Bauphysik leicht gemacht

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Bauphysik leicht gemacht
Dämmen mit Komfort.
Impressum
Für den Inhalt verantwortlich: Saint-Gobain ISOVER Austria GmbH, Prager Straße 77, 2000 Stockerau. Text: Dr. Bernd Nusser
Gestaltung: senft & partner, Praterstraße 25a/13, 1020 Wien. Fotos Cover: Fotolia.com (bluedesign, NinaMalyna, Pefkos).
Illustrationen: senft&partner, iStockphoto (A-Digit, sjhaytov, majivecka, AnnIris, whiteisthecolor, 4x6), Fotolia.com (snyggg.de, pico)
Druck: Druckerei Ing. Christian Janetschek, Brunfeldstraße 2, 3860 Heidenreichstein
Vorwort
Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, gesundes Wohnklima – das sind nur einige der heute
ver­wendeten Schlagworte, wenn es um die Planung und das Verhalten von Gebäuden geht.
Hierfür wurden in der jüngsten Vergangenheit neue Baumaterialien entwickelt und Konstruk­
tionsweisen geändert. Das richtige Nutzerverhalten unterscheidet sich heute ebenfalls von
dem vor 50 Jahren, und auch in Zukunft wird die Entwicklung im Baubereich nicht stillstehen.
Um die vergangenen, aktuellen und zukünftigen Entwicklungen im (Gebäude-)Bausektor zu
verstehen, ist ein Einblick in die Welt der Bauphysik unerlässlich. Sobald Sie ein Gebäude
betreten, wirken verschiedene bauphysikalische Faktoren auf Sie ein. Doch nicht nur
auf Sie, sondern auch in hohem Maße auf das Gebäude bzw. auf die Bauteile selbst.
Die im Bauwesen angesiedelte Fachrichtung Bauphysik beschreibt diese Faktoren und deren
Effekte und macht sie somit planbar. Eine durchdachte Bauphysik sorgt für eine dauerhafte
Gebäudehülle, ein angenehmes Wohnklima sowie einen geringen Energieverbrauch.
Mit Hilfe dieser Broschüre wollen wir in die Thematik einführen und angehenden Baufachleuten
sowie der interessierten Bauherrin und dem interessierten Bauherrn den Einstieg in die
wichtige Welt der Bauphysik erleichtern.
Viel Vergnügen!
Ihr ISOVER Austria Team
3
Was ist Bauphysik?


R'w
L'n,w
R'w
Die bauphysikalischen Symbole werden im Verlauf dieser Broschüre erläutert.
Wärmeschutz
Feuchteschutz
Schallschutz
Der Wärmeschutz schützt den Menschen
Der Feuchteschutz schützt die Gebäude­
Der Schallschutz schützt den Menschen
und das Gebäude vor unangenehmen
hülle vor zu hoher Materialfeuchte und
vor störendem und krankmachendem
und schädlichen Temperaturen und vor
sorgt somit für eine hohe Dauerhaftig­
Lärm und sorgt somit für ein angeneh­
einem zu hohen Energieverbrauch.
keit des Gebäudes.
mes akustisches Wohnklima.
Vorwort
Inhalt
Vorwort
3
Was ist Bauphysik?
4
1
Wärmeschutz
7
1.1
Was ist Wärmeschutz
8
1.2
Warum ist Wärmeschutz wichtig?
9
1.3
Wie funktioniert Wärmeschutz?
14
1.3.1 Wärmetransport durch Leitung
14
1.3.2 Wärmetransport durch Strahlung
15
2.3.4 Feuchtetransport durch Konvektion
32
2.3.5 Tauwasserbildung
33
2.4
34
Was muss ich beim Feuchteschutz beachten?
2.4.1 Innen diffusionsdichter als außen
35
2.4.2 Innen luftdicht
36
2.4.3 Trocknungspotential sicherstellen
37
2.4.4 Feuchteadaptive Dampfbremse verwenden
38
2.5
42
Literaturverzeichnis
1.3.3 Wärmetransport durch Konvektion
15
3
Schallschutz
45
1.3.4 Funktionsweise von Wärmedämmstoffen
16
3.1
Was ist Schallschutz
46
1.4
17
3.2
Warum ist Schallschutz wichtig?
46
3.3
Wie funktioniert Schallschutz?
Was muss ich beim Wärmeschutz beachten?
1.4.1 Sonnenschutz planen
17
1.4.2 Geringer U-Wert
18
1.4.3 Keine Wärmebrücken
18
1.4.4 Außen winddicht
20
1.4.5 Innen luftdicht
21
1.5
Literaturverzeichnis
2
47
3.3.1 Schallübertragung durch Luftschall
47
3.3.2 Schallübertragung durch Körperschall
48
3.3.3 Schalldämm-Maße
49
3.3.4 Einschalig vs. mehrschalig
51
23
3.3.5 Schalldämpfung
52
Feuchteschutz
25
3.4
53
2.1
Was ist Feuchteschutz
26
3.4.1 Luftdichte Ausführung
53
2.2
Warum ist Feuchteschutz wichtig?
27
3.4.2 Maximale Entkopplung
54
2.3
Wie funktioniert Feuchteschutz?
27
3.4.3 Mit weichem Dämmstoff vollständig ausdämmen 54
2.3.1 Feuchtetransport durch Rinnen oder Tropfen
28
2.3.2 Feuchtetransport durch kapillares Saugen
29
2.3.3 Feuchtetransport durch Diffusion
29
3.5
Was muss ich beim Schallschutz beachten?
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
56
57
5
Wärmeschutz
Wärmeschutz
1.1 Was ist Wärmeschutz
8
1.2 Warum ist Wärmeschutz wichtig?
9
1.3 Wie funktioniert Wärmeschutz?
1.3.1 Wärmetransport durch Leitung
14
14
1.3.2 Wärmetransport durch Strahlung
1.3.3 Wärmetransport durch Konvektion
1.3.4 Funktionsweise von Wärmedämmstoffen
15
15
16
1.4 Was muss ich beim Wärmeschutz beachten? 17
1.4.1 Sonnenschutz planen
17
1.4.2 Geringer U-Wert
18
1.4.3 Keine Wärmebrücken
18
1.4.4 Außen winddicht
20
1.4.5 Innen luftdicht
1.5 Literaturverzeichnis
21
23
Wärmeschutz
1. Wärmeschutz
1.1 Was ist Wärmeschutz
Wer an Wärmeschutz denkt, denkt zumeist
an den Schutz vor niedrigen Temperaturen.
Sei es, dass die Wohnräume im Winter
gemütlich warm bleiben oder die dicke
Winterjacke einen vor Auskühlung schützt.
Der Schutz vor niedrigen Temperaturen ist ein
wichtiger Bestandteil des Wärmeschutzes,
jedoch nicht sein einziger. Zunächst muss
Foto: Fotolia.com - Delphotostock
man wissen, dass es physikalisch korrekt
gar keine „Kälte“, sondern lediglich „Wärme“
gibt. Als Wärme wird diejenige Energieart
bezeichnet, welche aufgrund einer
Temperaturdifferenz von System A
(z. B. Topf mit kochendem Wasser) zu
System B (z. B. Eiswürfel) übergeht.
Wärmeschutz beinhaltet
sowohl den Schutz vor
niedrigen als auch vor
hohen Temperaturen.
Die Wärme strömt dabei immer (!)
vom warmen zum kalten System.
Nun wird auch verständlich, dass der
Wärmeschutz nicht nur den Schutz vor
Auf die Bautechnik bezogen bedeutet dies,
niedrigen Temperaturen beinhaltet,
dass die Hülle des Gebäudes uns je nach
sondern auch den Schutz vor hohen
Jahreszeit vor abströmender Wärme im
Temperaturen zum Ziel hat.
Winter und zuströmender Wärme im
8
Sommer schützen muss. Zur besseren Unter-
der raumseitigen Bauteiloberfläche im
scheidung spricht man in der Bauphysik
Winter aufgrund schlechter Wärmedämmung
deshalb vom winterlichen Wärmeschutz und
zu stark ab, kann es dort zu Schimmelbildung
vom sommerlichen Wärmeschutz.
und in weiterer Folge zu einer hygienisch
bedenklichen Raumluft kommen.
1.2 Warum ist Wärmeschutz Foto: Fotostudio Pfluegl
wichtig?
Kalte Innenoberflächen führen jedoch nicht
nur zu einem möglichen Schimmelbefall,
Das grundlegendste Ziel des Wärmeschutzes
sondern auch zu einem unbehaglichen
ist es, ein hygienisch einwandfreies Raum­
Raumklima. Ist die Oberflächentemperatur
klima zu ermöglichen. Sinkt die Temperatur
der umgebenden Bauteile gering, verliert der
Moderner Wohnkomfort
bedeutet, eine stets
an­genehme, gleichmäßige
Zimmer­temperatur und
frische Luft zu genießen.
9
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Körper viel Wärme (Wärmestrom von warm
durch eine erhöhte Raumlufttemperatur
nach kalt) wodurch es zu unbehaglich
ausgeglichen werden, bei zu großen Unter-
kühlem Empfinden kommt.
schieden zwischen Raumlufttemperatur und
Bis zu einem bestimmten Grad kann dieser
Oberflächentemperaturen ist dies jedoch
Wärmeverlust an die Umfassungsbauteile
nicht mehr möglich.
Unbehagliches Raumklima
Behagliches Raumklima
Außenwand
16,2 °C
Außenwand 21,4 °C
Fenster 19,1 °C
Innenlufttemperatur 22 °C
Fenster
9,9 °C
Fotos: SimFan - Fotolia.com, ISOVER
Innenlufttemperatur
22 °C
10
geringen Heizenergiebedarf, ein guter som-
mittlere Umschließungsflächentemperatur in °C
Abbildung 1
Notizen
merlicher Wärmeschutz zu einem geringen
28
Kühlenergiebedarf. Durch die richtige Archi-
26
tektur und Planung des winterlichen und
24
sommerlichen Wärmeschutzes sowie Ver-
22
wendung geeigneter Haustechnik sind sogar
„Plus-Energie-Gebäude“ möglich,
behaglich
20
18
d. h. Gebäude, welche mehr Energie
16
erzeugen, als sie selbst verbrauchen [2].
