Kinder psychisch kranker Eltern - Uni

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Philipps-Universität Marburg
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Kinder psychisch kranker Eltern
Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die
Entwicklung in den verschiedenen Alterssstufen
Fritz Mattejat
Vortrag am 27. Sept. 2007 um 18.00 Uhr im
historischen Rathaussaal Marburg
F. Mattejat
Kinderschutzbund Marburg und Arbeitskreis
„Kinder psychisch kranker Eltern“
1
Kinder psychisch kranker Eltern
Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Entwicklung in den
verschiedenen Alterssstufen
• Grundinformationen: Psychische Erkrankungen
– Wie zeigt sich eine psychische Erkrankung (Beispiele)?
– Häufigkeit und Bedeutung von psychischen Erkrankungen
– Stigmatisierung von psychischen Krankheiten.
• Wenn Vater oder Mutter psychisch krank sind: Folgen für
die Kinder
– Statistische Zahlen zum Erkrankungsrisiko
– Welche Rolle spielt die Vererbung, welche Rolle spielt die
Umwelt?
– Wie sind die Auswirkungen auf unterschiedlichen
Altersstufen?
• Was kann getan werden?
– Was brauchen Kinder in den verschiedenen Altersstufen
– Wie kann geholfen?
2
Kinder psychisch kranker Eltern
Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Entwicklung in den
verschiedenen Alterssstufen
• Grundinformationen: Psychische Erkrankungen
– Häufigkeit und Bedeutung von psychischen Erkrankungen
– Wie zeigt sich eine psychische Erkrankung (Beispiele)?
– Stigmatisierung von psychischen Krankheiten.
• Wenn Vater oder Mutter psychisch krank sind: Folgen für
die Kinder
– Statistische Zahlen zum Erkrankungsrisiko
– Welche Rolle spielt die Vererbung, welche Rolle spielt die
Umwelt?
– Wie sind die Auswirkungen auf unterschiedlichen
Altersstufen?
• Was kann getan werden?
– Was brauchen Kinder in den verschiedenen Altersstufen
– Wie kann geholfen?
3
Psychiatrische Störungen nach ICD-10
F0
F1
F2
F3
F4
Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
Affektive Störungen
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
F 40
F 41
F 42
F 43
F 44
F5
Verhaltensauffälligkeit mit körperlicher Symptomatik
F 50
F6
F8
F9
Essstörungen
Persönlichkeitsstörungen
Entwicklungsstörungen
Verhaltensstörungen mit Beginn in Kindheit und Jugend
F 90
F 91
F 93
Klassifikation
Phobische Störungen
Andere Angststörungen
Zwangsstörungen
Anpassungsstörungen
Dissoziative Störungen
Hyperkinetische Störungen
Sozialverhaltensstörungen
Emotionalstörung des Kindesalters
Psychiatrische Störungen nach ICD-10
F0
F1
F2
F3
F4
Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
Affektive Störungen
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
F 40
F 41
F 42
F 43
F 44
F5
Verhaltensauffälligkeit mit körperlicher Symptomatik
F 50
F6
F8
F9
Essstörungen
Persönlichkeitsstörungen
Entwicklungsstörungen
Verhaltensstörungen mit Beginn in Kindheit und Jugend
F 90
F 91
F 93
Klassifikation
Phobische Störungen
Andere Angststörungen
Zwangsstörungen
Anpassungsstörungen
Dissoziative Störungen
Hyperkinetische Störungen
Sozialverhaltensstörungen
Emotionalstörung des Kindesalters
Schizophrenie: Diagnostische Kriterien nach ICD-10
• Grundlegende Störung von Denken und Wahrnehmung
sowie inadäquate Affekte.
• Keine Beeinträchtigung von Bewusstseinsklarheit und
intellektuellen Fähigkeiten (allerdings Langzeitverlauf
kognitive Defizite möglich).
• Psychopathologische Phänomene wie z.B.
Gedankeneingebung, Beeinflussungswahn,
Stimmenhören.
• Verlauf kontinuierlich oder episodisch mit zunehmenden
oder stabilen Defiziten oder kompletter Remission
Schizophrenie
Typische Symptome
bei einer paranoiden Schizophrenie
• Ich- Störungen wie Gedankenlautwerden,
Gedankeneingebung oder Gedankenentzug;
• Störungen der Wahrnehmung von Zeit, Raum,
Farbe, Form, Körperbild usw.;
• Kontroll- und Beeinflussungswahn, Gefühl des
Gemachten;
• akustische Halluzinationen, oft als Stimmen, die
Gedanken und Handlungen kommentieren, oder
dialogische Stimmen, die über den Betreffenden
reden
Symptome der Depression
•
Auf der emotionalen Ebene:
Affektstörung: Traurigkeit, Verstimmung
Schuldgefühle / Selbstvorwürfe
Reduziertes Selbstwertgefühl („Ich bin nichts wert“)
Gefühl der Gefühllosigkeit
•
Auf der Verhaltensebene:
Antriebsstörung / Verminderte Aktivität
Psychomotorische Hemmung (bis hin zum
Stupor/völlige Erstarrung) oder Agitiertheit
Sozialer Rückzug
8
Symptome der Depression
• Auf der kognitiven Ebene:
Konzentrationsstörungen
Formale Denkstörungen (Denkhemmung,
Verlangsamung)
Grübeln, Todes- und Suizidgedanken
• Auf der körperlichen Ebene:
Schlafstörungen (Ein-, Durchschlafstörungen, frühmorgendliches Erwachen)
Appetitverlust (oder –steigerung) mit
entsprechender Gewichtsveränderung
Libidoverlust und vegetative Beschwerden (Kopf-,
Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen)
9
Häufigkeit psychischer Erkrankungen in der deutschen
Bevölkerung:
Ergebnisse des deutschen Bundesgesundheitssurveys (RKI)
(BPtK-Newsletter, I/2007; Februar 2007)
Diagnosen(-gruppe)
12-MonatsPrävalenz
Substanzstörungen (F1) [ohne
Nikotinabhängigkeit]
4,5 %
Mögliche psychotische Störungen (F2)
2,6 %
Affektive Störungen (F3) [Depressionen]
11,9 %*
Angststörungen (F40-42)
14,5 %
Somatoforme Störungen (F45)
11,0 %
Essstörungen (F50)
0,3 %
Psychische Störungen aufgrund einer
körperlichen Erkrankung
1,3 %
Irgendeine psych. Störung
31,0 %
* davon rund 50% behandlungsbedürftige Depressionen.
