Elektrischer Strom 1. Elektrischer Strom als Ladungstransport 2. Wirkungen des elektrischen Stromes 3. Mikroskopische Betrachtung des Stroms, elektrischer Widerstand, Ohmsches Gesetz i. Driftgeschwindigkeit und Stromdichte ii. Das Ohmsche Gesetz iii. Widerstände 4. Elektrische Netzwerke Kirchhoffsche Gesetze i. Knotenregel ii. Maschenregel iii. Anwendungen 5. Messung elektrischer Größen 6. Elektrische Leistung Stromwärme Strom als Ladungstransport Ladungen werden transportiert: elektrischer Stromfluss im Leiter Welcher Zusammenhang besteht zwischen elektrischen Ladungen und elektrischem Strom? 1 Elektrischer Strom Elektrischer Strom I = Ladung durch Leiterquerschnitt/Messzeit I= dQ dt Dimension des Stromes [I] = Ampere Ampere Basisgröße des SI Systems (wie Masse, Zeit, Länge) Stromstärken: Haushaltsgeräte 1..10A Blitze 100kA (über kurze Zeit) Elektronik µA bis mA Wirkungen des Stromflusses Wie können wir experimentell (von außen) feststellen, dass in einem Leiter ein Strom fließt? 1. 2. 3. 4. Wärmewirkung Magnetische Wirkung Chemische Wirkung Physiologische Wirkung 2 Definition Ampere Durch zwei 1m lange, parallele Leiter im Abstand von 1m fließt ein Strom der Stärke I = 1A, wenn zwischen den Leitern eine Kraft von 2 10-7 N wirkt SI Basiseinheiten Meter 1 m ist die Strecke, die das Licht im Vakuum zurücklegt in 1/299792458 Sekunde (exakt!) Kilogramm 1 kg ist die Masse des internationalen Kilogrammtyps (Fehler: ∆m/m ≈ 2⋅10-8) Sekunde 1 s ist das 9192631770 fache der Periodendauer beim Übergang zwischen den Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von 133Cs (Fehler: ∆t/t ≈ 10-14) Ampère 1 A ist die Stärke eines konstanten Stromes, der durch zwei gerade, parallele und unendlich lange Leiter im Abstand von 1 m fließt und dabei pro Meter Leiterlänge die Kraft F = 2⋅10-7 N erzeugt (Fehler: ∆F/F ≈ 2⋅10-8) 3 Elektrischer Strom Wie tragen bewegte Ladungen zu einem Stromfluss bei? Wie viele werden bewegt? Warum bewegen sie sich? Wie hängen Ursache (Potenzialdifferenz) und Wirkung (Strom) in einem Leiter zusammen? Stromdichte Stromstärke: Stromdichte j: Strom pro Einheitsfläche in Richtung der Bewegung der Ladungen r dI r j= ⋅ eI [j] = Am −2 dA Gesamtstrom durch Fläche A: r dA Fläche A dQ I= dt r eI I r j v r I = ∫ j dA A Bei räumlich konstanter Stromdichte gilt I = j A 4 Geschwindigkeit der Ladungsträger und Strom dx r v r A Annahme: Ladungen bewegen sich mit Geschwindigkeit v n Ladungen mit der Einheitsladung q pro Volumseinheit Frage: Wie viel Ladung geht im Zeitintervall ∆t durch die Fläche A? Alle die im Volumen V = A dx = A v dt sind, das sind n V q ⇒Stromstärke I = ∆q/∆t = n q V / ∆t = n q A v ⇒Stromdichte j = n q v und n q = ρ Ladungsdichte r r j = ρ el v Leitungsmechansimen und Stromdichte • Elektronische Leiter: Metalle, Halbleiter Ladungsträger hauptsächlich Elektronen • Ionen-Leiter: Elektrolyte, Isolatoren mit Fehlstellen