14
18
19
20
21
22
23
24
Raumlufttemperatur in °C
Ohne einen professionellen Wärmeschutz an
Gebäuden sind die vereinbarten Umweltschutzziele der Europäischen Union nicht zu
Abbildung 1 zeigt, welche mittlere Ober­
erreichen. Die geplante Reduktion des Treib­
flächentemperatur der Raumumschließungs-
hausgasausstoßes um 80 % – 95 % bis 2050
flächen bei welcher Raumlufttemperatur
im Vergleich zu 1990 ist ein herausforderndes
notwendig ist, um ein aus thermischer Sicht
Ziel [3]. Ab 2021 ist in der EU deshalb nur
behagliches Raumklima zu erhalten. Sinkt die
noch die Errichtung von Niedrigstenergie­
mittlere Umschließungsflächentemperatur
gebäuden zulässig, wobei diese einen
(Oberflächentemperatur) der Raum­um­fas­
„…fast bei Null liegenden oder sehr geringen
sungsflächen unter 16 °C ist demnach
Energie­bedarf…“ aufweisen müssen [4].
ein behagliches Raumklima nicht mehr zu
erreichen [1].
Anhand von Abbildung 2 (Seite 12) wird
ersichtlich, wie sich der Endenergieverbrauch
Ein weiteres Ziel des Wärmeschutzes besteht
(Stein-/Braunkohle, Mineralölprodukte, Gase,
darin, das Raumklima möglichst energie­
Strom, Fernwärme, erneuerbare Energie) in
sparend regelbar zu machen. Ein guter
Deutschland im Jahr 2012 aufteilt. Wie zu
winter­licher Wärmeschutz führt zu einem
erkennen ist, weist der private Haushalt mit
11
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Wärmeschutz
27 % einen ähnlichen Endenergieverbrauch
Der hohe Energieaufwand zur Erzeugung und
wie die Industrie und der Verkehr auf.
Aufrechter­haltung der Raumwärme resultiert
Ein sehr großer Teil der Endenergie wird in
leider auch in einem sehr hohen C02-Ausstoß.
den Hauhalten für die Erzeugung von Raum-
Ein gut geplanter Wärmeschutz ist somit auch
wärme aufgebracht, was Abbildung 3 zeigt.
ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz.
Im Jahr 2007 waren es mit 74 % über 2/3 des
Gesamtendenergiebedarfs.
Abbildung 2
Abbildung 3
Quelle [5]
Quelle [6]
15,5 %
5 %
27 %
2 %
9 %
11 %
28,6 %
74 %
28,9 %
Haushalte
Industrie
Verkehr
Gewerbe, Handel, Dienstleistung
12
Raumwärme
Warmwasser
Elektrogeräte
Kochen
Beleuchtung
Schalldämpfer
Zuluft
Heizregister
Abluft
Bad
Fortluft
Außenluft
Schalldämpfer
Schalldämpfer
Zuluft
Wohnen
Schalldämpfer
Zuluft
Schlafen
Abluft
Küche
Außenluft
Filter
Luft/Luft
Wärmeübertrager
Erdwärmetauscher
(auch als Solekreis oder Direktverdampfer)
Ein Passivhaus
rechnet sich immer!
Ein exzellent saniertes
Gebäude rechnet sich
vom ersten Tag an.
arantiert behaglicher
G
Wohnkomfort zu jeder
Jahreszeit
n Eine sichere Investition in die Zukunft
n Mit jährlichem Wert­
zuwachs durch nicht steigende Betriebskosten
n Für eine längere Lebens­
dauer des Gebäudes
n
13
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Wärmeschutz
1.3 Wie funktioniert Wärmeschutz?
In allen Stoffen wird Wärme in
Form von Schwingungen der
Atome oder Moleküle innerhalb
des Materials weitergegeben.
Besonders gute Wärmeleiter
sind Metalle wie Aluminium
und Kupfer.
Wärmeschutz bedeutet Schutz vor zu- und
abströmender Wärmeenergie.
Die Wärme kann dabei durch folgende drei
Mechanismen transportiert werden.
1.
Leitung
Foto: iStockphoto.com - visuelldesign
2.Strahlung
3.
Konvektion
In den kommenden Abschnitten werden
diese Wärmetransportmechanismen näher
erläutert, und anschließend wird aufgezeigt,
wie Wärmedämmstoffe funktionieren.
1.3.1 Wärmetransport durch Leitung
Bei der Wärmeleitung
kommt es zu einer Energieweiterleitung von Molekül
zu Molekül bzw. von Atom
zu Atom. Mit ansteigender
Temperatur nimmt die
Eigenbewegung der
Moleküle zu.
Bei der Wärmeleitung kommt es zu einer
Energieweiterleitung von Molekül zu Molekül
bzw. von Atom zu Atom. Mit ansteigender
Temperatur nimmt die Eigenbewegung der
Moleküle zu, wodurch es zu einem verstärkten Anstoßen der benachbarten Moleküle
sondern ereignet sich auch in Gasen und
kommt. Diese stoßen Ihrerseits wieder die
Flüssigkeiten. Aufgrund der höheren Molekül-
benachbarten Moleküle an, was schließlich
dichte ist die Wärmeleitung in Feststoffen
zur Weiterleitung von Energie führt. Dieser
und Flüssigkeiten in der Regel jedoch deutlich
Vorgang ist nicht auf Feststoffe beschränkt,
stärker ausgeprägt als in Gasen.
14
1.3.2 Wärmetransport durch Strahlung
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Lufttem­peratur ab, wodurch es
zu dem oft beobach­teten morgendlichen
Bei der Wärmestrahlung handelt es sich, wie
Tauwasserausfall am Autodach kommt. In
beim Licht, um eine elektromagnetische
der Bauphysik wird dieser Effekt auch als
Strahlung. Im Gegensatz zur Strahlung von
nächt­liche Unter­kühlung bezeichnet.
sichtbarem Licht erfolgt die Wärmestrahlung
jedoch in einem für das menschliche Auge
unsichtbaren, höheren Wellenlängenbereich
(Infrarotstrahlung). Ein Stoff, egal ob Feststoff, Flüssigkeit oder Gas, der wärmer als
-273,15 °C ist (absoluter Nullpunkt), strahlt
Foto: Fotolia.com - goodluz
Wärmeenergie ab.
Trifft die abgestrahlte Energie auf einen
anderen Köper, so wird diese teilweise reflektiert und teilweise absorbiert. Die absorbierte
Wärmestrahlung führt schließlich zu einer
Temperaturerhöhung des angestrahlten
Stoffes, wenn die absorbierte Wärme­energie
nicht anderweitig wieder abgegeben wird.
1.3.3 Wärmetransport durch Konvektion
Strahlt ein Stoff nun mehr Wärme ab, als er
insgesamt empfängt, so kann er auch unter
Bei der Wärmekonvektion handelt es sich um
die ihn umgebende Temperatur ab­kühlen.
einen tatsächlichen Stofftransport. D. h. das
Zum Beispiel strahlt das Autodach an kalten,
Strömungsmedium (z. B. Luft oder Wasser)
klaren Nächten seine Wärme in den Welt-
bewegt sich von Position A nach Position B
raum ab, empfängt im Gegenzug aber nur
und transportiert dadurch auch die in sich
wenig Wärmestrahlung aus dem kalten Welt-
innewohnende Wärmeenergie. Die Bewe-
all. Das Autodach kühlt dadurch unter die
gung des Mediums kann hierbei erzwungen
Jeder Körper emittiert
elektromagnetische Strahlung.
Die Intensität hängt von
der Temperatur und
Ober­flächenbeschaffung ab.
15
Wärmeschutz
Ein Haartrockner ist ein gutes
Beispiel, wie Wärme durch
Konvektion an das Haar
herangeführt wird.
sein, wie z. B. die Bewegung des Kühlwassers
im Auto, oder auch auf natürliche Weise
erfolgen, wie z. B. das Herausströmen von
heißer Luft aus einem Kamin. Über Konvektion kann je nach Strömungsmedium und
Volumenstrom eine große Menge an
Wärmeenergie transportiert werden.
1.3.4 F unktionsweise von Wärmedämmstoffen
In der Praxis ist eine vollständige Unter­
Foto: Fotolia.com - Alliance
drückung des Wärmestroms durch ein
Bauteil leider nicht zu erreichen, die Menge
des Wärmestroms kann jedoch sehr stark
reduziert werden.
Eine gute Wärmedämmung muss hierfür
eine geringe Wärmeleitung aufweisen, den
Wärmestrahlungsaustausch zwischen
warmer und kalter Seite möglichst
ver­hindern und die Luftkonvektion im
Dämmstoff unterdrücken.
Die Wärmeleit­fähigkeit ist eine Material­eigenschaft, welche durch Labor­
messungen bestimmt wird. Sie ist ein Maß dafür, wie stark bzw. schwach ­
Um die wärmedämmenden Eigenschaften
die oben definierten Wärme­transportmechanismen insgesamt im Material
verschiedener Materialien vergleichbar zu
ausgeprägt sind. In der Bauphysik wird die Wärmeleitfähigkeit häufig mit
machen, wird im Allgemeinen ihre
dem griechischen Buchstaben  (LAMBDA) bezeichnet.
Wärme­leitfähigkeit herangezogen.
16
Wärmeschutz
Wärmeschutz
1.4 W
as muss ich beim Wärmeschutz beachten?
Die richtige Planung und Ausführung des
Wärmeschutzes eines Gebäudes ist eine
komplexe Aufgabe und benötigt ein fun­diertes
Fachwissen. Nachfolgend werden grundlegende Anforderungen angesprochen, welche zur
Planung des richtigen Wärmeschutzes unbedingt eingehalten werden müssen.
Foto:iStockphoto.com
1.4.1 Sonnenschutz planen
Neben dem winterlichen Wärmeschutz muss,
wie angesprochen, auch der sommerliche
Wärmeschutz geplant werden, wobei die
jeweiligen Anforderungen hier genau
Das sommerliche Wärmeverhalten eines
gegensätzlich sein können.
Gebäudes, egal ob schwerer Betonbau oder
leichter Holzrahmenbau, wird maßgeblich
Im Winter sind große, nach Süden orientierte
durch den Fensterflächenanteil und die
Fensterflächen erwünscht, um die winter­
Verschattungsmöglichkeit dieser Flächen
liche Sonneneinstrahlung zur Erwärmung
sowie die nächt­liche Lüftungsmöglichkeit
der Räume zu nutzen.
beeinflusst. Viele wissenschaftliche Studien
Im Sommer ist dieser Effekt jedoch uner-
haben dies bereits belegt [7-11].
wünscht, da es dadurch zu einer starken
Überhitzung der Räume kommen kann und
Sich mit der Planung Zeit zu
lassen und viele Informationen
einzuholen ist die beste Voraussetzung für das Gelingen Ihres
Bau-Projektes.