10
Häufigkeit psychischer Erkrankungen in der deutschen
Bevölkerung:
Ergebnisse des deutschen Bundesgesundheitssurveys (RKI)
(BPtK-Newsletter, I/2007; Februar 2007)
Diagnosen(-gruppe)
12-MonatsPrävalenz
Substanzstörungen (F1) [ohne
Nikotinabhängigkeit]
4,5 %
Mögliche psychotische Störungen (F2)
2,6 %
Affektive Störungen (F3) [Depressionen]
11,9 %*
Angststörungen (F40-42)
14,5 %
Somatoforme Störungen (F45)
11,0 %
Essstörungen (F50)
0,3 %
Psychische Störungen aufgrund einer
körperlichen Erkrankung
1,3 %
Irgendeine psych. Störung
31,0 %
* davon rund 50% behandlungsbedürftige Depressionen.
11
Bedeutung depressiver Störungen
(nach Pössel, Schneider & Seemann, 2006)
- Die Politische und wirtschaftliche Dimension •
WHO: Die Weltgesundheitsorganisation hat ein Maß entwickelt, mit dem die
gesundheitliche Beeinträchtigung und Sterblichkeit bei verschiedenen
Krankheiten miteinander verglichen werden können. Disability Adjusted Life
Years (DALY). Wieviele Jahre gesunden Lebens hat ein Mensch mit einer
bestimmten Erkrankung? Bzw.: Wwie viele Jahre gesunden Lebebens gehen
durch eine Krankheit verloren?
•
Schon 1990 stand die unipolare Depression an vierter Stelle aller Ursachen
gesundheitlicher Beeinträchtigung und vorzeitiger Mortalität (Murray und Lopez
1996)
•
Bis zum Jahr 2020 wird die Depression bei den Ursachen gesundheitlicher
Beeinträchtigung und vorzeitiger Mortalität auf den 2. Platz aufrücken (nur
übertroffen von Herz-Kreislauferkrankungen) [WHO]
•
In Deutschland gibt es rund 4 Millionen Patienten mit behandlungsbedürftigen
Depressionen [Kompetenznetz Depression, 2005]
•
Im Jahr 2005 verursachen Depressionen In Deutschland Gesamtkosten von
etwa 17 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu: Etat des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2007: von 5,25 Milliarden Euro.
12
Stigmatisierung und Tabuisierung
• Stigma griechisch στíγµα „Stich“, „Punkt“ oder „Brandmal“.
• Die Brandmarkung war insbesondere im Mittelalter Bestandteil
grausamer Straf- und Folterkataloge. Abgeschwächte Formen
der Brandmarkung wurde durch andere Formen der öffentlichen
Entehrung herbeigeführt, z.B. durch das Anlegen von
Spottschildern, Halsgeigen oder eisernen Halskrausen.
• Stigmatisierung bezeichnet heute die Beschreibung einer
Person, die dazu führt, dass diese Person diskriminiert wird
(Ablehnung, Abwertung, Ausgrenzung). [AIDS]
• Stigmatisierung bei psychischen Erkrankungen: Abwertung,
Beschämung, Beschuldigung, Tabuisierung
13
Stigmatisierung und Tabuisierung
psychischer Erkrankungen
• Die Krankheit wird nicht anerkannt: „Wir haben das genau
untersucht, er/ sie hat nichts“.
• Die Krankheit wird nicht ernst genommen, sondern als
Einbildung / Übertreibung und Einbildung bezeichnet.
• Die Erkrankung wird mit abwertenden Bezeichnungen versehen;
der Patient wird abgewertet (... in der Psychiatrie „gelandet“).
• Die Krankheit wird nicht beim Namen genannt. Es wird um den
heißen Brei herumgeredet (Mitteilung der Diagnose durch
Ärzte?)
• Der Patient schämt sich für seine Erkrankung, er hat das Gefühl,
selbst Schuld zu sein.
• Die Krankheit wird von Patienten und Angehörigen verheimlicht,
verschwiegen oder verleugnet; notwendige und effektive
Behandlungen werden nicht wahrgenommen.
14
Kinder psychisch kranker Eltern
Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Entwicklung in den
verschiedenen Alterssstufen
• Grundinformationen: Psychische Erkrankungen
– Häufigkeit und Bedeutung von psychischen Erkrankungen
– Wie zeigt sich eine psychische Erkrankung (Beispiele)?
– Stigmatisierung von psychischen Krankheiten.
• Wenn Vater oder Mutter psychisch krank sind: Folgen für
die Kinder
– Statistische Zahlen zum Erkrankungsrisiko
– Welche Rolle spielt die Vererbung, welche Rolle spielt die
Umwelt?