Ladungsträger hauptsächlich positive und negative Ionen • Gemischte Leiter: Plasmen Ladungsträger: Elektronen und Ionenrümpfe; z.B. in Gasentladungen n±: Anzahldichte positiver bzw. negativer Elementarladungen v±: zugehörige Transportgeschwindigkeiten ⇒ r + r+ − r− j = en v − en v 5 Geschwindigkeit der Ladungsträger Wie groß ist die Geschwindigkeit der Elektronen in einem Kupferdraht, wenn durch den Draht mit 1mm Radius ein Strom I von 1 A fließt? r r r j = en+ v + − en− v − Kupfer : nur Elektronen tragen zur Leitfähigkeit bei nCu ≈ 8.41022 Elektronen / cm3 ⇒v = I ≈ 710 −5 m / s Ane Warum setzt aber dann die Stromwirkung instantan ein? Kontinuitätsgleichung Strom durch eine geschlossene Fläche A, welche das Volumen V umschließt I= r r dQ d j d A = − = − ρ el dV ∫ ∫ dt dt Fläche Die negative zeitliche Änderung der Ladungen in einem Volumen ist gleich dem Gesamtstrom durch die Oberfläche des Volumens Leiter V Stromdichte v dA Q r j r j Mit Satz von Gauß: v r r ∂ div j (r , t ) = − ρ el (r , t ) ∂t Kontinuitätsgleichung: Ladungen weder erzeugt noch vernichtet 6 Elektrischer Strom Warum oder wann bewegen sich die Ladungen in einem Leiter ? bewegte Ladung q An den Leiter wird eine Potenzialdifferenz angelegt Wenn ein Strom fließt, dann ist die Potenzialdifferenz zwischen beliebigen Punkten am Leiter ≠ 0 Leiter − + + r E – U Wenn es eine Potenzialdifferenz gibt, dann muss es auch ein elektrisches Feld geben. Aber muss das Feld in einem Leiter nicht 0 sein? Ja aber nur im elektrostatischen Fall Aber hier bewegte Ladungen nichtstatischer Fall, Potenzialdifferenz zwischen Leiterenden, bzw. Feld im Leiter nicht 0 Spannungsquelle Wie groß ist der Strom in einem geschlossenen Kreis? Abhängig von der Stärke der Quelle Zur Charakterisierung der "Stärke" der Quelle führt man die Größe "elektrische Spannung U" ein. Die Spannung kennzeichnet die Fähigkeit der Quelle, in einem angeschlossenen äußeren Stromkreis einen Strom aufrechtzuerhalten, sie ist also die Ursache für den Strom. Der Druchfluss (Strom) hängt von der Höhe (Potenzialdifferenz) ab. Ohne Pumpe würde Strom nicht kontinuierlich fließen Beachte: Strom nur bei geschlossenen Kreis; Spannung auch bei offenen Kreis 7 Ladungstransport Stromfluss tragen nur frei bewegliche Ladungsträger bei A Strom ist Transport von Ladungen I = ∆Q/∆t bzw Stromdichte j = I/A Ladungen durch Fläche j=qnv q Ladung (LT) n Anzahl der LT/Volumen v Geschwindigkeit der LT Was ist diese Geschwindigkeit und wovon hängt sie ab? Damit Strom fließt benötigen wir eine Spannungsquelle (Potenzialdifferenz), d.h. ein Feld im Leiter Elektronen in einem elektrischen Feld werden beschleunigt, was nehme ich denn dann für eine Geschwindigkeit an? Feldfreier Leiter Freie Ladungsträger im Leiter (keine Stöße zwischen Elektronen, nur mit Bahn eines Atomen) bewegen sich bei Temperatur T ≠ 0 Leitungselektrons mit mittlerer Geschwindigkeit