6.4 Bakteriophagen Aber nicht nur die Stabilität von mRNA, sondern auch die Stabilität von Proteinen steht im Dienste der Regulation genetischer Aktivität. Als Beispiel verweisen wir auf den Abbau des σ32-Proteins bei der Regulation von Hitzeschock-Genen (▶ Abb. 6.19). Andere Beispiele lernen wir kennen, wenn auf den folgenden Seiten die Regulation der Gene des Bakteriophagen Lambda zur Sprache kommt. Methode 6.1 6.4 Exkurs: Bakteriophagen Wie die Viren, die Tier- oder Pflanzenzellen infizieren, bestehen Bakteriophagen, die Bakterien infizieren, aus zwei Komponenten, aus einem Nucleinsäuremolekül und einer Hülle aus zahlreichen Proteinbausteinen. Man kennt viele verschiedene Bakteriophagen, die E. coli-Zellen infizieren. Eine erste Einteilung orientiert sich nach der Art der Nucleinsäure: ● DNA-haltige Bakteriophagen wie T 2, T 4, T 7, Lambda (λ), M13 oder fd. ● RNA-haltige Bakteriophagen wie f2, MS 2, R17 und Qβ. Definition L ● Bakteriophagen – oder kurz: Phagen – sind Viren, die Bakterien infizieren. 6 Grundsätzlich können Bakteriophagen mit dem Elektronenmikroskop sichtbar gemacht und gezählt werden. Das wäre aber für Routinemessungen viel zu umständlich und praktisch nicht durchführbar. Stattdessen benutzt man das einfache Plattierungsverfahren (Methode 6.1) (S. 127). d ● Der Plaque-Assay Eine Agarplatte wird mit einer großen Menge Bakterien (108) besät, sodass die zahlreich entstehenden Kolonien vollständig die Oberfläche bedecken. Gibt man zusammen mit den Bakterien einige wenige (1–200) Phagen auf die Agarplatte, dann bildet sich dort, wo ein intaktes Phagenpartikel hingelangt ist, ein Plaque (Loch) im Bakterienrasen (▶ Abb. 6.34). Der ursprüngliche Phage infiziert eine günstig gelegene Bakterienzelle; diese Zelle lysiert nach einer gewissen Zeit, gibt 100–200 Phagennachkommen frei, die ihrerseits benachbart gelegene neue Zellen angreifen usw. Schließlich sind so viele Bakterienzellen lysiert, dass ein deutlich sichtbares Loch im sonst trüben Bakterienrasen erscheint. Die Größe und Art (trübe, klar oder gesprenkelt) des Plaques sind oft typisch für eine Phagenart. Manche Phagenmutanten haben eine vom Wildtyp verschiedene Plaquemorphologie. Abb. 6.34 Plaques, entstanden durch die Infektion von E. coli mit dem Bakteriophagen T 7. Etwa 20 infektiöse Partikel des Bakteriophagen T 7 wurden mit etwa 100 Millionen Zellen des Bakterienstammes E. coli-B auf der Oberfläche einer Agarplatte verteilt. Nach 10–12-stündiger Bebrütung sieht man Plaques im trüben Bakterienrasen. Jeder Plaque ist durch ein einziges infektiöses Phagenpartikel entstanden. 127 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● die Synthese der mRNA zum Halt bringen. Auch kann von entsprechend gefalteten 5′-Nicht-Codierungssequenzen und unter bestimmten Bedingungen eine ribozymartige Spaltung der eigenen mRNA ausgehen. In einigen Genen kann unter bestimmten Bedingungen auch der Gegenstrang transkribiert werden. Es entsteht eine Antisense-RNA, die sich mit der mRNA zu einem RNA-Doppelstrang zusammenlegt und dadurch die Einleitung der Translation verhindert. Solche RNA-Doppelstrang-Strukturen begünstigen den Abbau der mRNA. Überhaupt kann die Stabilität von mRNAs über eine Aktivierung oder Hemmung spezieller RNA-abbauender Enzyme (RNasen) reguliert werden. Nebenbei bemerkt, ist die (posttranskriptionelle) Regulation der Genaktivität über komplementäre (Antisense-)RNA und den darauffolgenden Abbau von mRNA ein Mechanismus, der bei Eukaryoten eine große Bedeutung hat und ein erhebliches Interesse unter Molekular- und Zellbiologen findet (s. Kap. 18). Genetik von E. coli 6 Temperente Phagen können alternative Infektionswege einschlagen (▶ Abb. 6.36): ● Vermehrung innerhalb der Wirtszelle und Zerstörung der Zelle durch Lyse (lytischer Zyklus) ● Einbau der Phagen-DNA in das Genom der Wirtszelle (lysogener Zyklus) Wird die Phagen-DNA in das Bakterien-Chromosom eingebaut, wird sie von Bakterien-Generation zu BakterienGeneration weitergegeben wie ein authentisches Stück des bakteriellen Genoms (Temperenz). Aber die eingebaute Phagen-DNA bleibt eine Gefahr für die Wirtszelle, denn ultraviolette Strahlen, bestimmte Arten von Chemikalien und andere Einflüsse induzieren den Übergang in den lytischen Zyklus und somit ihre Freisetzung. Darauf folgen die Expression der Phagen-Gene, die Replikation der Phagen-DNA, der Zusammenbau von Phagennachkommen und schließlich die Lyse der Wirtszelle. Aus diesem Grund bezeichnet man die eingebaute LambdaDNA auch als Prophage. Bakterien mit (induzierbaren) Prophagen heißen lysogene Bakterien. Merke H ● Beim lytischen Zyklus vermehrt sich der Phage unmittelbar nach der Infektion in der infizierten Wirtszelle und die Phagennachkommen werden durch Lyse der Wirtszelle freigesetzt. Beim lysogenen Zyklus wird die Phagen-DNA in das Genom der infizierten Zelle eingebaut (Prophage) und so an die nächsten Bakteriengenerationen weitergegeben. Durch äußere Einflüsse kann der lysogene Zyklus in den lytischen übergehen. Noch einige Worte zu den anderen Phagenarten, die in der ▶ Abb. 6.36 gezeigt sind. Basisplatte mit Spikes DNA (doppelsträngig) 168 903 bp DNA (doppelsträngig) 48 502 bp DNA (einzelsträngig) ringförmig 6407 Nucleotide RNA (linear) 3569 Nucleotide Abb. 6.35 Einige E. coli-Phagen. Die Zeichnungen vermitteln einen Eindruck von der Vielfalt der Formen. Sie sind nicht maßstabsgerecht. 128 ▶ M13. Die lang gestreckten – oder, wie man sagt, filamentösen (fadenförmigen) – Phagen wie M13 oder fd enthalten ringförmige und – als bemerkenswerte Ausnahme – einzelsträngige DNA als genetisches Material. Der Phage M13 wurde zu einem besonders wichtigen Hilfsmittel der Gentechnik entwickelt. Aus diesem Grund erfahren wir mehr über M13 im Kap. 26.3. ▶ MS 2. Der Phage MS 2 ist ein Beispiel einer längeren Reihe von Phagen, die RNA als genetisches Material besitzen. Die genomische RNA mit ihren 3 569 Nucleotiden codiert vier Proteine: das Haupthüllprotein, von denen 180 Exemplare die icosahedrale Virushülle bilden, ein zweites Hüllprotein, das für die Bindung an die Zelloberfläche verantwortlich ist und vermutlich eine Funktion beim Viruszusammenbau hat, eine RNA-abhängige RNA-Polymerase zur Replikation des Virusgenoms und ein Protein für die Lyse der Wirtszelle. