Erste Hilfe für traumatisierte Kinder

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Gehirn umlegen, damit die Kaskade von Symptomen ausgelöst wird,
die als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) beschrieben wird.
Diese Störung kann bei etwa zwei Dritteln der Erwachsenen nachgewiesen werden, die eine traumatische Situation erlebt haben. Die Erfahrung legt nahe, dass Kinder akut weit häufiger mit Symptomen
einer PTBS reagieren. Ein Drittel der erwachsenen Patienten verliert die
Symptome innerhalb der ersten Wochen nach dem Trauma spontan,
ein weiteres Drittel entwickelt unbehandelt chronische Symptome,
und das letzte Drittel zeigt überhaupt keine Symptome im Sinne einer
Psychotrauma-Folgestörung. Für Kinder fehlen uns diese Zahlen in der
Forschung bislang. Statistisch gilt, dass etwa 10 % aller Menschen im
Laufe ihres Lebens einmal eine Posttraumatische Belastungsstörung
erleiden.
Symptome und ihren Sinn verstehen, Faktoren,
die zu einer Psychotrauma-Folgestörung
beitragen können
(Psychische) Krankheitszeichen können in gewissem Maße »Sinn machen«. Deswegen soll es zuerst um dieses Thema gehen, bevor die Anzeichen für eine Posttraumatische Belastungsstörung dargestellt werden.
Zunächst: Eine Traumatisierung bedeutet für viele Menschen, den
Sinn im Leben nicht mehr sehen zu können. Einen Sinn zu erkennen
kann für die Eltern, die Menschen in der Umgebung und vor allem das
Kind auch bedeuten, den »Lebensfaden« wieder aufzunehmen, der
durch das Trauma verlorengegangen ist. Hierfür kann es wichtig sein,
wenigstens die akuten Reaktionen des Organismus auf die Ereignisse
zu verstehen. Das Kind tritt so wieder in Verbindung mit sich selbst
und den Menschen im Umfeld. Wir erklären dem Kind oder Jugendlichen daher unser Verständnis von inneren Prozessen nach dem
Trauma. Haben wir dem Kind oder Jugendlichen den Sinn der Symptome erklärt, können wir ihm die Möglichkeit eröffnen, etwas zu tun,
um diese zu überwinden. Es entsteht so ein Gefühl der Kontrolle über
innere und äußere Vorgänge. Kontrolle ist für den traumatisierten Menschen eine weitere gute Medizin, denn die traumatische Situation ist
durch ohnmächtiges Ausgeliefertsein gekennzeichnet. Kontrolle heißt
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Macht haben über das Selbst und die Umgebung. Das folgende Fallbeispiel soll deutlich machen, welche heilsame Bedeutung das Wissen um
sich selbst und die mit einem Menschen in der Umgebung geteilte
Erfahrung haben kann.
Die 15-jährige Carla wurde vor drei Jahren durch einen Unbekannten sexuell missbraucht. Sie wird in der Trauma-Ambulanz vorgestellt, nachdem es
zum wiederholten Male zu Selbstmordversuchen und jetzt zu einem ernsten Suizidversuch gekommen ist. Es hilft der Patientin sofort, als der behandelnde Therapeut nach dem ersten Gespräch die Diagnose einer schweren
Posttraumatischen Belastungsstörung stellt. Carla fühlt sich zum ersten
Mal mit dem Leid, welches vor allem durch intensive Flashbacks (s. u.) ausgelöst wird (die auch zu den Suizidversuchen geführt hatten), verstanden.
Auch die Eltern sind erleichtert und können ihre Tochter endlich seit längerer
Zeit wieder verstehen. Die Situation, endlich einmal zu verstehen und bei
der Bewältigung der Störungszeichen eine Aussicht auf Hilfe zu haben, führt
bei allen Beteiligten zu einem Aufatmen. Es kommt bereits nach der ersten
Therapiestunde zu einer spontanen Besserung der gesamten Symptomatik.
Es handelt sich nicht um eine »Wunderheilung«, sondern Carla fühlt sich
mit ihrem Leid zum ersten Mal verstanden und ernst genommen.