– Wie sind die Auswirkungen auf unterschiedlichen
Altersstufen?
• Was kann getan werden?
– Was brauchen Kinder in den verschiedenen Altersstufen
– Wie kann geholfen?
15
Kinder psychisch kranker Eltern:
Konservative Häufigkeitsabschätzung
für die Bundesrepublik Deutschland
• In der Bundesrepublik wachsen mindestens 2 Millionen Kinder
bei einem Elternteil mit irgendeiner schwerwiegenden
psychischen Störung auf.
• Mindestens 100.000 Kinder bei einem Elternteil mit einer
Schizophrenie auf.
• Mindestens 600.000 Kinder wachsen bei einem Elternteil mit
einer gravierenden Depression auf.
16
Lebenslanges Erkrankungsrisiko für
Schizophrenie
Risikogruppen
Gesamtbevölkerung:
Erkrankungsrisiko
1%
W enn ein Elternteil an einer
Schizophrenie erkrankt ist:
12 %
W enn beide Eltern an einer
Schizophrenie erkrankt sind:
40 %
17
Lebenslanges Erkrankungsrisiko für schwere
affektive Störungen (Depressionen und manischdepressive Erkrankungen)
Risikogruppen
Gesamtbevölkerung:
Wenn ein Elternteil an einer
bipolaren affektiven Störung
erkrankt ist:
Wenn ein Elternteil an einer
unipolaren affektiven Störung
erkrankt ist:
Wenn beide Eltern an einer
affektiven Störung erkrankt sind:
Erkrankungsrisiko
5 - 10 %
9 - 21 %
8 - 15 %
56 %
18
Depressive Störungen der Eltern:
Auswirkungen auf die
psychische Gesundheit der Kinder
Bei Kindern mit einem depressiven Elternteil („major
depression“) im Vergleich zu Kindern ohne einen
depressiven Elternteil ist das Risiko für
• für Angststörungen,
• für schwere („major“) Depressionen und
• für Substanzabhängigkeit
jeweils um das 3-fache erhöht (20-Jahres-Followup; Weissman et al, 2005)
19
Depressive Störungen:
Auswirkungen auf die Kinder
Eine sehr große Zahl von Studien hat gezeigt: Kindern mit
einem depressiv erkrankten Elternteil (verglichen mit Kindern
von
gesunden
Eltern)
weisen
eine
deutlich
erhöhte
psychiatrische Störungsrate auf:
• Metaanalysen: Etwa 61% der Kinder von Eltern mit einer
schweren („major“) Depression entwickeln im Verlaufe der
Kindheit/Jugend eine psychische Störung.
• Die Wahrscheinlichkeit für psychische Störungen im Kindesund Jugendalter ist um das 4-fache erhöht (Beardslee, 2007,
S. 120).
20
Vererbung oder Umwelt?
Heritabilität psychischer Störungen (nach Hebebrand et al. 2006 S. 4)
Intelligenz-Quotient*
48%
Persönlichkeitseigenschaft Extraversion*
66%
Zwangsstörung
47%
Angststörung
30 - 40%
Aufmerksamkeits-Defizit und Hyperaktivitätsstörung
60 - 80%
Anorexia nervosa
48 - 88%
Bulimia nervosa
28 - 83%
Schizophrenie
73 - 90%
Bipolare Störung
60 - 85%
Schwere Depression („major“ Depression)
31- 42%
*nach McGuffin & Murray: The new genetics of mental illness, 1991.
22
Angesichts
der sehr hohen Bedeutung
des genetischen Faktors
stellt sich die Frage:
Haben die Umwelteinflüsse
überhaupt noch einen
nennenswerten Einfluss?
Beispiel Depression:
Interaktion zwischen genetischen und Umweltfaktoren
(Caspi et al., Science, 2003 Influence of life stress on depression:
Moderation by a polymorphism in the 5-HTT gene)
• Der „Botenstoff“ Serotonin spielt eine Schlüsselrolle bei der
Modulation zentralnervöser Prozesse und beim Entstehen von
depressiven Symptomen.
• Deshalb spielen Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI=
Selective Serotonin Reuptake Inhibitors) bei der
Depressionstherapie eine bedeutsame Rolle.
• SSRI hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin in die
präsynaptische Endung; deshalb steht durch SSRI mehr
Serotonin im synaptischen Spalt zur Verfügung und die
serotoninvermittelte (serotonerge) Neurotransmission wird
gefördert.
24
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
• Auf dem Chromosom 17q11.2 ist das SerotonninTransporter-Gen (= 5-HT-Transporter-Gen oder kurz 5-HTTGen) .
• Ein bestimmter Bereich (5-HTTLPR = „Promoterregion“) dieses
Gens hat ein kurzes (short) und ein langes Allel (long). D.h. die
Genausprägungen (= Allele) in diesem Bereich haben entweder
längere oder kürzere DNA-Ketten. Menschen haben deshalb
(s/s), (s/l), oder (l/l).
• Im Gegensatz zu (l/l) haben Träger von (s/l) und (s/s) ein leicht
erhöhtes Risiko für Angststörungen und Depressionen
(Lesch et al. 1996).
25
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
• Die Arbeitsgruppe um Moffitt und Caspi untersuchte die Frage,
wie genetische Ausstattung und Umweltbelastungen
zusammenwirken.
• Genetische Ausstattung: Über 800 Probanden wurden nach
dem 5-HTT-Gen eingeteilt in drei Gruppen (s/s), (s/l), (l/l).