r r r v ≈ 10 6...10 7 m/s E =0 Richtung und Betrag durch Stöße statistisch, daher r r r r v = 0, j = 0 Stöße an Atomen des Festkörpers ⇒ ungeordnete Bewegung Beschreibung statistischer Prozesse: mittlere freie Weglänge ( zwischen zwei Stößen ): Λ Λ mittlere Zeit zwischen zwei Stößen: τ S = r v Kupfer bei Zimmertemperatur r v = 1,5 ⋅ 10 6 ms Λ = 4 ⋅ 10 − 8 m τ S = 2,7 ⋅ 10 − 14 s (vgl. Geschwindigkeit von Gasmolekülen v = (3kT/m) 0.5 ≈ 105 m/s Elektronen sind Quantenobjekte, daher andere mittlere Geschwindigkeit) 8 Leiter mit elektrischem Feld Ladungsträger erfahren zusätzliche Kraft F = q E ⇒ Beschleunigung a (= F/m) zwischen zwei Stößen (Zeit τs) Elektronen erhalten mittlere Zusatzgeschwindigkeit r v r F qE ∆v = ⋅ τ S = ⋅τ S m m Bahn eines Leitungselektrons r E Stöße ⇒ völlige Randomisierung der Bewegungsrichtung Mittlere Zusatzgeschwindigkeit in Kupfer mit E = 1V/m r r ∆v ≈ 5 cm/s << v ≈ 10 6 m/s Driftgeschwindigkeit Mittlere Zusatzgeschwindigkeit = Driftgeschwindigkeit r r ∆v = v D Anwesenheit eines Feldes: Ladungstransport in (bzw. gegen) Feldrichtung Definition der Stromdichte: r r r j = env = env D r r r F nq2τ S r j = nqv D = nq τ S = ⋅E m m ⇓ r r vD = µ ⋅ E µ= σ el nq Beweglichkeit ⇒ r r j = σ el ⋅ E „Ohmsches Gesetz“ σ el = nq2τ S elektrische Leitfähigkeit m Ohmsches Gesetz: j direkt prop. zu E 9 Widerstand eines homogenen Leiters Länge L r E r j Querschnitt A r j = const. über Querschnitt r E = homogen über Länge ⇒ I = j⋅ A ⇒ U = E ⋅L j = σ el ⋅ E Ohmsches Gesetz U 1 Ohmsches Gesetz: Strom direkt U bzw. R = = konst proportional zur Spannung R I L L R= = ρel elektrischer Widerstand σ el ⋅ A A I= ρel = 1 σ el spezifischer Widerstand ( Materialparameter ) Widerstand und Leitwert eines homogenen Leiters A L Widerstand hängt ab: Material (spezifischer Widerstand ρ [ρ] =Ωm) Geometrie (Länge L, Querschnitt A) R=ρ L A Manchmal zweckmäßig Leitwert G (Einheit [G] = S Siemens) G= A 1 =σ R L 10 Spezifischer Widerstand (ρ in Ωm) Silber Kupfer Konstantan Leiter Leiter Leiter 1.47 10-8 1.7 10-8 4.9 10-7 Kohle Germanium Silizium Halbleiter Halbleiter Halbleiter 3.5 10-5 6 10-1 2.3 10-3 Isolator Isolator Isolator Isolator 5 1014 > 10-13 >108 ... 1011 >1010 ...1015 Ionenleiter Ionenleiter Ionenleiter 1.6 2 33 Bernstein Teflon Holz Glas Blut Muskeln Fettgewebe Spezifischer Widerstand ändert sich über 23 Größenordnungen! Elektrischer Widerstand eines Leiters I Potenzialdifferenz U U U =∝ L bzw. ∆U ∝ ∆L U = R I I = const . ⇒R∝L 11 Ohmsches Gesetz Kennlinie von Leitern (Metalle, Elektrolyte): I direkt proportional zu U R= U = const . I R= const: Gültigkeitsbereich des Ohmschen Gesetzes I I2 U1 U2 = =R I1 I2 I1 U1 U2 U Kennlinie einer Glühlampe R nicht konstant nicht-ohmscher Bereich (differentieller Widerstand r=∆U/∆I) Strom R = U/I = konstant ohmscher Bereich Spannung 12 Widerstände Moderne Elektronik SMD (surface mounted device) Widerstandswerte