Metrologie Wissenschaft und Technik des Messens Kontakt mit dem Autor © Copyright ETH Zürich, Schweiz Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigung Mitarbeit d0000221; rev00 Modul Beziehungen am Widerstand Karl H. Ruhm Inhalt Einleitung 1 Lineare Widerstandsbeziehungen 2 Nichtlineare Widerstandsbeziehungen 3 Inverser Widerstand 4 Stromdichte im Widerstand 1 1 3 3 3 Schlüsselwörter Widerstand, inverser Widerstand, Strom, Stromdichte, Potenzialdifferenz, Übertragungsverhalten, Übertragungskennlinie Kurzbeschreibung Es ist immer interessant, allgemeine Beziehungen aufzustellen und diese dann konsequent auf verschiedene konkrete Fälle anzuwenden. Der Bereich Widerstand ist hierfür ein geeignetes Beispiel, denn es gibt nicht nur elektrische Widerstände. Es werden die Regeln um den Widerstand zusammengestellt und mit den Methoden der Signal- und Systemtheorie verknüpft. Einleitung Widerstandsphänomene beschreiben wir durch Widerstandsbeziehungen. Sie sind normalerweise nichtlinear, in einfachen Fällen jedoch linear. Die Regeln verknüpfen Potenzialgefälle und Ströme als Eingangs- beziehungsweise Ausgangsgrößen. Dabei treten Widerstand und inverser Widerstand als Parameter auf. Diese Parameter selbst hängen von den individuellen geometrischen und stofflichen Eigenschaften der Objekte Widerstand und von den Eigenschaften des strömenden Mediums ab. Während man Durchflussgesetze völlig allgemein formulieren kann, ist dies für die Parameter nicht möglich. 1 Lineare Widerstandsbeziehungen Wir betrachten hier die linearen Zusammenhänge am Widerstand, wobei wir auch zeitlich variable Größen zulassen wollen, um anzudeuten, dass wir sowohl den Prozess Widerstand als auch den Parameter Widerstand für zeit- beziehungsweise frequenzunabhängig halten. In der Elektrotechnik spricht man vom OhmGesetz. Die Widerstandsbeziehung, die die Signal- und Systemtheorie Übertragungsgleichung des linearen Widerstandes nennt, tritt in zwei Formen auf: Definition: Potenzialdifferenz über einem Widerstand Potenzialdifferenz(t) = Widerstand × Strom(t) [{Potenzial}] Diese Beziehung ist ein Spezialfall der verallgemeinerten 1. Kirchhoff-Regel (Knoten-Regel) (Zusatz → Modul "Verallgemeinerte Kirchhoff-Regeln"). Definition: Strom durch einen Widerstand Strom(t) = 1 Potenzialdifferenz(t) [{Menge} s −1] Widerstand Diese Beziehung ist ein Spezialfall der verallgemeinerten 2. Kirchhoff-Regel (Maschen-Regel) (Zusatz → Modul "Verallgemeinerte Kirchhoff-Regeln"). Es existieren also zwei Modellgleichungen, die in inverser Beziehung zueinander stehen. Nach der Systemtheorie haben wir es mit zwei Proportionalsystemen zu tun. 2 Die zugehörigen Parameter (Übertragungswerte) sind Widerstand beziehungsweise inverser Widerstand. Definition: Parameter Widerstand Widerstand = Potenzialdifferenz(t) Strom(t) ⎡ ⎧ Potenzialdifferenz ⎫ ⎤ ⎬⎥ ⎢⎨ Strom ⎭⎦ ⎣⎩ beziehungsweise Definition: Parameter inverser Widerstand Inverser Widerstand = Strom Potenzialdifferenz ⎡⎧ Strom ⎫⎤ ⎢ ⎨ Potentialdifferenz ⎬⎥ ⎩ ⎭⎦ ⎣ Diese allgemeinen Beziehungen gelten für lineare, örtlich konzentriert gedachte Widerstände. Potenzialdifferenz(t) Strom(t) B0997 höheres Potenzial(t) tieferes Potenzial(t) Potenzial konzentriert gedachter Resistor höheres Potenzial tieferes Potenzial Länge Aber wieso existieren zwei Formen des Widerstandsbeziehungen? Die mathematische Formulierung einer Naturerscheinung gibt nie die Richtung von Ursache und Wirkung an. Welche Prozessvariable Eingangsgrößen beziehungsweise Ausgangsgrößen sind, hängt von den konkreten Fragestellungen beziehungsweise von der Funktion des Widerstandes im Prozess ab. Tatsächlich sind beide Formen, Modell und inverses Modell, geeignete Beschreibungen physikalischer Vorgänge. • Im ersten Fall schickt man