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Experimente mit Bakteriophagen, insbesondere mit den beiden sehr nahe verwandten Phagen T 2 und T 4 (T steht für Typ), haben in den Jahren zwischen 1945 und 1965 sehr entscheidend zur Entwicklung der modernen Genetik beigetragen. Bis heute bleiben sie ein faszinierendes Objekt molekularbiologischer Forschung, das wir aber in diesem Buch nicht nachzeichnen können. Einige Bemerkungen müssen genügen. Die Phagen T 2 und T 4 sind kompliziert aufgebaut: Sie bestehen aus einem Kopfteil, der die Form eines Icosahedrons (20 gleiche Flächen) hat, und einem aus vielen verschiedenen Proteinen zusammengesetzten Schwanzteil mit Fasern (▶ Abb. 6.35). Der Kopf umschließt das Phagen-Genom, eine doppelsträngige DNA aus etwa 170 000 bp mit ungefähr 300 Genen. Bei der Infektion nehmen die Schwanzfasern ersten Kontakt mit der Bakterienoberfäche auf. Dadurch werden strukturelle Veränderungen im gesamten Schwanzteil induziert, der eine Röhre bildet, durch die die DNA aus dem Kopf in das Innere der Wirtszelle gelangt. Innerhalb von 20–30 min werden dort Phagen-Gene exprimiert, Phagen-DNA repliziert und schließlich neue Phagen aus den Strukturproteinen und der Phagen-DNA zusammengesetzt. Die Infektion endet mit der Auflösung der Zellwand (Lyse) und dem Freisetzen von bis zu 200 Nachkommen. Phagen, deren Infektionsweg immer mit der Lyse der Wirtszelle endet, bezeichnet man als virulente Phagen. Der Unterschied zu virulenten Phagen sind temperente Phagen, zu denen der Bakteriophage Lambda gehört. Über Lambda wird ausführlich auf den folgenden Seiten berichtet. Deswegen folgt hier nur ein Abriss des Infektionswegs als Illustration des Unterschieds zur lytischen Infektion von T 2 und T 4. lytischer Weg lysogener Weg Abb. 6.36 Infektionsablauf bei temperenten Phagen. Weitere Erläuterungen s. Text. Nach dem Eindringen in die Wirtszelle dient die Phagen-RNA direkt als mRNA. Wenn dann genügend viel virale RNA-Polymerase gebildet wurde, beginnt der eigentliche Vermehrungsprozess mit der Bereitstellung immer größerer Mengen an RNA für die Translation und als Genome für Phagennachkommen. Übrigens verfolgt das Poliovirus in infizierten menschlichen Zellen eine im Prinzip ähnliche Vermehrungsstrategie (S. 401). Trotz aller drastischen molekularbiologischen Unterschiede haben filamentöse DNA-Phagen wie M13 und icosahedrale RNA-Phagen wie MS 2 eine Gemeinsamkeit: Sie infizieren ausschließlich Bakterien mit F-Pili. Anders gesagt, nur F+- und Hfr-Bakterien sind Wirtszellen, weil sowohl M13 und andere filamentöse DNA-Phagen als auch MS 2 und andere verwandte RNA-Phagen ihre Anheftungsstellen auf Strukturelementen eines F-Pilus finden. 6.4.1 Ausblick Wie eingangs zu diesem Abschnitt gesagt, kann man die Bedeutung der Phagenforschung für die frühe Geschichte der molekularen Genetik nicht hoch genug einschätzen. Aber Phagenforschung ist für Molekularbiologen auch weiterhin interessant. Ein Beispiel für eine ungelöste Frage ist, wie die langen DNA-Fäden in den engen Raum der Phagenköpfe gelangen. Weiterhin lassen sich an Phagen gut die komplizierten Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Komponenten der genetischen Regulation untersuchen. Das ist für das Design genetischer Schaltkreise interessant, ein Gebiet der Biotechnologie und der synthetischen Biologie. Ein anderes aktuelles Forschungsgebiet betrifft die Evolution von Viren. Alle Viren und damit auch alle Bakteriophagen haben einen Lebenszweck, nämlich sich so schnell und so oft zu vermehren wie möglich. Aber warum haben sie dann so unterschiedliche Genome – einige nur mit einem halben Dutzend Genen ausgestattet, andere mit Hunderten von Genen? Entstammen sie unterschiedlichen Evolutionswegen? Überhaupt – wie sind Phagen entstanden? Schließlich das weite Feld der Ökologie. Erst seit einigen Jahren ist deutlich geworden, wie weit Phagen verbreitet sind. Die Weltmeere wimmeln nur so von Phagen. Je nach Geografie und Jahreszeit können 103 bis über 106 Phagen in einem Milliliter Meerwasser vorkommen. Womit Phagen die häufigste Form irdischen Lebens sind. Phagen im Meer haben übrigens nichts mit Umweltverschmutzung und dergleichen zu tun, sondern sind eine natürliche Konsequenz aus dem Aufbau des Mikroplanktons, zu dem auch Bakterien und Archaeen gehören. Aber was machen die vielen Phagen im Meer, haben sie eine ökologische Funktion und, wenn ja, welche? 6 6.5 Der Bakteriophage Lambda und seine Gene Seit Anfang der 1950er-Jahre erforschen Mikrobiologen und Genetiker den Bakteriophagen Lambda (▶ Abb. 6.37). So hat sich viel Wissen angesammelt. Das ist der Grund, warum Lambda als handliches experimentelles System für Untersuchungen grundsätzlicher Fragen zu Genexpression, Replikation und Rekombination eingesetzt wird, warum Lambda schon früh als wichtiges Werkzeug in der Gentechnik gedient hat und immer noch dient und warum heute Elemente des Lambda-Genoms für Schaltkreise in der synthetischen Biologie verwendet werden. Aber darüber hinaus bleibt Lambda auch ein eigener Gegenstand molekularbiologischer Arbeiten, denn trotz der langen Forschungsgeschichte sind mehrere Phagen-Gene noch wenig oder gar nicht charakterisiert. In diesem Abschnitt geht es um einige grundlegende Mechanismen der genetischen Regulation der LambdaGene. Die Infektion beginnt mit der Anheftung des Phagen an ein spezifisches Protein (Rezeptor) auf der Oberfläche und dem Eindringen der DNA in die Bakterienzelle. Die bakterielle RNA-Polymerase liest dann die genetische Information einiger Gene des Phagengenoms ab. Daraufhin wird einer der beiden Entwicklungswege eingeschlagen: entweder die lytische Vermehrung oder der lysogene Zy- 129 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 6.5 Bakteriophage Lambda Genetik von E. coli Lambda-DNA nach Extraktion aus Phagenpartikeln lockerer Ringschluss durch Wasserstoffbrücken zwischen den komplementären Basen der Einzelstrangenden kovalente Bindung zwischen den Nucleotiden am 3'- und am 5'-Ende eines der Stränge durch das Enzym Polynucleotid-Ligase Abb. 6.37 Der Bakteriophage Lambda. a Elektronenmikroskopisches Bild (Kopfdurchmesser: 50– 60 nm). (Aufnahme: U. Ramsperger, Konstanz) b Interpretationsskizze: Kopf, Schwanz und Schwanzfaser sind bezeichnet. 