­ Für einen guten sommerlichen Wärmeschutz
der Energieverbrauch zur Raumkühlung
ist die gewissenhafte Planung des außenlie-
unverhältnismäßig hoch oder das Raumklima
genden Sonnenschutzes deshalb unerlässlich.
unangenehm wird.
17
Foto: VALETTA
Foto: Fotolia.com - Photographee.eu
Wärmeschutz
1.4.2 Geringer U-Wert
Wie bei den Wärmeleitfähigkeiten spricht ein
kleiner U-Wert des Bauteils für eine gute
Für einen guten winterlichen Wärmeschutz
thermische Isolierung. Die Verwendung von
muss die Wärmedämmung der gesamten
einzelnen Materialien mit geringen Wärme-
Gebäudehülle hohe Anforderungen erfüllen.
leitfähigkeiten () führt automatisch zu
Die thermische Qualität eines Bauteils
Bauteils.
Wohnen in einem optimal
gedämmten Haus ist
Nachhaltigkeit von der
behaglichen Seite.
einem geringen U-Wert des gesamten
Außen
(Wand/Dach/Fenster/…) wird im Allgemeinen
durch seinen Wärmedurchgangskoeffizien-
1.4.3 Keine Wärmebrücken
Innen
ten, auch U-Wert genannt, beschrieben.
Dieser setzt sich aus den einzelnen
Die Verwendung von Baustoffen mit relativ
Wärmeleit­fähigkeiten der verwendeten
hoher Wärmeleitfähigkeit führt zu einer
Materialien, deren Dicken sowie kleinen
schlechten thermischen Isolation und somit
Zuschlägen für Grenzschichteffekte (Wärme­
zu einem hohen Wärmestrom durch das
übergangs­widerstände) zusammen.
Bauteil. Ist die Wärmeleitfähigkeit eines
18
Der U-Wert W/m².K
Bauteils an einer Stelle stark erhöht, z. B.
flächentemperaturen auf der Innenseite
bei einer Außenwand mit von außen nach
des Bauteils und dort im Extremfall zur
innen durchgehender ungedämmter
Schimmelbildung. Wärmebrücken sind
Bodenplatte aus Beton, so entsteht dort
deshalb durch eine gebäudeumschließende,
eine Wärmebrücke , über welche im
durchgehende Dämmebene möglichst
Winter viel Wärme abfließen kann.
ganz zu verhindern.
1)
Hierdurch kommt es zu geringen Ober­
Die thermografische Aufnahme
macht Wärmebrücken und
undichte Stellen sichtbar.
Die roten Flächen zeigen
sehr hohe Wärmeverluste.
Wie oben schon angesprochen gibt
es im physikalischen Sinn keine Kälte,
weshalb es auch keine „Kältebrücken“
geben kann.
1)
19
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Wärmeschutz
1.4.4 Außen winddicht
Unsere Gebäude schützen uns in erster Linie
Auswir­kungen hat, wird vielleicht erst auf
vor Wind und Wetter. D.h. die Gebäudehülle
den zweiten Blick ersichtlich.
muss dicht gegen Niederschlag, aber auch
gegen Wind sein. Dass ein Eintrag von
Gelangt kalte Luft in die Dämmebene eines
Niederschlag in die Konstruktion sich
Außenbauteils, so führt dies zu einer deut­
negativ auf die Dauerhaftigkeit derselben
lichen Erhöhung des Wärmestroms durch das
auswirkt, leuchtet ein. Dass eine fehlende
Bauteil und somit zu einer Erhöhung seines
Winddichtheit ebenfalls deutlich negative
U-Wertes.
Foto: Fotolia.com - Jürgen Fälchle
Neben dem Schutz vor Niederschlag muss die Gebäudehülle
auch gegen Wind dicht sein.
20
Abbildung 4 zeigt dies eindrucksvoll anhand
Abbildung 4
des windabhängigen U-Werts eines Steil­
U-Wert
vwind
1,4
daches. Das untersuchte Dach weist im
Traufenbereich eine unterbrochene Wind-
7
1,2
6
1,0
5
0,8
4
0,6
3
0,4
2
0,2
1
um mehr als den Faktor 6 (!) erhöht.
Der mögliche Eintrag von Flugschnee oder
Schlagregen in die Konstruktion ist ebenfalls
ein Grund dafür, warum auf der Außenseite
eine durchgehende winddichte Ebene
anzuordnen ist.
0,0
16. Dez
1.4.5 Innen luftdicht
17. Dez
18. Dez
vwind in m/s
der Dachkonstruktion bei Windanströmung
U-Wert in W/m².K
dichtheitsebene auf, weshalb sich der U-Wert
0
Untersuchungszeitraum 2003
Abhängigkeit des U-Werts
von der Windgeschwindigkeit
(vWind) bei einer Steildachkons­
truktion mit fehlerhafter
Winddichtheitsebene im
Traufen­bereich [12]
Über Luftströmung (Konvektion) kann viel
Wärme transportiert werden. Im Sommer
wird durch Konvektion bewusst Wärme aus
dem Gebäude transportiert. Im Winter führt
ein Luftaustausch mit kalter Außenluft
mäßigen Luftaustausch kann es im Winter
hingegen zu einem ungewollten Wärme­
auch zu einem sehr trockenen Raumklima
abfluss aus dem Gebäude, was die Heiz­
kommen, wodurch ebenfalls die Behaglich-
kosten erhöht und aufgrund von Zug­-
keit negativ beeinflusst wird. Eine möglichst
er­scheinungen die Behaglichkeit im
luftdichte Gebäudehülle ist deshalb eine
Raum deutlich verringern kann.
Grundvoraussetzung für einen guten
Durch einen unkontrollierten und über­
Wärmeschutz.
21
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Wärmeschutz
Notizen
Am einfachsten lässt sich die Luftdichtheit
der Gebäudehülle durch das Blower-DoorVerfahren bereits während der Bauphase
überprüfen.
Durch eine luftdichte
Planung und Ausführung
können neben der
Vermeidung von
Bauschäden auch
Energieeinsparungen
erzielt werden.
22
1.5 Literaturverzeichnis
[1]Reiher H.; Frank, W. (1964): Vergleichende Untersuchun-
[7]Hauser, G.; Gertis, K. (1980): Der sommerliche Wärme-
gen an Radiatoren- und Deckenstrahlungs-Heizungen.
schutz von Gebäuden (Normungsvorschlag).
In: Heizung-Lüftung-Haustechnik, Jg. 15, H. 7, S. 233–243.
In: Klima-Kälte-Ingenieur, Jg. 8, H. 2, S. 71–82.
[2]Bointner, R.; Bednar, T.; Eikemeier, S.; Ghaemi, S.; Haas, R.;
Harreither, C. et al. (2012): Gebäude maximaler Energie­
effizienz mit integrierter erneuerbarer Energieerschließung. Herausgegeben von Bundesministerium für Verkehr,
[8]Hauser, G. (2000): Die Wirkung der Wärmespeicherfähigkeit von Bauteilen und ihre Berücksichtigung in der ENEV.
In: Bauphysik, Jg. 22, H. 5, S. 308–312.
[9]Bednar, T.; Schöberl, H.; Hanic, R.; Harreither, C. (2009):
Innovation und Technologie (bmvit). Wien. (Berichte aus
Nachhaltigkeit massiv. AP12 Auswirkung verschiedener
Energie und Umweltforschung, 56a/2012).
Baustoffe auf das Sommerverhalten von Gebäuden und
[3]Europäische Kommission (Hg.) (2011): Mitteilung der
Kommission an das europäische Parlament, den Rat, den
europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den
Ausschuss der Regionen. Fahrplan für den Übergang zu
einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis
2050. (KOM(2011) 112 endg.).
[4]Europäisches Parlament (2010): Gesamtenergieeffizienz
von Gebäuden. Richtlinie 2010/31/EU.
[5]Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. (AGEB) (Hg.)
(2013): Auswertungstabellen zur Energiebilanz für die
Bundesrepublik Deutschland 1990-2012. Berechnungen
den Energieverbrauch. Herausgegeben von TU Wien und
Schöberl & Pöll. Wien. (Endbericht).
[10]Frank, T. (2009): Sommerlicher Wärmeschutz von Dachräumen. Analyse der Einflussfaktoren auf das Raumklima.
In: WKSB, H. 62, S. 33–45.
[11]Geyer, C.; Schusser, A.; Kehl, D. (2012): Parameteruntersuchungen des sommerlichen Raumklimas von Wohngebäuden. Schlussbericht 2012. Herausgegeben von Bundesamt
für Energie BFE. Berner Fachhochschule - Architektur, Holz
und Bau. Bern (CH).
[12]Bednar, T.; Deseyve, C. (2010): Hygrothermal Performance
auf Basis des Wirkungsgradansatzes. Stand: Juli 2013.
of Windtight Roof Constructions. Development of durable
Berlin.
and energy efficient roof constructions without wind
[6]Graichen, V.; Bürger, V.; Gores, S.; Penninger, G.; Zimmer,
induced increase of thermal losses. TU-Wien, Institut für
W.; Eichhammer, W. et al. (2012): Energieeffizienzdaten
Hochbau und Technologie, Forschungsbereich für Bauphy-
für den Umweltschutz. Herausgegeben von Umwelt­
sik und Schallschutz (Forschungsbericht, FWF L233-N07).
bundesamt (D). Öko-Institut; Fraunhofer-Institut für
System- und Innovationsforschung (ISI).