Allein das Wissen, dass sie normale Krankheitszeichen auf eine traumatische Situation entwickelt hatte, und die Information, dass diese
Symptome überwunden werden können, waren für Carla bereits eine
große Hilfe. Wenn Eltern oder andere Menschen ihr diese Informationen gleich nach der Tat vermittelt hätten, wäre es nicht zu der Ausprägung einer derart belastenden und bedrohlichen Symptomatik
gekommen.
Auch uns Traumatherapeuten hilft es, zu verstehen, zu forschen,
Hintergründe, einen Grund für unser berufliches Handeln zu finden.
Solange es die Menschheit gibt, forschen die Menschen nach Gründen, auch um Belastungen der Lebens zu ertragen. Die Philosophie
gründet ihre ganze Existenz auf diesen Hunger des Menschen: Warum
sind wir die, die wir sind?
Krankheitszeichen haben aber auch direkt einen Sinn: Das Fieber
tötet ab einer bestimmten Temperatur Bakterien ab. Die Schmerzen
einer vereiterten Wunde haben den Sinn, dass wir uns um Hilfsmaßnahmen, um eine Behandlung, kümmern. Tun wir dies nicht, so ent28
wickelt sich aus einer kleinen Vereiterung am Bein unter Umständen
eine lebensbedrohliche Blutvergiftung. Die Auffassung in unserer westlichen Medizin ist gelegentlich vorschnell die, dass Krankheitssymptome als etwas Feindliches angesehen werden, das es zu bekämpfen
gilt. Dabei weisen sie uns darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Zudem
sollten wir die Selbstheilungskräfte zunächst einmal als solche erkennen und dann für den Heilungsprozess nutzen – da, wo es geht und
sinnvoll erscheint.
Es gibt verschiedene Faktoren, die bei der Entwicklung einer TraumaFolgestörung von Bedeutung sind: etwa eine körperliche »Neigung« zur
Ausbildung bestimmter Symptome, vererbte oder erworbene Schwachstellen also. Auch in der übrigen Natur gilt: Bei einer bestimmten Last
bricht ein Ast. Er wird aber gerade dort brechen, wo er besonders dünn
gewachsen ist oder wo zuvor bereits ein Riss war. Auf uns Menschen
bezogen: Haben wir gerade beruflichen Stress im Übermaß, so werden
wir uns die Herbstgrippe eher »einfangen«, als wenn wir gerade entspannt im Urlaub das Meer genießen.
Dieses Beispiel kann auf die Psyche übertragen werden: Die Forschung hat ergeben, dass stärker in sich gekehrte, introvertierte Menschen auf extremen Stress eher mit einer Trauma-Folgestörung reagieren. Auch werden Kinder, die durch andere schwierige Umstände
aktuell in hohem Maße gefordert sind oder bei denen »Meilensteine«
der Entwicklung anstehen – wenn sie z. B. die Schulreife erreichen und
gerade eingeschult werden –, möglicherweise eher mit einer TraumaFolgestörung auf ein bestimmtes Ereignis reagieren: Sie sind gerade
vermehrt belastet und weniger widerstandsfähig.
Auch Umstände, die nichts mit der Entwicklung des Kindes selbst
zu tun haben, sind zu berücksichtigen, z. B. wenn gerade die geliebte
Oma ins Krankenhaus gekommen ist, der Hund gestorben ist oder die
Familie umgezogen ist. Zudem kann ein Kind schon vor extremem
Stress, der zu einer Trauma-Folgestörung führt, Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Es leidet vielleicht unter psychischen oder körperlichen
Krankheiten oder die gesamten Lebensumstände des Kindes und seiner
Familie sind möglicherweise vielfach schwer belastet.
Besonders bedrückend kann es für das Kind sein, wenn ein Elternteil Ähnliches erlebt hat und dessen eigene seelischen Wunden nicht
ausreichend verheilt sind. Prüfen Sie sich also beim Umgang mit dem/
Ihrem Kind, ob seine Verletzung nicht auch an alte Verletzungen von
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Ihnen selbst rührt. Die Erinnerung an eigene Verletzungen kann den
Erwachsenen neuerlich überwältigen und dazu führen, dass er für das
Kind nicht ausreichend da ist oder gar auf das Kind einen schädlichen
Einfluss hat: z. B. wenn die Mutter früher einmal – wie jetzt die Tochter – von einem Unbekannten sexuell missbraucht wurde und die
Mutter selbst unter einer unbehandelten Störung leidet, die jetzt heftig wieder hervorbricht (wie eine nicht kurierte Tuberkulose, die bei
Belastung wieder aufbricht). In diesen Fällen brauchen das Kind und
Sie selbst/die Eltern eine professionelle Beratung oder sogar Traumatherapie.