6 klus (▶ Abb. 6.36). Der größte Teil des folgenden Textes betrifft die Frage nach den genetischen Grundlagen für die Entscheidung zwischen Lyse und Lysogenie. Dies ist eine komplexe Angelegenheit, die hier nur in Umrissen skizziert werden kann. Eine ausgezeichnete Einführung in die Biologie des Phagen Lambda bietet das klassische Buch von Mark Ptashne „A Genetic Switch“ (2004) [7]. 6.5.1 Das Lambda-Genom Die DNA im Phagenpartikel ist linear und doppelsträngig mit überstehenden, kurzen, einzelsträngigen Enden aus je 12 Nucleotiden. Die Einzelstrangenden sind komplementär: Sie können sich über Wasserstoffbrücken aneinander binden und die lineare DNA zu einem Ring schließen. Bald nach der Infektion werden die Enden durch ein Enzym namens Ligase (S. 172) kovalent verknüpft. Der entstandene DNA-Ring wird mithilfe des Enzyms Gyrase (S. 185) verdrillt (▶ Abb. 6.38). So ist das genetisch aktive Lambda-Genom ringförmig geschlossen und die Lambda-Genkarte wird als Kreis abgebildet (▶ Abb. 6.39). Die Enden der ursprünglich linearen DNA befinden sich an der mit m/m’ bezeichneten Stelle – man spricht auch von der cos-Stelle als Abkürzung für cohesive, also kohäsiv oder klebrig, weil hier die beiden komplementären Einzelstrangenden aneinanderbinden. Durch die Pionierarbeiten von Fred Sanger und Mitarbeitern ist die vollständige Sequenz der ringförmigen Lambda-DNA schon seit 1982 bekannt. Sie besteht aus 48 502 bp mit 73 offenen Leserastern und zahlreichen 130 Abb. 6.38 Bildung von Lambda-DNA-Ringen. Kontrollregionen wie Promotoren und Operatoren dazwischen. Zunächst ein Überblick über die wichtigsten proteincodierenden Gene. Proteincodierende Gene Die Gene wurden ursprünglich über Mutanten identifiziert, von denen man zunächst nicht mehr wusste, als dass sie sich unter den üblichen Bedingungen des PlaqueTests auf Wildtyp-Bakterien nicht vermehren können. Diese Gene wurden einfach durch Großbuchstaben gekennzeichnet: A, B, C, … N, O, P usw. Obwohl man inzwischen die Funktion der Gene kennt, nutzt man weiterhin die ursprüngliche Bezeichnung. Man spricht also vom Gen-A-Protein, Gen-B-Protein, Gen-N-Protein oder kurz: vom A-Protein, B-Protein, N-Protein usw. Andere Gene erhielten ihre Bezeichnung von der Besonderheit des Phänotyps. Die wichtigen Gene cI, cII und cIII wurden über Mutanten identifiziert, die statt der normalen trüben Plaques unter den üblichen Bedingungen klare (clear) Plaques bilden. Die Produkte der drei Gene cI, cII und cIII haben Funktionen bei der Regulation der Lyse-Lysogenie-Entscheidung. Ihr Fehlen treibt die Entwicklung in Richtung Lyse. Deswegen sind die Plaques klar, weil jeder begonnene Infektionsprozess mit einer Lyse endet. Auch das Protein, das vom Gen cro codiert wird (cro, control of repressor and other genes) (S. 65), greift in die Lyse-Lysogenie-Entscheidung ein. Die red-Gene haben ihre Bezeichnungen von dem beobachteten Phänotyp: reduction of recombination. Über diese Gene wird hier nichts Weiteres gesagt, denn Re- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ringförmige DNA als Superhelix 6.5 Bakteriophage Lambda Replikation PL N att cI cIII gam red Rekombination PI PM späte Regulation PE cII OP cro Regulation Lyse Q PR Abb. 6.39 Eine Genkarte des Phagen Lambda. Erläuterungen s. Text. S R PR' m' (cos) m A xis int B C D Phagenkopf E J K L MH T G V U Z 6 Phagenschwanz kombination ist ein Thema, das ausführlich und zusammenhängend im Kap. 10 zur Sprache kommt. Die Produkte der Gene int und xis sind für die Integration und für die Exzision (das Ausschneiden) der Lambda-DNA notwendig. In der Genkarte der ▶ Abb. 6.39 ist die b-Region als „stumm“ eingetragen. Das deutet an, dass sich in diesem Bereich Gene befinden, die für die Vermehrung des Lambda-Phagen unter Laborbedingungen entbehrlich sind. Diese Tatsache wird in der Gentechnik ausgenutzt, denn die b-Region kann ohne Nachteile für den Infektionsprozess durch ein gleichlanges Stück artfremder DNA ersetzt werden. Die Gene der b-Region sowie anderer Teile des Lambda-Genoms werden hier nicht weiter erwähnt. Kontrollelemente Promotoren, die die Transkription nach links leiten, sind in ▶ Abb. 6.39 außerhalb des Doppelkreises angegeben. So erfolgt von den Promotoren PE und PM die Transkription des Gens cI. Von PL aus wird eine lange mRNA (mit etwa 7 500 Nucleotiden) bis zum Ende des int-Gens transkribiert. PI ist ein spezieller Promotor für das int-Gen. Von PR und PR′ verläuft die Transkription nach rechts, von PR maximal bis zum Gen Q, während von PR′ aus die Transkription der Gene für die Lyse und für die Strukturproteine von Phagenkopf und -schwanz erfolgt. Integration und Exzision An der Stelle att (attachment) wird die Lambda-DNA mit dem Genom der Wirtszelle verknüpft. Für die Integration ist das Lambda-Gen int notwendig. Die ▶ Abb. 6.40 informiert über den formellen Ablauf der Integration und die Anordnung des Prophagengenoms. Die Abbildung entspricht einem Vorschlag von Allan M. Campbell aus dem Jahr 1968. In dieser allgemeinen Form hat sein Modell den Test der Zeit gut überstanden. Im Campbell-Modell besteht die att-Stelle des Lambda-Genoms aus zwei Teilbereichen, P und P′, ebenso wie die entsprechende Stelle im Bakteriengenom aus zwei Teilen besteht, B und B′. Die bakterielle Integrationsstelle attBB′ liegt zwischen dem Galactose(gal)-Operon und dem Biotin(bio)-Operon. Im Verlauf der Integration werden die att-Stellen auf beiden Genomen geöffnet und die Enden der viralen P- und P′-Elemente mit den Enden der bakteriellen B′- und B-Elemente verbunden. Der Vorgang ist umkehrbar: Das Lambda-Genom kann wieder ausgeschnitten werden. Dafür sind die Produkte der Gene int und xis notwendig. Den Vorgang der Integration bezeichnet man gelegentlich auch als integrative und ortsspezifische Rekombination. Unter diesem Stichwort kommen wir im Kap. 10.3 auf die molekularen Vorgänge zu sprechen, während wir uns hier mit der einfachen Skizze der ▶ Abb. 6.40 begnügen. Übrigens ist „Ortsspezifität“ nicht unbedingt für die Integration erforderlich, denn wenn die natürliche attBB′-Stelle im Bakteriengenom durch Mutation verloren gegangen ist, kann die Lambda-DNA auch an anderen Stellen eingebaut werden, allerdings mit geringerer Effizienz. 