ORF ARENA 279933 ENTWURFSKONZEPT KONTEXT Roland Rainers ORF ist eine Stadtinsel und ein introvertiertes Netzwerk. Das Bauwerk bildet eine eigene Umwelt, die sich nicht feinmaßstäblich, sondern großmaßstäblich mit der Stadt verbindet. Dieses Prinzip ist fort zu entwickeln, indem ein weiteres Teil in das Netzwerk eingefügt wird, das im Maßstab der Großstadt steht, zugleich aber durch eine landschaftliche Einbindung eine respektvolle Vermittlung zur unmittelbaren kleinmaßstäblichen Nachbarschaft schafft. Die ORF ARENA komplementiert Roland Rainers introvertiertes Netzwerk in Form einer extrovertierten, transparenten Architektur. Die nach außen geöffnete Arena ist Ausdruck des sendenden und empfangenden Medienhauses, sichtbar von weitem und in die Ferne schauend. Eine Verbindungsgalerie im ersten Obergeschoss verknüpft den Neubau direkt mit dem Bestand. Der neue Eingangsbereich an der Elisabethallee bildet eine bestandsanaloge, offen gestaltete Vorfahrt, die zum neuen Eingang zwischen Objekt 4 und der ORF ARENA führt. Hier befinden sich die Rezeption für Gäste wie auch der Mitarbeitereingang im Erdgeschoss. Rolltreppen führen von dort ins Galeriegeschoss, das alle Bereiche im OG 1 direkt erschließt. Analog dazu sollte in der Achse von Objekt 4 eine direkte Erschließung der Galerie mit Rolltreppen vom bestehenden Eingangsbereich aus geschaffen werden. ORF-IDENTITÄT Die ORF ARENA verkörpert Idee und Funktion des Medienstandorts, indem sie nach Innen und nach Außen kommuniziert. Der zentrale multimediale Newsroom im OG1 ist unmittelbar in die Architektur übersetzt als Spielfeld, das sich konzentrisch ausweitet in die darum liegenden multimedialen Fachressorts, Redaktionen und Studios. In einer einfachen und transparenten Hülle entfalten sich die Nutzungsebenen um die Arena und geben jedem Medium und jedem Sender einen eigenen, diversen Ort innerhalb des Hauses. Nach oben verjüngen sich die konzentrischen Kreise und lassen die offene Arena zum Zeichen in der Fassade werden. Das Netzwerk-Konzept Rainers wird zur Idee einer medialen Architektur weiterentwickelt. Die ikonische Qualität der Arena bildet sich in der transparenten Fassade als Display der ORF-Identität ab. Der einfache Gebäudekörper nimmt sich zurück, die Aktivität im Haus wird zum weithin sichtbaren Zeichen. WALD Ein Kiefernwald (Pinus Sylvestris) umgibt die ORF ARENA und verbindet den bewaldeten westlichen Grundstücksrand mit dem östlich angrenzenden Friedhof. Die Kiefern werden wie beim Forst in einem 5x5 Meter Raster gepflanzt, jedoch in verschiedenen Baumgrößen: erwachsene Bäume (ca. 12m), mittelgroße (ca. 8m) und junge (ca. 3-4m) Bäume sowie Sämlinge machen das Wachstum erfahrbar und führen eine Zeitdimension ein. Das Motiv der Kiefer setzt sich auf dem Dachgarten fort, der den Neubau als windgeschützter Freiraum für die Mitarbeiter abschließt, und es wird vorgeschlagen, die Vorfahrt am Rainer-Haupteingang auch mit Kieferpflanzungen zu ergänzen. Jedem Standort wird eine eigene Atmosphäre verliehen: ein Hain zwischen den Gebäuden an der bestehenden Süd-Vorfahrt; ein Landschaftsstück mit unregelmäßiger Pflanzung auf dem Dach; eine Lichtung an der neuen Nord-Vorfahrt. Die variierende Höhe und Größe der Bäume, die orangene Farbe ihrer Stämme sowie die skulpturalen Formen der einzelnen Bäume, die eigenartige Charaktere vermitteln, stehen im Kontrast mit der Regelmäßigkeit des Pflanzrasters wie der Arena. Sie vermitteln zwischen der Stadtinsel und ihrer kleinmaßstäblichen Umgebung und fügen die fragmentarischen Bewaldungen der Nachbarschaft zu einer Außenanlage zusammen. NUTZUNGSKONZEPT ANKUNFT Objekt 10 wird rückgebaut zugunsten einer repräsentativen Eingangssituation mit Vorplatz und Vorfahrt. Eine neue Wandelhalle wirkt als Schwellenraum zwischen ORF und Park und stellt eine Verbindung zwischen Bestandsbau, Neubau und der Erweiterung der Montagehalle her. 1/3 ORF ARENA 279933 STRUKTUR NEUBAU Das Gebäude erstreckt sich über neun halbkreisförmige Obergeschosse, denen im rückwärtigen Bereich zu den