• Umweltbelastungen: Bei jedem Probanden wurde untersucht,
wie viele mit starkem Stress verbundene Lebensereignisse er
erfahren hatte.
• Auswirkungen: Dann wurde untersucht, wie sich die
genetische Ausstattung und die Lebensereignisse auf spätere
depressive Symptome / Erkrankungen auswirken.
26
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
( aus Caspi et al., 2003)
27
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
( aus Caspi et al., 2003)
28
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
(aus Caspi et al., 2003)
.50
.40
.30
.20
.10
29
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
( nach Caspi et al., 2003)
Schlussfolgerungen von Caspi et al. aus dieser Untersuchung:
•
Die Annahme, dass es eine direkte Verbindung zwischen Genen
und psychischen Erkrankungen gibt, ist nicht sinnvoll und für die
Forschung nicht fruchtbar. Beispiel: In vielen Analysen zeigt sich
kein direkter Zusammenhang zwischen der genetischen
Ausstattung (hier: Serotonin-Transporter-Gen) und der
Psychopathologie.
•
Die Ergebnisse sprechen vielmehr dafür, dass die Gene über (die
Interaktion mit) Umweltfaktoren zu psychischen Erkrankungen
führen. Die genetische Ausstattung moderiert die
Umwelteffekte.
•
Die Entdeckung einer Gruppe von Menschen, die gegen Stress
geschützt ist, könnte langfristig das Tor zu einer wirksamen
präventiven Behandlung gegen Depressionen öffnen.
30
Depression: Interaktion zwischen
genetischen und Umweltfaktoren
( nach Caspi et al., 2003)
Schlussfolgerungen von Caspi et al. aus dieser Untersuchung:
•
Die Annahme, dass es eine direkte Verbindung zwischen Genen
und psychischen Erkrankungen gibt, ist nicht sinnvoll und für die
Forschung nicht fruchtbar. Beispiel: In vielen Analysen zeigt sich
kein direkter Zusammenhang zwischen der genetischen
Ausstattung (hier: Serotonin-Transporter-Gen) und der
Psychopathologie.
•
Die Ergebnisse sprechen vielmehr dafür, dass die Gene über (die
Interaktion mit) Umweltfaktoren zu psychischen Erkrankungen
führen. Die genetische Ausstattung moderiert die
Umwelteffekte.
•
Die Entdeckung einer Gruppe von Menschen, die gegen Stress
geschützt ist, könnte langfristig das Tor zu einer wirksamen
präventiven Behandlung gegen Depressionen öffnen.
31
VORURTEILE
ZUR
GENETIK
• Genetische Einflüsse setzen sich immer durch.
Richtig ist vielmehr: Es gibt meistens keine
Zwangsläufigkeit, sondern hohe individuelle
Variation. Nur Wahrscheinlichkeitsaussagen
über die vermutliche Verletzlichkeit (nicht über
die Erkrankung selbst).
• Genetische Einflüsse sind höchstens biologisch (z.B.
Eingriffe in die Gene, Medikamente) beeinflussbar
oder überhaupt nicht beeinflussbar.
Das Gegenteil ist richtig: Gerade bei
Menschen, die eine hohe erblich bedingte
Verletzlichkeit haben, sind die Umwelteinflüsse
besonders wichtig sowohl im positiven wie auch
im negativen Sinne!
32
Die wichtigsten
psychosozialen
Belastungsfaktoren
Psychosoziale Risikofaktoren für die Entstehung psychischer
und psychosomatischer Erkrankungen
(Makroanalyse)
•
•
•
•
•
•
Niedriger sozioök. Status
Arbeitslosigkeit
Große Familie mit geringem
Wohnraum
Sexuelle und/oder aggressive
Misshandlung
Eheliche Disharmonie,
Scheidung, Trennung der Eltern
Alleinerziehender Elternteil
ohne familiäre Unterstützung
•
•
•
•
Häufig wechselnde frühe
Beziehungen
Verlust der Mutter
Längere Trennung von den
Eltern in den ersten 7
Lebensjahren
Häufigere Trennungserlebnisse
der Kinder u.a. durch
Kliniksaufenthalte
alle diese Risikofaktoren kommen gehäuft vor in Familien mit
einem psychisch kranken Elternteil
Elterliche psychische Erkrankung = zentrales Kernmerkmal
34
Direkte Auswirkungen psychischer Erkrankungen
auf die Kinder
Beispiel: Depressive Erkrankungen bei Müttern
Einschränkungen von depressiven Müttern im
Umgang mit ihren Kindern:
•
•
•
•
•
Eingeengtes Verhaltensspektrum
Passiveres Verhalten
Eingeengtes Kommunikationsrepertoire
Häufiger inkonsequentes Verhalten
Fühlen sich leichter überfordert, erleben sich als weniger
kompetent
• Nehmen die Kinder häufig als auffällig und schwierig wahr
35
Indirekte Auswirkungen durch Erhöhung der
Wahrscheinlichkeit von zusätzlichen psychosozialen
Belastungen
Psychische Störungen bei einem Elternteil sind
überzufällig häufig mit weiteren psychosozialen
Belastungsfaktoren assoziiert:
• Häufigere Trennungserlebnisse der Kinder u.a. durch
Kliniksaufenthalte
• „Selective mating“: Psychisch Kranke haben häufiger
Partner mit psychischen Problemen
• Eheliche Disharmonie / Konflikte und erhöhte
Scheidungsraten
• Sozioökonomische Belastungen (z.B. Arbeitslosigkeit)
36
Beispiel:
Psychische Störung und Misshandlung /Missbrauch
(s. Deneke, 2005)
• Kinder von psychisch kranken Eltern (Schizophrenie, affektive
Störungen, dissoziale Persönlichkeitsstörung) haben im
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zwei bis fünffach erhöhte
Wahrscheinlichkeit für Vernachlässigung, Misshandlung
und sexuellen Missbrauch (Walsh et al. 2002)
• Umgekehrte Fragerichtung (repräsentative Bevölkerungsbefragung): Von den Probanden, die angeben, ihre Kinder
misshandelt zu haben, bejahten rund 60% eine
psychiatrische Diagnose. Von den Probanden die angeben
ihre Kinder vernachlässigt zu haben bejahten rund 70% eine
psychiatrische Diagnose (Egami et al., 1996).