131 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. stumme Region b Genetik von E. coli Frühe Transkription ● Bald nach Infektion und Ringschluss beginnt die Transkription der Lambda-DNA durch die RNA-Polymerase der Wirtszelle (▶ Abb. 6.40): ● Die Transkription vom Promotor PR aus endet meist an der Terminationsstelle tR1. Aber diese Termination ist nicht immer erfolgreich, sodass eine zweite, seltenere 6 mRNA gebildet wird, die vom Promotor PR bis zur Termination bei tR2 reicht. Etwa gleichzeitig erfolgt vom Promotor PL die Transkription nach „links“, die an der Stelle tL endet. Die Terminationen werden durch den Faktor Rho (S. 74) vermittelt. Der ▶ Abb. 6.41 kann man entnehmen, dass nach der frühen Transkription die Produkte der Gene cro, cII, O und P sowie das Gen-N-Protein vorliegen. Diese Genprodukte sind für den weiteren Verlauf der Infektion entscheidend. Das CI- und das Cro-Protein sind Repressoren, die Proteine O und P sind für die Einleitung der DNA-Replikation notwendig und das N-Protein wirkt als Antiterminator (Plus 6.7) (S. 136) und ermöglicht der RNA-Polymerase eine Fortsetzung der Transkription über die Terminationsstellen tR1, tR2 und tL hinaus. Über all diese Proteine gleich mehr. Entscheidung zwischen Lyse und Lysogenie Nach der frühen Transkription fällt die Entscheidung über den weiteren Infektionsweg: ● DNA-Replikation, Expression der Gene für Strukturproteine, Zusammenbau der Phagennachkommen und Lyse der Wirtszelle oder ● Integration der Lambda-DNA in das Genom der Bakterienzelle. Abb. 6.40 Schema der Integration (von unten nach oben) und Exzision (von oben nach unten) der Lambda-DNA. Im Mittelpunkt steht dabei das CII-Protein, ein Transkriptionsfaktor (▶ Abb. 6.42). Die Menge an CII-Protein in der infizierten Zelle wird auf komplizierte Weise durch zelluläre und virale Proteine reguliert: ● Bakterielle Proteasen zerstören das CII-Protein. Die am besten untersuchte Protease benötigt ATP für ihre Aktivität und hat die Bezeichnung HflB (high frequency of Nucleotidnr. Origin Abb. 6.41 Regulationsgene auf dem Lambda-Genom. Das Lambda-Genom besteht aus 48 502 bp. Die Nucleotidpaare werden von der m′/m-Stelle (▶ Abb. 6.39) aus im Uhrzeigersinn gezählt. Die Zahlen über der oberen Linie in dieser Abbildung geben die Basenpaarkoordinaten nach dieser Konvention an. Wir sehen also einen Abschnitt von etwa 12 000 bp, entsprechend ungefähr einem Viertel des gesamten Genoms. Einige Genorte sind innerhalb der Doppellinie notiert. Promotorbereiche sind hervorgehoben. Die ca. 3 600 bp zwischen dem Ende des P-Gens und dem Anfang des Q-Gens enthalten neun offene, von Start- und Stoppcodons eingerahmte Leseraster. Sie codieren also neun Proteine, die für die Lambda-Entwicklung in den üblichen E. coli-Wirtsstämmen entbehrlich sind und im Text nicht weiter erwähnt werden. Auch im Bereich zwischen dem N- und dem cIII-Gen befinden sich zwei Gene, die wir hier übergehen. Eine Kuriosität ist, dass das cro-Gen in beiden Richtungen transkribiert werden kann: von PR aus nach rechts und von PE nach links. Die PR-mRNA enthält das Transkript des Sinnstrangs. Beachte: Es gibt zwei Promotoren für das cI-Gen: zu Beginn des lysogenen Infektionswegs der Promotor PE (establishment of lysogeny); später der Promotor PM (maintenance of lysogeny). 132 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 6.5.2 Expression der Lambda-Gene 6.5 Bakteriophage Lambda ● Auch das Protein IHF (integration host factor) (S. 102) beteiligt sich an der Kontrolle der CII-Konzentration in der Zelle: Es erhöht die Syntheserate von CII. Zudem hat das Protein IHF noch eine weitere wichtige Funktion im Lysogenieweg: Es ist ein notwendiger Faktor bei der Integration der Lambda-DNA in das Wirtszellgenom. ●V Plus 6.6 Regulationen durch gezielten Abbau Wie im Text beschrieben, wird die Expression von CII hauptsächlich über die ATP-abhängige Protease HflB reguliert. Die Protease greift nicht nur das CII-Protein an, sondern auch das Lambda-Protein Xis. Xis bildet mit dem IntProtein ein funktionell zusammengehörendes Paar. Das IntProtein allein reicht für die Integration der Lambda-DNA aus, aber beide, Int und Xis, sind für die Exzision notwendig. Die Halbwertszeit beider Proteine ist deutlich verschieden: ca. 60 min für Int, aber nur 4–6 min für Xis. Wenn die abbauende Protease, HflB, nicht gesondert blockiert wird, bleiben nur genügende Mengen des Int-Proteins übrig, sodass eine Integration mit viel größerer Wahrscheinlichkeit erfolgt. Diese Situation liegt vor bei der Einleitung des lysogenen Infektionswegs. Wie wir sehen werden, ist eine Regulation durch Proteinabbau auch im späteren Verlauf der Lambda-Infektion bedeutsam: eine kurze Halbwertszeit für Die Funktionen der Phagen- und Wirtszellfaktoren werden von Umweltbedingungen beeinflusst. So wird die HflB-Protease beim Wachstum in einem nährstoffreichen Medium aktiviert. Deswegen ist der lytische Infektionsweg bevorzugt, wenn sich Bakterien gut vermehren. Umgekehrt wird in weniger gut wachsenden Bakterien eher der lysogene Weg eingeschlagen. Weiterhin ist bekannt, dass eine Bakterienzelle, die nur von einem einzigen Phagen infiziert ist, viel eher den lytischen Infektionsweg einschlägt, als eine Bakterienzelle, die zwei oder mehr infizierende Phagen erhalten hat. Dann kommt es eher zur Lysogenie, vielleicht weil dann mehr CII-Aktivator gebildet werden kann. das N-Protein bei der Genexpression und für das O-Protein bei der Replikation. Übrigens ist die HflB-Protease auch unter einem anderen Namen bekannt (und uns so schon in der ▶ Tab. 6.3 begegnet): FtsH (filamentation temperature sensitive). Wie die Bezeichnung sagt, wurde die Protease bei der Untersuchung einer Bakterienmutante entdeckt, die sich bei höherer Temperatur nicht mehr richtig teilen kann und deswegen langgestreckte, „filamentöse“ Formen annimmt. Tatsächlich ist das Enzym für die korrekte Struktur von Membranproteinen zuständig. Überdies wird es im Zuge einer Hitzeschock- oder Stressreaktion vermehrt gebildet und baut dann eine Gruppe von Bakterienproteinen ab. Die ATP-abhängige HflB/FtsH-Protease hat also eine zentral wichtige Funktion in der Bakterienzelle. Ihr Angriff auf das CII-Protein des Lambda-Phagen ist nur so etwas wie eine Nebenbeschäftigung. 