Genussvoll bauen

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SCALET
Genussvoll bauen
Funktional: Gemeinsam mit dem Kellermeister hat Architekt Mayerhofer eine Lösung für das neue Weingut Esterházy gesucht
Weinarchitektur Architektur und
Weinbau wachsen zusammen. In Trausdorf
entsteht das neue Weingut Esterházy. Modern und funktional geht das Traditionshaus in die Zukunft.
W
einbauer
zu
werden war für
Anton Mayerhofer nie wirklich Thema. Der Burgenländer
wollte bauen, nicht anbauen.
Seine Wurzeln hat er dabei
nie vergessen. Die Eltern waren Nebenerwerbswinzer im
mittelburgenländischen Ne36
ckenmarkt mitten im Blaufränkischland. Der Sohn war
schon als Kind dabei, wenn
der Wein für den Eigenbedarf
produziert wurde. Er weiß um
den Ablauf und Aufwand, bis
der gute Tropfen dort landet,
wo er hingehört: im Glas.
Trotzdem, seine Berufung lag
in der Architektur.
1987 hat Mayerhofer sein
Studium in Wien abgeschlossen. Ein Jahr später war er
dort, wo er hergekommen ist:
bei einem Weinbauern. Ein
Schulfreund aus Horitschon
bat ihn um Hilfe. Er wollte
das Weingut der Eltern zu einer funktionalen Produktionsstätte umbauen. Mayerhofer,
schon als Student spezialisiert
auf das ländliche Bauen und
mit seiner Erfahrung aus dem
Elternhaus ausgestattet, sagte
sofort zu. „Das Weingut hat
anders ausgesehen als die anderen, und es hat gut funktioniert“, sagt er heute. Die Beispielwirkung blieb nicht aus.
Weinbauern aus der Gegend
besuchten das Haus – und
engagierten den Architekten. Inzwischen hat er rund
20 Weingüter geplant. Den
Durchbruch schaffte er in den
90er Jahren mit dem Umbau
des Guts Gesellmann im Ortskern von Deutschkreutz.
Freistehendes Objekt. Jetzt
steht ein Prestigeprojekt an:
der Bau des Weinguts Esterházy auf der grünen Wiese zwischen Eisenstadt und
Trausdorf. „Der Neubau ist eine
selbstverständliche Entscheidung unseres Hauses gewesen“, sagt der Generaldirektor
SOLID · november 2005
Weingut Krispel,
Hof bei Straden
Architektur:
weidemann architekten, 2001–2002
BAUpraxis
praxis
A N G E L O K AU N AT
WA LT E R L U T T E N B E R G E R
Weingut Kollwentz,
Großhöflein
Architektur:
Anton Mayerhofer,
2001–2003
– auch sanft touristisch – genutzt werden.
ästhetisch den Anforderungen
entsprochen hat.
Heutige Handschrift. Das
neue Weingut soll in erster Linie Produktionsbetrieb
sein. „Die Weinwirtschaft ist
etwas Technologisches. Es ist
gefährlich, sie mit Romantik
zu verbinden“, sagt Ottrubay.
Gleichzeitig wollte der Esterházy-Chef ein architektonisch
wertvolles, modernes Gebäude
errichten. „Was heute geschaffen wird, soll auch die Handschrift von heute tragen“, ist
sein Motto.
Auf Mayerhofer ist sein Unternehmen durch die schon
realisierten Projekte gestoßen.
„Wir haben uns umgesehen,
wer am meisten Erfahrung bei
der Planung von Weingütern in
dieser Gegend hat, und in ihm
einen Mann gefunden, der in
den vielfältigsten Situationen
zu- oder neugebaut hat.“ Der
Burgenländer hat ein Konzept
erstellt, das funktional und
Klar gegliedert. Auf der Baustelle erinnert bis jetzt nichts
an ein Weingut. Dort, wo die
Besucher in Zukunft die Tropfen des Hauses kaufen und verkosten können, ist noch Naturboden. Vor dem Parkplatz- und
Eingangsbereich
werden in einem
Jahr
Weinreben
stehen – aus Gründen der Symbolik,
nicht für den praktischen Zweck. Der
Betonmantel
des
neuen Hauses steht
bereits, auch die
Optischer BlickStahlkonstruktion Architekt Anton May- fang. Vom Verim Eingangsbereich erhofer: „Mit einer
kaufsraum
bis
ist da. Was innen Lehmwand haben
zum Ende des Barkommen
wird, wir das Thema Erde
riquelagers zieht
muss der Architekt inszeniert.“
sich auf der linken
noch erklären.
Seite eine vor dem
Das Weingut hat einen
Stahlbetonwand hochgezogeGrundriss von rund 60 mal
ne Lehmwand. „Damit haben
40 Metern. Die Südseite des
wir das Thema Erde, das für
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THOMAS REINAGL
Reumann
Weingut Reumann,
Deutschkreutz
Architektur:
Anton Mayerhofer,
1998–2000
Gebäudes ist dem Verkaufsbereich und der Lagerung gewidmet. Vom Eingangsbereich
gelangt man direkt in den Verkaufsraum. Dort angelangt,
steht der Besucher praktisch
im Barriquekeller, der gleich
anschließt und nur durch eine
Verglasung von der Öffentlichkeit getrennt ist. Keller im Sinne des Wortes gibt
es keinen. Alles findet auf ein bis zwei
Ebenen statt. Hinter dem Barriquekeller folgt – ebenfalls südseitig – das
Flaschenlager.