Gebäudeecken hin halbgeschossig versetzte Geschosse angegliedert sind. Diese Split-Level-Konstruktion wird durch einläufige offene Freitreppen zu einem Raumplan mit vielfältigen Blickbeziehungen zwischen den einzelnen Abteilungen. Spiraltreppen schaffen zusätzliche Shortcuts. Jede Abteilung erhält eine eigene Geschossebene und somit eine eigene räumliche Identität. NUTZUNGSVERTEILUNG Der Multimediale Newsroom (MMNR) liegt auf der Haupterschließungsebene (OG1=+98,11m) und bildet das Herzstück des Neubaus in direkter Nähe zu den Studios ORF Eins und ORF 2. Diese werden in das Bestandsgebäude (Objekt 8) integriert, wo sie von einer lichten Raumhöhe von 6m und Oberlicht profitieren und direkt von der Montagehalle aus erschlossen werden. Weitere Studiobereiche mit Selbstfahrerkabinen, den Ö3-Nachrichten und den RegionalradioNachrichten grenzen direkt an den MMNR. Oberhalb des MMNR liegen die Fachressorts, Fernsehschnittplätze sowie die ORF Online und Teletext GmbH emporenartig auf den Ebenen OG2 + OG3. Die Radiosender, die multimedialen Fachressorts, der Kultur und Informationssender ORF III verteilen sich auf die Geschosse 4 - 11. Das Besucherzentrum liegt auf halber Gebäudehöhe auf der zur Arena vollständig verglasten Ebene 7. ZONIERUNG UND FLEXIBILITÄT Die Ebenen teilen sich zwiebelartig in drei Raumschichten: - innerer Ring: kommunikative Bereiche (Coffee Points, Meeting, Think Tanks) zum Newsroom; - mittiger Ring: als Großraumbüro mit flexiblen Workbenches oder mit Studio- bzw. Produktionsräumen; - äußerer Ring: als teilweise halb versetzte Geschosse für unabhängige Büroeinheiten und Einzelarbeitsplätze sowie optionale Fremdvermietungen entlang der Fassade. Im Bereich der Geschosse 4 bis 10 ist zunächst jeweils nur der mittige oder äußere Ring belegt. Dadurch besteht eine Flächenreserve von bis zu 5.000 m2, die sukzessive nach Erfordernis als Wachstum nach innen realisiert werden kann. ERWEITERUNG MONTAGEHALLE Die Erweiterung der Montagehalle ermöglicht direkte und kurze Wege für die funktionalen Abläufe. Anlieferung und ÜWagen-Garagen werden im EG vom Garagenhof aus erschlossen. Direkt angrenzend an die Garagen befinden sich die Werkstätten der Mobilen Produktion. Die Werkstätten für die Ausstattung und die Büros der Mobilen Produktion grenzen im 1. OG direkt an die Montagehalle. Die Lagerflächen im UG werden über den Lastenlift direkt von der Anlieferung aus bedient. OBJEKT 4 Mit Ausnahme der denkmalgeschützten Fassaden und Treppenanlagen wird das Objekt 4 rückgebaut. Damit ist es gleichermaßen als Großraumbüro nutzbar und offen für flexible Unterteilung in Zellenbüros. Das Landesstudio Wien bekommt hier eine eigene Adresse im EG und 1. OG. Der Multimediale Sport wird nahe des bestehenden Studios 7 im 2. OG situiert. SONSTIGE NUTZUNGEN Die Ersatzstellflächen für PKWs des rückgebauten Objekt 10 sowie die Fahrradstellplätze und Umkleiden befinden sich im Untergeschoss. Im EG des Neubaus sind die Serverräume und Technikflächen untergebracht mit direktem Anschluss an die Kollektorgänge bzw. die Haupttrassen im Untergeschoss. BAUKONSTRUKTIVES GESTALTUNGSKONZEPT KONSTRUKTION Das Haupttragwerk des Gebäudes wird aus dem zentralen Kern sowie den Fassadenpfeilern gebildet und in Stahlbeton ausgeführt. Damit ist es möglich, die Grundrisse weitestgehend stützenfrei zu halten. Die Fassadenstützen können als Fertigteile hergestellt werden, wodurch eine hohe Genauigkeit erreicht wird und die Querschnitte entsprechend schlank ausfallen können. Als Decken werden Flachdecken eingesetzt. Die Brüstung zum Atrium wird als Randträger angesetzt, um die Durchbiegungen am Deckenrand zu kontrollieren. Die Stahlbetonkonstruktion kann zur Raumklimatisierung über Betonkernaktivierung herangezogen werden. 