23
Wärmeschutz
Wärmeschutz
2.1 Was ist Feuchteschutz
26
2.2 Warum ist Feuchteschutz wichtig?
27
2.3 Wie funktioniert Feuchteschutz?
2.3.1. Feuchtetransport durch rinnen bzw. tropfen
2.3.2. Feuchtetransport durch kapillares Saugen
2.3.3. Feuchtetransport durch Diffusion
2.3.4. Feuchtetransport durch Konvektion
2.3.5 Tauwasserbildung
27
28
29
29
32
33
2.4 Was muss ich beim Feuchteschutz beachten?
2.4.1 Innen diffusionsdichter als außen
2.4.2 Innen luftdicht
2.4.3 Trocknungspotential sicherstellen
2.4.4 Feuchteadaptive Dampfbremse verwenden
34
35
36
37
38
2.5 Literaturverzeichnis
42
feuchteschutz
Feuchteschutz
FEUCHTEschutz
2. Feuchteschutz
2.1 Was ist Feuchteschutz
Unter Feuchteschutz versteht man alle Maß­
nahmen, welche dem Schutz von Bauteilen
vor Feuchtigkeit dienen. Hierbei spielt es
keine Rolle, ob die Feuchtigkeit in Form von
Niederschlag, Wasserdampf oder Grund­
wasser auftritt.
schutztechniken eingesetzt werden²:
Foto: ISOVER
Grundsätzlich können folgende Feuchte­
1. Konstruktiver Feuchteschutz
Feuchteschutz – entscheidend
für jedes Gebäude.
2. Physikalischer Feuchteschutz
Durch den konstruktiven Feuchteschutz wird
Beispiele hierfür sind:
der Bauteil vor flüssigem Wasser und kriti­
- trockene Baustoffe
scher Luftströmung geschützt. Er stellt die
- ausreichende Dachüberstände
sicherste und grundsätzlichste Art des
- Betonsockel zur Lagerung von Holzbauteilen
Feuchteschutzes dar.
- die zweite wasserführende Ebene im
Steildach oder
- die luftdichte Ebene im Bauteil.
Die Möglichkeiten des konstruktiven Feuchte­
2
Eine Sonderstellung nimmt der chemische, indirekte Feuchteschutz ein (Imprägnierung von Baumaterialien). Er ist nur in
Ausnahmefällen notwendig und sollte vermieden werden.
26
schutzes sind stets maximal auszuschöpfen
und zu bevorzugen.
FEUCHTEeschutz
Durch den physikalischen Feuchteschutz
2.3 Wie funktioniert Feuchteschutz?
wird der Bauteil vor der Feuchtigkeit
geschützt, welche trotz des korrekten
Durch einen fachgerechten Feuchteschutz
Bauteil gelangt.
werden Bauteile vor dem Eindringen von
Der physikalische Feuchteschutz hat nicht
schädlichen Mengen an Feuchtigkeit
die generelle Vermeidung von Feuchtigkeit
geschützt.
im Bauteil zum Ziel, sondern die Vermeidung
von schädlichen Feuchtemengen. Der physi­
Feuchtigkeit kann durch folgende Transport­
kalische Feuchteschutz ist in bewohnten
mechanismen in das Bauteil gelangen3:
Gebäuden unerlässlich und ein Kerngebiet
1.
Rinnen oder Tropfen
der Bauphysik.
2.
kapillares Saugen
3.
Diffusion
4.
Konvektion
2.2 Warum ist Feuchteschutz
wichtig?
Werden Bauteile nicht vor Feuchtigkeit
Neben den hygienischen
Belangen ist ein fachgerechter Feuchteschutz
grundlegend für eine
dauerhafte Funktionstauglichkeit von Bauteilen.
feuchteschutz
konstruktiven Feuchteschutzes in den
Schimmelpilzbildung
aufgrund zu hoher
Oberflächenfeuchte
geschützt, so kommt es zur Feuchteakku­
mulation in den eingesetzten Materialien.
Feuchte und warme Bedingungen im Bauteil
führen dort zunächst zu einer Schimmel­
pilzbildung und bei biologischen Baustoffen
Foto: Fotolia.com - Dieter Pregizer
in weiterer Folge zu einem Befall mit
zerstör­enden Pilzen.
Aufgrund der guten Wärmeleitfähigkeit von
Wasser verschlechtern sich mit zunehmen­
dem Wassergehalt im Allgemeinen auch die
Wärmedämmeigenschaften des Materials.
3
Auf spezielle Transport­
mechanismen wie Ober­
flächen- und Lösungsdiffu­
sion wird hier nicht gesondert
eingegangen. Hierfür wird
z. B. auf [1, 2] verwiesen.
27
FEUCHTEschutz
2.3.1 F euchtetransport durch Rinnen
oder Tropfen
eintritte entstehen i.d.R. gravierende
Bauschäden. Die eingedrungenen
Feuchtemengen sind zumeist zu groß,
Beim Feuchtetransport durch Rinnen oder
um auf natürliche Weise in ausreichender
Tropfen handelt es sich um einen Flüssig­
Menge aus dem Bauteil abtransportiert
wassertransport. Kommt es aufgrund einer
zu werden.
Leckage in der wasserführenden Schicht
z. B. in der Dachabdichtung eines Flach­
Ein Flüssigwassereintritt durch Rinnen oder
daches zu einem Flüssigwassereintritt, so
Tropfen muss durch geeignete Konstruk­
muss das Bauteil zumeist mit hohem Auf­
tionen und Materialien deshalb unbedingt
wand saniert werden. Durch Flüssigwasser­
vermieden werden.
Foto: Fotolia.com - nitimongkolchai
Um Bauschäden und Schimmel
auszuschließen, sollte man
neben der Feuchtebelastung vor
allem das Trocknungsvermögen
einer Konstruktion beachten.
28
FEUCHTEeschutz
in der engen Stoßfuge zweier
EPS-Platten beim Vollwärmeschutz
(vgl. Abbildung 5).
Beim Feuchtetransport durch kapillares
Saugen handelt es sich ebenfalls um einen
Der Feuchteeintrag durch kapillares Saugen
Flüssigwassertransport. Durch kapillares
kann problematisch sein und muss durch
Saugen können je nach Material erhebliche
die Wahl geeigneter Konstruktionen und
Mengen an Flüssigkeit transportiert werden.
Materialien, z. B. hydrophobierter Außenputze
Je enger hierbei die Kapillare, desto stärker
und kapillarbrechende Schichten im Mauer­
ist die Saugkraft und desto weiter kann
werk, gering gehalten oder ganz verhindert
Wasser transportiert werden.
werden.
Beispiele hierfür sind aufsteigende Mauer­
2.3.3 Feuchtetransport durch Diffusion
Der Feuchteeintrag durch
kapillares Saugen muss
durch die Wahl geeigneter
Materialien gering
gehalten werden.
feuchteschutz
2.3.2 F euchtetransport durch kapillares Saugen
Notizen
feuchte im Ziegel oder der Feuchtetransport
Beim Feuchtetransport durch Diffusion wird
Abbildung 5
Wasser in Dampfform transportiert. Bei der
Wasserdampfdiffusion kommt es, ähnlich
wie beim Wärmetransport, zu einem
Diffusionsstrom vom Bereich mit höherer
Wasserdampfkonzentration zum Bereich
mit geringerer Wasserdampfkonzentration.
Schematische Darstellung des
Zusammenhangs von Saughöhe
und Durchmesser der Kapillare.
29
FEUCHTEschutz
Wird der maximal mögliche
Wassergehalt in der Luft
erreicht (z. B. durch Kochen),
entsteht Tauwasser.
Wasserdampfkonzentration/-partialdruck
Die Wasserdampfkonzentration (auch
absolute Luftfeuchtigkeit) beschreibt dabei
die Wassermasse, welche sich als Dampf in
der Luft befindet, und hängt von der Luft­
temperatur und der relativen Luftfeuchte ab.
Ein anderes Maß für die Wasserdampfkon­
zentration ist der Wasserdampfpartialdruck.
Anhand von Abbildung 6a/6b wird deutlich,
wie die Wasserdampfkonzentration (6a) bzw.
der Wasserdampfpartialdruck (6b) von der
relativen Luftfeuchtigkeit und der Temperatur
abhängen. Je wärmer es ist, desto mehr Was­
sermoleküle können sich in gasförmigem
Zustand in der Luft aufhalten.
Foto: Fotolia.com - corbis_fancy
Wird jedoch der maximal mögliche Wasser­
gehalt in der Luft erreicht, d.h. eine relative
Luftfeuchte von 100 %, z. B. durch eine
weitere Feuchte­zufuhr (Kochen) oder durch
Absenken der Temperatur, z. B. an Wärme­
brücken, so kommt es zur Tröpfchen­bildung
und es entsteht Tauwasser bzw. Nebel.
Durch die geringen winterlichen Lufttempera­
Anhand von Abbildung 6b wird auch ersicht­
turen ist der Wasserdampfpartialdruck auf der
lich, warum der Diffusionsstrom im Winter
Außenseite des Bauteils (z. B. -10 °C/80 % r.Lf.)
im Allgemeinen vom Innenraum nach außen
i.d.R. geringer als im Innenraum (z. B. 23 °C/
gerichtet ist.
50 % r.Lf.). Während der Sommermonate kann
30
FEUCHTEeschutz
Abbildung 6a
welche aufgrund der Sonneneinstrahlung
80
70
auftreten können, ist dies möglich.
80%
Dieser Effekt wird auch als Umkehrdiffusion
60
50
60%
bezeichnet und ist ein wichtiger Prozess, um
die Tauglichkeit von manchen Bauteilen zu
40
30
40%
gewährleisten. Im Abschnitt 2.4.3 wird tiefer­
20
20%
gehend auf die Notwendigkeit der Umkehr­
10
diffusion eingegangen.
-10
0
10
20
30
Temperatur in °C
Der Widerstand, den die Wassermoleküle
beim diffusiven Feuchtetransport über­
winden müssen, nennt sich Wasserdampf-
Abbildung 6b
40
50
0
Wasserdampfkonzentra­tion (6a) und
Wasserdampfpartialdruck (6b) in Abhän­
gigkeit der relativen Luftfeuchtigkeit (r.Lf.)
und der Temperatur
diffusionswiderstand (kurz: Diffusions­
12
r.Lf. 100%
widerstand). In der Bauphysik wird dieser
10
Materialkennwert als µ-Wert (mü-Wert)
80%
bezeichnet.
60%
Ruhende Luft wird hierbei als Referenzmate­rial
8
6
herangezogen, weshalb ihr ein µ-Wert von 1
zugeschrieben wird. Die µ-Werte aller anderen
40%
Materialien geben somit an, um welchen
20%
Faktor diese dichter gegen Wasserdampfdiffu­
sion sind als ruhende Luft (Mineralwolle µ = 1,
Holz µ = 50, Beton µ = 100, Bitumendachbahn
µ = 20.000 [3]).