Kommerziell erhältliche Widerstände haben nur ganz bestimmte Werte 1.0, 1.2, 1.5, 1.8, 2.2, 2.7, 3.3, 3.9, 4.7, 5.6, 6.8, 8.2 and 10.0 Normwerte sind zu Reihen zusammengefasst E6, E12, E24: Widerstandswerte ergeben sich aus Fertigungstoleranz z.B 10% Toleranz: es passen 12 Werte in eine Dekade ohne, dass sie sich überlappen Schrittfaktor: zwölfte Wurzel aus 10: E12 Normwerte E6 E12 E24 E48 E96 Schrittfaktor 1,47 1,21 1,10 1,05 1,02 Toleranz 20% 10% 5% 1% 2% 13 Einstellbare Widerstände Potentiometer Stromwirkung auf den Menschen Bereich 1: Wechselströme in diesem Bereich werden von den meisten Menschen gar nicht wahrgenommen. Bereich 2: Es ist ein Kribbeln zu spüren, auch schmerzhafte Verkrampfungen sind möglich. Direkte Schäden sind kaum zu befürchten. Bereich 3: Die Stromquelle kann auf Grund von Muskelverkrampfung nicht mehr losgelassen werden. Bereich 4: Schwere Schädigung und häufig tödliche Stromwirkung , z.B. durch Herzkammerflimmern 14 Mensch als Widerstand Die Größe der Stromstärke im Körper hängt von der Spannung zwischen den Berührstellen und dem Körperwiderstand ab. Der Körperwiderstand sinkt mit steigender Spannung. Der Körperwiderstand hängt davon ab über welche Strecken der Strom • fließen kann Stromweg Körperwiderstand (minimal) Hand - Hand ca. 650 Ω Hand - Fuß ca. 1300 Ω Hand - Füße ca. 975 Ω Hände - Füße ca. 650 Ω Der Hautwiderstand beträgt einige Hundert Ohm, kann bei hohen Spannungen aber bis auf Null absinken. Beispiel: Gefährdung I > 10mA, Rmensch 650Ω ⇒ Maximale „sichere“ Spannung ca 60 V Ströme und Widerstände L A Elektrischer Widerstand Rel = ρ Strömungswiderstand Rstr = 8πη Teilchenstromwiderstand Rdiff = Wärmewiderstand L A2 1 L DA Rtherm = ρ therm L A Iel = U ∆ϕ = Rel Rel Istr = ∆p Rstr Idiff = ∆c Rdiff Itherm = ∆T Rtherm Für den elektrischen Strom gelten die gleichen Gesetze wie für die laminare Strömung viskoser Flüssigkeiten und für die Wärmeleitung. Allen Phänomenen ist gemeinsam, dass einer Diffusionsbewegung von Teilchen die Richtung durch einen äußeren Gradienten aufgeprägt wird. 15 Zusammenfassung • Elektrischer Strom ist Transport von Ladungen in einem Potenzialgefälle • Damit Strom fließen kann muss der Stromkreis geschlossen sein und eine Spannungsquelle haben (erhält Potenzialdifferenz aufrecht) • Stromfluss verursacht eine Erwärmung des Leiters, ein Magnetfeld oder chemische Umwandlungen • Damit ein Strom fließt wird der thermischen Bewegung der Ladungsträger eine feldabhängige Driftgeschwindigkeit überlagert. Stromdichte j direkt proportional zur Feldstärke: ohmsches Gesetz (mikroskopisch) • Widerstand R ist definiert als Verhältnis von Spannung zu Strom. Ist der Widerstand unabhängig von Strom und Spannung so gilt das Ohmsche Gesetz I = R U mit R = const. • Größe eines Widerstands hängt von der Leitergeometrie und dem Material ab. Man unterscheidet Leiter, Halbleiter und Isolatoren 16