In der folgenden Darstellung werden belastende und schützende
Faktoren zusammengefasst, die die Ausbildung einer PsychotraumaFolgestörung beeinflussen können.
Durch diese Faktoren wird die Ausbildung einer Trauma-Folgestörung
wahrscheinlicher:
앫 Phasen des Selbständigwerdens, wenn Neues verarbeitet werden muss (Laufenlernen, Einführung in den Kindergarten, Einschulung, Schulwechsel, Ausbildung, erste Partnerschaft, Auszug aus dem Elternhaus);
앫 psychische und körperliche Entwicklungsstufen werden gerade überwunden
(Krabbelalter, Trotzphase, Pubertät etc.);
앫 ein nach innen gekehrter Charakter, mangelndes Selbstbewusstsein;
앫 niedrige Intelligenz des Kindes;
앫 (aktuelle) Trennungsereignisse (Umzug, Verlust einer guten Freundschaft,
Auszug eines älteren Geschwisters, Trennung der Eltern);
앫 eigene zuvor bestehende psychische oder körperliche Krankheit;
앫 psychische oder körperliche Krankheit der Eltern/Geschwister;
앫 erhebliche Konflikte innerhalb der Familie (zwischen Kind – Bruder/Schwester, Eltern – Kind, Vater – Mutter etc.);
앫 eigene unbewältigte Traumageschichte der Eltern (kann helfen, wenn der
betreffende Elternteil das Trauma gut verarbeitet hat);
앫 aktuelle Todesfälle (Elternteil, Geschwister, Großeltern, geliebtes Haustier,
nahestehende Menschen, Kinder);
앫 Belastung der Familie durch Arbeitslosigkeit, Armut, räumliche Enge, räumliche Trennung durch Arbeit;
앫 Zusammentreffen mehrerer Belastungsfaktoren.
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»Marvin zieht sich nur noch zurück, der ist
wie weg!« – Das traumatisierte Kind,
sein Gleichaltrigenkreis/»Peers« und Freunde
Meist bedeutet eine Traumatisierung für das betroffene Kind, dass es
überfordert ist – in seinem inneren Erleben und im folgenden Umgang
mit anderen: Es spürt, dass es innerlich »zerrüttet« ist; meist erleben die
Kinder oder Jugendlichen jedoch nicht, dass ihr Leid von einem anderen im vollen Ausmaß nachvollzogen werden kann. Das Kind wird mit
seinem unsichtbaren Leid einsam, ist verwirrt über Flashbacks, Alpträume, Zeichen von Übererregung und Zustände tiefer Abwesenheit.
Ein Erwachsener hat vielleicht auch noch gesagt: »Stell dich nicht so
an« – dann folgen schlimme Schamgefühle, und das Selbstwertgefühl
wird immer geringer.
So kommt es dann auch zu Auswirkungen der schweren seelischen
Verletzung im Bereich der Freunde und Gleichaltrigen/Peers. Nachdem es einige Male erfahren musste, dass es nicht verstanden wurde –
im schlimmsten Fall auch nicht von den eigenen Eltern –, vertraut sich
das Kind auch seinen Freunden und Freundinnen nicht mehr an. Es
will diese Schmach und Entwertung nicht noch einmal erleben – und
erlebt sich selbst als Sonderling, vielleicht sogar als »irre«, z. B. wegen
der »schlimmen Filme« im Kopf. Das Kind verabredet sich nicht mehr
mit anderen Kindern, verkriecht sich im Kindergarten in eine Ecke
oder steht auf dem Schulhof in den Pausen lieber allein da.
Kinder haben feine »Antennen« für das Gefühlsleben der anderen
Kinder: Die (neue) »Schwäche« des Kindes bleibt nicht verborgen, und
die Ausgrenzung erfolgt bald von beiden Seiten: dem Opferkind und
den Gleichaltrigen in seiner Umgebung.