-10
0
10
20
30
40
50
4
2
0
Temperatur in °C
31
feuchteschutz
r.Lf. 100%
Wasserdampfkonzentration
in g/m3
90
Vor allem bei hohen Temperaturen im Bauteil,
Wasserdampfpartialdruck
in kPa
sich die Diffusionsrichtung jedoch umkehren.
FEUCHTEschutz
Neben den Materialeigenschaften hat natür­
Abbildung 7
lich auch die Materialdicke einen Einfluss auf
den Diffusionwiderstand der Materialschicht.
Um dies zu berücksichtigen, wird die wasser-
Zeit
dampfdiffusionsequivalente Luftschichtdicke
verwendet und durch den sd-Wert ausge­
drückt. Der sd-Wert einer Materialschicht
wird durch Multiplikation des µ-Wertes mit
der Schichtdicke ermittelt. Er gibt somit an,
wie dick eine ruhende Luftschicht sein muss,
damit diese denselben Diffusionswiderstand
Diffusionsbremsende Membrane
wie die eigentliche Materialschicht aufweist.
Je höher der sd-Wert bzw. der µ-Wert der
2.3.4 Feuchtetransport durch Konvektion
Materialschicht, desto weniger
Wasserdampf kann hindurch diffundieren.
Beim Feuchtetransport durch Konvektion
wird Wasserdampf in der strömenden Luft
Abbildung 7 zeigt schematisch, wie durch
mittransportiert, wobei die Luftbewegung
ein Material mit erhöhtem sd-Wert der Diffu­
durch eine Luftdruckdifferenz hervorgerufen
sionsstrom vom Bereich mit höherer Wasser­
wird. Die Luft strömt dabei vom Bereich mit
dampfkonzentration in den Bereich mit
höherem Luftdruck in den Bereich mit
geringerer Wasserdampfkonzentration
geringerem Luftdruck. behindert wird. Aufgrund dessen werden
Dampfbremsen zur Reduktion des
In einem beheizten Gebäude stellt sich auf­
Feuchtetransports eingesetzt.
grund des thermischen Auftriebs (Kamin­
effekt) in höheren Positionen ein Überdruck
und an niedrigeren Positionen ein Unterdruck
im Vergleich zum Außenluftdruck ein.
32
Schematische Darstellung,
wie der diffusive Wasserdampf­
konzentrationsausgleich durch
eine Dampfbremse behindert
wird
FEUCHTEeschutz
Abbildung 8 verdeutlicht dies anhand eines
Befindet sich nun im oberen Gebäudebereich
zweistöckigen Gebäudes. Der winterliche
eine Leckage in der Luftdichtheitsschicht, so
Überdrück liegt in Wohngebäuden je nach
kommt es aufgrund des Überdruckes zu
Gebäudehöhe und Temperaturdifferenz bei
einem stetigen konvektiven Feuchtestrom
etwa 5 Pa.
in das Bauteil.
Notizen
Die Feuchtemenge, welche durch Konvektion
Konvektive Feuchteeinträge in Baukonstruk­
transportiert wird, kann jene durch Diffusion
tionen können durch eine durchgehende
um ein Vielfaches übersteigen.
Luftdichtheitsschicht auf der Innenseite
2.3.5 Tauwasserbildung
feuchteschutz
unter­bunden werden. Dies ist jedoch nur
theoretisch möglich, in der Praxis sind 100 %
luftdichte Bauteile kaum zu errichten.
Die Auswirkung der Tauwasserbildung hat
schon jeder beobachtet. Beschla­gene Bade­
Abbildung 8
zimmerspiegel, Kondensat im Randbereich
des Schlafzimmerfensters oder Wassertrop­
fen auf der Außenseite der kalten Getränke­
flasche. Bei all diesen Erscheinungen kommt
ein Effekt zum Tragen: der Taupunkt der
Raumluftfeuchte wird unterschritten.
Als Taupunkt wird dabei keine bestimmte
Position bezeichnet, sondern jene
Druckneutrale
Ebene
Temperatur, bei welcher die relative
Luft­feuchte 100 % erreicht.
Luftdruckverhältnisse zwischen Innenund Außenbereich eines Gebäudes
aufgrund des thermischen Auftriebs
33
FEUCHTEschutz
Auf das Beispiel einer kalten Getränkeflasche
nach stetiger Abkühlung 100 %, ist auch
bezogen bedeutet dies, dass die Raumluft
die Taupunkttemperatur erreicht, und
direkt an der kalten Flasche so stark abkühlt
Konden­sat entsteht. Bei einer Wasserdampf­
bis die relative Luftfeuchte dort auf 100 %
konzentration von 10 g/m³ geschieht dies
ansteigt und sich an der Oberfläche
bei 11 °C. Die­selben physikalischen Vorgänge
schließlich Wassertröpfchen bilden.
laufen ab, wenn feuchtwarme Luft mit
einer kalten Bauteil­oberfläche in Berührung
Anhand von Abbildung 6a (Seite 31) wird
kommt. Es kann zu Tauwasserbildung
ersichtlich, wie sich die relative Luftfeuchtig­
kommen.
keit erhöht, wenn bei konstant vorhandener
Feuchtigkeit (z. B. Wasserdampfkonzentration
= 10 g/m³) die Temperatur verringert wird. In
der Grafik erfolgt dies durch eine horizontale
2.4 Was muss ich beim Feuchteschutz beachten?
Die Planung des korrekten Feuchteschutzes
nach links. Beträgt die relative Luftfeuchtigkeit
von Bauteilen ist eine essentielle Voraus­
Foto: Fotolia.com - WoGi
Verschiebung (z. B. bei konstant 10 g/m³)
Tauwasserbildung
ist auch an der
Oberfläche einer
kalten Flasche
ersichtlich.
34
Notizen
FEUCHTEeschutz
setzung, um ein dauerhaftes Gebäude und
ein gesundes Raumklima zu erreichen.
Im Grunde sind alle der im vorherigen Kapitel
genannten Feuchtetransportmechanismen
in den Bauteilen zu verhindern bzw. best­
möglich zu reduzieren. Allen voran natürlich
der Feuchteeintrag durch Rinnen oder
Tropfen.
korrekten bauphysikalischen Planung des
Feuchteschutzes besprochen. Ein gegen
Rinnen oder Tropfen abgedichteter Bauteil
Foto: ISOVER
wird dabei vorausgesetzt.
2.4.1 Innen diffusionsdichter als außen
Ein wichtiger Grund für die luft­
dichte Ausführung der Gebäu­
dehülle ist der Feuchteschutz.
Eine grundlegende Regel zur feuchtetech­
nisch korrekten Planung von Bauteilen stellt
der Leitspruch „innen dichter als außen“ dar.
Hiermit sind die Diffusionswiderstände der
addiert werden müssen, z. B. Dampfbremse
Materialschichten auf der warmen und
mit Gipskartonplatte (innen) oder OSB mit
kalten Seite der Wärmedämmschicht
Vollwärmeschutz inkl. Putz (außen). Durch
gemeint.
diese grundsätzliche Regelung wird sicher­
gestellt, dass mehr Feuchtigkeit aus der
D.h. die höheren Diffusionswiderstände
Konstruktion über die Außenoberfläche
gehören immer auf die warme Seite der
ausdiffundieren kann, als vom Innenraum in
Wärme­dämmung (innen), wobei die einzelnen
die Konstruktion eindiffundieren kann.
sd-Werte der verschiedenen Materialien auf­
Eine Auffeuchtung des Bauteils durch Diffu­
35
feuchteschutz
Nachfolgend werden grundlegende Regeln zur
FEUCHTEschutz
sion wird dadurch verhindert. Um eine aus­
nicht rechtzeitig entdeckt, können Schäden
reichende Austrocknung zu ermöglichen, sollte
entstehen.
der Diffusionswiderstand auf der Außenseite
hierfür jedoch einen sd-Wert von 4 m bis 5 m
Abbildung 9 zeigt die Materialfeuchtigkeit der
nicht überschreiten.
außenseitigen Bekleidung eines Flach­daches
Je geringer der Diffusionswiderstand auf der
in Holzbauweise bei luftdichter Ausführung
Außenseite, desto mehr Feuchtigkeit kann
und bei schlechter Luftdichtheit.
nach außen entweichen. Ziel sollte stets
Wie zu erkennen ist, steigt die Materialfeuch­
sein, außen einen möglichst geringen
te bei schlechter Luftdichtheit stetig bis in
Diffu­sionswiderstand anzuordnen. Durch die
den kritischen Bereich an. Bei luftdichter
Wahl der richtigen Materialien können so
Ausführung ist hingegen ein Abtrocknen
feuchtetechnisch sichere Konstruktionen
der Konstruktion zu erkennen.
errichtet werden.
Abbildung 9
2.4.2 Innen luftdicht
Luftströmung eine deutlich größere Menge an
Wasserdampf transportiert werden kann als
durch Diffusion. Das ist auch der Grund, wes­
halb eine Luftleckage an der Innenseite des
Bauteils so gefährlich für die Dauerhaftigkeit
der Konstruktion sein kann. Gelangt im Winter
Luft vom Innenraum in die Konstruk­tion, so
kann diese an der außen­seitigen Bekleidung
Materialfeuchte in M-%
Oben wurde bereits angesprochen, dass durch
24
schlechte
Luftdichtheit
22
luftdicht
20
18
Berechnete Material­
feuchte der außen­
seitigen Bekleidung
eines Flachdaches
bei luftdichter Aus­
führung und bei
sehr schlechter
Luftdichtheit
(nach [6]).
16
14
12
unter den Taupunkt abkühlen, so dass es dort
10
zur Tauwasser­bildung kommt. Es besteht die
2000
Gefahr einer starken Auffeuchtung. Wird diese
Simulationszeitraum in Jahren (Start 01.10.2000)
36
2001
2002
2003
2004
2005
FEUCHTEeschutz
Aufgrund des hohen Schadenpotentials von
innenseitigen Luftleckagen ist auf der
warmen Seite der Dämmung deshalb eine
maximal luftdichte Ebene herzustellen. Hier­
für sind die aufeinander abgestimmten Kom­
ponenten des Luftdichtheitssystemes zu ver­
wenden. Nur dann kann die Funktionstüch­
tigkeit der Luftdichtungsebene vom System­
feuchteschutz
hersteller auf Dauer garantiert werden.
