweltschäden ist bisher nicht absehbar. Im Mai wird eine Ölplattform in der Nordsee aufgrund akuter Sicherheitsprobleme evakuiert und stillgelegt. Diese Risiken sind das Resultat des wirtschaftlichen Drucks zur Rohölförderung aufgrund des heute notwendigen Fördervolumens. Das energy + Home 2 011 benötigt für seinen Betrieb über die ganze Lebensdauer keine fossilen Energieträger mehr. e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 7/11 Wertsteigerung & Flächengewinn Die Fläche des vorhandenen Tankraumes kann in eine hochwertige Nutzfläche umgewandelt werden. Die Räume für die Aufstellflächen des Tanks, der umseitig begangen werden muss, weisen in der Regel Größen zwischen 12 bis 18 m² auf. Bei einem standortüblichen Marktwert im Raum Darmstadt von ca. 1.200 bis 1.500 Euro pro m² Wohnfläche ergibt sich damit für den gegenwärtigen Zustand des Wohnhauses ein Wertverlust von ca. 20.000 Euro. Die Abkehr von Erdöl als bisheriger Energieträger führt diesen Wert in Form wiedergewonnener und aktiv nutzbarer Wohnfläche dem energy + Home 201 1 wieder zu. Konkret entsteht im ehemaligen Lagerbereich ein neues Wellness- Bad, um den wertvollen Platz des bisherigen Bades einem damit großzügiger werdenden Individualzimmer zuzuordnen. Mit dieser Flächenaufwertung, Energieeinsparung durch erhöhte Tageslichtausbeute sowie Nutzung natürlicher Ressourcen im Zuge der energetischen Sanierung steht der bisherigen Gebäude- und Energiekonstruktion ein unmittelbarer monetärer Mehrwert gegenüber, der die Mehrkosten für die Umbaumaßnahmen zur CO2-Neutralität amortisiert und darüber hinaus langfristig Kosteneinsparung mit sich bringt – insbesondere im Angesicht steigender Preise für Energie aus nicht erneuerbaren Ressourcen. Langfristig finanzielle Positiveffekte für Bewohner und Gesellschaft durch erhöhtes Wohlbefinden und gesünderes Wohnen gehen damit einher. Rohstoffrückführung Ölbevorratungstanks aus Stahl stellen eine bedeutende Rohstoffressource dar, die einer höherwertigen Nutzung zugeführt werden können. Abbildung 5 oben: Wohnflächenvergrößerung durch die Umstellung auf CO2-neutrale Energieversorgung und nicht mehr benötigte Öltank-Aufstellflächen. Abbildung 5 rechts: Ausstattungvariante des neu entstehenden Wellness-Bades. e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 8/11 4. Verbesserung der Tageslicht-Belichtungsverhältnisse Nach der Sanierung wird ein Fensterflächenanteil (Wandfenster und Dachflächenfenster) von etwa 38 % der Geschossfläche des Gebäudes angestrebt. Im Vergleich dazu beträgt der derzeitige Anteil der Fensterflächen an der Geschossfläche nur etwa 12 % mit entsprechend geringerem Tageslichteinfall. Über raumhohe Panoramafenster mit hochdämmender Dreischeibenverglasung sowie neu integrierten Dachwohnfenstern werden die Räume mit Tageslicht durchflutet und ein Tageslichtquotient von mindestens 4,0% ermöglicht. Dies steigert nachweislich das Wohlbefinden der Bewohner durch natürliches Tageslicht und reduziert darüber hinaus die Nutzungsdauern zusätzlicher künstlicher Lichtquellen mit dem damit einhergehenden Energie- und Ressourcenverbrauch. Dem zentralen Erschließungsbereich, der die ehemals kleinteilige und geschlossene Struktur sowohl vertikal als auch horizontal auflöst, kommt die Funktion einer sogenannten „Tageslichtschaufel“ zu (Abbildung 3). Abbildung 3: Optimierung der Tageslichtausbeute durch Integration von Dachflächenwohnfenstern und das Prinzip der zentralen vertikalen Tageslichtschaufel. e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 9/11 5. Forschung energy + Home 20 11 