Wenden wir uns zunächst der problematischsten Situation zu, die
dann folgen kann: Immer wieder sind es gerade die Kinder, die selbst
auf verschiedene Art belastet sind, die das Opferkind dann zusätzlich
belasten: Das Kind wird gehänselt, gemobbt, im ärgsten Fall sogar körperlich von anderen Kindern belästigt oder geschlagen.
Warum tun selbst belastete Kinder unter Umständen anderen so
etwas dann an? Die »Täterkinder« scheinen in ihren Opfern etwas von
dem eigenen verletzten »inneren jüngeren Kind« zu finden. Statt sich
hilfreich zu solidarisieren, bekämpfen sie im schwächeren Gegenüber
die eigene Ohnmacht und die Gewalt, die sie selbst erfahren haben – sie
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sehen nicht selten unbewusst in der »neuen« Rolle als »Macher«, als
kleiner Täter, eine Chance zur Überwindung der eigenen ohnmächtig
erlebten Opferrolle: z. B. in der eigenen Familie. Solidarisches Verhalten setzt in der Regel voraus, dass man selbst Hilfe erfahren hat – und
war sie auch noch so begrenzt.
Leider ist es nicht selten so, dass sich ehemalige (beste) Freunde von
einem Kind mit Zeichen einer Trauma-Folgestörung zurückziehen,
wenn, gerade bei kleineren Kindern, nicht die Eltern und andere
Erwachsene – Lehrer, Eltern von Freunden oder Leiter von (Sport-)Vereinen – die Freundschaft unterstützen.
Aber es gibt sie eben auch, diese »andere Sorte« von Kindern, die
sich aufgrund ihrer Wahrnehmungen zu dem traumatisierten Kind
hingezogen fühlen. »Gleich und Gleich gesellt sich gern« – und nicht
selten sind es ebenfalls traumatisierte Kinder, die schon etwas »weiter«
mit ihrer Traumaverarbeitung zu sein scheinen: oder aber »abgehärteter«, was die Folgen der schweren seelischen Verletzung angeht.
»Verlorene«, isolierte Kinderseelen bekämpfen sich also nicht nur,
wie oben beschrieben – sie verbünden sich auch oft unbewusst miteinander. Und das ist zunächst einmal positiv. Sie unterstützen einander
da, wo Hilfe von Erwachsenen ausgeblieben ist oder versagt hat. So
sind sie nicht mehr allein und »tragen« sich tatsächlich gegenseitig
ein Stück. Die kleinen »verbünden« sich beispielsweise in tätlichen
Auseinandersetzungen als kleine Haudegen gegen »die anderen«. Bei
älteren Kindern oder Jugendlichen werden von der Öffentlichkeit allgemein »unerwünschte« Verhaltensweisen (Vandalismus, hässliches,
schrilles Outfit etc.) durch eine »gleichgeschaltete« Psycho-TraumaLogik untereinander verstärkt, ein »Wir-Gefühl« schützt die Gleichen
von den anderen, welche die unaussprechliche innere Welt eines traumatisierten Menschen und die aus der Traumatisierung resultierenden
Folgen nicht teilen können.
In den Extrempositionen der Jugendlichengruppen mögen sich
zum Teil jeweils vermehrt Jugendliche finden, die ähnlich »ticken« –
also auch ein unbewusstes Verständnis für die inneren Wirrnisse des
anderen aufbringen können. Andere, »behütete« Kinder können ein
solches Verständnis nicht ohne weiteres – so »ohne Worte« – entwickeln und werden durch die Verhaltensweisen der genannten Gruppen verwirrt und ihrerseits überfordert. Die besondere Verletzbarkeit
ist den Mitgliedern dieser Peers wohlbekannt, auch die leichte Erreg86
barkeit, impulsives Verhalten, die Art, Ängste zu verleugnen und mitunter aggressive Ausbrüche dagegenzustellen. Provokation dient quasi
als Schutzfaktor, um die Gruppe nach außen »sicher« abzugrenzen:
durch die äußere Erscheinung und skurrile Verhaltensweisen.