37
Forschungsstand über psychosoziale
Belastungen:
Wie wirken sich psychische Erkrankungen der Eltern und
andere psychosoziale Belastungsfaktoren auf die
Entwicklung von Kindern aus?
a) Psychische Erkrankung zeitigt direkte
Auswirkungen
b) Indirekte Auswirkungen der psychischen
xxiErkrankung durch Erhöhung der
xxiWahrscheinlichkeit für zusätzliche
xxipsychosoziale Belastungsfaktoren
c) Verstärkung der ungünstigen Effekte bei
mehreren psychosozialen Belastungen
38
Auswirkungen bei verschiedenen
Altersstufen
Entwicklungsaufgaben in verschiedenen Altersstufen
Entwicklungsperiode
Frühe Kindheit
(0-3)
PRIMÄRE
BINDUNG
Vorschlul- /
Grundschulzeit
SOZIALISATION
Entwicklungsaufgaben
des Kindes
Elterliche Aufgaben und
mögliche Störquellen
Aufbau der primären Bindung;
Einüben von elementaren
Regulationen (Schlafen,
Erregungsniveau; Essen;
Ausscheidung; Motorik)
Verfügbarkeit und Reaktivität:
Trennungserlebnisse; Wechsel der
Bezugspersonen; gestörte ElternKind-Interaktion (elterliche Reaktivität/
Feinfühligkeit).
Einübung sozialer Regeln;
Entwicklung individueller
Durchsetzungsfähigkeit und
einer Leistungshaltung;
Erwerb von Kulturtechniken.
Unterstützung und Anleitung:
Probleme im elterlichen
Erziehungsverhalten: Defizite in der
Beaufsichtigung, im Setzen von
Grenzen oder in der positiven
Zuwendung; inkonsequentes
Verhalten; Unterforderung oder
Überforderung
(Schule, andere Kinder)
Jugendalter
IDENTITÄT /
AUTONOMIE
Identitätsfindung; Anpassung
an sexuelle Reifung;
Ablösung vom Elternhaus
(Selbständigkeit und
Partenrschaft)
Respekt und Partnerschaft:
Unangemessenes elterliches
Modellverhalten (eingeschränkte
Vorbildfunktion); autonomiehemmende Faktoren (symbiot. Verh.;
40
überzogene neg. Reakt.)
Entwicklungsaufgaben in verschiedenen Altersstufen
Entwicklungsperiode
Frühe Kindheit
(0-3)
PRIMÄRE
BINDUNG
Vorschlul- /
Grundschulzeit
SOZIALISATION
Entwicklungsaufgaben
des Kindes
Elterliche Aufgaben und
mögliche Störquellen
Aufbau der primären Bindung;
Einüben von elementaren
Regulationen (Schlafen,
Erregungsniveau; Essen;
Ausscheidung; Motorik)
Verfügbarkeit und Reaktivität:
Trennungserlebnisse; Wechsel der
Bezugspersonen; gestörte ElternKind-Interaktion (elterliche Reaktivität/
Feinfühligkeit).
Einübung sozialer Regeln;
Entwicklung individueller
Durchsetzungsfähigkeit und
einer Leistungshaltung;
Erwerb von Kulturtechniken.
Unterstützung und Anleitung:
Probleme im elterlichen
Erziehungsverhalten: Defizite in der
Beaufsichtigung, im Setzen von
Grenzen oder in der positiven
Zuwendung; inkonsequentes
Verhalten; Unterforderung oder
Überforderung
(Schule, andere Kinder)
Jugendalter
IDENTITÄT /
AUTONOMIE
Identitätsfindung; Anpassung
an sexuelle Reifung;
Ablösung vom Elternhaus
(Selbständigkeit und
Partenrschaft)
Respekt und Partnerschaft:
Unangemessenes elterliches
Modellverhalten (eingeschränkte
Vorbildfunktion); autonomiehemmende Faktoren (symbiot. Verh.;
41
überzogene neg. Reakt.)
Mikroanalyse:
Auswirkungen von depressiven
Erkrankungen bei Müttern // Säuglings- und Kleinkindalter
Eine große Zahl von Studien mit Interaktionsbeobachtungen von
depressiven Mütter mit ihren Säuglingen zeigt übereinstimmend :
(Papousek 2002, S. 211) :
• Durch die Depression die Empathie und emotionale
Verfügbarkeit der Mütter reduziert;
• Es zeigen sich Einschränkungen der mütterlichen Feinfühligkeit,
die kindlichen Signale wahrzunehmen,
• richtig zu interpretieren,
• prompt und angemessen zu beantworten.
• Beispiele: Blickkontakt, Lächeln, Sprechen, Imitieren, Streicheln,
Interaktionsspiele.