einen Strom (Ursache, Eingangsgröße) durch einen gegebenen Widerstand. Es bildet sich eine Potenzialdifferenz (Wirkung, Ausgangsgröße) über diesem Widerstand aus. Diese wird hoch werden, wenn man einen großen Strom hindurchschickt. Potenzialdifferenz(t) Widerstand B0512 Strom(t) Resistor-Prozess • Im zweiten Fall hält man über einem Widerstand eine Potenzialdifferenz (Ursache, Eingangsgröße) aufrecht. Es entsteht ein Strom (Wirkung, Ausgangsgröße) durch diesen Widerstand. Er wird bei hoher Potenzialdifferenz groß sein. inverser Widerstand Strom(t) B1050 Potenzialdifferenz(t) Resistor-Prozess tanα = gα = = Widerstand α Strom = tanβ = g β = 1 Widerstand β Strom Potenzialdifferenz B1057 Potenzialdifferenz Zu den beiden Systemvarianten gehören auch zwei lineare Übertragungskennlinien. 3 2 Nichtlineare Widerstandsbeziehungen Leider sind die meisten Widerstandsprozesse nichtlinear und können nur selten in geschlossener Form angeschrieben werden. Zur approximativen Beschreibung ihres Übertragungsverhaltens werden häufig Potenzfunktionen zu Hilfe genommen, deren Parameter in einem Identifikationsprozess (Kalibrierprozess) bestimmt werden (Ergänzung → Beispiel: "Widerstandssensor"). Hier gilt dann allgemein: Definition: Potenzialdifferenz über einem Widerstand Potenzialdifferenz(t) = f(Widerstand, Strom(t)) [{Potenzial}] beziehungsweise Definition: Strom durch einen Widerstand Strom(t) = f(Widerstand , Potenzialdifferenz(t)) [{Menge} s −1] Die genauen Formulierungen der Beziehungen sind dann für konkrete Prozesse sehr individuell. 3 Inverser Widerstand In einer der beiden Übertragungsgleichungen tritt der inverse Widerstand als Parameter auf. Definition: Inverser Widerstand inverser Widerstand = 1 Widerstand { } ⎡ Widerstand−1 ⎤ ⎢⎣ ⎥⎦ Der inverse Widerstand hat in einigen Bereichen einen eigenen Namen erhalten: Leitfähigkeit (Leitwert; conductivity). 4 Stromdichte im Widerstand Oft möchte man sich bei der Beschreibung von Vorgängen in Prozessen von der Geometrie eines Widerstandes unabhängig machen. Betrachten wir den Strom, der an einer bestimmten Stelle durch die dort existierende Widerstandsfläche A fließt. Die geometrische Form und Erstreckung des Widerstandes kann ja beliebig sein, von sehr langen Widerständen (Kapillare, Draht; Verhältnis Durchmesser zu Länge klein) bis zu extrem kurzen Widerständen (sehr dünne Membran; Verhältnis Durchmesser zu Länge groß). höheres tieferes Potenzial(t) Potenzial(t) Kapillare B0998 Resistoren Membran Strom(t) Wir beziehen nun die lokalen Ströme auf definierbare, lokale Widerstandsquerschnitte und machen uns dadurch von den jeweiligen geometrischen Eigenschaften unabhängig. Die entstehenden bezogenen Größen sind Dichten (Zusatz → Modul "Dichte"), konkret Stromdichten mit den Einheiten der Menge pro Zeit und pro Fläche. Definition: Stromdichte Stromdichte = Strom Widerstandsfläche [{Menge} s−1 m−2 ] Die Stromdichte längs eines örtlich ausgedehnten Widerstandes mit variierendem Widerstandsquerschnitt ist dann konstant. Dies ist eine spezielle Form des Kontinuitätssatzes. Zusammenfassendes Beispiel: Die angeführten Widerstandsbeziehungen können auf Widerstandsnetze systematisch angewendet werden (Ergänzung → Modul "Netze konzentrierter Widerstände"). 4 örtlich verteilter Widerstand Potenzialdifferenz(t) B1051 Strom(t) Potenzial Verlust Länge Widerstandsfläche Geschwindigkeit, Stromdichte Strom Länge Zitieren Beziehen Sie sich auf dieses Dokument durch folgenden Zitiermodus: Ruhm, K. H.; Beziehungen am Widerstand Internet-Portal "Wissenschaft und Technik des Messens"; Dokument: http://www.mmm.ethz.ch/dok01/d0000221.pdf Andere Versionen Es existiert eine englische Version dieses Dokuments: → d0000XXX Änderungen Rev. Datum Änderung 00 Erstausgabe 05.12.2008