6 PaQ. Gebundenes CII macht aus den an sich schwachen Promotoren bevorzugte Bindungsstellen für die RNA-Polymerase. So werden das Gen cI (bis zum Terminator ti) und das Gen int kräftig transkribiert (▶ Abb. 6.42). Darüber gleich mehr. Hier ein Wort zum dritten, CII-kontrollierten Promotor PaQ. Das dazugehörende Transkript ist eine RNA mit einer HflB Der CII-Aktivator Das aktive CII-Protein ist ein Tetramer aus vier gleichen Untereinheiten mit je 97 Aminosäuren. Jede Untereinheit besitzt die Helix-Turn-Helix-Domäne DNA-bindender Proteine (s. ▶ Abb. 6.30). Mithilfe der Erkennungshelix im Helix-Turn-Helix-Motiv bindet das CII-Protein spezifisch an DNA-Sequenzen mit direkten Wiederholungen: TTGC-N6-TTGC (wobei N6 eine beliebige Folge von sechs Nucleotiden ist). Diese Sequenz erscheint nur dreimal im Lambda-Genom, nämlich in den Promotoren PE, PI und Abb. 6.42 Regulation und Funktion des CII-Proteins. Die Menge an CII wird durch Bakterien- und Phagenproteine reguliert. CII ist ein Genaktivator und bindet an spezielle Promotoren (PE und PI) und leitet die Expression nachgeschalteter Gene ein. 133 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● lysogenization) (Plus 6.6) (S. 133). Es ist ein membrangebundenes Enzym aus sechs identischen Untereinheiten. Wie der Name andeutet, wurde das HflB-Protein bei der Analyse von Bakterienmutanten entdeckt, bei denen eine Lambda-Infektion häufiger als normal zur Lysogenie führt. Das Lambda-Protein CIII stabilisiert CII. Es ist ein kleines dimeres Protein aus gerade einmal 54 Aminosäuren. CIII bindet und hemmt die HflB-Protease. Genetik von E. coli a C-terminale Domäne (für Dimerisierung) 1 Der Lambda-Repressor Das Produkt des cI-Gens ist der Lambda-Repressor, ein Dimer aus zwei identischen Untereinheiten mit je 236 Aminosäuren. Jede Untereinheit besteht aus zwei Domänen: Die aminoterminale Domäne (Aminosäuren 1–92) kann sich zu α-Helices anordnen, von denen drei die typische Helix-Turn-Helix-Struktur DNA-bindender Proteine bilden (▶ Abb. 6.43). Die „Erkennungshelix“ legt sich in die große Rinne der DNA und bildet spezifische Wasserstoffbrücken zwischen ihren Aminosäureseitenketten und den funktionellen Gruppen der Basenpaare in der einen Hälfte des Operatorelements (Abb. 5.45). Die andere Hälfte des Operators wird durch die Erkennungshelix des Dimerpartners besetzt. Die carboxyterminale Domäne (Aminosäuren 132– 236) dient der Wechselwirkung zwischen den Dimerpartnern und mit benachbart gebundenen Repressormolekülen. Der Repressor bindet mit hoher Affinität an drei Bindungsstellen, Operatoren, im Bereich der Promotoren PR und PL (▶ Abb. 6.44). Ein Operatorelement überlappt mit der –35-Region und ein anderes mit der –10-Region eines Promotors und blockiert damit sehr effizient die Eintrittsstelle für die RNA-Polymerase. Damit wird der größte Teil des Lambda-Genoms stillgelegt. Aber auch die Transkription des cI-Gens vom Promotor PE aus ist nicht mehr möglich, weil der Repressor im Weg der RNA-Polymerase liegt. Der ständige Nachschub an Repressor wird in dieser Situation durch Transkription vom Promotor PM aus gewährleistet. Die Lage dieses Promotors, relativ zu den Operatorelementen, kann der Übersichtsskizze (▶ Abb. 6.44) oder genauer der Nucleotidsequenz (▶ Abb. 6.45) entnommen werden. Beachte also, dass es zwei Promotoren für das cI-Gen gibt: zu Beginn des lysogenen Infektionswegs der Pro- 6 4 5 N-terminale Domäne (mit Helix-Turn-Helix-Motiv für die DNA-Bindung) b N-terminale Domäne Dimer N-terminale Domäne Abb. 6.43 Der Lambda-Repressor. (nach Lewis M (2011): A tale of two repressors. J Mol Biol 409: 14–27) a Schema der Domänenstruktur mit α-helikalen Abschnitten in der N-terminalen Domäne. b Das Helix-Turn-Helix-Motiv für die DNA-Bindung. Eine α-Helix liegt in der großen Rinne der DNA, eine zweite quer dazu. motor PE (establishment of lysogeny); später der Promotor PM (maintenance of lysogeny) (▶ Abb. 6.41). Die sechs Repressorbindungsstellen im Lambda-Genom haben ähnliche, aber nicht identische palindromische Sequenzen. Sie binden den Repressor nicht mit der gleichen Affinität, sondern in einer Reihenfolge abnehmender Affinität, wie in der ▶ Abb. 6.45 angegeben. Demnach sind die Elemente OL1 und OR1 starke Operato- ca. 80 bp Abb. 6.44 Schematische Darstellung der Regulationsorte für die links- und rechtsgerichtete Transkription. Jeder Regulationsort hat drei Repressorbindungsstellen: die Operatoren OR1, OR2, OR3 bzw. OL1, OL2, OL3. Jedes dieser Elemente ist 17 Nucleotidpaare lang. Die Zwischenräume sind AT-reiche Abschnitte mit einer Länge von 2–7 Nucleotidpaaren. Die Promotoren mit ihren orangefarben gezeichneten –10- und –35-Regionen liegen im Bereich der Repressorbindungsstellen. Von PR aus erfolgt die Transkription des cro-Gens, von PM aus die des cI-Gens. Die PR-Transkription wird durch Repressoren an OR1 und OR2, die PM-Transkription durch Repressoren an OR3 blockiert. 