42
Mikroanalyse:
Auswirkungen von depressiven
Erkrankungen bei Müttern // Kindergarten- und Vorschulalter
Bei chronifizierenden oder rezidivierenden Verläugen kann der
Umgang mit dem Kind auch im weiteren Entwicklungsverlauf
beeinträchtigt: (Papousek 2002, S. 211) :
• Die Mütter nehmen die Kinder als besonders schwierig wahr.
• Der sprachliche Austausch ist eingeschränkt.
• Im Zusammenhang mit neuen Entwicklungsaufgaben haben die
Mütter Schwierigkeiten, sich gegenüber dem Kind
durchzusetzen und Grenzen zu setzen;
• Teilweise reagieren sie auch überängstlich und erlauben
expansive Tendenzen des Kindes zu wenig (Schwanken
zwischen permissiven und kontrollierendem Erziehungsstil).
• Positive Kommentare, die das kindliche Selbstwertgefühl
stärken, kommen weniger vor.
43
Mikroanalyse:
Auswirkungen von depressiven
Erkrankungen bei Müttern // Mittlere Kindheit und Jugendalter
• Dem Kind werden Übertragen erwachsenentypische und
elternhafte Aufgaben und Verantwortungen übertragen
(Parentifizierung)
• Beziehen das Kind in die Elterlichen Probleme /Konflikte mit ein
(diffuse generationale Abgrenzung)
• Wegen der krankheitstypischen Einschränkungen ist die
Identifikation des Kindes mit den Eltern beeinträchtigt
(eingeschränkte Vorbildfunktion der Eltern)
• Die Mutter ist mit der Aufgabe überfordert, ihr Kind bei der
Bewältigung der altersspezifischen Entwicklungsaufgaben zu
unterstützen (insbes. Kompetenzerwerb, Selbständigkeit,
Autonomieentwicklung).
44
Berichte der Kinder von psychisch kranken Eltern:
Die wichtigsten Probleme der Kinder I
Wie wird die psychische Erkrankung der Eltern unmittelbar
erlebt?
• Desorientierung und Angst: Sie können die Erkrankung nicht
einordnen und nicht verstehen.
• Schuldgefühle: Sie glauben, dass sie schuld sind. „Mama ist
krank/durcheinander/traurig“ weil ich böse war.
• Tabuisierung: Sie haben das (begründete) Gefühl, dass sie mit
niemandem darüber sprechen dürfen.
• Isolierung: Sie wissen nicht, mit wem sie darüber sprechen
können. Sie fühlen sich alleine gelassen, sie ziehen sich zurück.
45
Die wichtigsten Probleme der Kinder II
Folgeprobleme
• Betreuungsdefizit: Sie erhalten zu wenig Aufmerksamkeit.
• Zusatzbelastungen: Sie sind durch zusätzliche Aufgaben
belastet (Haushalt, Kinderbetreuung).
• Verantwortungsverschiebung (Parentifizierung): Sie
übernehmen Verantwortung für die Eltern.
• Abwertungserlebnisse: Eltern und sie selbst werden von
anderen abgewertet.
• Loyalitätskonflikte innerhalb der Familie: Das Gefühl, sich
zwischen Vater oder Mutter entscheiden zu müssen.
• Loyalitätskonflikt nach außen hin: Sie schämen sich für die
Eltern: Konflikt zwischen Loyalität und Distanzierung.
46
Häufige Reaktionen der Kinder:
• Sie entwickeln auffällige Verhaltensweisen, die als “Hilferufe”
gedeutet werden können
ODER
• sie sind besonders unproblematisch und besonders brav und
fürsorglich und übernehmen sehr viel Verantwortung für die
Familie.
•
Sie ziehen sich zurück, schließen sich ab und grübeln über
ihre Situation nach
ODER
• Sie machen durch aggressives Verhalten oder schulische
• Leistungsprobleme auf sich aufmerksam.
• Sie binden sich verstärkt an die Eltern
ODER
• sie wenden sich enttäuscht ab. D.h. sie schwanken zwischen
Loyalität und Distanzierung, indem sie versuchen, die
Familien zusammenzuhalten oder aus der Familie zu fliehen.47
Klinische Manifestationen:
Die Kinder entwickeln
• emotionale Störungen,
• aggressiv-ausagierende Syndrome,
• kinderspezifische Symptome und Syndrome.
• oder überhaupt keine klininschen
Auffälligkeiten (Berichte von Betroffenen!).
48
email von Renate N. :
“Wir mußten meine Mutter retten.
Nur wie?“
Erstes Gebot:
Die Mutter nicht anstrengen.
Zweites Gebot:
Die Mutter nicht aufregen.
Drittes Gebot:
Die Dämonen früh erkennen und
erforderliche Schutzmaßnahmen treffen.
Viertes Gebot:
Keine Informationen nach außen geben.
Fünftes Gebot:
Zusammenhalten
Sechstes Gebot:
Unauffällig bleiben.
49
Zusammenfassung
Wir wissen,
• dass Kinder psychisch kranker Eltern aufgrund ihrer
genetischen Ausstattung verletzlicher sind und
• dass sie häufig besonderen Belastungen ausgesetzt sind, durch
die die Wahrscheinlichkeit für eine psychische Erkrankungen
ansteigen.
• Deshalb sind Maßnahmen zur Prävention für Kinder von
psychisch kranken Eltern dringend geboten.
Wir wissen auch: Negative Auswirkungen müssen nicht auftreten:
• Vorsorgende Maßnahmen und präventive Angebote können
hocheffektiv sein, sodass negative Folgen abgemildert oder
vermieden werden könnnen.