D I A N TO N M AY E R H O F E R
der Esterházy Betriebe GmbH,
Stefan Ottrubay. Seit 1947 ist
das Weingut in den Kellern
des Schlosses Esterházy in Eisenstadt untergebracht. „Das
hat sich überholt“, sagt der
Chef. Die Produktionsverfahren haben sich seitdem verändert. In den Gewölben ist
immer wieder zu- und umgebaut worden. „Es ist alles
zusammengewürfelt. Wir haben zum Teil Pumpwege von
mehr als 100 Metern. Das ist
nicht zeitgemäß.“
Also haben die Fürstin
und die Vorstände der Privatstiftung im Juli den Neubau
beschlossen. Zuerst waren
auch Varianten in Eisenstadt
in Diskussion. „Doch dann
haben wir gesagt, wir müssen raus aus dem städtischen
Gebiet“, sagt Ottrubay. Die
Wahl fiel auf ein Grundstück
gleich neben dem Trausdorfer
Meierhof. Der wird – parallel
zum Neubau – jetzt saniert
und soll künftig anderweitig
SOLID · november 2005
37
BAUpraxis
RUPERT STEINER
ANDREAS BURGHARDT
HARALD EISENBERGER
Weingut Loimer,
Langenlois
Architektur:
Andreas Burghardt,
1999–2000
Weingut
Hillinger, Jois
Architektur:
gerner°gernerplus,
2001–2004
den Wein sehr wichtig ist, inszeniert. Gleichzeitig speichert
Lehm Feuchtigkeit, die für das
Klima im Barriquelager wichtig
ist“, sagt Architekt Mayerhofer.
Über eine Treppe gelangt
man in das Obergeschoß, wo es
Weinverkostungen und Seminare geben wird. Von der Terrasse
aus blickt man auf – die noch
zu pflanzenden – Weinreben
vor dem Gebäude. Auf der anderen Seite des Raums liegt den
Besuchern wie vom Erdgeschoß
aus der Barriquekeller zu Füßen. Über eine Galerie betritt
man die Nordseite des Gebäudes
mit Blick auf den Produktionsbereich. „So können unsere Besucher die Produktion und das
Lager besichtigen, ohne diese
Gebäudeteile betreten zu müssen“, sagt Ottrubay. Positiv daran ist natürlich auch, dass der
Betrieb nicht gestört wird.
Gemeinsam geplant. Mayerhofer hat bei der Planung eng
mit dem Kellermeister von Esterházy zusammengearbeitet.
„Der hat schon viele Weingüter
besichtigt und weiß selbst am
besten, was der einfachste und
funktionalste Zugang ist“, sagt
Daten und Fakten
A N G E L O K AU N AT
Weingut
Esterházy
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Weingut
Erwin Sabathi,
Leutschach
Architektur:
Igor Skacel,
2002–2004
Bauherr: Esterházy’sche Weingut und Schlosskellerei GesmbH & Co.
KG, Eisenstadt
Architekt: DI Anton Mayerhofer, Wien
Statik: Kollitsch & Stanek ZT
GmbH, Wien
Bebaute Fläche: 2.030,80 m2
Nutzfläche: 2.364,70 m2
Kosten: rund 7 Millionen Euro
EU-Förderung: rund 1 Million
Euro
SOLID · november 2005
Weingut
Igler, Deutschkreutz
Architektur:
Anton Mayerhofer,
2001
WA LT E R L U T T E N B E R G E R
Weingut
Polz, Spielfeld
Architektur:
g2plus grabensteiner architekten mit
Bernd Masser,
2000–2001
BAUpraxis
praxis
Jahrgang 2006. Viel Zeit für
den Bau haben die Ausführenden nicht. Im Juli wurde begonnen, im Juni 2006 soll das Haus
fertig sein. Der hoffentlich gute
Jahrgang 2006 wird bereits im
neuen Weingut produziert. Trotz
der schlechten Witterung im
Sommer, die bei der Herstellung
der Sichtbetonwände nicht sehr
hilfreich war, ist Mayerhofer im
Zeitplan. Er weiß, wie bei der
Weinproduktion muss beim Bau
eines Gebäudes jeder Handgriff
zum richtigen Zeitpunkt ausgeführt werden, damit das Ergebnis stimmig und genussvoll für
den Konsumenten – in diesem
Fall den Betrachter – ist. MS
Ausstellung
Weinarchitektur
Weingut
Gesellmann,
Deutschkreutz
Architektur:
Anton Mayerhofer,
1998–1999, 2001
Im Architekturzentrum Wien ist noch bis
6. Februar 2006 die
Ausstellung „WeinArchitektur. Vom Keller
zum Kult“ zu sehen.
D
ie Schau zeigt erstmals einen Überblick
über zeitgenössische
Architektur im österreichischen Weinbau. „Keine
andere Branche ist in einer derart herausragenden
Dichte die erfogreiche Allianz mit zeitgenössischer
Architektur eingegangen
wie die der österreichischen Weinbauern“, sagen
die Ausstellungsmacher.
Sie haben rund 60
Beispiele für ihre Schau
zusammengetragen – und
mit Beispielen aus anderen Ländern ergänzt.
„Kein anderes Land ist
in diesem Bereich so
aktiv wie Österreich“,
sagt AzW-Chef Dietmar
Steiner.
SOLID · november 2005
THOMAS REINAGL
der Architekt. Für den Chef im
Weingut kam nur ein ebenerdiger Entwurf in Frage, der einfach zu bewirtschaften ist. So ist
– zwischen Produktion und Lager – der Manipulationsbereich
entstanden, wo die Trauben und
andere Rohstoffe angeliefert und
bearbeitet werden.
An der Decke verläuft das so
genannte Rückgrat des Hauses
– über die ganze Länge. Dort
ist die gesamte Infrastruktur,
wie etwa die Rohrleitungen,
untergebracht. Über Anschlüsse
werden die Ressourcen verteilt.
Jeder Tank kann einzeln angesteuert werden.
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