Diese Phänomene finden sich m. E. beispielsweise oft in der Punker- oder Neonaziszene. Die gegenseitige Unterstützung und auch die
Schutzfunktion hat aber bekanntermaßen weitere Schattenseiten: So
verstärken sich unter Umständen pessimistische Auffassungen bezüglich der Weltgeschehnisse und der Vertrauenswürdigkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen. Auch entstehen kollektive, nicht ausreichend reflektierte Feindbilder, und die Außenwelt wird über einen
Kamm geschoren. Zudem kommt es in solchen Gruppen nicht selten
zu Drogenkonsum. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sowohl Cannabis als auch Alkohol hochwirksam gegen Flashbacks und Übererregungssymptome sowie Dissoziationen sein können. Der Drogenkonsum, der in bestimmten sozialen Gruppen der Jugendlichen idealisiert
wird, entspricht bei einigen Betroffenen also einer Art Selbstmedikation, wenn angemessene Hilfe von Erwachsenen nicht angeboten
wurde oder möglich war. Durch den sozialen Abstieg, den unversorgte,
schwer traumatisierte Kinder und Jugendliche oft zu beklagen haben,
wird die Wahrscheinlichkeit weiterhin größer, dass sie später auch zu
den »harten« Drogen greifen: Über die sogenannten Designerdrogen
(z. B. Ecstasy) kommen die Jugendlichen dann unter Umständen auch
zum Konsum von Kokain oder sogar Heroin.
Eine Idealisierung und Legitimation von Unrecht und Gewalt aufgrund des selbst erlebten Unrechts kann dann auch zu Straffälligkeit
und Kontakten mit der Justiz führen.
Im Folgenden werden einige wichtige Aspekte aufgezeigt, die nach
einer Traumatisierung für die Beziehungen des Kindes oder Jugendlichen zu Gleichaltrigen kennzeichnend sind.
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Folgende Beobachtungen hinsichtlich ihrer Beziehungswelt kann man
häufig bei Kindern oder Jugendlichen machen, die traumatisiert wurden:
앫 Das Kind oder der Jugendliche zieht sich aus allen sozialen Bezügen zu
Gleichaltrigen in Kindergarten, Schule oder Verein zurück. (»Marvin zieht
sich nur noch zurück, der ist wie weg«, klagte sein Freund.)
앫 Zwischen den Freunden aus der Zeit vor dem Trauma und dem Kind oder
Jugendlichen entsteht nach den Ereignissen häufig eine schwer nachvollziehbare »Sprachlosigkeit«.
앫 Alte und »bewährte« Freundschaften werden durch das Kind/den Jugendlichen selbst aufgekündigt.
앫 Auch »altbewährte« Freunde des Kindes wenden sich von sich aus von dem
traumatisierten Kind ab. Nicht immer wird Ihnen deutlich werden, womit
diese Veränderungen zusammenhängen. Alle beteiligten Kinder neigen
dazu, sich hinsichtlich der Gründe für die neue Distanz »auszuschweigen«,
oder sie wissen es einfach selbst nicht zu erklären.
앫 Das Kind oder der Jugendliche gesellt sich zu einem Gleichaltrigenkreis, der
Ihnen als problematisch erscheint. Diese Kinder oder Jugendlichen fallen
durch provokatives, zum Teil zerstörerisches Verhalten auf.
앫 Die Gruppe der Kinder oder Jugendlichen grenzt sich auffällig von anderen
Kindern oder Jugendlichen ab. Auch Sie als Erwachsener finden schwer
Zugang zu ihnen.
앫 Sie haben den Verdacht, dass in den »neuen« Kreisen von Jugendlichen Alkohol und andere Drogen konsumiert werden.
앫 Gelegentlich können auch schöne, herzliche neue Beziehungen zwischen
dem belasteten Kind oder Jugendlichen und »neuen« Kindern entstehen.
앫 Diese Begegnungen sind aber manchmal labil und zerbrechen ohne Unterstützung durch kompetente Erwachsene gelegentlich wieder. Dies ist z. B.
dann der Fall, wenn das »neue« Kind durch die Peers, die das Opferkind
unter Umständen hänseln, kollektiv auch in Mitleidenschaft gezogen wird.
Die verschiedenen Aspekte der Aufstellung machen deutlich, dass Sie
ein Kind oder einen Jugendlichen nach einer Traumatisierung auch
hinsichtlich möglicher Schwierigkeiten in seinen Beziehungen zu
Gleichaltrigen im Blick behalten sollten.
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