134 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Länge von 60 Nucleotiden, komplementär zu einem Abschnitt der Gen-Q-mRNA. Es ist also eine sogenannte Antisense-RNA, die mit Abschnitten der passenden mRNA Basenpaarungen eingeht. Dadurch wird die Ribosomenbindungsstelle blockiert und schließlich der Abbau der mRNA eingeleitet – ein Beispiel für genetische Regulation über die Stabilität von mRNA. 6.5 Bakteriophage Lambda 6 Abb. 6.45 Die Struktur der Promotoren PR und PM und die Bindungsstellen des Lambda-Repressors. ren, an die der Lambda-Repressor bevorzugt bindet, mit der Konsequenz, dass OL1 und OR1 schon bei niedrigen Repressorkonzentrationen besetzt sind. Ein gebundener Repressor erleichtert dann die Bindung weiterer Repressormoleküle an die Stellen OL2 und OR2 (kooperative Bindung). Durch die Besetzung der Operatorelemente OR1 und OR2 ist der Promotor PR dicht verschlossen, nicht dagegen der Promotor PM. Tatsächlich erhöht der am OR2-gebundene Repressor sogar die Affinität der RNA-Polymerase zum Promotor PM. So dient der Repressor als Aktivator seines eigenen Gens. Dazu ist ein direkter Kontakt zwischen dem gebundenen Repressor und der RNA-Polymerase notwendig. Der Kontakt erfolgt in dem Zwei-Basenpaar-Bereich zwischen dem OR2-Element und der –35Region des Promotors PM (▶ Abb. 6.45). Der Promotor PM ist normalerweise ein schwacher Promotor, der sowohl in der –35-Region als auch in der –10-Region von der Sequenz des Standardpromotors abweicht. Aber ähnlich wie wir es zuvor beim CRP-Protein am lac-Promotor gesehen hatten (Plus 4.2) (S. 65), wird ein schwacher Promotor durch ein gebundenes Protein zu einem starken Promotor (was bedeutet, dass die RNA-Polymerase mit hoher Affinität an den Promotor bindet). Das Besondere des PM-Promotors ist die Autoregulation. Wenn relativ wenige Repressormoleküle vorhanden sind, bleibt OR3 frei und der an OR2-gebundene Repressor kann seine Aufgabe als Aktivator der cI-Gen-Transkription erfüllen. Aber wenn die Repressorkonzentration einen Schwellenwert überschreitet, bindet er auch an OR3, verschließt damit den Promotor PM und verhindert eine überschüssige Transkription des cI-Gens. Eine lysogene Bakterienzelle enthält bis zu 100 Moleküle des Lambda-Repressors, mehr als für die Blockade der Promotoren PR und PL notwendig sind. Eine lysogene Zelle ist gegen eine Infektion mit Lambda-Phagen immun, denn die überschüssigen Repressormoleküle binden an die Kontrollelemente der infizierenden Phagen-DNA und verhindern die Expression ihrer Gene. Über die Immunität lassen sich temperente Phagen klassifizieren: Lambdoide (lambdaähnliche) Phagen mit regulatorischen Elementen, die denen des Lambda-Phagen entsprechen, können sich nicht vermehren, im Gegensatz zu Phagen, die nicht mit Lambda verwandt sind. Transkription des int-Gens Das Produkt des int-Gens ist sowohl für die Integration als auch für die Exzision des Lambda-Genoms notwendig. Dagegen wird das xis-Gen nur für die Exzision benötigt. Auf dem Weg zur Lysogenie sollte deswegen nur das intGen aktiv sein. Dies wird auf zweierlei Art gewährleistet: ● über die unterschiedliche Stabilität der beiden Proteine. Wie schon beschrieben, ist das Int-Protein erheblich stabiler als das Xis-Protein (S. 133). ● durch eine merkwürdige Verschachtelung der beiden benachbarten Gene. Das xis-Gen überlappt nämlich teilweise mit dem Beginn des int-Gens und der Promotor PI liegt zum Teil innerhalb des xis-Gens (▶ Abb. 6.46). Die Transkription vom Promotor PI aus liefert also eine komplette int-mRNA, aber keine vollständige xis-mRNA. 135 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Cl-Bindungsstellen im Lambda-Genom Genetik von E. coli 29000 29350 29700 PI int-Gen xis Abb. 6.46 Unter der Kontrolle des Promotors PI. Oben: Basenpaarkoordinaten wie in der ▶ Abb. 6.41 beschrieben. Unten: Schema der Gene xis und int. Beachte: Teile des Promotors PI liegen innerhalb des xis-Gens und das Ende des xisGens ragt um 20 bp in das int-Gen hinein. Daraus folgt, dass von der betreffenden mRNA ein intaktes Int-Protein, aber kein XisProtein codiert wird. Für die Bindung der RNA-Polymerase an den Promotor PI ist die Anwesenheit des Aktivatorproteins CII unbedingt erforderlich. Da das CII-Protein labil ist und der Nachschub durch die Blockade des PR-Promotors ausfällt, bleibt die PI-Aktivierung eine kurze Episode bei der Einrichtung des lysogenen Zustands. 6 Merke H ● Nach gelungenem Einbau der Lambda-DNA in das Bakteriengenom wird das int-Gen nicht mehr benötigt. Es bleibt verschlossen wie das gesamte Lambda-Genom mit Ausnahme des kleinen Abschnitts, der unter der Kontrolle des Promotors PM steht und den CI-Repressor codiert. 6.5.3 Induktion und lytischer Infektionsweg Eine Schädigung der bakteriellen DNA, beispielsweise nach Bestrahlung durch ultraviolettes Licht, leitet eine Reaktion ein, die als SOS-Antwort der Zelle bezeichnet Plus 6.7 Das N-Protein, das Q-Protein und die Antitermination Die Antitermination als Mechanismus der Genregulation wurde bei Untersuchungen über die Wirkungsweise des NProteins entdeckt. Dann stellte sich bald heraus, dass sie ein verbreitetes Regulationsprinzip bei Bakterien und Viren ist. Die Antitermination wurde weithin bekannt, weil sie eine wichtige Funktion ausübt bei der Vermehrung des humanen Immunschwächevirus (human immunodeficiency virus, HIV), des Erregers der Krankheit AIDS. Das N-Protein entfaltet seine Antiterminatoraktivität, nachdem die RNA-Polymerase während der Transkription bestimmte DNA-Sequenzen passiert hat, die als nutL und nutR bezeichnet werden und in der Nähe der Promotoren PL und PR liegen (nut, N utilization). Die RNA, die bei der Transkription solcher DNA-Sequenzen gebildet wird, nimmt 136 wird. Im Zuge der SOS-Antwort wird das RecA-Protein der Wirtszelle so verändert (aktiviert), dass es die Zerstörung bestimmter Proteine einleiten kann. Darunter ist auch der Lambda-Repressor. Ohne aktiven Lambda-Repressor werden die Promotoren PR und PL frei. Der lytische Infektionsweg steht offen und als Erstes werden die Gene cro und N exprimiert (s. ▶ Abb. 6.41). ▶ Cro-Protein. Wir haben es in der ▶ Abb. 4.12 als kleines (Molekulargewicht 7,4 kDa) und kompaktes Protein kennengelernt. Es besteht im Wesentlichen aus einer einzigen Domäne mit dem Helix-Turn-Helix-Motiv DNA-bindender Proteine. Das Cro-Protein bindet an die Operatorsequenzen OR1, OR2 und OR3, die ja nach der Induktion (und Spaltung des CI-Repressors) frei und offen da liegen. Allerdings bindet das Cro-Protein mit einer Affinitätsreihenfolge, die der des Repressors genau entgegengesetzt ist (▶ Abb. 6.45). Für den Repressor gilt, wie gezeigt, OR1 = OR2 > OR3; dagegen gilt für das Cro-Protein OR3 > OR1, OR2. Aufgrund dieser Eigenschaften blockiert das Cro-Protein die Expression des cI-Gens und damit eine weitere Synthese von Repressormolekülen. ▶ N-Protein (Antiterminator). Das erste Gen im Bereich, der von PL aus bis zum Terminator tL transkribiert wird (▶ Abb. 6.41), codiert das