50
Kinder psychisch kranker Eltern
Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Entwicklung in den
verschiedenen Alterssstufen
• Grundinformationen: Psychische Erkrankungen
– Häufigkeit und Bedeutung von psychischen Erkrankungen
– Wie zeigt sich eine psychische Erkrankung (Beispiele)?
– Stigmatisierung von psychischen Krankheiten.
• Wenn Vater oder Mutter psychisch krank sind: Folgen für
die Kinder
– Statistische Zahlen zum Erkrankungsrisiko
– Welche Rolle spielt die Vererbung, welche Rolle spielt die
Umwelt?
– Wie sind die Auswirkungen auf unterschiedlichen
Altersstufen?
• Was kann getan werden?
– Schützende Faktoren
– Wie kann geholfen?
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Schützende/positive Faktoren und
die Ziele präventiver Arbeit – Teil I:
(vergl. Hierzu: „Facts for families“ zum Thema „Kinder psychisch kranker
Eltern“ http://www.kjp.uni-marburg.de)
• Wenn die Kinder wissen, daß ihre Eltern krank sind und
sie nicht an dieser Erkrankung schuld sind.
• Eine sichere und stabile häusliche Umgebung trotz der
Erkrankung des Elternteils.
• Das Gefühl, auch von dem kranken Elternteil geliebt zu
werden.
• Eine gefestigte Beziehung zu einem gesunden
Erwachsenen.
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Schützende/positive Faktoren und
die Ziele präventiver Arbeit Teil II:
(vergl. Hierzu: „Facts for families“ zum Thema „Kinder psychisch kranker
Eltern“ http://www.kjp.uni-marburg.de)
• Freunde.
• Interesse an der Schule und Erfolg in der Schule.
• Andere Interessensgebiete des Kindes außerhalb der
Familie.
• Individuelle Ressourcen: Bewältigungsstrategien,
positives Selbstwertgefühl.
• Hilfe von außerhalb der Familie, zum richtigen
Zeitpunkt und in der richtigen Dosierung, um die
Situation zu verbessern.
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Was brauchen die Kinder und ihre Familien?
Die Antworten der betroffenen Kinder:
(Was hilft Dir oder was hätte Dir geholfen?)
• Gesprächsangebot und Gesprächsmöglichkeit
• mit der Möglichkeit, die eigenen Erfahrungen ohne Angst
und ohne Schuldgefühle offen anzusprechen
• Anerkennung der Realität
• Aufklärung über die Situation
• Kontakte zu anderen außerhalb der Familie
• und viele (unterschiedliche) konkrete Hilfen.
• Später eventuell: Therapiemöglichkeit
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Notwendige Hilfen I
Hilfen für die erkrankten Eltern und ihre Partner:
• Individuelle Therapie (z.B. medikamentös, Psychotherapie)
auf der Grundlage ausführlicher Information (Transparenz)
• Hilfsangebote bei der Gestaltung des Familienlebens und
anderer persönlicher Beziehungen (z.B.
Angehörigengruppen)
• Beratung und praktische Hilfen bei der beruflichen
Rehabilitation
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Notwendige Hilfen II
Prävention und Frühförderung für die Kinder
• Kindbezogene Information und Beratung für die Eltern
• Praktische Hilfen für die Familie (z.B. Aktivierung von
Verwandten; entlastende Kinderbetreuung; sozialpäd.
Familienhilfe; Mutter-Kind-Einheiten, in die Mütter und
Kinder gleichzeitig aufgenommen werden können.)
• Entwicklungsförderung für die Kinder (z.B. Frühdiagnostik
und Frühförderung der Kinder; Kinderprojekte;
psychotherapeutische Hilfen)
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Beratung der Eltern
Elternberatung:
Themen, die mit den Eltern besprochen werden sollten
• Wie gut können Sie ihren Gesundheitszustand
einschätzen?
• In welcher Hinsicht fühlen Sie sich beeinträchtigt und wo
fühlen Sie sich stark?
• Welche alltäglichen Pflichten können sie schaffen und wo
benötigen Sie Hilfe?
• Wo hat ihr Kind Schwierigkeiten? Haben diese Probleme
etwas mit ihrer Erkrankung zu tun?
• Mit wem können Sie über persönliche sprechen, wenn sie
sich unsicher fühlen?
• Wie können Sie die Kontakte ihres Kindes zu anderen
Menschen fördern?
• Wie können Sie mit ihrem Kind über ihre Erkrankung
sprechen?
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Entwicklungsaufgaben in verschiedenen Altersstufen
Entwicklungsperiode
Frühe Kindheit
(0-3)
PRIMÄRE
BINDUNG
Vorschlul- /
Grundschulzeit
SOZIALISATION
Entwicklungsaufgaben
des Kindes
Elterliche Aufgaben und
mögliche Störquellen
Aufbau der primären Bindung;
Einüben von elementaren
Regulationen (Schlafen,
Erregungsniveau; Essen;
Ausscheidung; Motorik)
Verfügbarkeit und Reaktivität:
Trennungserlebnisse; Wechsel der
Bezugspersonen; gestörte ElternKind-Interaktion (elterliche Reaktivität/
Feinfühligkeit).
Einübung sozialer Regeln;
Entwicklung individueller
Durchsetzungsfähigkeit und
einer Leistungshaltung;
Erwerb von Kulturtechniken.