2.4.3 Trocknungspotential sicherstellen
Es ist utopisch davon auszugehen, dass
Bester Feuchteschutz mit
dem VARIO Xtra Systempaket
von ISOVER.
Bauteile zu 100 % luftdicht errichtet werden
können.
Auch wenn man die Luftdichtheitsebene
möglichst gewissenhaft ausführt, sind kleine
Undichtigkeiten an Verklebungen, Elektro­
100 % luftdichte Konstruktionen planen,
installationen, Klammerdurchdringungen,
weshalb häufig die Meinung vertreten wird,
Elementstößen u.a. in der Praxis kaum zu
dass bei einer quasi dampfdichten Ausfüh­
vermeiden [7-11].
rung der innenseitigen Luftdichtheitsebene
gar keine Feuchtigkeit aus dem Innenraum
Aufgrund dessen müssen Bauteile robust
in die Konstruktion gelangen kann.
gegen solch kleine, ungewollte „Ausfüh­
Diese Einschätzung führt jedoch schnell zu
rungsschwächen“ sein.
gravierenden Bauschäden. Vor allem Bauteile
Theoretisch kann man allerdings sehr wohl
mit hohen außenseitigen Diffusionswider­
37
FEUCHTEschutz
ständen sind dann gefährdet. Flachdächer in
sive einer gewissen Sicherheitsreserve – auch
Holzbauweise besitzen beispielsweise auf der
wieder abtrocknen kann. Das hängt vor
Außenseite im Allgemeinen eine wasser­
allem bei hohen außenseitigen Diffusions­
dichte Abdichtung z. B. aus Bitumen oder
widerständen von der innenseitig
Kautschuk mit relativ hohem Diffusions­
ver­wendeten Dampfbremse ab.
widerstand. Hierdurch wird die Austrocknung
von Feuchtigkeit aus der Konstruktion nach
außen sehr stark behindert.
Auch Diffusionswiderstände von „lediglich“ 20 m sind häufig noch zu hoch,
um eine ausreichende Trocknung über die Außenober­f läche zu gewährleisten [12].
Gelangt nun Feuchtigkeit in die Konstruktion,
z. B. während der Bauphase oder durch kleine
2.4.4 F euchteadaptive Dampfbremse
verwenden
innenseitige Luftundichtheiten, so kann diese
Feuchtigkeit nicht nach außen abtrocknen.
Wie in Abschnitt 2.3.3 „Feuchtetransport
Bei hohen sd-Werten der innenseitigen
durch Diffusion“ beschrieben wird, kann mit
Dampfbremse ist ein Entweichen der Feuch­
Hilfe einer Dampfbremse der Diffusionsstrom
tigkeit nach innen ebenfalls nicht möglich.
in und aus dem Bauteil geregelt werden. Der
Solche „dicht-dicht“-Aufbauten bilden eine
maßgebende Kennwert der Dampfbremse
regelrechte Feuchtefalle, angefallenes
hierfür ist ihr sd-Wert.
Kondensat hat keine Chance mehr aus­
zutrocknen.
Ein hoher sd-Wert ermöglicht einen geringen
Um ein ausreichendes Trocknungspotential
und ein geringer sd-Wert einen hohen Was­
von Bauteilen zu erreichen, muss sicherge­
serdampftransport durch die Dampfbremse.
stellt werden, dass nicht zu viel Feuchtigkeit
in der Konstruktion anfällt und diese – inklu­
38
Im Allgemeinen weisen Dampfbremsen einen
Notizen
FEUCHTEeschutz
Materialeigenschaften kann auf solch dynami­
ten (Klima-)Bedingungen gleich. Aufgrund der
sche Anforderungen nicht passend reagiert
sich ändernden Klimabedingungen im Laufe
werden. Speziell bau­physikalisch anspruchs­
eines Jahres ändern sich jedoch auch die
volle Konstruktionen können dadurch nicht
feuchtetechnischen Belastungen, welche auf
optimal ausgeführt werden.
Feuchteadaptive
Dampfbremsen passen
sich flexibel den klima­
tischen Bedingungen an.
feuchteschutz
Bauteile einwirken. Mit stets gleich­bleibenden
Foto: Fotolia.com
konstanten sd-Wert auf. D.h. ihr Diffusions­
widerstand ist bei allen baupraktisch relevan­
39
FEUCHTESCHUTZ
Aus diesem Grund wurde am Fraunhofer-
Rücktrocknungspotentials somit schadensfrei
institut für Bauphysik eine neuartige Dampf-
überstanden werden. Inzwischen wurde
bremse entwickelt und 1997 zusammen mit
bereits eine neue Generation an feuchte-
Saint-Gobain ISOVER am Markt eingeführt
adaptiven Dampfbremsen mit einem
[13, 14]. Das Besondere dieser sogenannten
deutlich höheren, winterlichen sd-Wert
„feuchteadaptiven Dampfbremse“ ist ihr,
entwickelt. Hierdurch steigt die mögliche
in Abhängigkeit der vorhandenen Klima-
feuchtetechnische Sicherheitsreserve von
bedingungen, veränderlicher sd-Wert .
Bauteilen nochmals deutlich an.
4
Im Winter, wenn an der Dampfbremse eher
trockene Luftfeuchten herrschen, weist die
Abbildung 10 zeigt die sd-Werte zweier
Dampfbremse einen hohen sd-Wert auf.
feuchteadaptiver Dampfbremsen von
Damit wird der winterliche Feuchteeintrag
durch Diffusion in die Konstruktion stark
reduziert. Im Sommer, wenn an der Dampf-
Abbildung 10
ISOVER VARIO XtraSafe
ISOVER VARIO KM
bremse eher hohe relative Luftfeuchten anliegen, sinkt der sd-Wert der Dampfbremse auf
30
einen Bruchteil des Winterzustandes ab. Hier25
durch wird sichergestellt, dass im Sommer
tion rücktrocknen kann, als im Winter durch
Diffusion in das Bauteil gelangt.
Auch geringe konvektive Feuchteeinträge
sd-Wert in m
deutlich mehr Feuchtigkeit aus der Konstruk-
20
15
10
können aufgrund des deutlich erhöhten
5
4
Im allgemeinen Sprachgebrauch und zum leichteren Verständnis
wird häufig von „feuchtevariabler Dampfbremse“ gesprochen.
Aufgrund der Anpassung/Adaption des sd-Wertes an die herrschende Luftfeuchte ist die technisch korrekte Bezeichnung jedoch
„feuchteadaptive Dampfbremse“.
40
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Mittlere relative Luftfeuchte in %
90 100
sd-Werte der feuchteadaptiven Dampfbremsen von ISOVER
in Abhängigkeit der
mittleren relativen
Luftfeuchte an der
Dampfbremse
(Mittelwert aus der
rel. Luftfeuchte auf
beiden Seiten) und
durchschnittlich
anliegende winterliche (blau) und
sommerliche (rot)
mittlere rel. Luftfeuchtebedingungen
FEUCHTEeschutz
Saint-Gobain Isover. Ebenfalls in die Grafik
lich sicheren Konstruktionen führt, wurde
eingezeichnet sind die mittleren relativen
schon bei einer Vielzahl an Bauteilunter­
Luftfeuchten, welche in etwa während der
suchungen bestätigt [15-19]. Eine der ersten
Winter- und Sommermonate an der Dampf­
Berechnungsergebnisse, die hierzu publiziert
bremse anliegen. In der Abbildung können
wurden, zeigt Abbildung 11. Dargestellt sind
so die resultierenden sd-Werte der feuchte­
die Feuchte­gehalte eines Blechdaches in
adaptiven Dampfbremse abgelesen werden.
Holzbauweise. Die obere Grafik zeigt den
Dass die Verwendung von feuchteadaptiven
Gesamt­wasser­gehalt des Daches, die untere
Dampfbremsen zu feuchtetechnisch deut­
Grafik lediglich die Holzfeuchtigkeit der
Abbildung 11
feuchteschutz
außenseitigen Schalungsbretter.
Die Berechnungen wurden zum einen mit
einer konventionellen Dampfbremse mit
einem konstanten sd-Wert von 2 m durch­
geführt und zum anderen mit einer feuchte­
Notizen
adaptiven Dampfbremse. Wie deutlich zu
erkennen ist, steigt der Gesamtwasser­
gehalt, wie auch die Holzfeuchte in den
Schalungsbrettern, bei Verwendung einer
konventio­nellen Dampfbremse sehr deutlich
in schädliche Bereiche an. Bei Verwendung
einer feuchteadaptiven Dampfbremse
ist kein Aufschaukeln der Feuchten zu
erkennen.
Gesamtwassergehalt (oben) und Holzfeuchte der
außenseitigen Schalungsbretter (unten) eines
Blech­daches beim Einsatz einer feuchteadaptiven
Dampfbremse im Vergleich zu einer konventio­nellen
Dampfbremse mit einem sd-Wert von 2 m [13].
41
FEUCHTEschutz
2.5 Literaturverzeichnis
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42
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In: Bundesbaublatt, Jg. 45, H. 10, S. 798–801.
[16]Künzel, H. M. (1999): Flexible Vapor Control Solves
Moisture Problems of Building Assemblies - Smart
feuchteschutz
Retarder to Replace the Conventional PE-Film.
In: Journal of Thermal Envelope and Building Science,
Jg. 23, S. 55–102.
[17]Künzel, H. M.; Zirkelbach, D.; Schafaczek, B. (2010):
Berücksichtigung der Wasserdampfkonvektion bei der
Feuchteschutzbeurteilung von Holzkonstruktionen.
In: WKSB, H. 63, S. 25–33.
[18]Bachinger, J. (2010): Feuchteverhalten von Flachdachauf­
bauten im Holzleichtbau. Insbesondere von nicht hinter­
lüfteten Flachdächern, deren Dämm- und Trägerebene
zwischen Dampfsperre/-bremse und Dachhaut angeord­
net ist. Dissertation. TU Wien, Fakultär für Architektur und
Raumplanung.
[19]Nusser, B.; Teibinger, M.; Bednar, T. (2010): Messtechnische
Analyse flachgeneigter hölzerner Dachkonstruktionen
mit Sparrenvolldämmung - Teil 1: Nicht belüftete
Nacktdächer mit Folienabdichtung.
In: Bauphysik, Jg. 32, H. 3, S. 132–143.