N-Protein. Das ist ein sogenannter Antiterminator (Plus 6.7). Er ermöglicht die Transkription nach links über tL hinaus, sodass die Gene cIII, gam, red und die für die folgenden Schritte notwendigen Gene xis und int exprimiert werden können. Beide Funktionen, int und xis, werden für das Ausschneiden, die Exzision des Lambda-Prophagen benötigt. Beachte, dass in dieser Phase der Lambda-Entwicklung ein aktives Xis-Protein gebildet werden kann, weil nun die Transkription vom PL-Promotor ausgeht und deswegen ein vollständiges Transkript des xis-Gens vorliegt. ●V eine charakteristische Sekundärstrukturfaltung an, die in der Zeichnung als Box B bezeichnet ist (▶ Abb. 6.47). An diese RNA-Schleife bindet das N-Protein und nimmt zugleich Kontakt zur RNA-Polymerase auf. Allerdings benötigt das N-Protein zur vollen Entfaltung seiner Funktion einige bakterielle Proteine, vor allem NusA, aber auch NusB und NusE (nus, N utilization substance) sowie das ribosomale Protein S 10. Mit diesen Proteinen beladen, kann die RNAPolymerase den Weg der Transkription entlang der DNA fortsetzen, unbeeinflusst durch den Terminationsfaktor Rho. Das Lambda-Genom codiert noch einen zweiten Antiterminator, das Q-Protein. Dieses Protein benötigt zur Aktivierung seiner Funktion ebenfalls eine spezielle DNA-Sequenz, genannt qut (im Bereich des Promotors PR′; ▶ Abb. 6.39). Aber anders als das N-Protein bindet das Q- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 28600 6.5 Bakteriophage Lambda Die Antiterminatorwirkung des N-Proteins ermöglicht auch die Transkription vom Promotor PR aus nach rechts (über tR1 und tR2 hinaus) bis zum Ende des Q-Gens. Dabei wird mehr Cro-Protein gebildet. Es bindet an die OL-Elemente und schaltet damit die PL-gerichtete Transkription ab. Aber zu diesem Zeitpunkt sind schon genügende Mengen an Xis- und Int-Proteinen für die Exzision vorhanden. Das Cro-Protein schaltet – bei einer höheren intrazellulären Konzentration – auch die PR-gerichtete Transkription ab. Aber dann liegen die O- und P-Proteine in Mengen vor, die ausreichend für die Einleitung der DNA-Replikation sind. Entscheidend ist nun die Expression des QProteins, das als positives Kontrollelement die Transkription vom stärksten Lambda-Promotor PR′ (▶ Abb. 6.39) ermöglicht. Damit werden die Lyse-Gene R und S und alle Gene für die Strukturproteine der Phagenhülle exprimiert. Damit sind dann alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen lytischen Infektionsweg geschaffen. Die Entwicklungswege des Bakteriophagen Lambda werden hier nur in groben Zügen skizziert. Viele, teilweise auch genetisch wichtige Einzelheiten haben wir nicht erwähnt, um im Rahmen eines einführenden Berichts zu bleiben und die schon in den Grundzügen komplizierten Entwicklungswege von Lambda auch einem Nicht„Lambdalogen“ verständlich zu machen. Aber gerade wegen der verschachtelten und verzweigten Mechanismen der Genregulation ist Lambda auch viele Jahre nach seiner Entdeckung durch Esther Lederberg 1951 noch immer ein beliebtes Untersuchungsobjekt der Molekularbiologen. Lambda dient aber auch als Modellsystem zur Untersuchung weiterer molekulargenetischer Prozesse, beispielsweise der DNA-Replikation und der Bildung der Phagenform, der Morphogenese. Dazu geben wir im Folgenden eine kurze Beschreibung. 6.5.4 Wege der Lambda-Replikation Die Replikation von DNA ist ein genetischer Prozess von fundamentaler Bedeutung. Wir werden in Kap. 8 ausführlicher darüber berichten. Hier folgen nur einige Bemer- NusE Abb. 6.47 Das N-Protein als Antiterminator. Das N-Protein hilft der RNA-Polymerase über Stoppstellen hinweg. kungen, die das weitere Geschehen im Verlauf des Lambda-Infektionswegs verständlich machen sollen. Ähnlich wie es DNA-Abschnitte – Promotoren – zur Einleitung der Transkription gibt, gibt es auch spezielle DNA-Abschnitte zur Einleitung der Replikation. Ein solcher Abschnitt wird Startpunkt der Replikation oder, in der genetischen Fachsprache, Origin (Replikationsursprung; origin of replication) genannt (▶ Abb. 6.48). Auf dem Lambda-Genom existiert ein Origin, der im Bereich 6 1 2 3 4 Abb. 6.48 Replikation der Lambda-DNA. In den ersten 10– 15 min eines lytischen Infektionswegs wird die parentale DNA mehrfach nach dem Schema der Ring-zu-Ring-Replikation repliziert. Normalerweise folgt dann die Umschaltung auf die Replikation nach Art des rolling circle: ① und ② Ein Strang des DNA-Ringes wird endonucleolytisch gespalten. ③ An das 3′OH-Ende werden Nucleotide angeheftet und dabei das 5′-Ende vom Partnerstrang verdrängt. Am 3′-OH-Ende findet eine „kontinuierliche“ DNA-Synthese statt, auf dem abgehobenen 5′-Ende dagegen eine diskontinuierliche DNA-Synthese in Form kurzer DNA-Fragmente, die später verknüpft werden. ④ Der innere intakte Ring dreht oder „rollt“ ständig und bietet dem Replikationsapparat immer wieder Nucleotidsequenzen zum Kopieren an. So können lange Abschnitte concatemerer DNA entstehen. 137 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Protein an die qut-Sequenz der DNA (und nicht an Box-BRNA) und springt von dort auf die RNA-Polymerase, die nun, beladen mit dem Q-Protein, die Pausen- und Terminationssignale auf ihrem Weg ignorieren kann. In E. coli wird die Expression der rRNA-Gene u. a. auch durch Antitermination reguliert. Bald nach Beginn der Transkription der rRNA-Gene entsteht eine RNA-Sequenz, an die sich ein Komplex aus Nus-Proteinen bindet. Die RNA-Polymerase wird mit diesen Proteinen beladen und kann eine promotornahe (vom Rho-Faktor kontrollierte) Terminationsstelle passieren. Zu den Nus-Proteinen gehört das ribosomale Protein S 10. Das ist eine interessante Ergänzung zu unserer Besprechung der Expression bakterieller rRNA-Gene: Ein Überschuss an ribosomalem Protein S 10 stimuliert die Synthese von rRNA. Genetik von E. coli 6 Vorgang bei der Infektion, die Bildung der Phagennachkommen. 