ist nicht nur ein beispielhaftes Vorhaben, welches als Vorbild dienen kann sondern auch ein bedeutsames Forschungsprojekt. Um die Entwicklung des Hauses zu einem CO2neutralen Gebäude, die damit verbundenen prognostizierten Einsparungen und die Erfüllung der hohen Behaglichkeitsanforderungen im realen Betrieb zu überprüfen, wird die Sanierungsmaßnahme und insbesondere der Gebäudebetrieb wissenschaftlich begleitet. Das Monitoring in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Tragwerksentwicklung & Bauphysik der Technischen Universität Darmstadt und des Instituts für Trocken- und Leichtbau (ITL) erstreckt sich über folgende Bereiche: – Integration energiegewinnender Systeme in die Gebäudehülle, – Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Abkopplung von nicht erneuerbaren Energieträgern unter Berücksichtigung der Umwandlung von Brennstofflagerflächen in Wohnflächen, – Bestimmung von Amortisationszeiträumen der CO2-neutralen, energetischen Sanierung aus ökonomischer und ökologischer Sicht, – Vergleich der resultierenden Ökobilanz der verwendeten Bauprodukte und Systeme mit einer konventionellen Sanierung nach dem Standard EnEV 2009 und optional mit einem Passivhausstandard, – Studie über die Lichtverteilung und die Energieeinsparung durch eine optimale Tageslichtversorgung. – Beurteilung der Behaglichkeitsverbesserung durch passive Kühlung mit PCM für den sommerlichen Wärmeschutz – Monitoring der Energiebilanz und der Raumbehaglichkeit, Nutzerinterviews, Messungen und Analysen über einen Zeitraum von 24 Monaten – Erstellung eines Rohstoffpasses zur Beurteilung der materiellen Rohstoffeinsparung gegenüber einem Abriss und Neubau. Die wissenschaftliche Begleitung des „Best-Practice Haus 2011“ in Form von Monitoring, Interviews, Messungen und Analysen erstreckt sich über einen Zeitraum von 24 Monaten und wird als Referenz und Best-Practice-Beispiel von der Bundesstiftung Umwelt gefördert. Darüber hinaus wird das Projekt durch den Bauverlag dokumentiert und redaktionell begleitet. Konzept, Entwicklung und wissenschaftliche Leitung FACHBEREICH ARCHITEKTUR INSTITUT FÜR TRAGWERKSENTWICKLUNG & BAUPHYSIK INSTITUTE FOR STRUCTURAL DESIGN & BUILDING PHYSICS Univ. Prof. Dr.-Ing. Karsten Tichelmann El-Lissitzky-Strasse 1 | D-64287 Darmstadt Tel: + (49) 6151 / 59949-0 | Fax: + (49) 6151 / 59949-40 www.twe.tu-darmstadt.de | [email protected] Verweise/Quellen: Text: K. Tichelmann, B. Ziegler, T. Bialucha [1] Hegger, M. Bialucha, T.: „Model Home 2020 für die IBA in Hamburg“, forschen 2011 Wissenschaftsmagazin der TU Darmstadt, Ausgabe Frühjahr 2011 vmm wirtschaftsverlag, Augsburg [²] Velux Model-Home 202, Lichtaktiv-Haus, Hamburg, Wilhemsburg http://www.velux.com/Sustainable_living/Model_Home_2020/The_experiments/Germany/default.aspx e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings Projektpartner und Förderträger des „energy + Home 2011 10/11 Rhein-Main“ Konzeption und Wissenschaftliche Leitung FACHBEREICH ARCHITEKTUR FACHGEBIET TRAGWERKSENTWICKLUNG & BAUPHYSIK INSTITUTE FOR STRUCTURAL DESIGN & BUILDING PHYSICS www.twe.architektur.tu-darmstadt.de in Zusammenarbeit mit FACHGEBIET ENTWERFEN & ENERGIEEFFIZIENTES BAUEN WWW.EE.ARCHITEKTUR.TU-DARMSTADT.DE INSTITUT FÜR TROCKEN- UND LEICHTBAU [email protected] / www.itldarmstadt.de TSB | INGENIEURGESELLSCHAFT TICHELMANN & BARILLAS INGENIEURE UND SACHVERSTÄNDIGE [email protected] Schirmherren Medienpartner | www.tsb-ing.de e n er gy + Hom e 20 11 Solutions for CO2‐emission free energy of existing buildings 11/11 Projektpartner volcanic limestone baths