43
Schallschutz
3.1 Was ist Schallschutz
46
3.2 Warum ist Schallschutz wichtig?
46
3.3 Wie funktioniert Schallschutz?
3.3.1 Schallübertragung durch Luftschall
47
47
3.3.2 Schallübertragung durch Körperschall
3.3.3 Schalldämm-Maße
3.3.4 Einschalig vs. mehrschalig
3.3.5 Schalldämpfung
48
49
51
52
3.4.1 Luftdichte Ausführung
3.4.2 Maximale Entkopplung
3.4.3 Mit weichem Dämmstoff vollständig ausdämmen
3.5 Literaturverzeichnis
53
53
54
54
56
schallschutz
3.4 Was muss ich beim Schallschutz beachten?
Schallschutz
3. Schallschutz
3.1 Was ist Schallschutz
Unter Schallschutz versteht man den Schutz
vor der Schallübertragung von einer Lärm­
quelle zum Hörer. Ein Beispiel hierfür ist das
Fernsehgerät des Nachbarn, welches man im
eigenen Schlafzimmer nicht hören möchte.
Schallschutz wird im Baubereich üblicher­
weise durch Trennbauteile wie Wände,
Decken, Dächer, aber auch durch Fenster
und Türen erreicht.
3.2 Warum ist Schallschutz wichtig?
Schlechter oder fehlender Schallschutz macht
Menschen krank. Gemäß einer Studie der
Foto: www.stockbyte.com
Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt
eine chronisch starke Belästigung durch Ver­
kehrs- oder Nachbarschaftslärm zu einem
signifikant höheren Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen, Erkrankungen am Bewegungs­
apparat sowie Erkrankungen an Depressio­
nen und Migräne [1]. Vor allem die nächtliche
Schlafstörung (bewusst und unbewusst)
46
Guter Schallschutz sorgt für
mehr Ruhe in den eigenen
vier Wänden.
Schallschutz
kann zu einer deutlichen Gesundheits­-
Die Flüssigkeitsschallübertragung z. B. in
be­einträchtigung führen [2].
Rohrleitungen spielt im Wohnungsbau nur
eine untergeordnete Rolle und wird in den
Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich,
nachfolgenden Abschnitten deshalb nicht
warum auf einen ausreichenden Schallschutz
behandelt. Die beiden anderen Schallüber­
geachtet werden muss. Außerdem ermög­
tragungswege werden hingegen kurz vorge­
licht ein ausreichender baulicher Schallschutz
stellt. Außerdem werden die für den prakti­
vertrauliche Gespräche, die Sicherung der
schen Gebrauch wichtigen Schalldämm-
Privatsphäre sowie eine größere Freiheit in
Maße von Bauteilen besprochen sowie die
Bezug auf die eigene, akustische Lebens­
Funktionsweisen von grundlegenden Schall­
gestaltung innerhalb von Gebäuden.
schutzmaßnahmen erläutert.
3.3 Wie funktioniert Schallschutz?
3.3.1 S
challübertragung durch Luftschall
Wird die Kompression der Luft
an die benachbarten Luftmole­
küle weitergegeben, kommt es
zu einer Luftschallübertragung.
Nutzer und Bewohner vor schäd­lichem und
Wenn eine Schallquelle, wie etwa die Mem­
störendem Lärm geschützt werden. Aus­
brane eines Lautsprechers, Schallenergie
gehend von einer Lärmquelle breitet sich
abstrahlt, kommt es zur Kompression der
der Schall auf verschiedene Arten innerhalb
Luft vor der Schallquelle. Diese Kompression
des Gebäudes aus. Je nach Medium, in der
wird an die benachbarten Luftmoleküle
sich der Schall fortpflanzt, unterscheidet
weitergegeben, wodurch es zu einer
man zwischen
Ausbreitung des „Schalldrucks“ in der Luft,
Luftschallübertragung
die Schallwelle an das menschliche Ohr, so
2.
Körperschallübertragung
wird die jeweilige Luftkompression vom
3.
Flüssigkeitsschallübertragung
Trommelfell aufgenommen und im Gehirn
Foto: Fotolia.com - donatas1205
der Luftschallübertragung, kommt. Gelangt
1.
in Töne unterschiedlicher Höhen (Frequen­
zen) umgewandelt. Der Druck durch Schall47
schallschutz
Durch den Schallschutz von Gebäuden sollen
Schallschutz
wellen kann sogar so stark werden, dass
eine Kerze vor der Lautsprechermembran
ausgeblasen wird, oder schlimmer, das
Trommelfell geschädigt wird.
Die Geschwindigkeit, mit der Schall in Luft
Foto: Fotolia.com - Syda Productions
übertragen wird (Luftschallgeschwindigkeit),
beträgt etwa 344 m/s (1.238 km/h)
3.3.2 S
challübertragung durch Körperschall
Wird ein Körper durch einen mechanischen
Stoß in Schwingung versetzt, so breitet sich
diese Schwingung im Material aus und
Geräusche müssen nicht unbe­
dingt belastend sein, sondern
können auch zur Entspannung
beitragen.
bringt den Körper an sich ebenfalls zum
Schwingen. Handelt es sich um Schwin­
gungsfrequenzen im hörbaren Frequenz­
bereich (16 Hz bis 16.000 Hz), so bezeichnet
man diese Schwingungen im Körper als
mechanischer Impuls in die Decke einge­
Körperschall.
leitet und durch Körperschallübertragung in
Wenn schwingende Körper mit Luft in
der Konstruktion weiterverteilt. Im darunter
Kontakt kommen, so strahlt der Körper,
befind­lichen Raum strahlt die Decke den
ähnlich wie eine Lautsprechermembran,
empfangenen Körperschall wiederum in die
an seiner Oberfläche wieder Luftschall ab.
Luft als Luftschall ab. Dieser spezielle Fall
Ein Beispiel hierfür ist das Gehen auf einer
der kombinierten Schallübertragung wird
Geschoßdecke. Durch das Auftreten wird ein
in der Bauphysik als „Trittschall“ bezeichnet.
48
Notizen
Schallschutz
Die Geschwindigkeit, mit der Schall im
3.3.3 Schalldämm-Maße
Körper übertragen wird (Körperschall­­ge-schwindigkeit), hängt von den mechani­
Die akustische Qualität eines Bauteils kann
schen Eigenschaften des Materials ab
im Labor oder am realen Objekt vor Ort
(Rohdichte, E-Modul etc.). Sie liegt in der
durch entsprechende Messungen überprüft
Regel jedoch deutlich über jener der Luft.
werden. Als Ergebnis erhält der Bauphysiker
In Kiefernholz z. B. breitet sich der Schall
zunächst frequenzabhängige Kennwerte.
mit etwa 3.600 m/s (12.900 km/h) aus.
Abbildung 12 (Seite 50) zeigt das frequenz­
abhängige Schalldämm-Maß einer Gips­
Ruhephasen gehören zum
täglichen Leben wie Essen
und Trinken. Körper und Geist
werden aufgetankt.
49
schallschutz
Foto: Fotolia.com - Leah McDaniel
kartontrennwand.
Schallschutz
Wie zu erkennen ist, steigt die
In der Praxis werden zur einfacheren
Luftschalldämmung der Trennwand mit
Vergleichbarkeit jedoch häufig nicht die
zunehmender Frequenz an. Je höher die
frequenzabhängigen Kennwerte herange­
Luftschalldämmwerte, desto besser4.
zogen, sondern es werden Einzahlkennwerte
4
Die Einbrüche im unteren und oberen Frequenzbereich sind auf
akustische Kopplungs- und Überlagerungseffekte zurück zu
führen, welche jedoch im Zuge dieser Broschüre nicht weiter
erläutert werden. Zur tiefergehenden Informationen wird
[3, 4] empfohlen.
daraus abgeleitet. Ein möglicher und häufig
verwendeter Einzahlkennwert für die Beur­
teilung der Luftschalldämmung ist das im
Labor gemessene Bewertete SchalldämmMaß Rw.
Abbildung 12
Je höher Rw, desto besser ist die Luftschall­
70
dämmung des Bauteils.
60
Für den Trittschallschutz gibt es ebenfalls
Schalldämm-Maß in dB
geeignete Einzahlkennwerte zur Beurteilung
des Bauteils. Für im Labor gemessene
50
Decken wird hierfür der Bewertete Norm-Trittschallpegel Ln,w herangezogen.
40
Im Unterschied zum Luftschallschutz ist im
Trittschallschutz ein möglichst geringes Ln,w
30
des Bauteils anzustreben.
20
10
125
250
500
1000
Frequenz in Hz
50
2000
4000
Schalldämm-Maß einer Metallständerwand mit
doppelter Gipskartonbeplankung und Glaswolle­
dämmung.
Notizen
Schallschutz
3.3.4 Einschalig vs. mehrschalig
Auf dem Weg durch die Konstruktion wird
somit eine große Menge an Schallenergie
Soll die Schalldämmung eines einschaligen
abgeleitet, welche auf der anderen Seite
Bauteils auf einfache Weise erhöht werden,
des Bauteils schließlich nicht mehr zum
so ist dort eine zusätzliche Schale anzuord­
Abstrahlen zur Verfügung steht. Das Bauteil
nen. Das Gewicht dieser zusätzlichen Schale
weist einen guten Schallschutz auf.
Mit relativ leichten,
zweischaligen Bauteilen
können deutlich bessere
Schalldämm-Maße erreicht
werden, als mit einscha­
ligen Bauteilen der
gleichen Masse.
spielt hierbei eine eher untergeordnete
Rolle. So können mit relativ leichten, zwei­
schaligen Bauteilen deutlich bessere Schall­
dämm-Maße erreicht werden, als mit ein­
schaligen Bauteilen der gleichen Masse.
Abbildung 13 zeigt eine massive Brettsperr­
Abbildung 13
holzwand ohne und mit einer zusätzlichen
Schale aus Gipskarton (Installationsebene).
Rw = 33 dB
Rw = 51 dB
Während die Brettsperrholzwand ohne
Installationsebene ein Rw von 33 dB auf­
weist, kann ihre Schalldämmung durch
Anbringen der relativ leichten Installations­
ebene auf 51 dB verbessert werden, was
einer überaus deutlichen Steigerung der
Schalldämmung entspricht. Erreicht wird diese starke Verbesserung
zwischen relativ schweren und harten und
leichten und weichen Medien (Luft und
Brettsperrholz bzw. Luft und Gipskarton)
wechseln muss.