6.5.5 Das Ende des lytischen Infektionswegs Entstehung der Phagenpartikel Mehr als ein Drittel des Lambda-Genoms (▶ Abb. 6.39) ist mit Genen ausgefüllt, die die Strukturproteine des Viruspartikels codieren. Wir betrachten hier die Bedeutung dieser Proteine für den Aufbau der Virusstruktur. In den Zusammenbau des Partikels greifen steuernd einige weitere Phagenproteine ein, aber auch zelluläre Proteine, wie wir gleich sehen werden. Am Anfang der Forschungen über die Morphogenese von Lambda stand die grundlegende Entdeckung, dass die beiden wichtigsten Strukturelemente des Phagen, Kopf und Schwanz, unabhängig voneinander gebildet und schließlich als eigene Bauelemente zusammengefügt werden. Plus 6.8 (S. 138) skizziert die morphogenetischen Wege der Phagenentstehung. Plus 6.8 Morphogenese der Phagenpartikel Der folgende Text bezieht sich auf die ▶ Abb. 6.49, ohne die die Beschreibung unverständlich bliebe. Schauen wir uns zunächst die Bildung des Phagenkopfes an: ● Der Hauptbaustein des Phagenkopfes ist das GenE-Protein, das sich mithilfe eines Gerüstes, dargestellt u. a. durch das virale GenNu3-Protein, zunächst zu einem kugelförmigen Vorkopf zusammenlagert (▶ Abb. 6.49 ①). Bestandteile des Vorkopfes sind außerdem GenB- und GenC-Proteine, ohne die dieser erste Schritt der Morphogenese des Phagenkopfes nicht möglich wäre. ● Für den nächsten Schritt, die Bildung des fertigen Vorkopfes, wird das zelluläre Protein GroE benötigt (▶ Abb. 6.49 ②). GroE ist eines der Hitzeschockproteine, die vermehrt nach Temperaturerhöhung (S. 111) gebildet werden. Dabei wird das Nu3-Protein-Gerüst abgebaut, die GenB- und GenC-Proteine werden proteolytisch gespalten. ● Der leere Vorkopf kann jetzt mit DNA gefüllt werden (▶ Abb. 6.49 ③). Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein von concatemerer DNA und das Produkt des Gens A, das, in einem Komplex mit dem Protein Nu1, an die mm ′-Stellen (▶ Abb. 6.39) der Lambda-DNA bindet. ● Durch Wirkung des FI-Proteins und Aufnahme des zweiten Haupthüllproteins, des GenD-Proteins, wird aus dem Vorkopf der fertige Phagenkopf (▶ Abb. 6.49 ④). 138 ● ● ●V Die Terminase, eine spezifische Endonucleaseaktivität des Komplexes aus dem GenA- und dem GenNu1-Protein, schneidet die concatemere Lambda-DNA an den cos (m/m′)-Stellen (▶ Abb. 6.49 ⑤). Die FII- und W-Proteine bereiten nun die fertigen Köpfe für die Kopplung an den Phagenschwanz vor (▶ Abb. 6.49 ⑥). Nun zur Bildung des Phagenschwanzes. Dieser Prozess erfolgt in zwei Schritten: ● Zuerst wird die sogenannte Basalstruktur gebildet, die aus den Produkten der Gene J, I, L, K, G, H und M zusammengesetzt ist (▶ Abb. 6.49 ⑦). Dabei kommen das Iund das K-Protein nicht im fertigen Phagenpartikel vor. Sie haben also eine Art Gerüstfunktion, wie andere Proteine bei den ersten Schritten der Kopfbildung. ● Zahlreiche Exemplare des Hauptproteins im Phagenschwanz, das Gen-V-Protein, lagern sich in Form einer Röhre auf der Basalstruktur ab. Ein weiteres Protein, das Gen-U-Protein, schließt die Struktur ab (▶ Abb. 6.49 ⑧). Kopf- und Schwanzteil der Phagenstruktur können nun miteinander zum fertigen, reifen Phagenpartikel verbunden werden. Noch ein Wort zum J-Protein, aus dem die Schwanzfaser besteht. Dieser Bestandteil des Viruspartikels ist für den ersten Schritt des Infektionsprozesses wichtig, für die Adsorption, bei dem ein Kontakt zwischen Rezepto- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. des O-Gens liegt. Als Voraussetzung für die Aktivierung des Origins muss ein spezielles Lambda-Protein, das GenO-Protein, mit dem Origin in Wechselwirkung treten. Dann kommt es unter Mitwirkung des P-Proteins und von Proteinen der Wirtszelle zunächst im Origin-Bereich zur Entwindung der DNA. Von dort aus schreitet die Entwindung in beide Richtungen entlang der DNA-Helix fort. Gleichzeitig werden Nucleotidfolgen der entwundenen Stränge als Matrize zur Synthese neuer, komplementärer Stränge verwendet. Es entstehen zwei NachkommenDNA-Ringe, die genaue Kopien des ersten, „parentalen“ DNA-Moleküls sind. Aber die Phase der Ring-zu-Ring-Replikation geht nach den ersten 15 min des Infektionswegs zu Ende. Dann liegen etwa 50 Nachkommen-DNA-Ringe vor. Jetzt wird weitere DNA nach dem Mechanismus des rolling circle („rollenden Ringes“) produziert, wie in der ▶ Abb. 6.48 beschrieben und uns schon bei der Konjugation von Bakterien (▶ Abb. 6.13) begegnet ist. Das Besondere an diesem Mechanismus ist die Produktion langer End-zu-Endverknüpfter Lambda-Moleküle, die oft bis zu acht einheitlich lange DNA-Moleküle umfassen. Man nennt diese langen DNA-Formen Concatemere. Die Bildung der Concatemere ist die Voraussetzung für den abschließenden 6.5 Bakteriophage Lambda ren auf der Zelloberfläche und dem Phagenschwanz hergestellt wird. Über diese Brücke kann dann die DNA in die 1 2 Zelle eindringen. Phagenpartikel ohne Schwanzfaser sind nicht infektiös. 3 4 Wirtszellprotein 6 7 8 6 fertiges Phagenpartikel Abb. 6.49 Zusammenbau der Phagenpartikel. Diese monumentale Abbildung ist eine Neuzeichnung nach B. Hohn (1979) [8]. Erläuterung s. Text. (nach Hohn B (1997) In vitro packaging of λ and cosmid DNA. Methods Enzymol 68: 299–320) Die Morphogenese von Lambda ist nicht allein von theoretischem Interesse. Sie hat eine praktische Bedeutung in der Gentechnik. Artfremde DNA kann, wie schon gesagt, anstelle der „stummen“ b-Region in das Lambda-Genom eingebaut werden. Um diese DNA zu vermehren, muss sie in die Phagenhülle verpackt werden. Dabei nutzt man die Tatsache aus, dass die wichtigsten Teilschritte der Lambda-Morphogenese im Reagenzglas nachvollzogen werden können. Am Ende des lytischen Infektionswegs Über DNA-Replikation, Expression der Strukturgene und Morphogenese sind schließlich, etwa 60 min nach Beginn des lytischen Infektionswegs, ungefähr 100 Nachkommenphagen pro Zelle entstanden. Die bakterielle Zellwand wird jetzt u. a. durch das Gen-S-Produkt und das vom Gen R codierte Enzym Endolysin zerstört. Die intrazellulären Phagen werden frei und sind bereit, andere Bakterien zu infizieren, um dort einen neuen Infektionsweg zu durchlaufen. Literatur ▶ Zitierte Literatur [1] Blattner FR, Plunkett G 3rd, Bloch CA et al (1997) The complete genome sequence of Escherichia coli K12. Science 277: 1453–1462 [2] Keseler IM, Collado-Vides J, Santos-Zavaleta A et al (2011) EcoCyc: A comprehensive database of Escherichia coli biology. 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