Unterstützung und Anleitung:
Probleme im elterlichen
Erziehungsverhalten: Defizite in der
Beaufsichtigung, im Setzen von
Grenzen oder in der positiven
Zuwendung; inkonsequentes
Verhalten; Unterforderung oder
Überforderung
(Schule, andere Kinder)
Jugendalter
IDENTITÄT /
AUTONOMIE
Identitätsfindung; Anpassung
an sexuelle Reifung;
Ablösung vom Elternhaus
(Selbständigkeit und
Partenrschaft)
Respekt und Partnerschaft:
Unangemessenes elterliches
Modellverhalten (eingeschränkte
Vorbildfunktion); autonomiehemmende Faktoren (symbiot. Verh.;
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überzogene neg. Reakt.)
Beratung für Kinder und
Jugendliche
Häufige Fragen: Beratung/Psychoedukation
für die Kinder
• Wie kann man Psychose „kind-jugendlichengerecht“
erklären? Welche Medien sind hilfreich?
–
–
–
–
Erlaubnis der Eltern
Direkte offene Angebote
Kurze Gesprächskontakte
Kindgerechte Sprache: Löwen und andere Tiere
• Ab welchem Alter kann man Kinder in psychoedukative Gruppen integrieren? Was ist dabei zu
beachten?
– Jugendliche (ja) vs. Kinder (nein)
– Zunächst individuell/Famile, dann Kindergruppen (kaum
Jugedlichengruppen)
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Qualitative Befragung von Kindern und Jugendlichen zwischen 7
und 18 Jahren (vgl. Lenz, 2005)
Informationswünsche
Kinder und Jugendliche wünschen sich Informationen:
• Wie sie sich dem erkrankten Elternteil gegenüber
verhalten sollen.
• Wie sie Mutter oder Vater unterstützen können
• Über „Wesen“ und Ursachen der psychischen Erkrankung
• Über die Gefahr einer Verschlimmerung
• Über Heilungsmöglichkeiten
• Über Medikamente
• Über Erbeinflüsse (insbes. Jugendliche)
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Qualitative Befragung von Kindern und Jugendlichen zwischen 7
und 18 Jahren (vgl. Lenz, 2005)
Erwünschte Unterstützungsangebote:
• Information und Aufklärung
• Austausch und Kommunikationsmöglichkeit
• Einbeziehung in die Behandlung (insbes.
Jugendliche)
• Aufklärung der Öffentlichkeit über psychische
Erkrankungen
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Beispiel
Beispiel 1:
Mutter-Kind-Behandlung mit
verhaltenstherapeutischem
Gruppentherapieprogramm;
Einzel-VideoInteraktionstraining
Wortmann-Fleischer, et
al. 2006;
Hornstein et al., 2007
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Falldarstellung
• 42 Jahre alt
• Krankenschwester
• 2 Kinder (♂ 4 Jahre alt; ♀ 3 Monate alt)
• Gedrückte Stimmung, Angstzustände, Schlafmangel
und Erschöpfung, Anhedonie und Antriebstörung
• Insuffizienz- und Schuldgefühle (sie könne das Kind
nicht versorgen und keine Liebe empfinden)
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Interaktives Therapieprogramm:
Veränderung von Interaktionsmerkmalen: Therapiebeginn
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Interaktives Therapieprogramm:
Veränderung von Interaktionsmerkmalen: Therapieabschluss
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Schlussfolgerungen
• Eine gute und wirksame Behandlung der elterlichen Erkrankung
ist die beste Basis für präventive Maßnahmen: Effektive
Therapie für die Eltern wirkt direkt präventiv
• Gemeinsame Komponenten wirksamer Prävention:
– Wirksame Prävention = gute Information!
– Wirksame Prävention = Anwendung der allgemeinen Information
auf den speziellen Fall! (Psychoedukation / Training mit Eltern und
Kindern)
• Die vorhandenen altersspezifischen Präventionsmodelle sollten
genutzt und weiter ausgebaut werden.
• Zusammenarbeit zwischen Betroffenen und verschiedenen
Berufsgruppen: Negative Folgen können vermieden werden,
wenn Eltern und Fachleute lernen, zusammenzuarbeiten.
• Gegen Stigma und Tabu: Gemeinsam das Schweigen
überwinden.
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Schriftliche Informationen
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Die Broschüren sind erhältlich bei:
Gemeinsame Geschäftsstelle des BApK und des Dachverbandes
Gemeindepsychiatrie e.V.
Am Michaelshof 4b
53 177 Bonn
Fax: 0228 / 65 80 63
Verbände:
Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V.
Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V.
Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.
http://www.psychiatrie.de
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Sonnige Traurigtage
Illustriertes Kinderfachbuch für Kinder
psychisch kranker Eltern und deren
Bezugspersonen
von S. Homeier
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Informationsmaterialien
Schirin Homeier hat eine knapp 100-seitige Übersicht der
allermeisten deutschsprachigen Kinder- und Jugendbücher im
Themenfeld "Kinder psychisch kranker Eltern" verfasst und der
Evangelischen Beratungsstelle Würzburg zur Verfügung gestellt.
Mit Bezugsquelle, Inhaltsangabe und Kommentar. Für Eltern und
Fachleute - als pdf-Datei zum Herunterladen
http://www.diakoniewuerzburg.de/fahrenheit/dokumente/eb/litliwebneu.pdf
79
http://www.familienberatungszentrum.de/partnerschaft.htm
80
http://www.netz-und-boden.de/
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Vortrag von Katja Beeck am
25.10.2007 hier im Rathaus
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Vortrag von Prof. Dr. Albert
Lenz am 29.11.2007 hier im
Rathaus
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
http://www.ivv-marburg.de
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