Massive Brettsperrholzwand
mit und ohne einseitiger Instal­
lationsebene sowie resultieren­
de Bewertete SchalldämmMaße [5]
51
schallschutz
dadurch, dass die Schallwelle öfters
Schallschutz
3.3.5 Schalldämpfung
Jeder Mensch hat
ein Bedürfnis nach
Ruhe.
Wie besprochen können durch mehrschalige
Bauteile sehr gute Schalldämm-Maße
erreicht werden. Eine Voraussetzung hierfür
ist jedoch, dass der vorhandene Hohlraum
vollständig mit einem faserigen Dämmstoff
Foto: Fotolia.com - Andrey Popov
ausgedämmt wird. Durch den Dämmstoff
verringert sich die Kopplung der beiden
Abbildung 14
gedämmt
ungedämmt
70
Schalen, und es können sich keine Schall­
reflexionen im Zwischenraum ausbilden.
Schalldämm-Maß in dB
60
Die Schallwellen werden mit Hilfe des
Dämmstoffes im Schalenzwischenraum
50
bedämpft und die akustische Kopplung der
Schalen durch die Luft reduziert.
40
Verbesserung durch
Hohlraumdämmung
Anhand von Abbildung 14 wird ersichtlich,
30
wie sich das Schalldämm-Maß einer Gips­
kartonständerwand sehr deutlich verbessert,
20
10
125
250
500
1000
Frequenz in Hz
52
2000
4000
Schalldämm-Maß einer Metall­
ständerwand mit doppelter
Gipskarton­beplankung mit und
ohne Glaswolledämmung
Durch den Dämmstoff
können sich keine
Schallreflexionen im
Zwischenraum ausbilden.
Schallschutz
wenn der Wandzwischenraum aus­gedämmt
Zunächst eher unwichtige Details wie z. B.
wird. Um eine optimale Schalldämmung zu
ein unter einer Trennwand durchlaufender
erhalten, sollte jeder Hohlraum vollständig
Estrich können vor allem bei höheren
mit einem faserigen Dämmstoff ausge­
Schallschutzanforderungen die angestreb­
dämmt werden.
ten Ziele nur schwer erreichbar machen.
Notizen
Nachfolgend werden grundlegende Anforde­
3.4 Was muss ich beim Schallschutz beachten?
Zur Planung des richtigen Schallschutzes
rungen besprochen, welche zum Erreichen
eines guten Schallschutzes möglichst
einzuhalten sind.
3.4.1 Luftdichte Ausführung
gehört wie bei allen Planungsaufgaben
Eine luftdichte Ausführung des Bauteils
In der Planungs­
phase werden wich­
tige Entscheidungen
getroffen, die Aus­
wirkungen für viele
Jahre haben.
53
schallschutz
Foto: Fotolia - endostock
Sachverstand und ein Auge fürs Detail.
Schallschutz
spielt nicht nur im Hinblick auf den Feuchte­
untereinander auszuführen. Bei einer
schutz eine wichtige Rolle. Fugen oder
konsequenten Entkoppelung sind die
Löcher in Bauteilen führen aufgrund des
besten Schalldämmwerte zu erreichen.
Eine Volldämmung des
Hohlraumes bietet
optimalen Wärmeund Schallschutz.
ungebremsten Schalldurchgangs zu einer
sehr starken Verschlechterung ihrer Schall­
Gute Beispiele hierfür sind z. B. Feder­
dämmung. Vor allem in Ecken und Kanten,
schienen an der abgehängten Decke oder
wie z. B. in einer Raumecke oder am
die an Schwingbügeln befestigte Installa­
Anschluss Wand/Decke, wirken sich Fugen
tionsebene der Wand. Aber Achtung, der
und Löcher sehr negativ aus.
bereits angesprochene durchgehende
Estrich oder andere Schallbrücken dürfen
Aufgrund der verstärkten Schallreflexionen
hierbei nicht außer Acht gelassen werden.
in diesen Bereichen ist die akustische
Belastung des Bauteils dort sehr hoch.
Speziell in Ecken und Kanten, aber auch
3.4.3 M
it weichem Dämmstoff vollständig ausdämmen
überall sonst, ist deshalb auf eine luftdichte
Ausführung zu achten.
Im vorhergehenden Abschnitt zur Schall­
dämpfung wird verdeutlicht, wie wichtig der
3.4.2 Maximale Entkopplung
Dämmstoff im Hohlraum ist. Die Art des
Dämmstoffes spielt dabei eine entscheiden­
Wie oben gezeigt wird, erfolgt die Körper­
de Rolle. Ist der Dämmstoff nämlich zu steif,
schallübertragung i.A. wesentlich schneller
so koppelt er die Schalen des Bauteils aus
und besser als die Luftschallübertragung.
akustischer Sicht wieder aneinander und der
Um die Körperschallübertragung durch das
große Vorteil einer mehrschaligen Konstruk­
Bauteil bzw. innerhalb eines Gebäudes zu
tion geht verloren.
reduzieren, sind die einzelnen Schalen eines
Bauteils sowie die Anschlüsse des Bauteils
Auf Einblasdämmstoffe, welche mit relativ
an das Gebäude mit möglichst wenigen und
hoher Dichte eingebracht werden, sollte
möglichst „weichen“ Berührungspunkten
daher aus Gründen des Schallschutzes ver­
54
Notizen
Schallschutz
zichtet werden. Auch Plattendämmstoffe,
Auf jeden Falls muss bei steiferen Platten­
wie EPS- oder Holzfaserplatten, sind
dämmstoffen auf ein fugenfreies und
aufgrund der möglichen Kopplung der
zwischen den Schalen pressfreies
beiden Schalen eher ungeeignet zur Schall­
Einbringen geachtet werden.
dämmung von mehrschaligen Konstruk­tionen.
Am wenigsten Probleme gibt es bei der
Dämmung mit Mineralwolle. Jedoch sollte
Vom Dach bis zur
Bodenplatte sorgt
eine lückenlos
gedämmte und luft­
dichte Gebäudehülle
für Wärme- und
Schallschutz.
auch diese nicht mit Druck in die Zwischen­
räume gestopft werden, da dies dann eben­
falls zu einer akustischen Kopplung der
Schalen führen kann.
Wie zahlreiche internationale Untersuchun­
gen zeigen, hat die Rohdichte des verwende­
ten Dämmstoffes quasi keinen Einfluss auf
die Schalldämmung mehrschichtiger
Konstruktionen [6].
Einzige Anforderung hierbei ist, dass der
längenbezogene Strömungswiderstand des
Dämmstoffes 5 kPa/m² nicht unterschreitet,
hin nicht der Fall ist. Um die akustische
Leistungsfähigkeit von Leichtbaukonstruk­
tionen voll auszuschöpfen, sollten Hohl­
räume immer vollständig ausgedämmt
werden [6].
55
schallschutz
Foto: ISOVER - Stephan Huger
was bei modernen Faserdämmstoffen ohne­
Schallschutz
3.5 Literaturverzeichnis
[1] Niemann, H.; Maschke, C.; Hecht, K. (2005): Lärmbedingte
Belästigung und Erkrankungsrisiko. Ergebnisse des paneuro­
päischen LARES-Survay. In: Bundesgesundheitsblatt - Gesund­
heitsforschung - Gesundheitsschutz, Jg. 48, H. 3, S. 315–328.
[2] Maschke, C.; Wolf, U.; Leitmann, T. (2003): Epidemiolo­
gische Untersuchungen zum Einfluss von Lärmstress auf
das Immunsystem und die Entstehung von Arteriosklerose.
Herausgegeben von Umweltbundesamt Deutschland. Berlin.
(Forschungsbericht, 298 62 515, UBA-FB 000387).
[3] Holtz, F.; Hessinger, J.; Rabold, A.; Buschbacher, H. P.
(2004): Schallschutz - Wände und Dächer.
In: Informationsdienst Holz, H. Reihe 3, Teil 3, Folge 4.
[4] Schulze, H. (1998): Grundlagen des Schallschutzes.
Informationsdienst Holz. In: holzbau handbuch Reihe 3
Teil 3 Folge 1, S. 1–31.
[5] Binderholz Bausysteme GmbH; Saint-Gobain Rigips
Austria GmbH (Hg.) (2010): Handbuch Massivholzbau. Massiv.
Innovativ. Geprüft.
[6] Royar, J. (2003): Hohlraumdämpfung oder -dämmung welche Rolle spielt Mineralwolle in Trennwänden.
In: WKSB, H. 51, S. 20–32.
56
Stichwortverzeichnis
Auswirkung der Tauwasserbildung
33
Richtiger Schallschutz
53
Bewerteter Norm-Trittschallpegel Ln,w
50
Schallbrücken
54
Bewertetes Schalldämm-Maß Rw
50
Schallschutz
46
Blower-Door-Verfahren
22
sd-Wert
32
Dämmung mit Mineralwolle
55
Sommerliches Wärmeverhalten
17
Energieaufwand
12
Sonneneinstrahlung
17
Fachgerechter Feuchteschutz
27
Taupunkt
33
Feuchteadaptive Dampfbremse verwenden
38
Trittschall
48
Feuchteschutz
26
Umkehrdiffusion
31
Feuchtetransport durch Diffusion
29
Unbehagliches Raumklima
Feuchtetransport durch kapillares Saugen
29
U-Wert
18
Feuchtetransport durch Konvektion
32
Wärmebrücke
19
Feuchtetransport durch Rinnen oder Tropfen
28
Wärmedämmung
16
Flüssigkeitsschallübertragung
47
Wärmekonvektion
15
Konstruktiver Feuchteschutz
26
Wärmeleitfähigkeit
16
Körperschall
48
Wärmeleitung
14
Luftschallübertragung
47
Wärmeschutz
8
Luftströmung
21
Wärmestrahlung
15
mü(µ)-Wert
31
Wasserdampfdiffusionsequivalente Luftschichtdicke
32
Physikalischer Feuchteschutz
27
Wasserdampfkonzentration/-partialdruck
30
Planung des außenliegenden Sonnenschutzes
17
Winddichtheit
20
Planung des korrekten Feuchteschutzes
34
Ziel des Wärmeschutzes
Plus-Energie-Gebäude
11
9
9
57
Saint-Gobain ISOVER Austria GmbH
A-2000 Stockerau, Prager Straße 77
Technische Beratung: Tel.: +43 (0)2266 606 606
Marketing:
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