2/3 ORF ARENA 279933 BRANDSCHUTZ Das Gebäude ist ein Hochhaus mit einem Fluchtniveau über 32 m, aber unter 90 m. Es wird über drei Sicherheitstreppenhäuser der Stufe 2 erschlossen. Im Bereich der Aufzugsgruppe sind zwei Feuerwehraufzüge vorgesehen, die in unmittelbarer Nähe zu einem Sicherheitstreppenhaus liegen. Die Anordnung der Sicherheitstreppenhäuser bietet von allen Punkten aus zwei bauliche Rettungswege und erlaubt die weitestgehend flexible Nutzung der Geschosse; die maximal zulässige Rettungsweglänge wird in weiten Teilen deutlich unterschritten. Das Erdgeschoss und die Tiefgarage werden separat entfluchtet. Das Gebäude ist mit einer flächendeckenden Brandmeldeanlage und Sprinkleranlagen ausgestattet. Innerhalb der Geschosse sind keine Brandabschnitte geplant, um die Flexibilität der Nutzung zu unterstützen. Die Brandabschnittsbildung zu den angrenzenden Lufträumen und den Galeriegeschossen wird über eine verdichtete Sprinklerung und Brandschutzvorhänge ähnlich wie in Verkaufsstätten ausgebildet. Die Geschossdecken ebenso wie die Umschließungswände der Treppenhaus- und Aufzugskerne sowie das Tragwerk erfüllen die Anforderung REI 90. ENERGETISCHES KONZEPT NACHHALTIGKEIT UND ENERGIEEFFIZIENZ Das technische Konzept ermöglicht den CO2-neutralen Betrieb des Gebäudes und setzt auf die Maximierung passiver Strategien und die Minimierung des Einsatzes mechanischer Systeme zur Optimierung des Energiebedarfs, der Wirtschaftlichkeit im Betrieb und des Komforts für die Nutzer. Neben der Nutzung von Erdwärme ist die Photovoltaikanlage auf dem Sheddach der Montagehalle eine wichtige Quelle für die Erzeugung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energiequellen. Der erzeugte Solarstrom kann direkt für das Gebäude genutzt werden und ersetzt Strom aus herkömmlicher Erzeugung mit hohen CO2-Emissionen. Abwasser (Grauwasser) und Regenwasser wird gesammelt, gefiltert und für die WC-Spülung verwendet. Hierdurch können 90% Frischwasser gespart und durch Grauwasser ersetzt werden. THERMISCHER KOMFORT Die Nutzung passiver Energie in Form von solaren Gewinnen zum Heizen und Nachtauskühlung in Verbindung mit der Speicherfähigkeit der Deckenplatten bildet die Grundlage für einen Ressourcen schonenden Betrieb. Zum Abfangen von Lastspitzen wird das Gebäude mit Wärme und Kälte über grundwassergekoppelte Wärmepumpen durch freie Kühlung ohne Einsatz von Kompressionskälte versorgt. Das Erdreich dient dabei nicht nur als Energiequelle, sondern auch als thermischer Puffer über den Jahresverlauf. LUFTQUALITÄT Alle Fassaden bieten durch die Ausbildung eines windgeschützten Zwischenraums die Möglichkeit zur natürlichen Lüftung. Zusätzlich wird Frischluft für das gesamt Gebäude über zentrale raumlufttechnische Anlagen vorgehalten. Diese gelangt durch den Doppelboden als Quelluft zu den Arbeitsplätzen. Fan Coil Units sorgen im Umluftbetrieb für stabiles Raumklima entlang der Fassaden an besonders heißen und kalten Tagen. Der kontrollierte Zuluftstrom sowohl aus der Fassade als auch aus dem Boden sorgt für niedrige Luftbewegungen und verhindert effektiv Zuglufterscheinungen an allen Arbeitsplätzen auf den Etagen und im Newsroom. GEBÄUDEAUTOMATION Die selbständige Reaktion des Gebäudes auf seine Nutzer ist ein wichtiger Baustein im Energiekonzept. Durch Tageslichtsensoren, Bewegungsmelder und dimmbare Beleuchtungssysteme ist es möglich, die Beleuchtungsintensität dem tatsächlichen Bedarf anzupassen und so den Energieverbrauch für Beleuchtungszwecke zu minimieren. CO2Sensoren erlauben die bedarfsgerechte Dosierung der Frischluft. Wichtig bleibt bei alledem, dass die Nutzer durch Öffnen der Fenster, Einstellen des Blendschutzes oder Regeln des Thermostats Ihre Behaglichkeit selbst gestalten können. QUALITÄT DER GEBÄUDEHÜLLE Bei der Minimierung des Energiebedarfs eines Gebäudes spielen das A/V-Verhältnis und die Gebäudehülle eine zentrale Rolle. Mit einem A/V-Wert von 0,13 ist das Gebäude extrem kompakt. Die Fassade ist vollständig verglast, um das Tageslicht tief in das Innere gelangen zu lassen. Sie ist zweischichtig als Doppelfassade konstruiert. Der Zwischenraum nimmt den fahrbaren Sonnenschutz auf und verhindert die Überhitzung des Innenraums an heißen Tagen. Gleichzeitig ist er windgeschützt und erlaubt das Öffnen der Innenfenster in allen Geschossen. 3/3